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Full text of "Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft"

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XXVII Band. 
1875. 


0 0 Mit vierundzwanzig Tafeln. Farmer Er 


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Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Bechlanaie) | = 


Marien-Strasse No. 10. © ee 


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Iinhatt. 


on Aufsätze. 


M. v. Trisorer. Geologie der Morgenberghornkette und der 
angrenzenden Flysch- und Gypsregion am Thunersee. 
(Hierzu Tafel I.). Er . 

C. Struckmann. Ueber die Schichtenfolge des oberen ia ber 
Ahlem unweit Hannover und über das Vorkommen der 
Exogyra virgula im oberen Korallen-Oolith des weissen 
Jura daselbst . 

A. Bautzen. Geognostisch - chsrgehe Mitkheilunpen aber "die 
neuesten Eruptionen auf Vulcano und die Producte der- 
selben. (Hierzu Tafel II-IV) . .. ee 

Fıenp. Roemer. Ueber die Bisenerzlagertäten v von B: Pedroso 
in der Provinz Sevilla . 

O. FeıstmanteL. Ueber das Vorkohimen von Nöggerathia 
foliosa Stege. in dem Steinkohlengebirge von Oberschle- 
sien und über die Wichtigkeit desselben für eine Paral- 
lelisirung dieser Schichten mit denen in Böhmen, en 
Tarel Vor... % a LARSe 

R. Lersius. Ueber den banken Sandstein in Ger Voneseh: seine 
Zusammensetzung und Lagerung. (Hierzu Tafel VI.). 

Herwm. Crepser. Die granitischen Gänge des sächsischen Gra- 
nulitgebirges. (Hierzu Tafel VII) REHB Ehre 

R. Rıcater. Aus dem thüringischen Schieergebiree 
PalelaV. BI] ) 22.0 > . 

W. Reıss, Bericht über eine Reize nach. sh en hd dem 
Cerro hermoso in den ecuadorischen Cordilleren 

G. vom Ratu. Beiträge zur Petrographie. (Hierzu Tafel IX, u. X) 

B. Stuper. Die Porphyre des Luganersee’s . B 

L. v. FeLLengerc. Analysen zweier Porphyre aus a Ma- 
roggiatunnel im Tessin - 

Ferp. Roermer. Ueber C, E. v. Biss Bos Pallesi aus den 
Diluvium von Danzig. (Hierzu Tafel XI.) 

Kıette. Ueber Anatas und Brookit von Wolfshau bei ee 
berg in Schlesien RT RR 

F. Hoppe-Seyrer. Ueber die Bildung von Dolomit. (Hierzu 
NEN a Le RS 


Seite 


30 


36 


63 


B. 


C. Verhandlungen der Gesellschaft.. . . 229. 465. 709. 


1%: 


J. Lemserg. Ueber die von Zöblitz, Greifendorf und 


Waldheim . 
J. Roru. Ueber die neue Theorie de lennrmde IE as 
R-"MALLETLS SEE EEE ER ne EEE 
H. Laspevses. Ueber die Krystallform des Antimons. (Hierzu 
Tafel ZUR WEITE . 


E. Karkowsky. Rother Gneiss a Kalten im Wilischthal 
im Erzgebirge. - 

R. Hoernes. *Ein Beitrag zur Gliederung der österreichischen 
Neogenablagerungen ; 

W. C. Bröscer und H. H. Ban Mes aens des Apatit 
in Norwegen. (Hierzu Tafel XV bis XIX.) . 

H. v. Decuen. Ucber den Quarzit von Greifenstein im Kr. Weizias 

E. Kayser. Ueber die Bır.ınss’sche Gattung Pasceolus und ihre 

Verbreitung in paläoz. Ablagerungen (Hierzu Tafel XX.) 

H. Lorerz. Einige Petrefacten der alpinen Trias aus den 
Südalpen. (Hierzu Tafel XXI. bis XXIII.) 

H. O. Line. Ueber die Absonderung des Kalksteins von Ellie- 
hausen bei Göttingen. (Hierzu Tafel XXIV.) 


M,. Neumayr. Die Ammoniten der Kreide und die Systendnl 


der Ammonitiden 


Briefliche Mittheilungen 


der Herren HırsrnporrF und GoTTSCHE ee 
der Herren F. Sscmiot, F. Fovgoug, M. ScaorLz, v. TaiBoLET 
F. Sıannpsercer, K. A. Lossen, Des Croızeaux, ANT. 
D’ Achmrprvund N. ST. MaASsKeLYNE ©... on ee 
der Herren TrautscaoLv, v. Kornen und Fern. RoEner . 


der Herren Secuenza, O. Feistmanter, M. Bauer und Des 


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gischen Gesellschaft 


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ar bis März 


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; (Hierzu Tafel I- 


VII). 


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Hertz : (Bessersche Buchhandlung). 


 Marienstrasse N. © ; j 


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Zeitschrift 
der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
1. Heft (Januar, Februar und März 1875). 


A. Aufsätze, 


1. Geologie der Morgenberghornkette und der angren- 


zenden Flysch- und Gypsregion am Thunersee, 


Von Herrn Maurice von Trisorer ın Neuchätel. 
Hierzu Tafel I. 


Die geologische Commission der schweizerischen natur- 


-  forschenden Gesellschaft übertrug mir letzten Frühling die 


N argge St ne > Zn th el Rn Bee BER ee 
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Bearbeitung der südlich vom Thuner- und Brienzersee, der 


‘Aare, des Gadmenthales, Sustenpass und Meienthales gele- 


genen Partieen des Blattes XIII des Dvrour -Atlas (1: 100). 
Die Gegend davon, welche ich letzten Sommer auf Grundlage 
der Karte 395 (Lauterbrunnen) des neuen topographischen 
Atlas (1:50) untersucht habe, liegt auf der westlichen Seite, 
am ‘Thunersee. Es ist das grosse Massiv (eher die Kette) des 
Morgenberghorn, sowie auch die Flysch- und Gypsregion, 
weiche sich zwischen ihr, dem Thunersee und dem Suldthale, 
erstreckt. 

Diese Gegend nämlich ist geologisch um so interessanter, 
als sie uns Erscheinungen bietet, wie sie seiner Zeit von 
A. ESCHER VON DER LintH*) (auf den Beobachtungen seines 


*) Gemälde des Kanton Glarus, 1839—42. — Srupen’s Geologie der 
Schweiz, II. pag. 46, 186--188. -- Hern’s Biographie Escuer’s pag. 173, 
186, 190. 

Zeits. d.D. geol, Ges. XXVII. ı. 1 


Vaters weiter bauend) und neuerdings von BALTZER’) und 
HeEm**) so ausgezeichnet in den Glarneralpen nachgewiesen 


und beschrieben wurden. Es sind dies grossartige, meilenweit 


ausgedehnte Ueberstürzungen, infolge deren die ganze strati- 


graphische Aufeinanderfolge der verschiedenen Terrains die 
umgekehrte ist. Natürlich können nur ungeheure Umwälzungs- 
pbänomene damit in Verbindung gestanden haben. Wie auch 
Stuver richtig bemerkt***), lassen die hohen Terrassen, in 
denen die Gebirge oberhalb Lauterbrunnen und Grindelwald 
(Jungfrau und Wetterhorn) schroff gegen den Thuner- und 


Brienzersee abfallen, auf ganz gewaltige Verwerfungen schlie- 


ssen. Was aber die eigentlichen Ursachen davon gewesen 
sind, bleibt noch vorbehalten. Nach der Besprechung der 
stratigraphischen und palaeontologischen Verhältnisse dieser 
Gegend werde ich dann versuchen, Einiges zur Erklärung 
dieser merkwürdigen Verhältnisse beizufügen. 

Bis noch vor wenigen Jahren war die Morgenberghorn- 
kette allgemein als eine normale angesehen, d. h. als eine, 
wo sich die verschiedenen Terrains, in ihren mächtigen Fels- 
abstüurzen, regelmässig aufeinander folgen. Es ist das Verdienst 
von Th. Stuperf}), die wirkliche Stratigraphie dieser Kette 
zuerst erkannt und publicirt zu haben. In seiner kurz ge- 
fassten Schrift (anlässlich einer von der Berner Universität 
ausgeschriebenen Preisfrage) giebt uns Tu. STUDER eine trefi- 
liche Beschreibung der Morgenberghornkette, begleitet von eini- 
gen Profilen, welche den kurzen Text verdeutlichen sollen. 
Der kurze diesem Studium gewidmete Aufenthalt erklärt 
es, dass der Verfasser in seinem Eifer noch mehr Verwirrung 
in diesem Gebirge erkennen will, als solche eigentlich vor- 
handen ist. In drei seiner Schriften, aber besonders in der 
Geologie der Schweiz II. berührt Prof. STUDER die Gegend 


*) Der Glärisch, ein Problem alpinen Gebirgsbaues, Zürich 1873. 
— In dieser vortrefflichen und äusserst detaillirten Monographie schätzt 
BaLrzer die Länge dieser sogen. Glarner-Doppelschlinge auf 12 Stunden 
und die Breite auf 5; daraus würde dann ein gesammter Flächenraum 
von 60 Qnadratstunden erfolgen. 
*»*) Vierteljahrschrift d. zürcher naturforsch. Ges, pag. 243, 1871. 
**#) Erläuter. zur geol. Karte der Schweiz 1869. 


+) Mittheil. der naturforsch. Ges. in Bern 1568. 


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IF ER, EZ u Peus FI BE NEE Er Bg 4 


die ich bier beschreibe,*) E. Favr&**), FiscHER-OoSTErR***) 
und W. A. Oosserf) behandeln noch in einigen Abhandlungen 
einzelne Punkte daraus. Was noch die geologische Karte der 
Schweiz von BAcHMANN (zweite Äuflage derjenigen von STUDER 
und Escher) betrifit, so kann ich sagen, dass sie für unsere 
Gegend gänzlich verfehlt ist. Einzig und allein für die Gyps- 
zone zwischen Leissigen und Faulensee ist sie richtig; sonst 
aber setzt sie uns Kreide am See hin, wo keine Spur davon 
zu finden ist (diese Angabe ruhrt wahrscheinlich davon her, 
dass W. A. Ooster in seinen „O&phalopodes suisses“ 
cretacische Belemniten nnd Ammoniten /Bel. pistilliformis, Am. 
Grasi, Cornueli] von oberhalb Leissigenbad beschreibt, welche 
sich da nur in losen, vom Morgenberghorn heruntergestürzten 


Blöcken haben finden können) und lässt die Kette von Morgen- 


berghorn aus Flysch und Nummulitenbildung bestehen, was 
gar nicht der Fall ist. 

Die Morgenberghornkette, zwischen dem Bödeli (Ebene 
von Interlaken) und den Thälern der Lütschine, von Saxeten 
und der Suld gelegen, erhebt sich an der südlichen Ecke des 
Thunersee. Auf einer Länge von 95 Kim. erstreckt sie sich 
in der Richtung von SW nach NO, vom Suldthale bis zum 
Bodeli. Dieser mehr oder weniger scharfe Grat erniedrigt 
sich allmälig von S nach N und besitzt als extreme Gipfel 
das Morgenberghorn (2251 M.) und den kleinen Rugen (739 M.). 
Dazwischen liegen das Schifli (2171 M.), Leissigengrat 
(2035 M.), die  Rothenegg (1900 M.), das Därligengrat 
(1822 M.), den Abendberg (1257 M.) und grossen Rugen 
(1071 M.). Zwischen diesem Berge und dem kleinen Rugen 
befindet sich das Querthal oder die Kluse von Wagneren, 
welche die hier ziemlich enge Kette von der einen Seite zur 
anderen durchbricht. Als directe Fortsetzung dieser Kette 
kann im Süden das Massiv des Dreispitz gelten ff) (Littlihorn 


*) Auch in seiner Geologie der westlichen Schweizeralpen, 1834, 
pag. 48, 92, 82, 99, 139, 198. 
%*) Geologie der Ralligstöcke 1872. 


***) Mittheil, der naturforsch. Ges. in Bern 1862; foss. Fucoiden 
der Schweiz 1858. 


T) Cat. des Cephalop. des Alpes Suisses 1857—6b3. 


tr) Der Grund zu dieser Annahme liegt in den stratigraphischen 
Verhältnissen dieser Gruppe, welche gänzlich denjenigen des Morgenberg- 
horn ähnlich sind. Das südliche starke Einfallen der Schichten dieses 


1% 


1974 M., Lattreienfirst 2131 M., First 2412 M., Dreispitz > 


2522 M., Höchstfluh 2104 M.), welches in derselben Richtung 


streicht 2 sich vom Suldthal nach dem Kienuthal ee 


in einer Entfernung von 5, Klm. 
Auf der Nordseite yerhalt es sich anders. Unser Gebirgs- 


zug kommt, mitten in der Ebene von Interlaken sein Ende | 


zu nehmen, indem derjenige, welcher als seine weitere Fort- 
setzung angesehen werden könnte, am Anfange derselben, bei 


Neuhaus anfängt, d. h. ungefähr 1000 M. oder eine halbe 


Stunde weiter links. Es ist dies der Zug des Harder 


(1654 M.), der Rothflah (1735 M.), Horetegg (1810 M.), des 


Augstmatthorn (2140 M.) ete. An einen geographischen Zu- 
sammenhang dieser beiden Ketten wäre nicht zu denken, wenn 
nicht die stratigraphische Zusammensetzung dieser letzteren 
gänzlich derjenigen des Morgenberghorn analog wäre. Schon 
bei einem blossen Anblick aus der Ferne sieht man eine 
ähnliche äussere Form, sowie auch ein gleiches Streichen und 
Schichtenfallen. Man wird wohl nun verstehen, dass Prof. 
STUDER zuerst diese Zusammengehörigkeit aussprach., Zu 
seiner Erklärung aber setzt er eine ungeheure Faille voraus, 
welche auf einer Länge -von beinahe zwei Stunden durch die 
Mitte des Bödeli und des oberen Thunersee sich erstrecken 
soll. Damit geht auch Hand in Hand eine auf die Richtung 
dieses Gebirges mehr oder weniger senkrechte Verschiebung. 
Wie dieser grosse Gelehrte es ferner sagt, ist die Annahme 
zweier solcher Agentien nöthig, um die Formationen der bei- 
den Seeufer in Verbindung zu setzen, eine Annahme, welche 
sich durch die theilweise Faltung des Gebirges unterstützen 
mag. „Die grossen Querthäler unserer Alpen, so fährt Prof. 
STUDER fort, haben tiefere Bedeutung als man ihnen zuweilen 
zuschreiben will. Es sind nicht einfache Spaltenthäler wie die 
Klusen des Jura und nicht weniger Erosionsthäler, erzeugt 
durch das allmälige Eingraben der Ströme oder Gletscher.“ 
Ein Jahr darauf schloss sich aucu E. Favre die- 
ser Meinung an. Er sagt auch, dass die Formationen der 


letzteren oberhalb der Brunnialp und an der Schweinfluh, entspricht aus- 
gezeichnet ihrer Lage am Littlinorn, wo noch eine kleine Ueberstürzung 
und Biegung derselben sichtbar sind. 


beiden Seeufer nicht mit einander correspondiren und dass 
nur am Anfange der Hardergruppe, gegen das Habkerenthal, 
eine Analogie mit der Structur der Morgenberghornkette wahr- 
zunehmen sei. 

Bis jetzt haben wir nur die unmittelbare Fortsetzung der 
Längsaxe unserer Kette betrachtet. Fassen wir nun jetzt die 
seitliche ins Auge. Die Spitze des Morgenberghorn, welche 
mit der Schweinfluh mehr oder weniger steil gegen das Suld- 
thal abfällt, bildet einen dreikantigen Gipfel, dessen obere 


Kante den Anfang des weiteren nördlichen Gebirges bildet. 


An die westliche oder linke schliesst sich ein waldiger 
‚Höbenzug an, welcher sich allmälig gegen die Hochebene von 
Aeschi - Ried und Aeschi erniedrigt. Es sind die Brunnispitze 
(1666 M.), Hornegg (1600 M.), der Birchenberg (1425 M.), 
Ginacker (1410 M.) und die Aeschi-Allmend (1212 M.). 
Zwischen diesem flacheren Höhenzug ‘und der höheren Morgen- 
‚berghornkette gelegen, haben wir eine dreieckförmige Flysch- 
region, welche vom See aus überall stark hinaufsteigt und 
von zahlreichen Wildbächen (Kreuz-, Ried-, Spiessi-, Buch- 
holz-, Holzenbach) durchzogen und zerfressen ist. 

Die südliche Kante der Morgenberghornspitze erstreckt 
sich noch in einer Entfernung von 15 Klm. bis zum Passe 
Tanzbödeli*) (1880 M.), wo unser Massiv aufhört und das- 
jenige ausgedehnte der Schwalmern (2785 M.) anfängt mit den 
Vorhöhen von Äuf dem Wasmi (2010 M.) und Schwalmern- 
schiffli (2256 M.). Vom Passe Tanzbödeli hinunter fliesst der 
sogen. Tanzbödelibach, welcher mit dem Saxetenbach, der im 
Grunde des Saxetenthals fliesst, die westlichen Grenzen des 
uns hier beschäftigenden Gebirges bildet. Rechts vom Saxeten- 
_thal befinden sich dann die Massive des Bellenhöchst (2091 M.), 
der Sulegg (2412 M.) und der Lobhörner (2570 M.), welche 
alle noch einer weiteren geologischen Bearbeitung bedürfen. 

Nach diesen einigen geographischen und orographischen 
Betrachtungen gehe ich nun über zur speciellen Behandlung 
der verschiedenen in dieser Kette auftretenden Terrains und 


*) Der meist gebrauchte Name von Rengglipass ist nur irriger- 
weise in Anwendung gebracht worden; denn Renggli heisst nur die Alp, 
welche unterhalb des Passes gegen das Suldthal liegt. 


beginne mit dem jüngsten, dem Flysch, um von da aufwärts 
und- mittelst dieser merkwürdigen nn zu “> 
ältesten zu gelangen. 


Flysch, Stuper 1827. *) 


Dieses in den Schweizeralpen so ausgedehnte Gebilde 
erstreckt sich in unserem hier zu beschreibenden Gebiete von 
Faulensee und Aeschi aus, längs des Thunersee und des Suld- 
thales hoch hinauf zu den kalkigen Absturzen der Morgen- 


berghornkette. Prof. Studer betrachtet diesen Flysch sowie. 


auch denjenigen des Harder im Habkehrenthale und des Drei- 
spitz (in dem von ihm westlich gelegenen Lande), als einen 
wahren und typischen, entsprechend dem NWacigno und Al- 


berese des Apennins. Vom Seeufer (560 M.) aus finden wir 


den Elysch bis zu einer Höhe von beinahe 1800 M. hinauf- 


steigen, also in einer Mächtigkeit von 1240 M., eine Zahl, 


welche nicht erschrecken darf, wenn man bedenkt, dass sie in 
der Niesenkette (bei Orcieres) und im Dauphine (n. Lory) zu 
2000 M. wird. Dass diese grössere Mächtigkeit aber einer 
etwaigen Fältelung dieses Schiefermaterials zuzuschreiben ist, 
werden wir später sehen. 

Wie alle Flyschgebiete, bildet unseres ein weit und breit 
mit Matten und Weiden bedecktes Hügelland, so dass seine 
Gesteine verhältnissmässig wenig an die Oberfläche treten. 
So wurde es einem wohl schlecht ergehen, der auf den 
Ebenen von Faulensee und Aeschi-Ried nach Flysch forschen 
würde: hie und da lose verwitterte Sandsteinblöcke**), sonst 
keine Spur von den ihn bezeichnenden Gesteinen. 


*) Ann. Se. nat. — Bekanntlich wurde diese Benennung als eine 
rein petrographische zuerst auf ein schiefriges Gestein vom Simmenthal 
angewandt. 1848 (Acta helvet. von Solothurn) liess Prof. Stuper diesen 
petrographischen Werth fallen und schlug den Namen nur für die auf 
die Nummulitenbildung liegenden Schiefer und Sandsteine vor, indem er 
dann als graue Schiefer diejenigen von noch unbestimmtem geologischen 
Alter bezeichnete. Eine historische Entwickelung davon befindet sich in 
seinem trefflichen Index der Petrogr. u. Stratigr. Bern 1872, sowie auch 
in Fıscuer-Ooster, die foss. Fucoiden der Schweizeralpen, Bern 1858. 

”*) Diese finden sich manchmal von ungeheurer Grösse. So z. B, 
derjenige von Längacker oberhalb Leissigenbad, welcher 7—8M, Länge 
auf 3—4 M. Höhe beträgt. 


Erst durch die Bauten der neuen Strasse von Leissigen 
nach Aeschi, ist die echte Flyschnatur dieser Region mit 
Sicherheit erkannt worden. Auch sein Vorkommen hie und da 
auf der Aeschi-Allmend, den Ginacker- und Birchenbergalpen, 
bestätigt dies. Erst von einer Linie aus, welche von Leissigen- 
bad nach der Gräbernspitze und nach Osten gezogen würde, 
hätte man dann die echte typische Entwickelung des Flysch 
in unserer Gegend. Wir finden ihn hier besonders in den 
zahlreichen Tobeln auftreten, welche von der Morgenberghorn- 
kette und den Brunni- und Gräbernspitzen gegen den See hin- 
fliessen. Auf der Ramsernalp, am Quellengebiet des Buch- 
holzbachs, kommt er am schönsten mächtig entwickelt vor; 
so auch auf der Hornegg und unterhalb der Brunnispitze; da- 
neben noch mehr oder weniger in allen Tobeln. 

Was die unseren Flysch zusammensetzenden Gesteine an- 
betrifft, so sind es bei Weitem die grauen Fucoidenschiefer, 
. welche am meisten verbreitet sind. Ueberall sind sie zu finden, 
wo nur Fiysch zu Tage kommt. Mehr untergeordnet sind die 
dunklen quarzreichen Sandsteine, welche sich bei der Verwit- 
terung infolge ihres grossen Eisenreichthums mit einer gelblich- 
braunen Kruste überziehen, Wo sie auftreten (Krattiger Säge, 
auf der Strasse zwischen Leissigenbad und Leissigen, am 
Kreuzbach, Bachtenfall im Suldthal), finden sie sich in bis 
1 M. mächtigen Schichten, welche immer mit dünneren Schiefer- 
lagen regelmässig abwechseln. Am Kreuzbach (Curve 780 der 
Karte) werden sie seit mehreren Jahren als Pflastersteine im 
Kleinen ausgebeutet. 

Unmittelbar an die Nummulitenbildung angrenzend und in 
ihre analogen Gesteine ubergehend, finden wir längs der ganzen 
Morgenberghornkette gelblich-braune, schiefrige und leicht ver- 
witternde Sandsteine, welche hauptsächlich am Brunni - Schaf- 
berg und in den Telliweiden entwickelt sind. Die strati- 
graphische Aufeinanderfolge der beiden vorher besprochenen 
Gesteinsarten ist eine unregelmässige. Auch haben wir dazu 
sehr wenige Aufschlüsse. Derjenige des Bachtenfalls (wenn 
man von den Suldhäusern nach Lauenen geht) ist der deut- 
lichste. Wir finden hier von unten nach oben: 

I. gewöhnliche graue Fucoidenschiefer, 
II. quarzreiche weissliche Sandsteine mit mehr oder 
weniger feinem Korne, 


II. gelblich - braune, glimmerreiche Sandsteine; ein 


wenig, schiefrig, : 
IV. gewöhnliche graue Fucoidenschiefer. 


Als letzte Gebirgsart unseres Flysch müssen wir noch ein 


Conglomerat mit alpinen Geröllen anführen, welches am Ende 
der Krattiger Halden gegen Leissigenbad, mitten unter Schie- 


fern und Sandsteinen auftritt. Als ein im Flysch sehr häufig 


vorkommendes Mineral sei hier des Schwefelkies erwähnt, 
welcher darin entweder in kleineren eingesprengten Stücken 
oder in grösseren nierenförmigen auftritt. 

- An Petrefacten ist bekanntlich der Flysch Bachs: arm und 
enthalt ausschliesslich niedere Pflanzen. Von Tbieren ist bei 
ihm keine Rede. Er muss also eine Bildung sein, welche sich 
in tiefem und schlammigem Wasser abgesetzt hat, und das 
unter Verhältnissen, welche das Leben von Thieren unmöglich 
gemacht haben. Die häufigsten Fucoiden sind: 


Caulerpites tenuis F.-O. — Hochlauenengraben ob Leissigen, 
Taonurus Brianteus F.-O. — Brunni-Schafberg. 
Chondrites aequalis Brongs. — Hochlauenengrab. 
= affinis BRoNG. 
RR arbuscula F.-O. 
= expansus F.-O. 
= Fischeri HEEr (aequalis F.-O.). 
= inclinatus STERNB. — Hochlauenengrab. 
3 intricatus STERNB. — Fritzenbach ob Leissigenbad. 
& Torgioni STERNB. — Se Sn 5 


Herr v. FiscHEr-Ooster*) erwähnt noch als von den 
Umgebungen von Leissigen stammend: i 
Münsteria Schneideri Göpp. 
Oylindrites arteriaeformis GöPpr. 
“ daedaleus GöpP. 

Drei Arten, welche er der Kreide als unbestritten zuzu- 
rechnen glaubt, weil sie von Görpert (Nov. Act. A. N. C., 
XIX.) zuerst aus dem Quadersandstein Schlesiens beschrieben 
worden sind. Das ist aber keine Ursache, diejenigen Exem- 
plare, welche in unseren Alpen gefunden wurden, auch aus 


der Kreide stammen zu lassen, Man hat auch zahlreiche 


*) Die fossilen Fucoiden der Schweizeralpen 1858. 


Kae 


Bas 


= 


Beispiele von Uebergängen fossiler Organismen aus der Kreide 
'ın die Tertiärformation und das besonders von niederen Pflanzen 


(Fucoiden). So hat z. B. von per Marck*) die Chondrites 
intricatus und Targioni aus der oberen Kreide Westfalens be- 
schrieben. Dazu bestehen die Umgebungen von Leissigen 
ausschliesslich aus Flysch. Im Allgemeinen möchte ich nicht 
zweifeln, dass diese Exemplare in losen Blöcken gefunden 
worden sind; denn nach dem äusseren Facies des Gesteins 
zu urtheilen, scheinen sie mehr unterjurassisch (Eisenstein) als 
eretacisch oder tertiär. Uebrigens sagt Scuimrer*”), dass diese 
Arten „‚des formes tout-a-fait indechiffrables‘‘ darstellen. 

Im Ganzen und Grossen ist dieses Flyschmassiv nach der 


Morgenberghornkette orientirt (bor. 124 O.). Auf der Aeschi- 


Allmend fängt aber eine Deviation nach Westen (13; W.), 


welche am See, bei Krattigen und Faulensee, NW orientirt 


ist. Das Fallen variirt ungefähr von 40—50°. Am stärksten 
ist er unterhalb der kalkigen Absturze des Morgenberghorns. 


= Streichen- und Fallanomalien, welche unzweifelhaft mit Erd- 


rutschungen oder localen Einstürzungen (offenbar durch allmä- 
liche Auslaugung des darunterliegenden Gypses) zusammen- 
hängen und nicht näher zu untersuchen sind, befinden sich 


‚auf der Strasse von Leissigen nach Aeschi, über dem Leissigen- 


bad und am Abhang des Buchholzkopf, gegen den See. Am 

ersteren Orte scheinen die Schiefer deutlich nach Norden zu 

fallen; am letzteren sind sie 60—70° nach Süden geneigt. 
‘Hand in. Hand mit dem Flysch haben wir noch den Gyps 


zu behandeln, welcher in unserer Karte an zwei Orten darin 


Pa dl DU 


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1 


D 


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12% Brie S 


auftritt, an der Burgfluh bei Faulensee und in der ganzen 
Gegend längs des Sees, zwischen diesem Dorfe, Krattigen, 


 Aeschi-Ried und Leissigenbad. Beide Vorkommnisse sind 


ohne Zweifel eine Fortsetzung von einander, wie Profil 3, 
Taf. I. zeigt. Wie Prof. Stuper ***) bemerkt, bilden sie höchst 
wahrscheinlich einen Theil der langen eocänen Gypszone, 
welche sich von Thones in Savoien aus, über Bexf), dem Col 


*) Palaeontographica, Juli 1869. 
**) Paleont. vegetale I. pag 200. Sarorrta hat auch in der oberen 
Kreide von Biarritz die Chondriten des Flysch erkannt, 
**#) Index etc. pag. 115. 
+) Nach Cuavanses scheint in der That der hier mit Steinsalz zu- 


sammen und in unmittelbarer Nähe des Lias auftretende Gyps nicht 


10 


du Pillon, dem Engstlenthale, Mühlenen, den Ralligstöcken*), 
dem Giswylerstock, Stanz, Iberg, bis in den Vorarlberg (Um- 


gebung von Dornbirn) erstreckt. Ein eocenes Älter kann in 
der That, für ihr Auftreten auf unserer Karte, nicht in Zweifel 
gesetzt werden. Wie aus den Profilen 1, 2, 3, Tafel I. leicht 


zu erkennen ist, liegt dieser Gyps deutlich unter dem Flysch; 


ist aber älter als dieser und würde zwischen ibm und der 
Nummulitenbildung zu stehen kommen. Er bildet ein Ge- 
wölbe unter diesem ,„ welches im ersten Steinbruche der 
Krattiger Halden (Profil 4, Tafel I.) sehr deutlich zu sehen 
ist. In diesen Halden setzt er wohl 80 M. hohe Fels- 
wände zusammen, deren Maächtigkeit uns dann durch diese 
Gewölbestructur erklärlich wird. Dieses also bewiesene Alter 
des Gypses am Thunersee würde die Beobachtungen von Ers. 
FavrE**) und GILLIERoN ***) bestätigen, welche Lager ähnlichen 
Alters aus den Umgebungen von Iberg (Schwyz) und den 
Waadtländer- und Freiburgeralpen beschrieben haben. Sein 
ausschliessliches triassisches oder rhätisches Alter in den Alpen 
(wie mehrere Geologen es noch glauben) ist also beseitigt. 
Das grössere Gypsvorkommen am See bildet eine lange 
und schmale Zone von durchschnittlich * Klm. Breite und 
besitzt eine Länge von 4% Klm. Sie erstreckt sich 32 Kim. 
weit längs des Sees, von Auf dem Schopf bei Faulensee bis 
nach Leissigenbad. Da bildet sie eine plötzliche Krümmung 
senkrecht auf ihre erste Erstreckung und geht noch über 
Fritzenbach und Waldweid 1: Klm. weit binauf bis nach 
Hellweid (978 M.), am Fusse der Aeschi-Allmend. Dieses 
unerwartete Einschreiten des Gypses in das Flyschmassiv ist 
mit zahlreichen Terrainstörungen verbunden, wie es überhaupt 
in der Nähe von solchen Lagern in unseren Alpen zu sein 
pflegt. So finden wir von Rothenbühl an bis nach Hellweid, 
den Gyps mehr einem sehr grobkörnigen Conglomerate gleichen. 


triasischen, wohl aber eocenen Alters zu sein (siehe: Note sur le gypse 
et la Corgneule dans les Alpes Vaudoises 1873). 
*) Ralligstöcke 1872. 

**) Archives Biblioth univers. 1865; op. eit. 

*%*) Archives 1872; Acta helvet. 1872; Beitr. zur geol. Karte der 
Schweiz 12. Lie. — Girtıkron hat sogar noch am unteren Theile des 
Kimmeridien der Freiburgeralpen einen neuen Gypshorizont entdeckt und 
darin beschrieben. 


3 
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BRETT RE 


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Alle Spuren der ursprünglichen Schichtung (Beweis von Absatz 


aus Wasser*)), wie sie so schön am See zu beobachten ist, 


sind verschwunden. Offenbar haben wir es hier mit einer 
Reihe von kleineren Verwerfungen und anderen Störungen zu 
thun, welche den Flysch vom Gypse trennen und diese Grenz- 


profile so so sagen zur Unmöglichkeit machen. 


Man kann wohl sagen, dass die Qualität dieses Gynise 
mit seiner Farbe variirt und von derselben abhängt. So ist 
er schon weiss und mehr oder weniger rein an den beiden 
Extremitäten seines grösseren Auftretens, bei Auf dem Schopf 
und Leissigenbad, sowie auch an der Burgfluh, wo er exploi- 
tirt wird. In seiner Mitte, an den Krattigen Halden, wo er 
in drei Steinbrüchen ebenso ausgebeutet wird, ist er sehr 
unrein, graulich bis dunkelgrau, bröcklig und enthält ohne 
Zweifel thonige oder mergelige Beimengungen. Hie und da 
(Fritzenbach, Hellweid) zeigt er ein gröberes Gefüge, welches 


fast ausschliesslich aus einzelnen, mehr oder weniger ausge- 


bildeten Krystalloiden besteht, die alle die charakteristische 
vollkommene Spaltbarkeit nach den Längsflächen des Prismas 
besitzen.**) An der Burgfluh und bei Auf dem Schopf scheint 
er mit einer dunnen Schicht von grauer Corgneule (Rauhwacke) 
bedeckt zu sein. Wie bei allen Gypsvorkommnissen findet sich 


häufig in Drusenräaumen oder Spalten Schwefel abgesetzt, 


welcher durch die bekannte Reduction des schwefelsauren 
Kalkes durch organische Substanzen zur Bildung gekommen 


‚ist. Noch erwähnt Kenxeorr (Minerale der Schweiz pag. 37) 


luckenhaft ausgebildete Quarzkrystalle. 

Das Streichen und Fallen dieser Gypszone am See sind 
die gleichen wie beim Flysch (40-50).”**) Bei der vorlin ge- 
nannten Krummung nach Suden wird das Fallen immer steiler, 


*) Trotz der neueren Untersuchungen vou CuAavanıes und anderen, 
bin ich immer geneigt. den Gyps als Wasserabsatz zu betrachten; denn 
obgleich er niemals oder nur selten Petrefacten enthält, so sprechen immer 
dafür alle Verhältnisse seines Auftretens. 


**) Diese Ausbildung des Gypses wird es wohl sein, die Kanneorrt 


(Minerale der Schweiz pag. 336) als blättrige bis strahlige, zu stalak- 
‚titischen Massen verwachsen, beschreibt. 


**) In dem Krattiggraben allein scheinen die Schichten nach Norden 
gelegen zu sein. 


‘sodass es bei Rothenbühl zwischen 60O—70 (anomales Strei- 3 
chen NO-SW) erreicht. Von da an verschwinden beide ver- 


möge der Terrainstörungen, die ich weiter oben erwähnt habe. 


Als eine Folge dieses grossen Gypsreichthums kann man 
die Schwefelquellen ansehen, welche wir in dieser Gegend 
finden. Wo sie vorkommen, am Leissigenbad (drei Quellen), 
den Hochlauenenweiden und auf beiden Seiten der Ramsernalp, 
treten sie aus Fiysch hervor und nicht unmittelbar aus Gyps: 
eine Tbatsache, welche nur vermuthen lässt, dass unser 
Gypslager sich noch weit unter dem Flysch erstreckt. Nach 
Urkunden ist zu urtheilen, dass die Quelle von Hochlauenen 
schon gegen 1700 als sogen. Lämmelibad bekannt und benutzt 
war. Jetzt ist sie gänzlich verfallen, sowie auch die Quellen 
von Leissigenbad. 


Nummulitenbildung, auct. 


Wie der Flysch, so ist diese Formation auch zuerst in 
unseren Alpen erkannt und festgestellt worden. A. BRONGNIART 
gehört das Verdienst, zuerst auf ihre Aehnlichkeit mit den 
Nummuliten - fübrenden Schichten des Pariser Beckens auf- 
merksam gemacht zu haben. So wurde ihr wirkliches Alter 
erkannt und folglich auch ihr stratigraphischer Horizont fest- 
gestellt. 


Die Nummulitenbildung bildet vom Suldtbale aus bis nach 


dem Bödeli, ein schmales, höchstens 10 — 15 M. mächtiges 
Band (hie und da zu 4—6 M. zusammengeschrumpft), welches 
zwischen dem Flysch und dem unteren Theile der kalkigen 
Abstürze, dem Seewerkalk, lieg. Wie Profil 5 Tafel I. es 
zeigt, bietet sie uns ob der Brunnialp interessante Biegungen 
mit dem Seewerkalk, welche Tu. STUDER nicht beobachtet zu 
haben scheint und die doch deutlich zu sehen sind.*) Eine Auf- 
lagerung des Kalkes auf dem Sandstein (eigentlich Unter- 
lagerung, wenn man bedenkt, dass wir es hier mit einer über- 
worfenen Kette zu thun haben), wie sie von STUDER angegeben 
wird, ist wohl schwerlich zu beweisen wegen der zahlreichen 


*, Ein Theil der Felsen, die an der Strasse von Leissigen nach Där- 
ligen stehen, gehören der Nummulitenbildung an. Ihr vielfaches Schichten- 
fallen, sowie auch ihre anomale Lage beweisen genug, dass sie nicht 
anstehend sind. 


13 


Schuttmassen, die den unteren Theil der Felsabstürze gänzlich 


_ bedecken. Damit ist aber nicht gesagt, dass diese Beobach- 
tung falsch sei. Sandsteine und Kalk enthalten zahlreiche 
 Nummuliten nebst einigen seltenen Pelecypoden. Was ich 
darin aufgelesen, ist: 


Dentalium sp.? — Därligen. 
Fimbria sp.? — Därligen. 
Biene fragilis Drk. — Därligen. 


» transversa — Därligen. 
* Sphenia cuneiformis — Därligen. 
® Pecten escharoides -—— Därligen. 
*  .„, solea Ds#. — Därligen. 
» 5p.? — Brunnischafberg. 
* Ostrea cubitus Dsu. — Därligen. 
* „. cyathula Lex. — Därligen. 
* Nummulina Biarritzensis Arch. — Därligen. 
en 5 Ramondi Drr. — Leissigengrat. 
> intermedia ArcH. — Brunnischafberg. 
5 nummularia Orp. — Brunnischafberg. 
> Fortisi Arch. — Brunnischafberg. 
> sella Arch. — Brunnischafberg. 
-- striata OrB. — Brunnischafberg. 
Orbitoides discus Rürt. — Brunnischafberg. 
z * papyraceus Bousß. — Därligen, Leissigengrat, 
Brunnischafberg. 


Wohl aber ist diese Auflagerung auf der nördlichen Seite 
des Sees zu sehen, bei den Felsen vom Bösen Rath*) und Wi- 


- deli von Oestrich, welche Leissigen gegenüberstehen und noch 
_ auf unserer Karte verzeichnet sind. Bei dem Profile 1 t. 2., 
was ich der Arbeit von E. FAvRE**) entnehme, sehen wir auf 


FR 3 


TEDRR 


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“ 
Fr 
= 
+ 
Fr 
2 
R- 
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der rechten Seite des Nasethales, zwischen dem Urgon und 


dem Nummulitensandstein, den zu dieser Formation gehörigen 


Kalk anstehen, welcher sich noch eine Weile an den Felsen 


am See nach Osten fortsetzt. Dieser ist wie derjenige der 
Morgenberghornkette voll Nummuliten. Darauf lagert sehr 


I) Die mit einem * bezeichneten Arten befinden sich im Museum 


zu Bern. 


*) Siehe Rürımever: Schweiz. Nummulitenterrain 1850 pag. 46. 
**) Ralligstöcke ete. 1872. 


14 


regelmässig der Sandstein, welcher an der Basis mehr oder 


weniger feinkörnig, gegen seinen oberen Theil ein immer 
grosseres Korn besitzt, das ihm das Aussehen eines kleinkör- 


nigen Conglomerats giebt. An Petrefacten ist er sehr reich, 


besonders wenn er feinkörnig ist; mit der Grösse des Korns 
verschwinden sie dann allmälig. Es finden sich darin haupt- 
sachlich: 

Dentalium strangulatum Dsn. 

Spondylus subspinosus ARCH. 

Eschara cfr. chartacea ARrcnH. 

Nummulina intermedia Arch. 


= ezponeus SoWw. 

& contorta Dsn. 

n striata ORB. 

3 (Assilina) planospira Bous. 


Seewerkalk (obere Kreide) Lusser*) 1825. 


Dieses Gebilde bildet den Anfang der hohen Felsabstürze, 
welche die Morgenberghornkette gegen Norden charakterisiren 
und vom See aus so schön und malerisch aussehen. Seine 
Mächtigkeit kann wohl circa 20 M. erreichen. Unten finden 
sich gewöhnlich düunngeschichtete, oft schiefrige Kalksteine und 
Kalkmergel, welche äusserlich weiss und auf frischem Brauche 
weisslichgrau erscheinen. Sie sind gänzlich petrefactenlos. 
Drüber kommt der eigentliche Seewerkalk vor, d. h. mehr 
oder weniger mächtige Bänke von compactem, weissgrauem 
Kalk, der durch seinen Reichthum an Foraminiferen ausge- 
zeichnet ist. TH. STUDER erwähnt daraus Lagenen, Nodosarien 
und Nonioninen, sowie auch eine Gryphaea (Fuss vom Abend- 
berg). Ausserdem fand ich darin eine Röhrenkoralle, Phyllo- 
coenia striata (Mich.) Ors. am Brunnischafberge. 

Die schiefrigen Kalkmergel finden sich schön entblösst 
ob der Brunnialp (wo sie an den vorher genannten Biegungen 
mit dem compacten Kalk und der Nummulitenbildung theil- 
nehmen; siehe Profil 5 Taf. I.) und am Wege, welcher längs 


*%) Geognostische Forschung und Darstellung des Alpendurchschn, 
vom St. Gotthard bis Arth am Zugersee. — Von Moussox wie in 
Stupen’s Index angegeben. 


der Bodelibahn geht, von Därligen nach Wagneren und Wil- 
‚derswyl. Der eigentliche Seewerkalk ist überall zu sehen und 
ausser durch seine Facies, auch durch seine stratigraphische 
Lage zwischen der Nummulitenbildung und dem petrefacten- 
reichen Gault leicht erkenntlich. 


Gault ne La Bäche, Sow., Fırtor. 


Für den Stratigraphen ist der Gault eine vortreffliche 
Bildung. Wo sie auch vorkommt, ist man immer sicher, Pe- 
trefacten darin zu finden nnd sie als solche zu bestimmen. 
Sie bietet uns also einen sehr guten und festen Anhaltspunkt 
dar, zur weiteren Bestimmung der darüber und darunter lie- 
genden Terrains. Mam“ kann auch sagen, dass sie für den 
Palaeontologen eine der wenigen lohnenden Formationen unserer 
Alpen ist. Wie Tn. StuDer richtig bemerkt, so bildet unser 
‚Gault, vom Thunersee aus gesehen, ein röthliches Band, wel- 
ches ungefähr in der Mitte der Felsabstürze der Morgenberg- 
hornkette zu liegen kommt. Diese Farbe, welche nur eine 
äussere ist, rührt ohne Zweifel von der Oxydation der Glau- 
conitkörnchen her, welche bekanntlich dieses Gestein erfüllen; 
daher nennt sie STUDER nicht ohne Ursache eine Verwitte- 
 rungsrinde. !ieses Gaultband ist besonders zu oberst am 
 Brunnischafberge und bei der Aarbrucke unterhalb der Heim- 
wehfluh zu sehen.”*) An diesen zwei Stellen ist er sehr petre- 
factenreich. Seine Mächtigkeit erreicht am ersteren Orte ge- 
gen 15 Mm., am letzteren 7 bis 8.**) Hier findet sich fol- 
gendes Profil der ihn zusammensetzenden Schichten (von unten 
nach oben): 

1. Compacter Seewerkalkstein. 

2. Schiefriger Seewerkalk, 6 M. 

III. Dunkler Kalk ohne oder mit sehr seltenen Petre- 

facten, 1 M. 


*) An der Schweinfluh, ob Lauenen im Suldthale, kommt er wieder 
deutlich zum Vorschein. 

**) Zwischen dem eigentlichen Gault und der Seewerformation er- 
wähnt Tu. Stuper einen grünen, grobkörnigen Sandstein mit kohligen 
Partieen, der weiter nach Osten nicht mehr nachzuweisen ist. Wo er 
aber vorkommt, sagt er nicht. Für meinen Theil habe ich eine solche 


Bildung nirgends angetroffen. 


IV. Grünlicher Sandmergel, 5 Um. 
V. Dunkelgrüner Kalk mit zahlreichen Petrefacten, 2 M. 
VI. Dunkelgrüner Kalk, ein wenig sandig und ohne Pe- 


trefacten. Gegen oben wird er schwärzlich, sehr hart 


und bröcklig, 6 M. 

7. Grauer Kalk mit splittrigem Bruche und ohne Petre- 

facten (Aptien?), 20 M. 
8. Späthiger grauer Kalk mit zahlreichen Caprot. ammonia 
(Urgon). 

Es ist merkwürdig zu sehen, wie bei einer verhältniss- 
mässig schönen Entwickelung des Terrains, die Petrefacten 
so auf eine einzelne dunne Schicht beschränkt sind und sich 
da in ungeheurer Menge vorfinden. „Denn nicht nur an der 
Aare habe ich diese Verhältnisse gefunden, sondern auch ob 
dem Brunnischafberge, wo ich unter der Führung des be- 


auch diese Localität ausgebeutet habe. 


Die Liste der Petrefacten, welche ich mit ihm sowohl an 
der Aare als auch an diesem letzteren Orte aufgelesen, ist 


folgende: 
*!) Odontaspis gracilis Ac. — B.*) 
* Lamna sp.? — B. 
* Serpula antiquata Sow. — B. 
Belemnites minimus Lıst. — D., B. 
Nautilus bifurcatus Oost. — D. 


& Bouchardi Or8s. — D., B. 
EN Clementi OrB. — B. 
Ammonites Agassizi Pıcr. — D. 
= Beudanti OrB. — D. 
= Bouchardi Or8B. — D. 
5 Delueci Brone. — B. 
ee Denarius Sow. — D. 
= Dupini OrB. — B. 


ı) Die mit einem * bezeichneten Arten befinden sich im Museum 
von Bern und sind mir dieselben von den Herren v. Fıscuer-OosTer und 
Prof. Bacunmann gütigst zur Ansicht vorgelegt worden, wofür ich ihnen 
hier meinen Dank aussprechen möchte. 

*) B. bezeichnet den Fundort von Brunnischafberg, D. denjenigen an 
der Aare und L. vereinzelte Funde am Leissigengrat. 


kannten Petrefactensammlers GortL. TscHan von Merligen 


Ammonites Emerici Rısp. — B. 
7 Hugardi Ors. — D. 


je inflatus Sow. — D. 
5, latidorsatus MiıcH. — B. 
> mamillatus SchL. — L. 
is Mayori Ore. — D. 
* 5 Parandieri OrBs. — B. 
r quercifolius Ore. — D. 
BR splendens Sow. — B. 
r striatisulcatus OrBg. — B., D. 
2 vorians Sow. — D. 
en varicosus Sow. — D. 
x e Velledae Mıcn. — B. 
“ Raulini OrB. — B. 


92 
Aptychus efr. Studeri Oost. — D. 
® cfr,. Didayi GıeBs. — D. 
Turrilites catenatus One. — D. 
x 53 Mayori Or8s. — B. 

3 Vibrayei Or8s. — D. 
Hamites attenuatus Sow. — D., B. 
> rotundus Sow. — D,, B. 

AR Raulini OrB. — B. 
Rostellaria Orbignyi Pıcr. — D. 

55 Parkinsoni Mant. — D. 

$ retusa Ore. — D., B., L- 
Natica Dupini Leym. —D. 


» ... Gaultina OrBs. — B. 
* Turritella sp.? — B. 
Solarium dentatum Ors. — D. 
F granosum OrB. — B. 


a: sp. ?— B. 
Turbo Rothomagensis Ore. — D. 
* sp? — B. 
‘ Trochus Marroti OrB. — D., 
Pleurotomaria @ibbsi Ore. — D,., L. 


65 lima OrB. — B. 
x 2 Ttieri Pıcr. u. Rx. — L. 
* z Rouxzi OrB. — B. 
= ® Saussurei Pıct. u. Rx. — B. 


#* Acmea Gaultina Pıcr. u. Rx. — D. 


Zeits. d.D. geol. Ges. XXVIL. 1. ) 


te 
- 


wen 


EN 


Dentalium Rhodani Pıcr, u. Rx. S: 
Pholadomya sp.? — B. ERS ar 
Astarte Brunneri — B. | BR 
Lucina Arduennensis Ors. — B. 
* Lima Itieri Pıcr. u. Rx. — D. 
Nucula pectinata Sow. — D. 


»  büwirgata Fırr. — D. ; 
ans Sper  a 
Inoceramus concentricus PARK. — D., B. 
35 Salomoni ORB. 
s sulcatus Park. — D. 
: * Plicatula sp.? — L. 
* Ostrea Raulini OrB. — B. 
* „.  terebratuliformis Cog. — B. 
Terebratula biplicata Sow. — B. 
> Dutemplei Or8. — B. 
5 ss Lemaniensis Pıcr. u. Rx. — B. 
3 Moutoni OrB. — B. 
Rhynchonella antidichotoma OrB. — B. 
> decipiens OrB. — B. 
Y Gibbsi Dav. — B. 
> sulcata OrB. — B. 


* Reptomulticapa sp.? — B. 
* Reptomultipora sp.? — B. 


* Semieschara? sp.? — B. E a 
Discoidea sp.? | a 
* Pseudodiadema Brongniarti Ac. — B. | 4 


Cidaris gibberula. ee 


Wie aus diesem Verzeichnisse leicht zu ersehen ist, sind _ 
die zwei vorhergenannten Fundorte ziemlich reich an Arten 
und Gattungen. Am Brunnischafberg sehen wir hauptsächlich = 
eine Menge von Brachiopoden, welche an der Aare gänzlich 
fehlen. Hier sind aber die Cephalopoden und Gastropoden 


weit häufiger. Be: 
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2 
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I 
Schrattenkalk*), Srmıh 1834.**) 
A tah Mayer’s ***) 1872; Urg-Aptien Coquanp’sf) 1866). 


Diese in den Alpen so charakteristisch und mächtig ent- 
wickelte Formation lässt sich überall durch ihre Petrefacten 
deutlich und leicht erkennen. Sie besteht aus mächtigen, 


‘grauen bis dunkelgrauen Kalkbänken, welche meist von Re- 
quienia ammonia dergestalt erfüllt sind, dass sich auf den 


Schichtflächen oder Schichtenköpfen zahlreiche Durchschnitte 


davon zeigen, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit Hiero- 


glyphen besitzen; daher der dieser Bildung gegebene Name 
von Lusser (Hieroglyphenkalk). Diese bilden die Hauptmasse 
der nördlichen Felsabsturze der Morgenberghornkette, wohl in 
einer Mächtigkeit von 50— 60 M. Ausser der Reg. ammo- 
nia OrB., welche besonders reichlich an den Felsen unterhalb 
der Heimwehfluh, an der Aare, vorkommt, enthalten sie noch 
wenige andere Petrefacten. Ta. Stuper ceitirt Reg. Lonsdali 
OrB. (carinata MatnH.), Radiolites sp. und Nerinea sp. Im 


Museum zu Bern fand ich noch: 


Serpula antiquata Sow. 

Natica sp.? — Brunnischafberg. 

Nerinea Renauxi Or. — Brunnischafberg, Därligengrat. 
» gigantea v’Homp.-Fırm. — Därligengrat. 

Monopleura Michaillense Pıcr u. Camp. — Därligengrat. 


In einem kleineren, alten Steinbruche am Eintritt der 
Wagnerenkluse gegen Interlaken fand ich obenan eine fuss- 
dicke Schicht, welche von einer cylinderartigen, länglichen 
Auster mit ziemlich dicker Schale erfüllt war, die ich ©, inter- 
lacustris Trip. nenne. 


*), Schratten oder lapiaz heissen bekanntlich unregelmässige 
Vertiefungen und Erhöhungen, welche sich in Kalkgebirgen befinden, in 
Höhen von 6—7000 Fuss, wo der Schnee lange liegt, Es ist ein offen- 


‘ bar auf chemischer Wirkung beruhendes Phänomen, wobei das stark 


sauerstoffhaltige Schneewasser (21 pCt. Sauerst. in der Luft; 24—30 pCt. 
im Schneewasser) mit dem Kohlenstoff des mehr oder weniger reinen 
Kalksteins verbunden, das auflösende Princip bildet, 
**) Leon#, Jahrb. pag. 512, 
”*+) Tabl. synchron. terr. cretaces. 
T) Bull, Soc. geologique de France, pag. 560. 


>* 


20 


Was nun das Aptien oder die Orbitulinenschichten (O.len- 


ticularis Or.) anbetrifft, welche Tu. Srupsr in seiner Be- 
schreibung anführt, so habe ich kurz zu bemerken, dass ich 


sie nirgends habe beobachten können, ausser im weiter I 


oben angeführten Profile des Gault, wo sie durch die grauen 


Kalke mit splittrigem Bruche am Ende möchten vertreten 


sein.*) Sie würden dann regelmässig an den oberen Theil des 
Schrattenkalkes und unterhalb des Gault zu liegen kommen. 


Wir hätten also hier eine Ausnahme von der Regel; denn in 


den Alpen scheint im Allgemeinen das Aptien keine selbst- 
ständige Stufe zu bilden. Es liegt nämlich meist zwischen 


zwei Schrattenkalkhorizonten, von denen der untere durch 
Reg. ammonia, der obere durch Reg. Lonsdali chararakterisirt 


wird. So fasst BALTZER**) unter dem Namen Urgonien (Aptian 
Mayer’s), die drei folgenden Stufen zusammen: 


Unterer Caprotinenkalk (Urgonien D’ORBIGNY’s). 
Orbitulinaschichten (Aptien OrB.; Apt. inf. Trız.). 


Oberer Caprotinenkalk (Lopperbergschichten Mayer’s; 
Aptien sup.***) Trıe.). 


Aus den Untersuchungen von Loryf) und Kr 
geht dasselbe ebenfalls hervor. 


Dieses Verhältniss des Aptien in den Alpen ist sehr ver- 
schieden von demjenigen des Jura, wo diese Stufe immer 
selbstständig zwischen dem Urgonien und dem Albien (Gault) 


*) In seinem Catalogue Cephalop. des Alpes Suisses 1861 p. 132, 
eitirt Ooster Am. Cornueli Ore., eine entschiedene Art aus dem Aptien, 
von den Umgebungen von Leissigenbad, wo nichts von Schrattenkalk zu 
finden ist. Sie rührt offenbar aus einem losen Blocke her, welcher 
von den weiter oben anstehenden Felsen der Morgenberghornkette 
heruntergekommen ist. — Dass aber die Orbitulinenschichten stellenweise 
in unserer Kette vertreten sind, will ich nicht läugnen, denn ich fand 
bei den Arbeiten an der Strasse von Leissigen nach Aeschi einen dunkel- 
farbigen Block ganz erfüllt von Orbitulinen. 

**) Der Glärnisch etc. pag. 27. 

*#%) Diesen Unterschied zwischen unterem und oberem Aptien in den 
Alpen glaube ich nur machen zu können, um eine Parallelisirung‘ 
der beiden (alpinen und jurassischen) Facies zu ermöglichen. Bei dieser 
letzteren finden sich nämlich die Orbitulinen immer auf die untere Zone 
(Rhodanien v. Renevier) beschränkt. 

+) Descript. geolog. du Dauphine, 1860, pag. US. 

+}) Beitr. z. geolog. Karte der Schweiz, 11. Lief. 1872, 


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21 


auftritt. Ihr unterer mergeliger Theil ist hier ausser zahl- 
reichen anderen Arten durch Orbitulina lenticularis charakte- 
risirt; der obere sandige möchte vielleicht dem oberen Capro- 
tinenkalk der Alpen entsprechen. 


Neocom, Tuurmann 1835. 


Diese in den Alpen so weit verbreitete Bildung ist 
bis jetzt noch nicht so genau untersucht und bekannt, wie sie 
es ihrer stratigraphischen und paläontologischen Wichtigkeit 
wegen sein sollte. Von MosTMmoLLIN*) zuerst im Jura entdeckt 
und, man kann sagen, heute da durch und durch studirt und 
bekannt, ist sie fast gleichzeitig von dem scharfsinnigen ESCHER 
' voN DER LintH in den Alpen nachgewiesen worden, und bevor 
man noch im Jura. den Unterschied zwischen Valanginien 
(Desor 1854) und eigentlichem Neocom festgestellt hatte, war 
ihm der verschiedene Habitus des Kieselkalkes (und Altmann- 
schichten **)) und der Drusbergschichten***) (Knollen - oder 
Coulonischichten KAUFMANN’ s) schon aufgefallen. Diese Tren- 
nung des Neocoms in zwei Stufen ist überall in den Alpen 
auch leicht vorzunehmen, wo diese Bildung auftritt. Selbst in 
den Freiburger Alpen, wo GiLuräron f) mit der grössten Ge- 
wissenhaftigkeit fünf verschiedene Stufen darin unterscheidet, 
ist sie leicht einzusehen. 

Nächst der weiter zu besprechenden Eisensteinbildung ist 
das Neocom die am besten entwickelte Stufe der Morgenberg- 
hornkette. Sie reicht ununterbrochen vom Suldthale bis nach 
dem Hötel Jungfraublick, am Nordfusse des kleinen Rugens. 
Vom Morgenberghorn bis nach dem Abendberg, mehr oder 
weniger auf eine schmalere Zone beschränkt, erweitert sie 
sich allmälig über den Fuss des grossen Rugens, die Wagne- 
ren und den kleinen Rugen. 

Am Morgenberghorn bildet das Neocom einen grossen 
Theil seiner mit Trümmern bedeckten Gehänge gegen Westen 
und Sudwesten. Unterhalb des Leissigengrat und des grossen 


*) Mem. Soc. sc. natur. de Neuchätel I. pag. 49. 


**) Nach dem Vorkommen am Altmann (ein Glied der Sentisgruppe), 
im Canton Appenzell, so benannt. 


”**) Nach dem Vorkommen am Drusberg, im Canton Schwyz, so 
benannt. 


+) Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 


22 


Rugens ist es auch deutlich aufgeschlossen. Am besten ist 
es aber zu sehen in der Wagneren, auf der Strasse, die auf 
der Nordseite des kleinen Rugens geht, und in den Felsen, 
welche sich im Walde zwischen dem Jungfraublick und der 
Restauration Waldeck befinden.*) 

Ueber die gesammte Mächtigkeit dieser Bildung kann ich 
leider genauer nichts angeben; sie möchte jedoch wohl 20 bis 
30 M. betragen. 

Von den Unterabtheilungen des Neocoms finden sich allein 
der Kieselkalk und die Drusbergschichten deutlich entwickelt. 
Beide finden sich an den oben bezeichneten Orten; der erste 
aber hauptsächlich an den Felsen am Jungfraublick. Was 
nun die Altmannschichten anbetriffit, welche, wo sie vorkom- 
men, diese zwei Stufen von einander trennen und durch ihre 
seltenen Petrefacten (Collyrites ovulum, Echinospatagus cordiformis 
BREYNIUS var., Sentisianus DEsoR) eher dem Valanginien entspre- 
chen, also mehr oder weniger mit dem Kieselkalk zu vereinigen 
sind, so habe ich sie nirgends antreffen können. Bei ihrer 
geringen Mächtigkeit in den von uns nördlich gelegenen Lu- 
zerneralpen (nach Kaurmann haben sie am Pilatus 1—3 M.) darf 
es uns nicht wundern, wenn wir sie, in unserem sonst wenig 
aufgeschlossenem Gebiete, nicht bemerkt haben. Wenn sie am 
Altmann 100 — 200 M. (nach EscHER) mächtig sind und am 
Pilatus nur noch 1—5 M., so wird es sehr wahrscheinlich sein, 
dass sie sich von da aus nach Süden allmälig ausgekeilt haben. 

Ueberall ruht der Kieselkalk auf dem eigentlichen Neo- 
com**), wie es Profil 9 Taf. I. zeigt. Er besteht aus dunklen, 
sehr harten und kieselreichen Kalkbänken, welche eine Mäch- 
tigkeit von 15—20 M. erreichen und ausschliesslich den Echi- 
nospatagus cordiformis BREYN.***) in grösserer Anzahl enthalten. 
Die verwitterte Aussenfläche ist graugelb oder bräunlich, thonig 
oder schwammig. Diese Kalksteine sind leicht mit ähnlichen 
der Eisensteinbildung zu verwechseln, welche einen ganz ana- 
logen Habitus besitzen. 

Die Drusbergschichten besitzen an ihrem oberen Theile 


*) Ein Theil der Felsen, die an der Strasse von Leissigen nach Där- 
ligen stehen, sind entschieden Neocom. Ihre anomale Lage zeigt, dass 
sie nicht anstehend sind. 

*#*%) Eine Folge dieser grossartigen Ueberstürzung; sonst umgekehrt. 
”**) Siehe Sruper: Geol, d. westl. Alpen, pag, 83; Geol, d. Schweiz 
II. pag. 67 u, 169. 


(gegen den Schrattenkalk) eine gewisse Aehnlichkeit mit den 
hydraulischen Kalkbänken der Effingerschichten (mittlerer Ox- 
ford) des Jura, so z. B. am Morgenberghorn, Leissigengrat, 
Rothenegg und Rothenfluh, am Nordfusse des kleinen Rugens. 
Es sind dunkle, dünngeschichtete Kalke, welche mit grauen 
 Mergelbänken regelmässig abwechseln.. Zwischen diesen und 
dem Kieselkalk gelegen, finden sich dann ebenfalls dunkle, 
sandigthonige und bröcklige Kalke, woraus TH. STUDER auch 
den Echinospatagus cordiformis citirt.*) In der Wagneren sind 
‚sie sehr gut aufgeschlossen. | 


Eisensteinbildung **), Stuper 1867. ***) 


Mächtige, harte und dunkle Kalksteine und Schiefer ohne 
Petrefacten bilden die Decke und den südlichen Abhang der 
_ ganzen Morgenberghornkette. Nach ihrer Lage auf Neocom 
schliesst Tu. STUDER, dass es nur oberer Jura sein könne. 
Diese im Berner Oberlande weit verbreitete Bildung (aus ihr 
ist das ganze Gebirge zwischen Lauterbrunnen und Grindel- 
wald zusammengesetzt, sowie auch die Scheidegg; sie findet 
sich ferner am Schilthorn und im Engethal oberhalb Mürren 
etc.) ist eigentlich sehr wenig studirt worden und, ich kann 
sagen, noch nicht bekannt. Es ist ein Verdienst von Prof. 
_ ÖTUDER, auf sie zuerst aufmerksam gemacht und sie noch ferner 
studirt zu haben. In seiner Geologie der Schweiz, II. pag. 96 
fasst er diese Bildung als einen besonderen Habitus der 
Nummulitenformation auf. Er sagt: ‚‚die mächtige Folge 


*) In seinem Cat. Cephalop. Alpes Suisses, 1857 u. 1861, pag. 22 
. und 103, eitirt Ooster Belemn. pistilliformis und Ammon. Grasi aus den 
Umgebungen von Leissigenbad und Därligen. Dass diese Exemplare aber 
in anstehendem Gestein gefunden wurden, davon ist keine Rede; denn an 
diesen Localitäten kommt kein Neocom zum Vorschein. Es ist wahr- 
scheinlich, dass sie von losen Blöcken herrühren, welche von den weiter 
oben anstehenden Neocomschichten heruntergekommen sind. Nach der 
Aussage von Prof. Sruper hat eben deswegen Bacumany in der neuen 
Ausgabe der geologischen Karte der Schweiz die Gegend am südlichen 
Ufer des Thunersees als Kreide bezeichnet. Ich habe am Anfange dieser 
Arbeit diesen Irrthum schon besprochen. 

. **) Wegen der Festigkeit und schweren Zersprengbarkeit der sie 
zusammensetzenden Gesteine im Lande so benannt 

- **) Erläuter. zur 2ten Ausgabe der geolog. Karte der Schweiz, 
Winterth. 1869; Bull, Soc. geolog, France, December 1867, 


 verwachsener Gemenge von Quarzit und schwarzem Thon- 


schwarzer, grauer und brauner Quarzite, Quarzsandsteine und 


schiefer, welche in muldenförmiger Auflagerung die oberste 
Masse des Gebirges zwischen Lauterbrunnen und Grindelwald 
bildet, wird wohl unserer Nummulitenformation beizuordnen 
sein“. Es waren hier hauptsächlich zwei Profile, bei Rosenlaui 
und Mürren (wo diese Eisenquarzite der Nummulitenbildung 
aufgelagert zu sein scheinen), welche unsern grossen Gelehrten 
zu diesem falschen, aber jedoch äusserst schweren Resultate 
führten. Noch lange wurde die Eisensteinbildung als diesem 
Horizonte angehörend angesehen. Endlich und nach mühe- 
vollem Suchen gelang es K. v. TscHARNER, einem Schüler 
Stuper’s, ein Paar schlecht erhaltene Petrefacten (Ammon. 
Murchisonae, Belemn. canaliculatus, Trigon. costata) am Scheidegg- 
gasthofe darin zu entdecken. Nachher fand Prof. STUDER im 
Engethal (am Schilthorn) noch Steinkerne von Anatina und am 


Längenberg Astarten, welche ganz den Habitus von unter- 


jurassischen Arten besitzen. >; 
Somit war unsere Bildung vom Eocen*) zum unteren 
Jura gewandert. Wie STUDER sagt, bieten die hieraus sich 
ergebenden Lagerungsverhältnisse schwer zu lösende Räthsel 
dar. „Die hohen Terrassen, in denen die Gebirge vom Wetter- 
horn und der Jungfrau schroff nach dem Brienzer- und Thuner- 
see abfallen, lassen auf gewaltige Verwerfungen schliessen.‘ 
Wie schon aus dem Vorigen zu ersehen ist, haben wir in 
der Eisensteinbildung eine höchst petrefactenarme Formation, 
ein Umstand, der die Feststellung ihres stratigraphischen Hori- 
zontes bedeutend erschwert hat. An der Iseltenalp, unterhalb 
der Scheinigen-Platte, treffen wir jedoch den einzigen bis jetzt 
bekannten, typischen und ächten Fundort unserer Stufe. Von 
EscHEr, meinem unvergesslichen Lehrer, entdeckt, wurde dieser 
zuerst von Prof. Stuper als Lias beschrieben (Geol. Schweiz, 
II. pag. 37), weil die darin häufig vorkommende Posidonomya 
Alpina Gras mit der Jos. Bronni Voutz verwechselt worden 
war. Von den Gebrüdern MEyRAT dann ausgebeutet (wenn 
ich nicht irre), wurden einige Cephalopoden von Üoster **) 


*) In der ersten Ausgabe der geologischen Karte der Schweiz (1853) 
ist sie folglich auch als Nummulitenbildung colorirt. 
%*) Cat. Cephal. Alpes Suisses 1861, 


25 


beschrieben und alle als den braunen Jura charakterisirend 
anerkannt. Es sind: 


Belemnites giganteus Bıv. — Humphreyi-Sch. 


Ammonites ooliticus Orß. — Parkinsoni-Sch. 
“2 annularis ScuL. — Callovien. 
23 coronatus Bruc. — Üallovien. 


Verhindert, mir diese typische Localität näher aufzusuchen, 
schickte ich letzten Sommer G. TscHAn hin, welcher mir fol- 
gende Fauna mitbrachte: 


Belemnites giganteus Schal. — Humphreyi-Sch. 
Ammonites Garanti OrB. — Parkinsoni-Sch. 

Es Gerville Sow. — Humphreyi-Sch. 

3 hecticus Hanrm. — Callovien. 

ns ooliticus Ors. — Parkinsoni-Sch. 

= Kudernatschi Hauer — Klaus-Sch. 

ns Murchisonae Sow. — Murchisonae-Sch. 
Avicula elegans Münst. — Murchisonae-Sch. 

»»  Münsteri Bronn — Murchisonae-Sch. 
Posidonomya alpina Gras — Klaus-Sch. 
Lima punctata Dsu. — Murchisonae-Sch. 
Pecten demissus Pruwu. — Qallovien. 
Terebratula perovalis Sow. — Humphreyi-Sch. 

S ovoides Sow. — Murchisonae-Sch. 


Rhynchonella concinna OrB. — Lagenalis- u. Digonasch. 
Oxyrhina hastalis AG. — Klaus-Sch. 


Wenn man nun diese verschiedenen Arten ein wenig näher 
ins Auge fasst, so wird man bald bemerken, dass wir hier 
sowohl Species vom unteren braunen Jura haben (Am. Mur- 
chisonae, Avic. elegans, Münsteri), als auch vom oberen (Am. 
annularis, coronatus, hecticus). Die Horizonte der Am. Mur- 
chisonae, Humphreyi, Parkinsoni (mit den Lagenalis- und Di- 
Digonasch.) , sowie auch das Oallovien, würden also in der 
Eisensteinbildung des Berner Oberlandes paläontologisch ver- 
treten sein. Da aber dieser Umstand schon seit einigen Jahren 
theilweise in den von HAUER*) beschriebenen sogen. Klaus- 


*) Das Zusammenvorkommen von Arten aus dem Horizonte des A. 
Parkinsoni und des Callovien in den Klausschichten, scheint in den Alpen 
eine allgemeine Thatsache zu sein. Die Untersuchungen von BacHumann, 
- MöscH und BasLTzer in unseren östlichen Alpen und diejenigen von 


26 


schichten der östlichen Alpen als Thatsache bekannt ist, so 
kann ich nichts Anderes annehmen, als dass wir in dieser 


Bildung der mittleren Schweizeralpen das mehr oder weniger 


richtige Aequivalent dieser Schichten haben.*) Ebenso wurde 


es stehen. mit den neuerdings von GiLLIERON beschriebenen 


Schichten des Am. Humphreyi und von Klaus aus den Frei- 
burgeralpen. In dieser meiner Parallelisirung darf man aber 


nicht vergessen, dass schon OppEL**) 1863 die gleiche Mei- 


nung ausgesprochen hat. Ebenso glaubt er, diese Eisenstein- 
bildung entspräche den Muschelbreecien von Brentonico und 
Füssen. 

Eine mehr oder weniger scharfe Trennung dieser ver- 
schiedenen Stufen, die in die Eisensteinbildung fallen, wäre 
also bei uns unmöglich, und wir hätten so hier eine einfache, 
mächtige Formation, welche dann weiter auswärts in sich meh- 
rere mögliche paläontologische Horizonte erblicken liesse. 
Dieses seltene Verhältniss zeigt uns ein während der Ablage- 
rung des braunen Jura mehr oder weniger ‘abgeschlossenes 
Meer, wo die älteren Formen neben dem allmäligen Erscheinen 
der neueren ihr Leben fortgesetzt haben. So siud in einem 
und demselben Meere eine Reihe ven verschiedenen Typen- 
gruppen hervorgegangen, während anderswo andere Verhält- 
nisse dieses Zusammenleben nicht gestatteten und die getrennte 
Aufeinanderfolge von Formengruppen forderten, welche heut- 
zutage uns zur Unterscheidung von verschiedenen paläonto- 
logischen Horizonten dienen. 

Soweit bis jetzt unsere Kenntniss davon reicht, muss also 
dieser gesammten Eisensteinbildung ein entschieden unter- 
jurassisches Alter (brauner Jura) zugeschrieben werden. Ihre 
Auflagerung auf Neocom in der ganzen Morgenberghornkette 


Brunner, E. Favae und GitLıknon in den westlichen, haben dies noch 
ferner bestätigt; ebenso von Hauer, KUDERNATSCH, ÖSCHLÖNBACH, ZITTEL, 
OpreL, GümseL, NEUMAYR, BENECKE, GRIESBACH und TietTze in den öster- 
reichischen ; Gras, Lory, Dumorrtier, Veraın und Hepert in den franzö- 
sischen Alpen. — Für den unteren braunen Jura haben Stuper, FıscHer- 
Oostern, E. Favre, GıuLtiöron und Hüpent aus den schweizerischen und 
französischen Alpen das Zusammenvorkommen der A. Murchisonae und 
Humphreyi in einem und demselben Horizonte beschrieben. 


*) Brunner von WatrtenwyL hat schon im Jahre 1857 (Geognost. 
Beschr. d. Stockhorns) diese Ansicht ausgespiochen, 

**) Ueber das Vorkommen von jurassischen Posidonomiengest. in den 
Alpen, in Zeitschr, d. d. geol. Ges. Bd. XV. pag. 189. 


27 

ist bekanntlich eine anomale Erscheinung. Es ist auch wohl 
begreiflich, dass Tu. STUDER noch im Jahre 1868 sie als oberen 
Jura ansehen wollte. Als ich die Gebiete sudlich von unserer 
Kette noch nicht studirt hatte, fing ich an zu glauben, es musse 
diese letztere Bildung irgendwie in der jeizt als brauner Jura 
geltenden Schichtenfolge der Eisensteinbildung vertreten sein. 
Dieser Zweifel verschwand aber, als ich im Massiv des Bellen- 
höchst und auf der rechten Seite des Saxetenthales typischen 
Hochgebirgskalk*) oder weissen Jura traf (siehe Tafel TI. 
Profil 6 und Profil 11), der sich zu unserem Gebilde ver- 
halten mag, wie auf Profil 5 Taf. H. angegeben ist. Eine 
allmälige Auskeilung dieser ganzen Stufe zwischen dem Eisen- 
stein und Neocom geht also vor sich in der Erstreckung von 
der Sumpffluh nach dem höchsten Punkt der Morgenberghorn- 
kette, eine Auskeilung, welche evident durch die starke Bie- 
gung im Grunde des unteren Saxetenthales noch mehr be- 
gunstigt wird. Somit wäre diese auf Neocom ruhende Eisen- 
steinbildung keine so grosse anomale Erscheinung. 

Nach dem Flysch ist die Eisensteinbildung ohne Zweifel 
diejenige Stufe, welche im Massiv des Morgenberghorn am 
meisten vertreten ist. Sie bildet zuerst alle Gipfel dieser Kette 
und erstreckt sich sogar noch etwas weiter hinunter nach den 
Absturzen des nördlichen Abhangs. So sind die anderen Bil- 
dungen durch sie gänzlich in diesen letzteren verdrängt. Sie 
‚bildet den ganzen südlichen Abhang der Kette bis mitten im 
Saxetenthale und zum Passe Tanzbödeli; sogar noch weiter 
erstreckt sie sich gegen die Massive der Schwalmern und des 
Bellenhöchst, indem sie dann in der Mitte des Thales an den 
oben erwähnten Hochgebirgskalk angrenzt. 

Wo auch Eisenstein zu Tage tritt, kommt er in dünnen, 
gewöhnlich „—: M. dicken Schichten vor, welche öfter mannig- 
fache Verbiegungen zeigen (Weg nach dem Abendberg, kleiner 
Rugen etc.), die an diejenigen des Neocom der Axenstrasse 


*) Kons. Escher von DER Linta brauchte zuerst diesen Namen zur 
Bezeichnung der nicht näher bestimmbaren Kalke der höheren Alpen. 
Wo in dem Liegenden derselben organische Reste vorkommen (wie in 
unserer Gegend im Eisenstein), gehören sie dem braunen Jura an. Ueber 
ihnen liegt dann an anderen Punkten Neocom; so dass diese Bezeichnung 
des Hochgebirgskalks als oberen oder weissen Jura nicht weit fehlgehen 
kann (Studer Index pag. 122. 


28 


vielfach erinnern. Es sind hellgraue bis dunkelgraue Kalk- | 


steine”), welche eine sehr bedeutende Härte besitzen, Sie 
sid mit dem Messer kaum ritzbar und funkeln unter heftigem 


Hammerschlage; an Kieselsäure müssen sie folglich auch 


ziemlich reich sein. Von dem weiter oben besprochenen 
Kieselkalk sind sie durch ihre dunklen eingeschlossenen Horn- 
steinbänder leicht zu unterscheiden. Schön entwickelt kommen 
sie hauptsächlich am kleinen Rugen, in der Wagneren und 


am Morgenberghorn vor. Zuweilen treten hie und da Kalk- 
schiefer auf, so z. B. am kleinen Rugen, auf dem Ausser- 


berg und im Lauigraben ob Saxeten, auf der Ostseite des 
Morgenberghorn. An diesen beiden letzteren Orten ist die 
falsche Schieferung oder Clivage schön zu beobachten und 
unterscheidet sich von der echten Schichtung durch ihre bank- 
förmige Absonderung und ein ganz anderes Einfallen. Von 
Petrefacten fand ich in diesen Schichten nichts, ausser dem 
Abdruck einer vielgerippten Terebratula, welche vielleicht an 
T. Dumortieri E. DesL. erinnern mag (ob Wilderswyl). 


Nachdem wir nun die verschiedenen stratigraphischen 
Stufen der Morgenberghornkette so gut wie möglich beschrie- 
ben haben, wenden wir uns jetzt zu einigen allgemeinen Schluss- 


betrachtungen, in welchen wir versuchen werden, einen Beitrag 


zur Erklärung dieser grossartigen Ueberstürzung-zu geben. In 
dem Fig. 11 vorhandenen Profile auf Taf. I. habe ich das Resultat 
meiner Untersuchungen niedergelegt, soweit ich sie bis jetzt 
nach Sudosten verfolgt habe. Es geht vom Thunersee aus über 
die Morgenberghornkette, das Saxetenthal und das Massiv 
des Bellenhöchst bis in die Nähe von Isenfluh. Es ist die 
einzige Region südöstlich von unserer Kette, welche ich zu 
einer näheren Erklärung ihrer merkwürdigen Verhältnisse 
habe studiren können. Die Gebirge der Schwalmern, Lob- 
hörner und Sulegg warten noch auf ein weiteres Studium. 
Wie aus diesem DBurchschnitte zu sehen ist, erstreckt sich die 
Ueberstürzung noch weiter nach Südosten und bleibt also nicht 


*) Nicht Quarzite oder Quarzschiefer, wie Prof. Stuper glauben en, 
denn mit Säuren brausen sie deutlich und ziemlich lange auf. 


ER ERERT SU NER RER NT 


. 


nF 


4 N x \ > P: 
BEI BRETTEN TEN OR ORTEN, ATER 


EIERN UT 


20. 
‚auf die Morgenberghornkette beschränkt. Weiter als das Massiv 
des Bellenhöchst oder als eine durch dasselbe gezogene Linie 
(parallel dem Streichen unserer Kette) geht sie noch höchst 
wahrscheinlich. Wenn ich sagen würde, dass sie sogar bis 
an die Grenze der krystallinischen Gesteine gehe, würde man 
diese Meinung als übertrieben ansehen. Werfen wir aber einen 
Blick auf die Karte und sehen wir uns die von der soge- 
nannten Glarnerschlinge*) stundenweit innegehabten Gegend 
an, welche einerseits bis an den Wallenstadiersee, andererseits 
bis an das krystallinische Massiv des Finsteraarhorns (eine 
Länge von ca. 12 Stunden) reicht, so wird man, glaube ich, es 
nicht für allzu gewagt ansehen, wenn ich jetzt den Satz aus- 
spreche, dass die an der Morgenberghornkette vorkommende 
Ueberstürzung bis an die krystallinischen Gesteine des Massivs 
der Jungfrau reiche, das heisst auf eine Entfernung von 
höchstens 6— 7 Stunden. Hier an der Grenze der sedimen- 
tären und krystallinischen Gebilde wurde der andere Schenkel 
des Gewölbes zu finden sein**); natürlich ist er aber durch 
Verwerfung sowohl versunken als auch verschwunden und der 
Beobachtung also gänzlich entzogen. Ob diese Meinung sich 
später wird bestätigen lassen, ist Sache eines weiteren Stu- 
diums. Ich hoffe jedoch, in der Folge neue Beiträge zur Lö- 
sung dieser höchst interessanten, aber schwierigen Frage in 
dieser Zeitschrift geben zu können. Mögen aber die Geologen 
diesen meinen dahin ausgesprochenen Satz ruhig würdigen und 
_ die Frage noch näher untersuchen, bevor sie mir antworten. 


*) BALTzer, op. cit. pag. 56 u. 57. 

**) Wie Tu. Stuper richtig bemerkt, hätten wir also hier ein sich 
nach Süden öffnendes C (siehe Prof. Srtuner’s: les couches en forme de 
C dans les Alpes, Geneve 1860). — Inwiefern es aber eine östliche Fort- 
setzung desjenigen der Dent du Midi (Bull. Soc, vaudoise se. nat. 1855) 
sei, lasse ich noch unentschieden. 


2. Ueber die Schichtenfolge des oberen Jura bei 

Ahlem unweit Hannover und über das Vorkommen 

der Exogyra virgula im oberen Korallen-Polith 
des weissen Jura daselbst. 


Von Herrn C. Struckmann In Hannover. 


Durch die Eröffnung einiger neuer Steinbruche beim Dorfe 
Ahlem, etwa 4 bis 5 Kilometer westlich von Hannover, sind 
nunmehr die sämmtlichen Glieder der oberen Juraformation 
in vortreflicher Weise auf einem kleinen Raume erschlossen. 
Die verschiedenen Fundorte, die räumlich kaum 2 Kilometer 
auseinander liegen, finden sich sämmtlich an dem flachen 
Höhenzuge, der sich in südwestlicher Richtung vom Dorfe 
Ahlem bis zam Dorfe Harenberg erstreckt; der nördliche Ab- 
hang dieses Hoöhenzuges zwischen der Chaussee nach Wunstorf 
und dem Ahlemer Holze wird gewöhnlich mit dem Namen 
„Mönkeberg“ bezeichnet; hier liegen zwei Steinbrüche, ein 
alterer bei dem halb verfallenen Kalkofen mit den. unteren 
Schichten des weissen Jura und ein erst seit einigen Jahren 
erschlossener mit den Pteroceras-Schichten; sodann folgt ein 
Steinbruch unmittelbar am Ahlemer Holze mit den Schichten 
des oberen Korallen-Oolith und den unteren Kimmeridge-Bil- 
dungen; hart am Westende des Dorfes Ahlem an der Strasse 
nach Wunstorf liegen sodann die ausgedehnten Steinbrüche 
in den Pterocerasschichten, und endlich folgen südwestlich vom 
Dorfe und südlich vom Ahlemer Holze die Ahlemer Asphalt- 
gruben, in denen die mittleren und oberen Kimmeridge-Schichten 
und die Portland-Schichten erschlossen sind. 

An diesen verschiedenen Stellen wird folgendes Profil 
beobachtet: 

1. Am Mönkeberge bei dem verfallenen Kalkofen lagern 
unmittelbar über den Thonen der Kelloway-Gruppe (Or- 
natenthonen) mit Ammonites Lamberti und Ammonites 
ornatus 


dieOxfordschichten oder Heersumer Schich- 
ten in einer Mächtigkeit von etwa 7 M., bestehend 
zu unterst aus dunkelgrauen groboolithischen tho- 
nigen Kalksteinen und Mergelkalken und zu oberst 
aus gelblichen, grösstentheils oolitbischen Kalkmer- 
geln.. Als charakterische Versteinerungen sind zu 
erwähnen: | 


Echinobrissus scutatus LAM. Sp. 
Gryphaea dilatata Sow. 

Exogyra lobata RoEn. 

Pecten subfibrosus D’ORB. 

Trigonia triquetra v. SEEB. 
Ammonites biplex A. Roem. (Sow.) 
Ammonites mendax V. SEEB. 


derselben Stelle sind noch zu beobachten die un- 


teren Schichten des Korallen - Ooliths, be- 
stehend 
a. aus einer (0,8 bis 1 M. mächtigen Korallenbauk, 


vorzugsweise zusammengesetzt aus der /sasiraea he- 
lianihoides GoLDF. und 


b. aus gelblichen in der Luft leicht zerfallenden, grössten- 


theils oolithischen Kalkmergeln, etwa 2 M. mächtig. 
In beiden Unterabtheilungen finden sich nicht 
selten die Stacheln von Cidaris florigemma PHiLL. 
Ausserdem sind charakteristisch: Chemnitzia Hed- 
dingtonensis Sow. (mit Schale), Cerithium Struck- 
manni DE LorRIoL, Exogyra lobata Rorm., Pli- 
catula longispina A. RoEM., Echinobrissus scutatus 
Lan. 


3. Darüber lagern, zu beobachten im Steinbruche vor dem 
Ahlemer Holze, die mittleren Schichten des Ko- 
rallen-Ooliths, bestehend 


aus einem ockergelben, dichten, knorrigen Kalksteine 
mit mergeligen oolithischen Zwischenlagern, im Gan- 
zen 2 bis 2,5 M. mächtig, Im dichten Kalksteine 
finden sich unzählige Steinkerne einer kleinen Lucina, 
ferner von Phasianella striata Sow. und Chemnitzia 
Heddinytonensis; ferner sind zu erwähnen Stacheln 
von Cidaris fiorigemma PuıiLL. (selten), Pecien va- 


32 


rians A. Rorm., Pecten articulatus Scauorn., Phola- 
 domya decemcostata A. Rorm., Avicula pygmaea Der. 
u. Koch. 

4. Es folgen sodann an derselben Stelle die oberen 
Schichten des Korallen-Oolith, nur 1 bis 1,5 M. 
mächtig und grösstentheils aus grauen und hellgelben 
diehten Kalksteinplatten bestehend, charakterisirt durch 
das sehr häufige Vorkommen von Terebratula humerdis 
A. Rorm., Terebratula bicanaliculata Zıer., Rhynchondlla 
pinguis A. Roem. und unzähligen Exemplaren von Exo- 
gyra reniformis GOLDF. 

In dieser Schicht nun sind von mir mit völliger 
Bestimmtheit einige Exemplare der Erogyra vir- 
gula GoLpr. neben der Exogyra reniformis aufge- 
funden worden. 

d. Darüber lagern ebendaselbst die unteren Kimmeridge- 
Bildungen und zwar 
a. 8,5 bis 4M, hellgraue und hellgelbliche Kalkmergel 

und Kalksteinplatten mit zahlreichen Steinkernen ver- | 
schiedener Natica- Arten (namentlich Natica globosa 
A, Rorm., N. macrostoma A. Rorm., N. Marcousana 
D’ORB.), und Cyprina nuculaeformis A. RoEm., Uyrena 
rugosa DE LoR1oL (Sow.) selten, Thracia incerta ‘Turm. 
(kleine Form). Ausserdem ist Osirea multiformis Der. 
u. Koc# in Schalenexemplaren ausserordentlich häufig. 
b. 2,5 M. Bänke eines theils grauen, theils gelb- 
lichen dichten Kalksteins , gesondert durch dünne 
dunkelgrüne Thonschichten. Letztere sind verstei- | 
nerungsleer; die Kalksteine enthalten dagegen unzäh- | 
lige Steinkerne von Nerinea tuberculosa A. RoEM., | 
seltener von Nerinea Gosae A. Rom. und C'hemnitzia | 
abbreviata A. RoEm. sp. | 
c. Darüber lagert eine 0,5 M. starke schwärzliche Thon- 
schicht, sehr reich an Versteinerungen, namentlich 
kleinen Schnecken, darunter am häufigsten Nerinea 
Mandelslohi Bronx neben den Nerineen und Chem- 
nitzien der vorigen Schicht; ausserdem kommen am 
zahlreichsten vor Cerithium septemplicatum A. RoEM., | 
Cerith. limaeforme A. Roru., Helicoeryptus pusillus | 
D’ORB, { 


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6. Folgen die mittleren Kimmeridge - Schichten 
und zwar 
a. 2,5 bis 3 M. gelbe thonige Mergel, die am Ahlemer 


© 


Holze vollig versteinerungsleer sind, beim Dorfe Ahlem 
dagegen Terebratula subsella in zahlreichen Exem- 
plaren enthalten, 


.5 M. theils graue oolithische Kalksteinbanke, theils 


sehr thonhaltige, dünngeschichtete Kalksteine, am 
Ahlemer Holze nur schwach angedeutet, während die- 
selben in den Steinbruchen am Dorfe Ahlem in 
ihrer ganzen Mächtigkeit zu beobachten sind. Es sind 
dies die Schichten der Nerinea obtusa nach ÜREDNER, 
charakterisirt, abgesehen von dieser kleinen Nerinea, 
durch: 

Cyrena ruyosa DE LORIOL (Sow.) = Astarte scu- 

tellata v. SEEB. | 

Cerithium astartinum v. SEEB,. 

Chemnitzia striatella v. SEEB. 

Nerita ovata A. Ron. 
und zahlreiche andere kleine Schnecken. Auch sind 
Reste von Fischen (Pyenodonten) und Sauriern nicht 
selten; in dieser Schicht ist Aomoeosaurus Maximi- 
lianı H. v. M. dreimal von mir gefunden. 
2,5 bis 3M. theils dichte, theils feinkörnig oolithische 
Kalksteine in 0,5 bis 1 M. mächtigen Bänken, meist 
von heller Farbe, in den ÄAsphaltbrüchen bei Ahlem 
jedoch lederfarbig oder schwärzlich durch Bitumen 
gefärbt. Es sind dies die eigentlichen Pteroceras- 
Schichten, sehr reich an Versieinerungen, auch 
vom Mönkeberge nördlich vom alten Kalkofen zu 
beobachten, hier nur aber meist Steinkerne enthal- 
tend, während bei Ahlem vielfach Schalenexemplare 
gefunden werden. Als charakteristisch sind vorzugs- 
weise zu erwähnen: 

Terebratula subsella LEYM. 

Esogyra Bruntrutana VOLTZ 

Exogyra virgula GoLDF., seltener. 

Trichites Saussurei Thurn. 

_ Gervillia tetragona A. RoEn. 

Lucina substriata A. Ron. 


Zeits. d. D.geol. Ges. XXVIL 1. 3 


Corbis subelathrata THURM. sp. 

Cyprina Brongniarti A. Ron. Sp. 

Bulla suprajurensis A. RoEn. 

Pteroceras Oceani Broncn. 

Natica (Purpurina) subnodosa A. RoEM. 
und viele andere. 


Darüber lagern bei Ahlem und in den Asphaltbrüchen E 


die oberen Kimmeridge-Schichten (obere Ptero- = 


ceras-Schichten, Virgula-Schichten), bestehend aus 
2 bis 3 M. grauen Thonmergeln und dichten, meist 


dünngeschichteten Kalksteinen, charakteristisch durch: 


Exogyra virgula GoLpr., Anomia Raulinea Buv., 


Corbula Mosensis Buv. und Corbicella Mo- 


raeana Buv. Ausserdem ist ÖOstrea multiformis 
Der. u. K. wiederum sehr häufig geworden. 


Untere Portland-Schichten, bei Ählem 2 bis 3, 


in den Asphaltbrüchen bei Ahlem bis 5 M. mächtig, 


bestehend aus geschichteten Thon- und Kalkmergeln, ie 


ziemlich arm an Versteinerungen; jedoch sind Osirea 


multiformis, Cyprina Brongniarti und Cyrena rugosa nicht 


selten; als charakteristisch ist ausserdem Pinna gra- 
nulata Sow. anzuführen. Darüber folgt eine 2bis3M., 
mächtige Schicht eines dichten, zuweilen auch fein ooli- 
thischen sehr harten Kalksteins, von weicheren Mergel- 
schichten unterbrochen. Bei einer früheren Gelegenheit 
(diese Zeitschr. Bd. XXVI. pag. 221) habe ich dieselbe 
als versteinerungsleer angegeben; nach weiteren Beob- 
achtungen sind jedoch stellenweise Versteinerungen nicht 
selten und zwar kommen vor: Cyrena rugosa, Gervillia 
lithodomus und Corbula -alata Sow. (Nucula gregaria Der. 
u. K.). Wahrscheinlich entspricht diese Schichtenfolge 
den Schichten mit Ammonites gigas an anderen Orten; 
bisher ist freilich dieser Ammonit bei Hannover nicht 
aufgefunden. 


Folgen in den Asphaltgruben die oberen Portland- 
Schichten oder Eimbeckhäuser Plattenkalke, etwa 
3 M. mächtig, charakterisirt durch das massenhafte Vor- 
kommen von Corbula inflexa A. Rorn., von mir be- 
schrieben in Bd. XXVI. dieser Zeitschr. pag. 220 f. 


10. Darüber lagert 0,5 bis 1 M. mächtig ein graues thoniges 
Gestein, in welchem ich nur einige Spuren von fossilen 
Pflanzen gefunden habe (Purbeckmergel?) und endlich 
folgen 


11. Blaue zähe Thone mit Belemnites subquadratus A. RoEm., 
die einen grossen Raum bedecken und unzweifelhaft der 
unteren Kreide (Hils) angehören. 


Die ganze Schichtenfolge des Oberen Jura besitzt bei 
Ahlem in den Schichten 1 bis 9 nur eine Mächtigkeit von 
40 bis 46 Metern. 

Das Auftreten der Exogyra virgula in einigen un- 
zweifelhaften Exemplaren in Schicht 4, im Oberen Ko- 
rallen-Oolith, zusammen mit Terebratula humeralis und 
‚Rhynchonella pinguis erscheint mir höchst bemerkenswerth, 
wenn ich auch eben keine auffallende Thatsache darin erblicken 
kann. Denn ebenso gut, wie auch einige andere Fossilien 
(z. B. Trigonia suprajurensis, Astarta suprajurensis) aus dem 
Korallen-Oolith bis in die oberen Kimmeridge-Bildungen hinauf- 
reichen, fällt die erste Entstehung der Exogyra virgula in eine 
ältere Zeitperiode, wahrend ihre massenhafte Entwickelung erst 
später stattfand. Bis vor einigen Jahren kannte man dieselbe 
bei Hannover überhaupt nicht, bis ich das Vorkommen im 
oberen Kimmeridge und in den Pieroceras - Schichten von 
Ahlem nachwies (diese Zeitschr. Jahrg. 1871 pag. 765 ff.). 

Dr. Brauns führt dieselbe in seinem oberen Jura pag. 358 
aus dem Kimmeridge von Uppen, Coppengraben, des Selters 
“und des Ith’s an; eine Notiz über ein tieferes Vorkommen ist 
mir aber bislang nicht bekannt geworden, weshalb ich glaubte, 
meinen Fund in weiteren Kreisen bekannt machen zu dürfen. 


3# 


3.  Geognostisch - chemische MNittheilungen über die 
neuesten Eruptionen auf _Vulcano und die Producte 
derselben. 


Von Herrn A. Baıtzer ın Zürich. 
Hierzu Tafel II. bis IV. 


Das vulkanische System der Liparen verdankt seine Ent- 
stehung nach HoFFMANN*) einer dreistrahligen vulcanischen 
Spalte, deren einzelne ziemlich geradlinige Zweige ungefähr in 
der Panariagruppe zusammenlaufen. | 


Auf diesen Spalten haben sich nun drei Reihen von Strato- 


vulcanen gebildet. Die kürzeste dieser Spalten (ungefähr 
Nordost streichend) hat nur einen Eruptionspunkt: Strom- 
bölı. Dieser permanent und intermittirend arbeitende Vulcan 
gestattet der wulcanischen Thätigkeit sich allmälig zu ent- 
laden, so dass sie nicht nothwendig hat, sich neue Eruptions- 
wege in der Verlängerung dieser Spalte zu schaffen. Auf der 
zweiten ungefähr Ost- West laufenden Spalte liegen Saline 
und die schönen Kegel von Felicuri und Alicuri. Die 
dritte Spalte hat Südrichtung. Auf ihr. liegen die zu Lipari 
gehörigen: Mte. Campo bianco, Mte. Angelo, Mte. 


Guardia, ferner Mte. Voalcanello und der Hauptkrater 


auf Vuleano. Noch in der Verlängerung dieser Spalte findet 
sich am Cap. Calava der sicilianischen Küste eine Fumarole, 
Die im Centrum des Systems liegenden Inseln der Panaria- 
gruppe zeigen weder Lavaströme noch Kegelstructur. Ihre 
Gesteine werden als Granit-, Gneiss- und Porphyr - ähnlich 
bezeichnet. Diese in ihrer äusseren Erscheinung so abwei- 
chenden, meist schroff nach Nordwest abstürzenden Inselfelsen 
scheinen einem unentwickelt gebliebenen Centralkegel anzu- 
gehören und sind älter als alle übrigen. 


— 


*) Poss. Ann. Bd, 26. pag. 68 ff, 


Ku 


37 


Das ganze vulcanische System der Liparen ist nach dieser An- 
schauung ein Mittelglied zwischen Central- und Reihenvulcanen, 
dessen 'Eigenthumlichkeit darin besteht, das es keinen Strato- 
vulcan als Centrum besitzt und dass sich die vulcanische Thä- 
tigkeit ganz auf die Seitenspalten verlegt hat. h 


1. Die vulcanische Thätigkeit auf der Insel Vul- 
cano vom August 1873 bis Ende December 1874. 


Den Krater auf Vulcano war man seit längerer Zeit ge- 


wohnt als fast erloschen zu betrachten, da die letzte Eruption 


(wobei er nach Scropr*) seine jetzige Form erhielt) 1786 
stattgefunden hatte. Kaum sah man bei reiner Luft sei- 
ner Mündung Dämpfe entsteigen; er befand sich im Zustand 
einer, mässige Fumarolenthätigkeit zeigenden, Solfatara. Ich 
war daher überrascht, als ich bei einem Besuch der Liparen 
im Anfang November 1873 vernahm, dass seit August der 
Vulcanokrater eine intensive Thätigkeit entwickle. Authentische 
Nachrichten erhielt ich erst von Herrn Pıconz, Betriebsdirector 
der chemischen Fabrik auf der Insel. 

Nach seinen Mittheilungen begann die erhöhte Thätigkeit 
am 7. August 1873 zunächst mit stärkerem Ziehen der Fuma- 


 rolen. Am 7. September erfolgte eine Eruption, welche von 


11 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags andauerte. Wah- 
rend derselben fiel auf der ganzen Insel eine schneeweisse 
Asche, von welcher Herr Pıcos& Proben sammelte. Andere 
Aschenfälle, von vulkanischem Sand und Steinen begleitet, 
folgten bis zum 19. October; so z. B. fielen graue Aschen am 
14. und 15. September, von denen Herr Pıcon&£ ebenfalls Pro- 
ben nahm. 

Einmal war der Aschenfall so dieht, dass man bei der 
kleinen Fabrik auf 2 Meter Entfernung keinen Gegenstand 
deutlich sah; man wünschte auf der Insel sehnlichst ein Ende 
der Eruption, oder wenigstens Wind, um aus dem lästigen 
Zustand herauszukommen. Ein oder einigemal wurden die 
Aschen in der That bis nach Lipari und Saline getragen, wo 
die Blätter der Baume und Sträucher davon bedeckt waren. 

Am 19. October erfolgte eine Eruption mit Auswurf von 
vielen Projectilen, 


*) Vergl. dessen Volcanos pag. 337, 


38 


Die 'Eruptionen fanden. nach einem gewissen Rythmus 


statt. Zuerst beobachtete man während 5—7 Minuten stei- 


gende Fumarolenthätigkeit, indem unter heftigem Brausen 


schneller und in grösserer Menge der weisse Dampf den 
Spalten entquoll, gewaltige Rauchsäulen bildend.. Dann sank 


die Thätigkeit zurück, um nach kurzer Zeit sich wieder zu 


steigern. Gewöhnlich beim dritten Anlauf wurden unter Knallen 
und Rollen Steine ausgeschleudert. Von solchen Steinen fand 
ich das Innere des Kraters (namentlich an der Nordostseite, 
vergl. Tafel III.), sowie den sogen. Piano della Fossa ganz 
übersäet. 

Sie gefährdeten die Arbeiter, welche, etwa 30 an der 
Zahl, das Rohmaterial zur Gewinnung von Borsäure, Salmiak, 


Schwefel und „Balsamo di Zolfo* aus dem Krater heraufholten. 
Es bedurfte der unermüdlichen Thätigkeit des Directors, um 


ernstliche Unglucksfälle zu verhüten, nachdem einige Arbeiter 
durch die fallenden Projectile leicht verwundet worden waren. 
Nicht nur liess Herr Pıcose einen neuen Weg anlegen, der 


den fallenden Bomben weniger ausgesetzt war, er überwachte 


auch die Thätigkeit des Kraters und gab mit einer Glocke 
den Arbeitern ein Zeichen, wenn der Rhythmus der Fumarolen- 
thätigkeit einen Steinregen voraussehen liess. 

Am 1. November fiel etwas Asche. 

Am 3. November 1873, dem Tage meiner Anwesenheit 
auf Vulcano, beobachtete ich heftige Fumarolenthätigkeit, aber 
keine Steinwürfe. 

Jene hielt an bis zum 22. Januar und es fanden auch 
hin und wieder Bodenerschütterungen statt. 


Am 22. Januar 1374 bemerkte Herr Pıcose um 11? Uhr 


Abends zuerst eine undulatorische, dann eiue subsultorische 
Bodenbewegung, beide von kurzer Dauer. 

Diese ungewöhnlichen Erschütterungen veranlassten ıhn 
am Morgen des 23. nach dem Krater emporzusteigen, um all- 
fälligen Veränderungen nachzuforschen. In der Tbat zeigte 


sich Folgendes: Die Dampfausströmungen waren so heftig, 
dass das Athmen im Krater sehr erschwert war. Alle Fuma- 


rolen waren am Rande mit Asche bedeckt. Von der Ostseite 
des Kraters erscholl ein auffallendes Getöse als Anzeichen, 


dass die unterirdischen Dämpfe sich eine neue Mündung er- 


schlossen hatten.- 


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39 


Erst am 4. Februar gestatteten jedoch die dichten Dampf- 
massen, die neue Mündung wahrzunehmen und sich ihr zu nähern. 
Der Dampf entströmte ihr mit einem wahrhaft betäubenden Ge- 
töse und Flammen brachen daraus hervor, Sie flackerten und zun- 
gelten nicht, sondern waren wie angenagelt („come inchiodata*). 
Herr Pıcons beobachtete dieselben bei Nacht genauer. Sie 
waren theils roth, mit charakteristisch grünem *) Saume, theils 
weiss und röthlichgelb. Der Durchmesser der Fumarolen- 
mündung betrug 1- M. Das Brausen und die Flammen aller 
übrigen Fumarolen zusammen waren nicht so heftig wie bei 
dieser einen neuen, 

In den folgenden Monaten verengte sich diese Mündung, 
aber noch am 31. Juli waren Flammen an ihr bemerkbar. 

Bis zum 4. Februar beobachtete Herr Pıcos£ häufig unter- 
irdisches Getöse, dann verminderten sich die Thätigkeits- 
Ausserungen und zu Ende Juni 1874 schien der Krater wieder 
in normaler Verfassung zu sein. 

Am 1. Juli jedoch machte sich wieder heftiges, andauern- 
des unterirdisches Geräusch bemerkbar. Am 15. Juli erfolgte 
ein schrecklicher Schuss (,‚una tirata spaventosa“‘) und im 
Laufe desselben Tages zählte Herr Pıcone nicht weniger wie 
300 Stösse, die allmälig an Heftigkeit abnahmen und gegen 
65 Uhr Abends kaum noch bemerkbar waren. Nach dieser 
Kraftäusserung trat Ruhe ein; nur alle 2—3 Tage wurde 
noch unterirdisches Geräusch gehört. 

Ende Juli 1874 bemerkte Herr Pıcone im Krater nichts 
Neues, nur am Abend war an den Flammen, welche früher 
continuirlich und ruhig aus der grossen Bocca und den im 
Osten neu eröffneten Fumarolenöffnungen hervorbrannten, ein 


*) Borsäure, auf einem Platinblech in die bläuliche H,S - Flamme 
gebracht, verleiht derselben, wie ich mich überzeugte, einen grünen 
Saum, jedoch nur so lange als die Säure nicht in Anhydrid übergegan- 
gen ist. Hier sei noch bemerkt (was vielleicht noch nicht bekannt ist), 
dass die Färbung einiger Salze in der H,S-Flamme kleine Abweichun- 
gen zeigt von der Färbung, die dieselben Substanzen in der nicht leuch- 
tenden Brennerflamme geben. Lithium macht die H,S-Flamme nur am 
Rande roth. Unreines Strontiumsalz, welches die Leuchtgasflamme in- 
tensiv roth dann gelb machte, erzeugte, in die H,S- Flamme gebracht, 
nur eine gelbe Färbung. 


40 


intermittirendes Hervorpuffen (dreimal alle 5 — 10 Minuten) 


bemerkbar, wobei sie ruckweise auf- und niederstiegen. Ob 
auch Steine herausflogen, giebt Herr Pıconxe nicht an, bemerkt 


aber, es sei ein ähnliches Phänomen gewesen, wie auf Strom- 


boli*), nur in gelinderer Weise. Diese Erscheinung findet 


jetzt noch statt. 
Vom 2. August an ertönte aufs Neue unterirdisches Ge- 


rausch und von Zeit zu Zeit ein Stoss. Von Mitte October 
1874 ab hörte man das Geräusch seltener; seit dem 23. No- 


vember 1874 ist Alles rubig. Vom April bis October 1874 
war die Ausbeutung immer noch, wie früher, gehindert. Selbst 
heute ist die Fumarolenthätigkeit noch nicht ganz auf ihr nor- 
males Maass zurückgekehrt. Lava ist während der ganzen 
Zeit nicht beobachtet worden. 

Ein Freund des Herrn Pıconz berichtete ihm durch Schrei- 
ben vom August, dass auf Stromboli ausser der grossen Bocca 
sich neuerdings zwei andere in Sudwest gebildet hätten, und 


dass jene Stelle, von der aus man früher den Krater beob- 


achtete, nicht mehr betreten werden könne. Genauer ausge- 
drückt, habe sich eine Bocca unter dem ‚‚Faraglione‘‘ gebildet 
und eine andere gegen Norden, circa 30 M. von der alten. 
Soweit die mündlichen und brieflichen (im Auszug über- 
setzten) Mittheilungen von Herrn Pıcone.**) Ich bin ihm 
hierfür, sowie für die bereitwillige Zusendung von Aschen- 
proben zur Untersuchung zu grossem Dank verpflichtet. 


= 


*) Dort erfolgt nach Asıcn (Zeitschr. d. d. geol, Ges. 1857 p. 396) 
und anderen Autoren alle 6 — 7 Minuten eine kleine Dampfexplosion, 
verbunden mit Aufwallen der Lava und Auswurf von Projectilen. 


**) Nachträglich theilte mir Herr Pıconw noch mit, dass er sich 
fünfmal während der Eruption im Krater befand. Einmal trieb der 
Nordwind die Dampfmasse nach Süden. Sie bedeckte den Krater wie 
eine Mütze und man befand sich unten ganz im Dunkeln. Dabei wurde 
so reichlich Asche ausgeworfen, dass man hernach von der Krämpe eines 
Strohhutes I Kilo sammelte. Ein andermal begann eine Eruption feiner 
Asche während des Hinuntersteigens in dem Krater, die Herrn Pıconxe 
zwang, Mund und Nase zu verschliessen und sich zu entfernen. — Er 
befürchtete einigemal eine Katastrophe ähnlich der von Pompeji. 


4l 
2. Besuch des Kraters im November 1873.*) 


Am 3. November begab ich mich von der kleinen, am 
nordöstlichen Fuss des Kegels gelegenen, Fabrik nach diesem 
selbst hinauf. Ich verfolgte den alten auf der Nordseite auf- 
wärts führenden Weg; der neue zieht sich von Nordwesten 
her aufwärts. Den bereits von DoLomieu erwähnten, in den 
Abhang des Berges eingeschnittenen Adventivkrater bestimmte 
ich zu 79,2 M. Meereshöhe. Derselbe ist ausgefüllt, flach 
und hat ca. 100 Schritt Durchmesser. Etwas oberhalb des- 
selben, auf einer etwas vorspringenden Ecke, zeichnete ich die 
Ansicht III. Zu ihrem Verständniss ist zu bemerken, dass 
unmittelbar neben und östlich vom jetzigen Hauptkegel (1 der 
Zeichnung stellt seinen äusseren Abhang dar) sich ein halb- 
mondformig gekrummter Rücken (6) bogenförmig herumzieht. 
Er ist ca. 500 M. vom Centrum des Kraters entfernt, aber 
nur auf der Östseite entwickelt. Zwischen ihm und dem 
Hauptkegel befindet sich eine Schlucht (2). Man verwechsle 
ibn nicht mit der — der Somma des Vesuvs vergleichbaren — 
grossen äusseren Umwallung (mit dem Monte Luccia), die 
an 1500 M. vom jetzigen Krater entfernt ist. 

Leider konnte ich weder die kleine Schlucht (2), noch 
die Lavabank näher untersuchen, um zu constatiren, ob die 
Hügel (6) als alter Kraterrand oder neue Aufschüttung aufzu- 
fassen sind. Die Schlucht schien durch spätere Aschenfälle 
z. Th. ausgefüllt worden zu sein, da die Aschenlagen (unter- 
halb 3 der Zeichnung) horizontal sind, dagegen discordant mit 
der Bank 4. In diesen Aschenlagen vertiefte sich die Schlucht 
durch Erosion. Gegen Spaltung spricht der Umstand, dass 
die Schichten rechts und links der Schlucht einander ent- 
sprechen, z. B. 3 links und 3 rechts. Eigenthümlich erscheint 


die discordante Lavabank 4. 


Vom oben genannten Vorsprung biegt sich der Weg nach 
Westen um. Man gelangt nach kurzer Zeit zu einer fast 
ebenen oder sanft ansteigenden Fläche, dem sogen. Piano 
della Fossa (vergl. Taf. II.) — 215,6 M. über dem Meer. Sie 
umgiebt den Krater halbmondförmig auf der Nord- und Nord- 


*) 1869 besuchte vom Rartn Vulcano. Vergl. seinen interessanten 
Tagebuchauszug im N. Jahrb, 1874 pag, 69. 


westseite. In ihr führt der Pfad zum Nordwestrand des 
Kraters. | a 
Ihre Breite beträgt wohl an 200 M. Am äusseren Rand 4 
zeigt sie dampfende Fumarolen, reich an Schwefelkrusten und 


Sublimationen. Sie ist übersät mit den Projectilen der jüng- 


sten Eruption, die zu Hunderten den Boden bedecken. 


Noch einige Hundert Schritt und wir stehen am Rande = 
des ungeheuren Trichters. Mit Recht nennt ihn Doromıeu den 


schönsten und prächtigsten Krater, den er je gesehen; und 
HoFrFMmann meint, es scheine unmöglich, das vollkommenere 
und zierlichere Modell einer in sich abgeschlossenen Vulcan- 
insel aufzufinden.*) Ein Blick auf Tafel II. und IV. wird 
dies bestätigen. Jene zeigt einen Theil von Lipari und be- 


sonders den Krater von Vulcano als Ganzes. Jenseits des 
Kraters folgt, durch eine tiefe Schlucht getrennt, die Somma 


von Vulcano. Daran schliesst sich eine Art Hochplateau, 
offenbar ein ausgefüllter, grosser, älterer Krater, dessen erhal- 
tenen Südrand Monte Aria und Somma dell’ Felieichie bilden. 


In West und Nordost gehören zu ibm Monte Saraceno und a 


Monte Molineddo, der Nordrand ist durch das jetzige Centrum, 
welches demnach jünger ist, zerstört. Tafel IV. giebt die 
Ostseite des Kraters, wie ich sie vom nordwestlichen Rand 
desselben sah. HR 
Der Krater hat gegenwärtig die Gestalt eines ziemlich 
runden Trichters. Der Durchmesser beträgt oben ca. 900 M., 
unten auf der Sohle ca. 80 M. Den Punkt des Kraterrandes, 
wo ich zeichnete, bestimmte ich mit dem GoLpscHanmipr'schen 
Aneroid zu 245 M. Meereshöhe; für die Sohle des Kraters, 
wie sie das Bild angiebt, fand ich 159 M. Daraus ergiebt 
sich die Tiefe des Trichters zu 86 M.‘ Der obere Rand des. 
selben ist aber sehr ungleich hoch und gerade dort, wo ich 
zeichnete, fast am niedrigsten. Nimmt man den auf Taf. IV. 
mit 1 bezeichneten höchsten Punkt**) des Randes als Aus- 
gangspunkt, so mag die Tiefe des Kraters gut 150 M. be- 
tragen. | 
Unter dem Rand folgen zunächst schräge Abdachungen 


*) Ann. d. Phys. u. Chem. Bd. XXVL, pag. 58. 
**) Die Aufschüttung desselben geschah 1786, vergl, bei SpaLLau- 
ranı pag. 169, 


(8 u. 4) von ausgezeichnet geschichteten Äschen- und Tuff- 
lagen, hie und da von kleineren Abstürzen unterbrochen. 
Ihre Böschung nimmt nach unten zu. Dann stürzen schroffe, 
an 150 Fuss hohe Wände (11) zur Kratersohle ab. | 
Sie bestehen, wo ich sie sah, aus compacter, massiger, 
 glasiger Lava, welche stark gerundete, klumpige Formen bildet. 
Hie und da zeigen sich Löcher und Höhlungen oder von den 
Fumarolengasen hervorgebrachte Färbungen und Verwitterungen. 

Die Schichten derselben fallen dort, wo der Kraterrand 
eine flache Einbiegung zeigt, deutlich gegen den Krater zu, 
anstatt von ihm ab (bei 7). Die nach aufwärts gebogenen 
Schichtenlinien zeigen keinen regelmässigen Zusammenhang 
mit den Schichten weiter rechts. Nach PovLerr ScRropE*) ent- 
steht bei manchen Vulcanen ein Fallen der Schichten nach 
innen gegen den Krater zu dadurch, dass, besonders gegen das 
Ende der Eruption, ausgeworfenes Material Lagen bildet, welche 
parallel derinneren Böschung geneigt sind. Ob das hier der 
Fall, ob Senkung anzunehmen, bedarf weiterer Untersuchung, 
da mir diese Erscheinung erst nachträglich auf dr Zeichnung 
auffiel. Figur I. zeigt nichts davon. 

In den weichen Lagen sind durch die wässerigen aus der 
Atmosphäre und vom Krater selbst herstammenden Niederschläge 
zierliche Erosionsrippen entwickelt. 

Die Sohle des Kraters ist an der abgebildeten Ostseite 
ganz eben und liegt daselbst am tiefsten. An der Nordwest- 
und Westseite ist sie etwas erhöht und unregelmässiger, 

Aus einer grossen Zahl von Fumarolen steigen Dampf- 
säulen in die Höhe, Sie erhebeu sich weit über den Rand 
des Kraters und vereinigen sich oben zu einer compacten 
Wolke, in die der Wind wechselnde Formen bildet. Sie sind 
“auf Tafel IV. nur klein angegeben, um die Formen der Krater- 
wandung nicht einzubüssen. Diese Dampfsäulen entquollen 
ihren unregelmässig gestalteten Fumarolenöffnungen mit einem 
zischenden Ton, wie wenn aus vielen Locomotiven der Dampf 
ausströmt. Dieser Ton ist etwas verschieden, je nach der 
Stärke des Dampfstroms, der Richtung der Oeffnung, der Be- 
schaffenheit des Randes und der Mündung (glatt, eckig, porös, 
rund, spaltenartig etc.). 


*) Volcanos pag. 60, 


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= Base Bar 
23 ; 


44 


Noch anziehender wurde das Bild vulkanischer Thätigkeit 


durch das lebhafte Treiben der Arbeiter, die soeben den steilen 
Pfad heraufstiegen, die mit dem Rohmaterial gefüllten Körbe 
auf den Schultern tragend. 

Die Gase der Fumarolen des Kraters bestehen vorzugsweise 
aus H,S, H,O und HCl, welehen Borsäure und Salmiak beige- 
mengt sind. Ob SO, z. Th. präexistirt oder ausschliesslich 
bei der Verbrennung von H,S an der Luft entsteht, ist nicht 
festgestellt. Auf HCl schliesse ich aus dem Vorkommen von 
Chloriden in den ausgeworfenen Aschen. Jedenfalls sind darin 
noch andere Gase (CO,? N?) und gelöste feste Substanzen 
enthalten, die theils von den Dämpfen mitgeführt, theils durch 
Einwirkung derselben auf die Fumarolenwandungen gebildet 
wurden, allein es ist hierüber nichts bekannt. *) 

Man gewinnt aus den Fumarolen Borsäure, Salmiak, 
Schwefele Die Alaungewinnung hat man gegenwärtig fallen 
lassen, will aber dafür Schwefelsaure fabriciren. » 

Auf dem Absatz rechts (Fig. IV. 9) wurde, wie mir der 
Aufseher sagte, besonders Schwefel gewonnen; eine der Fuma- 
rolen liefert ausschliesslich Alaun. Die links abgebildete Fu- 
marole war besonders stark, sie erhob sich bedeutend über 
den Rand des Kraters und es war nicht möglich, sich ihr zu 
nähern. 

Die Art der Gewinnung scheint, soviel ich beobachten 
konnte, ungemein einfach zu sein. Man wirft lockeres Material 
(vulkanische Asche) auf die Mündungen der kleineren Fuma- 
rolen; die Dämpfe streichen hindurch und lagern ihre gelösten, 
festen Bestandtheile darin ab. So entsteht eine Art cämen- 
tirten Conglomerates. Dasselbe ist erfüllt mit faserigem Samiak, 
gelbrothem Selenschwefel, Alaun und schön weisser seiden- 
glänzender Borsäure. Dieses Rohmaterial wird, wenn es mit 
den Fumarolenproducten genugsam beladen ist, in Gefässe 
gefüllt und von den Arbeitern auf den Schultern zur Fabrik 
am Nordfluss des Kegels befördert, um daselbst weiter ver- 


*) Ich glaubte Jod, dessen Anwesenheit in den Sublimationen Borxe- 
MANN und vom Rartu erkannten, könne sich vielleicht in den bei der Fa- 
briecation übrig bleibenden Mutterlaugen finden; Herr Pıcone verneint 
aber seine Anwesenheit. Nach Cu. DeyırLr sollen in den Sublimations- 
producten kleine Mengen von As u. P vorkommen, 


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arbeitet zu werden. Als Herr TrAautscHuoLp*) den Krater be- 
suchte, sah er, wie man die Dämpfe einer Borsäure haltenden 
Fumarole auf eine sehr rohe Weise in einem Fass condensirte. 

In neuerer Zeit machte Herr Pıcons einige Bohrversuche 
in der Hoffnung, reichere Ablagerungen anzutreffen. Eines 
der Bohrlöcher wurde in der Sohle des Kraters niedergebracht. 
Kaum war man in einer Tiefe von 7 M. angelangt, so erfolgte 
eine Dampfexplosion, die den Bohrer in die Höhe schleuderte. 
Eine mächtige Fumarole entstand im Bohrloch selbst. Darauf- 
hin wurde von weiteren Versuchen Abstand genommen. 

Die Industrie auf Vulcano hat wechselnde Schicksale ge- 
_ habt. Die Schwefelgewinnung fand nach SpaLuanzanı **) schon 
Mitte des vorigen Jahrhunderts statt, wurde dann aber unter- 
sagt, weil man glaubte die bei der Reinigung des Schwefels 
entstehenden Dämpfe schadeten den Weinpflanzungen auf 
Lipari. Ungefähr 1790 gab der König von Neapel die Er- 
laubniss zur Wiederaufnahme der Arbeiten, sie standen aber 
nach einiger Zeit wieder still, wahrscheinlich wegen mangel- 
haftem Betrieb. Später gelangte die Fabrik in den Besitz des 
Herrn NUNZIANTE, der sie in neuester Zeit an Herrn STEVEN- 
son, einen Engländer von Glascow verkaufte. Dieser übergab 
die technische Leitung Herrn Pıcone, unter dessen tüchtiger 
Direction die Fabrication ohne Zweifel einen neuen Aufschwung 
nehmen wird. Der Borsäuregehalt der Fumarolen soll grösser 
sein als der der toskanischen. Im Jahre 1860 wurden jährlich 
etwa 2500 Kilo Borsäure gewonnen, gegenwärtig wird sich 
die Production wohl gesteigert haben. | 

Ehe ich zu den Eruptionsproducten übergehe, möchte ich 
noch einer Eigenthümlichkeit der Kraterwandung Erwähnung 
thun, Ich bemerkte beim Hinuntersteigen in den Krater an 
den steilen unteren Abstürzen eine Kruste. Sie bedeckt die- 
selben gleichsam mantelartig oder wie eine Tapete, die nicht 
fest an der Wand ansitzt. Ihre Dicke.betrug, wo ich sie 
untersuchte, nicht mehr wie 1—3 Um., ihre Höhe 40 — 50’ 
und mehr. Schlägt man daran, so fallen grosse Stücke herab 
und es zeigt sich ein Hohlraum zwischen ihr und dem Lava- 
fels. Der letztere war an der betreffenden Stelle nicht auf- 


%) N. Jahrb. für Mineral. etc. 1874 pag. 63. 
**) „Voyages dans les deux Siciles“ pag. 136. 


fallend zersetzt; die Kruste ist also etwas a ieh E 


die äussere zersetzte Lavaschicht. 


Die Kruste ist grau oder weiss gefärbt und hat das Aus- u 
sehen zusammengebackener vulkanischer Asche. In der grauen 


Masse sind viele Lavensplitter und dergl. bemerkbar, In den 
Poren und Hohlräumen aussen und inwendig sitzen dicke 
Buschel prismatischer gypsähnlicher Krystalle. 

An kaltes Wasser giebt die lufttrockene Substanz 6,9 nCt. 
ab. Der wässerige Auszug reagirt stark sauer und enthält 
ziemlich viel H,SO,, aber nur Spuren von HCl. Beim Ver- 
dunsten der Lösung bleiben Nadeln und Blättchen zurück, die 
beim Erhitzen undurchsichtig werden. Sie enthalten Thonerde, 
Magnesia, Kalk und eine Spur von Ammoniak, welche an die 
genannten Säuren gebunden sind. Alkalien sind nicht vor- 
handen. Der beim Ausziehen mit Wasser bleibende schlam- 
mige Rückstand ist mit Gypskrystallen erfüllt. 

Eine neue Probe mit Na, CO, gekocht ergab reichliche 
Mengen an Kalk und Schwefelsäure, ferner Strontium, aber 
keinen Baryt, dann noch die schon beim wässerigen Auszug 
genannten Basen mit Ausnahme des Ammoniaks. Der von 


Na, CO, - Lösung nicht angegriffene Rückstand lässt mit der. 


ER Stückchen dunkler Glaslava, Quarzkörner, sowie grün- 
liche und röthliche Fragmente erkennen. 

Quantitative Zusammensetzung einer Probe der Kruste: 

85,34 pCt. Gyps, 

34,7 pCt. Rückstand nach dem Kochen mit Na, CO, und 
Behandeln mit HC], 

6,9 pCt. in Wasser leicht lösliche Bestandtheile. 

Der Gyps wurde aus der Kalkmenge berechnet, die man 
durch Kochen mit Na, CO, etc. erhielt; die beiden ersteren 
Bestimmungen bezieben sich auf bei 100° getrocknete, die 
letztere auf lufttrockne Substanz. 

Erhitzt man das Pulver der Kruste und rührt Wasser 
hinzu, so erstarrt der Brei wie Gyps. 


Nach dem Gesagten ist die Kruste wohl aus den Aschen- 


schichten der oberen Partie der Kraterwandung (Taf. IV.) ent- 
standen. Sie erweichten zu einem Schlamm, welcher über die 
Lavaabstürze des Kraters herunterfloss.. Beim Austrocknen 
der Masse löste sie sich da und dort von der Wandung ab, 
ohne indessen ihren Zusammenhang zu verlieren. 


47 


Die Entstehung von Gyps auf vulkanischem Wege ist 


_ eine bekannte _Thatsache. Sa beobachtete z. B. Horrmann*) 
_ dieselbe bei den Stufe di $. Calogero auf Lipari in grossem 
 Maassstab. Dort findet sich der Gyps theils wechsellagernd 
_ mit vulkanischem Thon, theils in unregelmässigen Anhäufungen 


in den Tuffschichten, theils hie und da in Krusten, die grösse- 


ren Blöcke überziehend. Merkwürdig ist daher im vorliegenden 


Falle nur, dass die den Gyps enthaltenden Krusten gleich einer 
Draperie im Innern eines Kraters herunterhängen. 
Wenn auch ein Theil des Caleiumsulfats schon in der 


breiigen Masse durch Einwirkung der schwefligen Säure und 


des Schwefelwasserstoffs entstand, so ist es doch schwer zu 
begreifen, wie sich der Gyps in dem kalkarmen Material 
so anhäufen konnte, dass er alle Poren und Hohlräume ver- 


stopfte. Vielleicht war es das herabrinnende und die poröse 
Kruste durchsickernde Wasser, welches aus den oberen Sand- 
und Aschenschichten (vergl. Taf. IV., 4) immer neue Quanti- 


täten von Kalk**) mitbrachte und ihn so absetzte, wie die 


ein Gradirwerk durchtröpfelnde Salzsoole ihren Kalkgehalt in 


den Dornenwänden. Daher zeigt auch die Aussenfläche der 
Kruste vom rinnenden Wasser herrührende Vertiefungen und 
Furchen. 


38. Untersuchung der jüngsten Eruptions- 
producte. 


Sie bestehen, soweit sie fest sind, theils aus von den Fu- 
marolen ausgeschleuderten Projeetilen,, theils aus Aschen und 
Sanden. | 
Erstere liegen in ungeheurer Anzahl auf dem Piano della 
Fossa, dem inneren Kraterabfall (vergl. Taf. IV.), sowie auf 


der Sohle des Kraters umher und sind leicht von anderen 


Steinen unterscheidbar. Die meisten fielen gegen Norden zu. 


"Rundliche oder länglich-birnenförmige Gestalten, wie am Aetna 


und Vesuv, sah ich nicht. Viele waren nicht grösser wie eine 


*) Pose. Ann. Bd, 26. pag. 39 ff. 
**) Die Aschen von 1873 enthalten merklich Kalk. In der Vesuv- 


 asche vom 28. April 1872, die in Neapel niederfiel, war von den bei- 
 gemengten Salzen CaSO, vorwiegend (Scacchı, in Zeitschr. d. d. geol. 


Ges. 1872). 


Pan 


Faust, die ansehnlichsten erreichten Kopfgrösse. Sie besitzen 


sauren Dämpfen gebleicht. Im Folgenden beschreibe ich die . 


Haupttypen. 

a. Grauer, unregelmässig weissgestreifter Liparit. Dichte 
lithoidische, im Dünschliff krystallinisch-schuppige Grundmasse, 
mit reichlich eingebetteten Hornblendekrystallen (und Aggre- 
gaten derselben), bis zu 1 Cm. lang. Die Handstücke sind 
durchsetzt von theils unregelmässig zelligen, theils regel- 
mässigeren, langgestreckten Hohlräumen, die durch ihre Aus- 
füllung den Stücken das gestreifte Aussehen geben. Alle 
Hohlräume sind mit weissem, krystallinischem Quarz (Tridy- 
mit?) ausgekleidet, der dieselben aber häufig nicht ganz aus- 
füllt. In den nicht erfüllten Drusen und Nestern finden sich 
folgende Mineralindividuen: 


Quarz, 
Hornblende, 
Eisenkies, 
Magneteisen. 


Der Quarz bildet bis 3 Mm. lange, vollkommen durch- 
sichtige Krystalle (prismatische und tafelformige). Einer der- 
selben, 3 Mm. lang, gleicht vollkommen einem kleinen Berg- 
krystall, er zeigt die Flächen von P und xP; letztere sind 
gestreift. Durch alternirende Prismen- und Pyramidenflächen 
verjüngt sich der Krystall nach unten. Als Einschluss enthält 
er eine millimeterlange Amphibolnadel, während aussen klei- 
nere Amphibole aufsitzen. Andere solcher Quarze sind von 
vielen haarföormigen Amphibolen und Magneteisen filzartig 
bedeckt. 

Häufig sind die Hornbiendenadeln in den zelligen Hohl- 
räumen, wie sich kreuzende Fäden, von einer Wandung zur 
anderen ausgespannt, wodurch manchmal eine Art Gewebe 


entsteht. Die Oberfläche dieser Fäden ist in der Regel dicht 
bedeckt von kleinen, messinggelben Pyritkryställcken. An 


diesen sind hin und wieder die ÖOktaederflächen erkennbar. 
Auf Platinblech erhitzt, verwandeln sie sich unter Erglühen in 
dunkelbraune Kügelchen unter Entwickelung von SO,. In 
der Phosphorsalzperle und auf nassem Wege geben diese 
Kügelchen Eisenreaction. 


D er 


Die Analyse der grauen Grundmasse ergab, nach sorg- 
- fältiger Entfernung der Hornblende mit der Loupe, in 100 Theilen 
2 zselühter Substanz: 


Kieselsaure ..........18.(9 
Bisenoxyd . . 13,81} 

Thonerde  ... 3,78] In 
Be 2.002.243 
Masnesa- . . . ...2005 
Alkalien a. d. Differenz 7,04 


Die drei ersten Bestandtheile sind doppelt bestimmt. Von 


der Anwesenheit beträchtlicher Mengen Kalis überzeugte ich 


mich durch Platinchlorid. Glühverlust 0,72, davon 0,24 bei 

100°; 0,48 zwischen 100° und Glühtemperatur. | 
Diese Analyse zeigt, dass das GeSfein Liparit ist, was 

auch die Betrachtung von Dünnschliffen bestätigt. Man be- 


merkt viel Sanidin, aber keinen Feldspath mit Zwillingsstrei- 


fung, ferner Magneteisen (auch haar- und drahtförmig); Tri- 
 dymit liess sich nicht mit Sicherheit erkennen. 

b,. Liparitische Auswürflinge, ohne Hohlräume, aber regel- 
massig gestreift und gebändert, wie manche Obsidiane. In 


% der Grundmasse kommen bis zu 4” lange Hornblendekrystalle 
_ vor, ausserdem Pyrit, der hie und da in Eisenoxyd verwandelt 


RZ 


ist. Die hellen Streifen oder Bänder bilden auf den Bruch- 


flächen auch wohl scharf umschriebene Linsen; immer haben 


sie in der Mitte eine krystallinische Ausfüllung, anscheinend 
hauptsächlich aus {Juarz bestehend. Aussen sind solche Pro- 
jectile bis auf 5 Mm. Tiefe durch die sauren Dämpfe zersetzt, 


- wodurch eine gebleichte aber harte Oberfläche entsteht. 


Ein Dünnschliff liess erkennen, dass die Streifen aus 


& amorpher, einfach brechender Glassubstanz bestehen, welche 
mit doppelt brechender Substanz wechselt. Hin und wieder 


2 W: 
% 


k 


Pe 


finden sich Sanidine von der Glasmasse eingeschlossen. 

c. Projectile, welche aus der analysirten Grundmasse 
allein bestehen, keine hellen Streifen oder Linsen zeigen und 
höchstens nur einige wenige Hornblendekrystalle enthalten. 

d. Glasige Projectile, ähnlich der dunkeln glasigen Lava, 
die man an der Kraterwandung beobachtet. 

Von Aschen erhielt ich durch die Güte des Herrn Pıcoxe 
drei Sorten zugeschickt: 

Zeits.d. D.geol. Ges. XXVIl. 1. 4 


50 


1. Asche vom 15. September 1873. Dauer der Eruption 


2 Stunden. Sie ist rein grau gefärbt und besteht aus meistens 2 ' 


stecknadelkopfgrossen , etwas abgerundeten Fragmenten. Sel- 
tener sind sie grösser und eckig. 

Obgleich man bereits weiss, dass vulcanische Asche nichts 
weiter ist als mechanisch zerkleinerte und durch die Gewalt 
der explodirenden Dämpfe zerstäubte Lava, so wollte ich 


mich doch nochmals überzeugen, wie sich der Kieselsäuregehalt 
dieser Asche zu dem der obigen Grundmasse der Projectile 


verhalte. Ich fand in der Asche 73,08 pCt. SiO,, also den- 


selben Gehalt, wie ihn die ausgeschleuderten Liparitbomben & 


besitzen. Auch das Aussehen der Körner verräth, dass diese 
Asche und obiger Liparit wesentlich aus dem gleichen Material 
bestehen. 
Der Gewichtsverlust beim Glüuhen der Asche betrug 5,49 pCt. 
2. Sand vom 14. September. Dauer der Eruption 3 Stun- 
den. Er ist etwas dunkler gefärbt als die vorhergehende Asche; 


die einzelnen Partikel sind grösser, eckiger, daher dem Liparit 


im Aussehen noch ähnlicher. Hin und wieder kommen Schwefel- 
stückchen vor, auch von Eisenchlorid gelb gefärbte Partieen 


und Eisenkies. Qualitativ wurde ausser SiO, noch Fe, O,, 


Al, O,, MgO, CaO, sowie auch deutliche Mengen von K,O 


und Na,O gefunden. 
3. Weisse Asche vom 7. September 1873. Dauer der 


Eruption 3 Stunden. Während diese Asche auf der ganzen 


Insel Vulcano niederfiel, hatten die anwesenden Liparoten das 
eigenthumliche Schauspiel eines nordischen Schneefalles, freilich 


an einem Material von ganz anderer Natur.*) Sie ist von 


den erwähnten Eruptionsproducten das interessanteste, Ihre 


Farbe ist schneeweiss. Bei mikroskopischer Betrachtung über- 


zeugt man sich leicht, dass man es hier nicht mit Laven- 
partikeln zu thun hat, wie bei l. und 2., sondern mit einem 
krystallinisch-körnigen, zu Klumpen zusammengeballten Pulver, 
welches wesentlich nur aus einem Mineral besteht. Bestimmte 


Krystallformen lassen sich zwar nicht wahrnehmen, aber die 


*), Diese Asche fiel bei ruhiger Luft auf den Hauptkegel, auf die 
Ebene bei der Fabrik und die südlich des Kegels gelegenen Hügel. Dieselben 
waren davon ganz weiss (imbiancata). Die Dicke der Schicht betrug 
3 bis 4 Cm, 


si 
weisse Substanz ist, weil doppelt brechend, zum grösse- 
ren Theile krystallinisch. Dies deutet nun schon darauf hin, 
dass diese Asche etwas Änderes ist, wie eine bloss mechanisch 
 zerstückelte Lava. 
Von unwesentlichen Beimengungen finden sich folgende: 
Nächst grösseren, weissen, festeren Gesteinsbrocken kom- 
men andere von grünlicher und röthlicher Färbung vor; ferner 
kleine dunkle Partikelchen. Etliche davon sind mit dem 
- Magnet ausziehbares Magneteisen, andere sind Fragmente gla- 
siger Lava, vielleicht auch Hornblende. Manchmal sind sie 
‚so leicht, dass sie auf Wasser schwimmen, Ausserdem finden 
sich noch Fragmente einer dunklen nicht glasigen Lava, 
 Schwefelstückchen und in der krystallinisch - körnigen Haupt- 
menge selten grössere abgerundete Brocken, anscheinend Quarz. 
Der wässrige Auszug reagirt stark sauer und enthält 
Schwefelsäure und Salzsäure, von letzterer anscheinend mehr (?). 
Die Menge des durch Wasser Ausgezogenen betrug 1,57 pCt. 
Der durch Eindampfung erhaltene Ruckstand war dunkel ge- 
färbt. Beim Erhitzen entfärbte er sich unter Entwickelung 
eines bituminösen Geruchs. Es ist somit eine organische, in 
_ verdünnten Säuren lösliche Substanz zugegen, die wegen 
Mangel an Material noch nicht näher untersucht werden 
konnte. Der erwähnte Ruckstand enthielt ausserdem Eisen, 
etwas Magnesia und namentlich auch Alkalien. Mit Platin- 
chlorid entstand ein merklicher Niederschlag von K, PtÜl.. 
Der Gewichtsverlust beim Erhitzen der lufttrockenen Asche 
betrug bei einer Probe 4,53 pCt., bei einer anderen 5,95 pCt. 
Derselbe kommt besonders auf Rechnung des Schwefels, da 
beim Erhitzen ein intensiver Geruch von SO, auftritt und von 
Schwefelkohlenstoff beträchtliche Mengen desselben extrahirt 
werden. | 
- Ein auffallendes Resultat gab die Kieselsäurebestimmung. 
In einem Fall erhielt ich 95,8 pCt., im anderen Fall 93,2 pCt. 
(berechnet auf geglühte Substanz). Bei ersterer Bestimmung 
waren die beigemengten fremdartigen Partikel sorgfältiger aus- 
gesucht worden. 
Nach dem Gesagien ist die Asche vorwiegeed als Kiesel- 
 säure zu betrachten, ungleichföormig gemengt mit Schwefel, 
_ Sulfaten and Chloriden von Alkalien, alkalischen Erden und 


ee 


52 


Eisen; ferner mit kleinen Lava- und Schwefelpartikelchen 


und verschiedenen Gesteinsbrocken. 


Dass Kieselsäure als Aschenauswurf eines Vulkans auf- 
treten kann, ist meines Wissens bisher noch nicht erkannt 
worden. Dagegen wird von einigen Autoren weisse Asche 


erwähnt. 
So berichtet DoLomıev, dass bei dem Ausbruch auf Vul- 


cano von 1775 (er wird als der letzte ausgegeben, während 


nach SpaLzanzanı*) noch 1786 eine Eruption**) stattfand) 
eine weissliche Asche auf Lipari niederfiel. Auch am Vesuv 


sollen hellgefärbte Aschen, z. B. bei der Eruption von 1850 a 


und 1872, gefallen sein, wobei es freilich fraglich bleibt, ob 


sie weiss oder hellgrau waren. Die Vesuvasche vom 24. und 


mehr noch vom 26. Juni 1794 war hellgrau und zuletzt bei- 
nahe ganz weiss (LEoroLp v. Buch). Nach Fuchs***), pflegen 
die Aschen beim Beginn der Eruption dunkel gefärbt zu sein 
und das Erscheinen weiss gefärbter Aschen wird als ein Zei- 
chen des herannahenden Endes der Eruption begrüsst. Che- 
misch untersucht wurden solche Aschen meines Wissens bisher 
noch nicht; es bleibt also unentschieden, ob sie die Zusammen- 


setzung der weissen Vulcanoasche hatten. In weissen vulea- 


nischen Aschen sollen nach EuRENBERG Diatomaceen vorkommen. 

Wenn bisher die weisse Asche als vulkanische Asche 
bezeichnet wurde, so geschah dies, weil sie nach dem Zeugniss 
des Herrn Directors PıcoxE aus dem Krater ausgeworfen 
wurde, weil sie während mehrerer Stunden auf der ganzen 
Insel niederfiel und den Boden 3 Cm. hoch bedeckte (demnach 
nicht wohl als ein nur zufälliges in kleiner Menge entstan- 
denes Product betrachtet werden kann), und weil es nicht 
unwahrscheinlich ist, dass ähnliche Aschen schon früher ge- 
fallen, aber nicht weiter beachtet worden sind.) Trotz der 


*) Voyages dans les deux Siciles II., 169. 
*%*) Hierbei wurde viel Sand ausgeworfen; ein Verwandter des 
Herrn Pıcoxe theilte demselben mit, dass nach Aussage seines Vaters 


man damals in Lipari Sand und Asche von den Dächern habe weg- 


schaffen müssen. 
*#%) Vulcan. Erscheinungen, pag. 217. 
+) Bemerkenswerth ist es, dass der weisse Aschenfall noch ein 
zweites Mal stattfand; die zweite Asche ist eine Spur weniger weiss. 


Leider lässt sich nicht constatiren, ob dazwischen hinein graue, normale 
Asche fiel oder nicht, 


Br: 


Ze Be ya 


53 


unzweifelhaften Aschennatur macht es einige Schwierigkeit, 
den gewöhnlichen Begriff von vulcanischer Asche, wie man 
ihn in den meisten Lehrbuchern *) findet, auf die vorliegende 
anzuwenden. 

Die vulkanische Asche besteht bekanntlich, wie ÜORDIER 
1815 nachwies, wesentlich aus denselben Elementen wie die Lava; 
sie ist mechanisch veränderte Lava oder kurzweg Lavapulver. 
_ CorDIer erklärte sich die Bildung durch Frietion, MENARD und 
 Morıcanp nahmen eine Zerstäaubung durch die explodirenden 
Dämpfe an, gleichwie aus einem “Gewehr abgeschossenes 
Wasser in einen Sprühregen feiner Theilcben verwandelt wird. 
Noch neuerdings wies RAMMELSBERG fur Vesuvasche der 
Eruption 1872 von la Cercola durch Analyse nach, dass sie 
nichts anderes sei als Lavapulver. 

Bei der weissen Asche dagegen ist wohl kaum an ein 
_ mechanisches Vertheilungsphänomen zu denken; sie ist im 
Wesentlichen ein chemisches Individuum, welches durch einen 
besonderen chemischen Process entstand. 

_ Ist nun vielleicht auch für andere Aschen eine solche be- 
sondere chemische Entstehungsweise anzunehmen? Ich halte 
sie für möglich, aber vorläufig nicht bestimmt zu erweisen, 
da die gleich näher zu erwähnenden Fälle sich auch durch 
mechanische Sonderung, sei es im Schlot, sei es ausserhalb 
desselben, erklären lassen. ©. W. C. Fucas**) führt an, dass 
Lava auch aus kleinen Krystallen und Krystallbruchstücken 
bestehen könne, ohne sich indessen naher über die Entste- 
hungsweise solcher Laven zu äussern. Er erwähnt Asche von 
Guadeloupe von 1837, die aus 32 pÜt. Labrador und aus 
Sanidin bestanden habe;. Asche vom Actna, die hauptsächlich 
aus feinem Labradorpulver bestand. Scaccaı*”*) beobachtete 
bei der Eruption des Vesuvs von 1872 leucitische Asche und 
behauptet, dass viele Vesuvaschen vorwaltend aus Leucit be- 
ständen. Dies wurde zwar von RAMMELSBERG+) für Asche der 
gleichen Eruption von La Cercola (s. oben) widerlegt, allein 


*) Vergl. Naumann’s Geognosie 1. pag. 129; Zırker’s Petrographie 
II. pag. 569. 
*%) Vergl. Vulcan. Erscheinungen pag. 217. 
***) Im Auszug in Zeitschr. d, d. geol. Ges. 1872. 
+) Ibidem, 


54 


wenn auch aus Leueit bestehende Aschen zu den Ausnahmen 
gehören, so ist es doch nicht unmöglich, dass an einem Ort 4 
vorwiegend leucitische, z. B. durch mechanische Sonderung. E 
entstandene, an anderen Orten die normale Asche, wie sie 4 


RAMMELSBERG analysirte, niederfiel. Nach ScaccHı*) ist es 
bekannt, dass bisweilen (z. B. 1845—1849) Eruptionen von 
Leucitkrystallen stattgefunden haben. Er betrachtet sie nicht 
als Neubildungen, sondern als von alten Laven herstammend, 
die bei späteren Eruptionen von Neuem geschmolzen wurden. 
In all den genannten Fällen handelt es sich um Mine- 
ralien, die auch in den Laven der betreffenden Vulcane haufig 
sind (Labrador in Aetnalaven, Leuecit in Vesuvlaven). Be- 
kanntlich sondert sich nun beim Niederfallen einer Asche der 
feinere Lavastab häufig mechanisch und fällt, vom Winde 
weggeführt, erst in grösserer Enfernung nieder. Je nach Korn- 
grösse und Gewicht der Theilchen können modifieirte Aschen 
entstehen, die mineralogisch ganz anders zusammengesetzt sind, 
als sie es anfänglicb nahe der Kratermündung waren. Die 
Beschaffenheit einer Äsche wie sie abgelagert wurde, ist also 
durchaus nicht identisch mit derjenigen, in der sie aus dem 
Krater ausgeschleudert wurde. An eine mechanische, bereits 
im Schlot erfolgende Sonderung ist bei denjenigen Mineralien 
zu denken, die (wie es für einen Theil der Leucite jetzt wohl 
fest steht) im Magma präexistirtten und von den “Gasen 


emporgerissen, schlackenartig angehäuft und ausgeschleudert 


wurden. **) 

Die schneeweisse Asche von Vulcano dagegen ist gewiss 
nicht durch mechanische Scheidung aus einem zerstäubten 
Lavapulver erkläarbar. Dem widerspricht die ausserordentliche 
Reinheit der Substanz; ferner der Umstand, dass sie auf der 
ganzen Insel mit derselben Beschaffenheit niederfiel, in einer 
Mächtigkeit von stellenweis 4 Cm. Namentlich ist aber der 
Tridymit, aus dem die weisse Asche hauptsächlich besteht 
(vergl. pag. 57), nicht als wesentlicher Bestandtheil von neue- 


ren Laven bekannt; er findet sich in den Trachyten zwar ver- 


breitet, doch nur in kleinen Mengen. In den ungefähr gleich- 


*) Zeitschr. d. d. geol, Ges. 1872. 
**) Vergl. Heim: „Der Vesuv im April 1672“ in dieser Zeitschr. 
1573, pag. 35. 


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‚zeitig mit der Asche ausgeschleuderten Projectilen konnte ich 
ihn im Dunnschliff nicht erkennen, 

Ich betrachte daher diese Asche als eine Neubildung aus 
dem Lavamagma oder dem Gestein der Schlotwandung. 

Wie die Laven sich nicht eintheilen lassen, so ist es wohl auch 
mit den Aschen des Fall; die weisse Asche zeigt indessen so viel, 
dass nicht jede vulkanische Asche als Lavapulver (oder daraus 
durch mechanische Sonderung entstanden) betrachtet werden 
kann. Es erscheint vielleicht am zweckmässigsten, den Begriff 
der vulkanischen Asche dahin zu erweitern, dass man alles 
das darunter begreift, was von einem Vulcan ausgeworfen 
wird, undin kleinen, festen Partikeln zu Boden fällt. Weiter- 
hin kann man dann unterscheiden: 

1) Mechanisch aus Lava, hauptsächlich durch Reibung 
und Zerstäubung entstandene, gewöhnliche oder nor- 
male Aschen. 

2) Aschen, welche durch mechanische Sonderung aus 
den vorigen entstanden. Dieselbe kann ausserhalb des Kraters 
durch das verschiedene Gewicht der Theilchen und durch Wind- 
strömungen erfolgt sein, oder schon innerhalb des Schlotes: 
Modifieirte Aschen — hierher muthmaasslich Labrador- 
und Leueit-Aschen. 

Zu diesen zwei bereits bekannten Gruppen käme nun 
eine dritte neue: 

3) Aschen, deren Eigenthümlichkeit die Annahme eines 
besonderen chemischen Vorganges wahrscheinlich macht, die 
also als wirkliche Neubildungen, z. B. als Reactionsproducte 
der vulcanischen Mämpfe und Gase auf das Gestein der Schlot- 
wandung oder das Magma zu betrachten sind. Hierher wahr- 
scheinlich die weisse Asche des 7. September. 

Ueber den besonderen chemischen Vorgang, durch den 
die weisse Asche entstand, lassen sich verschiedene schwer zu 
erweisende Annahmen machen. 

Wenn in den vulkanischen Gasen SiFl, enthalten ist, 
so wird, wenn dasselbe mit Wasserdampf zusammenkommt, 
nach bekannten chemischen Erfahrungen Kieselsäure und 
Kieselfluorwasserstoffsäure entstehen, welch letztere sich unter 
Umständen in Kieselfluormetalle verwandeln kann. 

3 SiFl, 7-4H,0=2H,SiFl, + H,SiO, 

H,SiFLL -R,O =. R,SEl,. + H,O, 


Hierbei entsteht allerdings amorphe Kieselsäure, während 
die weisse Asche grösstentheils krystallinisch ist, allein nach 
St. Craımr DeviLtE wird erstere beim Ueberleiten eines Stroms 


von HCl und Wasserdampf krystallinisch.*) Die Bildung von 
Fluorkiesel setzt die Abwesenheit von Wasser oder den disso- 
ziirten Zustand derselben voraus. SiFl, wurde in Fuma- 
rolen selbst nicht nachgewiesen, dagegen fand Rora**) Fluor- 
gehalt in gelben Krusten am Rande von Lavafumarolen des 
Vesuv. 

Ferner kann die weisse Asche einem natürlichen Auf- 
schliessungsprocess ihre Entstehung verdanken. Bekanntlich 
besteht eine Methode der Aufschliessung von Silikaten darin, 
dass man sie in geschlossenen Röhren bei höherem Druck mit 
verdunnter Salzsäure oder Schwefelsäure behandelt. Im Schlot 
eines Vulcanes sind Säuredämpfe, Wasserdampf und höherer 
Druck vorhanden, somit alle Bedingungen, um aus dem Ge- 
stein der Schlotwandung oder vielleicht aus der Lava selbst 
Kieselsäure zu bilden, die dann weiterhin, wie oben ange- 
geben, in den krystallisirten Zustand übergehen kann. 

Kaum denkbar ist die Ännahme, dass die Kieselsäure 
präexistirt hätte. Man müsste ein Tridymit- oder Quarz- 
führendes Gestein oder alte Lava annehmen, aus welchen 
durch eine Art von Aussaigerung die schmelzbaren Bestand- 
theile herausschmolzen, während die Kieselsäure zurückblieb. 
Solche massenhaft Tridymit - führende Gesteine sind indessen 
nicht bekannt und, wenn der Tridymit aus Quarz entstanden 
wäre, sollten noch beträchtliche Mengen des letzteren, na- 
mentlich auch halb umgewandelte Stücken zu beobachten sein, 
was nicht der Fall ist. 

Die wahrscheinlichste von den so eben angeführten Hypo- 
thesen scheint mir noch die zweite zu sein, welche einen na- 
türlichen Aufschliessungsprozess annimmt. Für sie spricht der 
Umstand, dass in der weissen Asche halbzersetzte graue und 


*) Ich leitete durch ein böhmisches. Glasrohr, in welchem sich ein 
mit amorpher Kieselsäure gefülltes Schiffehen befand, feuchtes HCl. Die 
Röhre wurde von unten durch Hrınz’sche Brenner erhitzt. Es zeigten 
sich unter dem Polarisationsmikroskop nur Spuren von Umwandlung. Die 
Temperatur war also ungenügend. Spuren doppelter Brechbarkeit zeigt 
auch die bei der Analyse erhaltene, im Platintiegel geglühte Kieselsäure, 

**) Vergl. dessen Monogr, des Vesuv pag. 265. 


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röthliche Gesteinspartikel vorkommen, welche wohl die Mutter- 
. substanz der:Asche darstellen; ferner dass die Asche ursprüng- 
lich amorph gewesen zu sein scheint, da noch eirca 5 pCt. 
amorphe Kieselsäure darin enthalten sind. Dass eine solche 
Aufschliessung vom chemischen Standpunkt aus leicht denkbar 


ist, wurde schon erwähnt. Man kann sich leicht vorstellen, dass 


_ während der Ruheperiode von 1786 — 1873, durch die fort- 
währende Einwirkung gespannter Dämpfe auf das Gestein der 
 Schlotwandung, ansehnliche Mengen von Kieselsäure entstan- 
den.*) Die erste grosse Dampfexplosion schleuderte den 


Pfropfen hinaus. Namentlich spricht hierfür noch der Um-- 


stand, dass die weisse Asche die erste war; die normalen 
grauen Aschen kamen später. Wenn dies allgemein zutrifft, so 
können die weissen Aschen des Vesuv nicht wohl Kieselsäure 
_ sein, da sie für das Ende der Eruption charakteristisch 
sind. Die Untersuchung solcher heller Aschen wäre daher 
wünschenswerth, 
Erstaunlich ist freilich das Quantum der weissen Asche, 
da sie ja 85—4 Cm. hoch die Umgebung des Vulcans bedeckte, 
und sicherlich noch viel davon ins Meer gefallen ist. Um 
_ dies allenfalls zu begreifen, müsste man sich die vulkanischen 
Verbindungswege sehr vervielfacht denken. 
Man kann noch fragen, warum bei anderen Vulcanen die 


Eruptionen nicht auch mit weisser Asche beginnen. Eine 


solche Erscheinung wäre doch (z. B. am Vesuv) schwerlich der 
Aufmerksamkeit entgangen. Der lange Solfatarenzustand, 
die Eigenthümlichkeit des Materials, mögen dazu beigetragen 
haben, die Erscheinung auf Vulcano möglich zu machen. 


4. Tridymit als vulcanische Asche. 


Bei weiterer Untersuchung der oben beschriebenen weisseu 
vulcanischen Asche kam ich zu dem interessanten Resultat, 
dass dieselbe nicht gewöhnliche Kieselsäure, sondern den durch 
vom Rırtu**) entdeckten Tridymit darstelle. Ich gelangte zu 


*) Nach Dausrer entsteht aus Glas schon durch Einwirkung ge- 
spannter Wasserdämpfe bei höherer Temperatur krystallinische Kiesel- 
säure, 


**) Poce. Ann, von 1868, 


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58 


diesem unerwarteten Ergebniss, als ich das speeifische Gewicht 


und die Löslichkeit in kohlensauren Alkalien bestimmte. 


Da die Asche, wie oben angegeben, nicht rein ist, son- E 
dern Schwefel, Chloride und Sulfate enthält, so war es noth- 


wendig, dieselben zu entfernen. Nachdem ich die Asche 
mechanisch sortirt, extrahirte ich sie nacheinander mit Schwefel- 
kohlenstoff, Alkohol, Wasser und nochmals Alkohol. Hierauf 
wurde bei einer Temperatur von 60— 70° getrocknet. CS, 
zog ziemlich viel Schwefel aus. 

Die Bestimmung des spezifischen Gewichts mit dem Pyk- 
nometer ergab 2,208; G. Ros£*) und vom Rarta fanden für 
den Tridymit 2,31. 

Zur Löslichkeitsbestimmung wurde eine Auflösung von 
1 Th. trocknem Natriumcarbonat in 3 Th. Wasser angewandt 
und 20 Minuten lang im Kochen erhalten. Nach dem Filtriren 
und Auswaschen ergab sich ein Gewichtsverlust von 6,23 pCt. 
Der Tridymit ist nach Rose in Alkalien sehr schwer auflös- 
lich **), die 6,23 pCt. mögen daher zum grösseren Theil auf 
Rechnung von beigemengter amorpher Kieselsäure kommen. 
Daher erklärt es sich auch, warum das gefundene specifische 
Gewicht für Tridymit etwas zu niedrig ist. 

Auch deutet die Beimengung amorpher Säure darauf hin, 
dass der Tridymit hier überhaupt aus der amorphen Modifi- 
cation durch höhere Teemperatur oder Einwirkung von Säure 
und Wasserdämpfen entstanden ist. | 

Eine unlösliche Kieselsäure von so niedrigem specifischem 
Gewicht kann nur Tridymit sein; es kam nur noch darauf an, 
das Verhalten im polarisirten Licht zu untersuchen. 

Herr Prof. Rorta, dem ich eine Probe der weigsen Asche 
zuschickte, hatte die Güte, mich darauf aufmerksam zu machen, 
dass die Asche doppelt Brechendes enthalte. Ich überzeugte 
mich dann selbst, dass die Menge des Doppeltbrechenden sehr 
bedeutend ist. Beobachtet man bei gekreuzten Nicols ver- 
gleichsweise amorphe analytische Kieselsäure und den gerei- 
nigten Tridymit, so bleibt kein Zweifel uber die Natur des 
letzteren. Auch Farbenerscheinungen treten auf, die wohl von 
Tridymit herrühren. Dagegen gelingt es nicht, in dem feinen 


*) Berichte d. d. chem. Ges. 1869, pag. 390, 
**) |bidem. 


a | 59 


Pulver ausgebildete Krystalle oder auch nur deutlich begrenzte 
Krystalllächen wahrzunehmen. 

Bekanntlich ist der Tridymit durch vom RATH, SANDBERGER 
u. a. an verschiedenen Orten aufgefunden worden, so z. B. in 
Mexico, im Siebengebirge, im Trachyt der Euganeen bei Pa- 
dua, auf Santorin, Als vulkanische Asche hatte man ihn aller- 
dings noch nicht beobachtet. Fast immer war es aber trachy- 
tisches Eruptivgestein, in welchem er sich vorfand. Begreiflich 
wird es daher, dass ihn auch einmal ein Vulcan direct er- 
zeugen und als Asche ausschleudern konnte, um so begreif- 
licher, wenn man bedenkt, dass nach G. Ross*) Tridy- 
mit besonders gern aus Schmelzflüssen sich bildet, dass er 
aus Quarz wie aus amorpher Kieselsäure bei höherer Tempe- 
ratur sich erzeugt. Wo anders sind diese Bedingungen besser 
gegeben als bei Vulcanen und man muss sich nur wundern, 
dass nicht auch andere Vulcane schon Tridymit lieferten. 

Bemerkenswerth ist noch die Massenhaftigkeit dieses Tri- 
dymitvorkommens (siehe oben), wenn man bedenkt, in welch 
kleinen Quantitäten (in Spalten und Drusen der Trachyte) bis- 
her das Mineral auftrat. Besitzt doch manche Sammlung noch 
kein gutes Handstück desselben! 


n 


Schliesslich noch eine allgemeine Bemerkung über die be- 
handelten Producte und ihr Verhältniss zu den älteren Erzeug- 
nissen des Vulcanokraters, 

Herr Prof. J. Rortu, der erfahrene Kenner der italienischen 
Vulecane, machte mich gelegentlich darauf aufmerksam, dass 
frühere Autoren von doleritischen Vorkommnissen auf Vulcano 
sprechen. In der That beschreibt Horrmann”*) melaphyr- 
ähnliche Laven vom Mte. Saraceno und säulen- und kugelförmig 
abgesonderte Augitlabradorlaven von Vulcanello. Mit Bezug 
auf Lipari bemerkt er, dass daselbst Feldspath- und Glaslaven 
den augitfübrenden gefolgt seien. 

Offenbar gilt nun das Letztere auch für Vulcano. Die 
neueren und neuesten Producte sind trachytischer Natur und 


*) Berichte d. d, chem, Ges. 1869 pag. 393., vergl. auch H. Rose: 
Poce. Ann. 108. pag. 7. 
**) Pose, Ann. Bd, XXVI. pag. 65, 


reich an Kieselsäure; das beweisen die Auswürflinge und 


Aschen von 1873 und 1874. Früher wurden also im unter- 


irdischen Laboratorium von Vulcano kieselsäureärmere Laven 


erzeugt; jetzt dagegen ist der Vulcan in einem sehr sauren 
Stadium; er produeirt kieselsäurereiche Producte, ja Kieselsäure 
selbst. Noch für die neuere Zeit scheint sich eine Steigerung des 
Kieselsäuregehalts zu ergeben, wenn man AsıcH’s Analyse*) 
des Gesteins der jetzigen Kraterwandung mit meinen Analysen 
vergleicht. Er fand 70,50 pCt. Kieselsäure, während die 


neuesten Projectile 73,8 pCt. enthielten. Freilich müssten die 


Analysen vervielfältigt werden, um diesen Schluss sicher zu 
stellen; es wurde sich dann auch zeigen, ob die Steigerung 
im Kieselsäuregehalt‘ continuirlich oder sprungweise erfolgt 
ist, ob auch Mittelstufen zwischen Basiten und Aciditen vor- 
handen sind. 5 

Ob jetzt der Kieselsäuregehalt sein Maximum erreicht 
hat, lasst sich nicht vorhersagen; es ist möglich, dass später 
die Producte wieder kieselsäureärmer werden, dass also auf 
eine Periode stark saurer Laven, wie die jetzige es ist, eine 


solche von basischen Laven folgt und demnach der chemische 


Process im Herd in umgekehrter Richtung verläuft wie bisher. 


Ergebnisse. 


Der Erregungszustand auf Vulcano begann im August 1873 


und dauerte bis ungefähr Ende December 1874. Es lassen sich 
zwei Phasen der Thätigkeit unterscheiden, die durch eine 
Periode verhältnissmässiger Ruhe (von Mitte Februar 1874 
bis Anfang Juli) von einander getrennt sind. Bemerkenswerth 
ist die unter heftigen Bodenerschütterungen erfolgte Bildung 
einer neuen Bocca an der Ostseite des Kraters; das Auftreten 
grün gefärbter Flammen; die intermittirende oder rythmische 
Thätigkeit während der ersten Phase und am Ende der zweiten 
Phase, ähnlich wie auf Stromboli. — Bildung zweier neuen 
Boccen auf Stromboli. **) 


*) Rorn’s Gesteinsanalysen pag. 11. 
**) Wenn diese Boccen am 15. Juli sich bildeten, während Hr. Pıcon& 
auf Vulcano 300 Stösse verspürte, ohne dass es jedoch zur Entstehung 


ee 


A 2 


Die Producte der Thätigkeit auf Vulcano waren Projec- 


- tile, Sande und Aschen; zur Entleerung von Lava kam es 
_niebt. Den Reiehthum an Aschen hat diese Eruption mit der 


von 1786 gemein, von welcher ann keine Lava er- 
wähnt wird.*) 

Die ausgeschleuderten Projectile sind Liparite (ehe 
reiche Sanidintrachyte mit Hornblende). In offenen und geschlos- 
senen Hohlräumen derselben findet sich Quarz, Hornblende, 
Eisenkies und Magneteisen. Von diesen hier zweifellos pyroge- 
nen Mineralien scheint der Quarz (wie auch Rotu **) für den der 
Vesuvbomben annimmt) aus dem Magma, die übrigen durch 
Sublimation entstanden zu sein. Letzteres ergiebt sich daraus, 
dass sie theils auf einander, theils auf den Quarzkrystallen 
aufsitzen. 

Die Aschen und Sande zerfallen in zwei Gruppen: Nor- 
male graue (aus vertheilter, zerstäubter Lava bestehend), und 
Aschen besonderer Art von schneeweisser Farbe. 

Letztere sind vorwaltend Kieselsaure (94 pCt.) mit bei- 
gemengten Chloriden und Sulfaten von Alkalien, alkalischen 
Erden, Eisen, nebst Schwefel, wenig Magneteisen und ein- 
zelnen Gesteinspartikeln. 

Diese Asche scheint eine Neubildung aus 1er Lavamagma 
oder dem Gestein der Schlotwandung zu sein. Sie ist viel- 
leicht durch einen Aufschliessungsprocess derselben, vermittelt 
durch die sauren Gase, bei höherer Temperatur und höherem 


Druck entstanden. 


Der gewöhnliche Begriff der vulkanischen Asche (Lava- 
pulver) passt auf die weisse Asche nicht. Es wäre daher 
vielleicht zweckmässig, unter Asche (Sand) alles das zu ver- 


einer Bocca kam, so liesse sich daraus ein Zusammenhang zwischen den 
beiden Ventilen der Liparengruppe folgern. Vulcano erfuhr dann wäh- 
rend der zweiten Phase nur die Stösse; der eigentliche Ausbruch der 
gespannten Dämpfe erfolgte auf Stromboli. Die vuleanische Thätigkeit 
hätte dann nach Ablauf der ersten Phase (Mitte Februar 1874) von Vul- 
cano nach Stromboli übergesetzt, d. h. vom Ende des südlichen Schen- 
kels der dreistrabligen Liparen-Spalte zum nordöstlichen. Die erste Phase 


hätte vorzugsweise auf Vulcano, die zweite auf Stromboli gespielt. 


*) SPALLANZANI, Voyages dans les deux Siciles pag. 163. Die letzte 
Lava (am Nordabhang) floss 1757, 


*#) Vergl. dessen Monographie des Vesuy pag, 387. 


stehen, was von einem Vulcan in kleinen festen Partikeln 
ausgeworfen wird, und dann zu den zwei bereits bekannten 


Gruppen der Lavapulver und der mechanisch in- oder ausser- 
halb des Schlotes gesonderten Aschen noch eine dritte Gruppe 
hinzuzufügen, welche die chemischen Neubildungen (wie z. B. 
die weisse Asche) in sich begreift. 

Die Kieselsäure der weissen Asche ist grösstentheils nicht 
die gewöhnliche, sondern Tridymit, was sich aus der Unlös- 
lichkeit in Alkalicarbonaten, dem Verhalten im polarisirten Licht 
und dem niedrigen specitfischen Gewicht ergiebt. 

Vielleicht bildete sich ursprünglich die amorphe Modifi- 
cation, welche durch höhere Temperatur und saure Dämpfe 
in Tridymit überging. 

Da nach früheren Autoren auf Vulcano ältere kieselsäure- 
armere Laven vorkommen, während jetzt die Producte kiesel- 
säurereich sind, so scheint hier die Eigenthüumlichkeit des vul- 
canisch-chemischen Processes in einer Anreicherung bezüglich 
des Kieselsäuregehalts zu bestehen. Aus Basiten sind Acidite 
entstanden. Es ist möglich, dass in Zukunft der chemische 
Process wieder in umgekehrter Richtung erfolgt. 


Naehtrag. 


In neuerer Zeit hat mir Herr Director Pıcoxe noch eine 
Probe weisslicher Asche zugesendet, welche, wie er mir mit- 
theilt, ebenfalls aus dem Krater von Vulcano ausgeschleudert 
worden ist. 

Die vorläufige Untersuchung ergab mir, dass diese Äsche 
vorwiegend aus Gyps besteht. Hier läge also wohl ein zweites 
Beispiel jener oben aufgestellten neuen Gruppe vulcanischer 
Aschen vor. | 

Solche Aschen könnte man vielleicht auch Solfataren- 
aschen nennen, denn sie scheinen nur bei Solfataren möglich 
zu sein, die nach langer Ruhezeit plötzlich wieder in Eruption 
übergehen. Wahrscheinlich würde in einem solchen Falle auch 
die Solfatara bei Neapel ähnliche Producte liefern. 

Auch das Vorkommen der oben erwähnten Gypskrusten, 
welche tapetenartig das Innere des Vulcanokraters überziehen, 
erklärt sich nun besser wie vorher. 


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4. Ueber die Eisenerzlagerstätten von Bl Pedroso 
in der Provinz Sevilia, 


Von Herrn Fexv. Rosmer ın Breslau. 


El Pedroso ist der Name eines etwa acht geographische 
Meilen nordöstlich von Sevilla in der Sierra Morena gelegenen 
Städtehens oder Fleckens. Nach demselben hat sich eine 
Gesellschaft benannt, welche sich die Ausbeutung des in der 
näheren und weiteren Umgebung des Ortes vorhandenen Eisen- 
erzlagerstätten zur Aufgabe gestellt hat (Compania de minas 
y fabrica de hierros del Pedroso). Ich hatte im Spätherbst 
1872 und im Frühjahr 1873 Gelegenheit, diese Erzlagerstätten 
in der angenehmen und kundigen Begleitung mehrerer Herren 
aus "Sevilla und Cadix und namentlich des Don AnTonNIo 
MacHaADO, Rektors der Universität Sevilla, dem ich für vielfache 
wissenschaftliche Belehrung über das Land verpflichtet bin, 
zweimal zu besuchen und die nachstehenden Beobachtungen 
über die fraglichen Erzlagerstätten und die allgemeinen geogno- 
stischen Verhältnisse zu sammeln. 

Der Weg von Sevilla nach El Pedroso führt über die 
Kohlengruben von Villanueva del Rio. Um dahin zu gelangen, 
fubren wir zunächst einige Meilen auf der von Sevilla nach 
Cordova führenden Eisenbahn bis zur Station Tocina. Von 
hier setzten wir zu Pferde unsere Reise fort. Wir hatten zu- 
nächst die fruchtbare Thalsohle des Guadalquivir quer zu 
durchschneiden und gelangten, nachdem wir das Städtchen 
Toeina hinter uns hatten, bald an den hier zwischen hohen 
Lehmwänden in tief eingeschnittenem Bette rasch dahin fliessen- 
den Strom, der mit seinem trüben gelben Wasser einen nicht 
gerade schönen Anblick gewährt. Wir überschritten denselben 
auf einer Fähre. Bald darauf näherten wir uns der Thalwand, 
welche zugleich den südlichen Fuss der Sierra Morena bildet. 
Kalkige Tertiär-Schichten setzen dieselbe hier, wie überhaupt 
im unteren erweiterten Thale des Guadalquivirs zusammen. 


Durch grosse Clypeaster*) (Clyp. gibbosus M. DE SERRES) Ostrea 

crassissima Lam. und andere Fossilien bestimmen sich dieselben 
leicht als miocan. Das untere Thal des Guadalquivir bis 
gegen Cordova hinauf war in der mittleren Tertiär - Zeit ein 

von der alten Gebirgsmasse der Sierra Morena einerseits und 

der Berge von Ronda und Jaen andererseits begrenzter Meer- 

busen. 

Noch eine kurze Strecke und wir befanden uns mitten 
zwischen den Halden zahlreicher Steinkohlenschächte. Es ist 
das Kohlenbecken von Villanueva del Rio. Aechtes älteres 
Steinkohlengebirge mit Calamiten, Lepidodendren und Farrn-. 
kräutern. Die groben Sandsteine und weissen Quarz-Conglo- 
merate gleichen durchaus solchen von Waldenburg und anderen 
deutschen Kohlenbecken. Das Becken ist von ganz beschränk- 
tem Umfang. Es ist eins der ziemlich zahlreichen kleinen 
Steinkohlenbecken, welche in dem Bereiche der älteren Schiefer- 
gebirgsmasse der Sierra Morena vereinzelt und ohne Zu- 
sammenhang untereinander auftreten. Ein anderes lernten wir 
später nördlich von San Nicolas kennen. Hier sind die Kohlen 
bisher nur durch Bohrungen nachgewiesen, aber bisher nicht 
ausgebeutet. Das bedeutendste derselben ist dasjenige von 
Belmez, nordwestlich von Cordova, welches neuerdings durch 
eine Eisenbahn aufgeschlossen, einen grossen Bedarf an Kohlen 
zu befriedigen im Stande sein soll. Das kleine Becken von 
Villanueva del Rio liefert bisher nur ein geringes Quantum 
von Kohlen. Bei einem regelmässigeren und planvolleren 
Bergbau liesse sich aber gewiss die Production bedeutend 


steigern. Gleich nordwärts von den Kohlengruben treten wir ‚ 
nach Ueberschreitung des schmalen Thales der Huesna in das 
Gebiet versteinerungsloser Schiefer — Glimmerschiefer und 2 
halbkrystallinischer Thonschiefer ein. An Aufschlüssen des s 
Gesteins fehlte es nicht, denn wir folgten zum Theil dr 


fast vollendeten Eisenbahn, welche an mancher Stelle tief in | 
die schiefrigen Gesteine einschneidet. Es ist dies eine Eisen- 
bahn, die das breite Gebirgsland der Sierra Morena quer durch- 


*) Ein dort gesammeltes und in dem hiesigen Museum niedergelegtes 
Exemplar misst 21 Cm. in der Länge, 19 Cm. in der Breite und 114 Cm. 
in der Höhe. Es ist das grösste mir bekannte Exemplar eines fossilen “ 
oder lebenden Echiniden überhaupt. 


65 


schneidend, Andalusien mit Estremadura verbinden soll, Von 
Tocina, wo sie in die Bahn von Sevilla nach Cordova ein- 
mündet, bis zu dem Städtchen El Pedroso fanden wir diese 
Bahn bereits nahezu vollendet, so dass ihre baldige Eröffnung 
erwartet wurde. 

Ein Ritt von fünf Stunden durch ein einsames, mit den 
mehrere Fuss hohen Stauden von Cistus- Rosen bewachsenes 
Bergland brachte uns zu der Fabrica, d. i. dem etwa 6 Kilo- 
meter nordöstlich von El Pedroso gelegenen Hüttenwerke der 
Gesellschaft. Hier nahmen wir für einige Tage unseren Auf- 
enthalt, um die in der Nähe gelegenen Erzlagerstätten zu be- 
suchen. Einen bequemeren und angenehmeren Mittelpunkt für 
diese Excursionen hätten wir nicht haben können. Das Hütten- 
werk ist nämlich am Fusse eines hohen bewaldeten Berg- 
ruckens im Thale der Huesna, eines wasserreichen klaren 
Bergstroms, sehr anmuthig gelegen und bot in der weitläuf- 
tigen Beamtenwohnung alle Bequemlichkeiten des Lebens, die 
man sonst in dem einsamen Berglande weit und breit ver- 
gebens suchen würde. 

Die in der Nähe gelegenen Erzlagerstätten sind theils 
solche von Hämatit oder Rotheisenstein, theils von Magnet- 
eisenstein. | 

Wir besichtigten zunächst die ersteren, die sich auf der 
Hohe eines mit Korkeichen bestandenen, steil abfallenden 
Bergrückens befinden. Es sind aufgerichtete Lager im Glimmer- 
schiefer. Die erste Grube, zu welcher wir kamen, heist Juan 
teniente. Es ist ein Tagebau auf der Spitze eines bewal- 
deten Bergkegels. Das senkrecht stehende Erzlager ist hier 
4 bis 5 Meter mächtig, in Glimmerschiefer eingelagert und 
scharf durch denselben begrenzt, von Südost gegen Nordwest 
streichend. Das Erz ist ein feinkörniger Eisenglanz in dichten 
Rotheisenstein übergehend. Nur hin und wieder von kleinen 
Quarzadern durchzogen und selten durch fein eingesprengten 
Schwefelkies verunreinigt, erscheint das Erz in den grossen 
durch die bisherige Förderung schon entstandenen Weitungen 
fast ganz gleichartig Von diesem Hauptaufschlusspunkt lässt 
sich das Erzlager an dem Abhange des Berges in ungefähr 
gleicher Mächtigkeit gegen 600 Meter weit verfolgen. Bei 
dieser Ausdehnung und Mächtigkeit würde sich schon durch 

Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIL ı. 5 


blossen Tagebau ein ungeheures Quantum Erz aus diesem ein- 
zigen Erzlager gewinnen lassen. | 
Nun sind aber in demselben Höhenzuge noch mehrere 
ähnliche Lager vorhanden. Zwei derselben, Rosalina und 
Monte agudo, hat man auch bereits auszubeuten angefangen, 
aber die geringe Förderung steht in keinem Verhältniss zu der 
Massenhaftigkeit des Erzvorraths. Die Lagerungsverhältnisse 
und die Eigenschaften des Erzes sind deren von Juan teniente 
ganz ähnlich. Bei der Grube Monte agudo kann man das Erz 
an dem steilen Abhange des Berges herabstürzen und wird es 


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WE ra le un 2 2 ta a Zn 1a na Qu FCIE 


leicht zur nahen Eisenbahn schaffen können. 3 

Von nicht minderem Reichthum und von grösserem geolo- 4 
gischen Interesse sind die Lagerstätten von Magneteisen. Die 7 
Gesellschaft besitzt zwei Gruben dieses Erzes, Navalazaro und 
Navalostrillos bei Pedroso. Die erstere ist etwa 3 Kilometer 3 
südlich von dem Städtchen in einem flach hügeligem Land- 
striche gelegen. An dem Fusse eines Hügels, wenige Fuss 3 
über der Thalsohle ist hier ein grosser steinbruchsartiger Tage- 
bau im dünngeschichteten Gneiss geöffnet, durch welchen das 2 
Erz in einer Mächtigkeit von 6 bis 8 Meter aufgeschlossen ist. E 
Es ist ein aufgerichtetes Lager im Gneiss. Das Erz ist ein ö 
krystallinisch-körniges bis dichtes Aggregat von Magneteisen. ; 
Brauner Granat und grüner Pistazit (Epidot) sind häufige Be- S 
gleiter des Erzes. Das ganze Verhalten der Lagerstätte erinnert 4 
lebhaft an dasjenige von Arendal in Norwegen. Kleine Schürfe 3 


und natürliche Entblössungen schliessen das Erz an vielen 
anderen Stellen auf den umgebenden Hügeln auf. Offenbar 
sind hier mehrere Lager desselben vorhanden und es liesse sich 
hier gewiss bei genügenden Aufschlüssen eine beliebig grosse 
Quantität des vortrefflichsten Erzes durch blossen Tagebau 
gewinnen. 

Die andere Grube Navalostrillos, etwa 8 Kilometer 
nördlich von Pedroso gelegen, zeigt weniger deutliche Auf- 
schlusse. Das Gestein, welchem das Erz hier untergeordnet 
ist, ist stark zersetzter dünngeschichteter Gneiss. Gänge von 
Pegmatit durchziehen denselben. Die handgrossen blättrigen 4 
Partieen von schönem tombakbraunem Glimmer, welche man 
an der Oberfläche antrifft, rühren aus solchen Gängen her. 
Auch 3 Zoll dicke, plattenförmige Stücke von hellgrauem dich- 
tem Feldspath, welche lose in der Oberfläche bemerkt wurden, 


67 


müssen von einem gangartigen Vorkommen im Gneiss her- 
ruahren. Ganz in der Nähe der Grube liegen grosse Blöcke 
von grünschwarzer Hornblende umher. Ihr Aussehen erinnert 
ganz an dasjenige der Magneteisenstein - Lager von Arendal. 
Zum Theil sind diese Blöcke von Hornblende von feinen 
Schnüren von Magneteisen durchzogen. 

Besonders bemerkenswerth sind noch gewisse serpentin- 
ahnliche und opalartige Massen, welche das Ausgehende des 
 Erzlagers bedecken. Kopfgrosse Stucke von gelbbraunem Halb- 
opal, lebhaft an den Halbopal von Quegstein im Siebengebirge 
erinnernd, sind nicht selten. Noch häufiger sind verschie- 
dentlich gestaltete Knollen von dunkelgrauer Farbe und mit 
ganz mattem Wachsglanz auf dem flachmuscheligen Bruch, 
welche zuweilen durch die zusammengedrückte Gestalt an 
Menilit-Knollen eriunern. Zuweilen umschliessen diese Knollen 
einen Kern von grünlichgrauem Serpentin. Der Serpentin 
ist augenscheinlich ein Zersetzungsproduct der das Erzlager 
‘begleitenden Hornblende und die Opale sind wieder aus jenem 
hervorgegangen, wie auch in Schlesien bei Frankenstein und 
in der Umgegend des Zobten die Opale als Ausscheidungen 
aus dem Serpentin den letzteren begleiten. 

Augenblicklich ist die Erzgewinnung bei Navalostrillos 
zwar nicht bedeutend, aber es ist nicht zu bezweifeln, dass 
sich auch hier bei weiterer Aufdeckung des Erzlagers grosse 
Massen von Erz durch blossen Tagebau wurden gewinnen lassen. 

Nun blieb uns noch die Besichtigung der Eisenglanz- 
Gruben übrig. Diese liegen gegen 4 Meilen weiter nördlich 
bei dem Dorfe San Nicolas. Wir brachen am folgenden Mor- 
gen dahin auf. Der Weg dahin führt zuerst im Thale der 
Huesna aufwärts und lenkt später in ein Nebenthal ab. Hier 
wird das Ansteigen stärker und schliesslich gelangt man auf 
ein Plateau, auf welchem ein isolirter Bergrücken sich erhebt. 
Das ist der Cerro de chierro, der Eisenberg. Und in 
der That, derselbe verdient seinen Namen. Denn sobald man 
den mit Buschwerk bewachsenen Abhang des Berges hinanzu- 
steigen beginnt, findet man schon den Boden überall mit faust- 
bis kopfgrossen Stücken von einem metallisch - glänzenden 
Eisenglanz bedeckt. Gelangt mıan aber auf die Höhe, so be- 
kommt man erst die richtige Vorstellung von der Massen- 
haftigkeit des Erzvorkommens. 


68 


Es befindet sich hier ein grösserer steinbruchartiger Auf- 
schluss, in welchem man den reinen lebhaft metallglänzenden 
Eisenglanz in einer Mächtigkeit von 4 bis 6 Meter anstehen 
sieht. Weisser krystallinisch-körniger Schwerspath, welchen 
man auf den ersten Blick für krystallinischen Kalk oder Urkalk 
halten könnte, begleitet das Erz und bildet zum Theil kleinere 
Gänge in demselben. Das ist nun freilich wegen des Schwefel- 
gehalts kein angenehmer Begleiter des Erzes. Allein eine 
eigentliche Schwierigkeit kann er nicht bereiten, weil bei der 
Massenhaftigkeit des Erzvorkommens reine Partieen des Erzes 
sich leicht vollständig gesondert werden gewinnen lassen. Das 
Erzlager geht steil nieder und streicht von Südost gegen Nord- 
west. Das Nebengestein ist nicht deutlich aufgeschlossen, so 
dass es nicht ganz klar, ob das Vorkommen als ein Gang oder 
‚als ein aufgerichtetes Lager zu deuten ist. Die Begleitung 
durch den Schwerspath spricht mehr für die erstere Annahme. 

Der Rücken des Berges wird durch ein Haufwerk von lose 

übereinander gestürzten, zum Theil hausgrossen Felsblöcken 
gebildet. Bei näherer Untersuchung erweisen sich auch diese 
Blöcke zum grossen Theil aus körnigem oder dichtem Eisen- 
glanz- bestehend. Wir ritten mehrere Kilometer weit dem Ab- 
hange des Berges entlang und überall fanden wir den Boden 
mit grösseren oder kleineren Stücken des Erzes bestreut. 
Offenbar ist nicht ein einziges, sondern es sind mehrere mäch- 
tige Lager vorhanden. In jedem Falle ist hier ein unerschöpf- 
licher Erzvorrath vorhanden. 
- An vielen Punkten trifft man Spuren eines bedeutenden 
ehemaligen Bergbaues an. Namentlich zahlreiche Pingen und 
mächtige Schlackenhaufen. Durch einzelne Münzen und Werk- 
zeuge, welche man gefunden, lassen sich diese Arbeiten auf 
die Römer zurückführen. Es fragt sich nur, was die Römer 
hier gegraben haben. Das Eisenerz kann es nicht gewesen 
sein, denn dieses liegt überall zu Tage und es bedarf zu dieser 
Gewinnung keiner schwierigen und kostbaren unterirdischen 
Bauten. Wahrscheinlich sind es Kupfererze gewesen, welche 
man in der Tiefe suchte. Wenigstens fand ich in einer der 
alten Pingen ein kleines “tüuck Eisenglanz mit einem Anflug 
von erdigem Malachit. 


69 


Das sind die verschiedenen Eisenerzlagerstätten, welche 
der Pedroso-Gesellschaft gehören. Wären dieselben in einem 
der gewerbreichen Landstriche Mittel-Europas gelegen, so wur- 
den sie längst eine grossartige Eisenindustrie hervorgerufen 
haben. Hier sind sie kaum in Angriff genommen und nähren 
nur eine einzige, wenig bedeutende Eisenhütte. Ist jedoch 
einmal die vorher erwähnte Eisenbahn vollendet, so kann es 
wohl nicht ausbleiben, dass dieser reiche Erzschatz gehoben 
und für die Industrie nutzbar gemacht wird. 

Uebrigens schliessen sich diese Eisenerzlager durch ihre 
Massenhaftigkeit den anderen Erzlagerstätten auf dem Sudabfalle 
der Sierra Morena an, namentlich dem weltberuhmten Zinnober- 
Gange von Almaden und den unerschöpflichen Lagern von 
kupferhaltigem Schwefelkies bei Rio Tinto und an anderen 
Punkten in der Provinz Huelva.. Nimmt man hinzu, dass 
ausserdem zahlreiche grössere und kleinere Blei- und Kupfer- 
erz-führende Gäuge das Gebirge in allen Richtungen durch- 
ziehen, so erscheint diese Gebirgsgegend in der Südwestecke 
Spaniens als eines der metallreichsten Gebiete Europas und 
rechtfertigt den Ruf, den das südliche Spanien schon im Alter- 
thum wegen seiner metallischen Reichthumer genoss. 


Von Herrn Prrorar FeısımanteL ın Breslau. 
Hierzu Tafel V. 


Es sei mir erlaubt, an dieser Stelle eines interessanten 
Vorkommens einer Pflanzenart aus dem Kohlengebirge 
von Oberschlesien zu gedenken, die nicht nur interessant 
als Pflanze selbst ist, da sie bis jetzt noch nicht mit Sicher- 
heit in der lebenden Flora ihre analoge Form und ihre ganz 
sichere systematische Stellung gefunden hat, sondern auch be- 
sonders durch die Art und Weise ihres Auftretens. Da sie 
namlich in dem Bezirke ihres Vorkommens auf ganz bestimmte 
Schichten sich beschränkt zeigte und immer unter denselben 
Verhältnissen auf denselben Schichten auftrat, wurde sie für 
diese bestimmten Schichten, folgerichtig auch für die sie ent- 
haltenden Flötzzüge, charakteristisch und erwies sich bei der 
Parallelisirung der einzelnen sie führenden Schichtengruppen 
als maassgebend. Es ist dies nämlich die interessante Art 
Nöggerathia foliosa StEc. 


Bevor ich auf die Thatsache des Vorkommens in Öber- 
. schlesien übergehe, muss ich etwas weiter ausholen und vorerst 
andere allgemeine Verhältnisse betreffs dieser Art erwähnen. 


1) Vorkommen der Nöggerathia foliosa STB. 
in Böhmen. 
Wie bekannt, ist die Nöggerathia foliosa Stpe. bis 
jetzt bloss aus dem böhmischen Kohlengebirge angeführt wor- 
den und galt als eine speciell böhmische Art. Es ist also 


Be 
3 
= 

- 

2 

2 


5. Ueber das Vorkommen von Nöggerathia foliosa 

Stbg. in dem Steinkohlengebirge von Oberschlesien 

und über die Wichtigkeit desselben für eine Paralleli- 
sirung dieser Schichten mit denen von Böhmen, 


\ 


um so interessanter, sie jetzt auch von einer anderen Stelle 
kennen zu lernen. 

Zuerst beschrieb sie Graf STERNBERG in seinem grossen 
Werke über die fossile Flora (Vers. d. Darst. einer Flora d. 
Vorw.) und zwar Bd. 1. fsc. 2. pag. 35.; ferner fasc. 4. pag. 36. 
und bildete sie t. 20. ab. 

Doch hat sie STERNBERG wohl nicht selbst an Ort und 
Stelle gesammelt, da die Fundortsangabe eine bloss ganz all- 
gemeine und noch dazu unrichtige ist; denn er sagt betreffs 
des Fundorts: „in schisto lithanthreucum in circulo Berau- 


nensi.“ — Nun kann sich aber Jeder an dem Originalexem- 


plare überzeugen, dass es dem Gesteine nach nur aus dem 
Kladno-Rakonitzer Becken stammen kann, und es überhaupt in 
der Umgegend von Beraun (sudwestl. von Prag) keine Kohlen- 
schichten giebt, in denen Nöggerathia foliosa STae. je 
auch nur in einem Bruchstücke, gefunden worden wäre. 

Diese allgemeine Fundortsangabe ging dann natürlich in 
die folgenden allgemeinen Werke uber fossile Flora über. 

So finden wir dieselbe bei GöPPERT in seinen Gattungen 
- fossiler Pflanzen, wo er auf t. 12. f. 1. (Lief. 5 u. 6) aber- 
mals ein Exemplar abbildet und in dem Texte STERNBERE’S 
Fundortsangabe eitirt. Doch scheint mir das Originalexemplar, 
das Herrn Prof. GöPpERT vorlag und von mir in seiner jetzt 
im mineralogischen Museum in Breslau deponirten Sammlung 
besichtigt werden konnte, aus dem Radnitzer Kohlenterrain zu 
stammen. 

„Dieselbe unrichtige Fundortsangabe finden wir dann noch 
bei Unger (Genera et species plant. foss. pag. 103) und auch 
SCHIMPER hat dieselbe in seinem Traite de pal. veget. II. p. 130 
wieder eitirt, noch dazu mit der Bemerkung „espece tres rare“. 

Dagegen war sie schon 1854 ETTInGSHAUSEN aus dem 
Radnitzer Kohlenterrain bekannt, und fuhrt er sie in seiner 
„Steinkoblenflora von Radnitz* (pag. 3. u. 58.) von Wrano- 
witz im sogen. Braser Becken an. Doch fügt er nichts Nä- 
heres über ihre Lagerung hinzu. 

Im Jahre 1865 lieferte Prof. Gzisurz (N. Baheb, 1865 t. 3.) 
abermals eine Abbildung des Blattes und eines dazu gehörigen 
Fruchtstandes. 

Doch erst etwas später erhielt sie ihre wahre Bedeutung. 
Sie erwies sich nämlich bei näherem Studium und Vergleichen 


72 


der einzelnen Kohlenablagerungen in Böhmen für gewisse die- 
ser Ablagerungen, d. h. für gewisse Schichten darin als cha- 
rakteristisch, als bestimmend und ermöglichte auf diese Weise 
eine Parallelisirung der einzelnen Kohlenablagerungen unter- 
einander. | 

Zuerst wurde sie im Radnitzer Kohlenterrain häufig 
gefunden, und hier wurde zuerst ihre Bedeutung erkannt. 

Es stellte sich nämlich heraus, dass ihr Vorkommen da- 
selbst auf ganz bestimmte Schichten beschränkt sei. 

Dazu scheint es mir nothwendig, etwas uber die Glie- 
derung des Radnitzer Kohlenterrains emzuschalten. 

Das sogen. Radnitzer Kohlenterrain ist im SW. von Prag, 
näher jedoch an Pilsen, abgelagert und besteht aus einem 
grösseren centralen Becken und aus mehreren kleineren, die 
sich um das erstere gruppiren. 

Die einzelnen Schichten, die dieses Kohlenterrain zu- 
sammensetzen, ergeben sich folgendermaassen (von oben nach 
unten): 

1. Eine bis 20° mächtige Schicht eines sehr kaolin- 
reichen Sandsteins, der in der Gegend als Mörtel 
gebraucht wird und den Localnamen „‚‚Moltyi“ 
führt. — Es ist eine ganz ständige, stets zu er- 
kennende Schicht. 

Thoniger Sandstein und Sandsteinschiefer, wenig 
mächtig. 


2 


nn 


mächtig; dies ist der Hangendschiefer des Ober- 
flötzes und sehr petrefactenreich. 

Das obere oder Hauptflötz, bis 6’ mächtig. 
Eine Reihe fester, feiner Schiefer, sogenannte 
Schleifsteinschiefer; sie besitzen eine wechselnde 
Mächtigkeit, die jedoch nie 8’ übersteigt; aber- 
mals eine sehr constante, stets zu erkennende 
Schicht. 

Eine gleichförmige körnige Sandsteinlage von eirca 
2’ Mächtigkeit. 

Das zweite oder untere Kohlenflötz, durch- 
schnittlich 2° mächtig. 

Eine Reihe Sandsteine, Conglomerathe und Schiefer- 
thone ohne Kohlenflötz. 


Zue 


= 


= 


rn nn cn mn wm. mussen emennemnen mn ann san 


nu 


Schieferthon, meist weich und kohlenhaltig, bis 8’ 


2 Ne] 
a a a 2 
EA EEE Be RE u 


ee EEE N 
\ 


73. 


Die Schichten 1. 2. 3. 4. bilden zusammen die sog. Ober- 
flötzgruppe und ist dieselbe besonders charakterisirt durch 


‚die „„Moltyr‘‘-Sandsteine und durch ein zweites Merkmal, das 
ich alsbald ausführen werde. 


Die Schichten 5. 6. u. 7 bilden zusammen die sog. Unter- 


flötzgruppe und ist diese besonders eharakterisirt durch 


die Schleifsteinschiefer. 

Die Schicht 8. endlich bildet die sog. kohlenflötz- 
leere Gruppe. 

Das Vorkommen der Nögyerathia Folkosn; ITBG. 
ist nun auf die Oberflötzgruppe beschränkt und zwar auf 
das Bereich des Oberflötzes selbst. In diesem sind näm- 
lich mehrere sogen. Zwischenmittel eingelagert, die sich im 
Allgemeinen folgendermaassen gruppiren : 


1. Obere Zwischemittel: Oberflötzchen und Firstenstein. 
2. Mittlere Zwischenmittel: Flicka und Schrammflötz. 
3. Untere Zwischenmittel: die sogen. Sohlendecken. 


Nach den genauen Untersuchungen meines Vaters ist 
nun Nöggerathia foliosa Sıae. fast ausschliesslich 
auf die oberen und mittleren Zwischenmittel be- 
schränkt und hiermit für die Oberflötzgruppe 
charakteristisch. 

Auf Grund dieser Untersuchungen konnte nun dieses 
Radnitzer Kohlenterrain auch mit dem Kladno-Rakonitzer 
in Analogie gebracht werden. 

Das Kladno-Rakonitzer Kohlenrevier, das im 
Nordwesten von Prag abgelagert ist und das grösste Kohlen- 
revier Böhmens darstellt, gliedert sich ähnlich wie das Rad- 
nitzer Kohlenterrain, nur dass hier noch ein Flötzzug hinzu- 
kommt. 

Die Gliederung desselben ist folgende: 


1. Hangendflötzzug — enthält ein Kohlenflötz, 
das von der sogen. „‚Schwarte‘‘, einem Brandschiefer 
überlagert wird, der permische Thierreste enthält. 
Dieser Zug ist ohne Zweifel dem Rothliegenden zu- 
zurechnen. 

2. Liegendflötzzug. — Dieser enthält den Kohlen- 
reichthum Böhmens und besitzt seiner ganzen Aus- 
dehnung nach ein Kohlenflötz, das sog. Haupt- 


flötz; dieses wird bis 51” mächtig, variüirt jedoch 
in seiner Mächtigkeit bedeutend. Bis zum Hangend- 


zuge wird es überlagert von einer Reihe von Sand- 
steinen, Conglomeraten und Schiefern. 

Unter dem Hauptflötze folgen nun noch Sandsteine und 
sandige Schieferthone, die zum grössten Theil direet auf dem 
Grundgebirge auflagern, zum geringeren Theile aber noch ein 
zweites Flötz einschliessen, das sogen. Grundflotz. 

Das Hauptflötz enthält, ähnlicb wie das Radnitzer 
Oberflötz, einzelne constante Zwischenmittel, die charakte- 
ristisch für dieses Flötz in seiner ganzen Ausdehnung sind. 
Es sind dies vornehmlich zwei, neben welchen sich natürlich 
immerhin noch andere locale entwickeln können. 

Diese Zwischenmittel führen nun namentlich 
in der Gegend von Rakonitz, also im westlichen 
Theile der ganzen Ablagerung, einen ziemlichen 
Reichthum an Pflanzenpetrefacten, darunter auch 


ziemlich zahlreiche Exemplare von Nöggerathia 


foliosa Stee., die auch nur auf diese Schichten des Haupt- 
flötzes beschränkt bleibt. 

Durch dieses Merkmal wird nun das Kladno-Rako- 
nitzer Hauptflötz mit der Radnitzer Hauptflötzgruppe 
in gleiches Niveau gestellt; das Grundflötz, das einem 
Theile des Kladno-Rakonitzer Terrains abgelagert ist, ist dann 
wohl analog dem Radnitzer Unterflötz. 

Die Nöggerathia foliosa STBe. vermittelt also zwischen 
diesen beiden Ablagerungen die Parallelisirung. 

Durch zwei andere Merkmale stellt sich dann die Rako- 
nitzer Oberflötzgruppe en dem Liegendflötzzug der 
Pilsner Ablagerung. 

Ich habe bei der Gliederung des Radnitzer Kohlengebirges 
des Moltyrsandsteins als einer ständigen Schicht erwähnt; 
ausserdem ist von den Zwischenmitteln des Oberflötzes 
eines derselben, namlich das sogen. Schrammflötz, charak- 


terisirt durch das Vorkommen gewisser kleiner, wurmförmiger 


Körperchen, die dem Schieferthone ein gewisses körniges Aus- 
sehen geben, das ganz charakteristisch ist. 

Diese beiden Merkmale fanden sich nun jüngster Zeit 
auch im Liegendflötzbereiche der Pilsner Ablagerung, 
wodurch dieses mit der Oberflötzgruppe bei Radnitz in 


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Analogie gestellt wird, jedoch zugleich auch mit dem Zuge 
des Hauptflötzes bei Kladno-Rakonitz, da ja letzteres 
durch das Vorkommen der Nöggerathia foliosa Steg. mit 
der Radnitzer Oberflötzgruppe auf gleiches Niveau 
gebracht ist. 
Nöggerathia foliosa Stpe. erwies sich also für 
die Parallelisirung der westlich von der Moldau 
abgelagerten Kohlenbassainsals maassgebend. 


2. Vorkommen der Nöggerathia foliosa Smac. in 
Oberschlesien. 


Die Kenntniss von diesem interessanten Vorkommen in 
Oberschlesien verdanke ich der Einsicht in die reichhal- 
tige Sammlung des Herrn GöPPERT, deren Einordnung in die 
Sammlungen des mineralogischen Museums der Universität 
Breslau unter Leitung des Herrn RoEmer eine für mich sehr 
lehrreiche und nutzbringende Aufgabe war. 

Neben vielen anderen interessanten Petrefacten aus Ober- 
schlesien fanden sich nun bis jetzt auch drei Exemplare 
dieser interessanten Pflanzenart vor; sie tragen alle ziemlich 
genaue Angaben betreffs des Fundortes und des Vorkommens. 

Zwei tragen die Etiquette mit der Aufschrift (von GöPPpERT’s 
Hand geschrieben): „„Leopoldsgrube in Oberschlesien‘; das 
dritte trägt die Angabe noch viel genauer und zwar (auch von 
Göpperr’s Hand): „Vom Leopoldflötz der Leopolds- 
grube bei Ornontowitz in Oberschlesien‘. 

Ich habe zwar bis jetzt nicht Gelegenheit gehabt, mich 
näher über die Lagerungs- und Gliederungsverhältnisse des 
Leopoldflötzes der Leopoldsgrube zu orientiren, nur 
soviel ist mir bekannt, dass dieselbe dem sogen. Nicolaier 
Revier oder dem vierten Flötzzuge der oberschlesischen 
Koblenflötze oder den hangendsten Flötzen angehört. Es ist 
überhaupt in Oberschlesien sehr schwer, sich in der grossen 
Anzahl und der grossen Mächtigkeit der Kohlenflötze auszu- 
kennen; doch genügt in der That die angefuhrte Angabe, wo- 
durch also zunächst nur der vierte Flötzzug (Nicolaier Re- 
vier) in Betracht gezogen werden kann. 

Besonders bedauere ich, dass ich nicht angeben kann, 
ob das Gestein, worauf diese Art aus Oberschlesien erhalten 
ist, einem Zwischenmittel angehört oder nicht — aber ich 


6 


würde nach der Beschaffenheit des Gesteins sehr geneigt sein, 


zu glauben, dass dasselbe in der That eine Zwischenmittelschicht 


sei. Dies wird sich wohl später genauer feststellen lassen; 
es ist interessant genug, wenn das Vorkommen so genau con- 
statirt werden kann. 

Nöggerathia foliosa Stege. ist nun auch in Ober- 
schlesien in dem Nicolaier Revier vorgekommen 
‚und wird wohl in dem Kohlenbereiche OÖber- 
schlesiens, wenn sie noch von anderen Orten be- 
kannt werden sollte, von ähnlicher Wichtigkeit für 
diese Ablagerung sein, wie für die böhmischen. — 
Ich habe eines dieser oberschlesischen Exemplare abgebildet 
(siehe Tafel V.). 


3. Folgerungen aus dem bis jetzt Angeführten. 


Das Vorkommen der Nöggerathia foliosa Stmze.. in 
Oberschlesien ist nicht bloss ein local wichtiges, sondern auch 
mit Bezug auf die Ablagerungen des benachbarten Böhmens. 


Wenn wir nämlich berücksichtigen, dass diese Art sowohl 


in dem Radnitzer Koblenterrain als auch in der 
Kladno-Rakonitzer Ablagerung einen bestimmten Horizont 
eingenommen hat und eben dadurch charakteristisch für diese 
Schichten und für die Parallelisirungen jener Ablagerungen, 
in denen sie vorkommt, maassgebend wird, so kann man wohl 
für die oberschlesische Art, die mit der böhmischen 
völlig ident ist, wohl dasselbe annehmen; es wird sich aus 
dem Gesagten wohl ergeben, dass jener Antheil 
des oberschlesischen Kohlenterrains, welcher die 
Schichten enthält, in denen die Nöggerathia foliosa 
Steg. erhalten vorkommt, mit den eben betrach- 
teten Kohlenablagerungen in Böhmen, die durch 
diese Art charakterisirt werden, analoger Bildung 
sein dürften. 

Es ist daher das Vorkommen der Nöggerathia in Ober- 
schlesien von einer nicht geringen Wichtigkeit. 


Bevor ich noch zur näheren Besprechung der Nögge- 
rathia foliosa Steps. aus Oberschlesien gelange, will ich 
noch einige allgemeine Bemerkungen vorausscbicken, 


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1. scheint mir die Nögg. foliosa Steg. neben der eng- 
lischen Nögg. flabellata L. u. H. die einzig gerechtfertigte 
Art dieser Gattung. Alle die übrigen Exemplare mit den ein- 
zelnen langen, parallel gestreiften Blättern, wie Nögg. palmae- 
Jormis, Nögg. platynervia, Nögg. crassa etc. — würde ich eher 
geneigt sein, zu der Gattung Cordaites zu ziehen, die immerhin 
mit Nöggerathia zu derselben Familie gehören mag; denn die 
Stellung von Cordaites ist ebenso unentschieden, wie die der 
Nöggerathia. Denn es hält wohl schwer zu entscheiden, welche 
von den zwei in neuester Zeit vertretenen Ansichten: Nöggera- 
thia sei eine nacktsamige Dicotyle (Geinitz, N. Jahrb. 1865) 
oder sie sei eine Monocotyledone (Weiss 1870, Verhandl. 


‘ des naturhist. Vereins für d. preuss. Rbeinl. u. Westf. pag. 63), 


die richtige sei. 

Als das rationellste wurde es mir scheinen, sie gleich 
hinter den Sigillarien am Anfang der Cycadeen, in einer 
eigenen Familie der Nöggerathieae anzuführen, wo neben 
Nöggerathia noch Cordaites zu stehen käme. 

Im Anschluss an Cordaites werden dann die anderen 
oben erwähnten ebenfalls als Nöggerathia beschriebenen Exem- 
plare mit den langen Blättern als ‚species incertae‘* anzu- 
führen sein. 

2. liess die Gattung Nöggerathia (in dem wahren eigent- 
lichen Sinne) einige Entwickelungsverbältnisse beobachten. 

Die echte Nöggerathia foliosa Sec. hat nämlich keil- 
formige abgerundete Blätter, deren runder Rand höchstens 
gezahnt ist; man beobachtet auch Exemplare mit ganzem 
Rande, aber feine Zähnelung ist auch keine Abnormität. 

Nun kam seiner Zeit bei Bras ein Exemplar vor, das 
im Ganzen an Nöggerathia foliosa Steg. erinnerte, aber 
dessen Rand bis zum Drittel gespalten war. — Dies Exem- 
plar kam nur einmal bei Bras vor, und zwar in derselben 
Schicht, wie die Nögg. foliosa Stpe.; mein Vater, der dies 
Exemplar aufgefunden hatte, nannte es Nöggerathia inter- 
media K. Fsrtm., um anzudeuten, dass diese Art gleichsam in 
der Mitte zwischen der nur gezähnten Nögg. foliosa STBe. 
und der ganz tief gespaltenen Nögg. speciosa Erran. steht 
(wenn letztere überhaupt eine Nöggerathia ist). — 
Siehe ETTINGSHAUSEN, Steinkohlenflora von Radnitz 1854, 
pag. 58. 


Später kamen dann bei Rakonitz ebenfalls mit der Nögg. 3 
foliosa Ste. ziemlich zahlreiche Exemplare der sog. Nögg. 
intermedia vor, die deutlich zeigten, dass diese Art wohl 
ebenfalls zu Nöggerathia gehöre; sie hat im Grossen und 
Ganzen fast dieselbe Blattform, nur ist sie etwas länglicher; 
die Stellung der Blätter ist dieselbe, aber der Rand ist bis 
zum Drittel, und manchmal noch etwas weiter gespalten. — 
Ich bilde ein gutes Exemplar von Rakonitz auf Tafel V. ab. 
— Was diese Reste anbelangt, so ist es immerhin gestattet, 
sie des Verständnisses wegen unter dem obigen Namen be- 
stehen zu lassen; aber mir scheint nicht, dass sie eine ganz 
selbstständige Art vorstellt; ich würde sie eher als eine Va- 
rietät, die durch irgend welche Verhältnisse bedingt wurde, 
auffassen; denn es ist ja sehr leicht denkbar, dass sie unter 
gewissen Bedingungen sich nur kummerlich entwickeln konnte 
und dass dann die Zähnelung der Nöggerathia foliosa 
. STBG. zur tieferen Spaltung wurde, die dann unter der Form 
auftritt, wie sie durch den Namen Nögg. intermedia 
K. Fsrtu. veranschaulicht werden soll. : 

_ Betreffs Nögg. speciosa Erren. ist es sehr zweifelhaft, 
ob sie zu Nöggerathia gehört. 

Es würde daher Nöggerathia auch in morphologischer 
Beziehung interessant sein, da sie wohl aus einer Grundform 
(Nögg. foliosa Stee.) infolge gewisser Bedingungen eine an- 
dere Form entwickelte (Nögg. intermedia K. Fstu., siehe Ab- 
bildung). 


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Fam.: Nöggerathieae. E 
Nöggerathia foliosa Sızc. Taf. V. Fig. 1. : 
1822. STERNBERG, Vers. I. fsc. 2. pag. 39. E 
1825. STERNBERG, ibid. fsc. 4. pag. 36 t. 20. 3 
1841. GörpPpert, Gattung. foss. Pfl. Heft 5. u. 6.1.12. f.1. 
1850. Unger, genera et sp. plant. foss. pag. ST. 


1854. ErtinGsHausen, Steinkohlenflora von Radnitz pag. 58. 

1865. Gemirz, Steinkohlen Deutschlands und anderer Län- 
der Europas pag. 315. | 

1865. Gemuz, N. Jahrb. t. 3. f. 2. .. 

1869. Scuimrer, Traits de pal. veget. II. p. 130. und Abbild. 

1869. K. Feistmantet, Archiv für naturhist, Durchforschung | 
von Böhmen, geolog. Sect. pag. 83. u. 89. 


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1870. Weıss, Verhandl. des naturhist, Vereins für Rheinl. 
| u. Westf. pag. 68. 
1874. O. FeistmAnter, Steinkohlen- u. Permablager. im NW 
von Prag pag. 101. t. 2. f. 1. 


Es lagen mir drei Exemplare von Oberschlesien vor, 
worunter besonders zwei durch ihre Vollkommenheit sich aus- 
zeichnen; das eine habe ich abgebildet. 

Das eine Exemplar ist ziemlich gross; es lagen aber nur 
auf der einen Gesteinsfäche diese Pflanzenreste, aber ziemlich 
zahlreich zerstreut. Unter diesen zeichnen sich aber zwei 
nebeneinander liegende Blattwedel durch ihre Länge aus; sie 
sind 10-11 Cm. lang und zählen bis je 7 Blättchen auf einer 
Seite. Die Blättchen haben ganz dieselbe Form, wie die in 
Böhmen vorkommende Art, sind keilförmig mit gerundetem 


Rande, der in diesem Falle etwas gezahnt ist; die Nerven 


laufen gegen den Winkel zusammen. Die Blätter sitzen alle 
alternirend. 

Das zweite, kleinere Exemplar, das ich abbilde, stellt 
ein Blattwedelstuck von 14 Cm. Länge dar; auf jeder Seite 
sind 5 Blättchen in alternirender Stellung; das oberste (rechts) 
ist zerrissen und es scheinen also zwei schmäler zu sein. 
Die Form ist im Wesentlichen dieselbe, wie bei dem grösseren 
Exemplare, nur sind sie etwas grösser und breiter, da das 
ganze Stück entweder einer älteren Pflanze angehört, oder der 
untere Theil von einem grösseren Blattwedel ist. Ausserdem 


‚ist hier der Blattrand ganz deutlich ungezähnt. 


An diesem Exemplare ist auch deutlicher die Anheftung 
der Blätter zu sehen; es scheint, dass sie nicht eine derartige, 
dass die Blätter bestimmt geformte Narben nach dem Abfallen 
zurückliessen. 

Das Gestein, worauf diese Pflanzenreste sich erhalten 
haben, ist ein weicher, thoniger Schiefer, von sehr geringer 
Consistenz, so dass er, mit Wasser in Berührung gebracht, 
bald zu einem Brei wird. — Er ist grau, mit einem Stich ins 
grunlich-gelbe. 

Es ist derselbe Schiefer, wie er auch von der Agnes- 


Amanda-Grube bekannt ist, wo er ebenfalls zahlreich Pe- 


trefacte enthält. Allem Anschein nach ist es in beiden ge- 
nannten Gruben dieselbe Schieferschicht, und scheint es mir 


so 


nach Allem eine Zwischenmittelschicht zu sein. — Vielleicht 


dürfte sie für die Parallelisirung nieht ohne Wichtigkeit sein. 
Vorkommen: Leopoldflötz der Leopoldgrube bei 


ÖOrnontowitz in Oberschlesien, ausserdem im Radnitzer 


und Kladno-Rakonitzer Kohlengebiet in Böhmen. 
Zu dieser Art dürfte dann als irgend ein Entwickelungs- 
stadium gehören die 


Nöggerathia intermedia K.Fsım. Taf. V. Fig. 2. 


1868. K. FeistmanteL, Beobachtungen über einige fossile 
Pflanzen aus dem Radnitzer Becken, in Abhandl. 
der k. böhm. Gesellsch. der Wissensch. t.1. f.H. 

1874. O. FEISTMANTeL, Steinkohlen- und Permablager. im 
NW von Prag; Abhandl. der k. böhm. Ges. etc. 
t. 2.f. 2. pag. 102. 


Rhacopteris Raconicensis STUR, Samml. d. k.k. geol. Reichsanst. 


Diese Art habe ich zum Vergleiche mit der vorigen her- 
gezogen und abgebildet, da ich sie ja schon früher als ein 
Entwickelungsstadium derselben erwähnte. Diese ist bis jetzt 
nur auf Böhmen beschränkt, kam aber in denselben Schichten 
und Ablagerungen vor, wie die Nöggerathia foliosa STEc., 
aber natürlich etwas seltener, namentlich bei Radnitz. Im 
Kladno -Rakonitzer Becken kam sie bis jetzt nur bei Rako- 
nitz, aber immer in Gemeinschaft mit Nögg. foliosa Stpc. 
vor.; sie ist daselbst ziemlich häufig und in einigen schönen 
Exemplaren aufgetreten. Ein grosser Blattwedel befindet sich 
im Prager Nationalmuseum. Ich bilde auch einen ziemlich gut 
erhaltenen ab und vervollständige dadurch meine Abbildung 
in meiner letzten Arbeit (Steinkoblen- und Permablagerung 
im NW. von Prag, I. c.t. 2 f. 2.) Ich halte auch diese 
Art für eine Nöggerathia und nicht für eine Farre, 
es sei denn, dass auch Nöggerathia foliosa Ste. 
eine solche sei, zu der ich die Nögg. intermedia 


K. Fstm. als Entwickelungsstadium stelle. (Dafür 


dass es wohl keine Farren sind, spricht der Umstand, dass 
die Nerven an keiner Stelle sich theilen und Verästelungen 
bilden.) Uebrigens muss ich hier ganz ausdrücklich 
bemerken, dass schon mein Vater diesen Namen 
selbst diesem Pflanzenreste beilegte, und zwar in 


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‚seiner oben angeführten Arbeit auf pag. 11. Es ist 


daher irrig, wenn Herr Stur behauptet, sie hätte von 
meinem Vater keinen Namen erhalten. (Verhandl. 
d. k. k. geol. Reichsanst. 1874. Nr. 11. pag. 275. 
Vorkommen: Selten im Radnitzer Kohlengebiet, häu- 
figer bei Rakonitz mit Nögg. foliosa StBe. 
Anmerkung. Die Kohlenflora von Oberschlesien 
bietet überhaupt verschiedenes Interessante. Hier will ich nur 
noch ein zweites Petrefact anführen, das auch auf dieselben 
Schichten hinweist, wie sie wenigstens dem Hauptflötze von 
Kladno-Rakonitz entsprechen. Ich kenne nämlich auch 
von der Leopoldgrube in Oberschlesien (also dem Fund- 
orte der in Rede stehenden Nöggerathia) ein Petrefact, 
das allen seinen Eigenschaften nach auf einen Zapfen hinweist, 
Aehnliche Petrefaeten kamen auch nicht gerade selten in Böh- 
men vor, und zwar abermals im Radnitzer und Kladno- 
Rakonitzer Revier; auch CorpA waren sie schon bekannt. 
Derselbe beschreibt namlich in einem unveröffentlichten Werke 
zwei Arten von Petrefacten unter dem Gattungsnamen Embo- 
fianthemum, eins mit sechseckigen und eins mit runden 
Schuppen, deren jede mehrere Sporangien tragt. Lange war 
ich über diese Dinge unklar, doch führten mich GoLDBERE’s 
und ScHimper’s Abbildungen von Sigillariaestrobus auf 
den Gedanken, dass diese Petrefacten auch nur solche Sigilla- 


 riaestroben seien, wenn auch etwas grösser. — Ich stellte 


sie geradezu (1871, Sitzungsber. d. k. böhm. Ges. der Wiss.: 
Ueber Fruchtstadien fossiler Pflanzen der böhm. Steinkohlenf.) 
als solche hin und bildete zwei Arten: Sigillariaestr. C(ordai 
O. Fstu, (Cornda’s Embolianthemum sexangulare) und Sigilla- 
riaesir. Feistmanteli O.Fsıu. (Embolianth. truncatum CoRDA 
mit runden Schuppen). Beide kamen bei Bras vor; letzterer, 


der mit runden Schuppen, auch im Kladno-Rakonitzer 


Becken bei Rakonitz und Kladno. 

In der letzteren Ablagerung kam dieses Petrefact nur in 
denselben Schichten wie Nögg. foliosa Stec. und Nögg. 
intermedia K. Fstm. vor, nämlich in den Zwischenmitteln 
des Hauptflötzes, 

Bei Radnitz bin ich über das Niveau dieses Petrefacts 
nicht im Sicheren. 

Zeits. d. D. geol, Ges. XXVIL. 1 6 


Aus Oberschlesien kenne ich nun dasselbe Petrefact 
mit den runden Schuppen von derselben Grube und in dem- 
selben Gestein, wo Nögg. foliosa Stee. vorkam, nam- 
lich von der Leopoldgrube. Es ist wohl nicht irrig, wenn 
man auch dieses Merkmal als unterstützend annimmt, dass die 
Schichten, worin diese beiden Petrefacten vorkamen, mit den 
oben erwähnten böhmischen dem gleichen Horizont angehören. 


Tafelerklärunge. 


Tafel V. 


Fig. i. Nöggeratkia foliosa Stsc.; ein Exemplar mit ziemlich grossen 
Blättern von der Leopoldsgrube in Oberschlesien. 

Fig. 2. Nöggerathia intermedia K.Fsrtm.; ein ziemlich vollkommenes 
Exemplar, mit deutlich bis zum Drittel gespaltenen Blättern. Stellung 
desselben wie bei Nögg. foliosa Stes., ebenso Nervatur; wohl ein Ent- 
wickelungsstadium derselben. 

Fig. 3. Zwei Blättchen von einer Nögg. foliosa Sec. von Re 
in Böhmen, zum Vergleich mit der oberschlesischen Art. 


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6. Ueber den bunten Sandstein in den Vogesen, 
seine Zusammensetzung und Lagerung, 


Von Herrn R. Lersivs ın Berlin. 
Hierzu Tafel VI. 


Die Sandsteine der Vogesen sind deutscherseits stets als 
ein Aequivalent des bunten Sandsteins angesehen worden. 
Diese Ansicht wurde zuerst von P. MurIAN, HAUSMANN und 
KEFERSTEIN*) vertreten und durch ihre Autorität in Deutsch- 
land für immer gesichert. Die Conglomeratschichten an der 
Basis der Sandsteine deutete man wegen ihres Reichthums an 
Porphyrgeröllen und ihrer Verbindung mit Porphyren als Roth- 
liegendes; da aber der Zechstein als Zwischenglied fehlte, 
wiesen schon die Herren von DECHEN, C. von ÖEYNHAUSEN und 
H. von ua Roche in den „‚geognostischen Umrissen der Rhein- 
länder‘‘ 1825 auf die Schwierigkeit einer scharfen Trennung 
des Rothliegenden und bunten Sandsteins in den Vogesen hin. 
Wegen dieser schwierigen Trennung nämlich hatten’ die fran- 
zösischen Autoren das Rothliegende und die unteren Sand- 
steine, welche sie als „„Vogesen-Sandstein‘‘ (gres des Vosges, 
gres vosgien) von den oberen, ihrem ‚‚gres bigarre‘‘, abschie- 
den, zu einer Gruppe zusammengefasst: den Vogesen-Sandstein 
sahen sie als eine dem Zechstein Deutschlands analoge Abla- 
gerung an; den gres bigarre dagegen betrachteten sie als ein- 
zigen Repräsentanten des bunten Sandsteins. Diese Auffassung 
der Sandsteine in den Vogesen war zuerst von ELIE DE BEAU- 
MoNT**) angegeben worden und hat trotz mancher Ein- 


*) P. Menıan, Beiträge zur Geognosie 1821. — Hausmann, Göttin- 
ger gelehrte Anzeigen 1823. — Kerensteın, in Band V. der Corresp. 
des württemb, landwirthsch. Vereins 1824. 

*=) ELiE de BEAumont, Terrains secondaires du systeme des Vosges, 
Annales des Mines 1827. 
6* 


84 


sprüche*) ihren Platz in der französischen Literatur be- 


hauptet. Die mindestens ebenso schwierige Trennung von 


Vogesen-Sandstein und dem gres bigarre glaubte jener fran- 
zösische Geologe aus stratigraphischen Gründen rechtfertigen 
zu können; eine Untersuchung der Lagerung dieser Sandsteine 
nämlich veranlasste ihn zu der Annahme, dass nach der Ab- 
lagerung des Vogesen-Sandsteins die Hebung der Schwarz- 
wald-Vogesen und die Entstehung der Rheinspalte eingetroffen 
sei, eine Umwälzung, welche er in seiner Arbeit über die Erd- 


revolutionen als diejenige des ‚systeme du Rhin‘* bezeichnete.**) 


Er entlehnte diesen Namen von L. v. Buch, welcher wenige 
Jahre vorher die dritte Gruppe seiner Gebirgsrichtungen 
Deutschlands „Rhein - System‘ benannt hatte.***) Eume DE 
BEAUMONT trat später an die Spitze der geologischen Karten- 
aufnahme Frankreichs: die mustergültige Beschreibung des 
Vogesen-Sandsteins, wie der ganze vortreffliche Abschnitt über 
die Vogesen im Texte zur französischen Karte, in den vier- 
ziger Jahren herausgegeben, flossen aus seiner Feder.f) 
Seitdem wurde in allen französischen Werkenjf) die Stellung 
des Vogesen-Sandstein neben dem Rothliegenden als Endglied 


*) Einspruch dagegen erheben z.B.!: Vortz, Geognosie de l’Alsace 
1828 und Notice sur le gres bigarre de Soultzbad. Mem. de Strasbourg 
1835. — Rozzt, Description geolog. de la partie meridionale de la chaine 
des Vosges. Paris 1834. — Ouarıus D’Hartor, Bull. de la soc. geolog. 
de France 1834, r&eunion extraord. & Strasbourg. — Von späteren Ar- 
beiten ist in dieser Hinsicht nur zu erwähnen: ÜContesean, Descript. 
geolog. de ’arrondissement de Montbeliard 1833. 


**) ELıe pe Beaumont, Recherches sur quelques-unes des revolutions 
de la surface du globe. Annal. des sciences naturelles 1829. 


*#®) L. v. Buch, Ueber die geognostischen Systeme von Deutsch- 
land in v.Leonsarn’s Taschenbuch 1824. Ein Schreiben an v, Leoxuann. 
+) Explication de la carte geologique de France par Durr£xoy et 

Erız pe Besumont, Tome I. pag. 207 ff. 1541. 
++) Aus der reichen französischen Literatur über die Vogesen sind 
die wichtigsten Werke: Timarıa, Statistique mineral. et geolog. du de- 
partement de la Haute-Saöne 18335. — Hosarp, Description mineral, et 
geol. du systeme des Vosges 1837. — Deısos et KöcaLın - SCHLUNBERGER, 
Descript. geolog. et mineral. du depart. Haut-Rhin, 2 vol. 1867, carte 
en 1:80000. — De Bırır, Carte geolog. du depart. des Vosges 1850. 
1:80000. — De Bırıy, Esquisse de la geologie du du dep. des Vosges. 
— JıcQvoT, Descript. mineral. et geol. du depart, de la Moselle 1868, 


85 


der paläozoischen Reihe festgehalten, während die mesozoische 
Zeit mit dem gres bigarr& begann. Ä 

Deutsche Arbeiten über die Vogesen liegen seit jenen 
ersten obengenannten Werken noch nicht vor; selbst nah be- 
nachbarte Geologen berücksichtigten wenig dieses Gebiet, ob- 
wohl doch die Vogesen für die angrenzenden Gebirge interes- 
sante Vergleichungspunkte darbieten. Nur in einem Punkte 
machte sich französischer Einfluss bemerkbar; die ‚‚revolution 
du systeme du Rhin‘“ fand ihren Weg über den Rhein, sodass 
wir der Annahme von der Hebung der Schwarzwald-Vogesen 
nach der Ablagerung des Vogesen-Sandstein als einen letzten 
Rest jener längst aufgegebenen Braumont’schen Theorie auch 
in deutschen Werken zuweilen begegnen.”) Bei genauerer 
Untersuchung des bunten Sandsteins im Schwarzwald wird 
diese Annahme bald wegfallen, ebenso wie sie für die Vogesen 
unhaltbar ist. 

Anknüpfend an die Untersuchungen von GUMBEL und 
Weiss über die Sandsteine der Hardt und des Saar- und 
Moselgebietes**) geben wir die folgende kurze Besprechung 
der Zusammensetzung und Lagerung des bunten Sandsteins in 
den Vogesen. Aus der Arbeit von Weiss entnehmen wir für 
den oberen bunten Sandstein, den gres bigarre, die Bezeich- 
nung „Voltzien-Sandstein‘“, erinnernd an den Pflanzenreichthum 
dieser Schichten; gerade im Elsass muss der Name des Man- 
nes dem Andenken bewahrt werden, welcher durch seine um- 
fassenden und eindringenden Beobachtungen die Berge seiner 
Heimath der Wissenschaft erschloss. 

Während die ganze Sandstein-Ablagerung in den Vogesen 
unterhalb gegen das Rothliegende durch die constant auftre- 
tenden Dolomit-Bänke, oben gegen den Muschelkalk durch die 
fossilreichen Wellendolomite scharf begrenzt ist, finden wir in 


carte en 1:80,000. — Dausrte, Descript. geolog. et mineral. du depart. 
du Bas-Rhin 1852, carte en 1:80000. — Parısor, Esquisse geolog. des 


environs de Belfort. Me&m. de la soc. d’&mulation de Montbeliard 1869, 
2 serie, 1 vol. 

*) Aus den Heften der „Beiträge zur Statistik der inneren Ver- 
waltung des Grossherzogth. Baden“; z. B. 11. Heft: Geologische Be- 
schreibung der Gegend von Baden von Sannsercer 1861. pag. 20. fi. 

*#%) Gümsßer, Geognost, Verhältnisse der Pfalz 1865 -——- Weıss, Trias 


‚an der Saar, Mosel etc. in dieser Zeitschr. Bd. XXI. pag, 836. 1809. 


86 


derselben nur einen Horizont, den des Vogesen - Conglome- 


rats, wie wir eine im oberen Vogesen-Sandstein überall anzu- 


treffende Zone von Conglomerat-Bänken uennen wollen. Durch 


diesen Horizont können wir die Sandsteine in zwei Gruppen 
trennen: den unteren bunten oder Vogesen-Sandstein unter 
dem Conglomerat, und den oberen bunten oder den Voltzien- 
Sandstein über demselben. 

Das Rothliegende hat in den Vogesen Porphyre zur Basis, 


deren Tuffe, Oonglomerate und Breccien bedeckt werden von 


grobkörnigen , unregelmässig geschichteten Sandsteinen. Es 


erreicht eine Mächtigkeit von 100 bis 150 M. wie im Weiler- 


Thal, auf dem Wesitabhange des Gebirges bei St. Die und im 
Süden bei Belfort. Muldenförmig gelagert keilen sich die 
Rothliegenden-Schichten unter dem Vogesen-Sandstein aus, so 
dass dieser als eine continuirliche Decke ebenso wie über die 
Gneisse, Granite und Grauwacken auch uber die Rothliegenden- 
becken sich hinbreite. Die Sandsteine des Rothliegenden 
unterlagern den Vogesen - Sandstein concordant und könnten 
von diesem kaum abgetrennt werden, wenn nicht ein constanter 
Horizont von Dolomit-Bänken eine sichere, wenn auch künst- 
liche Grenze darböte. Denn die Arcose-artigen Sandsteine 
des Rothliegenden gehen meist ohne wesentliche Aenderung 
noch über den Dolomit - Horizont fort”); sie enthalten unter 


*) Erıe pe Braumont, Explie. I. pag. 424: „le gres rouge est recou- 
vert par Je gres des Vosges, dont il n’est qu’une modification“. Auch 
Dausr&e und die anderen französischen Geologen legen grosses Gewicht 
auf diese innige lithologische und stratigraphische Verbindung zwischen 
Rothliegendem und Vogesen-Sandstein, da sie der erste Anstoss zu der 
Annahme war, den Vogesen-Sandstein zur Dyas zu rechnen Wenn wir 
nun den Vogesen-Sandstein als unteren bunten Sandstein ansehen, so 
bleibt immer noch die schwierige Trennung zwischen Rothliegendem und 
Vogesen-Sandstein bestehen; oder vielmehr man muss einräumen, dass 
die Sandsteine und Oonglomerate des Rothliegenden hier nur eine Vor- 
stufe, etwa die ersten zusammengeschwemmten Strandbildungen zu der 
nachfolgenden mächtigen Sandsteinablagerung gewesen sind. Der Zech- 
stein fehlt; wenn wir daher diese untersten Sandsteine über den Por- 
phyren und Porphyr-Trümmergesteinen wegen ihrer Porphyrgerölle noch 
bis zum Dolomit-Horizont als Rothliegendes ansehen wollen, müssen wir 
nicht vergessen, dass dieses Rothliegende der Vogesen eine viel jüngere 
Bildung ist, als unser norddeutsches Rothliegendes, und vielleicht schon 
in den Beginn der Trias-Zeit fällt, 


dieser Zone freilich einen grösseren Reichthum an Porphyr- 
Geröllen, sodass sie local zuweilen conglomeratisch werden; 
doch findet man noch über den Dolomiten genug Stücke von 
Porpbyr, krystallinischem Schiefer, Gneiss und anderen Ge- 
steinen im Sandstein eingelagert. Erst in der oberen Stufe 
des Vogesen-Sandsteins, welche jedoch von der unteren durch 
keine scharfe Grenze getrennt ist, herrschen die Quarzgerolle 
allein. Trotz solcher Uebergänge zwischen den Sandsteinen 
des Rothliegenden und des Vogesen-Sandstein müssen wir uns 
daher an diesen Dolomit - Horizont als Grenze halten; man 
findet ihn allenthalben im oberen Rothliegenden: im Becken 
von Belfort haben die Bänke mit Dolomit-Knauern sogar eine 
Mächtigkeit von 7,6 M. (siehe Parısor |]. c. pag. 8. u. DeLsos 
l. e. 1. pag. 214.). 

Doch ist es unmöglich, diese Dolomit - Ausscheidungen 
etwa als Aequivalent des Zechsteins anzusehen, wie es von 
manchen Geologen geschehen ist*), da niemals Versteinerungen 
darin entdeckt wurden, noch der unmittelbare Zusammenhang 
dieser Dolomite mit den charakterisirten Zechsteinbänken bei 
Heidelberg wegen der zwischenliegenden Rheinspalte erwiesen 
werden kann. | 

Ueber dem Dolomit-Horizonte beginnen wir den unteren 
bunten oder Vogesen-Sandstein. Die tiefere Stufe desselben, 
welche noch nicht mit den für den Vogesen-Sandstein charak- 
teristischen glitzernden Quarzsandsteinen beginnt, sondern 
thonreiche, düunngeschichtete Bänke enthält, ist nicht so gut 
als die obere Schichtenfolge aufgeschlossen, weil sie, un- 
brauchbar als Baumaterial, nicht in Steinbrüchen abgebaut 
wird. 

Am besten werden diese Schichten sichtbar in dem Hohl- 
wege, welcher vom Bergstädtchen Saales bei St. Die den 
Voymont hinauffuhrt, hart an den neuen Grenzsteinen entlang. 

In der Thaleinsenkung zwischen dem Voymont und dem 
Climont stehen Felsit- Porphyre und deren Tuffe an; darüber 
lagern sich bis zur Spitze des Voymont folgende Schichten: 

1. Grobkörnige Sandsteine des Rothliegenden; darin zahl- 
reiche Porphyr - Gerölle, auch Stücke von krystallinischen 
Schiefern, von Gneissen und anderen Gesteinen; starke Ein- 


*) z. B. Günser, 1. c. pag. 49, 


8 


lagerungen von dünngeschichteten, dunkelrothen Thonschiefern, 


Etwa 80 M. mächtig. 

2. Dolomit - Horizont. Dieselben Sandsteine wie in l. 
Von Dolomit-Knauern und schwachen Dolomit- Bänken durch- 
zogen; in den Hohlräumen Dolomit-Krystalle. Daneben viel 
SiO, angeschieden, meist als Chalcedon, zuweilen als Quarz. 
. 4 bis 5 M. mächtig. 

3. Die grobkörnigen Grusssandsteine von 1. setzen über 
den Dolomit-Horizont noch etwa 70 M. im unteren bunten 
Sandstein fort. Das Korn derselben besteht aus wenig abge- 


rundeten Quarz- und Feldspathstuckchen, welche durch ein. 


thoniges Bindemittel zu unregelmässig geschichteten Bänken 
lose vereinigt sind; dazwischen fügen sich häufig dünngeschich- 
tete Thonschiefer ein. Häufig zeigen sich noch Porphyr und 
Quarz in Geröllen und eckigen Stücken. 

4. In den nächsten 50 Metern werden die Sandsteine 
feinkörniger und fester, häufig sind sie durch dunkle Mangan- 


flecke getiegert”); viel thoniges Bindemittel und Thonschiefer- 


einlagerungen. Glimmer in grosser Menge, besonders auf den 
Schichtlächen angehäuft. Porphyr-Einschlüsse werden selten, 
meist Quarzgerölle. Diese Schichten gehen ohne bestimmte 
Grenze über in die 

5. obere Stufe, den typischen Vogesen-Sandstein. Glitzern- 
des Quarzkorn, dickgeschichtete Bänke; nur Kieselgerolle. Etwa 
120 M. 

6. In den mächtigen Quadern auf der Spitze des Berges 
häufen sich die Quarzgerölle zu einem conglomeratischen Sand- 
stein, wie er an anderen Orten den Conglomerat- Horizont, 
die Grenze gegen den Voltzien-Sandstein, beginnt. 

Eine ähnliche Lagerung des Rothliegenden und des Vo- 


gesen-Sandsteins zeigt sich in der Gegend südlich und westlich 


des Champ du Feu überall: so im Weilerthale an den Ab- 
hängen des Uagersberges und drüben im Becken von St. Die 
in den Thaleinschnitten des Dormont. 


Im nördlichen Theile des Gebirges ist diese untere Stufe 


*) Die Manganflecke können aber nicht als Kennzeichen für diese 
untere Stufe des Vogesen-Sandsteins gelten, da sie auch in höheren Ho- 
rizonten verbreitet sind. Dasselbe gilt für die gleichen Schichten im 
Schwarzwald, den sogen. Tiegersandsteinen, 


89 


des Vogesen - Sandsteins gut zu beobachten am Schlossberge 
Windstein im Jägerthale bei Niederbronn. Am Eisenhammer 
im Thale steht Syenit an. Darüber folgt: 

| 1. Syenit-Gruss mit eingemischten Porphyrstücken. IM. 
mächtig. | 

2. 1,5 M. rothliegender conglomeratischer Sandstein mit 
vielen Geröllen. 

3. 0,5 M. Dolomit-Bank, eine durch Dolomit und dolo- 
mitischen Kalk cementirte Breccie von Porphyr-, Quarz - und 
anderen kleinen Gesteinsstucken. In den Hohlräumen Dolo- 
mit-Krystalle. Dolomitknollen bis kopfgross. 

4. Unterer Vogesen-Sandstein, 100 M. Zuerst grobkör- 
niger Sandstein mit vielen Manganflecken; dann feinkörnige 
Thon- und Kaolin-reiche matte Sandsteine, dünngeschichtet 
mit Thonschiefer-Zwischenlagen. ' 

In den Felsen der Ruine und in losen Blöcken am Ab- 
hang treten neben den thonreichen Banken schon glitzernde 
Quarzsandsteine auf, den Beginn der oberen Stufe des Vo- 
gesen-Sandsteins anzeigend. Erst weiter westlich ins Gebirge 
hinein trifft man die höherliegende Conglomerat-Zone an. 

Im Breuschthal, wo die oberen Sandsteine ihre bedeu- 
tendste Mächtigkeit erlangen, tritt diese untere Stufe des Vo- 
gesen - Sandsteins mehr als im Norden und Süden zurück. 
Daselbst sieht man diese Schichten etwa 50 M. oberhalb des 
Porphyrkessels der Niedeck an der Strasse nahe dem Forst- 
haus. Dann drüben am Kappelhof unterm Katzenberg; hier 
zeigt der Quellenreichthum die Grenze zwischen beiden Stufen 
an: denn durch die porösen Schichten des oberen Vogesen- 
Sandsteins sickert das Wasser leicht hindurch bis auf die 
thonreichen Bänke der unteren Abtheilung, auf denen es 
hervorquillt. 

Diese Stufe des Vogesen - Sandsteins schliesst sich also 
in lithologischer Hinsicht mit ihren unteren Bänken an die 
grobkörnigen, lose aufgeschutteten Sandsteine des Rothliegen- 
den eng an; höher hinauf gewinnen feinkörnige, glimmerreiche 
Thonsandsteine die Oberhand, sodass die Schichten haufig dem 
oberen bunten Sandstein petrographisch nicht unähnlich wer- 
den. Endlich zeigen sich häufiger Kieselsäure-reiche Bänke 
zwischen den matten Thonsandsteinen, andere als Quarzgerölle 
werden sehr selten, bis schlisslich an verschiedenen Orten, in 


90 


verschiedener Hohe, in allmäligem Uebergange, die een 


Quarzsandsteine des echten Vogesen-Sandstein vorherrschen 
und die zweite Stufe des bunten Sandsteins beginnt. 

Die besten Aufschlüsse für den typischen Vogesen-Sand- 
stein finden wir in den grossen Steinbrüchen des Breusch- 
thales; in dem Bruche am Bergabhang, oberhalb Mutzig, gegen 
Diensheim hin am linken Flussufer sind folgende Schichten 
angebrochen, zu unterst: | 

l: 5,M, -machtio,, Qu eine in dicken Schichten, 
grobes krystallinisches Korn, sehr fest zusammengefügt, bei 
Verwitterung in Sand zerfallend. Meist abgerundete Qarzkörner, 
selten Glimmer ; daneben kleine Stückchen von zerseiztem Feld- 
spath. Die Poren zwischen den Körnern secundär mit win- 
zigen wasserhellen Quarzkrystallen ausgekleidet, sodass der 
Sandstein in der Sonne stark glitzert. Daneben Körnchen von 
zersetztem Feldspath; selten ein weisses “limmerblättchen. 
Meist durch Eisenoxyd stark roth gefärbt. Auf den Schicht- 
flächen schwache rothe 'T'honlagen, ‚‚Kruste‘‘ oder ‚‚Leber- 
stein‘‘ von den Arbeitern genannt. Häufig Thongallen, welche 
stets weich und ohne SiO, -Ueberzug sind. Selten gerollte 
Kiesel, mit‘ winzigen Quarzfacetien secundär überzogen. 

2. 0,2 M. feinkörniger Sandstein; die Schichtfläche ist 
mit „Wellenfurchen* bedeckt; nur wenig Thon in den Thälern 
der vorspringenden Furchen, 

3. 6 M. dünnschichtiger Sandstein, mit mehr oder we- 
niger Thoncement; nur einzelne Bänke glitzernd durch die 
secundären Quarzkrystalle.e. Helle dünne Thonlagen zwischen 
den Schichten. 

4. 0,1 M. der gleiche Sandstein wie in 3. Die Schicht- 
fläche mit „„Trockenleisten‘“ (,‚bourrelets polygonaux‘‘) bedeckt. 
Es sind dies leistenförmige Wulste in unregelmässigen polygo- 
nalen Figuren sich kreuzend, zwischen denen sich rother Thon 
lagert. 

5. 0,4M. zweıte Wellenfurchen-Schicht, thonreicher, hell- 
gelber Sandstein. 

6. 0,2 M. wie 4. 

7. 0,05 M. wie 5. 

8. 5 M. glitzernder Quarzsandstein; Kieselgerölle selten. 

9. 0,15 M. locale Einlagerung von gerollten Kieseln, wo- 
durch der Sandstein conglomeratisch wird. 


9 


10. 2 M. dünngeschichteter murber Sandstein, viel Thon- 
cement, ohne Kiesel. 
| 11. 25 M. nicht mehr durch Steinbruch aufgeschlossener 
Abhang. Der Quarzsandstein mit secundärem Kieselsäure- 
absatz herrscht vor gegen die matten Thonsandsteine. Die 
gerollten Kiesel werden gegen oben immer häufiger, bis 
zu den 

12. Conglomeratbänken. 10 M. wenig Sandsteinmasse 
zwischen den angehäuften Rollkieseln; die Kiesel bestehen 
nur aus Quarz und dessen Varietäten. Die Kiesel und Sand- 
steinkörner überzogen mit einer feinen Hülle von lichten 
Quarzkrystallen. 

Ueber diesem Conglomerat beginnt der weichere Voltzien- 
sandstein; daher fällt die Kuppe des Berges allseitig flach ab, 
während der Abhang unter dem Conglomerat wegen der 
grösseren Härte der Schichten steil aufsteigt. 

Dieses Profil zeigt, wenn es auch nur einen geringen 
Theil des Vogesen - Sandsteins durchschneidet, genugend die 
Natur dieser Ablagerung; nur die Wellerfurchen und Trocken- 
leisten sind diesem Horizonte eigenthüumlich, sie kommen in 
den tieferen Schichten nicht vor. 

Die Quarzsandsteine mit secundarem Kieselsaure-Absatz 
charakterisiren diese obere Stufe des unteren bunten Sand- 
steins; sie rechtfertigen den Localnamen ‚‚Vogesen-Sandstein‘. 
Jedoch ersieht man aus dem Profil zugleich, dass diese eigen- 
thumlichen Schichten nicht einzig und allein die obere Stufe 
bilden, sondern nur vorwalten, da die feinkörnigen matten 
Sandsteine mit thonigem Bindemittel, wie sie die Voltzien- 
Sandsteine zusammensetzen, durchaus nicht fehlen, doch sind 
reine Thonschichten nicht häufig, nur schwache „Krusten‘“ 
trennen die mächtigen Bänke. 

Die Kieselsäure ist in den Poren des Sandsteins niemals 
in so grosser Menge abgesetzt, dass derselbe seine Porosität 
verlöre und ein Quarzit entstände; sondern die Quarzkryställ- 
chen überkleiden nur die Oberfläche der Kiesel und Körner. 
Das färbende Eisenoxyd liegt frei zwischen den Körnern und 
die Sickergewässer eirculiren ungehindert durch die Schichten. 
Durch Verwitterung zerfällt der Sandstein leicht in Sand. Der 
Kieselsäure- Absatz reichte nicht hin, Klüfte und Hohlräume 
im Gestein auszufüllen, eher noch finden sich Adern von Baryt 


92 


und Pyrolusit, selten Kalkspath und Dolomit. Der Kiesel- 
säure- Ueberzug kann nicht zugleich mit dem Sandstein ent- 


standen sein, sondern ist erst secundär von den Tagesgewässern 
abgesetzt worden. 

Der gänzliche Mangel von Porphyrgeröllen unterscheidet 
den Vogesen-Sandstein wesentlich von der unteren Stufe des 


unteren bunten Sandsteins und vom Rothliegenden. Zersetzte 


Gneiss- und Granitstücke kommen als Seltenheit vor. *) 

Die Quarzgerölle sind meistens einzeln im Sandstein ein- 
gebacken, local sammeln sie sich in Strichen zu einem con- 
glomeratischen Sandstein; doch häufen sie sich erst an der 
Grenze zum Voltzien - Sandstein zu einem wahren Conglo- 
merat an. ; 

Der untere bunte Sandstein erreicht im Breusch - Gebiet 
eine Mächtigkeit von 400 M.; von diesem mittleren Theile 
des Gebirges nimmt er nach Norden und Suden im Allge- 
meinen an Hohe ab; im Osten verschwindet er mit den jün- 
geren Formationen unter der Tertiärdecke der Rheinebene, 
bis er drüben am Abhange des Schwarzwaldes wieder zu Tage 
tritt; im Westen dagegen keilt er sich unter dem Voltzien- 
Sandstein aus, wie dieser unter dem Muschelkalk und endlich 
in noch weiterer Entfernung von den Vogesen der Muschel- 
kalk unter dem Keuper sich auskeilt, sodass im Central- 
plateau von Frankreich von den triasischen Ablagerungen der 
Keuper allein dem Grundgebirge aufruht. 

Die obere Grenze des Vogesen- gegen den Voltzien- 
Sandstein oder — nach französischer Ansicht — der Dyas 
gegen die Trias in den Vogesen war früher eine sehr unsichere, 
ja willkürliche; denn man hatte kein anderes Merkmal als die 
petrographische Umänderung des glitzerndes Quarzkorns des 
Vogesen - Sandsteins in die matten, thonreichen Bänke des 
Voltzien-Sandstein, Charaktere, nach denen keine bestimmte 
Grenze, kein Horizont gezogen werden kann zwischen beiden 
Ablagerungen, da die thonreichen Bänke des oberen bunten 
Sandstein schon im Vogesen - Sandstein häufig sind, und die 
Quarz-Sandsteine des letzteren in den Voltzien-Sandstein weit 


*) Ich fand ein zersetztes Granit-Gerölle einmal am Fuss des Heiligen- 
berges im Breuschthal mitten im Vogesen-Snndstein. Auch Dausk&e |. c. 
pag. 86 erwähnt solche Stücke als Seltenheit. 


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93 


hinaufgehen; gerade in der unteren Stufe des Voltzien-Sand- 
steins, d. h. in dem etwa 100 M. mächtigen Schiehtencomplex 
über dem Conglomerat-Horizont ist es unmöglich, eine solche 
Grenze festzuhalten. Daher wurde denn die Grenze zwischen 
dem gres vosgien und dem gres bigarre auf den französischen 
Karten und Profilen nach Bedürfniss bald höher bald tiefer 
gelegt, während wir in den betreffenden Werken kein Wort 
über bestimmte Grenzmarken hören. 

Wenn man die Sandstein - Ablagerungen in den Vogesen 
eingehender untersucht hätte, wurde man erkannt haben, dass 
jene mächtigen Conglomerat-Banke, welche wir allenthalben 


_ im Gebirge im oberen Vogesen-"andstein begegnen, z. B. auf 


der Spitze des Schneebergs, auf den Höhen über Mutzig, auf 
dem Odilienberg und Mennelstein, auf dem Hohnack, in den 
Felsen um Philippsburg, und an anderen Orten, nicht wie die 
schwachen Striche von Quarzgeröllen in den unteren Schichten 
nur locale Bedeutung haben, sondern einen durchgehenden 
Horizont einhalten, welcher für die Eintheilung der Sandsteine 
und für eine Vergleichung derselben an verschiedenen Punkten 
des Gebirges von grosser Bedeutung ist. 

Betrachten wir das angeführte Profil am Mutziger Stein, 
so sehen wir, dass in den mächtigen, unteren Bänken nur 
locale Einlagerungen von Quarzgeröllen eingeschaltet sind. 
Erst oben auf der Höhe des Berges treffen wir Bänke, in 
denen die Quarzgerölle dicht aufeinander gehäuft ein wahres 
Cenglomerat in einer Mächtigkeit von circa 10 M. bilden; 
durch ihr reicheres Kieselsäure- Öement trotzen sie länger als 
die Nachbarbänke den Atmosphärilien, so dass sie meist weit 
aus dem Abhange hervorragen, bis ihre eigene Last Sie herab- 
bricht. Ueber diesem Horizonte verschwinden die Quarzgerölle 
fast ganz in den Uebergangsschichten zum Voltzien-Sandstein. 

Am Heiligenberg, weiter hinauf im Thale der Breusch, 
ist die obere Grenze der Üonglomerat - Zone eine ebenso 
scharfe; kaum zeigen sich Quarzgerölle über derselben am 
flachabfallenden Hang unterhalb des Dorfes. Die gleiche 
Beobachtung machen wir im Kronthal, an allen aufgeschlos- 
senen Punkten im weiten Becken von Mutzig, und überall im 
nordwestlichen Kamme. Wenn man eines der schönen Quer- 
thaler dieses Kammes oder des Bitscher Landes hinaufsteigt, 
so durchschneidet man Anfangs die groben Quarzbänke des 


unteren Vogesen-Sandstein, welche nur selten Kiesel enthalten; 
hoher hinauf, westlicher vordringend, gelangt man zur Con- 
glomerat- Zone, die sich oben auf den Höhen oft bis zum 


Rande des Ostabhanges durchzieht. Endlich erreicht man die 
Uebergangsschichten zum Voltzien-Sandstein, welche sich weit 
auf dem Plateau des nordwestlichen Gebirgszuges ausbreiten. 

Nach Westen und Süden nimmt mit der Mächtigkeit des 
Vogesen-Sandsteins auch die der Conglomerat-Zone ab: man 
kann diese auf dem Sandsteinzuge vom Donon sudwärts über 
die Hautes Chaumes bei Schirmeck, zum Climont und zum 
Dormont bei St. Die gut verfolgen. Auf dem Massive der 
Belchen (‚systeme des ballons‘‘) bedecken nur noch Reste 
des Vogesen-Sandstein die hohen Kuppen, wo dann meist die 
Conglomerate, oft nur noch in mächtigen Blöcken übrig ge- 
blieben, die höchste Spitze einnehmen: so liegt der Vogesen- 


Sandstein auf dem Hohnack in einer Höhe von 980 M., dem 


Thannichel in 970 M., dem Climont in 974 M., dem Haut 
du Roc in 1016 M. und auf dem Ballon de Servance in 
1140 M., nur 286 M. tiefer als der höchste Gipfel des Ge- 
birges, der Gebweiler Belchen. 

Auch ist die Conglomerat-Zone gut zu beobachten in den 
Hugelketten, welche dem nordöstlichen Fusse des Gebweiler 


Belehen vorgelagert sind, auf der Höhe über den Weinbergen 


von Sultz und Gebweiler, sowie in dem Thale, welches von 
Winzfelden und Osenbach herab nach Ruffach die Berge 
durchschneidet. 

Als Horizont wurden diese Conglomerate in den betreffen- 
den Werken noch nicht erkannt oder benutzt, wohl aber sind 
sie an richtiger Stelle eingezeichnet worden in vielen Profilen 
'ELie DE BEAUmonT’s und späterer Bearbeiter, so z. B. in dem 
Profil, welches ELiE ps BeAumont als Diagramm der Lagerung 
für die Trias in den Vogesen giebt mit der Unterschrift: „coupe 
figurant la disposition relative du gres des Vosges et du trias.* 
(Explic. I. pag. 391 £. 1.) und in dem Profil, welches JacquorT 
(l. c. pag. 121) für die Umgebung von Bitsch zeichnet 


2): 


*) Dieser Conglomerat-Horizont findet sich ebenso im Schwarzwalde 
zwischen dem unteren und oberen bunten Sandstein; allerdings sind 
hier die Quarzgerölle nicht in der Masse als in den Vogesen angehäuft, 


Ueber diesem Conglomerat beginnen wir den oberen 
“bunten oder Voltzien - Sandstein. Man kann denselben nach 
der petrographischen Beschaffenheit in zwei Stufen eintheilen, 
da Anfangs noch die Quarzsandsteine des Vogesen - Sandstein 
neben den thonreichen Bänken auftreten, erst in der oberen 
Abtheilung die hellen dünngeschichteten Thonsandsteine und 
Thonschichten allein herrschen; auch liegt der Pflanzenreich- 
thum des Voltzien-Sandstein erst in der oberen Stufe, unten 
sind Pflanzenreste noch nicht häufig. *) 

Profile für die untere Stufe des Voltzien-Sandsteins finden 
wir wieder am Besten im Becken von Mutzig; so in den durch 
ihre fossile Flora beruhmten Steinbruchen von Sulzbad, von 
deren Schichten Vourz folgende Uebersicht giebt **): 

1. Muschelkalk, en haut de la carriere beaucoup de co- 
quillages littoraux appartenant & ce calcaire, et point de 
plantes. 

2. Gres bigarre superieur 15 M. roche argileuse avec de 
_ petits bancs de dolomie, sans coquillages, mais beaucoup de 
plantes et un peu de crustaces. 

3. Gres bigarre moyen 35 M. le passage du gres bigarre 
au gres vosgien dans la carriere. 


so dass diese Zone mehr einem conglomeratischen Sandstein als ein Con- 
glomerat, wie wir es aus dem Breusch-Thale kennen, darstell. Die mir 
von Herrn Professor Eck aus Stuttgart freundlichst gemachten Mitthei- 
lungen bestätigen meine aus eigener Anschauung gewonnene Ansicht, 
dass die Bunt-Sandstein-Formation des Schwarzwaldes sowohl in ihrer 
Gliederung wie in ihrer Lagerung völlig mit der gleichen Ablagerung in 
den Vogesen übereinstimmt, was gerade in der Umgebung von Baden- 
Baden am Besten wahrzunehmen ist. Erst die zur Tertiärzeit entstan- 
dene Rheinspalte trennte was sich vorher als eine zusammende Decke 
über das südwestliche Deutschland ausbreitete. SanpBerGer (l. c. pag. 18 
bis 21) und die anderen Bearbeiter der Schwarzwald-Aufnahmen verthei- 
digen noch die ELıe pe Beaumont’sche Trennung des Vogesen- und 
Voltzien-Sandstein durch die Revolution des systeme de Rhin. 


”) Im Vogesen-Sandstein ist nie eine Spur eines Organismus entdeckt 
worden, wenn man den Abdruck von Spirifer speciosus ausnimmt, welcher 
sich in einem Quarzgeröll auf secundärer Lagerstätte gefunden hat. 


**) In den Mem. de la soc. du Museum d’hist. nat. de Strasbourg, 
tome 2 1835. Voutz, Notice sur la gres bigarre de Soultz - les- Bains, 
wo er pag. 2 sagt: „le gres vosgien, pue je considere comme etaut le 
gres bigarre inferieur, 


96 


4. Gres bigarre inferieur = gres vosgien.”) No. 3 und 
4 stellen unsere untere Stufe: des Voltzien - Sandstein dar, 
da sie über dem Conglomerate liegen; es sind eben dies in 
petrographischer Beziehung Uebetgangsschichten von dem Quarz- 
sandstein des unteren zum Thonsandstein des oberen bunten 
Sandsteins. / 

Im gleichen Horizonte wird der Steinbruch am Berg- 
abhange nördlich des Flecken Mutzig gebrochen; es sind 
Schichten, welche über dem Conglomerat des Mutziger Steins 
lagern und nur durch eine NS.-Verwerfung in eine tiefere Lage 
versetzt sind. Zu unterst an der Strasse befindet sich: 

1. 1 M. gelber Sandstein, mit Kieselsäure - Ausscheidun- 
gen, besonders viel Karneol; kleine Quarzkrystalle allenthalben 
in den Hohlräumen.**) 

2. 0,15 M. Schlammsandschicht; grauer feiner Thonsand 
mit kleinen Glimmerblättchen. 

3. 2,4 M. sehr feinkörniger, mürber, rother Sandstein in 
unregelmässig dünngeschichteten Bänken mit Zwischenlagen 
von grauem Schlammsandstein. 

4. 0,08 M. Schlammsandsteiu. 

5. 0,1 M. rother Thonschiefer. 

6. 1 M. grobkörniger Sandstein mit kleinen Quarzgeröllen, 
etwas Kieselsäure-Cement, 

7. 0,7 M. derselbe Sandstein ohne Gerolle. 

8. 1,2 M. feinkörniger Quarzsandstein, zuweilen glitzernd 
mit wenig Thoncement. 

9. 0,4 M. rother Thonschiefer. 

10. 1,3 M. dünngeschichteter, feinkörniger, mürber Thon- 
sandstein mit viel weissem Glimmer auf den Schichtflächen. 

11. 1,7 M. Quarzsandstein, jedoch feineres Korn als im 
Vogesen-Sandstein die Regel ist, selten einige Quarzgeroölle. 


12. 1,2 M. wie No. 10. 


*%) Dausasz (l. c. pag. [02) rechnet No. 4 noch zum gres bigarre, 
jedoch als Uebergangsschichten zum gres vo gien; er kennt eben keine 
bestimmte Grenze zwischen beiden Formationen. 

*, Diese Schicht mit Karneol hat nichts zu thun mit der Karneol- 
schicht von Sanpserncen und Schauch; diese liegt im Schwarzwald tief 
unten im Vogesen-Sandstein und ist vielleicht der Dolomitzone der Vo- 
gesen, an der Grenze des Rothliegenden zum bunten Sandstein, an die 
Seite zu stellen. 


97 


13. 1 M. feinkörniger Quarzsandstein; darüber folgen 
unaufgeschlossen die Sandsteine und die dolomitischen Bänke 
des oberen Voltzien-Sandsteins bis hinauf zum Muschelkalk. 

Der Wechsel von Thon- und Kieselsäure-reichen Sand- 
steinen charakterisirt die untere Stufe des Voltzien - Sandsteins 
als Uebergangsschichten; aber bald walten die feinkörnigen 
Thonsandsteine vor; häufiger und mächtiger stellen sich reine 
Thonschichten ein; vor Allem sind die Bänke durchsäht mit 
weissem Glimmer, welcher im Vogesen-Sandstein nur ein sel- 
tener Gast war; dabei sind Quarzgerölle spärlich und nicht 
mehr mit einem Kieselsäure-Ueberzuge bedeckt. 

Die Mächtigkeit der einzelnen Sandsteinschichten ist oft 
eine bedeutende, daher aus diesem Horizonte die besten Bau- 
steine in zahlreichen Steinbruchen gewonnen werden: der 
Vogesen-Sandstein ist zu hart und spröde für feine archite- 
ktonische Ausarbeitung, er wird nur in rohen Stücken fur 
Strassenbau und Fundamente, sowie für die Festungswälle ver- 
wandt. Der obere Voltzien-Sandstein aber ist zu dünnschichtig, 
zu thonreich, um brauchbare Steine zu geben. *) 

Der obere Voltzien - Sandstein, welchen man dem Röth 
Norddeutschlands gleichstellen kann, ist von den Sandsteinen 
der Vogesen die am Besten charakterisirte Abtheilung: der 
grosse Pflanzenreichthum seiner unteren Bänke gab ihm den 
Namen, die darüberliegenden Wellendolomite vermitteln durch 
ihre reiche Fauna den unmittelbaren Anschluss an die Muschel- 
kalk - Formation. Der grosse Steinbruch oberhalb Diensheim 
im Breuschthal entblösst wohl auf 25 M. Höhe die Schichten 
des oberen bunten Sandsteins: der Mangel an glitzernden 
Quarzsandsteinen, die zahlreichen Pflanzenreste, der Reich- 
thum an Glimmer, die matten Thonsandsteine lassen erkennen, 
dass wir uns schon bedeutend über den Conglomerat-Horizont 
erhoben haben. Indess erst in der Höhe am oberen Rande 
des Steinbruches finden wir die dünngeschichteten Thone des 


*) Beim Bau des Strassburger Münsters gebrauchte man Anfangs für 
die Fundamente und den romanischen Theil den spröden Vogesen-Sand- 
stein; die Gothik musste für ihre Ornamente zu zarterem Material grei- 
fen; daher ist das Münster grösstentheils mit dem unteren Voltzien- 
Sandstein erbaut worden, der am linken Ufer der Mossig oberhalb 
Wasselnheim gebrochen wurde, 


Zeits. d.D, geol, Ges. XXVIL, 1. 7 


Röth, welche über den unteren mächtigen Bänken als un- 
brauchbares Material weggeräumt werden; ein eben auge- 


brochener Aufschluss zeigte hier folgende Schichten des Roth, 
‚von unten beginnend: 


1. Pflanzenführender gelblicher Phemn 0,3 M. wulstige, 


dünne Lagen, wenig Glimmer. 

2. 0,15 M. grauer, reiner, düunngeschichteter Thon, 
graublau. 

3. 0,3 M. rother Thon voller kleiner weisser Glimmer- 
blättchen, 

4. 0,5 M. gelblicher Thon, sandig. 

5. 0,1 M. reiner grauer Thon. 


6. 1,35 M. rother Thon mit thonreichen Sandsteineinla- 


gerungen; Pflanzenreste. 


7. 0,6 M. keller Thon mit einer harten, feinkörnigen 


Sandsteinlage, glimmerreich. 
.8. 0,9 M. rother Thonsandstein mit viel Glimmer, mit 
zwei 0,04 M. starken harten Sandsteinlagen. 


9. 0,5 M. harter Thonsandstein, gelblich, mit vielem 


Glimmer und kleinen braunen Flecken. 

10. 0,6 M. wulstige Thonschicht, sandig, gelb. 

11. 0,15 M. reiner dünngeschichteter Thon. 

12. 0,5 M. unregelmässig geschichteter Thonsandstein, 
allmählich in den mit Sandsteinstucken erfüllten Humus über- 
gehend. 


Die Wellendolomite sind hier über den Pflanzen-führenden 
Thonen und Sandsteinen nicht mehr aufgeschlossen; erst höher 
am Berge hinauf trifft man den Muschelkalk an, auf den in 
regelmässiger Lagerung die Lettenkohle und der Keuper folgen. 
Besser sind die Wellendolomite in den Steinbrüchen von 
Sulzbad aufgeschlossen, wo die Schichten folgendes Profil 
zeigen: 

1. Unterer Voltzien - Sandstein, 12,5 M.; Wechsel von 
Thonsandstein-Bänken, 2—4 M. mächtig, und Thonschiefern, 
0,3—0,5 M.; die letzteren sind erfüllt mit Pflanzenresten. 

2. Oberer Voltzien - Sandstein. 


a. Röth, 15 M. Abwechselund Thone und sandige 
Schichten wie in dem Profil des Diensheimer Stein- 
bruchs. 


2 & 
De NER ERS: 


: . 


b. Wellendolomit, 5 M. Dolomitische wulstige Sand- 
steine von 0,7—1,5 M. Maächtigkeit, dazwischen Thon- 
schiefer und Thone, 0,3—0,5 M. 

4, Muschelkalk. | 

Schon im Röth, besonders aber im Wellendolomit finden 
sich hier zahlreiche Muschelkalk-Versteinerungen, deren Liste 
DAUBREE (l. c. pag. 114 u. 115) angiebt. 

Wenn wir die Reihe der vorgeführten Sandstein - Ablage- 
rungen überblicken, so lenken wir die Aufmerksamkeit beson- 
ders darauf, dass in petrographischer Hinsicht keine scharfe 
Grenze zwischen dem Vogesen- und Voltzien - Sandstein ge- 
zogen werden kann: der Uebergang aus dem einen in den an- 
deren geschieht ganz allmählich in den unteren Höhen des 
Voltzien - Sandsteins. Denn auch der Conglomerat - Horizont 
bildet nur eine künstliche Grenze, da er ohne eine Umände- 
rung in der ununterbrochenen Folge der Sandsteine zu be- 
wirken sich accessorisch und fast zufällig gerade an dieser 
Stelle einfügt. Trotzdem bedingte bisher nur der petrogra- 
phische Umschwung des glitzernden Quarzkornes in die fein- 
körnigen Thonsandsteine die Grenze zwischen beiden Sand- 
steinen. Die Folge davon war, dass diese Grenze in einem 
Spielraum von etwa 100 M. Hohe hin und her schwankte und 
im einzelnen Falle durch die stratigraphische Lagerung ent- 
schieden wurde: so kam es, dass durch den Zeitpunkt der 
Hebung der Schwarzwald- Vogesen die beiden petrographisch 
untrennbaren Sandsteine getrennt, der Zeitpunkt der Hebung 
aber durch die petrographische Grenze beider Ablagerungen 
bestimmt werden sollte. Ohne diesen Cirkelschluss zu be- 
merken, berief man sich bald auf die eine bald auf die andere 
Ursache der &renzbestimmung, obwohl doch die eine genau 
ebenso unsicher war, als die andere, weil sie gegenseitig von 
einander abhingen. 

Ebensowenig wie die Lithologie giebt die Stratigraphie 
der Sandsteine der Vogesen einen Grund für die Trennung 
des Vogesen- und Voltzien-Sandsteins ab, obgleich gerade ihre 
eigenthümliche Lagerung die erste Ursache zur Aufstellung der 
„revolution du systeme de Rhin‘‘ war, KEırıe ps BEAUMONT 
erkannte nämlich als der erste die Existenz zweier grossen 
Verwerfungen am Ostfusse der Vogesen und am Westfusse 
des Schwarzwaldes. Er glaubte aber, diese Verwerfungen 


a 


100 


seien — zugleich mit der Hebung der Gebirge — entstanden 
vor der Ablagerung des Voltzien-Sandsteins, weil der Vogesen- 
Sandstein allein den Abhang der Gebirge, die jüngeren For- 
mationen nur die Hügelketten am Fusse derselben consti- 
tuirten.*) Ganz ahgesehen davon, dass bei dieser Annahme 
die Wirkungen der Denudation vernachlässigt werden — denn 
die Atmosphärilien würden seit den Zeiten der Trias ver- 
gebens an der Zerstörung des Vogesen -Sandsteins gearbeitet 
haben **) — streitet augenfaällig gegen diese Theorie der Um- 
stand, dass die jüngeren Formationen den Vogesen-Sandstein 
überall concordant überlagern und ferner auch auf der Hohe 
des Gebirges bedecken. 

Betrachten wir die (Fig. 3. 4. 5. 7. 8. 9. 10.) durch ver- 
schiedene Gegenden der Vogesen gelegten Profile, so sehen 
wir, dass der Voltzien-Sandstein und die folgenden Formationen 
den Vogesen-Sandstein concordant überlagern. Dieselbe That- 
sache beweisen alle in den betreffenden Werken gezeichneten 
Profile sowohl der Vogesen wie des Schwarzwaldes. Wenn 
wir dennoch vom Gegentheil sprechen hören, und sogar in 
den Handbüchern von Naumann (Geognosie Il. pag. 744) und 
ALBERTI (Trias 1864 pag. 4) von der Discordanz des Voltzien- 
auf dem Vogesen - Sandstein lesen, so ist dies nur dem Ein- 
flusse ELıe pe BeaumonT’s zuzuschreiben; er brauchte diese 
Discordanz zur Stutze seiner ‚‚revolution du systeme du Rhin‘*, 
deshalb war er der erste, welcher von ihr sprach: le gres 


*) Erıe De Beaumont, Explic. tome I. pag. 398: „cette m&me falaise 
(du bord oriental qui cötoie la plaine du Rhin) a domine de presque 
toute sa hauteur actuelle la nappe d’eau sous laquelle se sont deposes le 
gres bigarre (Voltzien-Sandstein) et le muschelkalk“ und an anderen 
Orten. Die französischen Geologen folgten ihm in dieser Ansicht ohne 
Ausnahme; ebenso SanDBEAGER in seiner Beschreibung der Umgebung 
von Baden-Baden. 

*#) SanDBERGER (l. ec. pag. 21 u. 22) vergisst auch die Wirkungen 
der Denudation, wenn er nach seinem Profil vom Hardtberge sagt: „die 
unterste Schicht an diesem Berge ist dieselbe, welche oben auf der Spitze 
des gegenüberliegenden Fremersberges liegt; nach der Ablagerung dieser 
Schicht geschah die grosse Hebung des Schwarzwaldes und mit ihm des 
Fremersberges.“ — Daraus folgt, dass die oberste Schicht des Fremers- 
berges niemals seit der Triaszeit von den Atmosphärilien denudirt worden 
ist, denn sie nimmt noch heutigen Tages dieselbe Stelle ein, welche sie 
damals zur Zeit der Hebung des Schwarzwaldes erhalten hatte. 


101 


N 


bigarre (Voltzien - Sandstein) parait reposer & stratification 
discordante sur le gres des Vosges* (Annal. des Mines 1827 
pag. 435). Trotzdem beweisen alle Profile Eu pr Braumonr's, 
wie aller seiner Nachfolger, gerade das Gegentheil; selbst in 
seinem Diagramm der Lagerung der Trias (Fig. 1) liegen die 
drei Formationen concordant ubereinander.*) Wie sollte es 
auch möglich sein, eine Discordanz nachzuweisen zwischen 
zwei Ablagerungen, welche nicht durch eine bestimmte Grenze, 
sondern durch ein mächtiges Schichtensystem getrennt sind. 
Nur ein einziges Mal zeichnet ELıe Ds BeAumont ein discor- 
dantes Profil (Fig. 6), das er im Chausseegraben zwischen 
Forbach nnd Saargemünd aufgenommen hat.**) Abgesehen 
davon, dass dieser Ort ausserhalb des Hebungssystems der 
Schwarzwald- Vogesen liegt, und dass die Grenzbestimmung 
zwischen Vogesen- und Voltzien- Sandstein hier wie überall 
eine beliebige ist, darf der Thatsache gegenüber, dass im 
übrigen südwestlichen Deutschland noch niemals eine solche 
Discordanz nachgewiesen worden ist, auf diese einzelne Beob- 
achtung kein Werth gelegt werden. 

Die Concordanz der Lagerung aber von Vogesen- und 
Voltzien-Sandstein spricht selbst am meisten dagegen, dass die 
Hebung der Schwarzwald-Vogesen, die Entstehung der Rhein- 
spalte und die Bildung der Verwerfungen zwischen beiden 
Ablagerungen erfolgt sei. 

Ferner überlagern die jüngeren Formationen in der That 
den Vogesen - Sandstein auf der Höhe der Gebirge sowohl in 
den Vogesen wie im Schwarzwalde: concordant ruhen sie über 
dem Rothliegenden und dem Vogesen-Sandstein und fallen mit 
derselben geringen Neigung, wie diese nach Westen vom 
Kamme der Vogesen, nach Osten von dem des Schwarzwaldes 
unter die Jurabildungen ein; sie sind also mit dem Vogesen- 


*) Daher sagt Euıe vw Braumont selbst einmal in der Explication 
tom. 12 pag. 12: le gr?s bigarre repose, en general, sur le gres des 
Vosges 3 stratification concordante, 


**) Dieses Profil hat Euıe ve Beaumont zuerst in den Ann. des Mines 
1827 pl. I. f. 5. abgebildet, dann wiederholt in der Explic. tom. I. 
pag. 15. Die Zwischenschicht mit Dolomitknollen fehlt in den Vogesen; 
tritt aber nach Jacovor (l. c, pag. 126) überall im departem, de la 
Moselle auf, 


Sandstein gehoben, nicht nach dessen Hebung am Fusse des- 
selben abgelagert. a 

Allerdings fehlt der Voltzion Sande auf dem Ss = 
der Belchen, der höchsten Vogesen-Erhebung. Wenn man aber 
sieht, wie schon der Vogesen - Sandstein auf diesem System 
nur in kleinen Kuppen und Spitzen erhalten ist, so kann man 
sich nicht wundern, dass der viel weichere und leichter Zer-. 
storbare Voltzien-Sandstein durch die Wirkungen der Denu- 
dation über demselben verschwunden ist. Werden doch auch 
bald die wenigen Reste des Vogesen - Sandsteins auf dem 
Belchen - System der Zerstörung erlegen sein, wie man schon 
jetzt an den grossen Schutthalden, welche diese letzten Kup- 
pen umlagern, die Stärke der Denudation ermessen kann. 
Aber in den übrigen Theilen des Gebirges, wo auch die Decke 
des Vogesen-Sandsteins zusammenhängender ist, breiten sich 
die jüngeren Formationen überall concordant uber denselben 
aus. An dem Profil Figur 5, welches bis an den Fuss des 
kleinen Gebweiler Belchen vordringt, kann man sehen, wie 
selbst mitten im höchsten Theile des Gebirges noch Reste der 
alten Bedeckung durch die jüngeren Formationen der zerstö- 
renden Wirkung der Denudation entgangen sind: denn vom 
Vogesen- Sandstein hinauf durch den Voltzien -Sandstein, den 
Muschelkalk und Keuper bis zum Lias sind Schichten dieser 
Formationen in regelmässiger concordanter Ueberlagerung auf 
dem Granit des Grundgebirges zurückgeblieben. 

Im nördlichen Theile der Vogesen (Profil Fig. 3) bedecken 
die jüngeren Formationen über dem Vogeren-Sandstein selbst 
den Kamm des Gebirges: nach Westen fallen sie concordant 
übereinander unter die Juraformation der lothringischen Hoch- 
ebene ein, am Östabhange sind sie an der Verwerfung her- 
untergebrochen und bilden hier in dem Hugellande von Zabern 
und Wörth in ebenso concordanter Ueberlagerung des Vogesen- 
Sandsteins eine Vorstufe des Gebirges, dessen tiefster Absturz 
erst weiter nach Osten in der Rheinebene auf der Linie 
Barr-Weissenburg liegt. 

Im mittleren Theile des Gebirges, im Gebiete der Breusch 
(Profil Fig. 4), würde es wohl am schwierigsten sein, die Wir- 
kungen einer Gebirgshebung nach der Ablagerung des Vogesen- 
Sandsteins nachzuweisen. Denn trotz der vielen Verwerfungeu 
überlagern hier die jüngeren Formationen überall concordant 


103 
den Vogesen - Sandstein. Denselben Conglomerat - Horizont, 
welchen wir auf der Spitze des Schneeberges in einer Höhe 
von 963 M. antreffen, finden wir wieder am Fusse desselben 
in den Vorbergen von Mutzig, concordant überlagert vom 
Voltzien-Sandstein, Muschelkalk und Keuper. 

Es dürfte demnach wohl aus allen angeführten Thatsachen 
die Ansicht hervorgehen, dass sowohl die auf den äusseren 
Abdachungen der Vogesen und des Schwarzwaldes, als die in 
der Rheinebene liegenden Schichten der Trias und des Jura 
nur Reste sind von den durch eine nachjurassische Hebung 
der Schwarzwald-Vogesen zerrissenen Formationen, und dass 
vor diesem Zeitpunkte diese Ablagerungen über den ganzen 
Raum des südwestlichen Deutschlands in concordanter Lage- 
rung und in ununterbrochener Reihenfolge ausgebreitet lagen. 


104 


1. Die granitischen Gänge des sächsischen Granulit- 
gebirges. 


Eine Studie auf dem Gebiete genetischer Geologie 
von Herrn Hermann Creoner ın Leipzig. 
Hierzu Tafel VII. 


Dasjenige Areal, mit dessen Durchforschung und karto- 
grapbischer Aufnahme sich die geologische Landesuntersuchung 
von Sachsen seit etwa einem Jahre beschäftigt, ist das Gra- 
nulitgebirge und seine Umgebung. Zahlreiche Touren 
durch dieses hochinteressante Gebiet boten auch mir Gelegen- 
heit, neben der Verfolgung meines auf allgemeine Orientirung 
gerichteten Hauptzweckes eine Reihe von Beobachtungen an- 
zustellen. Namentlich waren es die granitischen Gänge, 
welche das Granulitgebirge in ausserordentlicher Anzahl durch- 
schwärmen, die eine bedeutende Anziehungskraft auf mich aus- 
übten. Die eingehende Schilderung dieser Ganggebilde ist das 
Thema der folgenden Abhandlung. 

Abgesehen von den Zügen des sogenannten Mittweida’ er 
Granites, setzen in den petrographisch zum Theil sehr verschie- 
denartigen Gliedern der sächsischen Granulitformation auf: 


l. Gänge von Quarz, Kaliglimmer und Turmalin im 
Cordieritgneiss. 


Die Thalgehänge der Mulde zwischen dem Göhrener Via- 
duct und dem Städtchen Lunzenau werden von 'ordieritgneiss 
gebildet, welcher von seiner Oberfläche aus bis zu beträcht- 
licher Tiefe verwittert und in seiner unveränderten Gestalt erst 
neuerdings durch die Eisenbahneinschnitte der Muldethalbahn 
blossgelegt worden ist. Der Cordierit ist in dem dort auf- 
geschlossenen Gesteine so reichlich enthalten, dass die durch 
Sprengungen neu geschaffenen Felswände und gewaltigen 


x E 

: 
E % 
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er 


105 


Trummerhalden schon von ferne durch ihre blaugraue Farbe 
auffallen. Sie sind es, welche vielen Mitgliedern der Deutschen 
geologischen Gesellschaft von unserer gemeinsamen Excursion 
im Anfang September 1874 in Erinnerung geblieben sein 
werden. 

Der petrographische Charakter dieses Cordieritgneisses ist 
bekannt, nur muss nochmals betont werden, dass der neben 
Orthoklas, Cordierit und Quarz auftretende Glimmer in dem 
frischen Gesteine stets schwarzer Magnesiaglimmer ist. 

Die eingetretene Verwitterung hat das Gestein zerklüftet 
und seine ursprünglich schön blaugraue Farbe mit einer 
schmutzig braunen, grünlich gefleckten vertauscht, hat den 
Feldspath mürbe und erdig gemacht, dadurch der ganzen ober- 
flächlichen Gesteinsmasse ihre Festigkeit genommen, und den 
Uordierit anscheinend ganz aufgezehrt, aus wel- 
chem nun Glimmerschüppchen von weisser oder grün- 
lichgrauer Farbe hervorgegangen sind, die das Gestein in dun- 
nen Membranen durchziehen, schuppige Partieen oder blätte- 
rige Trümer bilden oder endlich in einzelnen Blättchen wirr 
zwischen den übrigen Gesteinsbestandtheilen eingelagert sind, 
Ein zweites Zersetzungsproduct ist Eisenoxydhydrat, wel- 
ches sich überall in dem verwitterten Gesteine in Form zarter 
Inerustate von gelber oder brauner Farbe ausgeschieden hat 
und die bereits hervorgehobene schmutzigbraune Färbung des 
aus der Verwitterung hervorgehenden Gesteins bedingt. 

Nach einzelnen Individuen von Cordierit sind Pseudo- 
morphosen von Glimmer langst bekannt. An den Lunzenauer 
Cordieritgneissen aber sehen wir ganze Gebirgsmassen 
von diesem Zersetzungs- und Neubildungsprozesse ergriffen, 
sehen das Ausgehende stundenlanger Gesteinszuge im Zustande 
dieser pseudomorphosirenden Verwitterung.*) Die Bildung des 
Kaliglimmers geschieht dabei auf Kosten der beiden Haupt- 
gemengtheile des Cordieritgneisses, indem die Zersetzung des 
Orthoklases das kieselsaure Kali, diejenige des Cordierits die 
kieselsaure Thonerde lieferte, welche zu Kaliglimmer zusammen- 
traten. Eisenoxydul aber und Magnesia wurden gleichzeitig 
als Carbonate weggeführt, von denen jedoch ersteres bald 
wieder als Eisenoxydhydrat zur Ausscheidung gelangte. 


*) Siehe auch v. Lasauıx, N. Jahrb. 1872, pag. 834, 


106 


Recht interessant, wenn auch nur Bekanntes bestätigend, 
sind die mikroskopischen Erscheinungen, welche der Spaltung 
des Cordierits in Thonerdesilicat und Magnesiacarbonat, sowie 
der Verbindung des ersteren mit Kalisilicat vorausgingen. Unter 
dem Mikroskop erweisen sich die grossen wasserhellen Cor- 
dieritkörner unseres Gneisses ausserordentlich reich an den farb- 
losen, schlanksäulen- oder nadelförmigen Mikrolithen, welche 
ZIRKEL und v. LasAaunx*) eingehend beschrieben haben. Sie 
bilden wirre, oft filzige Haufen oder stromartig sich windende 
Nadelguirlanden in der C'ordieritmasse.. Unabhängig von ihnen 
stellt sich nun jene von ZIRKEL, neuerdings von WICHMANN 
an Cordieriten von Haddam in ÜConnecticut**) geschilderte 
Aederung des klaren Minerals durch ein sich mehr und mehr 
ausbreitendes Netzwerk von schmalen, sich kreuzenden Zer- 
setzungszonen ein, welche sich auf Kosten der in ihren Maschen 
liegenden frischen Üordieritbrocken immer mehr verbreitern 
und zuletzt das gesammte ÜOordieritkorn in eine Substanz von 
grunlichgelber Farbe, in Chlorophyllit, umwandeln. Diese 
Pseudomorphose besteht in der Aufnahme von Wasser von 
Seiten des Cordierits und repräsentirt eins seiner Uebergangs- 
stadien in Kaliglimmer. In diesem Chlorophyllit stellen sich 
nun ohne jede weitere Uebergänge als Endproduct des Um- 
wandlungsprocesses lichte Tafeln von Glimmer ein. Auch 
Wıcumans, der zuletzt die Pseudomorphosen des Cordierits 
mikroskopisch untersuchte, gelang es nicht, den allmäligen 
Uebergang des Chlorophyllits in Glimmer zu beobachten. 

Als Endresultat dieses ganzen schliesslich auf Erzeugung 
von “limmer gerichteten Vorganges sieht man das Ausgehende 
des Cordieritgneisses bis zur Tiefe von mehreren Metern in 
ein verworren-schuppiges, kurzflaseriges Gestein umgewandelt, 
welches einem im Zustande der Verwitterung begriffenen 
Glimmergneiss gleicht, und welchem der Nichteingeweihte kaum 
seine Abstammung von Üordieritgneiss ansehen dürfte. Zu- 
weilen erhalten sich grössere rundliche Blöcke in verhältniss- 
mässig frischem Zustande innerhalb des glimmerreichen Zer- 


*), Siehe Zırker, Mikrosk. Beschaff. d. Min. pag. 209; v. LasauLx, 
N. Jahrb. 1872. pag. 831. 

*»*) Diese Zeitschr, 1874, pag. 680. — Zunker, Mikrosk. Beschaff. 
pag. 211. 


setzungsproductes. Da nun dieses letztere durch vollständige 
Verwesung des Orthoklases zu Grus zerfällt und von den 
Tagewassern weggeführt wird, so entstehen, ähnlich wie bei 
der Verwitterung des Granits, freiliegende aufeinander gethürmte, 
wollsackartige Blöcke und felsenmeerartige Blockanhäufungen, 
wie sie für die Cordieritgneiss- Regionen des sächsischen 
Granulitgebietes, im Gegensatze zu den scharfkantigen, schroffen 
Felsbildungen des Granulits so charakteristisch sind und z. B. 
im Thale der Chemnitz bei Schweizerthal und in dem der 
Mulde zwischen Rochsburg und Goöbrener Brücke auftreten, 
Kein Punkt aber des gesammten Granulitgebirges liefert eine 
deutlichere Illustration der in Folge der Verwitterung eintre- 
tenden Wollsackbildung des Cordieritgneisses als der Galgen- 
berg bei Mitweida. Der Scheitel dieser Aachen Erhebung ist 
gekrönt von einem kühnen Haufwerk gewaltiger rundlicher 
Blöcke von ausserordentlich festem und zähem  Üordierit- 
fels, an ihren Abhängen aber, da wo das stattliche Tech- 


nicum sich erhebt, ist ein mürbes, ja mit der Hand zerreib- 


liches Gestein aufgeschlossen, das sich durch seinen ganzen 
Habitus, seinen geringen Zusammenhalt, seinen Reichthum an 
ockerigem Eisenoxydhydrat direct als ein Zersetzungsproduct 
ausweist. Es besteht aus sehr viel Glimmer, sowie Schmitzen 
und Körnern von Quarz und Eisenoxydhydrat, hat eine schief- 
rige Structur und ist augenscheinlich die nämliche Masse, in 
welche am Göhrener Viaduct der Üordieritgneiss an seiner 
Oberfläche zersetzt ist. Und in der That liegen in ihr am 
Fusse des Galgenberges kleine Knollen und grosse Blöcke 
von noch unzersetztem festem ÜOordieritfels umschlossen. Wie 
heut noch die Gehänge und der Fuss, so bestand früher auch 
der Gipfel des Galgenberges aus solchen mulmigen Zersetzungs- 
producten mit einzelnen noch frischen Blöcken. Durch die 
mechanische Thätigkeit der atmosphärischen Wasser aber, 
wurden erstere allmälig entfernt, während die Blöcke zurück- 
blieben und nach Wegführung des sie bis dahin trennenden 
losen Gruses und Mulmes zu jenen auffälligen Haufwerken 
wurden. 

Den erst besprochenen, z. Th. verwitterten Cordieritgneiss 
von Lunzenau durchziehen regellos und in ziemlich weiten 
Abständen Klüfte. In nehmlicher Weise nun wie in der ver- 
witterten Gesteinsmasse selbst an Stelle, des durch Zersetzung 


108 


theilweise entfernten Cordierits und Orthoklases: Kaliglimmer, 
Eisenocker und Quarz zur Ausbildung gelangten, haben sich 
diese und andere Zersetzungsproducte des der Verwesung ver- 
fallenen Gesteins in jenen Spalten angesiedelt, haben diese 
ganz oder theilweise ausgefüllt und zu Mineralgängen um- 
gestaltet, die eine weitläuftige wirre Durchäderung des Cor- 
dieritgneisses bewirken und ohne an dessen vollkommen zer- 
setztes Ausgehende gebunden zu sein, in das anscheinend 
vollständig frische Gestein fortsetzen. 

Diese Gänge besitzen der Natur ihrer Entstehung nach 
einen sehr unregelmässigen Verlauf und eine sehr schwankende 
Mächtigkeit. Es sind schmale Trünıer von 2—5 Cm. Dicke, 
welche sich zu 25 bis 35 Cm. Mächtigkeit aufbläben können, 
sich auch wohl hier und da verzweigen und dort, wo sie sich 
zu mehreren treffen, ein unregelmässiges Nest bilden. 

Die Hauptausfüllungsmasse dieser Gänge ist Kaliglimmer 
und Quarz, ihnen gesellt sich Eisenoxyd und Turmalin zu. 
Die Vergesellschaftung, die Wachsthumsverhältnisse dieser 
Mineralien bieten manches Interessante. 

In vielen Fällen und zwar namentlich bei weniger mäch- 
tigen Trümern bildet Kaliglimmer, ein blätteriges Aggregat 
von wirren oder büschelig-strahlig verwachsenen Individuen, 
das ausschliessliche Gangmineral, mit dessen weissen oder 
gelblichen Blättern sich nur hier und da ein Bündel von Tur- 
malinsäulen, oder einige Tafeln von schwarzem Magnesia- 
glimmer, sowie Körner von Quarz verwachsen zeigen, in den 
meisten Gängen aber gesellt sich Quarz und Eisenoxyd in’ 
sehr beträchtlicher Menge dem Glimmer zu. In der Ärt und 
Weise der Aggregation dieser drei Mineralien herrscht jedoch 
wiederum sehr grosse Verschiedenheit. In manchen Fällen 
liegen die hellen Glimmertafeln wirr und ungeordnet durch- 
einander, so dass zwischen ihnen kleine eckige Hohlräume 
offen bleiben und ein nur wenig compacies zelliges Aggregat 
entsteht. Alle diese Hohlräume sind nun drusig ausgekleidet 
oder fast vollständig ausgefüllt von einer Unzahl meist nur 
einige Millimeter grosser, trüber, bräunlich rother Quarz- 
kryställchen. Sie sind sammtlich langsäuleniörmig ausgebildet, 
tragen an beiden Enden Pyramidenflächen und liegen entweder 
kreuz und quer durcheinander, wie auf einen Haufen geworfene 
Scheite Holz, oder bilden stachelige Büschel und kettenförmige 


EEE RE er en A 7 Rn EN 


109 


Reihen. Turmalin in schwarzen Strahlenbündeln. tritt zuweilen 
mit Glimmer und Quarz in Vergesellschaftung. Sie alle sind 
schliesslich bedeckt von einem Ueberzug von ockerigem Eisen- 
oxyd. Dieses ist es zugleich, welches die nur lose verbun- 
denen Gemengtheile des Quarz-Glimmer- Aggregats verkittet. 

In anderen der dortigen Gänge waltet nicht der Kali- 
glimmer, sondern der Quarz vor. Dieser ist dann grob- 
splitterig, derb, glasig, milchweiss und umfasst in der Central- 
zone des Ganges nicht selten parallel den Gangwandungen 
gestellte Bündel von schwarzen Turmalinsäulen, während sich 
an den Salbändern, oder wenigstens an einem derselben ein 
schuppig-blätteriges Aggregat von weissem Kaliglimmer ein- 
stell. Diese symmetrische Anordnung der Gangmineralien 
gestaltet sich in manchen, wenn auch weniger häufigen Fällen 
fast so deutlich wie in den ähnlichen zinnsteinführenden Quarz- ' 
Glimmergängen von Zinnwald. Wie dort sind auch an der 
von uns besprochenen Localität die beiderseitigen Salband- 
zonen zuweilen ausschliesslich von rechtwinklig auf den Gang- 
grenzflächen stehenden lichtgrauen Glimmerblättern zusammen- 
gesetzt, während der mittlere Theil des Ganges nur weissen 
Quarz enthalt. 

Diesen sämmtlichen Gängen des Cordieritgneisses von 
Lunzenau ist die Neigung zur Drusenbildung gemeinsam, eine 
ganz naturgemässe Erscheinung, wenn man in Erwägung zieht, 
dass sie ins Gesammt durch allmälige Auskrystallisirung ihrer 
mineralischen Bestandtheile von den Salbändern aus zuge- 
wachsen sind und dass an Stellen, wo die Spalten sich aus- 
dehnen und der Stoff zur Ausfüllung nicht hinreichte, Hohl- 
räume offen bleiben mussten, deren Wandungen die Krystall- 
enden der im Wachsthum begriffenen Gangmineralien bildeten. 
Wie aus Obigem hervorgeht, sind dies Quarz, Kaliglimmer 
und Turmalin. 

Vom Quarz dieser Drusen ist nichts weiter zu bemerken, 
als dass er trübe, von einer röthlichen Eisenoxydhaut über- 
zogen ist und nur die gewöhnlichsten Formen, aber keine 
Rhomben- und Trapezflächen aufzuweisen hat. Seine Krystalle 
stehen nicht alle senkrecht auf den Seitenwandungen der 
spaltenförmigen Drusen, sondern sitzen z. Th. in deren 
Hintergrunde fest und ziehen sich den seitlichen Wänden fast 
parallel der Länge nach durch den !>rusenraum. Dann ist die 


110 


Pyramidenspitze gewöhnlich zu einer Kante verzogen, womit 


eine tafelförmige Verzerrung Hand in Hand geht. Die brei- 
teren Säulenflächen und die aus der Spitze hervorgehende 
Kante stehen dann meist parallel der Längserstreckung der 
Drusenspalte. Von allen drei Gangmineralien ist augenschein- 
lich der Turmalin zuletzt zur Ausbildung gelangt, indem seine 


säulig-büscheligen Aggregate die aus den Wandungen hervor- 


ragenden Krystallenden verbinden. 
Interessanter als diese offenen Drusenräume sind die 
von losen Krystallen und Krystallschutt ausge- 


fullten, meterlangen Ausweitungen einzelner jener 


Gänge. Auch sie sind früher nichts anderes gewesen als 
grosse Drusenräume und deshalb wie diese ausgekleidet von 
Glimmer und Quarzen, letztere im Vergleiche mit den übrigen 
kaum zollgrossen Vorkommnissen von sehr bedeutenden Di- 
mensionen; besassen doch manche der herausgebrochenen Indi- 
viduen bei einer Breite von 15, eine Länge von 20 Cm. 
Auch ihre Krystallgestalt beschränkt sich auf die Ausbildung 


von Säule und Pyramide, wobei sich ebenfalls die oben er- 


wähnte tafelartige Verzerrung in der Richtung der Drusenspalte 
einstellen kann. Auffällig ist der ausserordentlich geringe 
Zusammenhang dieser grossen Quarze mit den Drusenwan- 
dungen und er erklärt es, dass die Krystalle bei fortgesetzter 
Gewichtszunahme oder in Folge von Erschütterungen, denen 
das Nebengestein ausgesetzt war, sich loslösen, herabstürzen 
und sich auf dem Boden der Weitungen anhäufen konnten. 
So ist denn der eigentliche Drusenraum innerhalb derartiger 
linsenförmiger Erweiterungen der Quarz-Glimmer - Gänge zum 
grossen Theil ausgefüllt von einem wirren, vollkommen losen 
Haufwerk von Quarzen, Glimmertafeln, Turmalinfragmenten 
und Eisenrahm,so lose, dass man es ohne Mühe mit der Hand 
aus den Drusen auszuräumen vermochte. 

Die Quarze walten in ihm vor. Unter ihnen muss man 
unterscheiden 1) grosse, von den Wandungen herabgefallene, 
wohlerhaltene Krystalle, 2) ganz frische und ältere aus deren 
Lostrennung und Herabsturz entstandene Scherben, 3) kleine, 
pur wenige Millimeter grosse, meist allseitig ausgebildete, erst 
innerhalb des schüttigen Haufwerks selbst entstandene Kry- 
ställchen. Die erstgenannten erreichen 5—10 Cm. Länge, sind 
stets von Eisenrahm uberzogen und haben deshalb zwar ebene, 


41 
aber matte Flächen, die sich natürlich wiederum auf diejenigen 
von Säule und Pyramide beschränken. Die Combinations- 
kanten der beiden letzteren sind zuweilen durch eine spitzere 
Pyramide abgestumpft. Die einzige Abwechselung besteht in 
der nicht seltenen ungleichwerthigen Ausbildung der beiden 
Rhomboeder oder in der tafelartigen Verzerrung der Säule. 
Interessant ist eine auch von G. vom RAtTH von gewissen 
Quarzen der Insel Elba beschriebene*) auffallend topasartige 
Gestaltung mancher Krystalle unseres Fundpunktes, welche 
dadurch erzeugt wird, dass zwei parallele Flächen des Prismas 
und die entsprechenden beiden Pyramidenflächen fast vollkom- 
men verschwinden. An ihrem unteren Ende tragen die Quarz- 
krystalle Slimmerpartieen und Turmalinfragmente, die sie von 
den Drusenwandungen mit losgerissen haben; sind sie jedoch 
geborsten und nur theilweise herabgebrochen, so sind die 
Bruchflächen mit Neubildungen von Quarz versehen und zwar 
entweder wie mit einem glänzenden Firniss überzogen, oder 
bereits von deutlichen Anfängen neuer Krystallbildungen be- 
deckt. Letztere haben sich dann parasitisch auf jedem kleinen 
Vorsprung des muscheligen Bruches angesiedelt, dabei jedoch 
eine gesetzmässige Stellung zu dem Mutterkrystall einnehmend. 
Ist namlich die Bruchfläche ungefähr paral’el oR, so trägt sie 
mehr oder weniger verzogene Flächengruppen, welche solchen 
der Pyramide entsprechen und bei fortgesetztem Wachsthum 
augenscheinlich das den alten Krystallen fehlende Pyramiden- 
Ende erseizen würden. Ist jedoch die Richtung der Bruch- 
fläche mehr der Hauptaxe parallel oder läuft unter spitzem 
Winkel durch diese, so zeigen sich der Horizontalstreifung 
der intakten Prismenflächen entsprechende, flachleistenförmige 
Ansätze, welche sich wellig-treppenförmig übereinander wieder- 
holen können und Combinationen einer Prismen- und einer 
Pyramidenfläche sind. Nicht selten ist ferner die Erscheinung, 
dass grosse zerbrochene Quarzkrystalle durch die beschrie- 
benen Neubildungen wieder verwachsen, nachdem sich die 
Bruchflächen durch einen mehrere Millimeter breiten Riss 
gegeneinander verschoben haben. 

Die neben solchen ziemlich vollständigen Quarzkrystallen 
vorkommenden zahlreichen Quarzscherben und -splitter sind 


*) Diese Zeitschrift 1872. pag. 650. 


112 


z. Th. weiss, ja wasserhell und dann so frisch und scharfkantig, 
als stammten sie von eben erst zerschlagenen Quarzen ab, 


während andere, jedenfalls viel älteren Ursprungs, durch einen 
Ueberzug von Eisenrahm braun gefärbt und mit parasitischen 
Neubildungen von Quarz und Ansiedelungen von Glimmer- 
bläattchen versehen sind. 

Hat man die grösseren Krystalle und die Scherben aus 
dem Haufwerke entfernt, so bleibt ein feiner Schutt zurück, 
aus welchem zwar die glänzenden Glimmerblättchen am meisten 
hervortreten, der jedoch vorwaltend von neu gebildeten 


kleinen Quarzkryställchen zusammengesetzt wird, von denen 


die grosse Mehrzahl nur wenige Millimeter misst und aus 
regelmässigen dünnen Säulchen mit beiderseitiger Pyramide 
besteht. Die bereits zu I—2 Cm. Grösse herangewachsenen 
Krystalle haben die Tendenz, sich durch Ausdehnung zweier 
paralleler Prismenflächen zu flachen Tafeln zu gestalten. 

Aus den oben beschriebenen Ansiedelungs- und Aushei- 
lungserscheinungen an den grossen Quarzen, aus der Neubil- 
dung der kleinen Quarzkryställchen geht hervor, dass eine 
constante Zufuhr von Kieselsäuresolution stattgefunden hat. 


Aus dieser werden sich gleichzeitig mit der in dem Haufwerke 


vor sich gehenden Quarzausscheidung auch an den Wandungen 
an Stelle der herabgebrochenen Krystalle neue Quarze abgesetzt 
haben, die bei fortdauerndem Wachsthum wiederum herab- 
stürzten und die Schuttansammlung auf dem Boden der Wei- 
tung vergrösserten. Daraus erklärt sich auch das augenschein- 
lich ganz verschiedene Alter der Krystallfragmente innerhalb 
dieses Haufwerkes. 

Dasselbe bestebt neben Quarz aus Tafeln und Schuppen 
von Kaliglimmer, aus Säulenbruchstücken und kleinen busche- 
 ligen Aggregaten von schwarzem Turmalin und endlich sehr 
beträchtlichen Mengen von schuppigem Eisenoxyd, also Eisen- 
rahm. Zugleich aber füllt erdiges Eisenoxyd die dem Glimmer- 
Quarz-Gang benachbarten Klufte und Spalten aus und bildet 
dann zinnoberrothe Bestege und Trümer, welche im Verein 
mit den beschriebenen Gängen den Cordieritgneiss des Mulde- 
thales durchsetzen. 

Sie alle aber sind Producte eines Zersetzungs- und Aus- 
laugungsprocesses des Nebengesteins und stehen in demselben 
Verhältnisse zu dem verwitterten Cordieritgneissgebirge, wie 


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113 


die Glimme:äderchen, die einen aus Zersetzung eines Cordierit- 


_ krystalls hervorgegangenen Pinit durchziehen, zu diesem Mi- 


nerale. Es sind grossartige Wiederholungen des nämlichen 
Vorganges, welchen Hamınger, Brum und BiscHor an den 
Pseudomorphosen von Chlorophyllit, Pinit und Glimmer nach 
Individuen des Cordierits kennen lehrten, und auf welchen wir 
bei Besprechung derartiger Pseudomerphosen in den Pegma- 
titen von Rochsburg zurückkommen werden. 

An und für sich schon lehrreich, beweist das beschriebene 
Gangvorkonmen innerhalb eines in Zersetzung begriffenen 
Gesteins mit Bezug auf unsere später anzustellenden Betrach- 
tungen über die Genesis der echten granitischen Gänge im 
Granulitgebirge, dass: Quarz, Kaliglimmer und Turma- 
lin, drei wesentliche Bestandtheile dieser grani- 
tischen Gänge aus durch Zersetzung einzelner Ge- 
mengtheile des Nebengesteins entstehender mi- 
neralischer Solution iunerhalb Gesteinsspalten 
zu krystallinischer Ausscheidung gelangen, also 
gangformige Secretionen bilden können. 


2. «änge von Quarz mit ®rthoklas. 


Am Wege von Penig nach der Fabrik Amerika, am rechten 
Ufer der Mulde gegenüber der Carlseiche wird der dortige 
typische Granulit von einigen Quarzgängen durchsetzt. Ihre 
Mächtigkeit ist nur unbedeutend und beträgt kaum mehr als 
8 Cm. Sie bestehen aus glasigem, sprödem, grobsplitterigem 
Quarz von weisser bis rauchgrauer Farbe. Hier und da stellen 
sich Drusenräume ein, deren Wandungen von den Pyramiden 
der augenscheinlich von beiden Salbandflächen angeschossenen, 
jetzt aber nicht mehr gesonderten, vielmehr zu einer homo- 
genen Quarz-Gangmasse verschmolzenen Quarzkrystalle gebildet 
werden. Innerhalb dieses glasigen Quarzes treten vereinzelte 
Einsprenglinge von fleischrothem Orthoklas in körnigen 
Aggregaten oder in Einzelindividuen mit ausgezeichnetem 
Blätterdurchgang und in manchen von diesen wiederum kleine 
Blättchen von weissem Kaliglimmer auf. Von ihrem 
Nebengestein werden diese Gänge durch ein zartes Salband 
von dunkelgrünen Chloritschuppen getrennt. 

Auch bei Wolkenburg und ätzdorf treten im Granulit 

Zeits. d.D. geol. Ges. XXVIL. 1. 8 


14 


schmale Gänge von horusteinartigem Quarz mit hellröthlichen 
Feldspatheinsprenglingen auf. Das schönste Vorkommen der 
Art ist durch einen Bahneinschnitt direet cberhalb der Thier- 
bacher Eisenbahnbrücke aufgeschlossen. Dieser Gang ist über 
einen Meter mächtig und besteht aus prachtvoll glasigem, 
schneeweissem, in dünneren Splittern wasserhellem Quarz mit 
lauter isolirten Einsprenglingen von blassrothem Orthaklas 
und vereinzelten Tafeln von schwarzem Magnesiaglimmer. Der 
Quarz wird etwa /, der Orthoklas aber nur ! der Gangmasse 
betragen. | 

Ganz ähnliche und zwar ebenfalls im normalen Granulit 
aufsetzende Gangbildungen sind an der Hängebrücke bei Krieb- 
stein und im Bahneinschnitt nördlich von Walüheim aufge- 
schlossen. An ersterem Orte bilden auf ihrem Bruche glän- 
zend glasige, hellrauchgrane Quarze ein körnig-stengeliges 
Aggregat, in welchem vereinzelte Tafeln von schwarzbraunem 
Magnesiaglimmer und wohlausgebildete, vollkommen isolirte 
weisse ÖOrthoklaskrystalle inne liegen. Auf dem scharfum- 
srenzten sechsseitigen Querbruche mancher dieser Krystalle 
zeigt sich ihre Natur als Carlsbader Zwillinge. Der Quarz- 
gang in dem erwähnten Bahneinschnit nördlich von Waldheim 
ist ebenfalls durch innige Verwachsung und Verschmelzung 
grosser Quarzindividuen entstanden, was sich darin ausspricht, 
dass sich in der sonst compacten und homogenen Quarzmasse 
zahlreiche eckige Hohlräume zwischen den gegeneinander ge- 
wachsenen Quarzsäulen offen erhalten haben. !>ie Wandungen 
derselben sind bedeckt von kleinen, wohlausgebildeten Quarzen 
und von Gruppen zierlicher fleischrother Orthoklase, welche 
von den Flächen »P und oP begrenzt, flachen Rhomboedern 
ahneln. 

Bemerkt sei hier noch, dass in manchen Pegmatitgängen 
local der Quarz so vorwaltet, dass sie als Quarzgänge mit 
eingesprengten rothen Orthoklasen und schwarzen Turmalinen 
bezeichnet werden könnten, innerhalb welcher 2 oder mehr 
der Gangmasse auf Rechnung des Quarzes zu setzen ist. 

Schliesslich sei noch einiger Feldspath - führender Quarz- 
gange gedacht, welche im Granulit direct oberhalb Rochsburg 
durch die Erdarbeiten der Muldethalbahn aufgeschlossen wurden. 
Dieselben sind so drusenreich, dass die Structur ihrer Aus- 
füllungsmasse eine grosszellig-drusige genannt werden muss. 


115 


Aus den Drusenwandungen ragen bis zolllange, meist trüube 
Quarzkrystalle hervor, deren gewöhnliche Gestalt zwar die 
einfache Combination von Säule und Pyramide ist, von denen 
aber einzelne Individuen die bereits oben beschriebene topas- 
ähnliche Form durch Verkummerung zweier paralleler Prismen- 
und der entsprechenden Pyramidenflächen erhalten haben. Zu 
Füssen dieser Krystalle treten aus den Drusenwandungen kurze 
Orthoklase einfachster Form hervor, welche dem Drusenraum 
die Flächen P und x zuwenden. Zwischen beiden Mineralien 
stellt sich bier und da eine strahlig-blätterige Rosette von 
weissem Kaliglimmer ein. 

Die Erscheinungsweise der beiden Hauptbestandtheile dieser 
Gänge ist jedoch nicht immer so einfach, vielmehr geben so- 
wohl Quarz wie Feldspath Veranlassung zu complicirten Be- 
obachtungen. Während ‚letzterer der Ausgangspunkt einer 
Reihe von interessanten Zersetzungsproducten geworden ist, 
zeigen einzelne Individuen des Quarzes eine höchst unge- 
wöhnliche Ausbildungsweise, welche durch das Auftreten einer 
rauhen „basischen“ Fläche und eines in Verbindung damit 
stehenden treppenförmigen Aufbaues bedingt wird. Auf die 
‘ Prismenflächen einer Anzahl dieser Krystalle sind nämlich 
schmale Pyramidenflächen aufgesetzt. Diese werden von einer 
rauhen, matten, „basischen* Fläche abgestumpft, 
ganz ähnlich wie !dies M. BAUER von einem Rauchtopas aus 
Wallis beschrieben hat.*) Eibensowenig jedoch wie an dem 
Walliser Krystall ist dies die wirkliche Basis, da sie gegen 
die Hauptaxe schwach geneigt ist. Einige etwa 2 Cm. lange 
Krystalle schliessen mit dieser eigenthümlichen Fläche ab, — 
andere von 2 bis 3 Om. Grösse tragen in der Mitte dieser 
letzteren knopfartig eine verzogene Quarzpyramide mit kurzem 
Prisma, — auf noch zwei anderen erheben sich in treppen- 
formiger Aufeinanderfolge vier kurze tafelformige Prismen, von 
denen jedes obere einen kleineren Durchmesser besitzt, als 
‚das seine Basis bildende. Dieselben sind wie die untersten 
Hauptkrystalle Combinationen einer kurzen Prismenfläche, einer 
schmalen Pyramidenfläche und der rauhen basischen Fläche. 
Von diesen liegen die einander entsprechenden Pyramiden- 
flächen in einer Ebene, — denkt man sich dieselben über die 

*) Diese Zeitschrift 1574 pag. 194. 

5 * 


116 


einspringenden Winkel des treppenförmigen Aufbaues verlängert, 
so würden sie sich zu einer vollständigen Pyramide vereinen. 
Endlich ist ein Exemplar von 2 Cm. Höhe in der Weise 
thurmformig aufgebaut, dass acht immer kleiner werdende 
Prismen, jedes auf der rauhen basischen Fläche des vorigen 
aufsitzen. Es entsteht also hier eine sechsseitige, oben grade 
abgestumpfte, in diesem Falle jedoch sehr steile und hoch- 
stufige Treppe. (Siehe Taf. VII. Fig. 29.) 

Weniger auffällig als sie es auf den ersten Blick ist, 
gestaltet sich diese Erscheinung, wenn wir andere benachbarte 
Krystalle in Vergleich ziehen. An ihnen treten Flächen auf, 
welche ganz ähnlich, wie die beschriebene „Basis“, nur 
schräg und zwar unter bald mehr, bald weniger spitzem 
Winkel die Quarzprismen abschneiden. Auch auf ihnen erhebt 
sich eine Anzahl nach oben zu jedesmal kleiner werdender 
tafelformiger Prismen, so dass schräge Treppen entstehen. 
Es geht daraus hervor, dass diese Endflächen eine gesetz- 
mässige krystallographische Lage nicht besitzen, sosdern in 
ihrer Richtung, wie in ihrem Auftreten überhaupt, durchaus 
von Zufällen abhängig sind. 

M. Bauer erklärt 1. c. die Entstehung der basischen Fläche 
an dem von ihm beschriebenen Rauchtopas durch Anstossen 
des im Wachsthum begriffenen Krystalls an eine ihm gegen- 
über liegende Krystallfläche irgend eines Minerals, den treppen- 
formigen Aufbau aber des betreffenden Exemplars durch spa- 
teres nach Auflösung des hemmenden Minerals eintretendes 
Fortwachsen des Rauchtopases. Diese Deutung acceptiren wir 
auch für unsere Treppenquarze mit dem Zusatze, dass es bei 
letzteren Täfelehen von Kaliglimmer waren, welche sich an- 
fänglich den wachsenden Quarzen als Hindernisse in den Weg 
stellten, dann zersetzt und dadurch entführt wurden und als 
einzige Merkzeichen ihrer einstigen Existenz die beschriebenen 
Endflächen der Quarze hinterliessen. Dass dem so ist, wird 
durch den Umstand bewiesen, dass in einem ganz analogen 
Quarzvorkommen innerhalb granitischer Drusen bei Markers- 
dorf, sowie in einzelnen solchen bei Penig Reste jener Kali- 
glimmer-Tafeln innerhalb und an jenen Quarzen noch sichtbar 
sind, während die Hauptmasse des zersetzten Kaliglimmers, 
durch dessen Entfernung das unterbrochene Wachsthum sich 
fortsetzen konnte, verschwunden ist. 


17. 


Nicht weniger interessant sind die Resultate gewisser 
Zerstörungs- und Umwandlungsvorgänge des Feld- 
spaths eines dieser Gänge. Man denke sich zwischen den 
Quarzgruppen einzelne @Ürthoklasindividuen nur so weit hervor- 
ragen, dass P und x, sowie der in dem Winkel zwischen 
beiden Flächen liegende Theil von M, seltener kleine Par- 
tieen der Säule sichtbar sind. An die beiden Klinopinakoid- 
flächen der meisten dieser Orthoklase unserer Handstücke legt 
sich nun je ein tafelförmiger Albitzwilling in paralleler Axen- 
stellung an. Sehr eigenthümliche Verhältnisse zeigt der zwi- 
schen je zwei Albittafeln liegende Orthoklas. Statt wie ur- 
sprünglich aus einer fleischrothen homogenen Masse , besteht 
er aus lauter dünnen, eng nebeneinander stehenden wellig- 
bauchigen Lamellen von bräunlicher Farbe, welche durch zarte 
spaltenformige Zwischenräume getrennt werden. Diese La- 
mellen stehen senkrecht auf M, also auch auf den angrenzen- 
den Albittafeln und ebenso auf P und x, liegen also parallel 
der Hauptaxe und der Orthodiagonale. Basis und Hemidoma 
sind demnach wie mit zarten, aber tiefen horizontal verlau- 
fenden Einschnitten eng liniirt, während das Klinopinakoid ver- 
tical gestreift erscheinen wurde, wenn die darauf liegenden 
Albittafeln entfernt werden könnten. 

Nun ist ja einerseits der Process der Albitextraction aus 
natronhaltigen Orthoklasen, andererseits die Thatsache bekannt, 
dass gewisse Feldspäthe aus einer parallelen Verwachsung von 
abwechselnden Orthoklas- und Albitlamellen bestehen, wie wir 
dies auch von vielen Feldspäthen der granitischen und peg- 
matitischen Gänge des &ranulitgebiets nachweisen werden. 
Dasselbe ist nun, nach diesen Analogien zu schliessen, auch 
bei dem eben beschriebenen Vorkommniss ursprünglich der 
Fall gewesen. Die leichter zerstörbaren Lamellen von Albit 
wurden ausgelaugt, um sich anfänglich in Gestalt einzelner 
Kryställchen auf den Klinopinakoidflächen des theilweise zer- 
störten Mutterkrystalls anzusiedeln und bei anhaltender Sub- 
stanzzuführung allmälig zu einem tafelförmigen Individuum zu 
verwachsen, während von dem das Material liefernden Feld- 
spathe nur die reinen Orthoklaslamellen zurückblieben. 

G. vom RartH beschreibt aus den granitischen Gängen von 
Elba“), auf deren Analogie mit den unseren wir noch öfters 


*) Siehe diese Zeitschr. 1870 pag. 656, 


118 


zurückkommen werden, und zwar aus solchen von S. Piero in 
ganz ähnlicher Weise zerstörte Freldspäthe, deren zerfressenes 
Aussehen er ebenfalls nicht abgeneigt ist, aus ihrer ursprüng- 
lichen, lamellaren Verwachsung von Orthoklas und Albit her- 
zuleiten. Dass letzteres wirklich der Fall sei, hat später 
Strene*) durch mikroskopische Untersuchung von Dünn- 
schliffen nachgewiesen. Auch in Elba sitzen kleine Albit- 
kryställchen in paralleler Stellung auf dem Orthoklas, so dass 
sich dort, wie hier die nämlichen Erscheinungen wiederholen 
und gleicher genetischer Deutung unterliegen mussen. 

Mit der Albitextration war jedoch der Zerstorungsprocess 
des Feldspaths der Gänge von Rochsburg noch nicht abge- 
schlossen. Erhielten sich auch einige Orthoklas - Albit - Ver- 
wachsungen in der beschriebenen Form, so verfiel doch schliess- 
lich die Substanz mancher von der Albitauslaugung ubrig blei- 
benden blätterigen Ortboklas& einer Zersetzung und Um- 
wandlung in Kaliglimmer. Hat sich dieser bereits zwi- 
schen den Lamellen der zerfressenen Orthoklase in einzelnen 
'silberglänzenden, punktartigen Schüppchen angesiedelt, so bil- 
det er auf den Quarzen in der Umgebung derjenigen Feldspäthe, 
die der Zersetzung fast vollkommen verfallen sind, und von 
deren früherer Krystallgestalt kaum irgend welche Andeutung 
erhalten geblieben ist, zierliche radialschuppige oder rosetten- 
formige Gruppen von sehr kleinen gelblichweissen Blättchen. 
Die bei der Glimmerbildung ausgeschiedene Kieselsäure hat 
das Material zur Bildung einzelner Quarzkrystalle geliefert, 
welche sich auf den Flächen älterer truber Quarze, oft in 
paralleler Axenstellung angelegt haben, sich von diesen durch 
ihren grösseren Glanz unterscheider und z. Th. mit KRali- 
slimmer in einer Weise verwachsen sind, dass die Gleich- 
zeitigkeit der Entstehung beider fraglos ist. 

Nach allem dem spaltete sich der ursprünglich natron- 
haltige Orthoklas in Folge fortgesetzter Zersetzungsvor- 
gänge im Albit und Orthoklas und letzterer wiederum in 
Kaliglimmer und Quarz, so dass wir folgenden Stamm- 
baum erhalten: 


*) Streng, N. Jahrb. 1871 pag. 726. 


119 
Kaliglimmer _ Quarz 
Albit Örthoklas 


Ve 


Natronhaltiger Orthoklas 


Im Laufe unserer späteren Betrachtungen werden wir auf 
die an dieser Stelle kurz angedeutete Abstammung gewisser 
Kaliglimmer und vieler Albite von perthitartigem Feldspath 
noch ausführlicher einzugehen haben. 

Auf unsere genetischen Betrachtungen über die 
granitischen Gänge des Granulitgebirges ist das Vor- 
kommen orthoklasführender Quarzgänge von bedeutsamen Ein- 
fluss. Vergesellschaftet mit Ganggebilden von vollkommen reinem, 
derbem oder an Krystalldrusen reichem Quarz stellen sie selbst 
nur Modificationen derselben dar, die sich durch accessorisch 
eingesprengte oder in Drusen auskrystallisirte Feldspäthe von 
jenen unterscheiden, — gleichwerthig denjenigen Quarzgängen, 
welche local Schwefelkies- oder Flussspath - Einsprenglinge 
führen, und deren Entstehung durch Absatz aus wässeriger 
Lösung über jeden Zweifel erhaben ist. Das accessorische 
Vorkommen von etwas Feldspath in ein oder dem anderen 
derartigen Gange wird die Allgemeingultigkeit dieser gene- 
tischen Anschauung nicht beschränken ; weiss man doch längst, 
dass Feldspath so gut wie Quarz auf nassem Wege umkrystal- 
lisirt, von einem Orte nach dem anderen umsiedelt, — ein 
Vorgang, der so trefflich durch die Quarz-Orthoklas-Incrustate 
auf den Porphyrgeröllen des Euba’er Koblenconglomerates illu- 
strirt wird. *) 

Von den Feldspath- und oft auch etwas Glimmer - führenden 
Quarzgängen des sächsischen Granulitgebietes unterscheiden 
sich aber die granitischen Ganggebilde des genannten Ter- 
ritorii allein durch das so wie so weder bei den einen, 
noch bei den anderen constante Mischungsverhältniss ihrer 


*) Knor, N, Jahrb. für Min. 1859 pag. 595. — Vornser, ebendort 
1861 pag. 1 ff. 


120 
Gemengtheile.. Es stehen somit keine minerogenetischen Ein- 
würfe dem entgegen, die granitischen Gänge des Granulit- 
gebirges, in denen der Quarz seine vorwaltende Rolle mit dem 
Feldspath getauscht hat, für wässerigen Ursprungs zu 
erklären, falls gewisse höchst charakteristische 
Structurverhältnisse und Wachsthumserscheinun- 
gen des granitischen Gangmaterials solches wun- 
schenswerth machen sollten. 


3. Gänge von Albit, Kaliglimmer und Quarz im Granulit. 


Durch die bereits mehrmals erwähnten ausgedehnten Erd- 
arbeiten der Muldethalbahn sind in dem normalen Granulit, 
oberhalb der letzten Häuser von Rochsburg einige Gang- 
trümmer von etwa 5 Cm. Mächtigkeit zum Aufschluss gelangt, 
welche vorwaltend aus Albit und bald in grösserer, bald ge- 
ringerer Menge beigemengtem Kaliglimmer bestehen, 

Der Albit ist auf frischer Bruchfläche weiss mit einem 
Stich ins Rothliche, an seiner Oberfläche jedoch durch Eisen- 
oxydhydrat licht gelblichbraun gefärbt. Er bildet Krystalle 
von 0,5 Mm. bis 1,5 Um. Grösse, welche z. Th. allseitig aus- 
gebildet sind, z. Th. nur einzelne Flächen tragen, während 
noch andere Körner wie scharfkantige Fragmente zerborstener 
Individuen aussehen. Der Habitus der Albitkrystalle ist ent- 
weder durch Vorkerrschen des Brachypinakoides ein tafelfor- 
miger, oder, wie es besonders bei den kleineren Kryställchen 
der Fall ist, durch Zurücktreten dieser Fläche ein mehr pris- 
matischer. Auf ihren P-Flächen finden sich die aus der ge- 
wöhnlichen polysynthetischen Zwillingsverwachsung des Al- 
bits resultirenden einspringenden Winkel, während die P ent- 
sprechenden Spaltungsflächen der unregelmässig umgrenzten 
Krystallkörner eine ausserordentlich zarte, vielfache Zwillings- 
streifung erkennen lassen. Periklinartige Verwachsung wurde 
nicht beobachtet. Nicht wenige dieser Albitkrystalle, und zwar 
kleine sowohl wie grosse, sind hohl, dürfen jedoch nicht mit 
jenen albitischen Incrustaten des St. Gotthardter Adulars ver- 
glichen werden, sind vielmehr durch unvollkommene Raum- 
erfüllung beim gegenseitigen Verwachsen von nebeneinander 
stehenden kleineren Kryställchen entstanden. 

Vergesellschaftet mit oft nur vereinzelt, zuweilen aber 


121 


auch sehr reichlich auftretenden, glänzenden, weisslichgrauen 
Schuppen von Kaliglimmer, bilden derartige Albite ein 
wirres Krystallaggregat, welches in Folge nur stellenweiser, 
gegenseitiger Berührung und Verwachsung der einzelnen Indi- 
viduen keinen sehr festen Zusammenhalt besitzt und deshalb 
den Eindruck mancher künstlicher krystallinischer Niederschläge 
aus wässerigen Lösungen macht. Local ist das Korn dieses 
Albitaggregats ein so feines, dass man an ein locker-körniges 
Dolomitgestein erinnert wird. Andere Handstücke dieses 
Gangvorkommens bestehen aus einem Aggregat von vorwal- 
tenden Albitkrystallen und Quarzen, während der Glimmer 
zurücktritt. 

Die Deutung der Entstehung dieser Albit- Kaliglimmer- 
Quarz - Gange fallt nicht schwer, wenn wir, ganz abge- 
sehen von zahlreichen anderen wohlbekannten Albitvorkomm- 
nissen auf Orthoklas und abgesehen von anderweitig beschrie- 
benen Pseudomorphosen von Kaliglimmer nach Feldspath, nur 
die von uns oben dargelegten und später noch eingehender 
zu verfolgende Abstammung gewisser Albite, Kaliglimmer und 
Quarze von albithaltigen Orthoklasen ins Auge fassen, Einem 
ahnlichen Zersetzungs - und Auslaugungsprocess, wie er dort 
im Kleinen innerhalb des engen Rahmens eines Drusenraumes 
vor sich ging, verdanken auch die eben besprochenen Gänge 
ihren Ursprung, nur waren es hier nicht einzelne perthitartig 
verwachsene Albit-Orthoklase, sondern die gesammten Massen 
des wesentlich aus natronhaltigem Orthoklas bestehenden nor- 
malen Granulits, welche ganz entsprechend dem oben ent- 
worfenen Stammbaume durch ÄAuslaugung den Albit und durch 
Zersetzung des Orthoklases den Kaliglimmer und Quarz lie- 
ferten. Dass wir von .„‚natronhaltigem Orthoklas‘‘ des granu- 
litischen Nebengesteins jetzt und später sprechen dürfen, geht 
einerseits aus STELZNER’sS und ZIRKEL’s mikroskopischen Unter- 
suchungen der Granulite*) hervor, nach denen der feldspathige 
Gemengtheil jenes Gesteins ausschliesslich Orthoklas 
ist, andererseits aus den von SCHEERER veröffentlichten Ana- 
)ysen**), denen zufolge die sächsischen Granulite im Durch- 


*) STELZNER, N. Jahrb. 1871 pag. 246. — Zunkern, Mikroskop. 
Beschaff. pag. 466. 
..#H).N. Jahrb. 1873 pag. 5. 


122 
sehnitt 2,5 pCt. Natron enthalten. welches demnach nur als 
Vertreter des Kali im Orthoklas aufgefasst werden kann. 

In den oben beschriebenen Gängen haben wir ein körnig- 
krystallinisches Aggregat von Feldspath, Quarz und Glimmer, 
also eine Art von Granit vor uns, welcher unbedingt eine 
wässerige Entstehung zukommt, die ihr kein Geologe 
abzustreiten willens oder im Stande sein wird. 


4. Granitische Gänge im Granulit. 


Nebengestein und Gangverhältnisse. Zu den 
gewöhnlichsten Erscheinungen des sächsischen Granulitgebietes 
gehören granitische Gänge von röthlichkem Orthoklas, grün- 
lichem Oligoklas, grauem Quarz und schwarzem oder weissem 
Glimmer, welche bald in grösserer Auzahl vergesellschaftet, 
bald vereinzelt fast in jedem Aufschlusse dem Beobachter 
entgegen treten und noch mehr Mannigfaltigkeit in diese schon 
an und für sich hochinteressante Gegend bringen. Erscheint 
nun auch das gesammte Granulitterritorium von solchen Granit- 
gängen durchschwärmt, so ergiebt doch eine etwas eingehen- 
dere Beobachtung, dass sie sich wesentlich auf das Gebiet des 
eigentlichen Granulits beschränken, in den letzterem eingela- 
gerten Serpentin-, Eklogit-, Cordieritgneiss- und Granatfels- 
partieen jedoch nur selten auftreten und ebensowenig in die 
das Granulitgebirge aberlagernde Schieferzone hineinsetzen. 
Das Nebengestein unserer granitischen Gänge ist demnach 
in bei Weiten den meisten Fällen Granulit in allen seinen 
durch Fehlen oder Erscheinen von Glimmer bedingten Varie- 
täten, als deren extreme Glieder normaler, fast weisser, ferner 
gneissartiger grauer, sowie granitischer röthlicher Granulit zu 
nennen sind. Von ganz verschiedenem petrographischem CUha- 
rakter sind diejenigen granitischen Gänge, welche in anderen 
Gliedern des Granulitgebirges und zwar namentlich in ein- 
zelnen Vorkommen des Hornblendeschiefers,. des Augitschiefers 
und Eklogits aufsetzen und deshalb in einem besonderen Ab- 
schnitt behandelt werden sollen. | 

Die Form der zu besprechenden granitischen Gänge ist 
eine ausserordentlich abwechslungsreiche. In vielen Fällen 
sind ihre seitlichen Begrenzungsflächen so parallel und eben- 
flächig wie nur denkbar, in anderen nähern sich dieselben 


123 


allseitig allmäalig, bis sie sich schneiden, so dass sie linsen- 


_ förmige, jedoch die Granulitschichten durchsetzende Nester 


umschliessen. Hier bilden sie wellig - zackig gewundene 
Schmitze, welche sich stellenweise bei unbedeutender Längen- 
ausdehnüng zu unverhältnissmässiger Dicke aufblahen, dort 
machen sie treppenförmige Sprünge, indem sie den sich kreu- 
zenden Klüften des Gesteins folgen, schneiden auch wohl an 
diesen plötzlich ab oder zersplittern sich in zahlreiche Trümer. 

Ihre Mächtigkeit ist eine sehr schwankende, jedoch 
im Durchschnitt unbedeutende; in bei Weiten den meisten 
Fällen beträgt sie nur 3 bis 15 Cm., zuweilen noch weniger, 
oft aber auch 15 bis 30, selten 30 bis 60 Cm,, während mir 
kaum ein Fall einer $ M. mächtigen granitischen Gangsecretion 
bekannt ist, obwohl ich mehrere Hundert derartiger Vorkom- 
men an Ort und Stelle besichtigt habe. 

Auch das Anhalten, also die Längenerstreckung dieser 
Gänge ist kein beträchtliches; als sein Maximum konnten 
20 M. festgestellt werden, jedoch ist die Gelegenheit zur Ver- 
folgung der Gänge in ihrer Horizontalausdehnung so selten 
geboten, dass die Existenz längerer. Gänge nicht unwahr- 
scheinlich ist. 

Die beiderseitige Begrenzung zwischen Gängen und Neben- 
sestein ist in vielen Fällen eine sehr scharfe, z. Th. wie mit 
der Feder gezogene, und erhält oft durch Ablösungsflächen 
oder durch chloritisch - glimmerige Salbänder einen noch 
bestimmteren Ausdruck. Dann trennt, besonders bei eintre- 
tender Verwitterung, ein Hammerschlag Gang und Neben- 
gestein durch eine spiegelglatte Begrenzungsfläche, so dass es 
bei gewissen Vorkommnissen schwer hält, beide in einem 
Handstuck zu erlangen. Oft freilich sind auch die Mineral- 
individuen der Gangmasse unmittelbar auf denen des Neben- 
gesteins so fest aufgewachsen, dass die Ganggrenze durch 
nicht die geringste Discontinuität, sondern ausschliesslich durch 
plötzlichen Wechsel der Structur und Farbe bezeichnet wird. 

Fragmente des Nebengesteins sind in diesen gra- 
nitischen Gängen eine ziemlich gewöhnliche Erscheinung. Nicht 
selten lässt sich die Stelle, von der sie losgebrochen sind, 


mit Sicherheit nachweisen, was namentlich dort der Fall ist, 


wo durch Gabelung oder Zersplitterung des Ganges oder 
durch Scharung mehrerer Gänge zungenförmig in die Gang- 


124 


spalte ragende Keile oder scharfe Ecken entstanden sind. 
Bei der dem Gestein eigenthümlichen Zerklüftung zum Ab- 
brechen besonders geeignet, finden sich dieselben jetzt, leicht 
erkennbar an ihren dreiseitigen Umrissen, inmitten der Gang- 
masse durch einen Streifen der letzteren von der Stelle ihres 
einstigen Zusammenhanges getrennt. Taf. VII. Fig. 2 u. 3 
illustriren dieses Vorkommen. Ferner kann der Fall eintreten, 
dass sich eine Gangspalte im Verlaufe ihres Ausfullungspro- 
cesses durch locales Nachbrechen ihres klüftigen Nebengesteins 
zu einer höhlenartigen Weitung ausbildet, in welcher sich jetzt 
nach erfolgter Ausfüllung durch die Gangmineralien die nach- 
gestürzten Trümmer als Einschlusse in der Gangmasse prä- 
sentiren, wie dies z. B. Fig. 1 auf Taf. VII. zeigt. Die 
Brüchigkeit des Nebengesteins und das Loslösen seitlicher 
Schollen desselben kann auch zur Folge gehabt haben, dass 
sich der Gang local in zahlreiche schwache Trumer zerschla- 
gen oder ein breccienartiges Aussehen erhalten hat. Derartige 
Vorkommen von Nebengesteinsbruchstücken mit einer eruptiven 
Entstehungsweise granitischer Gänge in unbedingte Abhängig- 
keit zu bringen, wie dies früher wohl geschehen, ist selbst- 
verständlich unstatthaft, wiederholen sie sich doch u. A. und 
ganz abgesehen von fast jedem Erzgange auf ähnliche Weise 
in den das Granulitgebiet in grosser Zahl durchsetzenden 
Schwerspathgängen. 

Was die Schichtenlage des den granitischen Gängen 
benachbarten Granulits betrifft, so ist dieselbe durch die Ge- 
sammtheit der mechanischen Gangbildungsvorgänge unberührt 
geblieben: die Granulitschichten schneiden scharf an den Gang- 
wänden ab, ohne ihre allgemeine Richtung zu verändern. Nur 
selten machen sich Ausnahmen von dieser Regel in der Weise 
geltend, dass die dem einen Salbande des Ganges zugewen- 
deten Schichtenenden auf 6—8 Cm., sehr selten auf grössere 
Entfernung in schon geschwungener Krümmung nach oben, 
am anderen Salbande aber nach unten gebogen sind, wie 
dies Fig.5 Taf. VII. zeigt. Nicht die besonders mächtigen, son- 
dern im Gegentheil nur wenige Centimeter starke Granitgänge 
sind es, an denen diese Erscheinung zuweilen wahrgenommen 
wurde. Undes entspricht solches der genetischen Deutung dieser 
Schichtenstörungen. Sind diese doch nicht etwa eine, vielleicht 
sogar als Beweismittel für Eruptivität zu betrachtende Folge 


125 


der Gangbildung, sondern derselben lange vorausgegangen 
und waren bereits ermöglicht durch das Aufreissen der Spal- 
ten. In Folge der Zerstorung ihres Zusammenhanges verloren 
gewaltige Partieen des Granulits ihren Halt und rutschten auf 
einer Kluftfläche langsam ın ein etwas tieferes Niveau, wobei 
durch die enorme Reibung die Schichtenenden der sich be- 
wegenden Felsmasse nach oben, diejenigen des die festlie- 
liegende Bahn abgebenden Gesteins nach unten geschleift 
und gekrümmt wurden, — ein Vorgang, der sich besonders 
deutlich dort verkörpert findet, wo, wie durch Fig. 10 Taf. VII. 
illustrirt, Granitgang, Schichtenbiegung und Verwerfung com- 
binirt sind. Letztere tritt in dem abgebildeten, mir von Herrn 
Dr. Datue mitgetheilten Profile dadurch so klar hervor, dass 
sie die Schichtenenden einer Anzahl sehr glimmerreicher und 
deshalb dunklerer Zwischenlagen des lichten Normalgranulits 
verbogen und gegeneinander verschoben hat. Bei breit klaf- 
fenden, ihre anfängliche Weite bis zu ihrer Ausfüllung beibe- 
haltenden Spalten konnten derartige Reibungserscheinungen na- 
turlicherweise nicht eintreten, und das ist der Grund, weshalb 
die beschriebene Schichtenstörung, wo sie überhaupt beobachtet 
wurde, meist an schmale Trumer gebunden, bei mächtigen 
Gängen aber selten ist. 

Dass, wie übrigens selbstverständlich, Verrückungen und 
Rutschungen des durch die Spaltenbildung zerklüfteten Gra- 
nulits stattgefunden, zeigt das in Fig. 4 Taf. VII. abgebildete 
Gangprofil, welches einem Einschnitte der Muldethalbahn ober- 
halb Rochsburg entnommen ist. er dortige plattenförmige, 
graue, glimmerführende Granulit wird von zwei einander etwa 
rechtwinklig schneidenden Kluftsystemen durchsetzt. Dem 
einen derselben entspricht ein einige 20 Cm. mächtiger Granit- 
gang a mit haarscharfen Salbandern und wunderbar eben- 
flächiger Begrenzung. In das Liegende dieses Ganges lauft 
von letzterem aus unter ungefähr rechtem Winkel ein 3 Um, 


.mächtiges, dem zweiten Kluftsysteme entsprechendes Trum b 


ab. Auf ihm ist nun dessen Hangendes c um einige Zoll 
herabgerutscht, so dass nicht nur eine Verwerfung seines 
Nebengesteins, sondern zugleich auch eine sprungartige Er- 
weiterung des Hauptganges a stattgefunden hat. Unterhalb 
dieser Rutschung misst letzterer 24, oberhalb derselben 29 Cm. 

Weder nach ihrem Streicheu, noch nach ihrem Fallen 


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- 126 


halten die granitischen Gänge des Granulitgebiets ein be- 
stimmtes Gesetz ein, gehören vielmehr den verSchiedenartigsten 
Himmels- und Fallrichtungen an und schneiden sich deshalb 
im Falle ihrer Vergeselischaftung sehr gewöhnlich. Abgesehen 
von vielen anderen Beispielen war es eine jetzt leider durch 
den Bau der Muldebahn verschüttete Felswand direct unterhalb 
der Spinnerei Amerika bei Penig, wo das wirre Durcheinander 
dieser Gänge in schönem Profil aufgeschlossen war. Ausser 
vielen kleinen, oft wellig gebogenen Trümern kamen bier ein 
auf dem Kopf stehender‘, zwei horizontale, ein unter 45 Grad 


fallender und ein kuppelförmig gewölbter Granitgang von 18 


bis 50 Cm. Mächtigkeit zum gegenseitigen Durchschnitt. Jedoch 
sind eigentliche Durchsetzungen oder wirkliche Verwerfun- 
gen eines älteren Ganges durch einen jüngeren nur selten zu 
beobachten. Ein solcher Fall ist mir von der Etzdorfer Mühle 
im Striegis-Thale bekannt, wo ein 4 Cm. mächtiger Gang von 
glasigem, sprödem Quarz mit röthlichen Feldspath-Einspreng- 
lingen von einem echt granitischen Gange scharf durchsetzt 
und um seine Mächtigkeit verworfen wird (siehe Taf. VII. 
Fig. 6), so dass hier sicher eine ältere und eine jüngere Gang- 
bildung vorliegt. Im Allgemeinen jedoch scheint die Ausfüllung 
der verschiedener Richtung angehörigen Gänge in den nehm- 
lichen Zeiträumen vor sich gegangen zu sein. Hierfür spricht 
namentlich noch die Erscheinung, dass sich bei vorhandenem, 
petrographisch von der Hauptgangmasse verschiedenem Sal- 
band dieses ununterbrochen aus einem Gang in den ihn kreu- 
zenden umbiegt und in ihm weiter forterstreckt. Mit wirk- 
lichen Verwerfungen dürfen die kleinen Gangauslenkungen 
nicht verwechselt werden, welche dadurch hervorgebracht wor- 
den sind, dass entstehende Spalten bereits vorhandenen eine 
Strecke weit folgten, ehe sie in ihrer alten Richtung weiter 
fortsetzten. 

Die wesentlichen mineralischen Gemengtheile 
dieser Gänge sind Feldspath, Quarz und Glimmer. 

Der Orthoklas kommt einerseits als Gemengtheil des 
granitischen Aggregats, andererseits aus diesem in Drusen- 
raume hineinragend in 'theilweise entwickelter ‚Krystaliform 
vor. In ersterem Falle ist er zuweilen schneeweiss, meist 
aber lichtfleischroth oder hellröthlichgelb, seltener dunkelblut- 
roth gefärbt. Zwillingsverwachsungen nach dem Carlsbader 


U 


127 


Gesetz sind nicht selten. Seine in Drusen zur Entfaltung 
gebrachte Krystallgestalt ist einformig und flächenarm. Säule, 
Klinopinakoid, Basis und Hemidoma sind bald zu tafelförmi- 
gem, bald zu rectangulär säulenformigem Habitus entwickelt. 
Zuweilen tritt noch das Klinoprisma z, ferner das seltene 
Orthopinakoid k als schmale Abstumpfungsflächen der verti- 
calen Kanten hinzu, — bei anderen Krystallen hingegen fehlen 
nicht nur diese, sondern auch das Klinopinakoid. Selten ist 
das sonst so gewöhnliche Hemidoma y. Wie es in Elba der 
Fall ist*), so wenden auch in unseren Gängen die aus dem 
Granitaggregate in die Drusen ragenden Orthoklase die End- 
fläche o P meist den Drusenwandungen zu, so dass sie haufig 
ganz verdeckt wird, während die Hemidomen x und, wo vor- 
handen, y die freie, der Beobachtung am besten zugängige 
Seite des Krystallendes bilden. Eine fernere Uebereinstim- 
mung mit den Orthoklasen von Elba zeigt sich darin, dass 
der von G. vom RırH**) beschriebene silberglänzende Schim- 
mer auch an manchen unserer Orthoklase zu beobachten ist. 
Er beschränkt sich hier auf die Kanten x:T und T:z, die 
dann silberglänzend gesäumt sind. Dieser schöne Schimmer 
scheint daher zu rühren, dass auf den Jder Verwitterung am 
meisten ausgesetzten Kanten bereits ausserordentlich zarte 
Schüppchen von Kaliglimmer zur Ausbildung gelangten, wäh- 
rend der Rest der Flächen noch ganz frisch und deshalb glas- 
glänzend ist. 

Der Oligoklas kommt nur in wenig Gängen mit ‚dem 
Orthoklas grob-krystallinisch verwachsen vor. Er besitzt dann 
eine lichtgrüne Farbe, einen ausgezeichneten Glasglanz, der 
den des Orthoklases übertrifft, eine auffällig starke Durchsich- 
tigkeit und endlich eine ausserordentlich zarte Zwillingsstrei- 
fung. In einzelnen Gängen (z. B. im Muldethal, direct unter- 
halb Amerika) wird der Orthoklas local durch Oligoklas voll- 
kommen ersetzt, in anderen sind die Oligoklas - Individuen so 
gestellt, dass sie augenscheinlich zuerst von allen Mineral- 
bestandtheilen des dortigen Granits an den Salbändern an- 
geschossen sind. 

Der Albit spielt in den granitischen Gängen eine ebenso 


*) vom Ratn, diese Zeitschr. 1870. pag. 094. 
**)]. ec. pag: 695. 


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128 


wichtige wie interessante Rolle. Ursprünglich mit dem Ortho- 


klas in dünnen Schmitzen und Lamellen perthitähnlich ver- £ 


wachsen, kann er durch Auslaugung seiner ersten Heimath 
entzogen werden und sich in wohlausgebildeten Krystallen in 
Drusenräumen und zwar meist in regelmässiger Verwachsung 


mit seinem Mutterminerale wieder ansiedeln, wie wir dies im 


Verlaufe dieses und des folgenden Abschnittes nachweisen 
wollen. | 

Der Quarz bietet als granitisches Gemengtheil keine 
irgendwie auffällige Erscheinung dar, höchstens dass sein 
Reichthum an Flüssigkeitseinschlüssen bemerkenswerth wäre. 
Auch die in Drusenräumen auskrystallisirten Quarze sind 
ausserordentlich einförmig. An allen sind ausschliesslich Prisma 
and die beiden Rhomboäder vorhanden, Rhomben- und Trapez- 
flächen hingegen nur in einem einzigen der eigentlich grani- 
tischen “ange beobachtet worden. Ausserdem sind auch die 
gesammten Krystaillächen meist‘ matt und trübe. Im Mulde- 
thal unterhalb Penig sind an verschiedenen Aufschlusspunkten 
Scepterquarze von grosser Zierlichkeit und Klarheit gefunden 
worden. 

Einiges Interesse erregt der Quarz eines Granitganges 
unmittelbar oberhalb Markersdorf im Chemnitzthal durch sein 
seltsam zerfressenes Aussehen. Sehr zarte durchscheinende 
Quarzlamellen, deren obere Ränder oft sägeförmig gezahnt 
sind, ziehen sich vollkommen parallel zu einander, getrennt 
durch nur papierdünne Zwischenräume auf den Wandungen 
der Drusenräume jenes Ganges hin. Ganz analoge Vorkomm- 
nisse der Insel Elba haben BreitHaupt und G. vom Rat mit 
einem Stuck Wachs verglichen, welches eine Näherin oft ge- 
braucht und durch das häufige Durchziehen der Fäden mit 
scharfen tiefen Einschnitten versehen hat. Unter ihnen ent- 
deckte BREITHAUPT die beiden seltenen Mineralien Castor und 
Pollux, welche nach G. vom RartH mit Bezug auf ihren äusseren 
Habitus nur schwer von jenen Quarzen unterscheidbar sind und 


mit diesen selbst von geubtem Auge verwechselt werden kön- 


nen. Die auffallende *ehnlichkeit unserer und jener Elba’er 
Quarze, die noch frappantere Analogie ihres Vorkommens 
erregte die Hoffnung, die genannten seltenen Mineralien auch 
in den Granitgängen des sächsischen Granulitgebiets nachzu- 
weisen, — eine Hoffnung, die sich bis jetzt als eitel erwies. 


Der Magnesiaglimmer, meist von glänzendem Braun- 
schwarz, bildet fast stets unregelmässig sechsseitig conturirte 
dünnblättrige Tafeln, welche in sehr vielen Granitgängen des 
Granulitgebirges eine höchst charakteristische Stellung und 
zwar entweder parallel oder rechtwinklig zu den Salbändern 
einnehmen, wie wir ausführlich schildern werden, In manchen 
Gängen haben die Glimmertafeln in Folge einseitiger horizon- 
taler Verzerrung eine largbandformige Gestalt angenommen, 
erreichen bei 0,5 bis 1 Um. Breite eine Länge von 7 bis 10 Cm, 
und durchschiessen, von den Salbändern ausgehend, quer die 
granitische Gangmasse (so bei Rochsburg, Carlseiche und 
Wolkenburg im Muldethal). 

Der Kaliglimmer in Blättchen und Tafeln von silber- 
weisser, lichtgelblicher oder grauer Farbe vertritt zuweilen, so 
in den Gängen an der Scheibe bei Penig, den Magnesiaglimmer 
vollständig, — häufiger noch nehmen beide Glimmerarten ge- 
meinschaftlich an der Zusammensetzung granitischer Gänge 
Theil, jedoch ist dann häufig der Kaliglimmer auf die centralen, 
der Magnesiaglimmer auf die seitlichen Zonen dieser Gänge 
beschränkt. 

Neben diesen sechs wesentlichen Gemengtheilen der gra- 
nitischen Gangmasse kommen in letzterer noch folgende Mine- 
ralien accessorisch vor: 

Turmalin von ausnahmslos schwarzer Farbe in saulig- 
strahligen Partieen und zwar fast stets auf die Centralzone der 
Gänge beschränkt. 
| Granat in braunrothen, stecknadelkopf- bis kleinerbsen- 
grossen Ikositetra&dern im Granit der Scheibe bei Penig und 
in dem von Markersdorf. 

Braunspath und Kalkspath. Die Wandungen der 
schmalspaltenförmigen Oentraldrusen eines granitischen Ganges 
bei Amerika sind überzogen von einer Lage körnigen, licht- 
gelblichen Braunspathes, oder eisenschüssigen, magnesiahaltigen 
Kalkspathes, welcher in der Richtung nach der Oentralspalte 
zu in Folge von dort aus eindringender Oxydation des Eisen- 
oxyduls eine immer dunklere und zuletzt intensiv braune Farbe 
annimmt und sich dann zu erdigem Eisenoxydhydrat umge- 
‚wandelt hat.° Auf dieser Brauneisensteinkruste sitzen nun 
einzelne bis centimetergrosse, weisse, durchscheinende Kalk- 
spath-Rhombo&der und zwar —-R, und zwischen ihnen stellen- 

Zeits.d, D. geol, Ges, XXVIL 1. 9) 


130 


weise zahlreiche Kalkspäthchen .von viel unbedeutenderen Di- 
mensionen. Der hydrockemische Process der Spaltuag eines 
durch Beimengungen einer anderen Substanz verunreinigten 
Minerals in diese seine zwei Bestandtheile liegt in ‚dem eben 
beschriebenen Falle ausserordentlich klar vor Augen. Durch 
Einwirkung Kohlensäure - und Sauerstoff - haltigen Wassers, 
welches die Drusenwände binabrieselte, wurde dem Urminerale 
das Kalk-, sowie das in geringen Mengen vorhandene Magnesia- 
*carbonat entzogen, während sich aus dem gleichzeitig ent- 
stechenden Eisenoxydulbicarbonat in Folge der Gegenwart von 
Sauerstoff Brauneisenstein ausschied, auf welchem die dem 
Muttermineral entführten erdigen Carbonate als schwach 
magnesiahaltiger Kalkspath wieder auskrystallisirten. 
Varietäten der Ganggranite. Besteht auch die 
Ausfüllungsmasse der granitischen Gänge des Granulitgebiets 
in bei Weitem den meisten Fällen aus den Gemengiheilen des 
normalen Granits, also aus viel Orthoklas, wenig Oligo- 
klas, Quarz und Glimmer, so fehlt doch das zuletzt genannte 
Mineral zuweilen vollkommen, oder wird durch ein anderes 
ersetzt, so dass auf diesem Wege gewisse ziemlich hervor- 
stechende Gesteinsmodificationen erzeugt werden. So entsteht 
in gewissen Gängen bei Wolkenburg und Amerika durch 
Zurücktreten des Glimmers ein feinkörniges, ausserordentlich 
gleichmässiges und constantes Gemenge von ÖOrthoklas und 
Quarz, also Halbgranit, ferner durch theilweise oder gänz- 
liche Stellvertretung des Glimmers von Seiten des Turmalins 
eine Art Turmalingranit, ein grobkörniges Aggregat von 
lichtfleischrothem Orthoklas, grossen Körnern von stark glän- 
zendem Quarz und federkielstarken kürzeren oder längeren 
Säulen von schwarzem Turmalin, welche alle in etwa gleicher 
Menge vorhanden sind. Namentlich schön ist dieser Tur- 
malingranit in einem Bahneinschnitte an der Nordseite von 
Friedemannsklippe im Muldethal vorgekommen. Ferner könnte 
man dort, wo die Gangausfüllungsmasse, wie unterhalb Ame- 
rika, von sehr reichlichem, lichtgrünem Oligoklas, rothem 
Orthoklas, wenig Quarz und schwärzlich braunem Magnesia- 
glimmer gebildet wird, während Kaliglimmer fehlt, neben dem 
normalen Granit-Aggregat einen Granitit unterscheiden, um 
eine wenn auch 'sehr variable Modification der granitischen 
Gänge zu bezeichnen. Endlich nehmen letztere auch voll- 


kommen den Charakter des Pegmatits an; dann fällt ihre Be- 
schreibung dem nächsten Abschnitte dieser Arbeit anheim. 

Structurverhältnisse. Bei ihrer verhältnissmässigen 
Armuth an accessorischen Bestandtheilen und der Seltenheit 
der Mehrzahl dieser letzteren, wurde sich die Combination der 
eben aufgezählten wesentlichen %angmineralien an Hunderten 
von Gängen in ermüdender Einförmigkeit wiederholen, wenn 
nicht durch die Mannigfaltigkeit ihrer Aggregationsweise ab- 
wechslungsreiche, genetisch hoch interessante Structurver- 
hältnisse hervorgebracht würden, welche unseren Granit- 
gangen den Stempel ihrer Entstehung auf das Unverkennbarste 
aufdrücken und sie als von den Gängen der Eruptivgranite 
anderer Gegenden dyrchaus verschiedene Gebilde kennzeichnen, 
ohne bis jetzt hervorgehoben und geologisch ausgenutzt wor- 
den zu sein, 

An den granitischen Gängen des Granulitgebirges sind 
folgende Strueturformen beobachtet worden: l) die massig- 
granitische, 2) die stengelige, 3) die symmetrisch-lagenförmige, 
4) die breecienartige, 5) die eoncentrisch-lagenförmige (cocar- 
denartige), 6) die zellig-cavernöse, 7) die central-drusige 
Structur. 

1) Die massige, für echte Granitgäange so charak- 


_ teristische Structur findet sich rein, also ohne wenigstens mit 


Andeutungen einer der übrigen genannten Aggregationsformen 
combinirt zu sein, an den in das Gebiet unserer Beobachtung 
fallenden granitischen Gangbildungen nur selten. Als typisches 
Beispiel mag die Beschreibung eines Zanges folgen, welcher 
im Muldethal an der granulitischen Felswand direct unterhalb 
Amerika nach seinem Streichen aufgeschlossen war. Seine 
Längenerstreckung ist eine nur unbedeutende und beträgt nicht 
mehr als 12 bis 13 M., indem sich der Gang in beiden 
Richtungen seines Streichens auskeilt. Im Querschnitte besitzt 
er eine höchst unregelmässige Gestaltung. Bei einer vorwiegen- 
den Mächtigkeit von 8 bis 10 Om. bläht sich bald seine han- 
gende, bald seine liegende Grenzfläche zu welligen oder kuppel- 


‚ formigen Weitungen auf, wodurch eine Maximalmächtigkeit 


von 15 bis 18 Cm. erreicht wird. Ausserdem sendet er nach 
diesen beiden Richtungen einige sich nach kurzem Verlaufe 
auskeilende Trumer ab, wird zu mehreren Malen aus seiner 
Hauptrichtung von Klüften abgelenkt und umschliesst hier und 


9* 


BE ER LERNTE Ta a SEE 
le NE = RE PH 
e = ee I 


‘da ein von der Spaltenwandung losgebrochenes Fragment 
seines Nebengesteins. Die Ausfüllungsmasse dieses Ganges- 


besteht aus einem granitischen, prachtvoll grobkrystallinischen 
Gemenge von fleischfarbigem Orthoklas, viel lichtgrunem Oli- 
goklas mit 1,5 bis 3 Cm. grossen, glänzenden, zart zwillings- 
streifigen Spaltungsflächen, grauen, glasigen Quarzkörnern, 
grossen z. Th. sechsseitigen Tafeln von glänzend schwarzem 
Magnesiaglimmer, die oft bandartig verzerrt sind und endlich 
selteneren kleinen Blättchen von silberweissem Kaliglimmer. 
Die Orthoklasindividuen haben nicht selten Krystallgestalt und 
geben je nach der Richtung des Gesteinsbruches breite sechs- 
seitige oder schmalere leistenförmige Durchschnitte, nicht selten 


mit Carlsbader Zwillingsverwachsung. Grössere Spaltungs- . 


individuen sind oft zart schriftgranitisch von Quarz durch- 
wachsen. An besonders engen Partieen des Ganges und in 
den Nebentrümern desselben verschwindet der Orthoklas gänz- 
lich oder fast vollkommen, so dass das Gestein eine durch 
das Vorwalten des Oligoklas bedingte lichtgrüne Färbung 
erhalt; zugleich aber tritt dadurch, dass sich die Glimmer- 
blätter rechtwiuklig auf das Salband stellen, die Andeutung 
einer stengeligen Structur ein. 


Auch im Scheibenbruche oberhalb Penig sieht man 
granitische Gänge von massiger Structur den Granulit durch- 


setzen. Sie sind ebenfalls grobkrystallinisch und bestehen aus 
vorwaltenden 2 bis 4 Cm. grossen Individuen und grossen 
Körnern von diesmal schneeweissem Orthoklas und derben 
Partieen von lichtgrauem Quarz, welche aus einem klein- 
körnigen Gemenge von lichtgelblichem Oligoklas, Quarz- 
körnern, zablreichen aber kleinen Kaliglimmerschuppen und 
einzelnen Granatikositetraedern porphyrartig hervortreten. Die 
mikroskopische Untersuchung dieses wie des eben beschrie- 
benen Ganggranits ergiebt ausser dem zu betonenden Reich- 
thum des Quarzes an Flussigkeitseinschlüssen nichts Erwäh- 
nenswerthes. Interessant ist die Erscheinung, dass die grossen 


Orthoklasindividuen nicht selten geborsten sind, und dass sich 


auf den Wandungen der entstandenen Risse kleine Gruppen 
von Kaliglimmer, sowie klare Quarzkryställchen angesiedelt 
haben. Haäufiger noch sind die geborstenen Feldspäthe durch 
glasige Quarzsubstanz, wie mit einem glänzenden Firniss 
wieder verkittet. So vollkommen auch die massig-krystalli- 


133 


nische Structur dieser Gänge erscheint, so neigt sie doch be- 


reits dadurch zu symmetrisch -lagenformiger Ausbildung hin, 


dass das Korn der granitischen Gangmasse nach den Sal- 


bändern zu nicht selten bedeutend grober ist, als in der 
Centralzone. 

2) Stengelige Structur nehmen die granitischen Gänge 
dadurch an, dass sich ein oder mehrere ihrer Bestandtheile un- 
gefähr rechtwinklig oder wenigstens quer auf die Salbänder 
stellen. Namentlich häufig ist dies beim Magnesiaglimmer 
der Fall (siehe Fig. 14, 15 u. 18), der ganz gewöhnlich von 
den Gangwandungen aus nach der Mitte zu angeschossen und 
dann fast stets in dieser Richtung bandförmig verlängert 
ist, Bei Gängen von geringer Mächtigkeit erreichen und be- 
gegnen sich die beiderseitigen Glimmerlamellen, wie dies 
z. B. bei einem in Fig. 14 Taf. VII. wiedergegebenen Gange 
des Chemuitzthales unterhalb Diethensdorf der Fall ist, — bei 
solchen von bedeutender Mächtigkeit hingegen beschränken sie 
sich auf die randlichen, dem Salbande zunächst liegenden 
Zonen, während die mittlere Gangzone echt granitisch-körnige 
Structur besitzt. In allen diesen sehr häufigen Fällen haben 
die Glimmertafeln eine zwar auf der Gangwandung ziemlich 
rechtwinklige, aber unter sich ordnungslose und wirre Stellung 
inne, — es zeigt sich jedoch auch die interessante Erschei- 
nung, auf die mich zuerst Herr Dr. Lenmann aufmerksam 
machte, dass dieselben nicht nur unter sich, sondern auch mit 
den Glimmerschüppchen des benachbarten Gneiss - Granulits 
parallel stehen, ja auf letzteren in der Weise aufgewachsen 
sind, dass sie deren Fortsetzung bilden (siehe Fig. 15 Taf. VII.). 
Man hat sich dies so zu erklären, dass die im Gneissgranulit 
aufgerissene Spalte mit diesem auch die für ihn charakteristi- 
schen, parallel gelagerten Glimmerblättehen durchsetzte, welche 
nun im Querschnitte auf den Spaltenwandungen sichtbar wurden 
und beim Eintritt von Mineralsolutionen den Impuls und die 
Basis für eine neue Glimmerbildung gaben, mit anderen Worten 
in der Richtung ihrer fruheren Ausdehnung weiter fortwuchsen. 
Diese Parallelität der Gangglimmertafeln sowohl untereinander, 
wie mit dem Granulitglimmer hat zur Folge, dass man beim 
Zerschlagen des Ganges in der Richtung der Nebengesteins- 
schichten wie auf diesen letzteren lauter Glimmer, aber wenig 
Feldspath und Quarz, hingegen auf dem Bruche rechtwinklig 


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ee ER TDE EE 
a Er en St 
x 
2 134 
e® 


darauf wie beim Nebengestein nur die zarten, linienförmigen 


Querschnitte‘der Glimmertafeln und zwischen ihnen viel Quarz 


und Feldspath erblickt, wie dies in Fig. 15 Taf. VI. dar- 


gestellt ist. 

Bei vielen anderen nur wenige Centimeter mächtigen Gän- 
gen, welche vorwaltend oder ausschliesslich aus Feldspath und 
Quarz bestehen, sind diese in langen parallelen und deshalb 
stengeligen Individuen unter ziemlich rechtem Winkel auf den 
Spaltenwandungen angeschossen. Inmitten der Gangspalte 
mussten sie gegeneinander stossen und bilden hier nicht” selten 
eine so ausgesprochene, im Querschnitt schwach ziekzackför- 
mige Verwachsungsfläche, dass solche Gänge leichter auf ihr 
zerklüften, als sich auf den Salbändern vom Nebengestein los- 
lösen. In einzelnen Fällen sind die in stengeliger Aggregation 
gegeneinander wachsenden Quarz - und Orthoklas - Individuen 
in der Symmetrie-Ebene zusammengestossen, ohne miteinander 
zu verwachsen. Dann läuft die Mitte des Ganges entlang eine 
Fläche vollkommener Discontinuität, durch welche der Gang 
in zwei gleiche Hälften zerfällt, deren Mineralindividuen nach der 
Centralnaht zu mehr oder weniger verdrüuckte Krystallenden 
tragen. Solche Aggregate von ausgezeichnet stengeliger Structur 
besitzen die auffälligste Aehnlichkeit mit den Quarz-Orthoklas- 
Incrustaten auf den Porphyrgeröllen des Kohlenconglomerats 
von Euba bei Chemnitz. Diese bestehen gleichfalls aus lauter 
stengelig gestellten Orthoklas- und Quarz-Individuen und kön- 
nen auf dem Querbruche nicht unterschieden werden von den 
oben beschriebenen querstengeligen Granitgängen des Granulit- 
gebietes, Sollten die Inerustate zweier einander zugewandter 
Porphyrgeröll-Flächen in Folge fortgesetzten Wachsthums zu- 
sammenstossen, so würde genau die eben geschilderte Gang- 
erscheinung (nämlich Quarz- Feldspath - Ausfüllung, stengelige 
Structur und mittlere Zuwachsnaht) hervorgebracht werden. 
An der hydrochemischen Entstehung der Euba’er Orthoklas- 
Quarz-Aggregate zweifelt heute kein Sachverständiger mehr, 


warum soll man zögern, die vollkommen analogen Verhältnisse 


in den Spalten des Granulitgebirges in gleicher Weise zu 
deuten? Wie dort die Porphyrgerölle, so lieferte hier das gra- 
nulitische Nebengestein die Quarz- und Feldspath-Substanz. 
Die gewöhnliche Zuwachsnaht der granitischen Gänge 
wird dadurch noch viel auffälliger, dass ihr zuweilen eine 


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dünne Lage von oft über Quadratzoll grossen schwarzbraunen 
Magnesiaglimmer-Tafeln entspricht, welche sich ununterbrochen, 
parallel den Salbändern die Mitte des Ganges entlang zieht 
(siehe Fig. 8 Taf. VII.). Im Querschnitt eine schwarze Linie 
auf meist liehtgelblich - rothem Grunde, spaltet auf ihr der 
Gang unter dem Schlage des Hammers und zeigt die glänzend- 
schwarze Zusammenwachsungsfläche der beiden Gangzonen. 
Nicht immer ist es dunkler Magnesiaglimmer, sondern zuweilen 
auch heller Kaliglimmer, welcher sich als centrale Schluss- 
bildung solcher stengeligen Gänge vorfindet. So riss neulich 
ein Sprengschuss einen nur 4 Cm. mächtigen Granitgang auf 
dieser Fläche seines geringsten Zusammenhaltes in zwei 
symmetrische, natürlich an ihrem Salbande mit dem Neben- 
gestein verwachsene Hälften auseinander, deren vollkommen 
ebene Oberflächen bei einer Breite von 1 M. eine Länge von 
1,5 M. besassen und dicht mit grossen, lichtgelben, metallglän- 
zenden Tafeln von Kaliglimmer belegt waren, so dass sie, 
obwohl im Querschnitt nur als zarte Linie erscheinend, wie 
Schichtenflächen eines grossblätterigen Glimmerschiefers aus- 
sahen. Neben Glimmer können in der Ebene der Üentralnaht 
auch noch Turmalinsäulen liegen, wie dies beispielsweise 
Fig. 9 Taf. VII, zeigt. 

Eine sehr häufige Erscheinung innerhalb unserer grani- 
tischen Gänge ist die schriftgranitische Structur, wenn 
sie auch in ihrer typischen Ausbildung auf die Pegmatite be- 
schränkt ist. Wo vorwaltender Orthoklas in Vergesellschaf- 
tung mit Quarz ausschliesslich einen Gang oder eine Gangzone 
zusammensetzt,. stellt sich sehr gewöhnlich eine schriftgra- 
nitische Durchwachsung des ersteren von Seiten des letzteren 
ein und zwar meist so, dass die Quarzprismen und Lamellen 
quer auf den Gangflächen stehen. 

Endlich können auch die gesammten mineralischen Be- 
standtheile der granitischen Gänge lamellare oder stengelige 
Form besitzen und saämmtlich quer auf die Salbander gerichtet 
sein; esist dies bei sehr vielen Orthoklas-, Oligoklas-, Quarz-, 
Magnesia- und Kaliglimmmer - haltigen Gängen von geringer, 
seltener bei solchen von grösserer Mächtigkeit zu beobachten. 
Sehr instructive Beispiele der letzteren liefert der Bahneinschnitt 
an der Carls-Eiche bei Perig. Hier wird der Granulit von 
mehreren 8 bis 10 Cm, mächtigen Gängen durchsetzt, welche 


durch den Gang zieht und der von dünnen Quarzlamellen 
durchschossen ist, welche ungefähr rechtwinklig auf den Sal- 
bändern stehen. Namentlich deutlich tritt diese Structur an 
den feinkörnigeren, schmalen, randlichen Zonen hervor. In 
Folge derartiger Textur sind die Gänge quer auf ihre Haupt- 
ausdehnung sehr leicht in säulige oder quaderartige Stucke zu 


zerbrechen. Dazu kommt noch, dass das Ganze von den 


Salbändern aus von zahlreichen 0,5 bis 1 Cm. breiten, aber 


4 bis 8 Cm. langen, glänzendschwarzen, bandförmigen Glimmer- 


streifen durchzogen ist. Letztere sind zuweilen geknickt und 
an dieser Stelle in zwei Stücke zerbrochen, deren Zusammen- 
hang vollständig aufgehoben ist. Diese Gänge besitzen aus- 
gezeichnete, 3 bis 4 Mm. starke Salbänder von prachtvoll 
dunkelgrünem, radialschuppigem Chlorit. Ä 
Recht schön ist die stengelige Structur auch an den in 


srosser Zahl den Glimmer - führenden Granulit am Bahnhofe _ 


von Wittgensdorf durchschwärmenden Trümern ausgeprägt und 
wird hier wesentlich durch die auf den Salbändern rechtwink- 
lige Stellung der silberglänzenden Kaliglimmerblättchen erzeugt. 
Durch diese ward natürlich auch die Wachsthumsrichtung des 
Quarzes und Feldspaths bedingt. In der Centralzone dieser 
Gänge, aber nur in dieser, finden sich zuweilen kleine büsche- 
lige Partieen und einzelne Säulen von Turmalin. — Diese 
leicht zu vermehrenden Beispiele mögen genügen. 

3) Symmetrisch - lagenförmige Structur kann 
innerhalb der granitischen Gangausscheidungen des Granulit- 


gebirges durch sehr verschiedene Mittel hervorgebracht werden. 


Ein nicht seltener Fall ist es, dass sich gewisse Bestand- 
theile des granitischen Ganges den Salbändern 
parallel lagern. Seiner tafelartigen Form wegen ist hierzu 
besonders der Glimmer geneigt. Es ist diese Erscheinung 
bereits von Gängen mit stengeliger Structur beschrieben wor- 
den, in denen unter sich und den Spaltenwandungen parallele 
Glimmerblättchen die Centralzone einnehmen, sie kann sich 
jedoch auch bei solchen von granitisch - körnigem Habitus 
wiederholen und giebt Veranlassung, dass sich solche Gänge 
symmetrisch in eine hangende und liegende oder rechte und 
linke Zone gliedern. Aehnlich wie in der Mitte des Ganges 


vorwaltend aus sehr grosskrystallinischem, dunkelfleischrothem 
Orthoklas bestehen, dessen Hauptblätterdurchgang sich quer 


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43% 


kaun sich eine derartige Ansammlung parallel oder langflaserig 
gelagerter Glimmerblätter auch beiderseitig nach den Salbän- 
dern za vollziehen. ; 
 Complieirter gestaltet sich diejenige Structurform, wo sym- 
metrische Gangzonen durch Wechsel der Textur, ver- 
schiedene Korngrösse, Vorwalten bald des einen, 
bald des anderen in den übrigen Lagen schwach 
vertretenen Gemengtheils erzeugt werden. Der ein- 
fachste Fall ist der bei Besprechung der granitisch - massigen 
Gangstructur bereits erwähnte, wo sich in einem massigen 
Gange schmale randliche Zonen mit stengeliger, durch die 
Richtung der Glimmerblättchen bedingter Structur einstellen. 
Nahe damit verwandt ist die Erscheinung, dass die seitlichen 
Zonen vollkommen glimmerfrei sind und ausschliesslich aus 
einem grobkrystallinischen Aggregat von röthlichem Feldspath 
und etwas, oft schriftgranitisch mit ihm verwachsenen Quarz 
bestehen, während die bei Weitem mächtigere Oentralzone 
einen echt granitischen Habitus besitzt und ausserordentlich 
reich an schwarzem Glimmer ist. Von zahlreichen solchen 
Vorkommnissen sei der Felswand unterhalb Amerika in Fig. 7 
Taf. VII. ein Beispiel entnommen. 

Während, wie gesagt, Gänge, bei denen die Anzahl der 
in ihrer Structur verschiedenen parallelen Gangzonen auf drei 
beschränkt ist, ziemlich häufig anzutreffen sind, kommen solche 
von fünf- und selbst siebenfacher lagenförmiger Gliederung 
seltener vor. So durchsetzt im Chemnitzthale, gegenuber der 
Diethensdorfer Spinnerei ein granitischer Gang von 40 Um. 
Mächtigkeit den Granulit.. Fällt seine haarscharfe, eben- 
flächige Begrenzuug bereits beim ersten Anblick auf, so zeigt 
sorgfältige Untersuchung, dass er aus folgenden, freilich gegen- 
einander nicht scharf begrenzten Gangzonen besteht: zwei 
randlichen von 2 Om, Dicke, reich an den Salbändern an- 
nahernd parallel gelagerten schwarzen Glimmerblättchen; zwei 
nach Innen zu darauf folgenden Zonen von äusserst feinkörni- 
gem, röthlichem Granit und einer Öentralzone von sehr grob- 
krystallinischem, fleischrothem Orthoklas mit grossen schwar- 
zen Glimmertafeln. 

Siebenfache Zonenbildung weist ein fast einen halben 
Meter mächtiger Gang im Granulit an der Strasse nach dem 
Bahnhof von Wittgensdorf auf (siehe Fig. 21 Taf. VII.). Seine 


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138 


an die Salbänder grenzenden Zonen, also a, bestehen aus 


einem mittelkörnigen granitischen Aggregat von weisslickem 


Orthoklas, Quarz, weissem Kali- und schwarzem Magnesia- 


slimmer.. Auf sie folgt (b) eine Zone von grossen schwarzen 
Glimmertafeln in vorwaltendem röthlichem Orthoklas, welche 
erstere strablig nach Innen divergiren und augenscheinlich auf 
der Oberfläche der älteren granitischen Lage a angeschossen 
sind. Die dritten Zonen (e) zeichnen sich durch Gruppen von 
radialstrahligen, weissen Kaliglimmertafeln aus, die ebenfalls 
auf der Oberfläche der vorigen Lage wurzeln, während die 
Centralzone d durch ein echt granitisch-körniges Gemenge von 
Quarz, Feldspath und weissem Glimmer gebildet wird. 

Kann man schon bei den oben beschriebenen Fällen nicht 
daran zweifeln, dass diese granitischen Gänge vollkommen 
analog jedem Erzgange durch Auskrystallisiren der bis dahin 
in Lösung befindlichen Mineralsubstanzen an den jeweiligen 
Wandungen der allmälig zuwachsenden Spaltenräume entstanden 
und nicht etwa aus Gluthfluss erstarrte Injectionen sind, so 
erlaubt der Aufbau eines leider seit einiger Zeit der Beobach- 
tung entzogenen granitischen Ganggebildes an der mehrfach 
erwähnten Felswand, direet unterhalb Amerika, überhaupt kaum 
einen Einwurf gegen die Behauptung seines hydrochemischen 
Ursprungs. Ein Gangstück dieses interessanten Vorkomm- 
nisses ist in Fig. 24 Taf. VII. dargestellt. Die hier gegebene 
Zeichnung wurde etwa einen Monat nach ihrer Aufnahme einer 
nochmaligen strengen Vergleichung mit dem Aufschlusse unter- 
worfen, ohne dass sich irgend welche wesentlichen Verände- 
rungen nöthig gezeigt hätten. Der betreffende Gang durchsetzt 
unter steilem Fallwinkel mit scharfen Salbändern in einer 
Mächtigkeit von 45 bis 50 Cm. den lichtgraublauen, etwas 
Glimmer führenden Granulit des Muldethals und gliedert sich 
in 7, ja wenn man will, in 11, z. Th. scharf gegeneinander ab- 
schneidende, z. Th. miteinander innig verwachsene, stellenweise 
etwas verschwommene Gangzonen. Von den Gangwandungen 
ausgehend sind es folgende: a) röthlich-gelblicher, grobkry- 
stallinischer Orthoklas mit wenig Quarz, aber ziemlich viel 
Glimmertafeln, welche annähernd rechtwinklig auf den Sal- 
bändern stehen, etwa 2 Cm. mächtig; b) sehr feinkörniges 
granitisches Aggregat, 1 bis 3 Cm. mächtig; c) grobkrystalli- 
nischer, lichtröthlicher Orthoklas mit kleinen Quarzkörnern, 


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139 


durchschossen von grossen schwarzen Glimmertafeln. Diese 
beiderseitigen wesentlich aus Feldspath bestehenden symme- 
trischen Zonen haben jedenfalls längere Zeit hindurch die 
Wandungen eines spaltenförmigen I>rusenraumes gebildet, denn 
ihr Feldspathmaterial ist nach dem Innern zu in grossen Indi- 
viduen auskrystallisirt, welche sich jetzt, nachdem die Drusen- 
spalte von einem dunklen, feinkörnigen Granit ausgefüllt ist, 
in hellen Flächen mit scharfen Conturen aus dem dunklen 
Grunde hervorheben Diese ihre Krystallenden der Oentral- 
zone zuwendenden ÖOrthoklaskrystalle besitzen ziemlich be- 
trächtliche Dimensionen; so maass an einem derselben P im 
Querbruch parallel dem Klinopinakoide 4 Cm. Die zwischen 
den beiden Krystallwänden von c befindliche mittlere Gang- 
zone d wird von einem düsteren, feinkörnig - granitischen 
Aggregat von röthlichem Orthoklas, grauem Quarz und ver- 
 haltnissmässig viei schwarzem Glimmer gebildet. Die Täfel- 
chen des letzteren zeigen zuweilen das Bestreben, sich in 
Flächen anzuordnen, welche denen der hervorragenden Ortho- 
klaskrystalle parallel liegen und deren P und x haubenförmig 
überschirmen, wie solches in unserer Zeichnung im Quer- 
schnitt wiedergegeben ist. Verwandt damit ist die Erschei- 
nung, dass sich nahe jeder der beiderseitigen Grenzen dieser 
granitischen Centralzone ein besonders glimmerreicher und 
dadurch dunklerer Streifen hinzieht, dessen welliger Verlauf 
den durch hervorspringende Orthoklaskrystalle bewirkten Un- 
ebenheiten seiner Grenzflächen entspricht. Durch diese zwei 
dunklen Streifen gliedert sich die Centralzone wiederum in 
drei Felder, so dass sich auf dem Querbruche dieses interes- 
santen Ganges im Ganzen 11 Zonen und zwar 4 sich jeder- 
seits wiederholende paarige und eine centrale unpaarige unter- 
scheiden lassen. 

Während die bisher betrachteten Gangvorkommen symme- 
trisch-lagenformige Gangstructur nur der zonenförmigen Ver- 
änderung der Textur und den wechselnden Mengungsverhält- 
nissen des Gangmaterials verdanken, kann diese Structur- 
erscheinung in noch deutlicherer Gestalt durch totale Sub- 
stanzverschiedenheit einzelner Lagen hervorgebracht 
werden. 

Der einfachste der hierher gehörigen Fälle ist der, dass 
die beiden randlichen Lagen aus Feldspath mit einzelnen Glim- 


ae 


merschüppchen bestehen, während die Gangmitte von derbem, 
glasigem Quarz eingenommen wird. Auch hier stellt sich die 
bereits oben geschilderte Erscheinung ein, dass die nach innen 
gerichteten haarscharfen Begrenzungsflächen der Feldspath- 
zonen die Querschnitte von Kıystallen zeigen (siehe Fig. 12 
Taf. VII.), also einstigen Drusenwandungen entsprechen, so 
dass wir hier innerhalb granitischer Gangbildungen auf eine 
Wiederholung der in den Bleierzgängen des ÖOberharzes nicht 
seltenen geschlossenen drusenförmigen Structur”) 
stossen. Aehnlichen, jedoch etwas complicirteren Aufbau be- 
sitzen gewisse Gänge aus den Muldethal unterhalb Wolken- 
burg (siehe Fig. 18 Taf. VII... Bei einer Mächtigkeit von 
4 bis 6 Cm. gliedern sie sich ebenfalls in je eine randliche 
und eine mittlere, also in drei und zwar scharf von einander 
getrennte Lagen. Die ersteren bestehen aus lichtröthlichem 
Orthoklas, hellgrünlichem Oligoklas, etwas Quarz und schwar- 
zem Glimmer, dessen Tafeln von den Salbändern aus ange- 
schossen sind und deshalb eine stengelige Structur der beiden 
Zonen hervorbringen. Besonders dicht stehen sie direct an den 
Ganggrenzen, sind aber dann sehr kurz, während sich einzelne 
grössere Tafelu über deren Niveau erheben und bis an, ja bis 
in die Centralzone ragen. Letztere aber wird -von reinem, 
derbem, splittrigem Quarze gebildet. Ganz ähnliche Gang- 
gebilde sind noch von anderen Fundpankten aus dem Granulit- 
gebiet bekannt. Bei einem derselben, ebenfalls von Wolken- 
burg, geht die beiderseitige granitische Zone durch Ueberhand- 
nehmen des Quarzes in eine rein quarzige Uentralzone über. 
Solche Vorkommnisse sprechen von selbst für ihre hydroche- 
mische Genesis. 

Dem Quarze ganz analog kann sich Turmalin in der 
Gangmitte einstellen. Es ist dies eine sowohl bei Gängen mit 
echt granitischer, wie bei solchen mit stengeliger Structur sehr 
häufige Erscheinung. Dann bildet der stets schwarze Turmalin 
einzelne Strahlen, strahlige Bündel oder büschelige Nester, 
deren Hauptausdehnung der Gangfläche parallel läuft, wie wir 
dies in ähnlicher Weise bereits früher von den Glimmertafeln 
kennen gelernt haben. Seltener tritt auschliesslich schwarzer 
Turmalin in Form einer selbstständigen Centralzone auf. Dann 


*) yv. Guöppeck, diese Zeitschr, 1866, Bd. XVII. pag. 744. 


. 


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ereignet es sich wohl, dass diese durch eine Medianebene 
wiederum in zwei Lagen getheilt wird, deren radialfaserige 
Structur darauf hinweist, dass das Wachsthum der Turmalin- 
individuen von der Drusenwandung aus nach der Mitte zu vor 
sich ging, wo sie bei erfolgendem Zusammenstoss die erwähnte 
Centralnaht erzeugten. | 

Nicht nur jedes für sich allein, auch vereint treten 
Quarz und Turmalin inmitten zweier echt granitischen Rand- 
lagen auf und bilden hier entweder eine zusammenhängende 
parallelwandige Zone, in welcher der Turmalin wiederum auf 
die Mitte beschränkt ist (z. B. Fig. 16 und 17 Taf. VII.), 
oder sie bilden ein System von in der Symmetrie-Ebene des 
Ganges liegenden isolirten, unregelmässig gestalteten Nestern 
von Quarz mit Bündeln grosser schwarzer Turmalinsäulen, 
nicht selten mit Drusenräumen und diese mit Krystallen ein- 
fachster Form, — Vorkommnissen, welche durch Fig, 11 u. 13 
Taf. VII. illustrirt werden. Häufig ist dann der röthliche Ortho- 
klas und der graue Quarz der randlichen Zone schriftgranitisch 
ausgebildet. Auch können letztere selbst wieder eine symme- 
trisch-lagenförmige Structur besitzen, in denen sich am Sal- 
bande stengelige, nach der Mitte zu massig-kornige und dann 
schriftgranitische Structur einstellt, wie dies z. B. bei Gängen 
im Granulit von Markersdorf und Rochsburg beobachtet wurde. 

Endlich können sich zum weissen Quarz und schwarzen 
Turmalin noch fleischrother Orthoklas und weisser Kaliglimmer 
gesellen, um ein grosskörniges Aggregat von nuss- bis faust- 
grossen Partieen, federkieldicken Säulen und uber quadratzoll- 
grossen Tafeln, also einen Pegmatit zu bilden und oft die 
mittlere Hauptmächtigkeit des Ganges einzunehmen, während 
die seitlichen Zonen von kleinkörnigem, stengeligem oder 
lagenförmig gesondertem granitischem Material gebildet werden. 
In Fig. 19 und 20 Taf. VII. sind solche Gänge dargestellt 
und in den zugehörigen Erklärungen erläutert. Nur aus dem 
Markersdorfer Gange (Fig. 20) sei noch folgende, in gene- 
tischer Beziehung nicht uninteressante Erscheinung beschrieben: 
In derselben treten Drusenräume auf, deren Wandungen von 
Quarz und dunkelfleischrothem Orthoklas gebildet werden. Die 
Oberfläche des letzteren ist z. Th. bedeckt von einer zusam- 
menhängenden, mehrere Millimeter starken Kruste von Albit, 
über welche sich wiederum ein noch jüngeres Incrustat von 


jenen zu lauter dünnen Lamellen zerschnittenen Quarzen aus- 
dehnt, welche bereits auf Seite 128 Erwähnung gefunden 
haben. Die einzelnen Quarzlamelleu bestehen entweder aus 
mehreren seitlich verwachsenen Individuen, die jedoch sämmt- 
lich lamellar verzerrt sind, und erscheinen dann oben palli- 
saden- oder zinnenartig gezackt, oder aber sie bestehen jedes- 
mal aus nur einem Individuum, dessen Pyramidenspitze zu 
einer unverhältnissmässig langen Kante ausgezogen ist. Die 
Endflächen dieser Lamellen sind ausserordentlich glänzend und 
scharf ausgebildet, die seitlichen zwar gleichfalls eben, aber 
matt. Von diesen Quarzblättern läuft jedesmal eine Anzahl 
parallel nebeneinander her, bis sie von einer anderen Gruppe 
ähnlicher Lamellen geschnitten werden. Die trennenden 
Zwischenräume zwischen je zwei Blättern sind oft nur papier- 
dunn, aber bis 4 oder 5 Cm. lang. Es lässt sich nicht ver- 
kennen, dass sie früher von einer festen, in Blättern ange- 
schossenen Substanz eingenommen wurden, dass dann die 
Hohlräume zwischen diesen vom Drusengrunde aus durch in 
die Höhe wachsenden Quarz ausgefüllt und dann die ursprüng- 
lichen Blätter weggelaugt wurden, so dass statt ihrer tiefe 
Einschnitte in der Ausfüullungsmasse zurückblieben, welche 
letztere nun wie zersägt aussieht. Die verschwundenen Blätter 
waren jedenfalls Glimmer. So erklärt sich auch der Umstand, 
dass die einander zugewandten Seiten je zweier benachbarter 
Quarzlamellen stets parallel sind, was bei der beiderseitigen 
Begrenzung jeder einzelnen Lamelle nicht immer der Fall ist. 
Diese Erscheinung erinnert uns an die Seite 115 beschriebene 
Basisfläche gewisser Quarze von Rochsburg. An beiden Punkten 
hat sich der nämliche Vorgang wiederholt, nur dass in dem 
eben behandelten Falle die Quarze parallel den Glimmer- 
blättern gewachsen sind und dadurch eine unnatürliche seit- 
liche Begrenzung erhielten, während bei Rochsburg die 
Quarze bei ihrem Wachsthum mit ihrer Spitze quer vor eine 
Glimmertafel stiessen und eine unnatürliche Endfläche aus- 
bildeten. 

Andeutungen der oben beschriebenen symmetrisch - lagen- 
formigen Structur durfte man in den wenigsten granitischen 
Gängen des (ranulitgebietes vermissen, doch ist sie auch von 
G. vom Rıtu an den analogen Gängen von Elba”) und von 


*) Diese Zeitschr. 1870. pag. 640. 


183 


 — SmerRy Hunt an denen der neuenglischen Staaten“) beschrie- 


ben worden, also jedenfalls eine ziemlich allgemeine Erschei- 
nung. Ist man gezwungen, dieselbe in Gemeinschaft mit der 
stengeligen Structur als ein Criterium für hydrochemische Ent- 
stehungsweise aufzufassen, wie es z. B. bei Erzgängen ganz 
allgemein geschieht, so wird die grosse Zahl der bisher als 
Eruptivinjeetionen betrachteten Granitgänge sehr beträchtlich 
reducirt werden müssen. 

4) Breecienartige Structur entsteht dadurch, dass 
sich der granitische Gang in sehr zahlreiche, oft rechtwinklig 
voneinander ablaufende Trümer zerschlägt, die wiederum durch 
Quergeäder unter sich verbunden sind, so dass sie unregel- 
mässig gestaltete, scharfkantige Fragmente des granulitischen 
Nebengesteins umschliessen und miteinander verkitten. Eine 
derartige Durchäderung des Granulits durch ausgezeichnet kor- 
nigen Granit findet z,. B. in dem Bruche an der Kriebethaler 
Brücke über die Zschopau statt, wo ausserdem der Granit in 
seiner Centralzone reich an Turmalinbündeln und kleinen 
Drusenräumen ist, i 

5) Cocardenartige Gangstructur geht aus der 
Combination der breceienartigen und stengelig - lagenförmigen 
Struetur hervor. Sie ist selten, liess sich aber in besonderer 
Schönheit in einem Steinbruche am Bahnhofe von Wittgensdorf 
beobachten. Ein Handstuck dieses Vorkommens ist in Fig. 22 
Taf. VII. bildlich dargestellt. Ein granitischer Gang zerschlägt 
sich hier in so zahlreiche Trumer, dass der dunn- und scharf- 
geschichtete glimmerführende Granulit von granitischem Geäder 
völlig durchsehwärmt ist und eine breccienartige Ausbildung 
erhalten hat. Jedes dieser Granulitfraginente sehen wir nun 
rings umhullt von einer schmalen 0,5 bis 1 Cm. breiten Zone 
von deutlichst stengeligem Orthoklas, Quarz und Glimmer, 
während die Uentralzone jedes Granittrumes ein ausgezeichnet 
körniges Gefüge besitzt. Dadurch entsteht eine im Querbruche 
des Gesteins dem Ringelerze des ÖOberharzes**) nicht unähn- 
liche, wenn auch bei Weitem nicht so scharf ausgeprägte 
Oocardenstructur. Da diese Gesteinsfragmente allseitig von 


*) Amer. Journ. 1871. I. pag. 89 u. 185. 


**) v. Groppeck, diese Zeitschr. 1866. pag. 737 u. 743. Taf, XVI, 
Fig. 7—19. 


Gangmineralien umgeben sind, also vollkommen frei in der 
Grundmasse schweben, so müssen sie ursprünglich nur in 


losem Zusammenhang mit den Gangwandungen stehend, durch 


die Krystallisationskraft der in zarten Klüften zwischen ihnen 
und dem festen Nebengestein anschiessenden Gangmineralien 
allmälig mehr und mehr in den Gangraum gehoben und hier 
bis zu allseitiger Umhüllung festgehalten worden sein. Den 
beschriebenen in vieler Beziehung ähnlich sind die Structur- 
verhältnisse des bekannten Kohlenconglomerats von Euba bei 
Chemnitz, dessen bis kopfgrosse Porphyrgerölle überall dort, 
wo offene Lucken den nöthigen Raum boten, von einem radial- 
stengeligen Incrustat von Orthoklas und Quarz überzogen sind. 

6) Zellig-cavernöse Structur wurde nur an einem 
einzigen granitischen Gange des Granulitgebiets beobachtet, 
aber an diesem in so ausgeprägter Weise, dass der Begriff, 
den man gewöhnlich mit dem Worte Granit verbindet, nämlich 
der einer gleichmässig körnigen, massiven Gesteinsmasse, 
durchaus verloren geht. Dieser Gang, auf welchen ich zuerst 
von Herrn Dr. LEeHmAann aufmerksam gemacht wurde, ist in 
nördlicher Richtung von Markersdorf bei Burgstädt durch einen 
Steinbruch aufgeschlossen, welcher die Gewinnung eines den 
Granulit durchsetzenden Granits zum Zweck hat. Letzterer 
ist ein normales, festes, mittelkörniges Gemenge seiner ge- 
wöhnlichen Bestandtheile und besitzt in Folge seines Reich- 
thums an kleinen Glimmerblättchen und der lichtgraulichweissen 


"Farbe seines Feldspaths eine graue Färbung. Ihn durchsetzt 


jener granitische Gang, der wegen seiner zellig- cavernösen 
Structur, sowie wegen einer Reihe anderer interessanter Er- 
scheinungen unsere ganz besondere Aufmerksamkeit verdient. 

Derselbe stebt vertical, besitzt eine Mächtigkeit von 
4 Decim., wird von vollkommen ebenflächigen, einander durch- 
aus parallelen Salbändern begrenzt und hebt sich in- Folge 
dessen, sowie seiner fleischrothen Farbe auf das schärfste von 
seinem grauen Nebengesteine ab, von dessen glatten, ebenen 
Spaltenwandungen er sich mit Leichtigkeit loslöst. Im Con- 
tact mit ihm hat der benachbarte Granit seine Festigkeit ver- 
loren und sich in einen mulmig - lockeren Gruss verwandelt. 
Diese Zersetzung erstreckt sich von den Salbändern aus bis 
zu einer Entfernung von 15 bis 18 Cm., wo jedoch horizontale 
Klüfte das Nebengestein durchsetzen und bis zu dem grani- 


145 


tischen Gange reichen, wie dies in kurzen Zwischenräumen 
übereinander der Fall ist, folgt ihnen die Zersetzung mehrere 
Meter weit in das feste Gestein hinein. Unser granitischer 
Gang kommt demnach mit dem frischen Nebengestein nirgends 
in Berührung, sondern ist von ihm durch eine Zone von zer- 
setztem Granit getrennt. 

Der granitische Gang selbst repräsentirt ein mittel- 
körniges Aggregat von vorwaltenden weissen bis lichtfleisch- 
rothen Orthoklasindividuen, grauen Quarzkörnern und weissen 
bis lichtgrünlichen Blättchen von Kaliglimmer. Schon als 
Bestandtheile dieses Aggregats zeigen die Feldspäthe eine 
ausserordentliche Neigung zur Ausbildung ihrer Krystallgestalt. 
In Folge davon sind die einzelnen Gemengtheile weniger innig 
mit einander verwachsen, wie es bei den echten Graniten der 
Fall ist. Stellenweise liegen die Feldspathindividuen ähnlich 
wie künstliche Praecipitate aus wässerigen Lösungen durch- 
und nebeneinander, und sind nur locker verbunden, ohne dass 
die kleinen, von den gegeneinander geneigten Flächen meh- 
rerer benachbarter Krystalle gebildeten Lücken stets vollkon- 
men ausgefüllt wären. Das Gestein besitzt deshalb einen 
verhältnissmässig nur geringen Zusammenhalt, und ist stellen- 
weise so brockelig, dass man Scherben desselben leicht zer- 
brechen kann und dass unter dem Hammerschlage verhältniss- 
mässig bedeutende Quantitäten von Grus abfallen, Dazu kommt 
noch, dass die ganze Gesteinsmasse von isolirten oder mit- 
einander in Zusammenhang stehenden, rundlichen oder un- 
regelmässig verzerrten, kluftartigen oder aufgeblähten, sich 
verzweigenden oder rings abgeschlossenen, millimetergrossen 
bis deeimeterlangen drusigen Hohlräumen durchzogen wird, 
auf deren Rechnung ; bis 5 des vom Gestein eingenommenen 
Raumes zu setzen ist. Das Gestein erhält dadurch eine aus- 
gezeichnet zellig-drusige Structur. Die Wandungen dieser Hohl- 
räume werden gebildet von den in ihnen zu freier Krystalli- 
sation gelangten Gesteins - Bestandtheilen, so namentlich von 
kleinen Orthoklasen schärfster Krystallgestalt, deren Anzahl 
man an den vorliegenden Handstücken auf mehrere Tausend 
veranschlagen kann. Zwischen ihnen, sie zwar an Grösse 
überragend, aber an Zahl stark zurücktretend: Quarze, die 
nicht selten — fast der einzige mir bekannte Fall in den 
gesammten granitischen Gängen des Granulitgebirges, — ausser 
Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIL 1. 10 


146 


‘einem spitzen Rhomboöder, Rhomben- und Trapezfächen auf- 


weisen; endlich Tafeln von Kaliglimmer. Sie besitzen na- 
tüurlich gleiches Alter wie die Gesteinsmasse selbst, da sie 
nichts sind, als dessen zu freier Krystallisation gelangte Ge- 
mengtheile. Zu ihnen gesellen sich noch Turmalinkryställchen 
und einem späteren Bildungsprocesse angehörige Albite. Diese 
einzelnen Mineralien bieten jedoch so viele interessante Er- 
scheinungen, dass wir sie specieller betrachten mussen. 

Die Orthoklaskryställchen haben meist nur eine 
Grösse von 0,3 bis 0,5, seltener eine solche von 1 Cm., sind 
im Innern weiss, gewöhnlich mit einem Stich in’s Röthliche, 
cft aber auf ihrer Oberfläche von einem hauchartigen Ueberzug; 
von ziegelrothem Eisenoxyd bedeckt. Es sind flächenarme 
Gestalten, gebildet von Prisma, Klinopinakoid, Basis, Ortho- 
doma x, zuweilen auch y (in welchem Falle jedoch x stets 
vorherrscht), seltener mit dem Klinodoma n. Diese höchst 
zierlichen, ebenflächigen Krystalle erhalten durch starke Ent- 
wickelung von M einen dicktafelförmigen Habitus, sind meist 
einfache Individuen, häufig aber auch Zwillinge nach dem 
Carlsbader Gesetz, seltener solche, deren Verwachsungsebene 
die Basis bildet. | 

Eine an diesen Orthoklasen sehr gewöhnliche Erschei- 
nung ist ihre aus gewissen Quarz-Orthoklas-Gängen (Seite 117) 
bereits erwähnte und aus den Pegmatitgängen noch eingehend 
zu beschreibende, mehr oder weniger weit fortgeschrittene 
lamellare Zersetzung. Von der zartesten Horizontal- 
streifung der Flächen P und x und den feinsten Verticallinien 
auf T und M, lässt sie sich bis dahin verfolgen, wo von den 
zierlichen Orthoklasen nur ein Skelet von lauter dünnen, unter 
sich und dem Orthopinakoide parallelen, etwas welligen La- 
mellen übrig geblieben ist. Besonders bei den Zwillingen giebt 
dieser Vorgang Veranlassung zu einigen nicht uninteressan- 
ten Beobachtungen: An unseren Carlsbader Zwillingen kom- 
men nur die schiefen Endflächen P und x, nicht aber y vor. 
Ihre Verwachsungsnath fallt constant in die klinodiagonale _ 
Prismenkante und zerlegt deshalb den Kıystall in zwei sym- 
metrische Hälften, wobei P des einen Individuums und x des 
anderen in einer Ebene zu liegen scheinen.*) Auf diese Weise 


*) Aehnliches beschreibt vom Rıru aus Elba, diese Zeitschr. 1870, 
pag. 099. 


zerfällt: das dachförmige Endflächenpaar in vier ganz gleiche 
- - Felder, ein vorderes und ein hinteres P und x. Nun ist es 


eine mehrfach gemachte Erfahrung, dass sich der Beginn lamel- 
larer Zersetzung zuerst auf P zeigt, während alle übrigen 
Flächen noch frisch und glänzend bleiben. Diese Beobachtung 
erfährt an unseren Oarlsbader Zwillingen eine höchst augen- 
fällige Bestätigung, indem je eine P entsprechende Hälfte der 
vorderen und hinteren Endfläche des Zwillingskrystalls mit 
ziemlich tiefen Horizontalfurchungen versehen ist, während die 
alternirenden Flächenhälften, also x, noch spiegelnden Glanz 
besitzen. Durch die ausserordentlich scharfe Grenze zwischen 
Furchung und Ebenflächigkeit hebt sich die Zwillingsnaht auf 
jeder der Endflächen auf das Deutlichste hervor. 

Ein anderer kleiner Zwillingskrystall besteht aus zwei mit 
der sehr ausgedehnten Basis verwachsenen rectangulär-säulen- 
formigen Individuen. Da nun bei derartiger Zwillingsstellung 
die Hauptaxe und somit das Orthopinakoid in jeder der beiden 
verzwillingten Individuen unter einem Winkel von 63° 57° 
gegen die P entsprechende Zwillingsnaht geneigt ist und die 
aus der besprochenen Zersetzung hervorgehenden Lamellen 
parallel dem Orthopinakoide sind, so zeigen die Flächen M 
einzelner dieser Zwillinge fiederartig auf jeder Seite der Zwil- 
lingsnaht stehende, nach oben mit etwa 127° divergirende 
Furchen, die bei fortgesetzter Auslaugung sich bis zur Aus- 
bildung fiederartig gestellter Lamellen vertiefen können. 

Wir werden später bei Besprechung ganz analoger Zer- 
setzungsvorgänge an den Feldspäthen der Pegmatitgänge dar- 
thun, dass die ihnen zu Grunde liegende Ursache in perthit- 
artiger Verwachsung von Albit- und Orthoklaslamellen zu 
suchen ist. Dass aber Gleiches von den gefurchten Ortho- 
klasen unserer zelligen Granitgänge gilt, beweisen einige 
Schliffe derselben. Einer von diesen schneidet einen Zwilling 
von dem nämlichen Habitus wie das eben beschriebene Exem- 
plar mit fiederartiger Furchung der in einer Ebene liegen- 
den M-Flächen. In dem parallel M angefertigten Schliffe tritt 
bei polarisirtem Licht eine diesen Auslaugungsfurchen voll- 
kommen entsprechende, also gleichfalls fiederartig auf der 
Zwillingsebene stehende bunte Streifung hervor, ganz analog 
den perthitähnlich von Albitlamellen durchwachsenen grossen 
Orthoklasen des Pegmatits. Dass diese zarten Albitquer- 

10* 


_ 


schnitte eine Zwillingsstreifung nicht aufzuweisen haben, be- = 


ruht darauf, dass die Schliffebene parallel M liegt, zugleich 


aber auf bereits in geringem Grade sich geltend machender 3, 


Zersetzung. 

Herr Dr. E. von MEYER hatte die Güte, durch Herrn 
SCHWARTZ eine Analyse dieser Orthoklase ausführen zu lassen. 
Dieselbe ergab folgende Resultate*): £ 


2. b. Mittel. Dividirt durch 

SiO, 66,88 — 66,88 die Atomge- 
Al,O, 19,78 19,45 19,61 wichte: 
CaO 0,57 0,32 044..Ca = 0,314... 0,0079 
K,O — 9.95: 9,99 22 Re B356 2, 20 
Na,0 _ — 4.00 4,00... Na = 2,968... . 0,1290 
100,88 


Auch diese, wie die mikroskopischen Ergebnisse weisen 
darauf hin, dass die vorliegenden Feldspäthe eine Verbindung 
von Kalifeldspath mit kalkhaltigem Natronfeldspath sind, und 
zwar kommen bei dem Verhältniss der Atomzahlen von 


Re at a 
- 0,0079 : 0,2117 : 0,1290 
oder -1-- =: 2689: 2363 


auf 5(17) Moleküle kalkhaltigen Natronfeldspaths 8 (27) Mole- 
küle Kalifeldspath. 

Die Resultate mikroskopischer und chemischer Unter- 
suchung, sowie die Analogie mit anderen Feldspath-Vorkomm- 
nissen im Pegmatit lassen es demuach zweifellos erscheinen, 
dass der Natrongehalt des Orthoklases unseres zelligen Gra- 
nits von Älbitlamellen herrührt, welche ersterem in ortho- 
pinakoidischer Lage eingeschaltet sind, ferner dass die beob- 
achtete Furchung und lamellare Zersetzung auf Auslaugung 
der Albitsubstanz beruht. 

Eine weite Wanderung hat letztere nicht unternommen, 


*) Die Werthe unter a. wurden erhalten nach Aufschluss des Feld- 
spaths durch Schmelzen mit kohlensaurem Natron-Kali, die unter b. nach 
Aufschluss durch Flusssäure.. Zur Bestimmung von Kali und Natron 
wurde die Summe der schwefelsauren Alkalien festgestellt, sodann 
die Menge der Schwefelsäure durch Fällen mit Chlorbarium ermittelt. 


d; “ “ . 
ER oe A ni 4 k u 4 
a BB a} Yu a 0 EEE a Le Zn 


I u EEE TURN RE 


149 


sich vielmehr z. Th. in den zarten Rissen, welche den Mutter- 
krystall in unregelmässigem Verlaufe durchziehen, ausge- 
schieden, namentlich aber in unmittelbarer Nähe ihrer alten 


-Heimath zwischen und auf den theilweise zerstörten Ortho- 


klasen wieder angesiedelt. 

Diese jungen Albitkryställchen haben milchweisse 
Farbe, Glasglanz und einen dünn tafelformigen Habitus, Es 
sind meist einfache Zwillinge mit flach einspringendem Winkel 
auf oP oder von polysynthetischer Verwachsung, so dass die 
Endfläche sehr zart und dicht liniirt erscheint. Endlich sind 
zuweilen zwei Viellinge nach dem Carlsbader Gesetz ver- 
wachsen, während Zwillingsbildung nach dem Periklingesetz, 
also mit einspringendem Winkel auf M, nicht beobachtet 
wurde, Die Flächen der von der Zersetzung ergriffenen Or- 
thoklase sind nicht selten von Albit bedeckt, welcher sich in 
Form zarter, weisser Lamellen an das Klinopinakoid M anlegt 
oder die durch Zersetzung verletzten Ecken und Kanten wieder 
ausheilt. 

Auch die von der anfänglichen Auslaugung nicht berührten 
Orthoklaslamellen verfallen später, wie auch anderwärts aus 
den Gängen des sächsischen Granulitgebiets von uns beschrie- 
ben, einer Zersetzung zu Kaliglimmer und Quarz. Die silber- 
glänzenden Schuppchen des ersteren siedeln sich auf den zer- 
fressenen Feldspathen und in deren Umgebung an und wachsen, 
der Zersetzung folgend, schmarotzend in deren Inneres hinein. 

Was den Quarz unseres drusigen Granits betrifft, so 


bildet er bis 2 Cm. grosse, klare lichtrauchgraue Krystalle 


von in unseren Gängen ungewöhnlich scharfer, gleichmässiger 
Entwicklung der Flächen des Prismas und des Dihexaöders. 
Zu ihnen gesellen sich sehr gewöhnlich diejenigen eines sehr 
spitzen Rhomboäders und nicht selten Rhomben- und Trapez- 
flächen. Es ist dies die flächenreichste Combination an allen 
mir bekannt gewordenen Quarzen des sächsischen Granulit- 
gebietes. Wir werden in dem Abschnitte über Pegmatitgänge 
nochmals diesen Punkt zu berühren haben. 

Von Wertb mit Bezug auf die Deutung der bereits früher 
(Seite 115) beschriebenen „basischen* Fläche gewisser Quarze 
ist die Beobachtung, dass in den granitischen Drusen des 
Markersdorfer Ganges nicht selten wachsende Quarzkrystalle 
an eine Tafel von Kaliglimmer gestossen sind, an dieser ab- 


150 “ 


schneiden und dann mit einer schrägen Endfläche abschliessen. 
Nicht selten ist diese hindernde Glimmertafel später zerstört 
worden und dann das unterbrochene Wachsthum weiter fort- 
geschritten. Derartigen temporären Unterbrechungen ent- 
sprechen dann mehr oder. weniger hervortretende treppenför- 
mige Einsprünge des Prismas. Manchmal aber sind auch 
Theile des Glimmerblatts von dem Quarze vollständig über- 
wuchert und eingeschlossen worden. 

Von dem Kaliglimmer sei nur erwähnt, dass er centi- 
metergrosse blätterige Tafeln von silberweisser oder weisslich- 
grauer Farbe bildet, sich bei eintretender Zersetzung lebhaft 
apfelgrün färbt, später matt zeisiggrun wird und sich zugleich 
in ein erdiges Aggregat von kleinen Schüppchen auflöst. Letz- 
tere dürften ein aus wasserbaltigem Thonerdesilicat besteben- 
des, dem Steinmark oder dem Gilbertit ähnliches Residuum 
des sich zersetzenden Kaliglimmers repräsentiren. 

7) Drusenförmige Structur stellt sich in Folge un- 
vollständiger, allmälig vor sich gehender Spaltenausfüllung ein, 
und zeigt sich deshalb vorzüglich in Verbindung mit symme- 
trisch lagenförmiger Aggregationsform des granitischen Gang- 
materials. Da nun die Ausfullung der Gangspalten, worauf 
stengelige sowohl wie lagenföormige Structur hinweisen, von 
beiden Salbändern zu nach der Mitte vorschritt, so ist es 
naturgemäss, dass die Centralzone der Sitz der Drusen- 
räume ist. Diese Erscheinung ist bei den granitischen Gängen 
des Granulitgebirges so gewöhnlich, dass sich einzelne Bei- 
spiele kaum hervorheben lassen. Meist freilich sind diese 
Drusen nur klein und unregelmässig gestaltet, zuweilen aber 
auch mehrere Decimeter lange Klüfte, deren grösste Ausdeh- 
nung der Gangwandung parallel läuft. Sie werden gebildet 
von den frei auskrystallisirtten Enden der granitischen Gang- 
mineralien, von einförmigen, grauen Quarzen, an welchen nur 
Prisma und Dihexaöder, nie Rhomben- und Trapezflächen 
beobachtet wurden, von Orthoklas in seiner gewöhnlichen Kry- 
stallgestalt, hier und da auch von Glimmertafeln oder einigen 
kurzen schwarzen Turmalinsäulen. Für die Genesis der gra- 
nitischen Gänge am lehrreichsten sind jedoch die Fälle, wo 
deren Oentralzone überhaupt nicht zur Ausfullung gelangt, 
sondern in Form einer centralen, der Symmetrie-Ebene 
entsprechenden Drusenspalte ganz offen geblie- 


151 


ben sind. Kein schöneres Beispiel ist mir hierfür bekannt, 
als einer der zahlreichen Gänge an einem Promenadenwege 
am Fusse des Schlossberges von Rochsburg. Hier läuft von 
einem 0,3 M. mächtigen granitischen Gange ein liegendes 
Trum horizontal ab. In directer Nähe des Hauptganges ist 
dasselbe vollkommen und zwar seitlich (also bei der horizon- 
talen Lage dieses Trums oben und unten) stengelig, in der 
Mitte körnig-granitisch ausgefüllt; in seinem weiteren Verlaufe 
jedoch verkummert die centrale Ausfüllungsmasse und es blei- 
ben nur die randlichen Zonen von quer auf den Salbändern 
augeschossenem weissem Quarz, röthlichem Feldspath und 
Glimmertafeln, welche nach der offenen Centralspalte zu, wenn 
auch nur in der Grösse von 1 bis 1,5 Um. und in einförmigen, 
so doch sehr schönen und scharfen Gestalten auskrystallisirt 
sind, so dass man tief in eine enge glitzernde Drusenspalte 
hineinblickt. Wo sich die nicht ganz ebenen, sondern welligen 
Krystallwanduugen nähern, sind strahlige Partieen von schwar- 
zem Turmalin als locale Ausfüllung des Spaltenraumes zur 
Ausbildung gelangt. 

In wie klaren Zugen ist hier die Entstehung der grani- 
tischen Gänge des Granulitgebiets in den Fels geschrieben! 
Sie bestätigen uns die aus den übrigen Structurverhältnissen 
gezogenen Schlüsse auf die hydrochemische Entstehung 
dieser Gänge unwiderleglich und vergegenwärtigen unserem 
Geist den langsamen Process der Spaltenausfüllung. Denken 
wir uns die hier unterbrochene oder nech nicht abgeschlossene 
Feldspath-Quarz-Bildung weiter nach der Mitte zu fortschreiten, 
so erhalten wir beim Zusammenstoss beider Wachsthumsflächen 
einen granitischen Gang von stengeliger Structur mit der zick- 
zackformigen centralen Zuwachsnaht, wie sie oben beschrieben 
ist. Oder denken wir uns die bereits begonnene Turmalin- 
bildung weiter fortgesetzt, oder zwischen den beiden Krystall- 
wänden der Drusenspalte eine kleinkörnig - granitische Gang- 
mitte zur Ausbildung gelangt, wie dies ja wirklich in einem 
Theile unseres Ganges geschehen ist, so resultirt ein symme- 
trischer, in drei Zonen gegliederter, in seiner Oentralzone aus 
Turmalin, oder aus körnigem Granit bestehender, auf beiden 
Seiten stengelig-granitischer Gang, mit der bereits oben an 
instructiven Beispielen erörterten „geschlossenen Drusen- 
structur“, 


152 == 


Genesis der granitischen Gänge des Granulitgebiets und 
analoge Ganggebilde aus anderen Gegenden, Ueber die Ge- 
nesis unserer granitischen Gänge können nach allem dem 
oben Gesagten Zweifel nicht mehr obwalten: 

sie sind hydrochemischen Ursprungs, so gut 
wie Kalkspath -, Baryt- und Quarzgänge, denn eines Theils 
steht es fest, dass ibre mineralischen Bestandtheile unter Be- 
theiligung des Wassers von einem Orte zum anderen wan- 
dern und sich dort neu ansiedeln können, anderen Theils be- 
sitzen unsere granitischen Gänge nicht nur die nämliche 
Structur, wie die oben genannten Mineralgänge, sondern 
haben sogar Reste ihres einstigen Lösungsmittels in Form von 
Flussigkeitseinschlüssen aufbewahrt, während von solchen eines 
etwaigen gluthflüssigen Magmas (also Glaseiern, glasiger oder 
‚entglaster Zwischendrängungsmasse) nicht die geringste Spur 
vorhanden ist, ebensowenig wie von gewissen Structurerschei- 
nungen innerhalb eruptiver Gesteinsarten (also von Mikroflu- 
etuation und spinnenförmigen oder farnwedelartigen Mikro- 
lithen); 

sie verdanken ihr Material der Auslaugung 
ihres Nebengesteirs, denn sie sind erstens an ganz be- 
stimmte Gesteinsarten und zwar an den echten Granulit ge- 
bunden, während andere Gesteine andere Gangausschei- 
dungen erzeugen; und besitzen zweitens sehr gewöhnlich 
nesterartige Gestaltung, keilen sich mit anderen Worten nach 
allen Richtungen aus, können also in genetischer Beziehung 
zu aus der Tiefe emporsteigenden Maetüdhellen nicht ge- 
standen haben; 

ihre Bildung ist von den Wandungen der Spal- 
ten aus vor sich gegangen und zwar durch Aus- 
krystallisiren der in Lösung zugeführten Gang- 
mineralien und deren nach der Mitte gerichtetes 
Wachsthum, denn wir sehen alle Stadien dieses Ausfullungs- 
processes in Beispielen verkörpert. 

Dass uns viele Einzelheiten dieser Vorgänge dunkel sind, 
wie z. B. der Bildungsmodus der echt granitisch - körnigen 
Aggregate, ist ebensowenig zu leugnen, wie der Mangel einer 
klaren Vorstellung von der Entstehungsweise lachtermächtiger, 
grobkrystallinischer Baryt- oder Kalkspathgänge, deren wässe- 


ee A ee 
Y: 


153. 


rigen Ursprung trotzdem kein Geologe zu bezweifeln wagen 


durfte. | 
Den unseren ähnliche Beobachtungen über granitische 
Gänge sind bereits von anderen Geologen gemacht worden, 


und haben diese zu ähnlichen genetischen Schlussfolgerungen 


geführt. 

Nach Lossen*) werden die Sericitgneisse und Schiefer 
des linksrheinischen Taunus von Adern, Trumern und fuss- 
mächtigen Gängen von Quarz, Albit und Glimmer, Serieit 
oder Chlorit durchschwärmt. Ebenso die palaeozoischen 
Schichten des Östharzes**) von gangartigen Kluftausfuüllungen 
mit Feldspath, Quarz und sericitischem Glimmer, welche nicht 
selten grössere Fragmente und Splitter des Nebengesteins 
umschliessen, und welche Lossen naturgemässer Weise als 
Ausscheidungsproducte aus wässeriger Lösung ansieht. 

STERRY Hunt beschreibt in seinen „Notes on granitic 
Rocks“***) zahlreiche, die laurentischen Gneisse der neueng- 
lischen Staaten und Canadas durchsetzende Granitgänge z. Th. 
mit ausgezeichnet symmetrisch-lagenförmiger Anordnung ihrer 
Gemengtheile. Manche derselben bestehen aus reinem wasser- 
hellem Quarz mit eingesprengten zollgrossen Orthoklaskrystallen, 
andere an den Salbändern oder in der Centralzone aus Quarz, 
während Orthoklas entweder eine mittlere oder zwei seitliche 
Lagen bildet. In ähnlicher Weise kommt Perthit mit Quarz 
vor. Sehr gewöhnlich ist die Combination von ÖOrthoklas, 
Quarz, Magnesiaglimmer und schwarzem Turmalin, denen sich 
zuweilen Zirkon, Granat oder Chrysoberyll zugesesellen, — 
ferner die von rothem Orthoklas und dunkelgruner Hornblende 
mit etwas Magneteisen. Feldspath, Quarz, Glimmer, Horn- 
blende und Turmalin bilden fast überall die vorwaltende Gang- 
masse, in dieser stellen sich jedoch mehr oder weniger häufig 
noch folgende Mineralien ein: Amblygonit, Spodumen, Beryll, 
Zirkon, Rutil, Columbit, Idokras, Granat, Apatit, Epidot, Ti- 
tanit, Allanit, Sahlit, Yittrocerit u. a. Für die Quarze dieser 
Gänge sind ihre abgerundeten Kanten und Ecken charak- 


*) Diese Zeitschr. 1867. pag. 567, 578, 662. 
*%) Diese Zeitschr. 1869, pag. 312, 315, 314, 315, u. 1872. pag. 731. 
*%%) Americ. Journ. 34 Series. 1871 Vol. I. pag- 82 u. 182; sowie 
1872. Vol, III. pag. 115. 


154 


teristisch, eine Erscheinung, die sich in den analogen Gang- 
sebilden Elbas wiederholt. 

Als interessante Beispiele symmetrisch-lagenförmiger Glie- 
derung der nordamerikanischen Gänge mögen neben dem be- 
reits erwähnten zonenweisen Wechsel von Quarz und Orthoklas 
hier folgende Vorkommnisse angeführt werden: Beiderseitige 
Lagen von gelblichem Orthoklas mit quer auf den Wandungen 
stehenden Bändern von schwarzem Glimmer, Centralzone aus 
Schriftgranit (Biddeford); randliche Zonen von Apatit und 
Kalkspath, Gangmitte rother Orthoklas und grüner Apatit 
(Burgess); — Salbänder von Hornblende, mittlere Hauptzone 
von Apatif, in dieser eine Centrallage von Orthoklas und 
Quarz (Ontario). Apatit sowobl wie Glimmer sind oft an 
den Salbändern angeschossen und reichen nicht selten durch 
die randliche Gangzone bis in die Gangmitte, ähnlich wie wir 
es vom Gangglimmer des sächsischen Granulitgebiets beob- 
achtet haben. Centrale Drusenspalten sind gleichfalls nicht 


selten. 

Hunt kommt, wie bereits in der Geology of Canada*), 
zu dem näturgemässen Schluss, dass diese granitischen Gänge 
wässerigen Ursprungs und wie die Erzgänge in Spalten- 
räumen durch allmälige Auskrystallisirung aus Lösungen zur 
Entstehung gelangt seien. Zur Unterscheidung von den erupti- 
ven Graniten nennt er sie „endogen‘. 

Ebenso wie die nordamerikanischen, so ähneln die gra- 
nitischen Gänge von San Piero auf der Insel Elba in vielen 
Beziehungen denen des sächsischen Granulitgebiets. G. voM 
Ratu beschreibt sie in seinen „geognostischen Fragmenten 
aus Italien‘‘**) in gewohnt trefflicher Weise. 

Diese nach Tausenden zählenden Gänge von Turmalin- 
führendem Granit setzen in normalem Elbagranit auf, laufen 
indessen zuweilen in die Schieferzone hinein, welche das 
Granitmassiv umgürtet. So lange letzteres ihr Nebengestein 
bildet, sind sie mit diesem fest verwachsen und zeigen nur in 


ihrem Innern unregelmässig gestaltete Hohlräume, — von den. 


Schiefern jedoch sind sie z. Th. durch Klüfte getrennt, auf 
deren Wänden Sphen, Albit und Turmalin auskrystallisirt 


*) Geology of Canada 1863. pag. 476 u. 644. 
*%) Diese Zeitschr. 1870 pag. 044 ff. 


155 


erscheinen. Sie streichen bei steilem Fallen ziemlich constant 
von N. nach S. oder von SSW. nach NNO. und bestehen im 
Wesentlichen aus Örthoklas, Quarz, Magnesiaglimmer und 
Lithionglimmer. Allen gemeinsam ist ihr Reichthum an Tur- 
malin von den verschiedensten Farben. Eisenglauz, Granat, 
Beryll, Zinnstein, Petalit, Castor, Pollux und Pyrrbit sind 
die übrigen, mehr oder weniger seltenen Gangmineralien. 
Worauf aber ihre Analogie mit den granitischen Gängen des 
sächsischen Granulitgebiets beruht und was G. vom Rara zu 
ähnlichen Schlüssen uber die Genesis dieser Turmalingranit- 
gänge von Elba führt, sind ihre Structurverhältnisse und die 
Wachsthumserscheinungen der gangbildenden Mineralien. So 
stellt sich gewöhnlich eine mehr oder weniger deutliche sym- 
metrische Anordnung der Gemengtheile ein, welche Herrn vom 
Rartu an die Mineralgruppirung gewisser erzführender Gänge 
erinnert, und welche sich darin ausspricht, dass an den Sal- 
bändern gewöhnlich schwarzer Turmalin auftritt, auf welchen 
nach der Mitte zu ein grobkörniges Gemenge von weissem 
Orthoklas und Oligoklas mit Quarz, fast immer in schriftgranit- 
artiger Verwachsung folgt, dem sich ebenfalls schwarzer Tur- 
malin zugesell. Ein 16 Cm. mächtiger Gang zeigte an beiden 
Salbändern ein Gemenge von weissem Orthoklas, Quarz und 
viel schwarzen Glimmerblättehen; weiter gegen das Innere des 
Ganges zu nimmt der Glimmer die Form linearer Bänder an, 
welche quer gegen die Gangfläche gerichtet sind. Auf diese 
randliche, 8 Cm. breite Lage folgt jederseits eine etwa 2 Cm. 
dicke Zone von weissem Schriftgranit, den inneren 2 bis 5 Um. 
mächtigen Gangraum erfüllen ganz oder theilweise Krystalle 
von Feldspath, Quarz, Turmalin und Lithion - Glimmer. Bei 
grösserer Mächtigkeit der Gänge wiederholen sich derartige 
Zonen symmetrisch zu mehreren Malen. Zeigen sich, wie 
gewöhnlich, in der Centralzone des Ganges spaltenartige Klufte 
oder Höhlungen,, so erscheinen die obengenannten Mineralien 
in prachtvollen freien Krystallgebilden. 

Nach G. vom Rartn ist die Erklärung dieser Granitgänge 
von Elba als instantane Injecetionsgebilde, als ‚„Nachgeburten 
derselben Granitformation, in derem Bereiche sie vorkommen“ 
(Naumann) auf das Bestimmteste ausgeschlossen. Er deutet 
sie vielmehr als Absätze aus Lösungen, welche aus 
der Tiefe der Erde emporgeführt wurden, nicht aber aus dem 


156 


Nebengestein stammen sollen. G. vom Ratu verhehlt sich 


jedoeh nicht die Bedenken, welche sich gegen eine Verallge- 
meinerung der zweiten Hälfte dieses Schlusses z. B. an solchen 
Punkten erheben, wo wir ringsgeschlossene, mit der 
Erdtiefe also nicht in Zusammenhang stehende Nester und 
Drusen von gleichem mineralogischen Charakter, wie die oben 
beschriebenen antreffen. 

Der Bonner Geologe bezeichnet die. Granitgänge von 
S. Piero, deren kurze Schilderung wir gegeben, als zu den 
wichtigsten und schwierigsten Problemen der Geologie gehörig 
und constatirt die grosse Analogie, welche zwischen ihnen 
und gewissen Gängen von Chesterfield und Goshen in Massa- 
chusetts, sowie solchen von Brevig und Gulsvik im sudlichen 
Norwegen herrscht. An letzt genannter Localität wird der 
dort herrschende Gneiss von unzähligen Gängen des herr- 
lichsten, grobkörnigen Granits durchsetzt. Dieselben haben 
einen ausserordentlich unregelmässigen Verlauf, sie winden 
sich bald hier, bald dorthin, schwellen an, schnüren sich zu- 
sammen, umschliessen Fragmente des Nebengesteins und sen- 
den Apophysen in letzteres. Viele von ihnen erhalten dadurch 
einen symmetrischen Bau, dass glimmerreiche Zonen mit 
solchen von Schriftgranit abwechseln, während andere eine 
sphärische Structur besitzen, indem sonnenartige Glimmer- 
massen von kreisförmigen Zonen von Schriftgranit hofartig 
umgeben werden. 

Auf Grund rein theoretischer Betrachtungen, also auf 
ganz anderem Wege wie vom Rara und Hunt, gelangt PFAFF 
.in seiner „Allgemeinen Geologie als exaete Wissenschaft‘ zu 
gewissen die Granitentstehung betreffenden Schlüssen *), welche 
‘einige Berührungspunkte mit den unsrigen haben. Nachdem 
PFAFF in naturgemässem Anschluss an die Auffassung vieler 
Geologen die sedimentären Lagergranite (Granitgneisse) der 
laurentischen Schichtenreihe von den durchgreifenden Gang- 
und Stockgraniten getrennt hat, macht er eine Anzahl Einwurfe 
sowohl gegen die rein pyrogene, wie gegen die hydatopyro- 
gene Entstehungsweise des Ganggranits geltend und unterzieht 
die Auffassung dieses Gesteins als Spaltenausfüllung durch 
Absatz aus wässerigen Lösungen einer Kritik, ohne jedoch 


*) 1873 pag. 179. 


‚mit den einschlägigen Arbeiten von Hunt (1863, 1864, 1871) 
und vom Raru (1870) bekannt zu sein. Erstens habe diese 
hydrochemische Theorie weder chemische noch physikalische 
Bedenken, da es ein Factum sei, dass die Mineralgemenge des 
Granits sich aus wässeriger Lösung bilden können, 2) die sonst 
nicht erklärliche Granitbildung in feinsten Aederchen sei dann 
sehr natürlich, 3) die bald vorhandene, bald fehlende der Ein- 
wirkung des Granits zugeschriebene Oontactmetamorphose be- 
reite dieser Theorie nur geringe Schwierigkeiten, 4) wir seien 
im Stande, die Bildung der vom Granit eingenommenen Spalten- 
raume auf die wegführende Thätigkeit des Wassers zurückzu- 
führen, während eine gluthflussige Masse durch Druck sie nicht 
erzeugen könne, — letzteres eine Theorie, gegen deren Zu- 
muthung sich viele Geologen mit Recht verwahren werden. 

Sind wir auch entfernt davon, uns den Ansichten Prarr’s 
in dieser Verallgemeinerung anzuschliessen, so viel geht doch 
aus Beobachtungen auf deutschem, italienischem, scandina- 
vischem und amerikanischem Boden hervor, dass gewisse 
Granitgänge wässerigen Ursprungs sind. 


5. känge von Pegmatit. 


In Vergesellschaftung mit den granitischen Gängen durch- 
schwärmen solche von Pegmatit den normaleu Granulit. 
Obwohl nach der mineralischen Beschaffenheit ihrer wesent- 
lichen Gemengtheile nichts anderes als grosskörnige Modifica- 
tionen Kaliglimmer-führender Granite, bieten sie doch in ihrem 
Reichthum an accessorischen Bestandtheilen, in ihren Structur- 
verhältnissen und Wachsthumserscheinungen Abweichungen von 
den beschriebenen Graniten, welche es wunschenswerth machen, 
sie gesondert von diesen zu behandeln. 

Trotz ihrer Häufigkeit stehen sie doch an Zahl den gra- 
nitischen Gängen stark nach, jedoch nur um sie an Mächtigkeit 
bei Weitem zu übertreffen. Diese kann 2,5 bis 3 Meter er- 
reichen, wenn sie sich auch meist auf etwa 0,5 bis IM. 
beschränkt. In der Richtung ihres Streichens und Fallens 
herrscht keine Gesetzmässigkeit, — ihre Längenausdehnung 
scheint meistentheils keine sehr beträchtliche zu sein. 

Die wesentlichen Gemengtheile dieser Pegmatitgänge sind 
Orthoklas und Quarz, denen sich fast stets Turmalin, Kali- 
glimmer und Albit zugesellen. 


Orthoklas und Albit. Der Orthoklas als pegmati- 
tischer Gemengtheil besitzt fast stets fleischrothe Farbe, ist 


sehr gewöhnlich von Quarz schriftgranitisch durchwachsen und 
bildet entweder unregelmässig gestaltete, dann bis kubikfuss- 
grosse, oder dicktafelformige bis 10 Em. lange Individuen, 
welche nicht selten nach dem Carlsbader Gesetze verwachsen 
sind, und deren Form, ebensowenig wie die Spaltbarkeit der 
unregelmässigen Orthoklasklumpen, durch die sie schriftgrani- 


tisch durchschiessenden Quarze gestört wird. lie Formen der 


Krystalle, in Gestalt welcher der Orthoklas aus der pegmati- 


tischen Gesteinsmasse in die Drusenräume hineinragt, sind 


ausserordentlich einfach; meist sind nur T, M, x und P ver- 
treten, ähnlich wie es bei den Feldspathen der granitischen 
Gänge der Fall ist. Das Orthopinakoid tritt verhältnissmässig 
ziemlich häufig auf. Die Endfläche y hingegen ist nur selten 
neben x angedeutet, bei Carlsbader Zwillingen gar nicht ent- 


wickelt. Von solchen nach dem Bavenoer Gesetz liegt nur 


ein einziges etwa 7 Cm. hohes Exemplar vor, dessen eigen- 
thümliche Oberflächenbeschaffenheit uns später beschäftigen 
soll. Ebenso wie die als Bestandtheile des Pegmatits auftre- 
tenden Orthoklaspartieen, sind auch die in Drusenräume ra- 
genden und hier zur Krystallbildung gelangten Feldspäthe fast 
ste's in ihrem Innern schriftgranitisch von Quarzlamellen 
durchwachsen; jedoch reichen diese nur selten bis zur Ober- 
fläche, beschränken sich vielmehr auf den Kern, so dass in 
der Nähe der Flächen meist reine Feldspathsubstanz vorhanden 
ist, — ganz ähnlich wie es z. B. Streng*) von Harzburger 
Orthoklasen beschreibt. 

Schon bei Besprechung der granitischen sowie der Ortho- 
klas - Quarz- Gänge des Granulitgebietes haben wir (Seite 117, 
128 u. 146) auf einen gewissen Zersetzungsprocess des Ortho- 
klases aufmerksam gemacht, dem zu Folge der letztere sich 
schliesslich in lauter der Hauptaxe und ÖOrthodia- 
donale parallele Lamellen trennt, während gleich- 
zeitig Albitneubildungen vor sich gehen. Die nam- 
liche Erscheinung tritt ans noch viel deutlicher und häufiger 
an den grossen Orthoklasen der Pegmatitdrusen entgegen. 
Dann ist ihre Basis und ihr Hemidoma mit tiefen, der 


*) N. Jahrb. für Miner. 1871. pag. 719. 


En. € ie 


u 


Kante P:x parallelen, furchenartigen Einschnitten versehen, 
ihre Seitenflächen erscheinen vertical gereift, kleine Schuppen, 
von Kaliglimmer, namentlich aber Kıryställchen von Albit 


" wachsen zwischen den auf diese Weise entstehenden Lamellen 


hervor und erheben sich kammförmig über die ursprünglichen 
Flachen ihres Mutterkrystalls. 

‚Um zu constatiren, ob diese mit Albitbildung verbundene 
lamellare Zersetzung des Feldspaths durch eine perthitähn- 
liche Verwachsung von Orthoklas- und Albit- 
lamellen und eine später eintretende Auslaugung 
der letzteren bedingt sei, wurde u. a. aus einem der Basis 
parallelen Spaltungsstück eines auf seiner Oberfläche bereits 
tief gereiften Orthoklaskrystalls aus der Druse eines Pegmatits 
von Göppersdorf ein Dünnschliff gefertigt und untersucht. 
Bereits bei Betrachtung mit der Lupe zeigte dieser eine Zu- 
sammensetzung aus abwechselnden zarten klaren und breiteren 
trüben Streifen von schwach welligem, im Wesentlichen unter 
sich und der Horizontalkante von oP parallelem Verlauf. 
Unter dem Mikroskop ergab es sich, dass die Undurchsichtig- 
keit des einen Theils dieser Lamellen davon herrührt, dass 
sie eine Unzahl ausserordentlich kleiner, unregelmässig gestal- 
teter Einschlüsse bergen, die in lauter der P:x-Kante parallele 
Zonen angeordnet sind. ZIRKEL beschreibt”) streifige Ortho- 
klase, deren anscheinend perthitartige Verwachsung mit Albit 
sich bei mikroskopischer Untersuchung auf eine derartige 
zonenweise Trubung durch mikroskopische Poren und Läpp- 
ehen reducirte. Sind nun auch die abwechselnden Feldspath- 
zonen unserer Schliffe durch solche fremde Einschlüsse ver- 
unreinigt, So ergiebt sich doch bei Anwendung der Nicols 
direct, dass die dazwischen liegenden klaren Feldspathzonen 
anders gefärbt erscheinen als die getrübten. Da sie gegen 
letztere an Breite zurücktreten, erblickt man das Gesichtsfeld 


- auf einfarbigem Grunde von zarten, schwach welligen, bald 


kürzeren, bald längeren anders gefärbten Schmitzen und Ban- 
dern gestreif. Wir haben es demnach hier mit einer Ver- 
wachsung von verschiedenartigen Feldspathlamellen zu thun. 


Dass es die klaren schmäleren Zonen sind, die aus Albit 


bestehen, geht bei dem Mangel an deren Zwillingsstreifung 


*) Mikroskop. Beschaffenh. d. Mineralien pag. 131. 


aus der Uebereinstimmung ihrer Gestalt und ihres Verlaufes 
mit den oberflächlichen Auswitterungsfurchen des betreffenden 
Feldspathkrystalls hervor. | 
Vollkommen sicher gestellt wird die Albiinetur: der ein- 
geschalteten zarten Lamellen durch einige andere Vorkomm- 
nisse. Die Drusen innerhalb eines durch Bahnbauten auf- 
geschlossenen metermächtigen Pegmatitganges an dem linken 
Gehänge des Muldethals zwischen Friedemanns Klippe und 
Rochsburg waren ausgekleidet von grossen Orthoklaskrystallen, 
deren P:x-Kante 8 bis 12 Cm. maass. Sie ragten unter 
spitzem Winkel aus den Drusenwandungen und zwar wiederum 
in einer solchen Stellung, dass die Basis den letzteren, x hin- 
gegen dem offenen Drusenraum zugewandt war, wie wir dies 
bereits an den Orthoklasen der granitischen Gänge als Regel 
kennen gelernt haben. Ausser den genannten beiden End- 
flächen ist nur noch das Klinopinakoid und das Prisma aus- 
gebildet, so dass wir Feldspäthe des einfachsten Habitus vor 
uns sehen. Ihre Oberfläche bietet uns die Erscheinung lamel- 
larer Auslaugung in einer aussergewöhnlichen, der Grösse der 
Individuen proportionalen Deutlichkeit dar. Bis zur Höhe 
von mehreren Millimetern ragen die stehengebliebenen Ortho- 
klaslamellen über das Niveau, bis zu welchem die Zersetzung 
der übrigen Substanz bereits vor sick gegangen ist, hervor, 
so dass die 50 bis 100 Cm. grossen Flächen von einer tiefen 
und dichten, schwachwelligen Furchung bedeckt sind, welche, 
wie immer in solchen Fällen, in ihrer Hauptrichtung parallel 
den Kanten des Orthopinakoids verläuft. Dünnschliffe von 
Spaltungsstücken parallel oP zeigen zwischen den Orthoklas 
in orthopinakoidischer Lage eingeschaltete, langgezogene, flach- 
wellige Streifen, kurze Schmitzen und spitzkeilförmige Bänder 
von Albit in überraschender Frische, welche zugleich die deut- 
lichste Erhaltung deren Zwillingsstreifung bedingte. Natürlich 
ist diese in rechtem Winkel auf die Längenerstreckung der 
einzelnen Lamellen - Querschnitte gerichtet, da jeder der letz- 
teren einer schmalen, unverhältnissmässig in die Breite ge- 
zogenen P-Fläche entspricht. Diese plagioklastische Streifung 
tritt im Dünnschliff des oben beschriebenen kleineren Ortho- 
klases von Göppersdorf augenscheinlich deshalb nicht hervor, 
weil derselbe von seiner allseitig der Verwitterung exponirten 


161 


Oberfläche aus bereits bis in sein Inneres hinein von dieser 
gelitten hat. 

Herr Dr. von Meyer hatte die Gefälligkeit, durch Herrn 
Schwartz eine Analyse des im Dünnschliff perthitartige Ver- 
wachsung zeigenden Feldspaths von Rochsburg ausführen zu 
lassen. Dieselbe ergab folgende Resultate: | 


a. b. ° Mittel*) Dividirt durch 
-SiO, 64,65 — 64,65 die Atomge- 
Al,O, 19,82 19,44 19,63 wichte 
CaO 0:41..°..0.20. 209,30. 262 = 20218... 0.0054 
K,O — dl 19. Re 1072 . 0,3005 
Na,0 — 2.09 2205.22. Na 5,7,52 1... 0,0668 
MsO Spur — SE 
100,78. 


| Entsprechend dem Atomverhältniss 
Ca 2 RK n.Na 
0,0054 :: 0,5005 : 0,0661 
oder], =..095,0 12.2 


wurden mit 13 Molekülen kalkhaltigen Natronfeldspaths etwa 
56 Moleküle Kalifeldspath verbunden sein... Halten wir dies 
Ergebniss zusammen mit den Resultaten der mikroskopischen 
Unsersuchung, so geht daraus hervor, dass unser „Orthoklas‘ 
aus einer perthitartigen Verwachsung von etwa 4 Theilen 
Orthoklas und 1 Theil Albit besteht. 

Ausser den beschriebenen Krystallen wurden noch Feld- 
späthe aus dem Rochsburger Pegmatite selbst, also nicht 
frei ausgebildete Individuen, sondern eigentliche Gemengtheile 
dieses Gesteins mikroskopisch untersucht. Auch bei ihnen 
zeigte sich eine perthitartige Verwachsung von Orthoklas und 
Albit, sowie ebenfalls eine sehr deutliche Zwillingsstreifung 
der Albitlamellen. 

Eine weitere interessante Erscheinung, welche diese sämmt- 
lichen Schliffe, jedoch nur stellenweise bieten, ist die der netz- 
artigen Durchwachsung des Orthoklases von Seiten des Al- 
bits in einer an die von KREISCHER und STELZNER beschriebenen 
Pegmatolithe von Arendal erinnernden Weise. An einzelnen 


*) Siehe Anmerkung auf Seite 148. 
Zeits. d.D.geol. Ges. XXVIL 1. 11 


162 


Stellen des Schliffs sieht man nämlich je zwei oder mehrere 
flach wellig geschlängelt nebeneinander herlaufende Lamellen 
des Albits durch rechtwinklig auf ihnen stehende, also dem 
Klinopinakoid parallele Querriegel untereinander verbunden, 
die sich in unbestimmten Zwischenräumen wiederholen, ja hier 
und da machen die sonst dem Perthitgesetze folgenden Albit- 
lamellen eine rechtwinklige Knickung und nehmen dann erst 
ihre alte Richtung wieder an. In ganz vereinzelten Fällen 
besitzen diese dem Klinopinakoide parallelen Albite viel be- 
deutendere Dimensionen als die dem Orthopinakoide ent- 
sprechenden Albitlamellen. Die Querstreifung der letzteren 
setzt ohne Unterbrechung als Längsstreifung in die klinopina- 
koidische Lage besitzenden Verbindungslamellen fort. _ Wir 
haben es also hier mit einer im Querschnitt natürlicher Weise 
netz- oder leiterformig erscheinenden, höchst unregelmässig 
bienenwabenartigen Durchwachsung des Orthoklases mit Albit 
zu thun, wobei die verzwillingten Individuen des letzteren 
unter sich, sowie mit den durch sie getrennten Orthoklas- 
Lamellen und -Leisten durchweg eine parallele Stellung inne- 
haben. 

ROSENBUSCH, STELZSER und ZIRKEL haben diese ebenso 
interessante wie schöne Verwachsungserscheinung von einer 
Reihe anderer Fundpunkte kennen gelehrt.*) Ueberraschend 
aber ist die Uebereinstimmung unserer und der von STRENG **) 
geschilderten pertbitartigen Albit - Orthoklase aus Drusen der 
Schriftgranitgange im Radauthale. 

Aus Obigem, zusammengehalten mit der Häufigkeit der 
beschriebenen Furchung der Feldspäthe geht hervor, dass die 
lamellare Verwachsung von Orthoklas und mehr oder weniger 
Albit eine in den Pegmatitgängen des sächsischen Granulit- 
gebiets ganz gewöhnliche Erscheinung ist. Trotzdem darf sie 
als eine neue Bestätigung der Feldspath-Theorie TsScHERMAR’s 
nicht bezeichnet werden, da die natronhaltigen Kalifeldspäthe 
des granulitischen Nebengesteins keine Spur lamellarer Ver- 
wachsung zeigen, also isomorphe Mischungen sind. 
Erst bei Auslaugung der Feldspathsubstanz aus 


*) Siehe Zırker, Mikrosk. Beschaffenh. der Min. pag. 130, und 
RosensuscH, Mikrosk. Physiogr. pag. 329. 
%*) N, Jahrb. für Min. 1871. pag. 719. 


163 


dem Nebengestein tritt eine Spaltung und Inudivi- 
dualisirung des kalkhaltigen Natronfeldspathes 
und des Kalifeldspathesund bei gleichzeitiger 
Wiederausscheidung eine gegenseitige Durchwach- 
sung beider ein. Ferner ergiebt es sich, dass die Furchung 
auf der Oberfläche dieser Feldspäthe das Resultat beginnender 
Auslaugung der lamellar zwischen den Orthoklas eingeschal- 
teten Albitsubstanz ist. Noch muss hinzugefügt werden, dass 
die sich einstellende Furchung zugleich die Zersetzung des 
zuruckbleibenden Orthoklases einleitet und beschleunigt, wes- 
halb die ursprünglichen den Albitschmitzen entsprechenden 
zarten Einschnitte sich auf Kosten der Orthoklassubstanz bald 
verbreitern. 

Derartige Auslaugungs- und Zersetzungsfurchen auf den 
Flachen der Feldspathkrystalle geben vorzüglich bei Zwillings- 
bildungen der letzteren Veranlassung zu recht auffälligen und 
der Erwähnung werthen Erscheinungen. So sind an dem oben 
erwähnten, etwa 7 Cm. langen Bavenoer Zwilling, wenn man 
die vier Flächen P und M vertical und zwar die beiden P 
nach hinten stellt, die beiden letztgenannten Flächen horizontal 
und die beiden vornliegenden M - Flächen schräg nach vorn 
geneigt gereift, während das obere Ende des Krystalls da- 
durch kastenartig aus lauter zarten Lamellen aufgebaut er- 
scheint, dass die jeder Zwillingshälfte angehörigen,, natürlich 
rechtwinklig aufeinander stehenden Reifen auf x und T, in 
der Zwillingsnath aneinander stossen. 

Iass die zarten, fast linearen Flächen, welche die der 
Basis eines einfachen Feldspaths zugehörigen Lamellen nach 
oben begrenzen, mit dieser, also mit oP spiegeln, ist selbst- 
verständlich, sind sie doch nichts als durch Einschnitte ge- 


_ trennte Partieen dieser letzteren. Dahingegen fallt es im ersten 


Augenblick sehr auf, dass die Lamellenendflächen, welche dem 
Hemidoma x angehören, ebenfalls in der Richtung der Basis 
oP liegen und gleichfalls mit dieser spiegeln, also keine stehen- 
gebliebenen von der Zersetzung verschonten Theile der Fläche x 
sind, wie man es hätte erwarten sollen. Es ergiebt sich viel- 
mehr, dass diese zarten glänzenden Flächen nur Spaltungs- 
flächen und dadurch entstanden sind, dass die scharfen hori- 
zontalen Endkanten der Lamellen, gebildet von der durch 
Auslaugung des Albits hervorgebrachten Orthopinakoid- und 
11° 


der ursprünglichen Hemidomafläche x, auf dem Hauptblätter- 
durchgang abbrachen. In Folge davon trat an Stelle ibrer 


eigentlichen, nach hinten geneigten Endfläche x die nach vorn 
geneigte Spaltungsfläche P. Sehr auffällig gestaltet sich diese 
Erscheinung an zwei nach dem Carlsbader Gesetze verwach- 
senen Orthoklasen, an welchen, wie meist in den Gängen des 
Granulitgebiets, von Endflächen nur P und x, in diesem Falle 
tief gefurcht, entwickelt sind. Von diesen beiden Krystallen 
hält der eine grössere den anderen in der Weise umschlossen, 


dass das Hemidoma x des kleineren in die Ebene der Basis 


des grösseren fallt, was durch eine bekanntlich nicht unge- 


wöhnliche Abweichung vom normalen Kantenwinkel ermög- 
licht wird,*) Die Grenzlinien zwischen den beiden Individuen 
treten auf der Fläche des grossen Krystalls dadurch so haar- 
scharf hervor, dass die der letzteren entsprechenden Lamellen- 
endflächen des grossen Feldspaths ausserordentlich glänzend 
spiegeln, während diejenigen des kleineren Individuums, ob- 
wohl eigentlich in derselben Ebene liegend, dunkel bleiben 


und bei vorgenommener Drehung erst gleichzeitig mit dessen 


Spaltungsflächen spiegeln. Sie besitzen also die Lage des 
Hauptblätterdurchganges oP des kleinen Feldspathes, sind also 
nach hinten geneigt. Wäre eine derartige Verletzung der ho- 
rizontalen Lamellenkanten nicht eingetreten, so würden an dem 
beschriebenen Zwilling die in einer Ebene liegenden Lamellen- 
endflächen von x des einen Krystalls gleichzeitig mit P des 
anderen spiegeln müssen. 

Was übrigens die Albitneubildung auf Kosten gewisser 
Bestandtheile unserer perthitartigen Feldspäthe betrifft, so ist 
dieselbe nicht auf die Oberfläche dieser letzteren beschränkt, 


sondern zieht sich nicht selten auf Rissen in das Innere der 


als eigentliche Gemengtheile des Pegmatits auftretenden Ortho- 
klasmassen hinein, deren randliche Zonen dann noch frisch 
und unzersetzt erscheinen, während einzelne Stellen ihres 
Innern in Folge eintretender Verwitterung ein lockeres, kör- 


niges Gefüge angenommen haben. In ihnen stellen sich un- 


regelmässig löcherige Hohlräume ein, welche theilweise aus- 
gefüllt sind von einem Haufwerke kleiner klarer Albite, von 
erdigem Eisenoxydhydrat und von grünlichweissen Tafelchen 


*) vom Raru, diese Zeitschr. 1870. pag. 654 und 659. 


ER U ER 


165 


von Kaliglimmer, welche sich ausserdem bereits in den von 


diesen Hohlräaumen ausgehenden Rissen angesiedelt haben. 
Endlich kann auch die Albitsubstanz verhältnissmässig 
grössere Wanderungen antreten und sich in Drusenräumen oder 


‘ Klüften ganz unabhängig von den das ursprungliche Material 


liefernden Feldspäthen in Form mehrerer Millimeter bis Centi- 
meter dicker Krystallkrusten auf der Oberfläche von Quarzen 
oder frischen Orthoklasen ansiedeln. Die auf solche Weise 
gebildeten Krystalle übertreffen den parasitisch auf seinem 
Muttermineral wuchernden Albit sehr beträchtlich an Grösse 
und sind nicht selten mit Quarz schriftgranitisch verwachsen. 
Aus der Nähe von. Rochsburg liegen Albitkrystalle von 1,5 
bis 2 Cm. Höhe und Breite vor, an welchen die Flächen oP, 
oP&, oP, Poo und P in grösster Schärfe entwickelt sind. 
Die Zwillingsbildung hat immer nach dem Brachypinakoide 
stattgefunden. — Zuweilen haben sich auf den frischen End- 
flächen oP des Orthoklases kleine Albite angesiedelt. Die- 
selben besitzen dann in Folge nnverhältnismässig starker Aus- 
bildung von oP eine ausserordentlich flache Tafelform, deren 
Umgrenzung von den sehr zarten Flächen des Prisma, Brachy- 
pinakoid und der hinteren Endfläche x bewirkt wird. Diese 
Täfelchen sitzen nun auf oP des Orthoklases in der Weise 


dachziegelartig auf, dass die Px-Kante der kleinen Albite 


derjenigen des grossen Orthoklaskrystalls parallel läuft, soweit 
dies bei der Ungleichheit der Axenwinkel überhaupt mög 
lich ist. 

Die Zersetzung des pegmatitischen Feldspaths kann jedoch 
noch in einer anderen als ausschliesslich auf Extraction und 
Neubildung der Albitsubstanz hinzielenden Richtung vor sich 
gehen, indem sie auf eine Umwandlung des Örtho- 
klases in Kaliglimmer hinwirkt. Wir haben zwar bereits 
diese beiden Vorgänge vereint an einzelnen Krystallen der 
Orthoklas-Quarzgänge beobachtet (Seite 118), ja gesehen, dass 
Albitextraction und Zersetzung des Orthoklasresiduums zu 
Glimmer und Quarz Veranlassung zu selbstständigen Gangbil- 
dungen gegeben hat (Seite 120); aus dem Pegmatit jedoch 
liegen besonders instructive Fälle vor, an denen man die 
Pseudomorphosirung des Orthoklases zu Glimmer und Quarz 
zu verfolgen im Stande ist. Das unserer Beschreibung zu 


| - Grunde gelegte Orthoklasindividuum, durch Vorwalten von E 


166 en 


und M zu einer rectangulären Säule gestaltet, hat eine Länge 
von gegen 6 und eine Breite und Dicke von 53 Cm. Der 
Kern dieses ursprünglich in Pegmatit eingewachsenen Krystalls 
‚besteht aus frischem, auf seinen Spaltungsflächen stark glan- 
zenden, fleischrothem Orthoklas, nach aussen zu aber geht die 
rotlie Farbe in eine lichtgelbliche über, die Spaltbarkeit verliert 
mehr und mehr an Schärfe, an ihre Stelle tritt ein feinkörniges, 
poröses Gefüge, die Feldspathhärte des Centrums weicht einer 
gewissen Mürbe, unter der Lupe wahrnehmbare silberglänzende 
Punkte stellen sich ein, bis endlich als äusserste Grenzzone 
des ursprünglichen Orthoklasindividuums ein schuppig-blumiges 
Aggregat von im Durchschnitt 0,5 Cm. grossen, silberweisser 
Glimmerblättehen erscheint, welches den ganzen Krystall rings 
umkleidete.e Die Grenzen zwischen mürber Feldspathsubstanz 
und Glimmerüberzug sind keine scharfen, vielmehr drängen 
sich Blättchen des letzteren in alle kleinen Risse und Kluft- 
flachen des ersteren, vergleichlich den Wurzeln einer Rasen- 
decke im Erdreich. 

Vollkommen ähnliche z. Th. auf Kosten des frischen 
Kernes bereits noch weiter vorgeschrittene Pseudomorphosen 
von Glimmer nach Orthoklas sind von Rosz, namentlich aber’ 
von G. vom RartH aus Lomnitz in Schlesien, von BLUM aus 
Warrensteinach im Fichtelgebirge und von BiscHor beschrieben 
und genetisch gedeutet worden.*) &. vom Rara analysirte die - 
einzelnen Zersetzungsproducte des in Pseudomorphosirung be- 
griffenen schlesischen Feldspaths und zeigte, dass letzterem, 
um zur Bildung von Glimmer zu gelangen, etwa 35 pCt. 
Kieselsäure und 5,5 pCt. Kali und Natron entführt, dabingegen 
in dem betreffenden Falle 4,91 pCt. Eisenoxyd und Wasser 
zugeführt worden sind. Aehnliches wird von dem eben be- 
schriebenen neuen Vorkommen gelten, — jedenfalls ist auch 
hier ein Theil der Alkalisilikate des ursprünglichen Ortho- 
klases in Lösung direct entführt, ein anderer zersetzt und in 
Form von Carbonaten und Kieselsäure entfernt worden. 

In gleicher Deutlichkeit ist die Umbildung zu Glimmer 
an einem Orthoklaskrystall zu beobachten, welcher ganz isolirt 


*) Rose, diese Zeitschr. II. pag. 10. — vom Rartn, Pose. Ann. XCVMI. 
pag. 190, — Bıwum, Pseudom. I. Nachtr. pag. 25. — Bıscaor, Lehrb., d, 
chem, u. phys. Geol. II. pag. 412 u, 797. 


167 : 

auf dem oberen rhombo&drischen Ende eines 2,5 Cm. starken 
und gegen d Cm. langen, schwarzen Turmalinprismas aufsitzt. 
Erhalten ist nur wenig mehr als der in der Turmalinmasse 
innesitzende Theil des Feldspaths, der Rest hingegen in Folge 
zersetzender Einflüsse verschwunden. Letztere haben sich 
selbst bis in die noch übrig gebliebene Partie des Orthoklases 
hinein geltend gemacht, so dass diese ein zerfressenes, löche- 
riges Aussehen erhalten hat. Die verschwundene Orthoklas- 
substanz aber ist zu Kaliglimmer geworden. Dieser überzieht 
die vollkommen unverletzten, stark glänzenden Turmalinflächen 
in einer so charakteristischen Weise, dass seine genetische 
Abhängigkeit von dem Feldspathindividuum unverkennbar ist. 
Der Kaliglimmer ist nämlich auf denjenigen Theil der Turmalin- 
flächen beschränkt, welcher den zerfressenen Orthoklas un- 
mittelbar umgrenzt, zieht sich aber von hier aus noch in die- 
jenigen durch Verwachsung mehrerer Prismen entstandenen 
Vertikalrinnen hinab, welche auf den sich zersetzenden Feld- 
spath treffen. Man kann sich hieran ganz deutlich vergegen- 
wärtigen, wie der aus der Zersetzung hervorgehende mineralische 
Saft, aus welchem sich der Kaliglimmer bildete, in jenen 
Rinnen an dem Turmalin hinabgelaufen ist. 

Derartige Glimmerbildungen auf Kosten der Orthoklas- 
substanz stellen sich nun nicht nur bei frei ausgebildeten 
Krystallen, sondern noch viel häufiger bei den unregelmässig 
umgrenzten Feldspathpartieen des pegmatitischen Aggregats 
ein. Jede Spaltungs- und Kluftläche solcher Orthoklase er- 
scheint von einem Ueberzug zarter Kaliglimmerschuppchen wie 
angehaucht, — auf den Sprüngen, von welchen jene durch- 
zogen werden, haben sich lichtgraue glänzende Glimmerblätt- 
chen und radialblättrige Rosetten dieses Minerals angesiedelt, 
— die schmalen Klüfte haben sich gangartig mit blätterigem 
Glimmer ausgefüllt. Von ihnen aus hat sich die Zersetzung 
beiderseitig weiter ausgebreitet, so dass quer durch den Ortho- 
klas oder bis tief in denselben zellig - löcherige Zersetzungs- 
zonen von (limmerblättchen und mulmigem Eisenoxydhydrat, 
dieses mit kleinen Körnchen und Kryställchen von jungem 
Quarz hineinreichen. Hier finden wir demnach die den Alkali- 
silikaten durch Zersetzung zu Carbonaten entführte Kieselsäure 
als Quarz, sowie den Eisengehalt des Orthoklases als Eisen- 
ocker wieder, 


108° © 


Von dem Quarz als eigentlichem Gemengtheil des Peg- 
matits lasst sich nur erwähnen, dass er entweder milchweisse, 
rauchgraue oder fast ganz wasserhelle Partieen von Nuss- bis 
Kopfgrösse bildet, welche reich an mikroskopischen Flüssig- 
keitseinschlüssen sind. Stellenweise kann er auch als bei 
Weitem vorwaltende Ausfullungsmasse der Gänge auftreten, 
in welcher dann Orthoklas und Turmalin als isolirte Indivi- 
duen eingesprengt sind. Seine Krystalle z. Th. tief rauchgrau, 
z. Th. tief schwarz gefärbt, erreichen Centnerschwere und 
mehr als Fusslänge, sind jedoch meist von ziemlich einför- 
miger Gestalt und besitzen vorwiegend nur die Flächen von 
Prisma und Dihexa&der, seltener ausser diesen noch diejenigen 
eines schr spitzen Dihexa@ders.. Sämmtliche Flächen sind 
sehr häufig von Eisenoxydhydrat oder jüngerem Quarz-, Feld- 
spath- oder Glimmergebilden überzogen, oder sonst rauh 
und matt. 

Nicht ungewöhnlich und zwar dann fast stets in Combi- 
nation mit den Flächen eines sehr spitzen Rhombo&ders treten 
grosse, matte und zwar bald linke, bald rechte Trapez- 
flächen auf (so in den pegmatitischen Drusen von Waldkeim, 
Göppersdorf, Friedemanns Klippe, Wolkenburg, Penig), ja es 
kann vorkommen, wie bei Göppersdorf, dass von zwei be- 
nachbarten Quarzen der eine linke, der andere rechte Trapez- 
flächen aufzuweisen hat. Gewöhnlich sind die beiden Rhom- 
 bo@der R ziemlich gleichmässig, sehr selten nur die Flächen 
des einen entwickelt. In einem solchen Falle treten unter den 
drei R-Flächen und den drei dazwischen liegenden Kanten 
6 matte Flächen zweier sehr spitzer Rhombo&der und 6 grosse 
rauhe Trapezflächen auf. 

Das Vorkommen der letzteren am Quarze turmalinfuh- 
render Pegmatitgänge ist keine besonders auffällige, ja voll- 
kommen normale Erscheinung, wenn wir in Betracht ziehen, 
dass die Paragenesis des Quarzes mit Turmalin, Kaliglimmer, 
Apatit und Topas an vielen anderen Fundpunkten ganz regel- 
mässig das Auftreten von Trapezflächen bedingt. Aus dieser 
constanten Verknüpfung zog STELZNER*) den Schluss, dass 
wenn Quarz in Gegenwart von fluor-, chlor- und borhaltigen 
Verbindungen auskrystallisirte, diese letzteren die Veranlassung 


*) N. Jahrb. f. Miner. 1871. pag. 49 u. 49, 


169° 


zur Entwicklung des trapezoödrischen Habitus des Quarzes 
gewesen seien, — eine Folgerung, welche ich um so freudiger 
. acceptirte, als ich durch Experimente dargethan hatte, dass 
die Krystallgestalt des kohlensauren Kalkes durch gewisse 
fremdartige Beimengungen zu ihrer ursprünglichen Lösung 
beeinflusst werde.*) Nach den Beobachtungen STELZNER’s an 
analogen Quarzvorkommnissen war die Folgerung eine gerecht- 
fertigte, dass auch die stets mit Fluor- und Borsäure-haltigem 
Turmalin, mit Fluor-haltigem Kaliglimmer, zuweilen mit Topas 
und Apatit vergesellschafteten Quarze der Pegmatitgänge des 
sächsischen Granulitgebirges unter dem Einflusse des Fluor-, 
Bor- und Chlorgehalts der Mineralsolutionen, aus welchen 
ausser dem Quarze die genannten Drusenmineralien auskrystal-_ 
lisirten, ebenfalls Trapezflächen entwickelt hätten. Im Allge- 
meinen betrachtet, entsprechen die Krystallverhältnisse der 
Quarze innerhalb der beschriebenen und noch zu beschreiben- 
den Gänge diesen Schlussfolgerungen. Die Quarze der Ortho- 
klas - Quarz- Gänge zeigen keine Trapezflächen, ebensowenig 
diejenigen der turmalinfreien Granite, dahingegen sind die 
betreffenden Flächen vorhanden an dem Quarze des turmalin- 
führenden zelligen Granits von Markersdorf, sowie an dem 
Rauchtopas und lichten Quarz der turmalinreichen Pegmatite. 
Fassen wir jedoch statt dieser Gruppen Einzelindividuen ins 
Auge, so stellen sich Abweichungen von der anscheinenden 
Regel ein. Es ergiebt sich namlich, dass in den Pegmatit- 
gängen neben den trapezo@drischen Quarzen solche ohne 
Trapezflächen viel häufiger sind, ferner dass selbst an mit 
Turmalinkrystallen verwachsenen und augenscheinlich mit ihnen 
gleichalterigen Quarzen die betreffenden Flächen nicht immer, 
vielmehr nur in vereinzelten Fällen zur Ausbildung gelangt sind. 

Schliesslich sei noch einiger interessanter Wachsthums- 
erscheinungen des Quarzes gedacht. So wuchsen eine Anzahl 
von Quarzkrystallen von einer Drusenwandung aus auf die 
gegenüberliegende zu uud stiessen hier auf die Prismenfläche 
eines grossen Orthoklases. Die Pyramiden der Quarze, in 
ihrem Fortwachsen in der Richtung der Hauptaxe verhindert, 
verwendeten nun die ihnen zustromende Kieselsäure-Solution 
zu ihrer allmäligen Ausdehnung in die Breite, indem sie zu 


*) Journal für practische Chemie 1870 Bd. II, pag. 1. 


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einer Säule anwuchsen, welche schräg an der Prismenfäche 
des Orthoklases abschneidet. Diesen Vorgang sieht man sehr 
deutlich an zwei in ihrem Wachsthum etwas zurückgebliebenen 
Quarzen illastrirt, welche mit ihrer Spitze gerade gegen die 
Feldspathfläche stossen und bereits begonnen haben, den Raum 
zwischen ihren Pyramidenflächen und dem quer davorliegenden 
Orthoklas auszufüllen und dadurch die Pyramide zur Säule zu 
gestalten. | 

Ganz analog ist die Erscheinung, dass eine Anzahl Quarze 
einen Orthoklaskrystall pallisadenartiig umstanden haben und 
dann seitlich zu einem einzigen Individuum miteinander ver- 
schmolzen sind, dem die Spitze noch fehlt und dessen centrale 

ze von dem Feldspath eingenommen wurde. In Folge ein- 
getretener Kaolinisirung ist letzterer fast vollständig ver- 
schwunden, so dass man in eine seinen einstigen Umrissen 
entsprechende Höhlung hinein blickt. 

Von der Ansiedelung jüngerer Quarzgebilde auf älteren 
Quarzkrystallen liefern einige grosse dunkele Rauchtopase 
von Friedemanns Klippe instructive Beispiele: Durch Ver- 
witterung des Orthoklases, auf dem sie früher festgesessen 
hatten, waren Theile dieser ihrer Aufwachsfläche frei geworden, 
auf welchen sich nun ein Incrustat von weissem, gelblich 
irisirendem jungem Quarz ansiedeltee Obwohl nun dieses die 
Form eines ununterbrochenen Ueberzuges von homogener 
Quarzmasse besitzt, ist es doch an seiner Oberfläche zu lauter 
unter sich parallel stehenden Krystalllächen und Flächen- 
gruppen ausgebildet. Wo die unregelmässig verlaufende, jetzt 
blossgelegte Aufwachsfläche zufälliger Weise fast senkrecht 
steht, ist sie durch den Quarzüberzug zu einer Prismenfäche 
ausgebildet; wo sie schräg zur Hauptaxe des alten Haupt- 
krystalls verläuft, ist die incfustirende Lage von jungem Quarz 
zu lauter gleichzeitig spiegelnden Pyramidenflächen oder Flächen- 
paaren ausgebildet; schneidet sie die Axe flach, so erheben 
sich auf ihr treppenförmig oder dachziegelartig übereinander 
emporragende Pyramidenspitzen, — kurz das Incrustat ist als 
ein im Wachsthum begriffenes Quarzindividuum zu betrachten, 
welches schliesslich einen normalen, von geschlossenen Flächen 
begrenzten Krystall bilden würde, trotzdem es augenblicklich 
in gegen hundert Krystallspitzen ausläuf. Die Abstammung 
der jungen Krystallsubstanz ist offenbar in den durch Koblen- 


171 


säure theilweise zu Carbonaten zersetzten benachbarten Ortho- 
klasen zu suchen. 

Der Turmalin besitzt als Gemengtheil des Pegmatits 
stets eine schwarze Farbe... In bleistift- bis zu mehreren 
centimeter-, ja armdicken, glänzend schwarzen Säulen durch- 
schiesst er den Quarz und Feldspath, ist also eher als beide 
zur Auskrystallisirung gelangt und bildet fast stets radial- 
strahlige Bündel. Zuweilen sind die Säulen gebogen, geknickt 
oder in zahlreiche Querglieder gebrochen, welche durch weissen 
Quarz wieder zusammengeheilt sind. In Drusenräumen ist der 
Turmalin auskrystallisirt, zuweilen an beiden Enden frei aus- 
gebildet und zeigt dann die gewöhnlichen, auch von FRENZEL*) 
aufgezählten Combinationen. 

Die Kaliglimmer mancher Pegmatite, sowie einiger 
Turmalingranite und grobkrystallinischen Granite unseres Ge- 
bietes sind nicht selten durch die eigenthümliche Feder- 
streifung ausgezeichnet, welche bis dahin so gewöhnlich 
als ein Beweis von Zwillingsbildung aufgefasst, erst von 
M. Bauer als Wirkungen des Drucks, welchem sie innerhalb 
der granitischen Gesteine ausgesetzt waren, richtig gedeutet 
wurde.**) Die in unseren Gängen eingewachsenen Tafeln 
von Kaliglimmer besitzen meist unregelmässige Umrisse, an 
denen nur zwei sich unter spitzem oder unter stumpfem 
Winkel schneidende Flächen des Prismas und eine solche des 
Brachypinakoides zur Ausbildung gelangt sind. Von ihnen geht 
in senkrechter Richtung die erwähnte zarte Streifung des ba- 
sischen Blätterbruches aus, und zwar erstreckt sich die auf 
ooPcoo stehende, also makrodiagonale Streifung über die ganze 
Fläche, während die vom Prisma ausgehenden Linien nur bis 
zu dem eben beschriebenen Hauptsystem reichen, an ihm ab- 
schneiden und so eine federartige Streifung der Spaltungsfläche 
bewirken. Zuweilen fehlt jedoch die makrodiagonale Streifung, 
dann erscheinen nur die beiden anderen Streifungssysteme, 
werden jedoch mit ihrer Entfernung vom Rande undeutlich 
und verlieren sich nach der Mitte zu ganz, so dass dieser ihre 
ursprüngliche Glattheit erhalten bleibt. Also die nämlichen 
Erscheinungen, wie sie BAUER von den uralischen Muscowiten 


*) Min. Lex. von Sachsen, pag. 329. 
**) Diese Zeitschr. 1874. pag. 159 ff. 


172 


l. ec. beschreibt und Taf. II. Fig 8, 9 und 11 abbildet. Auf 
den Werth, den diese Streifung für die krystallographische 
Orientirung bei Glimmertafeln von regelloser Umgrenzung oder 
unvollständiger Ausbildung haben, ist von Baur 1. c. pag. 162 
und 163 hingewiesen worden. 

Aın zierlichsten gestaltet sich die beschriebene Erschei- 
nung auf den Spaltungsflächen gewisser Glimmertafeln aus 
dem Granit von Markersdorf, welche gewöhnlich nur von drei 
Flächen, namlich von zwei den stumpfen, seltener den spitzen 
Prismenwinkel bildenden Säulenflächen und einer des Brachy- 
pinakoids begrenzt werden. liese äusseren Conturen unserer 
Tafeln wiederholen sich nun im Abstande von 1 bis 2 Mm. 
in einer tiefgrünen, zarten, aber haarscharfen Linie, bis zu 
welcher die äussere Umgrenzungszone etwas dunkler gefärbt 
erscheint als der centrale Kern; sie ist es zugleich, welche 
die rechtwinklig auf den Flächen stehende Streifung in solcher 
Deutlichkeit und Dichtheit zeigt, dass diese wie eine asbest- 
artige Faserung erscheint. In viel geringerem Grade setzt sie 
in die lichte Partie der Spaltungsfläche fort, und hier ist es 
namentlich die makrodiagonale Streifung, die sich durch ihre 
Eigenschaft, quer über den ganzen Blätterbruch fortzusetzen, 
kenntlich macht und zu sofortiger Orientirung dient. Diese 
Faserung tritt besonders schön bei Anwendung des Polarisa- 
tions-Apparats hervor. Zugleich ergiebt das Mikroskop, dass 
zahlreiche sechsseitige Täfelchen von Eisenoxyd in den Glim- 
mertafeln eingelagert sind, dass aber ausserdem auch noch 
auf den Faserungsklüften Eisenoxyd eingewandert ist und sich 
zwischen ihnen angesiedelt hat. Auch bei einigen zu Zwil- 
lingen verwachsenen Individuen lässt sich eine derartige durch 
Druck hervorgebrachte Streifung ziemlich deutlich beobachten. 
So kommen bei Wolkenburg radialblätterige Gruppen von 
Kaliglimmertafeln vor, deren schwalbenschwanzartig ausge- 
zackte Zwillingsenden in das umgebende Quarz - Feldspath- 
Aggregat hineinragen. Jede dieser verzwillingten Platien hat 
drei Streifensysteme aufzuweisen und zwar je ein makro- 
diagonales, welche von der gemeinsamen Spitze, unter 60 Grad 
divergirend, ausgehen, und sich über jede der beiden ver- 
wachsenen Glimmerindividuen bis in die beiden Spitzen des 
Schwalbenschwanzes fortsetzen, — ferner die zwei recht- 
winklig auf den Prismenkanten stehenden Systeme, so dass 


173 


jede Schwalbenschwanzspitze eine federartige Streifung be- 
sitzt. Ausser Markersdorf und Wolkenburg boten die Eisen- 
bahneinschnitte von Rochsburg und Amerika, ferner die Um- 
gegend von Göppersdorf Fundpunkte streifiger Kaliglimmer- 
tafeln. | 
— Magnesiaglimmer kommt in schwarzbraunen Tafeln 
an einigen Stellen als seltener Gemengtheil des Pegmatits vor, 
Ganz eigenthümlich ist sein Auftreten in einem Pegmatitgange 
direct oberhalb Waldheims. Hier bildet er dunne Lamellen 
von grünlich-brauner Farbe, welche eine Länge und Breite von 
12 bis 15 Cm. besitzen und den Gang in allen möglichen 
Richtungen schräg durchsetzen, so dass ein unregelmässig 
bienenwabenartiges Fachwerk von Glimmerlamellen entsteht. 
Ausgefullt ist dasselbe von röthlichem Orthoklas und glasigem 
grauem Quarz, so dass bald die grossen Feldspäthe, bald 
Srosse Quarzpartien haarscharf und vollkommen ebenflächig 
von den Glimmerlamellen abgeschnitten werden. Die Gang- 
masse lässt sich demnach auf diesen Glimmerflächen in lauter 
bis faustgrosse prismatische Stücke oder Tafeln trennen, welche 
auf jeder Seite von einer Glimmertafel begrenzt sind und des- 
halb auf der ganzen Oberfläche glänzend schwarz erscheinen, 
während sie im Innern aus lauter rothem Orthoklas oder 
grauem Quarz oder aus beiden bestehen. Es ist klar, dass 
zuerst die Glimmerlamellen anschossen, und dann der Raum 
zwischen ihnen von Feldspath und Quarz ausgefüllt wurde. 

Neben Orthoklas, Quarz, Turmalin und Glimmer kommen 
accessorisch in den Pegmatitgängen des Granulitgebiets 
folgende Mineralien vor: 

Andalusit, röthlichgrau bis dunkelfleichroth in radial- 
stengeligen Buscheln von 6 bis 10 Cm. Radius, deren Aus- 
gangspunkte oft so nahe nebeneinander liegen, dass sich die 
einzelnen Strahlenbundel gegenseitig .abschneiden. In der Nähe 
ihrer Ausgangspunkte ausschliesslich aus lauter eng aneinander 
liegenden, quadratischen Andalusitprismen bestehend, werden 
diese in ihrem späteren Verlaufe durch keilformig zwischen 
sie dringende Quarz- und Feldspathmasse voneinander ge- 
trennt. Die Oberfläche dieser stengeligen Andalusitindividuen 
ist oft mit einem hauchartigen Ueberzug von lichtgelblichem 
Kaliglimmer bedeckt und zwar namentlich dort, wo die Buschel 
divergiren und Orthoklas sich zwischen sie drängt. Sind die 


Glimmerschüppchen, wie es hier scheint, secundärer Entste- 
hung, so dürfte sie richtiger einer Zersetzung des benach- 

barten Kalifeldspaths, als einer Umbildung des Andalusits zu- 

zuschreiben sein. GünßEL beschreibt*) Andalusite von Zwiesel 

und Bodenmais, die in ganz ähnlicher Weise von lichten 

Glimmerschuppen bedeckt sind und bestreitet mit einleuchten- 

den Gründen die secundäre Entstehung der letzteren, die er 

in diesem Falle vielmehr für dem Andalusit gleichzeitige Ge- 

bilde hält. 

Apatit von spargelgrüner Farbe in bis nussgrossen, kör- 
nigen Aggregaten mit Orthoklas verwachsen, so im Eisenbahn- 
einschnitt durch Friedemanns Klippe unterhalb Amerika. Von 
Aufschlüssen früherer Zeiten herstammend, kennt man aus der 
Gegend von Penig, Chursdorf und Rochsburg Apatite von 
weisser, grünlicher und indigoblauer Farbe und den gewöhn- 
lichen einfachen Combinationen. **) | 

Topas in seltenen lichtgrünen , bis fingergliedlangen, 
prismatischen Einsprenglingen im schrifigranitisch vom Quarz 
durchwachsenem Orthoklas an Friedemanns Klippe. Früher in 
blassblauen und grünlichen Krystallen bei Limbach, Mylau, 
Chursdorf, Hartmannsdorf und Arnsdorf gefunden. Ihre stark 
entwickelte Basis ist gewöhnlich drusig.***) Im kiesigen Di- 
luviallehm eines kleinen Thälchens bei Neugepulzig (in der 
nördlichen Hälfte des Granulitgebiets) fand Herr Dr. Dartue 
einen vollkommen klaren, blassgrünen Topaskrystall von 2,5 Cm, 
‚makrodiagonaler Breite und gleicher Höhe. Die Kanten des 
langsstreifigen Prismas soP sind durch Rollung etwas abge- 
rieben, weshalb man soP2 nicht nachweisen kann, falls es 
etwa angedeutet war. Die ausserdem erhaltene Endfläche oP 
ist nur auf ihrer einen Hälfte spiegelglatt, während die andere 
in zahlreiche parallele Krystallspitzen ausläuft. la der ganze 
Habitus dieses Geschiebes ganz derjenige des dem Pegmatite 
des Granulitgebiets selbst entstammenden Topases ist, so kann 
kaum bezweifelt werden, dass der beschriebene Krystall dem 
Bereiche unserer Betrachtungen angehört. 

Pinit habe ich in kurzsäulenförmigen Partieen von 4 Om. 


*), Ostbaier. Grenzgeb. B.1. pag. 318. 
**) FrenzeL, Mineral. Lex. von Sachs, pag. 17. 
N ln Guam ode 


175 


Durchmesser, eingewachsen in dem röthlichen Orthoklase eines 
Pegmatitganges, eine Viertelstunde oberhalb Rochsburg aufge- 
funden. Er besitzt grünlichgraue Farbe, ist sehr leicht zu 
ritzen und zeigt eine ausgezeichnete, der Basis parallele blät- 
terige Absonderung; die durch sie hervorgebrachten Flächen 
sind von zarten Glimmerschüppchen belegt und erhalten da- 
durch Perlmutterglanz,. In seinem ganzen Habitus ähnelt er 
dem Gigantolith aus Finnland ausserordentlich. Wie bei ander- 
weitigen Vorkommen dieser Mineralsubstanz (Aue, Schneeberg, 
Penig, Pardoux)*) ist auch hier der Pinit aus einer Um- 
wandlung des Cordierits hervorgegangen. Dafür spricht ausser 


‚jenen Analogien namentlich mit den Piniten des benachbarten 


Penig der kurzsäulenförmige Habitus dieser Pseudomorphosen, 
deren Prismenwinkel, soweit Messungen an ihrer rauhen und 
zerfressenen Oberfläche zulässig, mit dem des Cordierits über- 
einstimmt. Mikroskopische Untersuchung lehrt, dass der Rochs- 
burger Pinit, ganz ähnlich dem von Penig**), aus einem 
filzigfaserigen, buscheligen, stellenweise radialstrahligen Aggre- 
gate von Nädelchen besteht, aus welchem hie und da ein uu- 
regelmässig umgrenztes Fleckchen einer ziemlich lebhaft pola- 
risirenden Substanz, augenscheinlich Reste des Üordierits 
hervortreten. Dass aber die Pinitbildung nur ein Zwischen- 
stadium in der fortschreitenden Umwandlung des Cordierits 
vorstellt, dass diese jedoch auf Herstellung von Glimmer hin- 
arbeitet, zeigt sich auch bei vorliegenden Handstücken. Nicht 
nur die Absonderungsflächen, sondern auch die Aussenseite 
unserer Pinite und zwar vorzugsweise diese, also lauter Punkte, 
zu denen die umwandelnden Wasser den ersten und leichtesten 
Zutritt hatten, sind von weissen Glimmerschüppchen bedeckt, 
von wo aus sie einerseits auf Rissen in das Innere der Mineral- 
masse eingedrungen sind, andererseits sich auf Klüftchen des 
benachbarten Orthoklases angesiedelt haben. Zugleich hat eine 
ziemlich reichliche Ausscheidung von Eisenoxydhydrat statt- 
gefunden. Wir begegnen also hier im kleinsten Maassstabe 
den nämlichen Erscheinungen, welche sich in grossen an den 
früher (Seite 107) beschriebenen Glimmer - Quarz - Eisenoxyd- 
hydratgängen im ÖOordieritgneiss von Lunzenau wiederholen, 


*) WıcHMAnN, diese Zeitschr. 1874, pag. 6795. 
2) 1. C..pas 698, 


Was nun den Umwandlungsvorgang des Cordierits betrifft, 
aus welchem Pinit und Kaliglimmer resultirten, so muss dieser 
nach Bıscnor *) und Brum**) darin bestanden haben, dass 
dem ursprünglichen Thoverde - Magnesia - Eisensilicate durch 
Kohlensäure und kieselsaure Alkalien-haltige Sickerwasser, 
Magnesia als Carbonat entführt und Alkalien sowie Wasser 
zugeführt wurden. ' 

Amblygonit; dieses sehr seltene Mineral hat sich in 
den neuerdings in grosser Anzahl aufgeschlossenen Pegmatit- 
gängen nicht wiedergefunden, trotzdem dieselben in directer 
Nachbarschaft der alten im ersten Drittel dieses Jahrhunderts 
ausgebeuteten Fundstellen aufsetzen. Die aus jener Zeit stam- 
menden Handstücke von Chursdorf, Arnsdorf und Friedemanns 
Klippe (sämmtlich unweit Penig) zeigen den Amblygonit in 
derben, unregelmässig umgrenzten Partieen oder rundlichen 
Klumpen , zuweilen mit bräunlichrother Umgrenzung , ver- 
wachsen mit typischem röthlichem Orthoklas, glasigem licht- 
grauem Quarz, schwarzem Turmalin und lichtröthlichgrauem 
Kali- und Lithionglimmer, denen sich zuweilen grünlichweisser 
Topas und bläulichweisser Apatit zugesellen können. Eine der 
vorliegenden Amblygonitpartieen ist selbst von einem Topas 
durcwachsen. 

Die Structur der Pegmatitgänge kaun zwar im Allge- 
meinen mit Recht als eine ausserordentlich grosskörnige be- 
zeichnet werden, jedoch erleidet sie fast ausnahmslos gewisse 
Modificationen, welche an die besprochenen Structurverhältnisse 
der granitischen Gänge erinnern und von der gleichen gene- 
tischen Bedeutung sind. In Combination mit der erst erwähn- 
ten massig-grosskrystallinischen Structur findet sich 
namlich stets eine symmetrisch-lagenförmige, eine querstenge- 
lige oder eine drusenförmige Aggregationsweise, und endlich 
erhält die erstgenanute einen ganz bezeichnenden Habitus da- 
durch, dass die Mehrzahl der pegmatitischen Gemengtheile 
zu radialstrahliger Ausbildung gelangt sind. Schliesslich kann 
der Quarz local in manchen Granitgängen eine so vorwaltende 
Rolle spielen, dass er mehr als * des gesammten Ganges ein- 
nimmt, In dieser Grundmasse von glasigem Quarz treten dann 


*) Lehrb. der chem. u. physik, Geologie II. pag. 570. 
*#) Pseudom, I. Nachtr. pag. 48. 


nes De reg 


Pen 


EEE REEZEERRERTETET OEL 


lauter einzelne Einsprenglinge von Orthoklas, Turmalin und 


Kaliglimmer auf. 

Die Bezeichnung „grosskörnig“ entspricht der Structur 
der sächsischen Pegmatite nur dann, wenn man allein die 
richtungslose Anordnung der grossen Quarz- und Orthoklas- 
individuen in’s Auge fasst. Zieht man jedoch die übrigen 
ebenso constanten Gemengtheile, also Turmalin und Glimmer, 
ferner die mit dem Feldspath schriftgranitisch durchwachsenen 
Quarze, sowie die än gewissen Gängen häufigen Andalusite 
mit in Betracht, so tritt uns die durchweg strahlige "Aggre- 
gationsweise dieser Gesteinselemente als höchst charakteristisch 
für sämmtliche Pegmatitgänge des Granulitgebiets entgegen: 
Turmalin durchschiesst in bis fusslangen Strahlenbündeln die 
Gangmasse, Glimmer bildet blätterig-strahlige Partieen, Quarz- 
nadeln und -lamellen durchziehen die Orthoklasindividuen in 
radiaren Bundeln und die Andalusitprismen sind zu radial- 
strahligen Gruppen angeordnet. Ha ausserdem Drusenräume 
zu den gewöhnlichen Erscheinungen der besprochenen Peg- 
matitgange gehören, so kann man die Structur der letzteren 
als combinirt grosskörnig, radialstrahlig und drusenreich be- 
zeichnen. 

Nur selten jedoch ist dieses Structurverhältniss der ge- 
sammten Ausfüllungsmasse der Pegmatitgänge zu eigen, 
meist stellt sich neben ihm eine symmetrisch-lagenför- 
mige Anordnung des Wangmaterials ein. Dann werden die 
beiden Randzonen gewöhnlich von Schriftgranit, seltener von 
einem stengeligen Aggregat von Orthoklas, Quarz und schwar- 
zem, bandartig verzogenem Magnesiaglimmer gebildet, denen 
sich zuweilen noch grünlicher Oligoklas zugesellt, während 
die Haupt- und Üentralzone entweder, und zwar meist, aus 
echtem, grosskörnigem Pegmatit besteht, oder sich wiederum 
symmetrisch in zwei seitliche Lagen von rothem grobkrystal- 
linischem Orthoklas und eine mittlere Zone von schneeweissem 
Quarz gliedert, der dann in manchen Gängen rein, meist aber 
von Glimmer und Turmalin durchwachsen ist. Ein sehr 
schönes Beispiel solcher symmetrisch-lagenförmiger Pegmatite 
liefert ein 1,35 Meter mächtiger Andalusit-führender Gang, 
welcher in einem kleinen Bruche im Muldethal direct oberhalb 
Rochsburg aufgeschlossen war und in Fig. 25 Taf. VII. ab- 

Zeits.d, D.geol.Ges. XX VII 1. 12 


RN ES A NER 


gebildet ist. Seine etwa 10 Cm. mächtigen Randzonen (a) bei 


stehen aus einem sehr zähen Schriftgranit, dessen quer auf 


den Salbändern stehende Quarznadeln zwar ausserordentlich 
zart sind, aber den röthlichen Orthoklas in sehr beträchtlicher 


Anzahl durchziehen und ihm dadurch seine grosse Zähigkeit 


verleihen. Auf diesen Schriftgranit folgt jederseits nach innen 


zu (b) ein Aggregat von kopfgrossen, rothen Orthoklasen, 
deren nach der Gangmitte gerichtete Begrenzungsfläche zwar 
haarscharf ist, aber höchst unregelmässig in die Centralzone 


eingreift. In ihrer Nähe ist der Feldspath durchwachsen von. 
radialstrahligen Andalusitbüscheln, deren divergirende Enden 


stets nach Innen gerichtet sind, die also auf die nämliche 
Weise, wie die lagenformig aufeinander abgesetzten Orthoklase 
und Schriftgranite an den Wandungen der jeweiligen centralen 
Drusenspalte auskrystallisirten. Letztere ist jetzt von schnee- 
weissem Quarz (c) ausgefüllt. In diesem Pegmatitgange ist 
also grosskörnige (beim Orthoklas), stengelige (beim Schrift- 
granit), radialstrahlige (beim Andalusit) und lagenförmige 
Structur combinirt; in jeder einzelnen derselben, wie in ihrer 
Gesammtheit ist der allmälig und von den Spaltenwandungen 
aus vor sich gehende Krystallisationsprocess verkörpert. Wenn 
der Augenschein und die Analogie mit den beschriebenen gra- 
nitischen Gängen es nicht bereits lehrten, die Flussigkeits- 
einschlüsse innerhalb ihres Hauptgemengtheils des Quarzes 
beweisen, dass er aus wässeriger Lösung erfolgte. 

Für viele Gesteine gelten Flüssigkeitseinschlüusse als Be- 
weise dafür, dass erstere aus einem mit Wasser impräg- 
nirten gluthflüssigen Gemenge hervorgegangen, also 
hydatopyrogen seien. Und mit Recht, sobald sich neben 
der durch die Flüssigkeitsporen erwiesenen dermaligen Gegen- 
wart des Wassers, auch ihre frühere Gluthflüssigkeit, sei es 
durch Glaseier, Fluctuationserscheinungen oder glasige Zwischen- 
drängungsmasse constatiren lässt. So liegt in dem gleichzei- 
tigen Auftreten von Flüussigkeitseinschlüssen und Glassubstanz 
in den Quarzen der Felsitporphyre der Beweis, dass das 
betreffende Mineral und somit auch das Gestein, als dessen 
wesentlicher Bestandtheil es zu gelten hat, sich bei Gegen- 
wart von Dämpfen oder überhitzten Wassern aus Glasfluss 
ausschied.. Nun sind aber in unseren Pegmatiten und in un- 


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EEE EEEELEEGEBEEELE EEE EHER NE VL AN ENEEOSEHDNDEEN 
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seren gramitischen Gängen (wie überhaupt in denen aller übri- 


gen Länder) zwar überall zahllose Wasserporen, also eben- 
soviel Beweise für Betheiligung des Wassers bei der Ent- 
stehung jener Gesteine, aber noch nie einer oder mehrere 
aer oben erwähnten und bei keinem echten Eruptivgestein 
fetlenden Kriterien früheren Schmelzflusses durch das 
Mikroskop nachgewiesen. Muss sich da unbefangenes Urtheil 
nicht dem von rein petrographischem Standpunkte 
vollkommen unberechtigten Herbeizieben vulkanischer 
oder plutonischer Gluthen*) widersetzen? 

Aber weiter. Als wesentliches Gemengtheil des Pegmatits 
und der früher besprochenen granitischen Gesteine findet sich 
Albit. Albit jedoch ist ein Mineral, welches sonst nur als 
Auskleidung von Drusenräumen, als Inkrustat von Spalten- 
wänden, eingesprengt in Quarztrumern, als parasitischer Ueber- 
zug auf anderen ' Mineralien, als Pseudomorphose an deren 
Stelle, ferner als accessorischer Bestandtheil gewisser Kalk- 
steine und Chloritschiefer, sowie als wesentliches Gemengtheil 
einer Anzahl geschichteter Silicatgesteine**), nirgends aber als 
solcher von Eruptivgesteinen bekannt ist. Albit repräsentirt 
somit für die betreffende Mineralassociation, deren Theilnehmer 
erist, also für die betreffende Gangformation, ein „„Leitmineral“ 
für wässerige Entstehung. Nun ist aber Albit mit dem Haupt- 
bestandtheile unserer Pegmatit- und Granitgänge, dem Ortho- 
klas, auf innigste Weise verwachsen, — wie der eine, so 
muss auch der andere dieser beiden Feldspäthe, zugleich aber 
auch der sie schriftgranitisch durchschiessende Quarz, ent- 
standen sein. Inerustiren nun gar Orthoklase von fast Zoll- 
grösse die Gerölle benachbarter Conglomerate (z.B. bei Euba), 
so ist kein anderer Schluss gerechtfertigt, als der, dass sich 
diese Gänge von symmetrischem Bau und stengeliger Structur 
auf hydrochemischem Wege gebildet haben. 

Eine ähnliche Regelmässigkeit, wie sie im Allgemeinen 


die Anordnung der Gemengtheile des Pegmatits im Granulit- 


gebiet zu beherrschen pflegt, beobachtete GumsEL an den Peg- 
matitgängen des ostbayerischen Grenzgebirges.***) Innerhalb 


*) Siehe auch Zırker, Mikrosk. Beschaffenh. d. Gest. pag. 320, 
**) Siehe auch Lossen, diese Zeitschr, 1867. pag. 084, 
***) Geogn. Beschr. des ostbayer. Grenzgeb, pag. 643. 


19* 


1850 


dieser nehmen deren Bestandtheile mit der Entfernung von den 
Ganggrenzen, also in der Richtung nach der Mitte an Grösse 
zu, während sich gleichzeitig eine zonenartige Sonderung der 
Gemengtheile in der Weise bemerklich macht, dass gegen 
Aussen die feldspathigen Gemengtheile, dann der Glimmer mit 
etwas Quarz, auf der Grenze zwischen beiden Zonen Turmalin, 
Granat, Beryll, Andalusit, Zwieselit, Triplit, Triphylin, Co- 
lumbit und Apatit und endlich als Centralzone Quarz mit ein- 
zelnen grossen Feldspathkrystallen und Glimmerputzen auftritt. 
Häufig stehen ausserdem die Krystallsäulen der Mineralien 
senkrecht zu den Gangwänden, ebenso wie Drusenräume zu den 
gewöhnlichsten Erscheinungen gehören. Ueberhaupt herrscht, 
abgesehen von dem grösseren Mineralreichthum der bayerischen 
Pegmatite eine auflallende Aehnlichkeit zwischen ihnen und 
den sächsischen. 


6. Gang von Turmalingranit mit bunten Turmalinen. 


Dort, wo sich das schöne Thal der Mulde in kurzem 


Bogen um den felsigen Berg schlingt, der das Wolkenburger 


Schloss trägt, werden für die in Bau begriffene Eisenbahn 
einige tiefe Felseinschnitte gesprengt. Dieselben übten von 
Beginn der Arbeiten an eine besondere Anziehungskraft auf 
mich aus, da sie eine hochinteressante Reihe von Granulit- 
varietäten entblössten und in diesen eine so grosse Anzahl 
von Quarz-, Granit- und Pegmatitgängen der verschiedensten 
Structur und Mächtigkeit erschlossen, dass ich nie ohne Aus- 
beute und Belehrung von dannen zog. So oft ich nun auch 
gemeinschaftlich mit Herrn Dr. LEHmann, in dessen Kartirungs- 
gebiet jene Gegend fällt, oder jeder von uns für sich diese 
gewaltigen Schürfe besucht hatte, der seltenste, interessanteste 
und das geologische Auge entzüuckendste Erfund wäre dennoch, 
vielleicht bis auf einige Krystalle, unserer Kenntnissnahme 


entgangen, hätten mich nicht die Herren Ingerieure Doxata ä 


und JosupEıt davon unterrichtet, dass in den besprochenen 
Einselinitten rosenfarbiger Turmalin gefunden worden sei. Ich 
eilte an Ort und Stelle und fand statt der erwarteten einzelnen 
Krystalle eine Vergesellschaftung Hunderter von Rosaturma- 
linen! Herr Dr. Leumann löste mich am folgenden Tage ab 


# 


gt 


und setzte die Beobachtung und Ausbeutung des Vorkommens 
fort, dessen Beschreibung folgt: 

Die z. Th. glimmerführenden, steilaufgerichteten Granu- 
lite von Wolkenburg werden in einem der oben erwähnten 
Einschnitte, abgesehen von einer grossen Anzahl schwacher. 
granitischer Gangtrumer, durchsetzt von einigen Gängen von 
Turmalingranit. Derjenige, dem unsere Aufmerksamkeit 
speciell gewidmet werden soll, besitzt eine Mächtigkeit von 
durchschnittlich 2 Meter. Seine Salbänder sind z. Th. wellig, 
stets aber scharf. Er selbst besteht aus einem grosskörnigen, 
grellfarbigen Gemenge von Orthoklas, Oligoklas, Quarz, Kali- 
glimmer und viel Turmalin. 

Der Orthoklas hat lichtfleischrothe Farbe, bildet bis 
10 Cm. grosse, unregelmässig umgrenzte Individuen, welche 
sehr gewöhnlich von fast wasserhellem Quarz schriftgranitisch 
durchwachsen sind, 

Der Oligoklas ist trube weiss, mit einem Stich in’s 
Gelblichgrüne, bildet Aggregate von bedeutend geringerer 
Individuengrösse, wie sie der Orthoklas erreicht. Dieselben 
umfassen grössere Individuen des letzteren, welche dann por- 
phyrartig aus dem Oligoklasaggregate hervortreten. Die 
Zwillingsstreifung des Oligoklas ist eine ausserordentlich zarte 
und dichte. 

Der Quarz hat lichtgraue Farbe, tritt an Menge gegen 
jeden der Feldspäthe zuruck und bildet entweder unregelmässige, 
bis erbsengrosse eingesprengte Körner oder langgezogene Sten- 
gel, an denen hie und da pyramidale Endflächen wahrnehmbar 
sind, ferner durchwächst er den Orthoklas weitläuftig schrift- 
granitartig, und endlich ist er mit dem Turmalin in einer 
Weise vergesellschaftet, welche wir weiter unten genauer in’s 
Auge fassen werden. 

Der Kaliglimmer, der am meisten zurücktretende Ge- 
mengtheil unseres Turmalingranits, tritt in diesem entweder 
in einzelnen blätterigen Tafeln auf, oder bildet in Gemeinschaft 
mit Quarz bis zu 10 Üm. grosse radialstrahlige Blätteraggre- 


"  gate, wobei der Quarz in Form langer stengeliger Lamellen 


zwischen den einzelnen Glimmerblättchen lagert und sie zu 
einem festen Bündel vereint. Die Farbe des Kaliglimmers 
‚ist in frischem Zustande ein reines Silberweiss, sein Glanz 
ausgezeichnet perlmutterartig; bei eintretender Verwitterung 


182 
erhält erstere einen Stich in’s Goldgelbe, während sich der 
Perlmutterglanz in einen Metallglanz verwandelt. Manche 
dieser Glimmertafeln, aber nicht alle, schmelzen leicht vor 
dem Löthrohr, sind also lithionhaltig und besitzen dann 
einen rosigen Schein. Auf den Spaltungsflächen vieler dieser 
schönen Kaliglimmertafeln ist die bei Beschreibung des peg- 
matitischen Glimmers erwäbnte, federartige, rechtwinklig. auf 
der Brachydiagonale, sowie auf den Prismenflächen stehende 
Streifung zu beobachten. | 

Einen besonders prachtvollen Anblick gewähren diese blät- 
terigen Aggregate von zollgrossen Glimmertafeln dadurch, dass 
diese letzteren mit Buscheln von lichtgrunem Turmalin 
verwachsen sind. Dieselben liegen in parallelfaserigen oder 
radialstrahligen Säulenbündeln in der Masse der Glimmer- 
'tafeln selbst und zwar mit ihrer Längenaxe in der basischen 
Spaltungsfläche des Glimmers, so dass jeder Blätterbruch des 
letzteren die grasgrünen Turmalinbundel auf weissem, atlas- 
glanzendem Untergrunde erblicken lässt. Manche derselben 
liegen in der Makrodiagonale des Glimmers, also parallel 
dessen durchgehender Streifung und reichen ebenso wie diese 
ganz durch die Tafel. 

Der Turmalin besitzt, soweit er als Gemengtheil dieses 
Ganggranits auftritt, also abgesehen von den eben beschrie- 
benen grasgrünen Turmalineinschlussen des Glimmers, constant 
eine tief sammtschwarze Farbe und bildet bleistift- bis über 
zollstarke sechsseitige Säulen von 10, 20, in einzelnen Fällen 
bis gegen 40 Cm. Länge. Dieselben durchspicken die gra- 
nitische Gangmasse in Einzelindividuen wirr und ordnungslos, 
oder durchschiessen diese in radialstrahligen Buscheln. 

Höchst auffällig ist die in diesem Turmalingranit sehr 
gewöhnliche Erscheinung der gegenseitigen steten Vergesell- 
schaftung und gesetzmässigen Verwachsung von Tur- 
malin und Quarz. Dieselbe bethätigt sich darin, dass die 
schwarzen Turmalinsäulen einen weissen Quarzkern von rund- 
lichem oder sechsseitigem Querschnitt haben, dessen Prismen- 
flächen in letzterem Falle denen des Turmalins entsprechen 
(Fig. 28 Taf. VII.). Dann stellt letzterer einen hohlen sechs- 
seitigen Oylinder mit bald schwächeren bald stärkeren Wan- 
dungen vor, dessen Inneres mit Quarz, zuweilen aber auch 
mit einem Gemenge von diesem und Feldspath, also mit fein- 


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183 


. körnigem Nebengestein ausgefüllt ist, ähnlich wie die Chiasto- 


lithe mit Thonschiefermasse. Complicirter wird dieser Aufbau, 
sobald sich in der Axe des Quarzkernes ein centraler Stengel 
von Turmalin einstellt (Fig. 28a. Taf. VII.) oder wenn eine 
zartwandige, von Quarz und Feldspath ausgefüllte sechsseitige 
Turmalinröhre wiederum von einer dünnen Quarzlage und 
diese von einem zweiten Turmalincylinder umhüllt wird, so 
dass auf dem Querbruche derartiger Säulen zwei schwarze 
concentrische Sechsecke von Turmalinsubstanz auf weissem 
Grunde hervortreten. Endlich ist die Erscheinung nicht selten, 
dass solche Turmaline von mehrfach cylindrischem Bau um- 
geben sind von einer im Querschnitt ebenfalls sechsseitigen 
Zone, welche sich aus lauter der Hauptaxe der Zone paral- 
lelen dünnen Stengeln von Quarz und Nadeln von schwarzem 
Turmalin zusammensetzt (Fig. 28b. Taf. VII... Turmalinsäulen 
von solch complicirtem Aufbau durchschiessen in 0,5 bis 2 Cm. 
starken und 10 bis 15 Cm. langen Strahlen das granitisch- 
körnige Aggregat. 

Dieselben gehören unter die Rubrik der „Perimorphosen“ 
oder besser der Kernkrystalle ScHEERER’s, reihen sich also 
den Feldspäthen mit Epidot - Quarz - Kalkspath - Kernen von 


. Arendal, dem Granat mit Epidot-Kalkspath-Kernen ebendaher, 


dem Granat mit Epidot - Hornblende - Albit- Kalkspath - Quarz- 
Kern von Auerbach an der Bergstrasse und anderen ähnlichen 
Vorkommnissen an. Von letztgenanntem Fundorte hat Knor*) 
zugleich Turmaline mit Quarz-Albit-Kern beschrieben, welche 


‚den einfacheren unserer Kernkrystalle vollkommen entsprechen. 


Man hat längst aufgehört, derartige Kernkrystalle als begin- 
nende Pseudomorphosen aufzufassen, vielmehr ist es augen- 
scheinlich, dass sich die Krystallisationskraft des anschiessen- 
den Turmalins der sich zu gleicher Zeit ausscheidenden Quarz- 
und Feldspathmolekule bemächtigte und sie in dessen Formen 
zwang, — ein Vorgang, der seit Anwendung des Mikroskops 
bei Gesteinsuntersuchungen zahlreiche Illustrationen gefunden 
hat. Knop kam bereits bei Deutung der Auerbacher Granat- 
und Turmalinkernkrystalle zu diesem Schlusse. Er sagt: ‚Die 
verschiedenen Stoffe zur Fortbildung der verschiedenartigen 
mineralischen Individuen der Kernkrystalle müssen gleichzeitig 


*) N. Jahrb. f. Miner. 1858, pag. 33 ff. 


184 
in derselben Flüssigkeit in Lösung gewesen sein, um gleich- 
zeitig jedes einzelne Individuum mit homogener Substanz nah- 
ren zu können. Es gehören deshalb alle zu Kernkrystallen 
verbundenen Mineralien derselben Bildungszeit an, in welcher 
zugleich auch alle anderen Mineralkörper desselben Ganges 
ausgeschieden wurden. Die Kernkrystalle aber sind Penetra- 
tionen verschiedener Mineralkörper mit Behauptung je ihrer 
Individualität durch den stetigen Zusammenhang ihrer in dem- 
selben Sinne krystallographisch orientirten Masse-Theilchen.“* 
Unter den von Herrn Dr. LEHMANN gesammelten Hand- 


stücken befand sich eine Anzahl solcher, in denen der Tur- 


malin in basisch - blätterigen Pinit umgewandelt war. Die- 
selben stammen direct von den Salbändern des Turmalingranit- 
ganges, auf welchen die atmosphärischen Wasser Gelegenheit 
fanden, einzusickern und die erwähnte Pseudomorphosirung 
vorzunehmen. Die aus ihr resultirenden Pinite haben einen 
Durchmesser von 0,5 bis 3 Cm. und bilden meist lange Säulen, 
welche das schriftgranitische oder körnige Aggregat von Or- 
thoklas und Quarz kreuz und quer durchspicken. Die äusseren 
Conturen sind diejenigen ihres Urminerals, des Turmalins, 
geblieben. Dahingegen hat sich eine ausgezeichnete basische 
Blätterung eingestellt, der zu Folge die Säulen aus lauter 
horizontalen Tafeln aufgebaut erscheinen. Die Farbe dieser 
Pinite ist ein trübes Oelgrün, welche auf den basischen Ab- 
sonderungsflächen einer dunkelrauchgrunen Platz macht. Jede 
dieser Flächen ist von einem zarten Glimmerhäutchen bedeckt, 
wodurch sie den ausgezeichneten Glanz dieses Minerals erhält. 
Der Querbruch des Pinits ist, seiner basischen Blätterung 
wegen, treppenformig, zwischen je zwei horizontalen Abson- 
derungsflächen matt, aber geradflächig und zwar rechtwinklig 
auf der Basis, Durch die Querschnitte der zwischengelagerten 
Glimmerhäutchen erscheint er wie von glänzender Linien ho- 
rizontal gestreift. Auch die benachbarten Feldspäthe sind 
bereits in Zersetzung begriffen, denn das Gestein ist brockelig, 
der Orthoklas trübe und glanzlos und auf seinen Klüften von 
Eisenoxydhydrat überzogen. 

Die Umwandlung des Turmalins in Pinit ist keine häufige 
Erscheinung, wenigstens führt BLum in seinen Pseudomor- 
phosen kein Beispiel derselben an, — BiıscHor erwähnt nur 


# 


185 


ganz kurz, dass Tamnau*) die theilweise Zersetzung eines 
grossen Turmalinkrystalls zu einer pinitartigen Masse beob- 
achtet habe, — Frenzeu giebt**) die kurze Notiz, dass bei 
Penig Pinit als Pseudomorphose nach Oordierit, aber auch 
nach Turmalin vorgekommen sei, dass ferner der sogenannte 
Pinit eines Schriftgranits bei Neustadt-Stolpen als aus Tur- 
malin hervorgegangener Glimmer aufzufassen sei, während 
WicHmann*”*) zeigte, dass der angebliche Turmalinkern nicht 
aus diesem, sondern aus einem mit keinem anderen iden- 
tiieirbaren Minerale bestehe, der Neustädter Micarell deshalb 
nicht aus der Umwandlung von Turmalin abgeleitet werden 
dürfe. Dahingegen beschrieb GünmBEn f) gigantolithähnliche 
Pinite mit ausgezeichneter basischer Spaltbarkeit, welche 
stellenweise von Glimmerblättchen bedeckt sind und, wie die 
genau stimmenden Winkel beweisen, als Pseudomorphosen nach 
Turmalin aufgefasst werden müssen. Hier liegt also ein dem 
Wolkenburger ganz ähnliches Vorkommniss vor. 
Altersfolge der Gemengtheile des Turmalin- 
granits. Wenn auch nicht bezweifelt werden kann, dass die 
Ausscheidung der zum Turmalingranit aggregirten Gangmine- 
ralien eine ziemlich gleichzeitige war, so ist doch andererseits 
nicht zu verkennen, dass die Krystallisation des Turmalins 
und des mit ihm verwachsenen Quarzes der Bildung der Feld- 
späthe und Glimmer stets um einen Schritt voraus war, und 
dass letztere, jenen im Wachsthum folgend, die von ihnen leer- 
gelassenen Räume ausfüllten. Nur so lässt es sich erklären, 
dass der Turmalin in fusslangen Strahlen die übrige Gang- 
masse durchschiesst. Dieser Vorgang kann uns nicht über- 
raschen, da wir ihn bei der Entstehung jedes Schriftgranits 
sich vollziehen sehen, Hier sind es die Stengel und Lamellen 
des Quarzes, welche vorauswachsen, während das Wachsthum 
des sie umhüllenden Feldspaths direct nachruckt, jene an Zu- 
nahme in die Breite hindert und sie zur Ausdehnung in der 
Richtung der Längenaxe zwingt. In unserem Gange folgten 
der Turmalin- und Quarzausscheidung diejenige des, wie er- 


#) Diese Zeitschr. 1848. pag. 12. 
**) Min. Lex, von Sachs. pag. 232. 
*»#) Diese Zeitschr, 1874. pag. 098. 
+) Ostbayer. Grenzgeb. I. pag. 319. 


186 


wähnt, ebenfalls oft mit Quarzlamellen verwachsenen Kali- 
glimmers, dann diejenige des von (Quarz durchschossenen Or- 
thoklases und endlich die des wiederum mit Quarzkörnern 
aggregirten Oligoklases. Aus dieser constanten Vergesellschaf- 
tung des Quarzes mit dem Turmalin, dem Glimmer und den 
beiden Feldspäthen geht hervor, dass gleichzeitig mit der 
Krystallisation jedes dieser Gangmineralien im Ueberfluss vor- 
handene und freiwerdende Kieselsäure sich ausschied. 

Gangstructur. In dem bisher beschriebenen Gang- 
material macht sich dadurch die Andeutung einer symmetrisch- 
lagenförmigen Gangstructur bemerklich, dass die Turmalin- 
säulen in den beiden den Salbändern benachbarten seitlichen 
Gangzonen kreuz und quer das ubrige grobkrystallinische 
Mineralaggregat durchspicken , während sie sich nach der 
Gangmitte zu in fächerartige Büschel gruppiren, welche von 
beiden Seiten jedesmal in der Richtung nach der Centralnaht 
divergiren (siehe Fig. 23 Taf. VII.), also wie die Finger ge- 
spreizter Hände gegeneinander gerichtet sind. Der Augen- 
schein lehrt, wie hier eine von den Salbändern nach der Mitte 
zu fortschreitende Krystallisation stattgefunden hat. 

Nester von bunten Turmalinen und Lepidolith, 
Die ebengenannte Oentralnaht ist nun nicht in ihrem ganzen 
Verlaufe verwachsen, thut sich vielmehr stellenweise zu ur- 
sprünglich spaltenförmigen Central-Drusenräumen auf, welche 
jedoch durchweg von Mineralgebilden jüngeren Ursprungs aus- 
gefullt und dadurch zu Nestern von Lepidolith, jüngerem Quarz, 
Orthoklas und farbigen Turmalinen umgestaltet wurden. 

Es sind grobblätterige Aggregate von richtnngslos ver- 
wachsenen, vorwaltenden, dicken, glänzenden, röthlichgrauen 
bis pfirsichblüthrothen Lithionglimmertafeln und zwar 
centimetergrosse und etwa halb so hohe Prismen mit geringer 
Abstumpfung der scharfen Seitenkanten, ferner graulichweisser 
Quarz in regelmässigen, nuss- bis eigrossen Partieen, bis 
faustgrosse, lichtgraue oder blassröthliche Orthoklase und 
endlich Turmalin von licht- bis dunkelrosenrother, 
selbst kirschrother, aber auch grüner und gelb- 
licher Farbe, in radialstrahligen Büscheln und einzelnen 
säulenförmigen Individuen alle übrigen Gemengtheile durch- 
schiessend.. In Folge der auffällig leichten Zersetzbarkeit 
dieses Orthoklases, sowie des verhältnissmässig geringen Zu- 


187 


sammenhaltes, welchen Aggregate von vorwaltenden Glimmer- 
tafeln stets besitzen, zerbröckelt dieses Mineralaggregat ziem- 
lich leicht. 

Zwischen dem Lithionglimmer und dem Quarze stellen 
sich nicht selten kleine Drusenräume ein, deren Wandungen 
dann zuweilen bedeckt sind von den zierlichsten, freilich meist 
- nur 1] bis 3 Mm. grossen Apatitkryställchen. Dieselben 
sind lichtweisslichgrau gefärbt, theilweise durchscheinend und 
besitzen durch starke Entwickelung der Endfläche einen tafel- 
oder kurzsäulenförmigen Habitus.. Neben oP ist das kurze 
sechsseitige Prisma mit durch die zweite Säule abgestumpften 
Kanten vertreten, ferner die schmalen, oft nur linearen Flächen 
der ersten und die ausgedehnteren der zweiten Pyramide. 
Diese sehr scharfen glänzenden Kryställchen bilden trauben- 
_ förmige Ansiedelungen auf Glimmer und Quarz. 

Gewisse von den in fruheren Jahren ausgebeuteten Fund- 
stellen bei Penig stammende Handstücke von vorwaltendem 
Lepidolithı und Quarz gleichen den unserigen zum Verwechseln 
und erhalten dadurch besonderes Interesse, dass sie Ambly- 
gonit in unregelmässig conturirten, mit dem Glimmer innig 
verwachsenen und von demselben durchzogene Partieen um- 
fassen. 

Die bekannte Neigung des Quarzes, sich in Krystallform 
auszuscheiden, kommt auch hier zur Geltung. Er bildet trübe, 
kurze Saulen mit Pyramide, welche jedoch nur selten frei 
hervorragen, sondern meist in dem schuppigen Glimmer- 
aggregat verborgen stecken. Im Innern lichtgrau und glasig, 
besitzen sie dünne äussere Umhüllungen von milchweisser 
Farbe und sind ausserdem stellenweise bedeckt von noch 
jüngeren Quarzkryställchen, welche auch die mit den grossen 
Quarzen verwachsenen Glimmertafeln und Turmaline mit einem 
dichten Incrustate überziehen. Ein besonderes Interesse er- 
halten diese Quarze dadurch, dass sie sehr gewöhnlich von 
radialstrahligen Säulenbundeln eines dunkelrosa- bis car- 
moisinrothen Turmalins durchwachsen sind, . dessen dun- 
kele Farbentöne fur diese Art seines Vorkommens geradezu 
charakteristisch sind. Zuweilen ragt das Ende eines solchen 
Turmalins aus einem Quarze hervor, oder es liegt ein solcher 
in einer Pyramidenfläche des letzteren. Dann hat er sich zu 
dem herrlichsten Krystall entwickelt, dessen oberes Ende in 


188 


den vorliegenden Fällen von der glänzenden Endfläche oR 
mit kleinen randlichen Abstumpfungen durch das Hauptrhom- 
boeder gebildet wird. Spiegelnder Glanz der gesammten 
Flächen, die Schönheit der Farbentöne und die Gleichmässig- 
keit der intensiv rosarothen Färbung zeichnen derartige Tur- 
maline aus. Einzelne ihrer im Quarz eingewachsenen Säulen 
erreichen einen Durchmesser von 1,5 Cm. 

Sind Turmaline von dunklerem Roth der Vergesellschaftung 
mit Quarz eigen, so scheint die tiefgrüne Färbung des Tur- 
malins an den Orthoklas gebunden zu sein. In dem Feld- 
spath des eben beschriebenen Mineralaggregats, und zwar 
ausschliesslich in ihm, treten nämlich Turmalinsäulen einge- 
wachsen auf, welche sich von allen übrigen Varietäten dieses 
Minerals, soweit sie in der Centralzone unseres granifischen 
Ganges vorkommen, unterscheidet 1) durch ihre Grösse, indem 
einzelne Individuen einen Säulendurchmesser .von 2 Cm. er- 
reichen; 2) durch ihren meist ausgezeichnet trigonalen Quer- 
schnitt; 3) durch ihre in’s Schwärzliche übergehende, tiefgrüne 
Farbe von so dunkeler Nüancirung, dass sie erst an Splittern 
und an den Rändern der Krystalle gauz deutlich wird; 4) durch 
ihre ausserordentliche Rissigkeit und Sprödigkeit, in Folge 
deren die Krystalle bei geringer Erschütterung in zahlreiche 
muschelige Scherben und Fragmente von starkem Pechglanze 
zerbersten; 5) durch ihre nicht seltene Ausbildung zu Kern- 
krystallen, wobei sie in ihrer Centralaxe ein scharfes sechs- 
seitiges Prisma von schneeweissem Quarz umschliessen. 

Zuweilen sind diese kurzen, dicken, schwärzlichgrünen 
Turmalinsäulen verwachsen mit stengeligen Aggregaten von 
rothem Turmalin. Dann beginnt sowohl das dunkle Grün wie 
das tiefe Roth jederseits in der Richtung nach der gemein- 
samen Berührungsfläche lichteren Farbtönen zu weichen, so 
dass sie sich nicht direct berühren, sondern eine schmale Zone 
von blassem Lauchgrun und lichtem Roth zwischen sich haben. 

Besitzt das bisher beschriebene, bunte Turmaline führende 
Mineralaggregat in Folge des Vorwaltens des dunkelrothlich- . 
grauen Lithionglimmers eine etwas düstere Färbung, so zeichnet 
sich eine andere Modification der nämlichen Mineralvergesell- 
schaftung, so lange sie sich in frischem Zustande befindet, 
durch die Lieblichkeit und Zartheit ihrer Farbtöne aus. Man 
denke sich ein schuppiges Lepidolith-Aggregat von makellos 


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189 


silberweisser Farbe und dem prächtigsten Perlmutterglanz, 
durchsetzt von Büscheln zarter Nädelchen, von Strahlenbundeln 
zolllanger Säulen und von schlanken Einzelprismen eines bald 
lichtrosa, bald tiefrosenrothen oder carmoisinfarbigen Turma- 
lins! Wo sich zwischen den silberweissen Blättchen des Le- 
pidoliths ein kleiner Hohlraum zeigt, da ragt nicht selten das 
Ende eines Turmalins hinein und trägt hier eine glänzende, 
also obere Endfläche mit schmalen randlichen Abstumpfungen 
durch das Hauptrhombo@der und —2R, oder aber die glän- 
zenden Flächen von R. 

Eine dritte Varietät der Rosaturmalin führenden Gesteins- 
bildung entsteht dadurch, dass Quarz, Feldspath und Lithion- 
slimmer sehr stark in den Hintergrund treten, ja fast gänzlich 
verschwinden. Dann setzt sich das Mineralaggregat fast aus- 
schliesslich aus rothen Turmalinen zusammen, die in einer 
Grundmasse eingebettet liegen, welche in frischem Zustande 
aus einem feinkörnigen, innigem Gemenge von Quarz und 
lichtgraulichweissem Orthoklas besteht. Jedoch tritt dieselbe 
meist in einem solchen Grade zuruck, dass nur etwa ein 
Drittel oder gar nur ein Fünftel des Volumens des gesammten 
Mineralaggregats von ihr eingenommen wird. Man hat also 
im Wesentlichen ein Aggregat von Rosaturmalinen vor sich, 
von welchem eine Anzahl über faustgrosser Belegstücke, an 
deren Oberfläche man Hunderte von Turmalinindividuen zählen 
kann, diesen Beobachtungen zu Grunde liegen. Die betreffen- 
den Turmaline sind nicht etwa, wie man es von ihnen als 
Hauptbestandtheilen eines gesteinsartigen Aggregats erwarten 
sollte, trübe und sich gegenseitig in ihrer Formausbildung 
gehindert habende krystallinische Individuen, — vielmehr sind 
es zum grossen Theile die klarsten, schönsten Krystalle mit 
glänzenden Prismenflächen, sehr häufig auch mit Endflächen, 
erreichen 4 bis 6 Cm, Länge bei einem Durchmesser von 
einem Centimeter und liegen kreuz und quer übereinander, 
jedoch ohne sich gegenseitig zu berühren, da die erwähnte 
Quarz - Feldspath - Masse sie von einander trennt. Nicht etwa 
aus Drusen, sondern fast allein aus diesem wenig festen Aggre- 
gate stammen die später zu beschreibenden Krystalle und 
konnten demselben mit ziemlicher Leichtigkeit entnommen 
werden. Wir haben oben bereits betont, dass der junge Or- 
thoklas dieser turmalinreichen Centralzone sehr leicht ver- 


Su 


190 : 


_ wittert; so auch hier. Es verwandelt sich deshalb das fein- 
körnige Quarz -Feldspath - Üement unseres Aggregates in eine 


erdige, kaolinartige Substanz, welche im Wasser ihren Zu- 
sammenhalt verliert, so dass das ganze Turmalin - Aggregat 
zerfällt. Leider bleiben dabei die Turmalinkrystalle nur selten 
in ihrer ganzen Länge erhalten, lösen sich vielmehr, wie dies 
die zahlreichen Querrisse bereits vorher ahnen liessen, in eine 
grössere oder geringere Anzahl von Quergliedern auf. Solche 
zuweilen am oberen oder unteren Ende, seltener beiderseitig 
ausgebildete Krystalle, namentlich aber bis zu mehreren Centi- 


metern lange, z. Th. prachtvoll klare Säulenbruchstücke von 


farbigen Turmalinen lagen uns über Tausend vor. Herrschten 
unter diesen auch die rosarothen bei Weitem vor, so fanden 
sich doch neben ihnen auch solche von dunkelkirschrother, 
gelblicher und lichtgrüner Farbe, sowie fast vollkommen 
wasserhelle und andererseits mehrfarbige Krystalle. 

An den rosa Turmalinen sind alle Farbtöne vom blassen 
bis zum intensiven Rosenroth’ vertreten. Die Länge der freien 
Exemplare schwankt zwischen 0,5 und 2, ihr Durchmesser 
zwischen 0,1 und 1,5 Cm., ein solcher von 0,5 Cm. ist sehr 
gewöhnlich. Von mit oberen oder unteren Endflächen verse- 
henen Krystallen liegen etwa 250, von beiderseitig ausgebil- 
deten Individuen 12 Exemplare, ausserdem zahlreiche pris- 
matische Bruchstücke vor. An allen ist die zweite Säule 
oo P2 vorherrschend, deren alternirende Kanten durch das 
mehr oder weniger entwickelte trigonale Prisma &R abge- 
stumpft werden. Zuweilen sind die Prismenflächen durch das 
Auftreten dihexagonaler Säulen gewölbt, noch gewöhnlicher in 
Folge prismatischer Parallelverwachsung gereift und nicht selten 
von tiefen einspringenden Verticalrinnen unterbrochen, 

Bei der grossen Mehrzahl der mit einseitiger Endfläche 
versehenen Exemplare ist das untere Ende ausgebildet und 
weist entweder ausschliesslich die matte Basis oR oder, und 
das ist das Gewöhnliche, letztere vorwaltend und in Combi- 
nation mit —-—R, seltener auch noch mit R, in einem Falle 
ausser mit diesen beiden Rhombo@dern noch mit —2R auf. 


Eine Anzahl dieser Krystalle wurde auf ihr thermo&leetrisches 


Verhalten geprüft und erwies sich bei sinkender Temperatur 
als negativ. 
Bei einigen 70 Exemplaren ist das obere, nach ther- 


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191 


modlectrischer' Prüfung positive Ende zur Ausbildung gelangt 
und zwar meist in Form des glänzenden Rhombodders R; 
dazu gesellen sich ziemlich häufig die schmalen, oft fast 
linearen Flächen des Skaleno&ders t, ebenso oft —2R. Auch 
kann die glänzende Basis oR ausschliesslich oder nebst R, 
—2R und —+R das obere Krystallende abschliessen. Bei 
der rhombo&@drischen Ausbildung des letzteren kommt die, wie 
schon erwähnt, nicht seltene prismatische Parallelverwachsung 
der Turmaline zu einem deutlicheren Ausdruck, als bei vor- 
waltender Basis. Während nämlich die oR-Flächen sämmt- 
licher verwachsenen Individuen natürlicher Weise in eine Ebene 
fallen, befinden sich die Rhombo&der-Enden der Einzelprismen 
zwar in paralleler Stellung, sind aber in einer Mehrzahl vor- 
handen, so dass derartige Krystallenden den Eindruck des 
Unfertigen, des noch im Wachsthum Begriffenen machen. 

Die vorliegenden beiderseitig ausgebildeten Rosaturma- 
line zeichnen sich sämmtlich durch scharfe, glatte und glän- 
zende Prismenflächen aus, an denen die sonst so häufige ver- 
ticale Reifung nicht vorhanden ist. Im einfachsten Falle ist 
am oberen Ende das glänzende Rhomboöder, am unteren die 
matte Basis, oder statt deren — -R entwickelt. Ein anderer 
Krystall zeigt oben glänzend R, unten die matte Basis nebst 
—-+R, no:h ein anderer oben R und — 2R, unten oR nebst 
R, und die letzten zwei oben R und das Skalenoäder t, unten 
die Basis nebst —ZR und R. 

Turmaline von dunkelkirschrother Farbe, die dann 
an den Kanten prachtvoll purpurn durchschimmern, sind selten, 
von den fünf Exemplaren, welche vorlagen, erreichte der 
grösste bei einem Durchmesser von 0,7 Um. eine Höhe von 
1,0 Cm. Sie waren sammtlich mit dem oberen Ende und zwar 
mit dem glänzenden Rhomboe@der R, einer ausserdem mit dem 
Skaleno@der t ausgebildet. 

Häufiger ist die blassolivengrüune Färbung der Tur- 
malinkrystalle.. Dieselben sind bei einem Durchmesser von 
0,3 bis 0,4 Cm. vollkommen klar und sehr scharf ausgebildet. 
Durch Vorwalten des trigonalen Prismas ist der Habitus ihrer 
Saulen ein mehr dreiseitiger; oben tragen sie glanzende Rhom- 
bo&eder-, unten matte Basisflächen. Von zwei beiderseitig aus- 
gebildeten Krystallen weist der eine am oberen Ende neben R 
zarte Flächen des Skalenoeders t, das untere neben oR noch 


—+R auf. Nach den beiderseitigen Enden zu nehmen die 


Krystalle einen Stich in’s Röthliche an, der direct an den End- 


flächen am intensivsten ist. 

Eine Anzahl anderer Turmaline besitzt eine weingelbe 
Farbe, welche jedoch durch Uebergänge mit der eben erwähnten 
in Verknüpfung steht. Deshalb ist auch ihre krystallogra- 
phische Ausbildungsweise genau dieselbe. Einige licht- 
nelkenbraune Krystalle sind an ihrem oberen Ende von 
R begrenzt. Vollständig farblose, wasserhelle Turmaline 
sind meist nur 0,5 Om. lang, ausnahmsweise bis 0,4 Cm. dick, 


zeichnen sich durch Schärfe ihrer Krystallform und Glanz ihrer 
Flächen aus. Gewöhnlich ist das obere Ende von glänzendem. 


R, zuweilen mit den zarten Flächen des Skalenoäders t und 
eines spitzen Rhombo&ders, das untere durch mattes oR, zu- 
weilen mit —;R gebildet. 

‚Mehrfarbige Turmaline gehören zu den Seltenheiten 
des Wolkenburger Granitganges. Von den hierher zu zählen- 
den Funden sind vier bis 1,5 Cm. lange Krystalle in ihrer 
oberen in R auslaufenden Hälfte rosaroth, in ihrer unteren 
weingelb oder fast farblos und werden hier sämmtlich von 
der matten Basis begrenzt. Die Grenze beider Farbtöne liegt 


in der Mitte der Kıystalllänge. In ganz ähnlicher Weise ist 


bei einem 1,5 Cm. langen, dreifarbigen Turmülin an die 
matte Basis eine untere Schicht von weingelber Farbe ge- 
bunden, welche nach der Mitte zu einer intensiv rosenrothen 
Platz macht, welche nach dem oberen Pol zu wiederum einer 
olivengrunen weicht. Ueberhaupt tritt an allen der vorliegen- 
den, mehrfarbigen Turmaline mit lichtgelblicher Endschicht 
diese an dem negativen Ende auf und hat die Bildung eines 
matten oR im Gefolge. Ein anderes 0,6 Cm. starkes Prisma 
ist rosafarbig, nur eine oberste scharfabsetzende, haubenartige 
Schicht ist dunkelcarmoisinroth gefärbt und zu einem glän- 
zenden Khombo&der ausgebildet. Endlich ist die Erscheinung 
nicht selten, dass der Kern der Turmalinsäulen eine andere 
Farbe besitzt als deren äussese Zonen. So kommen licht- 
kirschrothe Kerne mit rosenrother Umhüllung, hyacinthrothe 
Kerne mit lichtecarmoisinrother Umhüilung, rosafarbige Kerne 
mit gelblichgrüner Umhüllung, lichtrosarothe Kerne mit na- 
mentlich an den prismatischen Kanten intensiv hyaecinthrother 
Umbhuüllung vor. 


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Na un  und nie, 


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193 


Die mineralischen Schätze der alten, jetzt längst ausge- 
beuteten und verschütteten Chursdorfer, Peniger und Lim- 
bacher Fundpunkte bunter Turmaline sind das Object vielfäl- 
tiger mineralogischer, physikalischer und chemischer Unter- 
suchungen gewesen.*) Mit Bezug aber auf ihr geologisches 
Auftreten gestattet die Analogie mit dem eben beschriebenen 
Mineralvorkommen den Schluss auf ganz ähnliche Verhältnisse. 

Genetische Betrachtungen. Nachdem wir an un- 
zweideutigen, dem sächsischen Granulitgebirge entnommenen 
Beispielen dargethan, dass sich Feldspäthe, Kaliglimmer, Quarz 
und Turmalin, jedes für sich allein oder zu mehreren, ja 
sämmtlich vergesellschaftet aus wässerigen Solutionen ausge- 
schieden und, sobald dies in Spalten geschah, gangförmige 
Mineralaggregate gebildet haben, ist die nämliche Möglichkeit 
auch für den eben beschriebenen Turmalingranit gegeben. Diese 
Moglichkeit gestaltet sich zur Wahrscheinlichkeit, wenn wir 
folgende Erscheinungen in’s Auge fassen: | 

1) Die symmetrische Structur des Ganges (beiderseitig 
wirres Aggregat der Gemengtheile, dann beiderseitige Zonen 
mit radial-strahligen schwarzen Turmalinen, Centralzone von 
bunten Turmalinen und Lepidolith), eine Structur, die für 
Bildung auf nassem Wege, also von beiden Seiten nach 
Innen zu erfolgte Ausfüullung spricht. ,,Sie ist, um BıscHor’s 
Worte**) zu gebrauchen, eine Schichtuug, nicht aber eine ho- 
rizontale, wie aus stehenden Gewässern auf ebenem Boden, 
sondern eine solche in mehr oder weniger geneigter Lage, wie 
sie statthaben muss, wenn Gewässer an Spaltenwandungen 
langsam herabsickern und das Aufgelöste absetzen.‘ 

2) Die eben erwähnte radial-strahlige Stellung der Tur- 
maline, des Kaliglimmers und der Quarze zu Bündeln, deren 
Individuen von beiden Seiten des Ganges aus nach der Mitte 
zu divergiren, eine Aggregationsform, welche voraussetzt, dass 
der Centralraum des Ganges offen war und einer mineralischen 
Lösung den Zutritt verstattete, wodurch einerseits das An- 
schiessen der Krystalle an den jeweiligen Gangwandungen, 
andererseits ihr fortgesetztes Wachsthum ermöglicht wurde. 


*) Frenzer, Min. Lexik. v. Sachsen pag. 328 ff. — Jentzsch, Min, 
u. geol. Literatur v. Sachsen pag. 65 u. 66. 
*%*) BıscHor, Lehrbuch der chem. u. phys. Geologie II. pag. 551. 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVILL. 1. 13 


194 


3) Die mineralogische Verschiedenheit der äusseren Gang- 
zonen und der local entwickelten Centralzone, welche in die- 
sem gegebenen Falle darauf hinweist, dass das von beiden 
Salbändern aus nach der Mitte zu wachsende und sich in einer 
centralen Symmetrie- Naht treffende Gangmaterial hie und da 
centrale Klüfte offen gelassen, also sich nicht vollständig ge- 
schlossen hat und dass in späterer Zeit eine von der bishe- 
rigen verschiedene Mineralsolution die schliessliche Ausfullung 
dieser Centraldrusen mit Rosaturmalin und Lepidolith be- 
wirkt hat. | 


7. 6ranitische Gangausscheidungen im Augitschiefer von 
Schweizerthal. 


Am linken Ufer des Chemnitzflusses, eine kurze Strecke 
unterhalb der grossen Garnspinnerei Schweizerthal tritt zwi- 
schen den Granuliten, welche die dortigen Felsgehänge bilden, 
eine 15 bis 20 Meter mächtige Einlagerung von im Zustande 
bereits weit fortgeschrittener Verwitterung befindlichem, schwärz- 
lichgrünem sogenanntem ‚‚Trappgranulit‘*‘ auf. Durch Anlage 
einer Chausse, welche stromabwärts nach Stein und Cossen 
führt, ist dieses Gestein ziemlich tief angeschnitten und in 
einer steilen Wand blosgelegt worden, an deren weniger ver- 
witterten Stellen in Folge regelmässig lagenweise abwechseln- 
der hellerer und dunklerer Färbung eine deutliche, mit 45 Grad 
gegen Süd geneigte Schichtung hervortritt. 

Das Gestein besitzt eine grauschwarze Färbung mit einem 
Stich in’s Grüne, ist sehr zähe, höchst feinkörnig und besteht, 
mit blossem Auge oder mit der Lupe betrachtet, aus einem 
gleichmässigen Gemenge von glänzenden, hellen Feldspath- 
pünktchen, dunkelgrünen Körnchen von Augit und fein ein- 
gestreutem Magneteisenstein. Es ist eines der der Granulit- 
formation untergeordneten Gesteine, für welche bisher der 
Name ‚Trappgranulit‘‘ gebräuchlich war, von denen jedoch 
durch einschlägige Arbeiten der geologischen Landesunter- 
suchung von Sachsen gezeigt werden wird, dass sie einer 
Anzahl von durchaus verschiedenen, nur durch ihre düstere 
Färbung einander ähnlichen Gesteinsarten angehören. 

Die mikroskopische Untersuchung der Dünnschliffe des 
schweizerthaler Trappgranulits lehrt, dass das Hauptgemeng- 


195 


theil dieses Gesteins Plagioklas ist. Derselbe bildet vollkom- 
men klare, durchsichtige Partieen, welche durchaus frei von 
Glas- und Flüssigkeitseinschlüssen sind und sich bei Anwen- 
dung des Polarisationsapparats als sehr kleinkörnige Aggre- 
gate von durchweg zwillingsstreifigen Individuen erweisen. 
Zwischen diesen Feldspäthen tritt hier und da ein Körnchen 
von Quarz auf, welches dann nicht selten von Flüussigkeits- 
einschlussen strotzt, deren Libellen sich mit grosser Leb- 
hafıigkeit bewegen. Nur wenig steht dem Plagioklas der 
Augit an Menge nach und bildet unregelmässig rundliche Hau- 
fen oder kettenartige Zonen kleiner, stark durchscheinender 
Körner, welche eine vollkommen reine, blassgrünlichgraue 
Farbe besitzen und von unregelmässigen Sprungen durchzogen 
werden. Sie polarisiren grell und zeigen kaum eine Spur von 
Dichroismus. Wie der Plagioklas ist auch der Augit frei von 
fremden Einschlussen. Zu diesen dreien gesellt sich als viertes 
Gesteinselement Magneteisen in Körnern, die, wenn auch 
bei Weitem nicht an Zahl, so doch an Grösse denen des Augit 
gleichkommen und eine uuregelmässig verzogene und verzweigte 
Gestalt besitzen. Sie sind in der Gesteinsmasse nicht gleich- 
mässig vertheilt, sondern halten sich mehr in der Nähe der 
Augitaggregate. Dem Feldspath oder dem Augit beigemengte 
staubartige Magneteisenpartikelchen sind nicht vorhanden. 

Die Mikrostructur dieses (sesteins ist eine ausgezeichnet 
krystallinisch - körnige, ohne jedoch einen typisch - granitischen 
Habitus zu besitzen. Die einzelnen Feldspathkörner sind 
nämlich nicht direct mit Augitindividuen zu einem feinkörnigen 
Aggregat verwachsen, vielmehr bilden im Allgemeinen zahl- 
reiche Individuen dieser beiden Bestandtheile untereinander 
unregelmässig conturirte Gruppen, und diese spielen die Rolle 
individueller Gemengtheile, Aggregate vertreten also Einzel- 
krystalle, wenn sich auch hie und da eine individuelle Men- 
gung einstellt. Eine derartige Aggregationsform ist nicht die 
den Eruptivgesteinen eigenthumliche, vielmehr charakteristisch 
für gewisse krystallinische Schiefer, was mit den Lagerungs- 
formen und der geschichteten Structur des Gesteins überein- 
stimmt. 

Eine analytische Untersuchung des letzteren führte Herr 
ALFR. SCHWARZ im Universitäts-Laboratorium des Herrn Prof. 
WIEDEMANN aus und erzielte folgende Resultate: 


13 * 


SION De 
ALOE. DRBS 
aD: REF A 
MEONN TR TAT 
Be NOS MR ASSO 
FEDER 595 
Na 0 Me N 22,04 
KO. mn] 

100,20 

Die chemische Zusammensetzung unserer Augit-Plagioklas- 
Schiefer ist somit derjenigen der Basalte ähnlich, ibr höherer 
Kieselsäuregehalt erklärt sich aus der Gegenwart von etwas 
freiem Quarz. Wir werden auf diese Analyse noch zuruckzu- 
kommen haben. 

Im Zustande der Verwitterung wird das ursprünglich fast 
schwarze Gestein rostgelb, röthlichbraun gefleckt. Indem die 
Verwitterung den Kluften folgt, die Ecken und Kanten der 
polyedrischen Gesteinsstücke am intensivsten angreift und dann 
gleichmässig in deren Inneres vorschreitet, entstehen rundliche 
Blöcke von ausgezeichnet concentrisch-schaliger Structur. Die- 
selben sind oft so dicht aneinander gedrängt, dass einzelne 
Stellen der betreffenden Gesteinswand den Anblick bieten, als 
wenn sie besetzt wären mit eng aneinander gestellten, grösseren 
und kleineren eben im Begriff des Aufbrechens befindlichen 
Rosenknospen. Hier sind die einzelnen Kugeln nuss- bis 
faustgross und bestehen aus lauter nur 1 bis 2 Mm. dicken 
Schalen, welche nach der Fläche des Aufschlusses zu, also 
nach der Seite, wo die Atmosphärilien am kräftigsten wirken 
konnten, aufgeplatzt sind, so dass man in den concentrisch- 
schaligen Aufbau der Kugeln hineinblickt, wie in eine eben 
aufgebrochene Rose. An derartigen ellipsoidischen Knollen 
von 5 bis 6 Cm. Länge kann man auf diese Weise 15 bis 
16 Schalen von je 1 Mm. Dicke zählen. Diese Verwitterungs- 


schalen sind äusserst müurbe und lösen sich durch fortgesetzte 


Verwitterung in einen gelblichbraunen, feinkörnigen, eckigen 
Grus auf, der sehr bald zu einem mulmigen Sande zerfällt. . 
Bei dem Mangel an Analysen, an welchen sich diese 
Umwandlungsvorgänge verfolgen liessen, ist es gestattet, die- 
selben nach analogen, wissenschaftlich erforschten Zersetzungs- 
processen ähnlicher Mineralaggregate zu deuten. Es ist na- 


197 


mentlich der Feldspathbasalt, der, wenn wir ausschliesslich 
seine mineralische Zusammensetzung in’s Auge fassen, in seiner 
Constitution eine grosse Aehnlichkeit mit unseren Augitschie- 
fern besitzt, In beiden treten Plagioklas, Augit und Magnet- 
eisen als Hauptgemengtheile auf. Man ist deshalb zu dem 
Schluss berechtigt, dass die unter dem Einflusse der Atmosphä- 
rilien vor sich gehende Zersetzung dieser zu den genannten 
beiden Gesteinen vergesellschafteten Mineralien eine vollkom- 
men analoge ist. Beim Basalt aber besteht dieselbe in einer 
Auslaugung des frischen Gesteins und zwar in der Entführung 
von mehr oder weniger Kieselsäure, Thonerde, Magnesia, 
Eisenoxyd und -oxydul, Kalk, Kali und Natron, in Folge 
deren bei verhältnissmässig geringerem Verluste von Thonerde 
und Eisenoxydul eine relative Anreicherung dieser beiden Sub- 
stanzen und bei gleichzeitiger Aufnahme von Wasser schliess- 
lich ein wasserhaltiges, eisenschussiges Thonerdesilicat als 
Residuum zurückgelassen wird.*) Auf das Plagioklas-Augit- 
Magneteisen-Aggregat, als welches wir unsere Schiefer erkannt 
haben, werden die Atmosphärilien in der namlichen Weise ein- 
gewirkt haben, wie auf das basaltische Plagioklas - Augit- 
Magneteisen-Aggregat, mit anderen Worten ebenfalls bestrebt 


‚sein, denselben unter Zurücklassung von wasserhaltigem Thon- 


erdesilicat die obengenannten Substanzen zu entführen. 

Die unserem Gestein entzogenen Bestandtheile sind jedoch 
nicht spurlos verschwunden, sondern haben nur eine geringe 
Ortsveränderung vorgenommen: in den Spalten und Klüf- 
ten des verwitterten Muttergesteins finden wir sie 
als deren granitische Ausfullung wieder, und zwar 
in Gestalt unregelmässig gangförmiger und nest- oder schmitz- 
artiger Trumer zwischen den mit einer mehr oder weniger 
dieken Verwitterungskruste bedeckten, oder bereits durch und 
durch mürben und bröckeligen Gesteinsblöcken und den da- 
zwischen liegenden Grus- und Sandmassen. Dieselben winden 
sich zwischen jenen Blöcken hindurch und passen sich überall 
an deren Oberflächenform an, sind also erst nach bereits ein- 
getretener Verwitterung, welcher die Blöcke ihren Ursprung 
und ihre Form verdanken, zur Ausbildung gelangt (siehe 
Fig. 26 Taf. VII.). 


*) BıscHor, Geologie III. pag. 424 ff. 


198 


Ihrer mineralischen Zusammensetzung und Structur nach, 
lassen sich folgende Modificationen dieser Gänge unterscheiden: 

1) Gang- und nesterartige Trüumer, 8 bis 20 Cm. mäch- 
tig, welche aus einem düsterfarbigen, ausgezeichnet granitisch- 
körnigen Gemenge von grünlichgrauem Plagioklas, sehr wenig 
weissem Orthoklas, viel grauem Quarz und unverhältnissmässig 
viel schwarzem Magnesiaglimmer bestehen. Seinen eigenthüm- 
lichen Charakter erhält das Gestein, im Gegensatz zu den 
orthoklasreichen und plagioklasarmen granitischen Gängen des 
echten Granulits, namentlich durch seinen Reichthum an trübem 
Plagioklas und Magnesiaglimmer, welcher letztere sowohl in 
zahlreichen grossen schwarzen Tafeln und Bändern die Gesteins- 
masse wirr durchschiesst, als auch in kleinen schwarzen 
Schüppchen zwischen den übrigen Bestandtheilen in Menge 
vertheilt ist. Die reichliche Vertretung des Magnesiaglimmers 
und Plagioklases erklärt sich durch den hohen Gehalt des ver- 
witternden, das Gangmaterial geliefert habenden Nebengesteins 
an Magnesia, Kalk und Natron, bei gleichzeitiger grosser Ar- 
muth an Kali. Unter dem Mikroskop tritt die granitisch-kör- 
nige Structur dieses Ganggesteins noch deutlicher hervor, 
ebenso die Plagioklasnatur der bei Weitem meisten Feldspath- 
körner. Sind diese auch insgesammt durch beginnende Zer- 
setzung schwach gekörnelt und getrübt, so sind doch bei fast 
allen mehr oder weniger deutliche Reste der Zwillingsstreifung 
vorhanden. Nur einzelne sind trotz ihrer geringen Verwitte- 
rung vollkommen einfarbig und durften deshalb Orthoklase 
sein. Die Quarze strotzen von Flüssigkeitseinschlussen. | 

2) Schmitzartige 4 bis 6 Cm. mächtige Trümer, welche 
fast ausschliesslich aus schwarzem Glimmer mit einzelnen 
Körnern von Quarz und Oligoklas bestehen. Die Blätter des 
Magnesiaglimmers bilden zwar ein ziemlich wirres Aggregat, 
sind aber doch meist quer auf die Salbänder gestellt. 

3) Trumer, welche in der Art eine symmetrische An- 
ordnung ihrer Gemengtheile zeigen, dass die beiderseitigen Sal- _ 
bänder bis zu einer Starke von mehreren Millimetern aus- 
schliesslich aus schwarzen, wirr durcheinander liegenden 
Magnesiaglimmerblättehen bestehen. Auf jede der- 
selben folgt nach Innen zu eine etwa 2 Cm. dicke düster- 
farbige Zone von trübem, ölgrünem, zwillingsstreifigen Oli- 
soklas, ziemlich viel schwarzem Glimmer und etwas Quarz, 
während die helle, 5 bis 8 Cm. mächtige Centralzone des 


199 


Ganges durch ein Aggregat von z. Th. rein weissen, z. Th. 
lichtfleischfarbigen glänzenden Orthoklaskörnern gebilde: 
wird, welche von dunnen Quarznadeln und -lamellen schwach 
schriftgranitisch durchwachsen sind. Glimmer fehlt in dieser 
mittleren Zone fast ganz. Von den Ergebnissen der mikrosko- 
pischen Untersuchung ist für unsere Zwecke der grosse Reich- 
thum des Quarzes an mit beweglicher Libelle versehenen 
Flüssigkeitseinschlüssen, sowie die Bestätigung der plagio- 
klastischen Natur der Feldspäthe der seitlichen Gangzonen 
hervorzuheben. 

4) Zollmächtige Gangtrumer von ausgezeichnet symme- 
trischer Anordnung ihrer Bestandtheile, indem die beiden seit- 
lichen Zonen von 1 Cm. langen, stengeligen, grünlichgrauen 
zwillingsstreifigen Oligoklasindividuen, grauen Quarz- 
säulen und einzelnen Glimmertafeln gebildet werden, welche 
ziemlich rechtwinklig auf den Salbändern stehen, was na- 
mentlich bei letztgenannten Gemengtheilen besonders deutlich 
hervortritt. Die beiderseitig scharf abschneidende, bis 2 Cm. 
mächtige Centralzone hingegen besteht aus einem sehr fein- 
körnigen,, echt granitischen Gemenge von röthlichem Ortho- 
klas und grauem Quarz und sticht grell von den trüben seit- 
lichen Oligoklaszonen ab. Noch deutlicher wie im Handstück 
tritt die ausgezeichnet combinirt stengelig - symmetrisch - lagen- 
förmige Structur dieser Gänge am Dünnschliff bereits ohne 
Anwendung des Mikroskops hervor. Zwischen den Quer- 
schnitten der grossen, von beiden Seiten quer nach der Gang- 
mitte gerichteten fast wasserhellen Quarze und durch Zer- 
setzung leicht getrübter und geäderter Plagioklase erscheint 
die Centralzone im zartesten Mosaik äusserst feiner grani- 
tischer Structur. Bei mikroskopischer Untersuchung der beiden 
seitlichen Gangzonen erweisen sich zwar manche der Plagio- 
klase in Folge beginnender Zersetzung bereits von zahlreichen 
Sprüngen durchzogen, längs deren die Feldspathsubstanz trübe 
und körnig geworden ist, viele andere jedoch sind vollkommen 
klar und haben ihre Zwillingsstreifung noch nicht verloren. 
Im Gegensatz zu ihnen strotzen die Quarze von Flussigkeits- 
einschlüssen der verschiedensten Grösse und Gestalt, fast alle 
mit meist festliegenden, zuweilen zitternden, aber durch schwache 
Erwärmung in Bewegung zu setzenden Libellen, welche in 
reihenförmigen Zügen voreinander liegend, in förmlichen Schich- 
ten die Quarze durchziehen. Während die Querschnitte der 


Plagioklase und Quarze der randlichen Zonen im Dünnschliff 
so grosse Flächen einnehmen, dass man unter dem Mikroskop 
auch bei schwacher Vergrösserung jede einzelne derselben nur 
zum geringen Theile übersehen kann, bietet die kleinste Partie 
der Centralzone ein ausserordentlich bunt zusammengewürfeltes 
Aggregat von röthlichen Orthoklas - und Quarzkörnern, mit 
einzelnen braunen Glimmerblättehen, wobei der Quarz nicht 
nur in selbstständigen Körnern, sondern auch in feinster, 
schriftgranitischer Durchwachsung des Feldspaths auftritt. Wie 
in den Seitenzonen ist jedes Quarzkorn reich an Flüssigkeits- 
einschlussen, ausserdem aber auch nech an langen, zarten 
Nadeln eines schwarzen, dunkelgrün durchscheinenden Minerals, 
augenscheinlich Hornblende. Der Gegensatz zwischen der mitt- 
leren und den seitlichen Zonen dieser Gänge ist der schroffste, 
der mir aus den gesammten granitischen Gängen des Granulit- 
gebiets bekannt ist und tritt bei der geringen Mächtigkeit dieser 
Trümer in besonderer Schärfe hervor. 

Genetische Betrachtungen. Nicht leicht lasst sich 
ein anderes Beispiel finden, an welchem man die Entstehung 
granitischer Gänge durch Auslaugung ihrer Bestandtheile aus 
dem in Verwitterung begriffenen Nebengestein so überzeugend 
darlegen könnte, wie au dem eben beschriebenen von Schweizer- 
thal. Der Vorgang war folgender: 

1) Das Plagioklas-Augit-Gestein wird unter dem Einfluss 
der Atmosphärilien von einem Zersetzungsprocess ergriffen, 
durch welchen ibm, ganz ähnlich wie den analog zusammen- 
gesetzten Basalten, Kieselsäure, Thonerde, Magnesia, Eisen- 
oxyd und -oxydul, Kalk, Kali und Natron in wässeriger Lö- 
sung entführt werden. 

2) In Folge der diese Verwitterung einleitenden Zerkluf- 
tung und der mit ihr Hand in Hand gehenden Grusbildung ent- 
stehen zwischen den Gesteinsblöcken klaffende Spalten, die in 
ihrer Form und in ihrem Verlaufe von der Lage und Gestal- 
tung der Blöcke abhängig sind. 

3) Die dem Nebengestein entzogenen Mineralsolutionen 
ziehen sich nach diesen Kluften, in welchen sich entweder 
direct oder durch Wechselwirkung die gangbildenden Mineralien 
ausscheiden. 

Durch diese Vorgänge sind folgende Erscheinungen 
bedingt und erklärt: 


x 


201 


1) Die granitischen Gänge von Schweizerthal bestehen 
aus den nämlichen Stoffen, wie die dem Gestein entführten, 
nämlich aus Kieselsaure, Thonerde, Magnesia, Eisenoxydul, 
Kali und Natron, während ein Theil des Kalkes entführt 
worden, ein anderer vielleicht im Plagioklas enthalten ist. 
Diese Substanzen lieferten das Material zur Neubildung von 
Feldspath, Quarz und Magnesiaglimmer, während die in an- 
deren benachbarten Gängen mit abweichendem Nebengestein 
vorkommenden Titanite, Zirkone, Apatite, Turmaline, Lepi- 
dolithe und Topase hier fehlen. 

2) Im Gegensatz zu dem Orthoklasreichthum der Granit- 
und Pegmatitgange, welche in dem benachbarten normalen, im 
Verhältniss zu Kali wenig Natron haltenden Granulite auf- 
setzen, waltet in den schweizerthaler Gängen bei Weitem der 
wahrscheinlich kalkhaltige Oligoklas vor, weil, wie die oben 
angeführte Analyse zeigt, der Natron- und Kalkgehalt des 
Nebengesteins ein viel bedeutenderer ist, als der an Kali 
(Na:K = 2,3:0,2). Die mineralische Beschaffenheit der 
Gänge steht somit in einem Abhängigkeitsverhältniss von der 
petrographischen und substantiellen Zusammensetzung des 
Nebengesteins.: Durch Entführung des grossen Magnesiagehalts 
des ursprünglichen Gesteins bei dessen Umwandlung zu einem 
wasserhaltigen Thonerde-Silicat erklärt sich zugleich der grosse 
Reichthum der Gänge an Magnesiaglimmer, während der 
für die im Granulit aufsetzenden Gänge so charakteristische 
Kaliglimmer vollständig fehlt, 

3) Die mineralischen Bestandtheile mancher dieser Gänge 
von Schweizerthal sind wie diejenigen gewisser Erzgänge 
symmetrisch zu nach ihrer mineralischen und chemischen Con- 
stitution verschiedenen Lagen angeordnet oder stehen quer 
auf den Salbändern, — Erscheinungen , welche wir als un- 
trügliche Kriterien für eine Ausscheidung aus wässeriger, an 
den Spaltenwandungen hinabsickernder Lösung erkannt haben. 

4) Die betreffenden gangartigen Ausscheidungen setzen 
nicht in die Tiefe fort, sondern keilen sich wenigstens zum 
Theil allseitig aus, haben also keinen Zusammenhang mit irgend 
einem Eruptionsheerde oder einer aus der Tiefe emporsteigenden 
Mineralquelle. 


202 


8. Gänge von Zirkon-führendem Syenitgranit im Eklogit von 
Waldheim. 


Der Hofraum der Restauration „Zur Erholung* in un- 
mittelbarer Nähe des Waldheimer Bahnhofs ist in den anste- 
henden Fels des dahinter liegenden Hugels in der Weise ein- 
gesprengt, dass eine steil abstürzende Gesteinswand den Hof 
nach hinten abgrenzt. Mit ihr ist zugleich ein höchst interes- 
santer Aufschlusspunkt geschaffen. 

Wie ein grosser Theil des Hugels selbst, so besteht die 
Gesteinswand aus Eklogit, und zwar einem mittelkörnigen 
Aggregate von vorwaltendem, kurzstengeligem, dunkellauch- 
grünem Augit und kleinen röthlichen Granatkörnern. Im All- 
gemeinen den Eindruck eines massigen Gesteins machend, 
erhält dasselbe durch das Auftreten einer schwachen, band- 
artig abwechselnden helleren und dunkleren Färbung die An- 
deutung einer nach Norden einfallenden Schichtung. Dieser 
entspricht, wie solches namentlich am Dünnschliff schon dem 
blossen Auge sichtbar wird, eine Abwechselung granatreicher 
und fast granatfreier Eklogitzonen. Die mikroskopische Unter- 
suchung dieses Gesteins zeigt, dass sein vorwaltender Bestand- 
theil in der That ein im Dünnschliff lichtlauchgrüner, sehr 
wenig dichroitischer Augit ist, dessen Körner von Sprüngen 
und diesen folgenden gelblichbraunen, z. Th. wolkig - gekör- 
nelten oder faserigen Bändern durchzogen sind. Zwischen 
diesen Augiten, an Zahl jedoch bei Weitem geringer als diese, 
liegen blassrosaroth durchscheinende Granatkörner von un- 
regelmässiger, z. Th. rundlicher, z. Th. verzogen-eiförmiger 
Gestalt, sowie Körnchen und lappige Partieen von Magnet- 
eisen eingestreut. Eine sehr zierliche Structur wird dadurch 
erzeugt, dass viele der Granatkörner rings umgeben sind von 
einer Zone radialgestellter, im Querschnitt wellig oder wurm- 
formig gebogener, blassgrüner Augite und zwischen ihnen ge- 
lagerter, opaker Kurner und Stäbchen von Magneteisen. 

Dies Gestein ist nach allen Richtungen im höchsten Grade 
durchklüftet und dadurch in rundliche Blöcke und polyädrische 
Stücke von unregelmässiger Gestalt und Grösse zertheilt. Mit 
dieser Zerklüftung, welche den Tagewassern ihren Weg und 
ihre zersetzende Thätigkeit erleichterten, ist nun eine Um- 
wandlung des Eklogits Hand in Hand gegangen, welche sich 


bereits der vorwaltenden Masse des aufgeschlossenen Gesteins, 
wenn auch in verschieden weit fortgeschrittenem Grade be- 
mächtigt und nur den geringeren Theil des Eklogits in seinem 
ursprünglichen Zustande gelassen hat. Schon äusserlich macht 
sich diese Zersetzung durch die Bleichung des Gesteins kennt- 
lich. Seine dunkelgrüne Farbe weicht einer lichteren und 
wandelt sich schliesslich in ein ganz helles Grünlichgrau um. 
Hand in Hand mit dem Verluste der ursprünglichen Farbe geht 
derjenige der Festigkeit in dem Maasse, dass aus dem dunklen, 
zähen , schwerzersprengbaren Eklogit zuletzt ein lichtes, mür- 
bes, leicht zerbrockelndes, zu mulmigem Grus zerfallendes Zer- 
setzungsproduct wird. 
Wie oben gesagt, ist dieser Eklogit und der aus ihm 
hervorgehende mulmige Grus von ausserordentlich zahlreichen 
Klüften durchsetzt. Diese aber sind beute ausgefüllt von 
mineralischen Substanzen und zu einem unregelmässi- 
gen, z. Th. engmaschigen körperlichen Netz von Mineral- 
gängen geworden. In schwer verfolgbarem Gewirre durch- 
ädern dieselben das Nebengestein (siehe Fig. 27 Taf. VII.), 
bald vollkommen geradlinig dasselbe durchsetzend, bald in 
unregelmässigen Biegungen sich zwischen den rundlichen 
Gesteinsblöcken hindurch windend, sich gabelnd und wieder 
vereinend, verknüpfende Ausläufer von einem Hauptstamme 
nach dem anderen sendend, sich knorrig verdieckend und dann 
wieder zur grössten Zartheit zusammenziehend, hier nur so 
stark wie ein Messerrücken, dort 0,3 bis 0,5 Meter mächtig. 
Ihrer mineralischen Ausfüllung nach sind diese Gänge 
und Schnüre 1) solche von Hornblende, 2) solche von derbem 
Granat, 3) solche von vorwaltendem Feldspath. Die erst- 
genannten sind meist nur ] bis 2 Cm. dick und bestehen aus 
schwärzlichgrüner, verworren faseriger Hornblende, lassen 
in ihrer Oentralzone zuweilen kleine Mrusen offen, in welchen 
Säulenflächen von Hornblendeindividuen freiliegen, oder um- 
schliessen eine mittlere, nur wenige Millimeter mächtige Lage 
von körnigem, röthlichgelbem Feldspath. Andere etwa finger- 
breite Schnüre bestehen aus derbem, kleinmuscheligem Granat 
von brauner Farbe, dem hier und da Körner von Pistazit bei- 
gemengt sind. Noch andere mehr nesterartige, unregelmässige 
Schmitzen werden wesentlich von körnigem Pistazit ge- 
bildet, dem sich etwas fleischrother Orthoklas und einzelne 


204 


röthliche Granatkörner zugesellen, an denen sämmtlich glän- 
zende Flächengruppen auftreten. | 

Eine viel wichtigere Rolle spielen die feldspathreichen, 
granitischen Gänge, sowohl was ihre Zahl und Mächtigkeit, 
wie ihr Reichthum an interessanten mineralischen Gemeng- 
theilen anbetrifft. Sie sind es, die dem Beschauer zunächst 
in’s Auge fallen, wie ein fleischrothes Geäder treten sie ihm 
grell aus dem grünlichen Nebengestein entgegen (Fig. 27 
Taf. VII... Auf sie bezieht sich deshalb auch wesentlich die 
vorhin gegebene Beschreibung der äusseren Formen der dort 
überhaupt aufsetzenden Gänge. 

An ihrer Zusammensetzung nehmen folgende Mineralien 
Theil: Orthoklas von fleischrother bis lichtröthlichgrauer 
Farbe, der vorwaltende Gemengtheil, bildet in Form eines 
mittel- bis grobkörnigen Aggregats die Hauptausfüllungsmasse 
der Gänge, in welcher die übrigen Gangmineralien in grösserer 
oder geringerer Häufigkeit eingesprengt sind. Oligoklas in 
wenigen, trüben, zwillingsstreifigen Individuen. Wasserheller 
bis lichtrauchgrauer Quarz, mit diesem in kleinen, sehr ver- 
einzelten, silberglänzenden Blättchen verwachsen Kaliglim- 
mer, noch seltener Lamellen von braunem Magnesia- 
glimmer. Dunkelgrüne Hornblende, gewöhnlich in 3 bis 
6 Cm. langen, säulenförmigen Individuen mit ausgezeichneten, 
sehr stark glänzenden, prismatischen Spaltungsflächen und 
dann in Gestalt vereinzelter Einsprenglinge den Feldspath 
durchschiessend, zuweilen jedoch auch in kleineren Körnern 
als gleichwerthiger, ja vorwaltender Gemengtheil der daun 
syenitgranitischen Gangmasse. Die qualitative Analyse dieser 
Hornblende ergab einen nicht unbedeutenden Kali-, 
namentlich aber Natrongehalt, wodurch sie sich der 
arfvedsonitähnlichen Hornblende des norwegischen Zir- 
konsyenits nähert. Titanit in ausserordentlich zahlreichen, 
bis 1,5 Cm. grossen, fast diamantartig glanzenden Krystallen 
von rothbrauner bis hyacinthrother Farbe, durch starkes Vor- 
walten der Hemipyramide n langsäulenföormig, ausserdem mit 
P, r und y, wie Figur 5 in Naumann’s Mineralogie pag. 980. 
Nach einer Analyse, welche Herr Schmöger in Prof. KoLse’s 
Laboratorium ausführte, hat dieser Titanit folgende Zusammen- 
setzung: 


37,45 
SA RE | 
AOyn 430 22: 2479 
De, Oyilamı. n.n# 3,18 
Yttererde . . 0,88 
GAOHEN211207.,.29:38 


100,00 


Das analysirte Mineral ist demnach kein reiner, sondern 
ein Thonerde, Yttererde und Eisenoxyd haltiger Titanit, wel- 
cher dem Yittrotitanit von Arendal uud dem Grothit*) des 
Plauenschen Grundes nahe steht. Epidot in grellgrünen, 
körnigen, bis erbsengrossen Einsprenglingen. Apatit in 
zarten, wasserhellen oder lichtweingelben hexagonalen Na- 
deln, welche Quarz, Feldspath und Hornblende durchspicken. 
Orthit in sehr vereinzelten, bis linsengrossen unregelmässig 
gestalteten, kleinmuscheligen Einsprenglingen, z. Th. umgeben 
von einem braunrothen Hof. Zirkon in allseitig, ausser- 
ordentlich scharf und ebenflächig ausgebildeten, bis 2,5 Mm. 
grossen Kryställchen, welche entweder isolirt im Feldspathe 
eingewachsen sind, oder als selbstständige Gemengtheile des 
in diesem Falle kleinkörnigen Aggregats des übrigen Gang- 
materials auftreten. Sie besitzen eine röthlichbraune bis nelken- 
braune Farbe und einen so starken diamantartigen Glanz, dass 
sie sich durch diesen auch an grösseren Handstücken leicht 
kenntlich machen und aus dem zu grobem Sand zermalmten 
Gestein, trotz der glänzenden ÖOrthoklasspaltungsstuckchen, 
durch ihr Funkeln hervorscheinen. Der Habitus der Krystalle 
ist ein mehr oder weniger langsäulenförmiger. Gewöhnlich 
ist dann ausschliesslich das Protoprisma, zuweilen das Deu- 
teroprisma als schmale Abstumpfungsfläche, selten im Gleich- 
gewicht mit dem ersteren, zur Ausbildung gelangt. Von Pyra- 
miden treten P und die ditetragonale 3P3 auf, letztere meist 
nur als Zuschärfung der Combinationsecken, sellen so vor- 
herrschend, dass die Protopyramide daneben stark 
zurucktritt. 

Den im Bereiche Sachsens bekannten Fundstellen des 
Zirkons im Granit von Boxdorf bei Dresden, des Malakons 


*%) Frenzer, Min. Lexik. von Sachsen pag. 322. 


206 


im Syenit des Plauen’schen Grundes und des Hyacinths im 
Schwemmlande des Elbthalgebirges reiht sich das beschriebene 
Vorkommen des Zirkons in den Gängen von Syenitgranit bei 
Waldheim an. Zugleich aber erinnert die Mineraleombinatiou 
von natronhaltiger, dadurch arfvedsonitähnlicher Hornblende, 
yttererdehaltigem, dadurch yttrotitanitähnlichem Titanit, ferner 
Orthit und Zirkon lebhaft an die berühmten skandinavischen 
Vorkommnisse. 

Die Structur dieses Gänge ist eine ausgezeichnet kör- 
nige, doch macht sich stets die Tendenz zu schriftgranitischer 
Verwachsung des Feldspaths und Quarzes geltend. Selbst 
dort, wo diese beiden @emengtheile mit den übrigen oben 
aufgezählten ein echt granitisch-körniges Aggregat bilden, sind 
die Feldspathindividuen oft von uadelartigen, in jedem Korne 
parallelstehenden Quarzsäulchen durchwachsen,, die dann auf 
den glänzenden Spaltungsflächen des Orthoklases als rauch- 
graue Punkte hervortreten. In manchen der weniger mäch- 
tigen Gänge, wo der Feldspath bei Weitem vorwaltet, ist er 
von federkielstarken Quarzprismen durchschossen, so dass eine 
dem echten Schriftgranit ähnliche Gesteinsvarietät erzeugt 
wird. In diesem leicht in Spaltungsstücke von mehreren 
Kubikzoll Grösse zerschlagbaren Schriftgranit liegen dann 
ordnungslos vereinzelte glänzende Hornblendesäulen und Titan- 
krystalle eingesprengt. Ist auch die gesammte Gesteinsmasse 
unserer Gänge und namentlich die echt granitisch-körnige Va- 
rietät derselben reich, stellenweise sehr reich an Titanit- 
krystallen, so findet doch gewöhnlich nach den beiderseitigen 
Grenzflächen der Gänge zu eine derartige Ooncentrirung dieses 
Minerals statt, dass sich 0,2 bis 0,5 Um. mächtige Salband- 
zonen von ziemlich dicht aneinander liegenden 
Titanitkrystallen herausbilden. Diese Titanitsalbänder 
stellen sich auch dann ein, wenn die Hauptgangmasse das 
genannte Mineral sehr spärlich oder gar nicht führt. In beiden 
Fällen aber wird durch diese Erscheinung ein symmetrischer 
Bau der Gänge bedingt. Die Titanitkrystalle der Salbänder 
sind fast immer mit zwei Flächen der vorherrschenden Hemi- 
pyramide auf die Wandungen der einstigen Spalten aufge- 
wachsen, so dass diese stellenweise wie mit flachen Titaniten 
gepflastert erscheinen, welche letzteren dem Spaltenraume, 
also der jetzigen granitischen Gangmasse jedesmal zwei glän- 


207 
zende Flächen von n, eine von P und die eines Hemidomas 
zuwenden. 

Schliesslich sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, 
dass in keiner anderen Gesteinsart des Granulitgebirges Gänge 
ähnlicher Art aufsetzen und dass kein einziger der Hunderte 
von granitischen Gängen, wie sie dem echten Granulit, dem 
Cordieritgneiss u. s. w. angehören, eine derartige Combination 
von Titanit, Zirkon, Hornblende, Feldspath und Quarz aufweist. 
Es ergiebt sich dasaus, dass die mineralische Zusam- 
mensetzung der in den verschiedenartigen Ge- 
birgsgliedern der Granulitformation aufsetzenden 
granitischen Gänge abhängig ist von der petro- 
graphischen Beschaffenheit des Nebengesteins. 


9. Granat und Epidot führende Quarz-Feldspath-Trümer im Horn- 
blendeschiefer von Thierbach. 


Zwischen Thierbach und Wolkenburg ist durch den tiefen 
Thaleinschnitt der Mulde ein der hangenden Grenze der eigent- 
lichen Granulitformation angehörige Einlagerung von Horn- 
blendeschiefern entblösst. Letztere sind aus dunkelgrünen, 
faserigen Hornblendeindividuen zusammengesetzt, enthalten ein- 
zelne Einsprenglinge von Feldspath, Granat, Quarz und Glim- 
mer und werden von zahlreichen Gangtrümern netzartig 
durchädert. 

Dieselben besitzen eine durchschnittliche Mächtigkeit von 
2 bis 5 Cm., bilden jedoch locale Anschwellungen von dop- 
pelter Dieke, sind mit ihrem Nebengestein auf das Innigste 
verwachsen und bestehen aus Quarz, Oligoklas, Epidot, Granat 
und Hornblende, denen sich accessorisch Schwefelkies und 
Titanit zugesellt. 

Der Quarz ist z. Th. glasig und klar mit einem Stich 
in’s Braune, z. Th. körnig und dann weiss. Der Epidot 
besitzt eine intensiv pistaziengrune Farbe, bildet körnige und 
wirr-stengelige Aggregate, aus denen einzelne grössere Krystall- 
individuen oder deren glänzende Spaltungsflächen hervor- 
treten. In offene Drusenräume ragen zuweilen einfache hori- 
zontal-säulenförmige Epidotkrystalle, gebildet von der schiefen 
Basis und den Orthopinakoid, an dem freien Ende mit einer 
Hewipyramide hinein. Der Oligoklas ist weiss, körnig 


und ausserordentlich zart zwillingsstreiig, Granat von 
röthlich nelkenbrauner Farbe ist entweder in stecknadelkopf- 
grossen Krystallen (O0. 202) im Epidot, Oligoklas oder 
Kalkspath eingesprengt, oder aber bildet für sich oder mit 
Kalkspathindividuen ein körniges Aggregat. In letzterem Falle 
sind beide Mineralien zuweilen zu kernkrystallartigen Formen 
verwachsen, indem glänzend weisse Kalkspathkörner von brau- 
ner Granatmasse rings umgeben und wiederum von Lamellen 
derselben durchzogen sind.*) — Der Kalkspath ist weiss 
bis wasserhell, füllt die Spältchen, Ecken und Drusenräume 
innerhalb der übrigen Gangmasse aus oder bildet mit ihnen 
ein krystallinisch körniges Aggregat. Mit dem Epidot ver- 
wachsen treten säulige Partieen dunkellauchgrüner Horn- 
blende auf. Die seltenen Titanitkrystalle von hori- 
zontal-saulenformigem Habitus besitzen eine lichtgelblichgrüne 
Farbe und fallen durch ihren ausgezeichneten Diamantglanz 
in’s Auge. Schwefelkies kommt hier und da derb einge- 
sprengt vor. 

Was die Structur des kurz beschriebenen Gangmaterials 
betrifft, so ist dieselbe z. Th. zwar eine granitisch - körnige, 
meist jedoch eine symmetrisch - lagenformige. Dann bildet 
stellenweise Epidot die beiden äussersten, Quarz die beider- 
seitig darauf folgenden, Granat, Kalkspath und Oligoklas die 
centralen Zonen, ohne dass diese Reihenfolge constant bliebe, 
die sich sogar zu der umgekehrten gestalten kann. 

Die kurze Darstellung dieses Gangvorkommens hat deshalb 
hier Platz gefunden, weil letzteres eine gewisse Bedeutung für 
unsere Betrachtungen über die Genesis der granitischen Gänge 


*) In seinem dem kgl. sächs. Oberbergamte zu Freiberg erstatteten 
Berichte über die von ihm im Sommer 1865 ausgeführten Untersuchungen 
im südwestlichen Theile des sächsischen Granulitgebietes giebt SrüLzxEr 
u. a. eine Beschreibung dieser Gangvorkommnisse, sowie gewisser, den 
letzteren angehöriger „Granatperimorphosen, die unter einer ausserordentlich 
dünnen, aus Granatsubstanz bestehenden Hülle ein Gemenge von Pistazit, 
Granat und Kalkspath als Ausfüllung des Krystallraumes erkennen lassen.“ 

Zugleich gestehe ich dankbar ein, dass die eingehenden Vorunter- 
suchungen und kartographischen Aufnahmen des sächsischen Granulit- 
gebiets von Seiten des Herrn A. Srterzner sowohl den diesem Aufsatze 
zu Grunde liegenden geognostischen Beobachtungen, wie den Aufnahmen 
der geologischen Landesuntersuchung in dem von SrzLzuer behandelten 
Gebiete einen wesentlichen Vorschub geleistet haben. 


Fer 


209 
des Granulitgebirges hat. Aus Obigem geht namlich Folgendes 
hervor: 

1) Quarz, Epidot, Kalkspath, Granat, Hornblende, Oli- 
goklas und Schwefelkies führende Trumer gehören zu den ge- 
wöhnlichen Vorkommnissen innerhalb der Hornblende- 
gesteine vieler Gegenden. 

2) Dahiugegen sind dergleichen konnen in dem 


normalen und glimmerführenden Granulit, im Cordieritgneiss 
und Trappgranulit des sächsischen Granulitgebirges nicht 


bekannt, ebensowenig wie auf der anderen Seite die Pegmatite, 
Turmalingranite oder granitischen Gänge des Granulits iu den 


ihm auflagernden Hornblendefels hineinreichen. 

3) Die oben beschriebenen Epidot - Granat - Gänge sind 
somit gebunden an ein bestimmtes Nebengestein, in welchem 
sich die Bedingungen zu ihrer Entstehung gegeben finden, 
namlich an die Hornblendeschiefer, die umgekehrt nicht im 
Stande waren, das Material.zu den kalireichen Granitgängen, 
wie sie an den Granulit gebunden sind, zu liefern. Dahin- 
gegen haben unter allen übrigen Gesteinen des Granulitgebirges 
die Eklogite die meiste Aehnlichkeit in ihrer chemischen Oon- 
stitution mit den Hornblendeschiefern von Thierbach. Die- 
selbe offenbart sich namentlich in dem Reichthum beider 
Gesteinsarten an Kalkerde und in deren Armuth an Kali und 
Natron. Deshalb sind auch die aus der Zersetzung beider 
Gesteinsarten hervorgegangenen Mineralvergesellschaftungen von 
allen mineralischen Gängen des Granulitgebiets am nächsten 
miteinander verwandt: in jeder derselben spielen Epidot, 
Hornblende, Titanit und Granat neben Feldspath und Quarz 
eine Hauptrolle. 


Gedrängter Rückblick. 


I. In dem sächsischen Granulitgebirge treten 
Hunderte von granitischen, syenitischen und peg- 
matitischen Gängen auf. Ihre Mächtigkeit ist unbedeu- 
tend, ihr Verlauf unregelmässig, ihre Ausdehnung unbeträcht- 
lich, ihre Streichrichtung gesetzlos. 

Zeits. d.D.geol. Ges. XXVIL, ı. 14 


210 


I. An ihrer Zusammensetzung nehmen fol- 


sende Mineralien Theil: 


Metalloxyde:; 
- Quarz, 
Haloide: 
Amblygonit, 
- Apatit, 
Kalkspath, 
Braunspath, 
Geolithe: 
Orthoklas, 
Perthitartiger Feldspath, 
Oligoklas, 
Albit, 
Andalusit, 
Topas, 
Zirkon, 
Amphoterolithe: 
Turmalin, 
Granat, 
Orthit, 
Epidot, 
Hornblende, z. Th. arfvedsonitartig, 
Magnesiaglimmer, 
Kaliglimmer, 
Lithionglimmer, 
Chlorit, 
Pinit, 
Tantaloide: 
Titanit, z. Th. yttererdehaltig, 
Metalloxyde: 
Eisenglanz, Eisenrahm, Eisenocker, 
Kiese: 
Eisenkies. 


III. Einige dieser Gangmineralien weisen 
aussergewöhnliche oder sonst interessante Er- 
scheinungen auf: 

Der Quarz in seiner Krystallgestalt meist auf Prisma 
und Pyramide beschränkt, ist zuweilen durch das Auftreten 


211 


von Rhomben- und Trapezflächen ausgezeichnet und zwar 
fallt die Entwicklung des trapezo@drischen Habitus meist 
mit der Vergesellschaftung von Turmalin zusammen. Es scheint 
hierin eine Bestätigung des Satzes zu liegen, dass die Krystall- 
gestalt des Quarzes durch den Bor- und Fluorgehalt der Mineral- 
solution beeinflusst ‚worden sei, aus welcher sich neben Quarz 
gleichzeitig Turmalin ausgeschieden hat. Jedoch ergiebt es 
sich, dass in den an Turmalinen reichen Drusen neben trape- 
zoödrischen Quarzen solche von einfachster Form viel häu- 
figer sind, ja dass mit Turmalin verwachsene und sicher mit 
ihm gleichaltrige Quarze die erwähnten Trapezflächen nur in 
vereinzelten Fällen aufweisen. 

Bei geringem Zusammenhang grosser Quarze mit den 
Wandungen der Gangspalten konnten sich dieselben durch 
fortgesetztes Wachsthum und damit verbundene Gewichts- 
zunahme, oder in Folge von Erschütterungen, welchen das 
Nebengestein ausgesetzt war, loslösen, herabstürzen, zu Frag- 
menten zersplittern und ein loses Haufwerk auf dem Boden 
der Weitungen bilden. Dann stellt sich die Erscheinung ein, 
dass die Bruchflächen der von den Wandungen herabgestürzten 
Krystalle sich mit Neubildungen von Quarz bedecken, welche 
sich auf jeden kleinen Vorsprung des muscheligen Bruches 
ansiedeln, dabei jedoch sowohl untereinander wie zu dem 
Hauptkrystall eine parallele Axenstellung einnehmen und augen- 
scheinlich bestrebt sind, das fehlende Krystallende zu ersetzen. 
Die verstummelten, ja oft zu dunnen Scherben zersplitterten 
Quarze suchen demnach ihre Verletzung auszugleichen und 
eine ‚normale, geschlossene Krystallgestalt wieder zu gewinnen. 

Nicht selten sind Drusenquarze bei ihrem Wachsthum an 
irgend eine ihnen entgegen tretende Krystallfläche gestossen 
und haben dann eine abnormale, z. B. „basische* Endflache 
ausgebildet. Erfolgte nach Zersetzung dieses Hemmnisses ein 
- Fortwachsen des Quarzes in der Richtung der Hauptaxe und 
wiederholen sich diese Ereignisse, so entstand ein treppen- 
formiger Aufbau aus lauter aufeinander gesetzten kurzen 
Prismen. 

Perthitartig verwachsene Feldspäthe. Die frei- 
lich erst mit Benutzung des Mikroskops nachweisbare Erschei- 
nung, dass zarte zwillingsstreifige Lamellen und Schmitzen von 
Albit zwischen stärkeren Lamellen von Orthoklas in ortho- 

14* 


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pinakoidischer Lage eingeschaltet sind, ist in den granitischen 


Gängen des Granulitgebirges sehr gewöhnlich. Nicht selten 
stellen sich zugleich zarte Albitlamellen in klinopinakoidischer 
oder prismatischer Lage ein, so dass eine unregelmässig bienen- 
wabenähnliche Durchwachsung des Orthoklases mit Albit hervor- 
gebracht wird, welche im Querschnitt natürlich in Form einer 
netz- oder leiterähnlichen Zeichnung erscheint. Diese die 
Krystallgestalt des Orthoklases besitzende Association von 
Orthoklas und Albit kann in Folge der Gegenwart des letzt- 


genannten Feldspaths einen Natrongehalt von 4 pCt. auf- 
weisen. Durch Auslaugung und Umsiedelung des Albits wer- . 


den sehr interessante Erscheinungen hervorgerufen. Jedoch 
sind dergleichen perthitartige Verwachsungen von Orthoklas 
und Albit innerhalb des Granulitgebirges auf die Gangspalten 
beschränkt, während die natronhaltigen Kalifeldspäthe des 
Nebengesteins keine-Spur lamellarer Zusammensetzung zeigen, 
sondern isomorphe Mischungen sind. Erst bei Auslaugung 
der Feldspathsubstanz aus dem Nebengestein kann eine Spal- 
tung und Individualisirung des Natronfeldspatbs und des Kali- 
feldspaths und bei gleichzeitiger Wiederausscheidung eine gegen- 
seitige Durchwachsung eintreten. 

Zirkon war bisher in den Gängen des Granulitgebirges 
noch nicht bekannt. An einzelnen Kryställchen des neuen 
Vorkommnisses ist die vorwiegende Entwicklung der ditetra- 
gonalen Pyramide bemerkenswerth. 

Schwarze Turmaline bilden einen Hauptbestandtheil 
vieler Gänge, neben ihnen spielen jedoch auch solche von 


dunkellauchgrüner, lichtsmaragdgrüner, blassölgrüner, car- 


moisinrother, intensiv- oder lichtrosarother und weingelber 
Farbe eine wichtige Rolle. Auch mehrfarbige Krystalle sind 
von dem nämlichen Fundpunkte bekannt. Rosaturmaline mit 
wenigstens einseitiger Endausbildung können fast ohne Bethei- 
ligung eines anderen Minerals zu einem grobkrystallinischen 
Aggregat zusammentreten. In einem der granitischen Gänge 
ist die Mehrzahl der das Gestein durchschiessenden Turmaline 
mit Quarz oder Orthoklas und Quarz zu Kernkrystallen und 
zwar z. Th. solchen von eompliceirterem Aufbau verwachsen. 
Viele der Kaliglimmer und manche der Lithion- 
glimmer zeichnen sich, ganz ähnlich wie die uralischen 


Muskowite, durch ihre Federstreifung aus, welche als treff- 


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213 


liches Mittel zu krystallographischer ee besondere 
Aufmerksamkeit verdient. 

Gewisse Hornblenden nähern sich durch ihren Gehalt an 
Natron und Kali dem Arfvedsonit, gewisse Titanite durch 
ihren Gehalt an Ytter- und Thonerde dem Yittrotitanit; 
beide sind vergesellschaftet mit Zirkon, Apatit und Orthit und 
erinnern dadurch lebhaft an nordische Mineraleombinationen. 

IV. Gewisse der oben aufgezählten Gangmine- 
ralien sind Pseudomorphosen oder anderweitiger 
secundärer Entstehung: 

Die Albitkrystalle innerhalb der Drusenräume ver- 
danken ihren Ursprung der Auslaugung des Natronfeldspaths 
aus dem perthitartigen Orthoklas, in welchem derselbe zarte, 
flachwellige Schmitzen und Lamellen bildete. Die ersten Sta- 
dien dieser Albitextraction offenbaren sich in einer dem Ortho- 
pinakoide parallelen Streifung und dann allmälig immer tiefer 
und tiefer werdenden Furchung der Krystallflächen des perthi- 
tischen Orthoklases. In Folge fortgesetzter Vertiefung dieser 
Furchen verfällt letzterer einer lamellaren Zersetzung, welche 
noch dadurch beschleunigt wird, dass die stehenbleibenden 
Orthoklaslamellen den zersetzenden Einflüssen mehr Angriffs- 
punkte bieten wie bisher. Derartige auf oP horizontal, auf 
den Flächen des Prismas und Klinopinakoides vertikal gereifte 
und gefurchte Orthoklase sind innerhalb der granitischen 
Gänge des Granulitgebiets sehr häufig. Bei Carlsbader, Ba- 
venöer und nach oP verwachsenen Zwillingen giebt die gesetz- 
mässig verlaufende Furchung der Flächen zu ebenso zierlichen, 
wie interessanten Oberflächenerscheinungen Veranlassung. Die 
aus dem perthitartigen Feldspath extrahirte Albitsubstanz sie- 
delt sich in anfänglich kleinen, allmäalig wachsenden Krystallen 
und Krystallinerustaten entweder auf der Oberfläche, am Fusse 
oder in der weiteren Umgebung des Mutterminerals, in ersterem 
Falle in paralleler Stellung zu diesem an. 

Ein Theil des Kaliglimmers ist aus der Zersetzung 
des Orthoklases hervorgegangen und bildet dann auf der Ober- 
fläche oder in der Nähe der in Zersetzung begriffenen Feld- 
späthe radialschuppige oder rosettenförmige Gruppen, — auf 
den Spaltungs- und Kluftlächen oft nur bauchartige, z. Th. 
aber auch derbere Ueberzüuge von zarten Schüppchen, innerhalb 
der mürben Feldspathsubstanz silberglänzende Punkte, in Rissen 


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214 


und Sprüngen feine blätterige Aushullungen,, und endlich bei 
im Zustande weit fortgeschrittener Umwandlung begriffenen 
Individuen eine vollständige, radialblätterige Umhüllung, deren 
Schuppen in die mürbe, zersetzte Feldspathmasse parasitisch 
eindringen. | 

Bei dieser Umgestaltung des Orthoklases in Kaliglimmer 
wird gleichzeitig Kieselsäure frei, welche zur Bildung von 
Quarzkryställchen Veranlassung giebt. 

Der Pinit, welcher in einigen granitischen Gängen des 
Granulitgebirges auftritt, ist z. Th. aus der Umwandlung von 
Cordierit (so bei Penig), z. Th. aus der von Turmalin (so bei 
Wolkenburg) hervorgegangen. 


V. Die unter II. aufgezählten Mineralien ver- 
gesellschafteu sich zu folgenden Gangformationen: 


Quarz — Orthoklas; 

Quarz — Kaliglimmer — Turmalin; 

Albit — Kaliglimmer — Quarz; 

Orthoklas — Kaliglimmer — Quarz; 

Oligoklas — wenig Orthoklas — viel Magnesiaglimmer 

— Quarz; 

6. Orthoklas — Perthit — Albit — Oligoklas — Kaliglim- 
mer — Magnesiaglimmer — Quarz — Granat — An- 
dalusit — Cordieritpinit — schwarzer Turmalin — 
Apatit; 

7. Orthoklas — Quarz — Lithionglimmer — Amblygonit — 
Apatit — schwarzer und bunter Turmalin — Topas 
— Turmalinpinit; 

8. Orthoklas — Oligoklas — Bra — arfredsonitähnliche 
Hornblende — Pistazit — Apatit — Orthit — Zirkon 
— yttererdehaltiger Titanit; : 

9. Oligoklas — Pistazit — Hornblende — Granat — Quarz 

— Kalkspath — Titanit — Schwefelkies. 


sed ee 


VI. Die verschiedenartigen Hauptgruppen der 
eben genannten Mineralassociationen setzen nicht 
in gegenseitiger Vergesellschaftung, auch nicht 
in jedem beliebigen Nebengestein auf, sind viel- 
mehr an bestimmte Gesteinsgruppen gebunden, 
und zwar: 


215 ? 


1) die Combinationen, in denen Orthoklas, Perthit, Kali- 
glimmer, Lithionglimmer, Magnesiaglimmer und Tur- 
malin eine Hauptrolle spielen, an die echten und an 
die glimmerführenden Granulite; 

2) die Combinationen, in denen Magnesiaglimmer und 
Oligoklas vorwalten, an die Plagioklas-Augitschiefer; 

3) die Combinationen, an denen wesentlich Hornblende, 
Pistazit, Granat und Titanit theilnehmen, an die Eklo- 
gite und Hornblendeschiefer; 

4) die Combination von Quarz, Kaliglimmer und Tur- 
malin an die Oordieritgneisse. 


VII. In der Aggregirung der genannten Mine- 
ralien zur Ausfüllungsmasse der Gänge zeigen 
sich folgende Structurformen: 

1) Massige, feinkörnige bis pegmatitische Structur; 

2) stengelige Structur, die stengeligen Individuen reichen 

von Salband zu Salbaud; 

3) stengelige Individuen stossen in einer centralen Ver- 

wachsungsnaht zusammen; 

4) radialstrahlige Structur, die Säulenbündel divergiren 

in der Richtung nach der Medianebene des Ganges; 

5) symmetrisch-lagenförmige Structur, in Folge: 

a. lagenförmigen Wechsels der Textur, 

b. lagenförmig verschiedener Korngrösse, 

c. lagenförmigen Vorwaltens bald des einen, bald 
des anderen Gemengtheils, 

d. lagenförmiger totaler Substanzverschiedenheit; 

6) concentrisch-Jagenförmige Structur; 

7) geschlossen-drusenförmige Structur; 

8) zellig-drusige Structur; 

9) nicht geschchlossen-spaltenförmige Structur; 

10) aus einzelnen oder der Mehrzahl der genannten Structur- 
formen combinirte Gangstructur. 


VIN. Die Ausfüllungsmasse dieser grani- 
tischen Gänge hat sich analog jedem erzführenden 
Mineralgange durch Ausscheidung aus wässerigen 
Lösungen gebildet, denn 

1) gestatten die Strueturformen dieser Gänge keine an- 
dere Deutung. Bald zwingen sich die an den Salbändern 


anschiessenden Mineralien dadurch, dass sie sich gegenseitig 


- in ihrer normalen Ausdehnung in die Breite binderten, zu 
unverhältnissmässiger Entwicklung in die Länge, also zu sten- 
geligen Formen. Dieselben mussen bei fortdauernder Zufuhr 
der mineralischen Lösung in der Mitte gegen einander stossen 
und bilden dann hier, ohne miteinander zu verwachsen, eine 
centrale Naht (also stengelige Structur mit centraler Naht). 
Zuweilen aber hörte der Zufluss der Lösung auf, ehe die von 
beiden Salbändern aus aufeinander zu wachsenden Mineral- 
individuen zu gegenseitiger Berührung gelangten und lassen 
dann eine von den Krystallenden der granitischen Bestand- 
theile gebildete Drusenspalte offen, — oder es ändert sich 
die substantielle Beschaffenheit der Mineralsolution, dann wird 
die centrale Drusenspalte von einer anders beschaffenen Mineral- 
masse ausgefüllt, in welche die Kıystallenden der bisherigen 
Centraldruse hineinragen, es entsteht die geschlossene Drusen- 
structur (z. B. Fig. 12 u. 24). Die symmetrisch-lagenförmige 
Structur ist nichts Anderes, als eine der Unterlage der sich 
ausscheidenden Bestandtheile parallele, in diesem Falle geneigte 
oder vertikale Schichtung und für Gänge das nämliche Krite- 
rium wässerigen Absatzes, wie für die sedimentären Schichten- 
reihen. Jede Lage entspricht einer periodischen Zuströmung 
von mineralischer Lösung, jeder Wechsel in der Structur und 
in den Gemengtheilen dieser Lagen einer Aenderung der zu- 
fliessenden Lösung. Nur als eine Modification der symme- 
trischen ist die concentrisch-lagenförmige Structur aufzufassen; 
— es ist überall das Nebengestein, auf welchem die Gang- 
mineralien anschossen, mochte dasselbe nun seine ebenen 
Spaltenwandungen oder in den Spaltenraum hineinragende, 
sich später losziehende Ecken als Basis für die Krystallbildung 
bieten. Hierbei bethätigt sich zuweilen die nämliche Erschei- 
nung, die wir an verletzten künstlichen Krystallen wahrnehmen, 
nämlich die energische Tendenz, die erlittene Verletzung aus- 
zuheilen und deshalb an der betreffenden Stelle besonders reich- 
lich Masse anzuhäaufen. Innerhalb unserer Gangspalten wieder- 
holt sich dieser Vorgang in der Gestalt, dass die von den 
Spalten geschnittenen Glimmerblättchen als Ausgangspunkte 
für eine neue Glimmerbildung dienten, also nach langem Zu- 
stande der Ruhe in den aufgerissenen, mit mineralischen Lö- 
sungen angefüllten Spaltenraum hinein fortzuwachsen begannen. 


217 


Aehnlich wie die erwähnten, nur an den Salbändern mit 
einer granitischen Krystallkruste bedeckten Spalten, reprä- 
sentiren sowohl die zahlreichen mit kleineren oder grösseren 
Mediandrusen versehenen, wie jene zellig-drusigen Gänge eine 
noch nicht abgeschlossene, mehr oder weniger unfertige Gang- 


bildung. Jede dieser Krystalldrusen stellt die Wachsthums- 


fläche einer Granitpartie vor, — ihre Krystalle sind nichts als 
die noch freien, vorgeschobenen Enden der weiter hinten zu 
granitischem Aggregat verbundenen Gesteinsbestandtheile, sie 
sind nichts als die granitischen Keime, welche in die nährende 
Mineralsolution der Drusen- und Spaltenräume eindringen. 
Werden letztere in Folge des nach Innen vorschreitenden 
Wachsthums so eng, dass die am weitesten vorgeschobenen 
Krystalle auf solche der gegenüber liegenden Seite stossen, 
so werden sie in ihrem Fortwachsen gehindert und erhalten 
abnormale Endausbildung, so z. B. die Quarze ‚‚basische‘‘ oder 
schräge Endflächen. Die sämmtlichen, oben aufgeführten 
Structurformen der granitischen Gänge weisen demnach darauf 
hin, dass letztere nur als Producte einer allmäligen, von den 
Spaltenwandungen aus vor sich gehenden Ausscheidung aus 
wässeriger Lösung betrachtet werden können. 

2) Reste dieser letzieren sind uns in Form zahlloser 


Flüssigkeitseinschlüsse innerhalb der Bestandtheile der gra- 


nitischen Gänge überliefert worden. Der nicht unubliche Schluss: 
„der Granit ist reieh an Flüssigkeitseinschlüssen, folglich sind 
bei seiner Eruption Wasserdämpfe oder überhitzte Wasser be- 
theiligt gewesen“, dieser Schluss ist durchaus ungerechtfertigt, 
so lange nicht auch Reste des Schmelzflusses, also Glaseier 
und glasige Zwischendrängungsmasse nachgewiesen werden, 
was bis jetzt noch nicht der Fall gewesen ist. Für unsere 
Gange lasst sich nur die Gegenwart von Wasser bei deren 
Entstehung beweisen. | 

3) Zugleich aber ist durch anderweitige Einzelvorkommen 
von fast sämmtlichen Bestandtheilen der granitischen Gänge 
des sächsischen Granulitgebirges constatirt, dass sie sich in 
der That aus wässerigen Lösungen auszuscheiden im Stande 
sind, — haben sich doch z. B. die Porphyrgerölle des Kohlen- 
conglomerats von Euba mit einer Kruste der Hauptbestand- 
theile des Granits, also von Orthoklas, Quarz und etwas 


- Glimmer bedeckt, 


218 


IX. Das mineralische Material unserer grani- | 
tischen Gänge stammt nicht von aus der Teufe 
empordringenden, vielleicht sogar heissen Mi- 
neralquellen, sondern von partieller Zersetzung 
und Auslaugung des Nebengesteins durch sich all- 
mälig zu Mineralsolution umgestaltende Sicker- 
"wasser; und zwar aus folgenden Gründen: 

1) Viele der granitischen Gänge keilen sich nach unten, 
oder wenn sie schwebende Lage besitzen, beiderseitig aus, 
stehen also mit Quellcanälen in keiner Verbindung. 

2) Viele der granitischen Gänge (z. B. Fig. 26) schmiegen 
sich an die Verwitterungsformen ihres Nebengesteins an, neh- 
men also Räume ein, deren Entstehung mit der theilweisen 
Zerstörung des Nebengesteins verknüpft war. 

3) Einzelne der beschriebenen Gänge sind grossartige 
Wiederholungen der an den individuellen Bestandtheilen des 
Nebengesteins vor sich gehenden Pseudomorphosen. So wan- 
deln sich die Cordieritkörner des Cordieritgneisses von Lun- 
zenau durch Aufnahme des von der Zersetzung des Orthoklases 
herruhrenden kieselsauren Kalis in Kaliglimmer um, wobei 
gleichzeitig Eisenoxydhydrat und Kieselsäure ausgeschieden 
werden und Magnesiacarbonat entführt wird. Wie an Stelle 
der durch Zersetzung theilweise entfernten Orthoklas- und 
Cordieritindividuen, so haben sich die Producte des pseudo- 
morphosirenden Processes auch in den das Gestein durch- 
ziehenden Spalten angesiedelt und bilden jetzt Gänge von Kali- 
glimmer, Quarz und Eisenoxyd, Ferner wissen wir, dass aus 
natronhaltigem Orthoklas albitische Substanz ausgelaugt, der 
übrig bleibende reine Kalifeldspath aber in Kaliglimmer und 
Quarz umgewandelt werden kann. Die aus dieser Metamor- 
phosirung resultirenden Mineralsubstanzen können aber auch 
‘eine etwas grössere Ortsveränderung vornehmen, Spaltenräu- 
men zugeführt werden, diese allmälig ausfüllen und zu Gängen 
von Albit, Kaliglimmer und Quarz umgestalten. 

4) Jede als selbstständiges Glied des Granulitgebirges 
auftretende Gesteinsart hat im Allgemeinen ihre besonderen 
Gangformationen: 

der normale und glimmerführende Granulit: echte 

Granit- und Pegmatitgänge, sowie Quarzgänge mit Ortho- 

klaseinsprenglingen ; 


CR 


219 
der Augitschiefer: an Magnesiaglimmer und Oligoklas 


\ sehr reichen Granit; 
der Eklogit: Epidot, Titanit, Zirkon haltigen Syenit- - 


granit; 

der Hornblendeschiefer: Epidot, Granat, Kalkspath- 
gange; 

der Cordieritgneiss: Quarz, Kaliglimmer, Turmalin- 
gänge; 


der Glimmerschiefer: Quarzgänge. 
Ausnahmen sind selten und lassen sich meist auf eine 
locale Ursache zurückführen. Dahingegen ist nicht ein ein- 
ziger Fall beobachtet worden, wo Gänge einer Mineralcombi- 
nation von solchen einer anderen durchsetzt werden. 

5) Der mineralische Inhalt der Gangspalten steht in 
einem gewissen Äbhängigkeitsverhältniss zu der chemischen 
Zusammensetzung des Nebengesteins: 

Der Kalireichthum , der geringere Natrongehalt , die 
Magnesia- und Kalkarmuth des Granulits finden darin ihren 
Ausdruck, dass die Hauptbestandtheile der in ihnen auf- 
setzenden Gänge Kalifeldspath und Kaliglimmer sind, während 
Natronfeldspath und 2 bis 4 pCt. Natron haltiger Perthit, in 
vielen Fällen auch Magnesiaglimmer, zurücktreten und endlich 
Kalkmineralien wie Hornblende und Epidot gar nicht, andere 
wie Granat und Kalkspath nur in seltenen und geringfügigen 
Mengen vorkommen. 

Dahingegen sind die Plagioklas- Augitschiefer verhältniss- 
mässig reich an Natron, sehr reich an Magnesia, aber arm 
an Kali, deshalb enthalten auch die in ihnen aufsetzenden 
Gänge im Gegensatz zu denen des Granulits sehr viel Magnesia- 
glimmer, viel Plagioklas, weit weniger Orthoklas und gar keinen 
Kaliglimmer. 

Ferner beträgt bei den Eklogiten der Gehalt an Magnesia 
7 bis 8 pCt., an Kalk 10 bis 13 pCt. und ebensoviel der- 
jenige an Eisenoxyden, deshalb führen seine Gänge die Kalk- 
Eisen-Mineralien Hornblende, Epidot, Granat und Titanit, 

In ähnlicher Weise wiederholt sich der Reichthum der 
Hornblendeschieferr an Kalkerde und Eisenoxyden in den 
eisenkiesführenden Epidot, Granat, Hornblende, Kalkspath, 
Titanit-Trumern, welche dieselben durchziehen. 

Aus dem Obigen (sub VIII. und IX.) ergiebt sich, dass 


220 


die granitischen Gänge des sächsischen Granulitgebirges Aus- 


scheidungen aus wässerigen, dem Nebengestein entstammenden 
Mineralsolutionen sind, — ein Resultat, auf welches der 
etwaige Nachweis, dass irgend eine andere Gruppe von Granit- 
gangen eruptiver Entstehung ist, nicht den geringsten Einfluss 
ausüben wird; lag es doch auch uns fern, die aus Beobach- 
tungen im Granulitgebirge gezogenen Schlussfolgerungen auf 
die Genesis der gesammten Granite zu verallgemeinern. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel VI. 
Profile granitischer Gänge. 
Fig. 1. Von der Spaltenwandung losgebrochene Fragmente des 
Nebengesteins in der Gangmasse. Seite 124. 
Fig. 2 u. 3. Keilförmig in die ursprüngliche Gangspalte ragende 
Partieen (a) des Nebengesteins sind losgebrochen und von Gangmasse 
allseitig umschlossen. Seite 124. 


Fig. 4. Das Hangende e des Trumes b ist gerutscht, wodurch 
Gang a an Mächtigkeit gewonnen hat. Oberhalb Rochsburg. Seite 125. 


Fig. 5. Die Schichtenenden des Hangenden einer Gangspalte sind 
nach oben, diejenigen des Liegenden nach unten geschleift. Oberhalb 
Rochsburg. Seite 124. 

Fig. 6. Ein Feldspath führender Quarzgang wird von einem gra- 
nitischen Gange durchsetzt und verworfen. Striegis Thal, Etzdorfer 
Mühle. Seite 126. 

Fig. 7”. Ein granitischer Gang in seiner mittleren Mächtigkeit aus 
einem echten granitischen glimmerreichen Aggregat bestehend, in den 
beiderseitigen Zonen ohne Glimmer. Spinnerei Amerika. Seite 197. 


Fig. 8. Granitischer Gang mit centraler Verwachsungsnaht von den 


Salbändern parallel liegenden Magnesiaglimmer-Tafeln. Unterhalb Penig. 
Seite 189. 

Fig. 9, Granitischer Gang mit stengeliger Structur und Centralnaht 
Beiderseitig Schriftgranit, dessen Stengel rechtwinklig auf den Salbändern 
stehen, in der Centralnaht Kaliglimmer- Tafeln und Turmalin - Säulen. 
Carl’s Eiche unterhalb Penig. Seite 135. 

Fig. 10. Krümmung der hangenden Schichten eines Granittrumes 
nach oben, der liegenden nach unten, combinirt mit Verwerfung; be- 


ix 


221 
sonders deutlich durch die Wechsellagerung glimmerfreier und glimmer- 
reicher Schichten. Lauenhainer Mühle. Seite 129. 

Fig. 11. Granitischer Gang mit seitlichen Zonen von vorwaltendem 
rötblichen Feldspath und Centralzone von weissem Quarz mit schwarzem 
Turmalin. 15 Cm. mächtig. Gegenüber dem Rochsburger Schloss. 
Seite 141. 

Fig. 12. Granitischer Gang mit symmetrisch-lagenförmiger nnd zwar 
geschlossen-drusenförmiger Structur. 2 Cm. mächtig. Unterhalb Wolken- 
burg. Seite 140. 

Fig. 13. Granitischer Gang mit beiderseitiger Zone von dunkel- 
fleischfarbigem, von Quarz durchwachsenem Orthoklas. In der Centralzone 
Nester von schneeweisem Quarz und schwarzem Turmalin. 20 Cm. 
mächtig. Rochsburger Schlosspark. Seite 141. 

Fig. i4. Granitischer Gang mit stengeliger Structur. Lamellen von 
Magnesiaglimmer sind auf den beiderseitigen Spaltenwandungen ange- 


schossen und begegnen sich in der Centralzone. Chemnitzthal unterhalb 


Diethensdorf. Seite 183. 

Fig. 15. Granitischer Gang. Die Lamellen des Gangglimmers bil- 
den die Fortsetzung Jer von der Gangspalte geschnittenen Glimmer- 
schuppen des Nebengesteins. Bei Wolkenburg. Seite 193. 

Fig. 16. Gang mit beiderseitiger granitischer Zone, die breite 
Centralzone aus Quarz mit strahlig - büscheligem Turmalin. 18 Cm. 
mächtig, Oberhalb Göhrener Viaduct, Seite 141. 

Fig. 17. Aehnlicher Gang, nur mit seitlichen Zonen von lichtgelb- 
lichem Orthoklas und Quarz. Unterhalb Wolkenburg. Seite 141. 

Fig. 18. Granitischer Gang ebenfalls mit symmetrisch-lagenförmiger 
Structur, und zwar mit seitlichen Zonen von vorwaltendem Orthoklas, 
Quarz und viel quergestellten Glimmertafeln. Die centrale Zone reiner 
Quarz. 4 Cm. mächtig. Unterhalb Wolkenburg. Seite 140. 

Fig. 19. Granitischer Gang mit symmetrisch-lagenförmiger Structur 
und zwar Zone a = stengeliger Feldspath und Quarz, quer auf Sal- 
band gestellt; b = feinkörniger Granit mit viel schwarzem Glimmer; 
e=a; d=b; e = breite Centralzone mit grossen röthlichen Ortho- 
klasen, weissem Quarz, schwarzem Turmelin, sehr grobkrystallinisch, in 
der Medianebene mit spaltenförmigem Drusenraum. 20 Cm. mächtig. 
Rochsburger Schlossberg. Seite 141. 


Fig. 20. Granitischer Gang mit lagenförmiger Structur und zwar 
beiderseitiger Zone a — hellrother stengeliger Orthoklas mit wenig Quarz; 
b — röthlicher Feldspath, Quarz, grünlicher Glimmer grobkörnig aggre- 
girt; ce = Schriftgranit nach innen zu strahlig; d = Centralzone mit 
weissem Glimmer, Quarz, schwarzem Turmalin, röthlichem Orthoklas; in 
der Medianebene mit spaltenförmigen Drusenräumen. Diese mit „ge- 
sägtem‘ Quarz und grossen Glimmertafeln. 15 Cm. mächtig. Oberhalb 
Markersdorf. Seite 141. 

"Fig. 21. Granitischer Gang am Bahnhofe zu Wittgensdorf mit 
symmetrisch-lagenförmiger Structur und zwar siebenfacher Zonenbildung. 
45 Cm. mächtig. Seite 137. 


ee | 


Fig. 22. Cocardenartige Gangstructur; a = Granulitfragment, um- 
geben zunächst von einer Zone stengeligen Granits, dessen Glimmer- 
blättchen quer auf der Oberfläche der Granulitbruchstücke stehen. Witt- 
gensdorf bei Burgstaedt. Seite 149. 

Fig. 235. Gang von Turmalingranit bei Wolkenburg. 2 Meter 
mächtig. Beiderseitig mit schwarzen Turmalinsäulen, welche sich nach 
der Mitte zu radialstrahlig gruppiren. In der schmalen Centralzone mit. 
Nestern von Lepidolith und bunten, namentlich rosenfarbigen 
Turmalinen. Seite 186. 

Fig. 24. Granitischer Gang im Muldethal unterhalb Amerika. 45 bis 
50 Cm. mächtig, mit symmetrisch-lagenförmiger Structur und zwar elf- 
facher Zonenbildung. Seite 138. 

Fig. 25. Pegmatitgang oberhalb Rochsburg. 1,3 M. mächtig, mit 
combinirt - symmetrisch-lagenförmiger und strahlig-stengeliger Structur. 
a — Schriftgranit; b — röthlicher Orthoklas mit Andalusitbüscheln, 
e = weisser Quarz. Seite 177. 

Fig. 26. Granitische, sehr glimmerreiche Gangsecretionen im block- 
artig verwitterten Augitschiefer von Schweizerthal. Seite 197. 

Fig. 27. Trümer von Zirkon und Titanit führendem Syenitgranit 
im zersetzten Eklogit hinter der „Erholung“ bei Waldheim. Seite 203. 

Fig. 28 a und b. Querschnitte durch Kernkrystalle von schwarzem 
Turmalin und weissem Quarz, aus dem Turmalingranitgang bei Wolken- 
burg. Seite 180. 

Fig. 29. Schematische Darstellung zweier Quarze mit treppenför- 
migem Aufbau. Aus einem Quarz - Orthoklas - Gang bei Rochsburg. 
Seite 115. 


et 
Din; PN 


223 


Inhalt. 


Einleitende Br kme 


. Gänge von Quarz, Kaliglimmer Tarmajın im Corden- 


gneiss von Lunzenau . : ER 
Gänge von Quarz mit Orthoklas a el 


2. 

3. Gänge von Albit, Kaliglimmer und Quarz im Geaauli 

4. Granitische Gänge im Gramulit. . .. . .... 

5. Gänge von Pegmatit . . . Ne 

6. Gang von Turmalingranit mit bien a alinen - : 

7. Granitische Gangausscheidungen im Augitschiefer von 
Schweizerthal. . . . er 

&. Gänge von Aukonfhrendem antrat im Bilser?, von 
Waldheim . . . ER SE 


Abyklanuno. der, LakeL VII. 2 ...... 20.0025 


. Granat und Epidot Führerids Onat'! old ne im 


Hornblendeschiefer von Thierbach 
Gedrängter Rückblick. . 


Seite, 


104 


104 
113 
120 
122 
157 
180 


194 
202 
207 


209 
220 


b. Briefliche Mittheilungen. 


—_ 


1. Herr F. Hıreennporr an Herrn E. von MARTENS. 


Toiko (Japan), den 23. November 1874, 


Aus einer Aprilnummer des Naturforschers ersehe ich 
etwas spät, dass Herr Prof. F. SAnDBERGER in den Verhand- 
lungen der physik.- medic. Gesellschaft zu Würzburg N. F. 
Bd. 5 eine Revision meiner Untersuchungen über den Planorbis 
multiformis von Steinheim, die er an Ort und Stelle unternahm, 
veröffentlicht hat, und dass er zu ganz anderen Ansichten als 
den von mir ausgesprochenen gelangt ist. Zu einem gleichen 
Resultat, theilt er mit, sei auch Herr Prof. Hyatt in Boston 
gekommen und die Herren Professoren Leypie und WEISSMANN 
hätten sich durch das von ihm gesammelte Material von der 
Unhaltbarkeit meiner Ansichten überzeugt. Der Hauptdifferenz- 
punkt ist offenbar, ob die einzelnen von mir beschriebenen 
Formen nach Schichten gesondert sind oder nicht, insbesondere, 
ob schon in den Discoideus - Schichten Pl. multif. trochiformis 
zu finden ist, oder mit anderen Worten, ob es wirkliche Dis- 
coideus-Schichten giebt. Herr SAnDBERGER hat beide Varietäten 
stets vermischt gefunden und leugnet eine Scheidung der 
Schichten nach diesen Varietäten mit grosser Entschiedenheit. 

Wie in meiner Abhandlung (Monatsber d. königl. preuss. 
Akad. d. Wiss. 1866 pag. 480) zu lesen, habe ich in einem 
einzigen Profil 27 deutlich unterschiedene Lagen in einer 
Gesammtstärke von 10’, im einzelnen von 1” bis 42” stark, 
beobachtet und über ihre petrographischen Verhältnisse und 
ihre Mächtigkeit genauere Angaben gemacht. In allen diesen 
27 Schichten habe ich nie einen einzigen Pl. multif. trochiformis 
gefunden, trotzdem dass ich die Wichtigkeit dieses Punktes 


E 


ARE. Da 5 Maas: BL HETR  t 


235 


von vornherein erkannt und ihn von Anfang an im Auge ge- 
habt habe. Ein Irrthum hierin oder ein Uebersehen ist bei 
der leichten Unterscheidbarkeit und der Grösse der betreffenden 
Formen undenkbar. Auch die Lagerung war durch die zwischen 


‚die Sandschichten geschobenen Kalkbänke völlig klar. Da ich 


nun etwa 2 Monate in den Sandgruben gesteckt habe und fast 
Tag für Tag diese Schichten, die durch das stetige Wegführen 
des Sandes immer erneute Profil-Öberflächen zeigten, beob- 
achten konnte, so habe ich viele tausend Exemplare des Pl. 
multif. discoideus darin in situ gesehen und auch Tausende in 
sorgfältiger Weise für spätere Beobachtung gesammelt, jedoch 
nie darunter ein einziges Stuck der kegelförmigen Varietät 
angetroffen. Die zweite Grube am östlichen Abhange lieferte 
einen ganz gleichen Befund. In jeder Sulcatus - Schicht oder 
in einer Tenuis-Schicht fehlte der irochiformis ebenfalls absolut. 
Es konnte mir daher ebenfalls ganz unbegreiflich sein, wie 
Herr SAnDBERGER finden kann, dass in den tiefsten Bänken 
schen alle (?) Formen meiner Hauptreihe nebeneinander 
liegen. Wie es scheint, hat Herr SANDBERGER auch keine 
Oxystomus - Lage, d. h. eine ausschliesslich oder doch fast 
ausschliesslich mit oxystomus gefüllte Schicht ohne irgendwie 
wesentliche Beimischung von trochiformis oder discoideus sehen 
können, und auch die Tenuis - Zone ist ihm unbekannt ge- 
blieben. 

Was folgt nun aus diesen Widersprüchen? Ich denke 
einfach das, dass Herr SAnDBERGER ein anderes Material unter- 
sucht hat, als ich. Und dies ist mir auch von vornherein 
höchst wahrscheinlich. Ich selbst habe während meiner Ar- 
beiten den Verlust verschiedener Schichten zu beklagen gehabt; 
so z. B. war die Schicht mit dem Pl, multif. denudatus schon 
zu meiner Zeit völlig verschwunden. Eine einzige Düte Sand 
hatte mir 1862 wenigstens 20 Stücke dieser Form geliefert, 
die einzigen Exemplare die ich erhalten habe; später habe 
ich trotz wochenlanger Bemuhung nie ein einziges Stück wie- 
der erlangen können. — Die ganze Ablagerung ist wenig aus- 
gedehnt; dabei bezieht nicht nur Steinheim, sondern die ganze 
Umgegend ihren Sand zum Mauern und zu anderem Bedarf 
von der berühmten Fundstelle. Seit 10 Jahren dürfte sich 
daher sehr viel geändert haben. Meiner Ansicht nach, so viel 
ich vorläufig beurtheilen kann, hat Herr SAnpDBERGER nur noch 

Zeits. d.D.geol. Ges. XXVIL ı. 15 


226 


Trochiformis - Schichten und die von ua (pag. 496) geschil- 
derte „Schutt-Schicht“, eine secundäre Bildung, oder vielleicht 
gar nur die letzte allein, einer Untersuchung unterwerfen kön- 
nen oder doch unterworfen. Dann würden unsere Angaben 
ganz in Uebereinstimmung sein. 

Ich muss allerdings gestehen, dass diese Losung der 
Disharmonie eine so einfache ist, dass sie auch von den 
Herren SANDBERGER und Hyarr hätte gefunden werden können; 
ich werde daher auf jeden Fall, wenn ich nach Deutschland 
zurückgekehrt bin, durch eine erneute Untersuchung in Stein- 
heim selbst eine Aufklärung zu geben mich bemühen. In- 
zwischen verweise ich auf eine Stelle in meines Freundes, des. 
Herrn Prof. Frass, Werk „Vor der Sundfluth“, wo er mit- 
theilt, dass er (unabhängig von mir) die Sonderung der Formeu 
nach Tiefezonen gleichfalls aufgefunden. Ausserdem müssen 
sich in verschiedenen Sammlungen Proben der Kalkplatten mit 
Pl, multif. discoideus befinden, sowie die thonigen Platten mit 
Fischen, die häufig der Sulcatus-Zone entstammen. Daran 
wird sich jeder Zweifler leicht von der Richtigkeit meiner 
Angabe, dass es Sichten ohne trochiformis giebt, überzeugen 
konnen. Auch das von mir im Berliner königl. Petrefacten- 
Cabinet niedergelegte Material muss für den fraglichen Punkt 
ziemlich beweisend sein. 

Entsprechend würde sich dann wohl auch die Stelle des 
Herrn SANDBERGER erledigen: „Es ist mir daher unbegreiflich, 
wie HiLGENDORF aus solchem (d. h. dem von SAnDB. gesam- 
melten) Materiale eine aus angeblich aufeinander folgenden 
Formen bestehende Entwickelungsreihe mit seitlichen Ausläufern 
hat construiren können.* Ich habe eben nicht „solches* Ma- 
terial gehabt. 

Die anderen Susswasserschnecken anlangend, so habe ich 
über die Limnaeen ausführlicher berichtet (Sitzungsber. d. 
Ges. naturf. Freunde, Berlin, 16. April 1867). Es findet sich 
keine ähnliche ausgesprochene Entwickelung im Laufe der Zeit 
wie bei dem Planorbis; dagegen wird sich aus meinem Ma- 
terial für die sogen. Paludina globulus vielleicht der Nachweis 
einer derartigen Umgestaltung führen lassen. Ich habe zu 
dieser Untersuchung sowie zu der der mikroskopischen Krebs- 
schalen noch nicht Zeit gefunden, und vielleicht wird es durch 
die unglücklichen Verhältnisse der Steinheimer Grube un- 


227 


möglich gemacht werden, je diese wichtige Ergänzung zu 
meinen Untersuchungen zu liefern. Darüber, dass die Er- 
forschung der letztgenannten beiden Thierreste dringend wun- 
schenswerth, habe ich mich Herrn J. BARRANDE gegenuber iu 
einem Briefe (März 1872) ausgesprochen. — Der Grundriss 
der Grube, wie ich ihn seiner Zeit aufgezeichnet, muss sich 
unter meinen Papieren in Deutschland noch vorfinden, und er 
wird leicht die Stärke der Veränderungen, die in Steinheim 
eingetreten sind, beweisen. 

Dem Interesse und dem anerkennenden Urtheil gegenuber, 
welche meine Arbeit bei namhaften Gelehrten, QUENSTEDT, 
ScHLEIDeN, HAEcKEL, C. Vogt (Lehrb. d. Geologie u. Petre- 
factenkunde),, LEyDieG, Weıssmann und den Herren Gelehrten, 
die mich in Berlin bei der Bearbeitung in freundlichster Weise 
unterstützten, BEYRICH, BRAUN, v. MARTENS, gefunden hat, 
glaube ich die Versicherung schuldig zu sein, dass von einem 
Irrthume meinerseits, wie er vielleicht aus dem Widerspruche 
SANDBERGER’S gefolgert werden könnte, nicht die Rede sein 
kann. Wo in den Lagerungsverhältnissen oder in der Voll- 
ständigkeit der Uebergangsreihen ein Zweifel obwalten konnte, 
da ist dies in genügender Weise von mir selbst zum Ausdruck 
gekommen. 


2. Herr Gortsche an Herrn Beyrich. 


Würzburg, den 19. Februar 1875. 


Erlauben Sie mir, Ihnen kurz über ein Tertiärgeschiebe 
zu berichten, welches durch das Niveau, dem es angehört, 
interessant sein dürfte. Dasselbe stammt aus einer Kiesgrube 
von Eimsbüttel bei Hamburg, befindet sich in Folge dessen 
im Besitze des Hamburger naturw. Museums und ist ein san- 
diger Kalkstein, der ganz von den Steinkernen einer Paludina 
erfüllt ist, in welcher ich, da die Abdrücke scharf genug wa- 
ren, um Guttaperchaabgusse davon zu machen, durch Ver- 
gleichung mit englischen Originalen, welche Herr SANDBREGER 
mir freundlichst zur Verfügung stellte, mit Bestimmtheit die 
echte Paludina lenia Brand sp. (Sanos., „Land- u. Süssw.- 
Conch,“ pag. 267. t. 15. f. 11.) erkannte. Ueberdies enthält 


15 * 


228 


dasselbe noch Melanopsis carinata Sow. (SAanne. pag. 315. t. 20. 
f. 10. u. t. 14. £.19.), Planorbis euomphalus Sow. (Sans. p. 262. 
t. 15. f. 22.), Limnaeus sp. afl. longiscatus und Unio Solandri 
Sow. (Sans. pag. 262. t. 15. f. 3.). Abgesehen von der Me- 
lanopsis, welche ins Mitteloligocan hinaufreicht, und von dem 
Limnaeus, der keine sichere Bestimmung zuliess, sind die drei 
übrigen Petrefacten auf die Headon-series beschränkt, Unio 
Solandri sogar auf die untere Abtheilung derselben, während 
Planorbis euomphalus und Paludina lenta zwar in allen Niveau’s 


der Headon-series vorkommen, aber in den direct darauf fol- _ 


genden Osborne-Schichten bereits durch andere Formen ersetzt 


sind; denn was bisher — selbst in den „Land- und Süss- 


wasser-Conchylien* — als Pal. lenta von Bembridge, Hemp- 
stead und anderen mitteloligocänen Localitäten figurirte, ist 
nach SANDBERGER’s mündlicher Mittheilung — splendida Lupw. 
Ich stehe deswegen nicht an, dies Geschiebe mit den bra- 
kischen Headon-series zu parallelisiren, welche, trotz der merk- 
würdigen Uebereinstimmung in der Fauna der middle Headon- 
series von Brockenhurst und des belgisch - deutschen Unter- 
oligocäns, welche von KoEnen im Quart. Journ. 1864 pag. 97 
bis 102 und später in Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. 1867 
pag. 29 nachwies, von SADNBREGER, gestützt auf die Lagerungs- 
verhältnisse, noch zum ÖObereocän gerechnet werden. Sei dem 
nun wie ihm wolle, viel wichtiger scheint mir, dass dies Ge- 
schiebe eine Schicht repräsentirt, welche wir bisher in Nord- 
deutschland nicht anstehend kennen. Da sich indessen alle 
übrigen Tertiärgeschiebe unseres Diluviums auf ein Ursprungs- 
gebiet innerhalb der norddeutschen Ebene zurückführen lassen, 
und da ein Transport aus Westen, wie er für unsere basal- 
tischen Geschiebe wohl angenommen werden muss, bei einem 
so leicht zerreiblichen Gestein sehr unwahrscheinlich ist, ist 
vielleicht die Hoffnung nicht unberechtigt, dass wir auch diese 
Schicht noch irgendwo in Norddeutschland auffinden. 


u" 


a 
T 


6. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der Januar - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 6. Januar 1875. 


Vorsitzender: Herr Bryricn. 

Das Protokoll der December - Sitzung wurde vorgelesen 
und genehmigt. 

Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Schriften vor. 


Mit dem Bemerken, dass mit der heutigen Sitzung ein 
neues Geschäftsjahr beginne, forderte der Vorsitzende unter 
Abstattung eines Dankes für das dem Vorstandes von der Ge- 


sellschaft geschenkte Vertrauen zur Neuwahl desselben auf. 


Der Vorsitzende und die beiden Stellvertreter desselben wur- 
den durch Stimmzettel gewählt. Die übrigen Mitglieder des 
Vorstandes wurden durch Acclamation auf Vorschlag eines 
Mitgliedes wiedergewählt. 


Der Vorstand besteht demnach aus folgenden Herren: 
„Herr BeyricH, als Vorsitzender, 
Herr RAMMELSBERG, 
Herr WeBsky, 
Herr Lossen, 
Herr Danuss, 
Herr Weıss, 
Herr BaAuzr, 
Herr HAucHECoRNE, als Archivar, 
Herr Lasarp, als Schatzmeister. 


\ als stellvertretende Vorsitzende, 


als Schriftführer, 


Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 
Herr Bergassessor VIEDEnz von Beuthen i. O.-Schl., 
vorgeschlagen durch die Herren HAuUCHECORNE, 
Lossen und BAUER. 


Herr HAUCHECoRNE legte die von Herrn vom RAta ver- 
fasste und der Gesellschaft eingesandte Erinnerungsschrift an 
Dr. Fr. HsssengBere vor und besprach deren Inhalt. 


Herr Max Buuver legte eine Stufe von Kjerulfin vor, die 
Herr KJErULF in Christiania der Gesellschaft eingesandt hatte. 
Dieses neue Mineral wurde von Herrn Apotheker RopE zu 
Porsgrund in Norwegen benannt, der es bei Bamle auffand 
und eine Probe davon an Herrn vos KoserL in München 
sandte, welcher eine Analyse davon machte, die in den 
Sitzungsberichten der mathematisch - naturwissenschaftlichen 
Klasse der königl. bair. Akademie der Wissenschaften in 
München, 1. März 1873 pag. 106 publieirt ist. Das Mineral 
ist derb und zeigt zwei Blätterbrüche, von denen der eine 
leichter darstellbar ist, als der andere. Beide Blätterbruche 
machen ungefähr 90° mit einander und sind nicht beson- 
ders deutlich. Der Bruch ist splitterig. Der Glanz geht 
etwas in’s Fette, auf dem deutlicheren Blätterbruch in’s Perl- 
mutterartige. Die Farbe ist eine blassrothe oder gelbe, dünne 
Stücke sind durchscheinend.. G=3,15, H=4—5 (diese Be- 
stimmungen nach von KoBELL ].c., nach dessen Angaben beim 
Erwärmen schwache Phosphorescenz mit weissem Schein ein- 
tritt). Vor dem Löthrohr schmilzt der Kjerulfin ziemlich 
leicht, etwa wie der rothe Granät des Zillerthals (3. Grad der 
Kosern’schen Schmelzbarkeitsskala) mit etwas Blasenwerfen 
zu einem kleinblasigen Email. Das feine Pulver wird von 
warmer Salzsäure leicht, von warmer Salpetersäure „etwas we- 
niger leicht aufgelöst. Durch Schwefelsäure erfolgt keine 
vollkommene Lösung, sondern Entwicklung von Flusssäure 
und Abscheidung von schwefelsaurem Kalk. 

Bei der Analyse, bei welcher das Fluor direct bestimmt 
und auf die Bestimmung der Alkalien besondere Aufmerk- 
samkeit werwendet wurde, fand von KoBELL: 


231 


Phosphorsäure '.! . ..... 42,22 
Maanesiar A. 2.) 2 300 
Kal un er 
Natron mit wenig Kali. . . 1,56 
Tluorm ne Sa we ern te 
Kiekelsäure..)..0..: ws a in) A450 
Thonerde und Eisenoxyd . . 95,40 
Spur von Schwefelsaure . . — 


100,02. 


Bei dieser Analyse ist es auffallend, dass kein Ueber- 
schuss vorhanden ist, da ja in der Verbindung offenbar das 
Fl mit einem Theil des Mg etc. vereinigt ist, welcher Theil 
sich erst nachher bei der Zersetzung durch die Analyse mit 
einer dem Fl äquivalenten Menge O verbindet, die vorher 
gar nicht in dem Mineral vorhanden war, die aber doch neben 
dem FI mitgewogen wird und dann bei der Aufstellung der 
Formel mit in der Rechnung berücksichtigt werden muss. 

Sieht man aber davon ab und bedenkt ferner, dass die 
Kieselsäure nebst Eisenoxyd und Thonerde wahrscheinlich als 
Verunreinigung in dem Mineral vorhanden ist, so hat man 
als wahre Zusammensetzung: 


Phosphorsäure. 42,22 
 Magnesia . . 37,00 
Kalk. 3,00 0022.06 
Natron... .00,,190 
Hua cl 7o 


93,12. 


Berechnet man daraus die Menge jedes einzelnen Ele- 
ments, zieht die der Menge des Fl äquivalente Menge O ab 
und reducirt auf 100, so hat man; 


Phosphor '.. . 20,23 
Magnesium . . 24,36 
Caleium.. ı....) 5,93 
Natrium. 7 1497 
Sauerstoff . . 42,96 
Kluore a, 00.019,25 


100,00, 


232 


woraus sich dann weiter die Formel des Minerals berechnen 
lasst. Diese ist: 


2(3 RO. P,O,) + REI,, oder 
2R,P,O, + RFIl,, worin 


R=Mgs, Ca, Na,, und wobei sich die Anzahl der Atome von: 
Mg:Ca:Na, — 54:5:1 


verhält. 
Die Uebereinstimmung von Analyse und Formel zeigt die 
folgende Zusammenstellung: 


Analyse. Formel. 
Phosphor... „20,23 20,93 
Magnesium . . 24,36 23,66 
Calcium, „er 902908 9,80 
Natrium ...02 0.41.20 1,33 
Sauerstoff . . . 42,96 42,39 
Eluor 0... 009,29 6,29 


100,0 100,0. 


Eine bedeutendere Differenz ist nur beim Fluor, wo die 
Formel ca. 1 pÜt mehr giebt. Diese Differenz kann aber 
nicht auffallen, wenn man bedenkt, dass bei der Bestimmung 
des Fluors in der Analyse leicht ein Verlust entsteht. 

Bei Betrachtung der Zusammensetzung des Kjerulfins wird 
man an ein anderes Mineral erinnert, das eine ganz ähnliche 
Zusammensetzung zeigt, namlich an den seltenen Wagnerit 
vom Radelgraben bei Werfen im Salzburgischen, welche Aehn- 
lichkeit auch von Kos (l. c.) hervorhebt. 

Auch von diesem Mineral hat Herr von KoBELL eine neue 
Analyse gemacht, welche in bemerkenswerther Weise von den 
früheren von Nepomuk Fucas und RAMMELSBERG herrührenden 
Analysen abweicht, dadurch, dass sie einen früher nicht an- 
gegebenen Gehalt von Natron (5,21 Na, O) zeigt. Auch hier 
ist der Fluorgehalt direct bestimmt worden. 

Diese Analyse gab (Sitzungsber. der königl. bair. Akad., 
3. Mai 1875 pag. 155): | 


233 


Phosphorsäure . . . . 40,30. 


»Mabnesia.ı. Journ) us 32,78 
Kalk... Su: maso Me 
Natron (mit etwas Kali). 5,12 
Eisenoxydi. a... ..uali.e 28,00 
Thonerde.iv. swwalas. sten: vll 
Bluoelia wenn une 10:00 
Wassers. 2unapaıa.. 4.130050 

100,03. 


Auch diese Analyse giebt also trotz des noch grösseren 
Fluor-Gehalts von 10,00 pCt. keinen Ueberschuss. Betrachtet 
man Eisenoxyd, Thonerde und Wasser als Verunreinigungen 
und berechnet wie oben, so hat man (Reihe I.): 


I. II. III. 
Phosphor . . 20,41 18,51 20,49 
Magnesium . 22,81 24,76 23,98 
Caleium . . 1,86 2,17 2,10 
Natrium . . 4,43 4,99 4,84 
Sauerstoff . . 38,89 38,22 42,31 
Blnasv ....3.4711:60%.211,34 6,28 
100,0 100,0 100,0, 


woraus man die Formel erhält: 


3KRkO0.P,0O, +4 RFI,, oder 
R,P,O, + REI,, worin 
R = Ms, Na,, Ca ud wo sich die Anzahl der Atome von 
Mg:Na,:Ca = 19:2:] 
verhalt. 

Diese Formel giebt die in der Reihe I]. angeführte Zu- 
sammensetzung. Man sieht, dass diese Zahlen nicht unerheb- 
lich von den aus der Analyse entnommenen und in der I. Reihe 
angeführten abweichen. 


Dies legt den Gedanken nahe, ob nicht auch für den 
Wagnerit die für den Kjerulfin oben angenommene Formel: 


2(3RO PO) RHL 


angewendet werden kann, wobei aber die Anzahl der Atome 


234 


von Mg, Na, und Ca in dem beim Wagnerit angegebenen 
Verhältniss stehen. Diese Formel giebt die Zusammensetzung, 
welche in der Reihe III. aufgeführt ist. 

Vergleicht man nun die Zahlen der Reihen II. und II. 
mit den Zahlen der Reihe I., so sieht man, dass bei P die 
zweite Formel eine fast vollkommene Uebereinstimmung mit 
der Analyse zeigt, während die erste eine nicht unerhebliche 
Abweichung (1,90 pCt.) erkennen lässt. Bei Mg zeigt die 
zweite Formel eine Abweichung von 1,17, die erste von 
1,95 pCt., die zweite Formel also eine geringere Abweichung, 
als die erste, wenngleich auch die bei der zweiten Formel 
vorhandene Abweichung schon eine nicht unerhebliche ist. 
Bei Calcium und Natrium stimmen beide Formeln fast gleich - 
gut mit der Analyse überein. Ganz beträchtlich ist aber die 
Abweichung der zweiten Formel von der Analyse im O- und 
Fl-Gehalt (bei Fl: 5,23 pCt.), welche beide in der ersten Formel 
eine fast vollkommene Uebereinstimmung mit der Analyse er- 
kennen lassen. Ich nehme darnach keinen Anstand, mich vor- 
läufig für die erste Formel: 


3 RO. P,O, + RFI,, 


deren Ergebnisse in der Reihe II. dargestellt sind, zu ent- 
scheiden, soweit die vorliegende Analyse einen sicheren Schluss 
erlaubt. Denn wenn auch der Mg-Gehalt der zweiten Formel 
besser mit der Analyse stimmt als der der ersten, so ist doch 
auch für diese noch eine starke Abweichung vorhanden, 
welche auf eine nicht ganz genügende Beschaffenheit der Ana- 
lyse oder des Materials deutet; wenn auch beim P- Gehalt 
dasselbe der Fall ist, so würde doch bei der zweiten Formel 
bei dem FlI-Gehalt eine Differenz sich herausstellen, welche 
gewiss unzulässig ist. Bei der Fl-Bestimmung, die hier direct 
geschah, sind Fehler nicht zu vermeiden, aber 5 pCt. und 
darüber dürfen diese doch wohl nicht betragen. Auch giebt 
die Analyse stets weniger, nie mehr Fl als in Wirklichkeit 
vorhanden ist. Dazu kommt, dass alle Wagnerit - Analysen 
RAMMELSBERG’s ebenfalls den hohen Fl-Gehalt von ca. 10 pCt. 
geben, der also sicher annähernd richtig und eher etwas zu 
klein ist, wie sich auch schon RAMMELSBERG fur die hier an- 
genommene Formel 


3RO.P,O, + RFI, oder R,P,O, + RFEI,, 


iz 
4 aM NE a E v Y 
Eu e 


239 


auf die alle früheren Analysen fuhren, entschieden hat. v. KoBELL 
hat (Sitzungsber. d. kgl. bair. Ak. 1873 pag. 158) die andere, 
mit der Kjerulfinformel übereinstimmende Formel angegeben; 


nach den a. a. OÖ. angegebenen Vergleichungszahlen meint er 


wohl auch die andere hier angenommene Formel. 

Sind die angegebenen Analysen unzweifelhaft und unan- 
tastbar richtig und für die Beurtheilung der vorliegenden Mi- 
neralien genügend, so hat man also für diese beiden folgende 
zwar ähnliche, aber nicht ubereinstimmende Formeln, und 
zwar für: 


Wagnerit: 3 RO. P,O, YREI, od. R, By, ll RI, 
Rjerulin:; 2(3 RO. P,Ö)HREI, od, 2R,P,O, RE), 


Es ist aber doch zu bezweifeln, ob die bis jetzt vorlie- 
genden chemischen Untersuchungen der beiden Stoffe, und 
besonders des Kjerulfin zur Aufstellung von definitiven For- 
meln hinreichen, vielmehr erscheint es gar nicht unmöglich, 
dass sich eines Tages für beide Mineralien dieselbe Formel 
herausstellt und dass dann beide unter dem älteren Namen 
„Wagnerit* vereinigt werden müssen, wenn nicht bedeutende 
Unterschiede im Verhältniss von Mg: Ca:Na doch die Tren- 
nung beider wüunschenswerth machen sollten. Für die Gleich- 
heit der beiden Stoffe spricht jedenfalls das specifische Gewicht, 
das bei beiden gleich ist. Für Wagnerit ist G = 3,0-—3,15, 
für Kjerulfin G = 3,15. Dagegen ist in der Härte ein kleiner 
Unterschied; für Wagnerit H = 9—95,5, für Kjerulfin = 4—5. 

Es kann somit über die Verschiedenheit oder Identität der 
genannten beiden Mineralien nicht definitiv entschieden wer- 
den, ehe nicht neue Analysen die Zusammensetzung beider 
vollkommen klar gelegt haben. Vielleicht hilft auch der Zufall 
zur Lösung dieser Frage, indem er gut messbare Krystalle 
von Kjerulfin, der bisher bloss in derben Massen vorgekommen 
ist, den Mineralogen in die Hände spielt, die dann mit den 
Wagneritkrystallen verglichen werden können. 

Mit dem Kjerulfin zusammen kommt ein anderes interes- 
santes Mineral vor, namlich ein Feldspath. Dieser findet sich 
in ziemlich grossen derben Stücken, ist graulichweiss, an der 
Oberfläche mit einer grünen Schicht bedeckt und hat auf dem 
Hauptblätterbruch P sehr deutlich die Zwillingsstreifung der 
triklinen Feldspäthe. Nach von KoseuL und Hawes (siehe 


236 


unten) ist PM = 4°. H=6, G = 2,64. Das Mineral 


phosphorescirt beim Erwärmen mit weisslichem Licht. Vor 
dem Löthrohr schmilzt es ruhig wie der rothe Granat 


(3. Schmelzgrad der vos KogeLr’schen Skala) zu einem durch- 


scheinenden Glase und wird von Säuren nicht angegriffen: 
Die Analyse ergab folgendes Resultat: 


Kesleme 60.07 
Thonerde. . . 15,80 


Magnesia. . . 8,00 
Natron . . . 6,80 (mit einer Spur von K,O) 
Wasser! 2 46 143.70 

99,87. 


Dieser Feldspath zeichnet sich darnach durch einen be- 
deutenden Mg- Gehalt aus, neben welchem das sonst in den 
triklinen Feldspäthen das Na begleitende Ca vollständig fehlt. 
Ein kleiner Mg-Gehalt ist auch sonst den Feldspäthen nicht 
fremd, er tritt aber gegen den Ca-Gehalt doch stets sehr 
zurück. Wir hätten es also hier mit einem ganz neuen und 
sehr interessanten Glied der so zahlreichen Feldspathgruppe 
zu thun, das der Entdecker, Herr von KoBELL, mit dem Na- 
men „Tschermakit‘* belegt hat. 

Geht man näher auf obige Analyse ein und sucht den 
vorliegenden Feldspath nach der TscHermaX'schen Theorie 
als eine isomorphe Mischung zweier Glieder, eines Na - hal- 
tigen (Albit) und eines Mg-haltigen zu berechnen, so ist 
zunächst zu sehen, welche Formel dem Na-freien Mg-haltigen 
Glied zukommen wird, das man selbstständig noch nicht kennt. 
Analog dem reinen Barytfeldspath wird es wohl am natur- 
gemässesten sein, anzunehmen, dass auch der reine Magnesia- 
feldspath die allgemeine Formel des Anorthits haben werde. 
Er wäre dann = Mg Al Si, O,. Dann wäre der Tschermakit 
nach der TschermarX'schen Theorie, die bisher sich überall 
bewährt hat: 


j m (Na, AlSi, O,,)I 
\n (Mg AlSi, 0,) \ 


Es lassen sich aber keine zwei Werthe für m und n be- 
stimmen, für die die Formel auch nur annähernd mit der 


237 


Analyse im Einklang wäre, da für das Verhältniss MgO : Na,O, 
wie es die Analyse angiebt, ein viel zu grosser SiO, - Gehalt 
gefunden wurde oder umgekehrt, da der hohe Kieselsäure- 
gehalt einen bedeutend höheren Natrongehalt erfordern würde, 
neben viel weniger Magnesia. 

Ebensowenig erhält man eine Uebereinstimmung zwischen 
der Analyse und der Theorie, wenn man die a priori höchst 
unwahrscheinliche Annahme macht, der Magnesiafeldspath habe 
die dem Albit entsprechende Formel: 


Mg Al Si, O,.: 


Der Umstand nun, dass dieser Feldspath sich in keiner 
Weise der TscHerwmar’schen Theorie fügen will, die sich bis 
jetzt immer als richtig erwiesen hat, wenn auch scheinbare 
Ausnahmen zuweilen vorkamen, führt zu einem gewissen Zwei- 
fel an der Richtigkeit der Ergebnisse der von Kopzın’schen 
Analyse: 

In der That haben auch andere Analysen von der er- 
‚, wähnten ganz abweichende Resultate ergeben. Diese Analysen 
stammen von W. Hawzs (Am. Journ. Se. Arts. III. VII. p. 579 
1874) und von Pısant (Comptes rendus LXXX. 1875) und 
stimmen ganz befriedigend überein, so dass man nicht zweifel- 
haft sein kann, dass der Feldspath, der diesen beiden Analy- 
tikern vorgelegen hat, wirklich die von ihnen angegebene, un- 
abhängig von einander gefundene Zusammensetzung habe. 
Hawes sagt ausdrücklich, dass der von ihm analysirte Feld- 
spath mit Kjerulfin vorkommt, alle die von von Koskıı für 
seinen „Ischermakit* angegebenen Eigenschaften besitze und 
dass er von ihm in grossen reinen Stücken zur Analyse ver- 
wendet worden sei, so dass also an eine Verwechselung der 
Fundorte und des Vorkommens nicht zu denken ist, und auch 
Des ÜCroizEaux, auf dessen Veranlassung Pısanı seine Analyse 
machte, spricht ausdrücklich das Zusammenvorkommen mit 
Kjerulfin in Bamle aus, wie Hawas. 

Die Ergebnisse dieser Analysen sind nun die folgenden: 


238 


I: Il. III. Van: 
 Kieselsäure ... . 66,04 66,05 66,37 66,15 66,06 
Ehanerde >... 1:3 20.835,,20AR 0 22.0 21.15 421,24 
Bisenoxydi,..4..-:..0.29: 028 0,19. — 
Kalk... 1,29: 1,30 41.30 1,33 ,:4 2,78 
Magnesia, jest 171,08 5,098 108 
a 0,2124. 021 -— 0,14. — 
Natron... ea. 10.013,93, 8n,9270 9,84 9,92 
Gluhyerlust.. 0,95. :.0.964.40.10..CH,./0), 0.87 — 
100,23 100,10 101,82 100,71 100,00 
Dpez. Gew......... 3,67 2,60 2,633 


I. und II. Analysen von Hawes; III. von Pısanı; IV. das 
Mittel aus diesen 3 Analysen; V. dieses Mittel nach Weg- 
lassung des Wassers und Umrechnung des FeO,, MsgO und 
K,O in die äquivalenten Mengen von AlIO,, CaO und Na,O, 
auf 100 berechnet. 

Was die Deutung dieser Analysen anbelangt, so sagt 
Hawes (l. e.), dass das Mineral jedenfalls dem Oligoklas nahe 
stehe, wenn es nicht mit dieser Species ident sei, Des CroI- 
ZEAUX erklärte es auf Grund von optischen Erscheinungen für 
Albit, beide machen nicht den Versuch, die Zusammensetzung 
nach TscHERMAR’s Theorie zu berechnen. Führt man dies aus, 
so erhält man nach Bunsen’s Tabelle (Ann. Ch. Pharm. VI. 
Sppl.-Bd. 188) eine Mischung von 1 Gew.-Th. Anorthit mit 
9 Gew.-Th. Albit, und man hat dann zwischen der hieraus 
berechneten Zusammensetzung und der obigen Analyse V. 
folgende Uebereinstimmung: 


Analyse Mischungsformel Differenz 


Kieselsaure . . 66,06 66,01 — 0,05 

Fhonerde: 1.021.923 21,35 — 0,11 

Balken Te 2,01 —+ 0,77 

Natron. u N 0,00 10,63 — 0,71 
100,00 100,00 


Der Feldspath ist also ein echter Oligoklas, der sich 
allerdings der Grenze nach dem Albit hin ziemlich nähert, da 
er 4 Molekule Albit mit 1 Molekul Anorthit gemischt enthält. 
was nach TscHermar’s Annahme die Mischung des natron- 
reichsten Oligoklases ist. Dazu stimmt auch sehr gut das 


Du WET BE NZ 


29 


spec, Gewicht, das im Mittel — 2,64 ist, was dem berechneten 
Gewicht des natronreichsten Oligoklases gerade entspricht und 
was von KoBELL bei seinen Versuchen direct beobachtet hat. 
Des CLoızeaux giebt auch die optischen Verhältnisse dieses 
Feldspaths an, die nach ihm genau dieselben sind wie beim 
Albit. Wegen der Details verweise ich auf Dss CLoIzEAux’s 
Abhandlung, C. r. 1875 Bd. LXXX.*) 

- Es ist also nach Allem dem wohl der Tschermakit aus 
der Reihe der Mineralspecies zu streichen, wie schon von 
vornherein wegen der Widersprüche mit der 'TscHEruar’schen 
Theorie zu erwarten war. Denn jedenfalls ist es sehr un- 
wahrscheinlich, dass zwei chemisch verschiedene, aber ganz 
gleich aussehende trikline Feldspäthe mit dem Kjerulfin zu- 
sammen vorkommen, von denen der eine Tschermakit, der 
andere Oligoklas wäre. Dass die Analysen von Hawus und 
Pısanı richtig sind, folgt aus der Uebereinstimmung derselben 
untereinader und mit der TscHhermar’schen Theorie. Es ist 
also die von KosELL’sche Analyse zu beanstanden, bis weitere 
Aufklärungen darüber vorliegen. 

Ferner folgt, dass es nicht möglich ist, nach den von 
Herrn Des CLoizBaux angegebenen Kennzeichen die verschie- 
denen triklinen Feldspathgruppen, wie sie die TscHErMar’sche 
Theorie annimmt, von einander zu sondern, welch letztere 
Des CrolzEAux allerdings dieser optischen Differenzen wegen 
nicht annehmen will. Da aber die sämmtlichen guten Ana- 
lysen von triklinen Feldspäthen sich nach der Tschermar’schen 
Theorie als isomorphe Mischungen der Endglieder Albit und 
Anortbit berechnen lassen, wie es jetzt Pısani’s und Hawzs’s 
Analysen auf’s Neue bestätigen, so kann man nur schliessen, 
dass eben die von Des ÜnLoizzaux beobachteten optischen 
Unterschiede bei den Gliedern einer isomorphen Mischungs- 
reihe vorkommen können, wie das eben die triklinen Feld- 
spathe sind. Uebrigens sind diese Unterschiede in der Haupt- 


*) Die Resultate der Untersuchungen von Des CLoızwaux wurden 
zwar erst in der Märzsitzung vorgetragen, da aber das Protokoll der 
Januarsitzung noch nicht gedruckt war, so wurden sie hier mit aufge- 
nommen, um die Bemerkungen über den Tschermakit nicht zu zerreissen, 
sondern sie im Zusammenhang zu geben, D. Red. 


20 BEN. 


sache solche, wie sie sogar bei verschiedenen Krystallen einer 
und derselben Mineralspecies vorkommen und können daher 
gegen die Tscuermar’sche Theorie umsoweniger in’s Gewicht 
fallen. Ueberhaupt lässt sich diese rein chemische Frage wohl 
schwerlich auf optischem Wege entscheiden, 

Herr vos RicHTHOFEN gab eine Uebersicht der letzten 
Forschungen des betrauerten Dr. StoLiczka in Ost-Turkestan, 
und hob die Bedeutung hervor, welche diese neuesten und 
zugleich vollkommen zuverlässigen Beobachtungen ın den 
grossartigsten Gebirgsländern der Welt für die Kenntniss des 
Baues von Central- Asien überhaupt haben. Der Vortragende 
resumirte kurz die von ihm in einer früheren Sitzung mitge- _ 
theilten Resultate von StoLiczka’s Reisen vom Indus- Thal 
über den Karakorum und das Kwen - lun - Gebirge nach dem 
grossen Becken von Ost- Turkestan. Es hatte sich dabei 
herausgestellt: ]. dass in dieser ungeheuren Massenanschwel- 
lung eine bestimmte Altersfolge herrscht, indem der Kwen-lun, 
dessen Formationen nicht über die ältesten paläozoischen 
hinausgehen, das älteste ist. Der Karakorum, in welchem die 
alpine Trias repräsentirt ist, im Alter folgt, und der Himalaya, 
dessen Gebirgsbau mit Tertiärschichten am Indus- Thal endet, 
das jüngste Glied und gewissermassen den älteren Gebirgs- 
massen später angewachsen ist; 2) dass die Gesteine in dem 
Becken von Ost-Turkestan von denen des Kwen-lun unab- 
hängig sind. Denn dort beginnt in einem tiefen Niveau die 
Anlagerung der Steinkohlenformation, und in einem noch tie- 
feren das Auftreten von Kreide- Sandsteinen, welche das we- 
sentliche Material zu den Sandmassen der Wüste Takla Makän 
gegeben zu haben scheinen. — Nachdem SToLIczkA mit der 
Expedition von Herrn Forsytt in Kashgar angekommen war, 
unternahm er zunächst mit einigen Herren derselben einen 
Ausflug nach dem Tshatyr-Kul-See im Ti@n-shan-Gebirge, und 
später über die Pamin-Pässe hinweg nach Wakhan am Ober- 
lauf des Amu Darya. Der frühzeitige Tod des ausgezeich- 
neten deutschen Gelehrten hat genauere Berichte über den 
letzteren Ausflug verhindert; aber über denjenigen nach dem 
Tshatyr-Kul sind höchst werthvolle Aufzeichnungen vorhanden. 
Nachdem Redner die von SrtoLiczkA entlang dem Weg beob- 
achtete Gebirgsstructur geschildert hatte, hob er die wesent- 
lichen Ergebnisse unter den folgenden Gesichtspunkten hervor: 


21 


1. Das Vorkommen von Vulcanen jüngster Perioden in 
Tien-shan ist von STOLICZKA mit Sicherheit erwiesen worden. 
HumsoLor hatte dasselbe aus chinesischen Berichten gefolgert 
und stets an seiner Ansicht festgehalten, trotz des energischen 
Widerspruchs, den sie insbesondere durch die russischen For- 
schungsreisenden erfahren hat, und der bis in die neueste Zeit 
häufig wiederholt worden is. Zwischen den Ketten des 
Koktan und des Terek-tagh, der einen Wald von Gipfeln von 
16,000 bis 17,000 Fuss Höhe bildet, ist eine mit erloschenen, 
aber wohlerhaltenen Vulcanen besetzte Hochfläche von un- 
gefahr 12,000 Fuss Höhe. | 

2. Den Antheil, welchen die Triasformation am Gebirgs- 
bau des Tiön-shan nimmt, indem die Koktan - Kette daraus 
besteht. Nach den vorhergehenden Untersuchungen hatte es 
geschienen, als ob Steinkohlenformation das jüngste Gebilde 
in diesem Gebirge sei. 

3. Die Zusammensetzung des südlichen Tiön-shan aus 
Parallelketten, welche von WzS nach OzN gerichtet sind, 
und dadurch in ihrer Richtung von derjenigen des Kwen-lun 
(Wz N — Oz 5) abweichen. Von Kashgar aus verquert man 
bis zum Tshatyr-kul drei solche Ketten (Artush-, Koktan-, 
Terek-tagh-Kette), welche allmalig an Höhe zunehmen, und 
denen als höchste die Hauptkette des Ti@n-shan jenseits des 
Sees folgt. 

4. Das Auftreten jugendlicher Ablagerungen , welche 
STOLICZKA für neogen hält, im Becken von Ost- Turkestan. 
Es sind sehr mächtige Schotterbänke, welche die Anwesenheit 
des Meeres in der centralasiatischen Depression in einer ver- 
haltnissmässig jugendlichen Zeit erweisen und PuUMPELLY’s weiter 
östlich gemachte Beobachtungen ergänzen. 

5. Den Umstand, dass durch alle drei Parallelketten ein 
 Einfallen der jüngeren Schichtgebilde unter die älteren statt- 
findet, welches SToLICZKkA dadurch erklärt, dass das ost-turke- 
stanische Becken sich an der Seite des Tien -shan allmälig 
eingesenkt habe. 

Als ein ferneres Resultat der Untersuchungen von STo- 
LICZKA und seiner Collegen folgert der Vortragende, dass, wie 
schon die Forschungen von FEDSCHENKO und anderer Reisen- 
den in dem Becken des Syr-darya und des Amu-darya schlie- 
ssen liessen, die Ketten, welche die Pamir-Pässe einschliessen, 

Zeits.d. D.geol.Ges. XXVIL. i. 16 


242 


und welche HumsoLpr als ein Meridiangebirge betrachtet und. 
mit dem Namen Bolor-tagh bezeichnet, ganz und gar dem 
System des Ti&n-shan angehören, und dass dasselbe für den 
Hindukush gilt. 

Herr A. SADEBECK sprach zunächst über Resultate, welche 
sich beim Studium der Krystallotektonik des regulären Systems 
ergeben haben. Erläutert wurde der Vortrag durch eine mit 
bekannter Meisterschaft von Herrn Lavz lithographirte Tafel, 
welche für den demnächst zu publieirenden II. Theil der Ele- 
mente der Krystallographie angefertigt wurde. 

Naumann hat in seinem Lehrbuch der reinen und ange- 
wandten Kıystallographie gezeigt, dass sich rein theoretisch die. 
Formen mit einfachen Parameterverhältnissen als Grenzzonen 
soleher mit complicirten Axenabschnitten betrachten lassen. 
Eine nothwendige Folge dieser Erwägung war, dass bei den 
hemiödrischen Formen die mit ihnen zusammen auftretenden 
holoödrischen Formen auch als Grenzgestalten zu betrachten 
sind, mithin nur scheinbar holoödrische Formen und zwar 
solche 1. oder 2. Stellung sind... G. Rose hat zuerst beim 
Boracit nachgewiesen, dass diese Auffassung der holo&drischen 
Formen in hemie@drischen Krystallreihen eine praktische Be- 
deutung hat, indem die scheinbar holo@drischen Formen eine 
verschiedene Oberflächenbeschaffenheit haben, je nachdem sie 
Formen 1. oder 2. Stellung sind; dies Verhalten wurde vom 
Redner beim Kupferkies, Fahlerz und Blende bestätigt, und 
von G. Rose beim Eisenkies. 

Die Unterschiede in der Oberflächenbeschaffenheit beruhen 
auf der Tektonik der Krystalle; daraus folgt, dass auch For- 
men in holoedrischen Krystallreihen derartige Unterschiede 
zeigen müssen, wenn sie Grenzgestalten verschiedener Formen 
sind. Dies bestätigt sich in der Natur vollkommen. Beispiels- 
weise sind die auf den Hexaöderflächen hervortretenden Sub- 
individuen verschiedene, je nachdem das Hexaäder die Grenz- 
gestalt eines Ikositetraäders oder eines Tetrakishexaäders ist. 
Die Hexa@der des Flussspaths und Steinsalzes erweisen sich 
als aufgebaut aus Tetrakishexa@dern, die des Bleiglanzes aus 
Ikositetraödern. Was vom Hexaöder gilt, ist auch beim 
Okta@der und Dodeka&der der Fall. 

Eine genauere Betrachtung der Subindividuen lehrt ferner, 
dass die Flächen gebrochen sind, dass es also im Grunde ge- 


243 

nommen Hexakisokta&der sind und zwar solche, welche 
Wessky vicinale genannt hat. Die vieinalen Hexakisoktaäder 
sind die eigentlichen Grundgestalten der Subindividuen. Sind 
sie nur in Bezug auf eine Kante vicinal, so entstehen Formen, 
welche dem Ikositetra&der, Tetrakishexaäder oder Triakis- 
okta@der im Aussehen ausserordentlich nahe stehen. Aus die- 
sen dreierlei Formen, als Zwischengestalten, bauen sich dann 
die letzten Grenzgestalten, Hexa@der, Oktaäder und Dode- 
ka@der, auf. Durch diese drei Formen sind die dreierlei 
krystallographischen Axen gegeben, nach denen überhaupt, 
wie schon Kxop gezeigt hat, der Aufbau der Krystalle vor 
sich geht. 

Ferner sprach Redner über Zwillingsstreifen beim Eisen- 
glanz. 

In der Einnerung an die mannigfaltigen und schätzbaren 
Beobachtungen, welche &. Ross bei den Vorbereitungen zu 
den Vorlesungen und nach denselben anzudeuten pflegte, theilte 
er mit, dass &. Rose auf diese Streifen beim Eisenglanz 
immer besonderes %ewicht gelegt hatte. Es war dessen Ab- 
sicht, diese Streifen genauer zu bearbeiten und in Folge dessen 
hat er, da er vorläufige Mittheilungen nicht liebte, bei der 
Beschreibung des Eisenglanzes von Beresowsk in seiner Reise 
nach dem Ural derselben keine Erwähnung gethan. Herr 
Bauer hat kürzlich in dieser Zeitschrift die Streifen beschrieben, 
wobei er sagt, dass sie G. Rose nicht erwähnt hat, obgleich 
sie ausserordentlich deutlich wahrzunehmen sind. Der Grund, 
warum G. Ross dies nicht gethan hat, ist nun leicht aus 
dem Gesagten ersichtlich. Auch beim Titaneisen, von welchem 
BAUER angiebt, dass die Streifen nicht oder jedenfalls nicht 
deutlich wahrzunehmen sind, hat sie G. Rose schon beob- 
achtet und einzelne Krystalle von Snarum in Norwegen lassen 
sie ausserordentlich deutlich wahrnehmen. Schliesslich wurde 
noch erwähnt, dass sie auch bei einem Kıystall von Elba im 
Berliner Museum vorhanden sind. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 

Y. w. 0. 
Berrich. Daues. BAUER. 


16* 


DE I 2 Be ROT ED EEE EB a I a a a 
a Er en a us. 
. f B 4 re Eh gr 
4 2 - ex ”ei FEN T e 
Br E j R ur KANN 


244 


2. Protokoll der Februar - Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 3. Februar 1875. 

Vorsitzender: Herr BeyrıchH. 

Das Protokoll der Januar - Sitzung Marde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder :beigetreten: 

Herr von GELLHORN, königl. Bergmeister in Neustadt- | 
Eberswalde, 
vorgeschlagen durch die Herren Lispie, Be | 
CORNE und DanmEs; 
Herr CarL GoTTscHE aus Altona, z. Z. stud. min. in 
Würzburg, 
vorgeschlagen durch die Herren SANDBERGER, 
A. Streng und A. von KoEnen; 
Herr Gustav PoaLıTz aus Schwenda bei Stolberg (Harz), 
z. Z. stud. min. in Würzburg, 
vorgeschlagen durch die Herren von KoENEN, 
STRENG und Bückıne. 

Herr BeEyrıca verlas eine briefliche Mittheilung von Herrn 
Neumayr in Wien über seine Reise in den griechischen 
Archipel. 

Herr Weıss legte die für die Bibliothek der Gesellschaft 
eingesandten Schriften und Karten vor. 

Herr Leprsıus gab eine Uebersicht über die Schichten der 
Trias und des Jura im Elsass. 

Herr Daumzs legte einige Exemplare von Eophyton Linnea- 
num ToRELL aus den cambrischen Schiefern von Luganäs in 
Westgothbland vor, welche Herr LunperEEN dem hiesigen 
Mineraliencabinet geschenkt hat. — Die von TorELL und 
Lınnarsson behauptete organische Natur dieser Abdrücke ist 
neuerer Zeit durch NATHORST in seinem Aufsatz: Om nägra 
förmodade växtfossilier*) durchaus in Abrede gestellt worden. 
NATHORST führt die auf der Unterseite der Schichten er- 


*) Öfversigt af kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar 1873. 
No. 9. 


245 


scheinenden Erhabenheiten mit längsgestreifter Oberfläche auf 
die Ausfüllung von Vertiefungen zurück; diese sollen durch 
Fucoiden, die durch Fluthen auf dem Strande hingezogen 
werden, hervorgebracht werden. Er erläutert seine Ansicht 
durch mehrere Abbildungen, welche derartige Eindrücke, wie 
er sie an den Küsten beobachtet hat, zur Darstellung bringen. 
Herr LunperBEN, der übrigens die NaruorsT’sche Ansicht 
über Eophyton theilt, richtete nun brieflich an den Vortragen- 
den die Frage, ob demselben auch aus anderen Formationen 
derartige Eophyton-ähnliche Dinge bekannt seien, denn selbst- 
verständlich müssten sich, die Richtigkeit der NArTHorsT’schen 
Behauptungen vorausgesetzt, überall derartige Abdrücke, resp. 
Ausgusse derselben bilden, wo dieselben petrographischen Ver- 
hältnisse, nämlich ein Wechsel von sandigen Schiefern und 
Letten, vorhanden seien. Es lag nun nahe, derartige Gebilde 
im bunten Sandstein aufzusuchen, und in der That besitzt die 
Sammlung der hiesigen Bergakademie mehrere Stücke aus der 
oberen Abtheilung des bunten Sandsteins, welche mit Erhaben- 
heiten bedeckt sind, die durchaus mit Eophyton ident sind. 
Der i. J. 1865 mit der geologischen Kartirung der Gegend von 
Artern beauftragte, leider verstorbene Bergassessor GIEBELHAUSEN 
hat in dem Steinbruche nahe bei der sogen. „Kneipe* an der 
Strasse zwischen Bottendorf und Ziegelrode, östlich von Artern, 
in den oberen Lagen des unteren bunten Sandsteins Stücke 
gesammelt, welche von Eophyton ununterscheidbare Erhaben- 
heiten tragen. Auf der Schichtfläche der dünnschiefrigen Sand- 
steine liegen ca. 60 Mm. lange, 10 Mm. breite Erhabenheiten 
mit Längsstreifen, von denen der Streifen zunächst dem einen 
Rande der stärkste ist, während die anderen schwächeren 
unter sich beinahe gleich sind. Dieselben stimmen gut mit 
Torerr’s Abbildungen von Eophyton und ebenso mit der von 
NarHorst (l. c. t. XVI. f. 6) veranschaulichten Fucoidenspur 
im Strandsande, natürlich als Ausguss des letzteren. Dadurch, 
dass sich nun auch in der Trias derartige sogen. Eophyton 
gefunden haben, gewinnt die NarHorsr’sche Behauptung noch 
mehr Boden, und die nichtorganische Natur der Eophyton, Pa- 
‚laeochoria, Butotrephis ete. genannten Dinge steht danach wohl 
ausser Zweifel. 

Herr Bauer sprach uber die Krystallform des 
Speisskobalts Folgendes: 


246 


In PogGennporrr’s Ann. Bd. 152 p. 249 1874 erschien eine 
Arbeit von Herrn P. GroTH in Strassburg über die Kıystall- 
form des Speisskobalts (und Chloanthits), die den Verfasser 
zu folgenden Resultaten führten: 1. der Speisskobalt ist py- 
ritoödrisch; 2. die Krystalle des Speisskobalt sind thermo- 
elektrisch theils positiv, theils negativ, wie Eisenkies und 
Kobaltglanz und diese Eigenschaften in Verbindung mit der 
pyrito@drischen Hemi@drie beweisen, dass die erwähnten drei 
Mineralien vollkommen isomorph sind, und dass demnach der 
Speisskobalt die Formel: (Co, Ni, Fe) As, hat. Da sich 
hieraus Folgerungen von gewisser allgemeiner Wichtigkeit 


ergeben, so lohnt es sich der Muhe, diese Sätze und die zur 


Begründung derselben dienenden Beobachtungen etwas näher 
zu prüfen. 

Was zunächst die Krystallform betrifft, so führt GRoTH 
folgende Thatsachen an, welche für die pyrito@drische He- 
mi@drie beweisend sein sollen: Speisskobalt aus dem Kinzig- 
thal zeigt neben Würfel scheinbare Okta@derflächen, welche 
aber aus je drei Facetten zusammengesetzt sind, die sich in 
sehr stumpfen, unsymmetrisch liegenden Kanten schneiden, 
und demnach Flächen eines Diploäders sein sollen. Bei Kıy- 
stallen von Riechelsdorf zeigen die Flachen des Würfels (in 
Combination mit dem Oktaöder) durch Rundung an zwei 
gegenuberliegenden Kanten die Andeutung eines Pentagon- 
dodeka&ders. Unter den Krystallen von Wolkenstein waren 
Würfel, die schöne pentagonaldodekaädrische Streifung zeigten, 
wie häufig die Würfelflächen des Schwefelkieses, welche her- 
rühren von den Flächen zweier Pyrito@der, die nach ungefähren 
Messungen die Ausdrücke: Eu und 2 90 

JI 
Andere Würfel ebendaher zeigen ausser der Streifung eine be- 
trächtliche Rundung an den Kanten, so dass bei Messung 
mittelst des Lichtschimmers während einer längeren Drehung 
fast fortwährend einzelne Flächentheile Licht refleetiren. Das 
Einstellen auf die Schimmermaxima ergab die Pyrito@der 
4 
>] — #, ferner ?, 2, “= und 4, doch sind die Messun- 
gen zu ungenau, um das Auftreten dieser Formen als sicher 
festgestellt erscheinen zu lassen. Unter den Krystallen von 
Schneeberg ist besonders eine flächenreiche Combination, die 


a haben. 


Be 


247 


l. e. t. 5. f. 1. abgebildet ist. Diese zeigt u. a. Flächen des 
Pyrito&@ders | und eines Diplo@ders von unbestimmtem 
Ausdruck. Die Neigung der Flächen des Pyrito@ders gegen 
die des Würfels sind mit dem Anlegegoniometer bestimmt. 
Die Diplo@derfiächen liegen in einer bekannten Zone und 


machen mit den Pyritoöderflächen stumpfe Winkel, aus denen 
8 


sich ungefähr der Ausdruck E nl ergeben dürfte. 


Man sieht also, dass die sämmtlichen angeführten Beob- 
achtungen keine deutlichen und scharf messbaren Formen des 
pyrito@drischen Systems mit völlig klar und unzweideutig be- 
stimmten Ausdrücken ergeben haben, sondern es sind nur 
Flächenkrummungen und Knickungen nebst Streifungen, deren 
Richtungen auf jene Formen zur Noth gedeutet werden können. 
Diese Flächen selbst macheu mit den Würfelflächen sehr 
stumpfe Winkel, und die Messungen, die alle ganz annähernd 
sind, ergeben meist complieirte Ausdrücke, die zum grössten 
Theil nicht sehr wahrscheinlich sind.. Auch die erwähnte 
Figur ist wenig beweisend, da man nicht ersieht, ob es eine 
ideale Zeichnung oder eine getreue Abbildung des betreffenden 
Krystalls sein soll, da sie in einigen nicht unwesentlichen 
Punkten jedenfalls falsch ist. Ehe nicht weitere Beobachtun- 
gen von deutlicheren Formen des pyrito@drischen Systems vor- 
liegen, halte ich die hier beschriebenen für bloss scheinbar 
diesem System angehörige. Betrachtet man nämlich die Speiss- 
kobaltkrystalle, wıe sie z.B. im hiesigen mineralogischen Mu- 
seum in grosser Anzahl vorliegen, so sieht man, dass nur die 
kleinsten davon ebene Flächen und scharfe, gerade Kanten 
besitzen, alle grösseren Krystalle sind Verwachsungen von 
hypoparallelen Subindividuen, und es entstehen dadurch auf 
den Flächen unregelmässige Krummungen und Knickungen. 
Besonders die Würfelflächen sind bei einigermaassen ansehn- 
licheren Krystallen stark gekrümmt und stets ganz matt, 
schuppig und unregelmässig gestreift. Wenn auch die Oktaöder- 
flächen, wo sie nicht sehr ausgedehnt sind, meist glänzender 
und ebener sind, so kniecken und runden sie sich doch auch, 
wenn sie etwas grösser werden und zeigen ebenfalls nicht 
selten unregelmässige Streifungen. Die unebenen Würfelflächen 
zeigen meistens eine Abrundung nach den anderen Würfelflächen 


248 


hin, seltener nach den Oktaäderflächen, und es entstehen da- 
durch oft Formen, die an flache Pyramidenwürfel erinnern, 
Ist die Krummung nach zwei gegenuberliegenden Würfelflächen 
grösser als nach dem anderen Paar von gegenüberliegenden 
Würfelflächen, so entsteht ein scheinbares Pyrito@äder und b&i 
einer Messung in einer solchen Würfelkantenzone kann es nicht 
schwer sein, aus den bei längerer Drehung fast fortwährend 
erscheinenden Lichtreflexen einige Schimmermaxima heraus- 
zugreifen, aus denen sich dann auch immer ein Ausdruck für 
eine solche scheinbare Pyrito@derfläche berechnen lässt. Es 
dürfte sich demnach empfehlen, auch ferner noch vorläufig den 
Speisskobalt für holoädrisch regulär krystallisirt zu halten. 

Dem widerspricht durchaus nicht das thermoelektrische 
Verhalten des Speisskobalts, wie es von GroTH festgestellt 
und oben angegeben worden ist. Zwar sollte es nach den 
interessanten und wichtigen Untersuchungen von G. Rose am 
Schwefelkies und Glanzkobalt, von denen er leider vor seinem 
Tode nur die allgemeinen Resultate, nicht aber die Details 
veröffentlichen konnte, scheinen, als sei allgemein mit diesen 
thermoelektrischen Unterschieden eine krystallographische Dif- 
ferenz in der Art verbunden, dass die Hemieder der einen 
Stellung positiv, die der anderen Stellung negativ sind, aber 
weitere Untersuchungen haben ergeben, dass dies, jedenfalls 
allgemein, nicht richtig ist, denn unzweifelhaft holo&@drische 
Krystalle haben dieselben thermoelektrischen Unterschiede 
ergeben. So hat schon 1865 SıEran nachgewiesen, dass der 
Bleiglanz theils positiv, theils negativ ist, und neuerer Zeit 
haben ScHRAUF und Dana dasselbe vom Glaukodot und Danait, 
Arsenkies, Selenkupferblei und Tesseralkies nachgewiesen, 
ganz abgesehen vom Tetradymit, dessen rhombo&@drische Form 
ja vielfach auch als hemi@drisch gedeutet wird (Sitzungsber. 
der Wiener Akad. 12. März 1874). Alle oben erwähnten 
Mineralien haben noch keine Anzeichen von hemiädrischer 
Ausbildung erkennen lassen, und es folgt somit, dass auch beim 
Speisskobalt das thermoelektricche Verhalten keineswegs noth- 
wendig auf ein hemiädrisches Krystallsystem hinweist. 

Was endlich die chemische Zusammensetzung der unter 
dem Namen „‚Speisskobalt‘‘ hier zusammengefassten Mineralien 
betrifft, so ist es noch zweifelhaft, ob ihnen wirklich allen die 
Formel: RAs, (woR=Co,Ni, Fe, alle in den wechselndsten 


a 
 - - ee 3’ 


249 


Verhältnissen) zukommt. Nach dem Obigen fällt jeder theo- 
retische Zwang zu dieser Annahme weg, da die Glieder der 
Pyritgruppe nicht so zweifellos mit Speisskobalt isomorph 
sind. Die vorhandenen Analysen sind dieser allerdings sehr 
einfachen Formel eher ungünstig, da sie in ihrer Mehrzahl 
mehr oder weniger Arsen ergeben, als die Theorie erfordert, 
und zwar sind diese Unterschiede oft ziemlich beträchtlich. 
Dabei findet sich nicht selten ein kleiner Schwefelgehalt. Die 
z. Th. beträchtlichen Unterschiede in der Menge des vorhan- 
denen Arsens sucht GRroTH durch fremde Beimischungen zu 
erklären, und zwar soll bei arsenarmen Speisskobalten Kupfer- 
nickel (NiAs) oder das angeblich von Kennaotr beobachtete 
Einfach - Arsenkobalt (Co As) beigemengt sein. Der Arsen- 
überschuss soll von einer Beimischung von Tesseralkies 
(Co As,) herrühren. In der That sieht man den Kupfernickel 
häufig in grösserer Menge in dem Speisskobalt eingesprengt, 
und sich durch seine kupferrothe Farbe von dem letzteren 
auch in kleineren Flittern scharf abheben. Es ist aus diesem 
letzten Grunde nicht anzunehmen, dass ein sorgfältiger Che- 
miker grössere Mengen dieses so leicht erkennbaren Erzes mit 
analysirt haben sollte. Kleine Unterschiede mögen aber immer- 
hin eingesprengtem Kupfernickel ihren Ursprung verdanken, 
aber nur bei Ni-haltigen Speisskobalten, bei Ni-freien lässt 
einen der Kupfernickel ganz im Stich, da kommt als Retter 
in der Noth das von KenneorT angegebene Einfach-Arsenkobalt. 
Diese Beobachtung von Einfach - Arsenkobalt (vergl. Viertel- 
jahrsschr. der naturf. Ges., Zurich 1869 pag. 704, und daraus 
beinahe. wörtlich: Jahrbuch 1869 pag. 753) ist aber eine der 
mangelhaftesten, die man sich denken kann, und es fehlt na- 
mentlich eine Analyse; nur das Löthrohr hat bei der hier- 
hergestellten Substanz (die ich für nichts anderes als Speiss- 
kobalt halte, soweit man nach der Beschreibung und Verglei- 
chung mit anderen Stücken urtheilen kanu) Reactionen auf Co 
und As ergeben. Kennoort hat sich auch äusserst verklau- 
sulirt ausgesprochen und hinter „Einfach - Arsenkobalt‘“ ein 
dickes Fragezeichen gesetzt. Das alles hindert aber GRroTH 
nicht, diese Verbindung als wirklich existirend anzunehmen 
und als dem Speisskobalt beigemischt darzustellen, bloss um 
den As-Mangel Ni-freier Speisskobalte durch Verunreinigung 
erklären zu können. Das heisst doch wirklich in mehr als 


250 


kühner Weise Hypothesen auf Hypothesen stellen, um weitere 
Hypothesen zu stützen. 

Aehnlich ist es mit der Einmengung des Tesseralkieses, 
der allerdings an Farbe ete, wenigstens den eisenarmen, minder 
den eisenreichen Speisskobalten gleicht. Der Tesseralkies hat 
sich bis jetzt nur bei Skutterud gefunden, und zwar nicht mit 
Speisskobalt, sondern mit Glanzkobalt zusammen. Es ist also 
eine zum mindesten willkürliche Annahme, ihn als eingesprengt 
in die sämmtlichen arsenreicheren Speisskobalte aller Fundorte 
voraussetzen und dadurch den Ueberschuss an Arsen erklären 
zu wollen, wenngleich bei metallischen Substanzen naturlich 


für vollkommene Reinheit keine Gewähr geleistet werden kann, 


besonders bei den zur Analyse meist verwandten derben 
Massen. Es sind aber doch nicht bloss solche analysirt wor- 
den, sondern auch Krystalle, die man jedenfalls als reiner 
voraussetzen darf, da man häufig beobachtet, dass der die 
derbe Masse durchziehende Kupfernickel nicht oder jedenfalls 
lange nicht so reichlich in die darauf aufsitzenden Krystalle 
hineinreicht, welches Verhalten man wohl auch für die hypo- 
thetisch eingewachsenen unsichtbaren Verunreinigungen Arsen- 
kobalt und Tesseralkies annehmen darf. Um nur beispiels- 
weise eines zu erwähnen, so hat RAMMELSBERG Krystalle von 
Speisskobalt vom Markus Röhling bei Annaberg und von 
Usseglio in Piemont analysirt, und zwar mit der speciellen 
Absicht, die Zusammensetzung dieses Minerals festzustellen, 
so dass man jedenfalls annehmen muss, er habe auf Verun- 
reinigungen scharf und sorgfältig geachtet. Er hat dabei resp. 
76,26 und 76,55 pCt. As gefunden, statt 71,8 pOt., wie die 
Formel RAs, verlangt, eine Differenz, die schon bedeutende 
Mengen von verunreinigender Substanz voraussetzen würde. 

Es zeigt sich somit kein Verhalten des Speisskobalts, 
weder in krystallographischer, noch in physikalischer und 
chemischer Beziehung, was dieses Mineral der Pyritgruppe zu- 
weisen würde, und er wird deshalb wohl zunächst noch ge- 
trennt davon zu halten sein, bis einst bessere Krystalle un- 
zweifelhaft pyritoödrische Formen und weitere Analysen oder 
sonstige Beobachtungen die Richtigkeit der Formel R As, dar- 
gethau haben. Das thermo@lektrische Verhalten kommt dabei 
gar nicht in Betracht. 

Herr Kayser sprach über Versteineruugen, welche Herr 


251 


STELZNER von Südamerika mitgebracht hat, und die der Pri- 
mordialfauna und der Fauna des Untersilur angehören. | 
Herr Lasran legte ein durch Grösse ausgezeichnetes Stuck 
Bernstein vor, welches im Alluvialsand auf dem im Neustettiner 
Kreise gelegenen Gute Buchwald des Banquier von Krause 
gefunden und von diesem der geologischen Landesanstalt als 
Geschenk überwiesen worden ist. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
VE Cw w. 0. 
BEYRICH. WEBSKY. BAUER. 


3. Protokoll der März - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin. den 3. März 1875. 


Vorsitzender: Herr Beyricn. 

Das Protokoll der Februar-Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr Kreisvicar Broxper in Beuthen i. O.-Schl., 
vorgeschlagen durch die Herren Vırpenz, KAYsEr 
und Lossen; 

Herr Dr. von TScHARNER aus Bern, 
vorgeschlagen durch die Herren Bryrich, RoruH 
und Danuss; 

Herr Aucust FRENZEL, Hüttenchemiker in Freiberg i. $., 
vorgeschlagen durch die Herren G. vom Ruara, 
von DscHen und Danuss. 

Der Vorsitzende verlas nachstehendes Schreiben des Herrn 
GöPPERT in Breslau: 

Hochgeehrte Herren! Die freundliche Erinnerung und 
überaus gutigen Glückwünsche, welche Sie Ihrem alten Mit- 
gliede an seiner Promotionsfeier widmen, hat mich sehr 
erfreut, aber auch sehr nachdenklich gemacht über alles das 
Schöne, was Sie von meinen etwaigen Leistungen sagen, 
die, ganz aufrichtig gesprochen, während der Arbeit selbst 
weniger, aber nach der Fertigstellung stets hinter meinen 
Wünschen zurückgeblieben, also sicher von Ihnen als zu 


dr 
y 
» 


252 


nachsichtig beurtheilt worden sind. Empfangen Sie meinen 

herzlichen Dank für diesen Beweis Ihrer Aufmerksamkeit 

und genehmigen Sie den aufrichtigen Wunsch, mich noch 

recht oft in Ihren stets für mich belehrungsreichen Kreisen 

bewegen zu können. Unter hochachtungsvollsten Empfeh- 

lungen ganz ergebenst GÖPPERT. 
Breslau, den 8. Februar 1875. 

Sodann theilte derselbe aus einer brieflichen Mittheilung 
des Herrn v. Fritsch in Halle das Vorkommen einer Cyrena, 
wahrscheinlich consobrina oder fluminalis bei LysıL im Dilu- 
vium von Teutschenthal bei Halle mit und fügte bei, dass 
ihm auch von Bromberg einmal eine Cyrena aus dem Diluvium 
zugekommen sei. 

Derselbe legte dann die eingegangenen Schriften vor und 
besprach besonders das Werk über die geologische Beschaffen- 
heit von Oesterreich von FR. von HAUER. 

Herr JuL. ScHuiDT aus Athen gab eine kurze Uebersicht 
über die Hergänge während der Eruption auf Santorin, 1866 
bis 1872, wobei die Orte der Ausbrüche seit 20 Jahrhunderten 
und die Terrainänderungen während der letzten Eruption durch 
Zeichnungen an der Tafel erläutert wurden. Der alte Ring- 
wall der Insel, in unbekannter Vorzeit entstanden, besteht 
‚ jetzt aus den drei Abtheilungen: Santorin oder Thera, The- 
rasia und der sehr kleinen westlichen Insel Aspronisi. Der 
Schauplatz der bekannten Eruptionen seit dem Jahre 200 
vor Chr. war im Mittelpunkte des alten Kraters, in der Mitte 
des jetzigen Golfes von Santorin, und nur ein sicher bekannter 
submariner Ausbruch ausserhalb des Golfes hat gegen 1650 
stattgefunden. Ungefähr 200 vor Chr. ward die südlichste der 
centralen Kaymenen oder „verbrannten‘“ Inseln gebildet, die 
Paläa Kaymeni; 1570 — 1575 entstand Mikra Kaymeni, die 
nördlichste, und 1707— 1711, zwischen den Vorigen, die Nea 
Kaymeni. Am Süudrande der letzteren haben sich die Eruptio- 
nen von 1866 — 1872 ereignet. Sie begannen zu Ende des 
Januars 1866 mit wenig lebhaften submarinen Erscheinungen, 
Zu Anfang des Februar traten solide, schon sehr abgeküuhlte 
Lavamassen, Blöcke und Trümmer über die Seefläche hervor, 
und zwar in dem kleinen südlichen Hafen, dessen braunes 
Wasser vormals die Eigenschaft hatte, die Kupferbelegung der 
Schiffe zu reinigen. Um diesen kleinen Hafen, besonders an 


253 


der Ostseite, lag die 50 oder 60 Häuser und 2 Kirchen zäh- 
‚lende Ortschaft Vuleano, die jetzt bis auf geringe Trümmer 
gänzlich verschwunden ist. Verlassen ward der Ort von den 
Bewohnern schon am Anfange des Februar 1866, als wegen 
Senkung des Bodens und wegen anderer drohender Erschei- 
nungen es nöthig ward, diese Gegend zu meiden. Der neue 
'Lavahügel im Vulcano-Hafen erhielt den Namen „Georg‘‘; der 
zweite am 13. Februar über See erschienene Hügel, südwestlich 
vom vorigen, ward „Aphro@ssa‘‘ genannt, nach dem Schiffe 
der Athener Commission, welche von der griechischen Regie- 
rung nach Santorin» beordert ward. Bis 19, Februar waren 
alle Erscheinungen ohne lebhaften Charakter. Das Aufsteigen 
der submarinen Lavamassen geschah langsam und ruhig, bei 
mässiger Entwicklung von Wasserdämpfen und mit nur ge- 
ringem Getöse, Nach Maassgabe der Entfernung von der Lava 
fand man das Meer von 80° bis 20° Celsius erhitzt. Ein- 
zelne Explosionen des Georghügels förderten wenig glühende 
Schlacken, Steine und Asche zu Tage, und zwar aus der 
Gipfelregion, welche keinen Krater zeigte. Mit dem 20. Fe- 
bruar begannen die grossen, oft furchtbaren Aschen- und 
Steineruptionen, mehrfach bis 8000 Fuss hoch gemessen, und 
der Vulkan trat nun in die zweite Phase seiner Entwicklung, 
der zu Folge sich ein normaler Aufschüttungskegel mit 30° 
geneigten Flächen bildete, stets ohne eigentlichen Krater, und 
mehr und mehr sich vergrössernd, bis er 1872 mehr als 300 
par. Fuss Höhe erreicht hatte und den ganz ähnlichen Conus 
von 1707 wenig uberragte. Seit 1868 ward oft wahrgenommen, 
wie das Terrain des Gipfels sich abwechselnd hob und senkte, 
wenn die Eruptionen nicht mächtig genug waren, um eine all- 
seitige Sprengung zu bewirken. — Durch den Erguss der sub- 
marinen Lava wurden grosse Strecken des Meeres ausgefüllt, 
und nach fünfjähriger Wirksamkeit waren im Osten, Süden und 
Westen der Nea Kaymeni sehr ausgedehnte rauhe Lavafelder 
über See getreten, deren Ränder schroff gegen die See ab- 
fallen. Da die Ausfüllung des Meeres die Hundertfaden-Linie 
überschritt, und die Seehöhe des sichtbaren Lavagebiets (ab- 
gesehen vom Georg-Conus) gegen 100 Fuss beträgt, so kann 
man die Dicke der Lava im Maximo zu 700 Fuss annehmen. 
Ueber dem Lavaterrain steigt der Georg-Conus noch gegen 


a Be N He N TE El 
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254 


200 Fuss an, lediglich aus Asche, Blöcken und Bimsteinen, _ 


zu sehr geringem Theile aus geflossener Lava bestehend. 

Noch im Herbst 1873 sah man den Gipfel des Georg- 
hugels dampfen, und an ihm, sowie im nahen Meere fand man 
noch hohe Temperaturen. 

Die frühesten Beobachtungen verdankt man dem Dr. med. 
DekIGALA auf Santorin. Am 11. Februar begannen die Mit- 
glieder der Athener Commission ihre Beobachtungen. Später 
kamen die französischen Gelehrten Fouguk und DE VERNEUIL, 


die deutschen Geologen von SEEBACH, REIsSs, STÜBEL und 


von Fritsch. Fovgus besuchte Santorin später nochmals, 
und ebenso war der Vortragende zum zweiten Male auf San- 


torin im Januar 1868. Durch Mittheilungen der Capitäne und | 


Öfficiere von Kriegsschiffen ward die Sammlung von Docu- 
menten über Beobachtungen und Messungen sehr ansehnlich. 
Das jüngst erschienene Werk des Vortragenden, „Vulkanstudien“, 
giebt daruber nähere Kunde. 

Herr Kayser legte ein Exemplar von Goniatites intu- 
mescens von ca. 60 Mm. Durchmesser vor, welches sich in 
einer grossen von der Bergakademie vor Kurzem angekauften 
Sammlung von Eifeler Versteinerungen gefunden hatte. Der 
Erhaltungsart nach kann das Stück — ein aus weisslichem, 
zerreiblichen Dalomit bestehender Steinkeru — wohl nur aus 
den hellfarbigen, z. Th. stark dolomitisirten Mergelkalken 
stammen, welche bei Büdesheim im Hangenden der Stringo- 
cephalenkalke auftreten und sich durch Lagerung und Fauna 
(Spirifer Verneuili, Rhynchonella cuboides, Camarophoria for- 
mosa ete.) als ein Aequivalent der belgischen sogen. Cuboides- 
schichten (Ibergerkalk) erweisen. So viel dem Vortragenden 
bekannt, ist es das erste Mal, dass sich in diesen Schichten 
in der Eifel auch Gon. iniumescens gefunden hat, bekanntlich 
der typische Repräsentant der für die ältere Oberdevon-Fauna 
so bezeichnenden erenaten (oder primordialen) Goniatiten. 

Derselbe Redner legte weiter einen Kleinen, aber sehr 
wobl erhaltenen vererzten Steinkern eines sehr dicken Gonia- 
titen mit überaus weitem und tiefem Nabel und einer mit der 
von Gon. lateseptatus fast genau übereinstimmenden Sutur vor. 
Auch dies Stück war der Akademie mit der vorerwähnten 
Sammlung zugegangen und hatte sich in einer Schachtel mit 
Büdesheimer Goniatiten vorgefunden. Diese Goniatiten kom- 


255 


men bekanntlich in graulichen Mergelschiefern vor, welche im 
Hangenden der oben genannten Cuboideskalke liegen. Sellte 
der in Rede stehende Steinkern in der That aus den Büdes- 
heimer Goniatitenschiefern stammen — wofür die Erhaltungs- 
art allerdings zu sprechen scheint*) — und nicht etwa von 
einer noch unbekannten Eifeler Localität, so wäre derselbe 
von grossem Interesse. Denn während es Regel ist, dass die 
nautilinen Goniatiten nicht über die obere Grenze des Mittel- 
devon hinausgehen, die erenaten aber sich auf das untere 
Oberdevon beschränken, so ist ein Zusammenvorkommen beider 
durchaus ungewöhnlich. Ja, obige Regel hat im grossen 
Ganzen eine so allgemeine Geltung, dass der Vortragende noch 
im vorigen Jahre Angaben, die mit ihr im Widerspruch stehen, 
in Zweifel ziehen zu müssen glaubte. Solcher Angaben sind 
indess nur wenige. Nach den Brüdern SANDBERGER ist Gon. 
subnautilinus bei Madfeld unweit Brilon (nach v. DecHen’s 
Karte das gleiche Niveau wie Nehden) gefunden worden 
(Rhein. Schichtensystem in Nassau pag. 117). Weiter kommen 
nach Herrn v. GRODDECK in der Gegend von Clausthal cerenate 
und nautiline Goniatiten in ein und derselben Schicht vor, 
und neuere, sorgfältige Untersuchungen des Herrn HaLrAr 
scheinen jene Angabe in der That zu bestätigen. Darf nun 
der in Rede stehende kleine Goniatit wirklich als von Büdes- 
heim stammend angesehen werden, so wurden wir bereits drei 
Localitäten haben, wo die im Uebrigen für die Verbreitung 
des Goniatiten im Devon geltende Regel eine Ausnahme 
erleidet. 

Herr K. A. Lossen sprach über eigenthüumliche, theils 
makro- theils mikroskopische Trumer, welche Quarz- und 
Feldspathkrystallkörner in den Porphyroiden des Harz schein- 
bar durchsetzen und ein Mittel an die Hand geben zu der oft 
sehr schwierigen Unterscheidung krystallinischer und klastischer 
Mineralkörner in den Gesteinen, besonders in den normalen 
oder metamorphen Sedimentgesteinen. Diese meist kaum 
l Mm. bis 0,1 Mm. und darunter weiten Trumer bestehen wie 
die erwähnten porphyroidischen Einsprenglinge, aus Quarz und 


*) Dem Material nach könnte der fragliche Steinkern auch von 
Nehden stammen, soweit aber bis jetzt bekannt, kommt dort ein ähn- 
licher Goniatit nicht vor. 


VEN PER TEN  S raa IE SEEN IE RE Er Dia ER TER 
ü r i & jr er " We % fi EUR bu 2 CHE dr. wer Hr AR“, 3 
S ’ 4#3 Se ce ö a 6 a nen ’ 


256 as 


Feldspath. Beim ersten Anblick mit der Lupe oder unter dem 
Mikroskop im gewöhnlichen Licht rufen sie häufig den Ein- 
druck von nachträglich in dem festen Gestein entstandenen 
und wieder ausgefüllten Spältchen hervor, was, abgesehen von 
der trumartigen Form, oft noch besonders darin seinen Grund 
hat, dass ihre Mineralsubstanz klarer ist, als diejenige der 
scheinbar durchsetzten Einsprenglinge. Hiernach könnten diese 
letzteren ebensowohl krystallinischer als klastischer Natur sein, 
Dass dem indessen nicht so sei, dass vielmehr eine genauere 
Untersuchung dafür spricht, sowohl die Substanz der Trümer, 
als die der dem Gestein eingesprengten Körner seien an Ort 


und Stelle in dem nach der Sedimentation in der Verfestigung 


begriffienen Gestein erfolgte Krystallisationsbildungen wesent- 
lich ein und desselben Bildungsprocesses, dafür bringt der 
Redner folgende Gründe bei: 

| l. Spricht dafür der Umstand, dass die Körner wie die 
Trümer aus derselben Mineralsubstanz, Quarz und Feldspath, 
bestehen, und in der Regel, wenn auch nicht stets, ein Trum 
hl der Grenzen eines Quarzkornes Quarz, innerhalb 
eines Feldspathkornes Feldspath enthält. 

2. Ist eine bestimmte Grenze zwischen der Trumsubstanz 
und der Substanz der Körner innerhalb dieser letzteren selbst 
bei starker Vergrösserung und bei verschiedener Klarheit der 
Substanz nicht wahrnehmbar, 

3. Die Verschiedenheit der Klarheit der Substanz an- 
langend, die am meisten die gegentheilige Auffassung befür- 
wortet, so ist hervorzuheben, dass, wenn auch vorzugsweise 
eine klare Bahn innerhalb der Mineralkörner der Fortsetzung 
des Trumes ausserhalb entspricht, meistens sogar ohngefähr 
in gleicher Breite mit diesem letzteren, es dennoch nicht an 
klaren Stellen in den Krystallkörnern auch neben dieser fort- 
gesetzten Richtung oder an unregelmässigen seitlichen Erbrei- 
terungen der klaren Bahn, oder endlich an ganz klaren Kry- 
stallen fehlt, wo also jener Unterschied in der Klarheit ausser 
Betracht fallt. 

4. Die ganz klaren Krystalle rufen denn auch schon beim 
ersten Anblick den Eindruck hervor, als seien sie nur seit- 


liche Erweiterungen des Trums und leiten so unmittelbar auf 


die Vorstellung der einheitlichen Bildung von Krystallkörnern 
und Trümmern hin; dieselbe Auffassung befürworten solche 


wit 


WTIERTN 
Re F 


v oe 
Duo 


257 
Krystalle, in welche von zwei Seiten die zugespitzten Enden 
zweier sich begegnenden, aber in ihrer Richtung nicht genau 
aufeinander treffenden Trumer einmunden und in der Krystall- 
substanz aufgehen. 

5. Weiterhin ist aber auch die Substanz der zumeist 
wasserklaren Trümer keineswegs allerwärts klar, vielmehr an 
einzelnen Stellen ebenso licht bräunlich oder graulich gefärbt, 
wie die meisten Krystallkörner zum grössten Theil. 

6. Ganz besonders aber befürwortet ein bereits an an- 
derer Stelle (cfr. diese Zeitschr. Bd. XXI. pag. 316 — 319, 
wo jedoch die Beschreibung in mancher Hinsicht zu verbessern 
ist) mitgetheiltes Vorkommen die vom Redner vertretene Auf- 
fassung: Es giebt bei Rubeland Porphyroide, welche dunkel- 
grau bis tintenfarbig pigmentirte Quarz- und Orthoklas - Ein- 
sprenglinge neben den helleren Krystallkörnern besitzen und 
in diesen sind auch die bereits makroskopisch deutlich sicht- 
baren Trumer theils klar, theils ebenso dunkel pigmentirt, wie 
die Einsprenglinge und es verhalten sich die dunklen Trumer 
zu den dunklen Krystallen ganz ebenso, wie die klaren Tru- 
mer zu den vollständig klaren Krystallen. Dabei nimmt man 
unter dem Mikroskop deutlich wahr, dass das noch näher zu 
prüfende, höchst wahrscheinlich kohlige und der dunklen 
Substanz in den Couseraniten, Chiastolithen und anderen Mi- 
neralien vergleichbare Pigment, da wo es weniger dicht ver- 
theilt ist, nur eine schwache Bräunung hervorruft, wie sie die 
helleren Krystalle meist, nur in noch geringerem Maasse, zeigen. _ 

7. Zu allen diesen Momenten tritt der wichtige Um- 
stand, dass bei Anwendung von polarisirtem Licht fast an 
allen Stellen, wo ein solches Trum einen Quarz - oder Ortho- 
klaskrystall scheinbar durchsetzt oder in ihm endigt, die Pola- 


 risationsfarbe des Kiystalls und des Trums bei gekreuzten 


Niecols und jeglicher Drehung des Schliffs in seiner Ebene 
durchaus dieselbe ist. Während im polarisirten Licht die 
Trumer da, wo sie die Grundmasse durchlaufen, aus einem 
sehr bunten Mosaik kleinster Kryställchen bestehen, herrscht 
fast stets mit einem Male bei dem Eintritt in das porphyroidische 
Krystallkorn auf die ganze Erstreckung ein und dieselbe Farbe, 
wie schon gesagt, diejenige des scheinbar durchsetzten Kry- 
stalls. Ja man sieht gar nicht selten, dass die Farbe der 
Krystallkörner nicht nur innerhalb des normalen Krystall- 
Zeits.d. D.geol. Ges. XXVLlL i. 3 17 


258 


umrisses constant bleibt. sondern auch daruber hinaus in das 
von Grundmasse umgebene Trum eine kleine Strecke weit 
hinein fortsetzt, so dass der Krystall nach diesem Bilde im 
polarisirten Licht Ausläufer in den Trumweg hineinsendet. 
Bei genauer Beobachtung sieht man denn auch schon bei ge- 
wöhnlichem Licht eine ganz scharfe Grenze da, wo die ein- 
heitliche Farbenerscheinung aufhört, so dass gar kein Zweifel 


sein kann, dass in der That auf dem Trumweg ein einheit- . 


liches Quarz- oder Feldspathindividuum in dem porphyroi- 
dischen Einsprengling mitsammt seinen Ausläufern vorliegt. 
Aus der Summe dieser Gründe, welche einzeln genommen, 


auch die aus den Polarisationserscheinungen hergeleiteten, 
nicht für einen vollgiltigen Beweis zureichend erscheinen kön- 


nen, folgert der Redner im Zusammenhange mit dem geolo- 
gischen Vorkommen der in Rede stehenden Gesteine, dass 
das scheinbare Durchsetzen der Trumer durch die Krystalle 


vielmehr auf einer eigenthümlichen Vertheilung jenes Pigments 


(und vielleicht noch anderer Einschlüusse, wie z. Th. ebenfalls 
pigmentisch dunkel gefärbter Flussigkeitsporen mit beweg- 
licher Libelle) beruhe, wonach jene kleinen Trüumer, die hie 
und da vielmehr ein vielfach in der Grundmasse verästeltes 
und darin capillarisch endigendes Ädernetz, als regelmässige 
Spältchen darstellen, die Hauptzuführungswege bildeten, auf 
denen eine Silicatlösung in dem in Krystallisation begriffenen 
Gestein ceirculirte und die von der verunreinigenden Substanz 
sowohl, als von anderen Einschlussen vielleicht um deswillen 
freier geblieben sind, weil die Bewegung der Lösung deren 
Fixirung nicht gestattete. Nur, wenn das Pigment sehr dicht 
gedrängt eingebettet liegt, erfüllt es gleichmässig die Trümer 
und die grösseren Krystalle, die als seitliche Erweiterungen der 
ersteren, hervorgebracht durch Bildung eines besonders grossen 
' Krystallindividuums, gelten müssen. Wenn übrigens eine Zer- 
spaltung und nachträgliche Ausfullung des festen Gesteins 
zurückgewiesen werden muss, so gilt dies doch nicht in 
gleicher Weise für eine Spaltenbildung, die vor oder unter 
der Verfestigung des Gesteins durch Austrocknen des ursprüng- 
lichen Sediments oder Krystallisationsspannung stattgefunden 
haben mochte und welche dann zum natürlichen Weg für die 
in Circulation begriffenen Lösungen und zum Sitz reinerer 
Krystallisation wurde. Derartige Spältchen mögen denn auch 


259 


grössere Krystalle in statu nascendi zertheilt haben, wonach 
aber unmittelbar darauf die Ausheilung mit zu dem Krystall 
optisch gleichartig oder seltener ungleichartig orientirter Sub- 
stanz erfolgt sein muss. Redner lenkt die Aufmerksamkeit auf 
diese Beobachtungen in der Hoffnung, es werden sich bei sorgfäl- 
tiger weiterer Verfolgung derselben sichere Kriterien zur Unter- 
scheidung krystallinischer und klastischer Gesteinselemente 
finden lassen, auch wenn die äussere Form oder andere 
Umstände kein Mittel zur Unterscheidung an die Hand geben. 
Er ist der Ansicht, dass derartige Trumer gar nicht so selten 
sein werden in allen den Sedimenten, welche nach ihrer Ab- 
lagerung einen, gleichviel ob diagenetischen oder metamor- 
phischen, Krystallisationsprocess erlitten haben, und führt 
dafür an, dass ein zufällig vorliegender Dunnschliff einer . 
Harzer Grauwacke darauf geprüft analoge Erscheinungen dar- 
bot, wonach es den Anschein gewinnt, dass nicht alle Quarz- 
und (?) Feldspathkorner in der Grauwacke klastischer Natur sind. 
Weitere eingehendere Mittheilungen über den Gegenstand sollen 
folgen, 

Derselbe theilte aus einem von Herrn F. Zırkeu in Leipzig 
an,ihn gerichteten Briefe mit, dass dieser unermüdliche Mi- 
kroskopiker in amerikanischen Gesteinen Leueit, ‚‚unendlich 
viel schöner, als ihn das alte Europa gebiert‘“‘, aufgefunden 
habe. | 

Herr Kosmann referirte über einen im Februarhefte der 
Comptes rendus etc. enthaltenen Aufsatz von Des CLoIzEAux 
über die optischen doppelbrechenden Eigenschaften der tri- 
klinen Feldspäthe. Des Croızeaux behauptete, durch die ge- 
nauere Untersuchung dieser Eigenschaften am Albit, Oligoklas, 
Labrador und Anorthit zu Ergebnissen gelangt zu sein, welche 
der vor einigen Jahren aufgestellten Theorie TscHERMAR’s, 
dass die intermediären triklinen Feldspäthe als isomorphe 
Mischungen der Grenztypen, namlich des Albits und Anorthits, 
zu betrachten seien, hinfällig machen. Die optische Mittel- 
linie des Albits ist positiv, die Axenzerstreuung ergiebt p<v, 
und ergiebt sich gleiches für den Anorthit, wenngleich die 
Orientation der Axenebene des letzteren keine so bestimmte, 
wie an ersterem und ebenso wie am Oligoklas und Labrador. 
Die Bestimmung der positiven oder negativen Beschaffenheit 
der optischen Mittellinie im Oligoklas erleidet Schwankungen, 


ERBEN 


3 A REN BER ES 


z L 


A. An 


260 Be, 


die Zerstreuung für die negative Mittellinie des spitzen Axen- 
winkels zeigt p>u. Am Labrador dagegen zeigt sich die 
optische Mittellinie stets positiv und die Axenzerstreuung in 
den Farben p>u. 

Es wird ‚hieraus gefolgert: 1. dass gewisse Mineral- 
varietäten, wie der Mondstein von Mineral Hill, der Tscher- 
makit vom Bamle in Norwegen auf den Albit, der Kalkoligo- 
klas oder Hafnefjordit auf den Labrador zurückzuführen seien; 
2. dass die TscHErmar’sche Theorie mit Bestimmtheit für den 
Labrador zurückgewiesen werden müsse, insofern bei dem 
Zusammentreten zweier Minerale, deren Mittellinie negativen 


Charakter und deren Axenzerstreuung den Index p<vu habe, 


nicht ein anderes Mineral resultiren konne, welches eine 
Mittellinie von positivem Vorzeichen und einer Axenzerstreuung 
p > u aufweise. 

Herr Baver besprach die Analyse des Tschermakits von 


Pısası, die in derselben Arbeit von Des CLo1zEaux angeführt 


ist, und die mit der Analyse von Hawes vollkommen uberein- 
stimmt und ebenso mit der TscHErmar’schen Theorie, nach 
welcher der Tschermakit ein Na-reicher Oligoklas ist. Des 
CLoizEvax erklärte ihn auf Grund seiner optischen Unter- 
suchungen fur Albit. Diese Untersuchungen dürften aber kaum 
geeignet sein, die TscHEermar’sche Theorie als unzutreffend zu 
kennzeichnen, da diese Frage wesentlich vom chemischen Stand- 
punkt aus entschieden werden muss, und da hat mah doch 
gefunden, dass bei allen guten Analysen Theorie und che- 
mischer Befund durchaus übereinstimmen. 

Herr Scamipt legte einige Blätter der photographischen 
Copie seiner Mondkarte vor. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


V, Ww 3 o “ 
BeyriıcH. Danes. BAUER. 


Ö % DE Druck von J. F. Starcke in Berlin. 


£> 


RR 


er 


Inhalt des 1. Heftes. 
A. Au fsätz e. 


1. Geologie der Morgenberghornkette und Er angrenzenden 
Flysch- und Cypsregion am Thunersee. Von Herrn 
Maurice vox TerısoLer in Neuchätel. (Hierzu Tafel L) . öe 

2. Ueber die Schichtenfolge des oberen Jura bei Ahlem unweit = 
Hannover und über das Vorkommen der Exogyra virgula 
im oberen Korallen -Oolith des weissen Jura daselbst. 
Von Herrn C. Srruckmann in Hannover . . . . . . «€ 

3. Geognostisch-chemische Mittheilungen über die neuesten 

Eruptionen auf Vulcano und die Producte derselben. 
Von Herrn A. Baıtzer in Zürich. (Hierzu Tafel II-1V.) 

. Ueber die Eisenerzlagerstätten von El Pedroso in der Pro- ar = 
vinz Sevilla. Von Herrn Fero. Roemer in Breslau . . 68 

5. Ueber das Vorkommen von Nöggerathia foliosa Ste. ndm 
Steinkohlengebirge von Oberschlesien und über die Wich- 
tigkeit desselben für eine Parallelisirung dieser Schichten 
mit denen von Böhmen. Von Hrn. OTtokar FeistmantEL 
in Breslau. (Hierzu Tafel U). un 0.0.00. „ee 

6. Ueber den bunten Sandstein in den Vogesen, seine Zusam- 
mensetzung und Lagerung Von Herrn R. Lersius In 
Berlin: (Hierzu Tafel VE) - -- @, ar re 

7. Die granitischen Gänge des sächsischen Granulitgebirges. 
Von Herrn H. Creonar in Leipzig. (Hierzu Tafel VII.) 


Mn 


B. Briefliche Mittheilungen 
der Herren Hırsexporr und GOTTSCHE . .:..:.. 


C. Verhandlungen der Gesellschaft. 
1. Protokoll der Januar-Sitzung, vom 6. Januar 1875 . . 
2. Protokoll der Februar-Sitzung, vom 3. Februar 1875. . . 2 
3. Protokoll der März-Sitzung, vom 3. März 185 ....2 


Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen. n 


Einsendungen für die Bibliothek der Gesellschaft, Reina fire 2 
die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die Versendung der 
Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte, sowie A 
gen etwaiger Veränderungen des Wohnortes sind an Dr. Dames (Lust- 
garten No. 6.) zu richten. Die Beiträge sind pränumerando an die, 
Bessersche Buchhandlung (Marienstrasse 10.) einzureichen. Die 
Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht auf buch- 
händlerischem Wege, sondern dureh directe Uebersendung a: an 
die Bessersehe Buchhandlung zu bewirken, 


Er 


Ion geologischen. Gesell 


’ 


April an Juni 1875. 


& 


x 


Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
2. Heft (April, Mai und Juni 1875). 


A. Aufsätze. 


1. Aus dem Thüringischen Schiefergebirge, 


Von Herrn R. Rıcnter ın Saalfeld. 


Hierzu Tafel VIII. 
€." 


Nachdem es gelungen, die von dem königl. bayer. Ober- 
bergrath Herrn Dr. C. W. GünBEL zuerst bei Gräfenthal und 
bei Steinach unterschiedenen graptolithenreichen Schiefer im 
Hangenden der obersilurischen Kalklager Thüringens (vergl. 
diese Zeitschr. XXIII. pag. 782) auf der ganzen Strecke von 
Saalfeld bis Hämmern als ein constantes, wenn auch mehrfach 
bis zum Verschwinden verdrücktes Glied des obersilurischen 
Systems im Thüringer Walde zu erkennen, zerlegt sich das 
ganze System am einfachsten in eine untere graptolithenreiche 
Abtheilung (Graptolithenschichten), welche aus den basalen 
Kiesel- und Alaunschiefern (3. des umstehenden Profils, 
welches dem südlichen Theile der Umgegend von Saalfeld 
entnommen ist), den mittleren Kalklagern mit Orthoceras bohe- 
micum Barr. und Cardiola interrupta Bropd. (4. des Profils) 
und aus den hangenden Kiesel- und Alaunschiefern (9. des 
Profils) besteht; und in eine obere tentaculitenreiche (Tenta- 


*) Vergl. diese Zeitschr. XIII. pag. 231 ff. 
Zeits. d.D. geol. Ges. XX VII. 2. 18 


262 


eulitenschichten), welche aus den Knotenkalken mit Ktena- 
kanthusstacheln, Tentaculites acuarius und Favosites gottlandica 
Gouor. (6. des Profils), ferner den Nereitenschichten (7. des 
Profils) und den Schiefern mit Tentaculites cancellatus (8. des 
Profils), endlich den alaunschieferartigen Grenzschiefern, iu 
denen bis jetzt Petrefacten nicht aufgefunden sind (9. des Profils), 
sich aufbaut. 


or D.E 


1100 


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2 
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& 


(Saale, 534 pr.D. E 


12. Schotter. ® 6. Ktenakanthuschichten (Tentacu- 

11. Zechstein. litenschichten (Geın.) *). 

10. Cypridinenschiefer. 9. Oberer Graptolithenschiefer. 

9. Grenzschiefer. 4. Interruptakalk, **) 

8. Cancellatusschichten (Tentacu- 3. Untere Graptolithenschiefer. 
litenschiefer), ***) 2. Untersilur. 

7. Nereitenschichten. t. Phycodesschichten. 


Ihrer petrographischen Beschaffenheit nach sind die in 
Rede stehenden oberen Graptolithenschiefer, die selbstver- 
ständlich mit den liegenden Interruptakalken und den hangen- 
den Ktenakanthusschichten in vollkommener Concordanz sich. 
befinden, mit den unteren Graptolithenschiefern fast ganz 
gleichartig und Handstucke aus beiden Horizonten lassen sich 
nur bei genauer Vergleichung unterscheiden. Wie die unteren, 
so constituiren die oberen Graptolithenschiefer in ihrem tiefsten 
Theile einen Kieselschiefer, der nach aufwärts mehr und mehr 
mit Alaunschieferlagen abwechselt und endlich ganz und gar 
zurücktritt; wie jene, gestatten sie dem unbewaffneten Auge 


*) Der Name ist gewählt worden, um das Formationsglied als 
das tiefste, in welchem Wirbelthierreste vorkommen, auszuzeichnen., 

**) Der in dieser Zeitschr. Bd. XXIII. pag. 782 gebrauchte Name 
Ockerkalk. würde ebenso den Zechsteinkalken zukommen, aus denen hier 
Ocker in weit grösserer Menge gewonnen wird, als aus dem Interrupta- 
kalk. 

#%**) Nach dem vorherrschenden Tentaculites cancellatus. 


re 


263 


eine Unterscheidung der Gemengtheile nicht; wie jene besitzen 
sie eine regelmässige Schieferung, die sich von centimeter- 
starken Tafeln bis zu papierdunnen Blättern verfolgen lässt; 
wie diese sind sie tiefschwarz und nehmen erst nach längerer 
Einwirkung der Atmospbhärilien graue und weissliche Nuancen 
an und unterscheiden sich nur dadurch, dass ihr Korn etwas 
weniger rauh und ihre Härte etwas geringer ist, was auf 
einen grösseren Gehalt von Thonerde hinweist, vermöge dessen 
sie an manchen Punkten, wie bei Steinach und Gebersdorf, 
bei der Verwitterung in thonige Blätter und Splitter zerfallen. 
Fast scheint es, als ob EngELHARDT das Vorkommen dieser 
Schiefer in der Partschengasse zu Steinach meine, wenn er 
(diese Zeitschr. Bd. IV.) gewisser Thonschiefer gedenkt, die 
in Folge von Anfeuchtung plastisch werden. 

Auch ist die Beimengung von Eisenkies eine geringere, 
weshalb diese oberen Graptolithenschiefer, obgleiüh auch ihre 
Petrefacten nicht selten verkiest sind, doch wenig Neigung zur 
Erzeugung jener Efflorescenzen zeigen, die in den unteren 
Graptolithenschiefern so häufig und nutzbar, der Erhaltung der 
Petrefacten dagegen so nachtheilig sind. Nur an einem Punkte, 
im Rothenbach unweit Saalfeld, sind sie eine Zeit lang zur 
Vitriolbereitung verwendet worden. Dagegen sind ebenso wie 
dort die Abdrücke der Petrefacten mit einem Pyrophyllit- 
häutchen überzogen und die Verkiesungen von diesem Mineral 
umhullt. 

Ein mehr als nur gradueller Unterschied scheint der zu 
sein, dass die oberen Graptolithenschiefer fast überall und am 
meisten bei grösserer Mächtigkeit eine Streckung in der Rich- 
tung des Streichens und eine Stauchung in der Richtung des 
Fallens wahrnehmen lassen, die am deutlichsten in der Be- 
schaffenheit der Petrefacten zum Ausdrucke gelangt, indem 
diese in der ersten Richtung länger und schlanker, in der 
zweiten kürzer und breiter erscheinen, als in den zwischen- 
liegenden Richtungen, in denen allein sie die mittleren natür- 
lichen Dimensionen beibehalten. 

Die paläontologischen Unterschiede lassen sich vorläufig 
noch nicht mit Sicherheit bezeichnen, da die Untersuchung 
unseres oberen Graptolithenhorizonts gerade in dieser Richtung 
noch zu wenig eingehend hat geschehen können. Im Allge- 
meinen sind in dem oberen Horizont bisher nur zwei Grapto- 


197 


264 


lithenformen aufgefunden worden, die mit jenen des unteren 
Horizonts nicht übereinstimmen. Das Vorkommen ausschliess- 
lich geradliniger monoprionidischer Graptolithen (diese Zeitschr. 
Bd. XXIII. pag. 782) bestätigt sich nicht, sondern beschränkt 
sich nur auf einzelne Fundorte, wie es nicht selten auch in 
den unteren Graptolithenschiefern der Fall ist, während ander- 
wärts auch gekrümmte und gewundene Formen sich jenen bei- 
gesellen. Wenn bisher diprionidische Formen, die doch selbst 
den Nereitenschichten und den Cancellatusschiefern nicht ab- 
gehen, noch nicht beobachtet worden sind, so würde ein Schluss 
auf das gänzliche Fehlen derselben innerhalb dieses Horizontes 


doch umsomehr verfrüht sein, als einestheils bis jetzt nur an 


wenigen Punkten gesammelt worden ist, anderntheils diese 
zweizeiligen Graptolithen auch in dem unteren Horizonte oft 
auf weite Strecken hin vermisst werden. 

Desto äuffallender ist das Vorkommen eines Dicranograptus, 
da nach den bisherigen ‚Erfahrungen diese Gattung nur den 
relativ älteren Formationen anzugehören schien und deshalb 
ihre Abwesenheit in den unteren Graptolithenschiefern Thu- 
ringens nicht überraschte. Um so merkwürdiger dieses Wieder- 
aufleben der Gattung. Aber auch noch in anderer und sehr 
beachtenswerther Weise weicht die Fauna der oberen Grapto- 
lithenschiefer von jener der unteren und zwar darin ab, dass 
wenigstens an zwei Stellen (Adriansthal bei Saalfeld und 
Gissera bei Reschwitz) mit den Graptolithen zugleich Tenta- 
euliten der Ktenakanthusschichten vorkommen, während ausser- 
dem in dem ganzen Gebiete der Graptolithenschichten noch 
nie eine Spur von diesen kleinen Pteropoden entdeckt worden 
ist. Diese Tentaculiten, eine kleine Discina und Graptolithen 
nebst einigen Formen incertae sedis machen vorläufig den gan- 
zen Bestand der Fauna des oberen Graptolithenhorizontes aus. 


Das unmittelbar Hangende des oberen Graptolithenhori- 


zontes, also das Tiefste der Ktenakanthusschichten, besteht aus 
schwarzen Schiefern, deren ebenfalls schwarze Kalkconcretionen 
von bedeutender Grösse und oft plattenförmiger Absonderung 
sind. Bei der Verwitterung bräunt sich theilweise das Gestein 
und lässt sowohl daran als auch an: der rothen Färbung, 


265 


welche die Oberfläche der aus weissem Kalkspath bestehenden 
Tentaeuliten bedeckt, einen gewissen Eisengehalt erkennen. 
Manchmal sind auch diese weissspäthigen Tentaculiten mit 
einer dunnen Markasitrinde umgeben, die an die Stelle des 
Schälchens getreten ist und alle Ornamente des Petrefacts bis 
in die feinsten Einzelheiten conservirt hat. Neben diesen dem 
Formationsgliede eigenen Tentaculiten findet sich noch die für 
Thüringen neue Pterinaea lineatula D’OrB. (Ludlow) und Car- 
diola striata Sow., die bisher in diesen Schichten noch nicht 
gefunden worden war, in ausgezeichnet grossen Exemplaren. 
Erst darunter folgen die oberen Graptolithenschiefer mit ihrer 
besonderen Fauna — Pflanzenreste haben sich noch nicht ent- 
decken lassen. 

Nach ihrem Erhaltungszustande sind die Petrefacten der 
oberen Graptolithenschiefer theils Abdrucke, theils Verkiesungen, 
aber nur die Graptolithen zeigen in beiden Fällen regelmässig 
den schon erwähnten Ueberzug von Pyrophyllit, der manchmal 
eine ansehnliche Stärke hat und auf den ausgebleichten Schie- 
fern ein silberweisses und endlich ein mattes kalkartiges Aus- 
sehen hat. Andere Petrefacten sind nur ausnahmsweise von 
Pyrophyllit begleitet und gestatten den Schluss auf eine Be- 
schaffenheit der petrificirten Reste, die jener der Graptolithen 
entsprochen haben möchte. 


1. Tentaculites ferula. 
Vergl, diese Zeitschr. Bd. XVIII, pag. 410., Taf. V. Fig. 1. 2. 


2. T. acuarius. 
3. T. Geinitzianus. 
4. T. infundibulum. 


5. T. subconicus GEIN. | 
Vergl. diese Zeitschr. Bd. VI. pag. 285 ff., Taf. III. Fig. 2-9 und 
17 —- 19. ! 


6. Discina dissimilis n. sp. 
Taf. VIII. Eig.,l:i. 


Fast regelmässig eirund, 8— 10 Mm. lang, 6— 7 Mm. 
breit. Die sehr fein punktirte, aber sonst glatte Ventralklappe 
hat einen engen Schlitz mit wenig hervortretender Randwulst. 
Die mutzenförmige Dorsalklappe mit länglichem, nach hinten 
und oben excentrischem Scheitel ist mit starken radialen Rip- 


266 


pen, die gegen den Rand hin durch Einschiebung sich ver- 
mehren, und einigen ziemlich entfernt stehenden Anwachs- 
streifen versehen. Der Rand scheint leistenartig verdickt ge- 
wesen zu sein, da oft nur der vertiefte Eindruck desselben 
erhalten ist und bei Erhaltung der ganzen Schale diese immer 
innerhalb der Randleiste eingedrückt ist, so dass zwischen 
diesem Rande und dem Scheitel eine ringförmige Vertiefung 
entsteht, in welcher die Radialrippen selten erkennbar bleiben, 
und in diesem Falle es den Anschein hat, als ob ein glattes 
Band zwischen Rand und Scheitel liege. 

In den obersten Lagen unseres Horizonits die Schicht- 


flächen dicht, wie ein Pflaster bedeckend, so dass kaum ein 


Tentaculit oder Graptolith dazwischen Raum findet. 


Dicranograptus Haıı z. Th. 


Der kurze verkehrtkegelförmige Fuss verbreitert sich nach 
oben und bildet so die Basis für die zwei monoprionidischen 
Arme des Stockes, welche in einem weitgeöffneten Winkel 
divergiren und einander ihre Dorsalseiten zukehren, während 
die Ventralseite mit den Zellen nach aussen und unten ge- 
wendet ist. Nach diesen Charakteren gehört hierher ausser 
dem typischen D. divaricatus HALL nur noch die unten zu 
beschreibende Form, denn Cladograptus Forchammeri GEIN., 
den HALL mit der Gattung vereinigt, hat in der Abbildung bei 
Geisitz (Graptolithen Taf. V. Fig. 293—31) einen Fuss, nach 
dessen Stellung die Arme einander die Ventralseite zukehren 
und gehört demnach zu Didymograptus. 

Von der Beschaffenheit der Zellen. die Hanr als blosse 
Einsenkungen in den Canal ohne becherformigen oder anders- 
gestalteten Rand charakterisirt, wird um so eher abgesehen 
werden dürfen, als auch in anderen Gattungen, namentlich in 
der Gattung Monograptius Formen wie M.chorda und die übrigen 
Rastriten (diese Zeitschr. Bd. XXIII. p. 240. Taf. V. Fig. 2—4.) 
vorkommen, deren Zellen auch bloss in den Canal eingelassen 
und nur durch Ornamente oder Bewafinungen ausgezeichnet 
sind. Die unmittelbar aus dem Fusse entspringende Diver- 
genz der beiden Arme des Stockes ist an der Basis nicht 
durch den Scheitel eines Winkels, sondern durch eine ziemlich 
weite und völlig glatte Ausrundung markirt und schliesst 


EEE 


267 


deshalb Formen, wie D. sextans Hann. D. ramosus Hau, 
D. furcatus Harn und D. COlingani Carr., die am Grunde des 
Stockes diprionidisch erscheinen und dann erst in zwei mono- 
prionidische Aeste zerfallen, aus der oben definirten Gat- 
tung aus, 


7. D. posihumus n. sp. 
Taf. VIII. Fig. 2. 3. 


Fuss einfach, wenigstens lässt sich bis jetzt keine Spur 
der Nebenfüsse des D. divaricatus Haut erkennen. Canal eng 
mit einer Axe, die in dem normalen Verhältniss zu demselben 
steht. Die Linien, die in der Substanz des Fusses zum Vor- 
schein kommen, sind nicht bei allen Exemplaren dieselben 
und lassen sich deshalb nicht mit Sicherheit auf die Anfänge 
der Axe beziehen. Bei dem vorliegenden Erhaltungszustande 
sind am Canal weder die gewöhnlichen schiefen Querrunzeln, 
noch auch die Knötchen nachzuweisen, welche bei D. divari- 
catus HaLL erscheinen, obgleich einzelne Andeutungen der- 
selben vorhanden sind. Die Zellen entspringen in solcher 
Entfernung von einander, dass die Basis der folgenden Zelle 
mit der Spitze der vorhergehenden auf gleicher Höhe steht; 
legen sich eng an den Canal an, von dessen Richtung sie nur 
um ca. 20° abweichen, haben die vierfache Länge des Quer- 
durchmessers und stellen enge Becherchen dar, deren Aussen- 
wand etwas schneppenförmig vorgezogen ist. Die Mündung 
liegt zwischen dieser Schneppe und dem Canal und scheint 
mit einem verdickten und abgerundeten Saume versehen zu 
sein. Der Pyrophyllitüberzug, der sich ohne Verletzung des 
Petrefacts nicht abheben lässt, verbirgt manche Details. 

Hauptsächlich im mittleren Theile des Horizonts. 


8. Monograptus colonus Barr. 
Grapiolithus colonus Barrannpe, Graptol, de Boh. pag. 42. Pl. U. 
f. 1—9. 
9. M. nuntius Barr. 
Grapt. nuntius Barr. 1. c. pag. 45. Pl. II f. 6—8. 


10. M. ef. sagittarius Hıs. 


Prionolus sagittarius Hısınger, Leth. suec. Suppl. p. 114. 1.35. f. 6. 
Monograptus sagittarius Hıs., Geinıtz, Graptol. t. 2 f. 3. 4. und 
Er 9, 


268 


ll. M. Nilssoni Barr. 
Grapt. Nilssons Baar. 1. c. pag. 51. Pl. II. £. 16. 17. 


Neben der echten Form Barrınpe’s findet sich auch die 
robustere, die NıcHoLson (Quart. Journ. of the Geol. Soc. 1868. 
Pl, XX. f. 20. 21.) als var. major unterscheidet. Abgesehen 
von den Dimensionen bleiben die Relationen der einzelnen 
Theile zu einander gleich, da die Stärke des Canals jener der 
Zellen gleich ist, die Stellung der letzteren um 15° von der 
Richtung des Canals abweicht und die Länge der Zellen, deren 
jede mit ihrer Spitze nur die Basis der nächstfolgenden er- 
reicht, 2,5 mal grösser ist, als ihr Querdurchmesser. Die 


Axe, die auch in vielen Abdrucken aus Eisenkies besteht, 


zerfällt öfters in ganz kurze cylindrische oder kugelförmige 
Fragmente. 


12. M. mierodon n. sp. 
Taf. VIII. Fig. 4. 5. 6. 


Schlank und sehr langsam an Stärke zunehmend. Der 
einfache Fuss ist meist, wie bei den monoprionidischen For- 
men überhaupt, aufwärts zurückgeschlagen. Der nicht selten 
leicht hin und hergebogene Canal ist stärker als die Zellen 
mit einer Axe von normaler Stärke und an den Seiten da, 
wo der Boden der Zellen zu vermuthen ist, mit einem Orna- 
ment, das bald als eingedrückter Punkt, bald als Knötchen 
erscheint. Die schiefen Querrunzeln des Hautskelets, die 
anderen Formen selten fehlen, lassen sich hier vielleicht in 
Folge der Pyrophyllithülle nicht erkennen. Die Zellen be- 
schreiben mit dem Canal einen Winkel von 15°, stehen um 
ihre eigene Länge von einander ab, so dass die Spitze der un- 
teren Zelle nur wenig über die Basis der darüber stehenden 
hinaufreicht, sind am Grunde bauchig, nach oben fast hals- 
artig verengt und der Mundsaum tritt nur sehr wenig nach 
aussen und unten aus dem Umrisse der Ventralseite hervor. 

Vermoge der verhältnissmässigen Stärke des Canals und 
der damit zusammenhängenden Abplattung der Zellen scheint 
der Stock eine gewisse Rundung besessen zu haben, was auch 
daraus hervorgeht, dass scalariforme Exemplare oder solche, 
deren Axe in der Medianlinie liegt, ziemlich häufig vorkommen. 


269 


13. M. priodon Bronn. 
Lomatoceras priodon Bronn, Leth. geogn. I. pag. 50. t. 1. f. 13. 
Grapt. priodon Bare., Grapt. pag. 38. Pl. 1. f. 1—1A. 
Taf. VII. Fig. 7. 


Häufig nur im oberen Theile des Horizonts und zwar 
meist verkiest in Gesellschaft der Tentaculiten, der /terinaea 
lineatula D’Ore., der Cardiola striata Sow. und der Diseinen. 
Eins dieser verkiesten Exemplare zeigt an dem stärkeren Theile 
des zurückgeschlagenen Fusses eine deutlich erkennbare Zellen- 
mündung und unterstützt somit die Anschauung, dass der Fuss 
eigentlich nur das erste Individuum des Graptolithenstockes 
sei, welches nach Bildung der ersten Knospe zu Grunde geht 
und fortan nur noch zur Befestigung der Colonie dient. 


14. M. Ludensis MurcaHison. 
Gr. Ludensis Muscu., Sil. Syst. pag. 694. Pl. XXVI. f. 1. 1a. 


Taf. VII. Fig. 8. 9. 10. 11. 


Die Artbestimmung beruht zunächst auf der fast vollkom- 
menen Uebereinstimmung des biesigen Petrefacts mit der Ab- 
bildung bei MurcHison. Die einzige Abweichung besteht darin, 
dass in der vergrösserten Figur la die Zellenmundungen nicht 
angedeutet sind, ein Mangel, der 1839, zu einer Zeit, in der 
Barranpe’s bahnbrechendes Werk über die böhmischen Gra- 
ptolithen noch nicht erschienen war, wohl Entschuldigung finden 
wird. Eine weitere Stütze für unsere Bestimmung gewähren 
Exemplare aus nordischen Geschieben, die in der Umgebung 
von Rostock gesammelt worden sind. 

Der Stock erreicht eine ansehnliche Länge und ist im 
Jugendzustande leicht ruckwärts gekrümmt, wächst aber dann 
in gerader Richtung fort. Der Oanal erscheint im Profil we- 
niger stark, als die einzelne Zelle und zeigt eine nur sehr 
langsame Zunahme. Die Axe ist von normaler Beschaffenheit 
und .conservirt sich oft noch ‘auf eine bedeutende Länge, wenn 
auch die jüngsten Zellen des Stockes gänzlich zerstört und 
verschwunden sind. Die diehtanstossenden Zellen, deren Reihe 
0,6 von der Profilbreite des Petrefacts einnimmt, stehen um 
30° vom Canale ab, haben die doppelte Länge ihres Quer- 
durchmessers und sind am Grunde bauchig, oben verengert 
mit schief nach aussen gewendeter Mündung, deren Saum sich 


a Be 


nach vorn zu einer abwärts geneigten Spitze verlängert. Die 
zahlreichen scalariformen Exemplare lassen auf eine gewisse 
Rundung des Stockes oder auf Äbplattung der Dorsalseite 
schliessen. ; 

Der häufigste Graptolith des Horizonts, aber so vielfach 
auch alle Schichtflächen vollig von demselben bedeckt werden, 
so gehören doch längere Individuen zu den Seltenheiten, wäh- 
rend die Stücke bis zu 3 Cm. Länge (Taf. VIII. Fig. 4) die 
Hauptmenge des Vorkommens ausmachen, ganz in ähnlicher 
Weise wie in den Handstucken nordischer Kalkgeschiebe, in 
denen zugleich M. tenuis PorTLock (sicher von M. Nüssoni 
BaRrR. verschieden) *) sich findet. 


un eK 


15. M. convolutus Hisinger. 


Prionotus convolutus Hıs.,. Leth. suec. Suppl. p. 114. t. 35. £. 7. 
Graptol..spiralis Barr., Grapt. pag. 54. Pl. IV, f. 10—13. 
M. convolutus Geın., Grapt. pag. 49. t. 4. f. 30 - 35. 


Nach einigen Kieskernen von leider unvollkommener Er- 
haltung scheinen die Zellen auf dem bandförmigen Canal eine 
ähnliche Stellung zu haben, wie bei M. turriculatus BARR. 


16. M. gemmatus Barr. 


Grapt. gemmatus Barr., Grapt. pag. 68 Pl. IV. f. 5. 
—  — diese Zeitschr. V. pag. 462 Taf. XII. Fig. 34. 
— — diese Zeitschr. XXIII. pag. 240. Taf. V. Fig. 2. 


17. M. fugax Barkr. 


Rastrites fugax Barr., Grapt. pag. 66. Pl, IV. f. i. 
M. spina, diese Zeitschr. V. pag. 462. Taf. XII. Fig. 32. 33. 
— . — diese Zeitschr. XXIII. pag. 235. 


Taf. VIII. Fig. 12. 


Wie die vorhergehende Art ein echter Rastrit, dessen 
Zellen als kleine umgekehrt kegelförmige Becher mit weiter 
Mündung gleichsam in den Achseln stehen, welche die hier 
ziemlich geradlinigen appendiculären Theile des äusseren Zell- 
randes mit dem Canale bilden. 


*) Vergl. dazu Danes, Beitrag zur Kenntniss der Gattung Dieiyonema, 
diese Zeitschr. XXV. pag. 380. . 


Aus dem einfachen meist zurückgeschlagenen Fusse ent- 
springt der sehr enge, entfernt quergerunzelte Canal mit einer 
Axe von entsprechender Feinheit und beschreibt eine ziemlich 
weite Spirale von nur wenigen Umgängen, die aber meist 
etwas in die Länge gezogen ist und den Anschein hat, als ob 
sie nicht in einer und derselben Ebene gelegen, sondern sich 
in umgekehrter Kegelform erhoben hätte. Die Zellen befinden 
sich auf der Aussen- und Oberseite der Windungen des Canals, 
sind wie bei M. gemmatus in den an diesen Stellen verdickten 
Canal eingelassen und um die Länge ihrer appendieulären 
Spitzen von einander entfernt. Wo die Krümmung des Canals 
starker ist, stehen diese Ornamente rechtwinklig ab, je flacher 
dagegen die Krümmung ist, desto steiler richten sie sich auf 
und liegen am Canal an, so dass solche Stücke wie Theile 
des M. Nilssoni erscheinen. Sie lassen sich jedoch leicht, am 
besten in den Verkiesungen von diesem unterscheiden, da sie 
spitz sind, während die Zellen des M. Nilssoni bis an’s obere 
Ende gleich stark bleiben oder sich sogar etwas verdicken. 

Mit den beiden vorigen Arten besonders im mittleren 
Theile des Horizonts, wo centimeterstarke Lagen von Kiesel- 
schiefer mit solehen von Alaunschiefer wechsellagern. 


Taf. VIII. Fig. 13. 


In den Alaunschiefern des Schwefellochs bei Schmiedefeld 
hat sich einmal ein Petrefact gefunden, das nach Krümmung 
und Verästelung des Stämmchens sich nur mit Cyrtograptus 
Murchisoni CARRUTHERS (Brit. :Graptol. Geol. Mag. 1868. p. 72. 
Pl. V. f. 17.) vergleichen lässt, sofern dabei von den Zellen, 
die an dem britischen Fossil so ausserordentlich scharf aus- 
geprägt sind, abgesehen wird. Denn beide Ränder des hie- 
sigen Petrefacts sind vollkommen glatt, und auch die minutioö- 
seste Untersuchung zeigt weder hier eine Spur von Zellen, 
noch auch innerhalb dieser Ränder eine Andeutung, dass ein 
scalariformer Erhaltungszustand vorliege. Allerdings ist die 
Untersuchung dadurch erschwert, dass die beiden Spaltflächen 
des Stückes, welches nicht so flach, wie die Abdrücke der 
mitvorkommenden Graptolithen auf dem Schiefer liegt, son- 
dern ungefähr 0,5 Mm. in das Gestein eingedruckt ist, mit klei- 
nen Eisenkieskrystallen bedeckt sind. Die vertiefte Mittellinie, 
die durch einen Theil des Stückes binläuft, scheint Folge davon 


272 


zu sein, dass die an den Wänden des Hohlraums, der nach 
Zersetzung des ursprünglich vorhanden gewesenen Körpers 
zurückblieb, sich bildenden Krystalle den Raum nicht vollkom- 
men ausfüllten. Die an der Aussenseite des Stammes befind- 
lichen Aeste stehen in regelmässigen Entfernungen von 9, 2x9 
und (in der Verlängerung des Stammes, welche die Abbildung 
nicht mehr wiedergiebt) 3x9 Mm. von einander ab. 


Taf. VIII. Fig. 14. 15. 


Ungleich dem unteren Graptolithenhorizonte, in welchem 
bisher ausser den Graptolithen nur ein kleiner Nautilus (N. veles, 
vergl. diese Zeitschr. XXIII. pag. 243.) und neuerlich ein Or- 
thoceratit als grosse Seltenheiten gefunden worden sind, enthält 
der obere Horizont gar nicht selten Formen, die den Grapto- 
lithinen nicht angehören , aber freilich ihres unvollkommenen 
Erhaltungszustandes wegen vorläufig incertae sedis bleiben 
müssen. Manche derselben gestatten einen Vergleich mit 
Hinterleibssegmenten und Steuerapparat von Ceratiocaris, an- 
dere mit Conularia, wieder andere sind wurmförmig und mit 
starken auf der concaven Seite der Abdrücke gespaltenen 
Rippen versehen, noch andere schlauchförmig mit äusserst 
feinen Querrunzeln, deren Zwischenräume mit Pyrophyllit aus- 
gefullt sind und in Folge davon ein eigenthümliches fimmerndes 
Aussehen darbieten. 

Etwas deutlicher, aber trotzdem unbestimmter sind Ab- 
drücke, wie Figur 14 u. 15 unserer Tafel, welche innerhalb 
eines spatelförmigen Umrisses mit kleinen nach aussen dicht 
gedrängten, nach innen entfernter stehenden Furchen bedeckt 
sind, die meist nur eine hakenförmige Gestalt zeigen, bei bes- 
serer Erhaltung aber als scharf eingeschnittene geschlossene 
Ovale erscheinen, deren Innenraum von quincuncial geordneten 
Knötehen oder Spitzchen eingenommen wird. Ein Vergleich 
mit lebenden Formen lässt sich kaum finden. 


Figur 1. 
Figur 2. 
Figur 
Figur 
Figur 
Figur 
Figur 7. 
Figur 8. 
stiegelwand. 
Figur 9. 
Figur 1. 
Figur il. 
Figur 12. 
Figur 19. 
Figur 14. 
Figur 15. 


(op >) Bu Sure) 


273 


Erklärung der Tafel VIN. 


Discina dissimilis n. sp. -Dorsalklappe, 2 n. Gr. Gissera. 
Diceranograptus posthumus n. sp. + n. Gr. Kreunitz. 
Derselbe 3 n. Gr. 

Monograptus microdon n. sp. + n. Gr. Kreunitz. 
Derselbe. 2 n. Gr. 


Derselbe, Fussstück. ® n. Gr. 
M. priodon Brosn, Fussstück, % n. Gr. Adriansthal. 


M. Ludensis MurchH., mit entblösster Axe. + n.Gr. Jagd- 


Derselbe, gewöhnliches Vorkommen. + n. Gr. Gräfenthal. 
Derselbe, halbscalariform. + n. Gr. Kreunitz. 
Derselbe. 3 n. Gr. 

M. fugax Baar. 4 n. Gr. Rothenbach. 

? Cyrtograptus. 3 n. Gr. Schmiedefeld. 

Ine. sedis, + n. Gr. Kreunitz, 

Hakenfurchen desselben Stücks. 4° n. Gr. 


274 


2. Bericht über eine Reise nach dem Quilotoa und dem 
Cerro hermoso in den ecuadorischen Cordilleren. 


Von Herrn W. Reıss aus Mannheim. 


(Aus dem Spanischen *) übersetzt von Herrn G. vom Rarr.) 


Nachdem ich den lliniza untersucht und meine Beobach- 
tungen über den Cotopaxi abgeschlossen hatte, bot sich mir 
als fernere Aufgabe meiner den Vulcanen Ecuadors gewid- 
meten Studien die Untersuchung zweier sehr berufener, aber 
wenig bekannter Berge dar. Den Quilotoa, über dessen Eru- 
ptionen der Pater VELASco einen so seltsamen Bericht giebt, 
musste ich in der westlichen Cordillere aufsuchen, während in 
gleicher Weise meine Aufmerksamkeit auf die Gebirge von 
Llanganates in der östlichen Cordillere gelenkt wurde, da die- 
selben verschiedenen Berichten zufolge sowohl reich an Gold 
als auch an thätigen Vulkanen sein sollten — eine sehr un- 
gewöhnliche Vereinigung geologischer Thatsachen. 

Zunächst beschloss ich, mich nach dem Quilotoa zu wen- 
den, von welchem nur bekannt war, dass er der Westcordillere 
zwischen Sigchos und Tigua angehöre, über dessen genaue 
Lage aber Nichts zu erfahren war. 

Von Toacaso fuhrt bis zum Dorfe Sigehos ein leidlich 
guter Weg, welcher über das nördliche Gehänge der Cordillere 
von Guangaje und Tsinlivi in einer ansehnlichen Höhe über 
dem Flusse Hatuncama hinzieht und Gelegenheit bietet, sowohl 
die geologische Beschaffenheit jener Gordillere, als auch die 
Gestaltung des Thals zu beobachten. 

Viele kleine Bäche rinnen von den Schneeflächen des 
Iliniza (10 Wegestunden SSW. von Quito) herab, sie vereinigen 
sich in einem tiefen und breiten Thal und bilden den Fluss 


*) Carta del Dr. W. Reıss & S. E. el Presidente de la Repüblica, 
sobre sus viajes & las montanas del Sur de la Capital, Quito, 1879. 


Hatuncama, welcher bis zu seiner Vereinigung mit dem Rio 
Toache unfern des Fleckens Sigehos von Ost nach West 
durch Gebirge älterer Formationen seinen Lauf nımmt. Von 
Sigchos bilden die vereinigten Gewässer einen grossen Fluss 
(Toache), welcher gegen NW. strömt und alle von den west- 
lichen Gehängen des Corazon, Atacatzo und Pichincha herab- 
kommenden Rinnsale sammelt, um sich schliesslich unfern 
der Küste des Stillen Oceans mit dem Rio Guaillabamba, 
welcher das Hochthal von Quito entwässert, zu vereinigen. 
So verbinden sich die Abflüsse beider Gehänge der West- 
cordillere zum Rio Esmeraldas. Nur zwei Bäche, der Rio 
blanco und Razuyacu, welche dem Gebirgssysteme des Iliniza 
angehören, bilden eine Ausnahme, indem sie sich nicht zum 
Stillen Ocean wenden, sondern mit sudlichem Laufe dem 
grossen Stromgebiet des Amazonas angehören. 

Der Rio Toache fliesst von seiner Quelle bis zu seiner 
Vereinigung mit dem Hatuncama von Sud nach Nord in einem 
breiten und tiefen Thale, welches von den Hochebenen Lata- 
eunga’s durch die Cordillere von Guangaje und Tsinlivi ge- 
schieden und gegen Westen durch die ©ordillere von Chug- 
chillan und Sigchos begrenzt wird. Beide Gebirgsketten 
bestehen aus Gesteinen älterer Bildungen. Schichten von 
Sandstein, quarzige Conglomerate, bituminöse Schiefer stehen 
mit fast verticaler Schichtenstellung im Thalgrunde an, wäh- 
rend die nackten Felsen der höheren Gehänge aus plutonischen 
Gesteinen bestehen. Nur auf dem hohen Kamme und an 
einigen Punkten der östlichen Gehänge der Cordillere von 
Guangaje und Tsinlivi finden sich einige zerstörte Reste von 
Lavadecken. Die beiden genannten Cordilleren verbinden sich 
gegen Sud mit einem hohen unter dem Namen „Üordillere 
von Zumbagua und Angamarca* bekannten Gebirgsknoten. 

Bereits im Hatuncama - Thale erblickt man mit Bewun- 
derung die ungeheuren Ablagerungen von vulkanischen Tuffen 
und Breccien, welche das Thal bis zu erstaunlicher Höhe an- 
gefullt haben und die ausgedehnten Plateaus der Meierei Pongo 
bilden. Während das Vorhandensein solcher Tuffmassen An- 
gesichts des Iliniza an dessen Basis sich erklärt, so erscheinen 
jene Tuffplateaus im Thale des Rio Toache doch schwer er- 
klärlich, da sich kein hochragender Gipfel im oberen Thal- 
gebiet erhebt. Jene neuvulkanischen Ablagerungen dehnen 


276 


sich durch das ganze Thal des Toache aus, von dem Flecken 
Sigchos bis über die Meiereien Zumbagua und Tigua hinaus, 


sich fast unmerklich von Nord nach Sud erhebend, unter- 
brochen von tiefen Spalten, welche durch die Thätigkeit des 
Wassers bis zur alten Sohle des Flusses und des Thals ero- 
dirt wurden. Alle Dörfer dieses Thals sind auf den Tuff- und 
Bimsteinplateaus erbaut und leiden sehr durch Wassermangel, 
da die Flüsse in einem viel tieferen Niveau fliessen, und die 
Oberfläche aus porösen lockeren Massen bestehend das Wasser 
durchlässt, bis es auf dem Grunde der Schluchten als Quellen 
zum Vorschein kommt. 


Von welchem Berge wurde jene erstaunliche Menge vul- 


kanischer Auswürflinge ausgeschleudert? jene von den Laven 
des Iliniza so verschiedenen trachytischen Massen? jene Bim- 


steinschichten, welche die Hochflächen der Parämos bedecken 


und wie Schnee erglänzen auf den dunklen Gehängen der 
älteren Gebirge? 

Die Lösung dieser Fragen bietet sich unfern Chugcehilan 
dar, wo eine Felswand über den Tuffen emporsteigt und quer 
von West nach Ost fast über das ganze Thal des Toache 
hinuberstreicht, so dass nur ein schmaler Durchbruch für den 
Fluss übrig bleibt. Wenn man diese Felsen, dem Wege nach 
Tigua folgend, erklettert, so gelangt man auf die Pampa von 
Hatalö. Auf dem Joche, welches dieselbe mit der Cordillere 

von Chugehilan verbindet, öffnet sich plötzlich dem Blick ein 

 ungeheurer Kraterkessel, dessen Tiefe der See (das Maar) 
von Quilotoa einnimmt. Es stellt sich jener Thalabschluss, 
welcher von COhugchilan gesehen lediglich als eine Felswand 
erschien, nun als das nördliche Gehänge eines grossen ab- 
gestumpften Kegels dar. Die fast verticalen Felsen, aus Trachyt 
und weissen Tuffen bestehend, bilden einen überraschenden 
Contrast mit der stillen Oberfläche der grünen geheimnissvollen 
Lagune. 

Ich umschritt den Krater, dem hohen Rande folgend, in- 
dem ich auf der einen Seite stets den Absturz bis zum Maar, 
auf der anderen das äussere, zuweilen sehr steile Gehänge 
des Kegels hatte. Man erfreut sich auf dem Rundgang um den 
Krater bezaubernder Ansichten: das ganze Toache-Thal liegt 
zu den Füssen; die Pyramiden des Iliniza erheben sich in 
grösster Nähe, und die schneebedeckten Kuppeln des Cotopaxi 


277 


und Chimborazo ragen etwas über die näheren Cordilleren 
empor; doch der interessanteste Blick liegt gegen Norden, wo 
sich zur Seite des Corazon die Caldera und der Krater des 
Pichincha in ihrer ganzen Breite darstellen. Ohne Zweifel 
muss man den Quilotoa auch vom Guanga Pichincha sehen 
können. Da er aber kein hochragender Gipfel, sondern ein 
abgestumpfter, in einem breiten Thal verborgener, von höheren 
Bergen umgebener Kegel ist, so wird es nicht leicht sein, ihn 
in der grossen Zahl von Kämmen und Höhen herauszufinden, 
welche die Aussicht vom Pichincha umfasst, zumal wenn man 
nicht genau Lage und Form des Quilotoa kennt. | 

Ziegen und Schaafe vermögen allerorts die das Maar um- 
gebenden Felsen zu erklettern; auch finden sich einzelne kleine 
Pfade, auf denen man zur Wasserfläche hinabsteigen kann. 
Leicht ist indess der Abstieg nur auf der Westseite, weil dort 
das Gehänge in Folge eines Felssturzes, welcher sich vom 
hohen Rande bis in die Lagune hinein erstreckt, weniger steil 
ist. Hier kann man auch dem Rande der Wasserfläche eine 
Strecke weit folgen, während an den meisten anderen Stellen 
das Wasser jah abstüurzende Felsen bespült. An der Küste 
macht sich ein Geruch nach Schwefelwasserstoff bemerkbar, 
und ein schwarzer schwerer Schlamm bedeckt den weissen 
Sand an den wenigen Punkten, wo die Felsen nicht jäh zur 
Tiefe absturzen. Längs der ganzen Küste beobachtet man 
eine Gasentwicklung. Die ohne Unterbrechung aufsteigenden 
(asblasen bewegen die Oberfläche des Wassers und veran- 
lassten das Volk zu dem Glauben, das Wasser siede. In der 
That besitzt die Lagune eine etwas erhöhte Temperatur (16° C.) 
und ist salzig. Sie hat keinen sichtbaren Abfluss; doch rinnt 
das Wasser durch die lockeren Fels- und Tuffmassen und tritt 
am äusseren Fuss des Kegels als laue salzige Quellen wieder 
hervor, in deren Wasser die Prenadillas (Pimelodes Cyclopum) 
mit Vorliebe leben. 

Kein anderer Vulkan Eecuador’s besitzt eine so eigen- 
thüumliche Lage wie der Quiloioa, und von keinem ist es so 
leicht, eine Vorstellung seiner Bildung zu gewinnen. 

Ohne Zweifel hat das Wasser das tiefe und breite Thal 
des Toache in der aus alten sedimentären und aus plutonischen 
Gesteinen gebildeten Cordillere ausgehöhlt, bevor die vulka- 
nischen Kräfte in diesem Gebiet hervorbrachen. Die ersten 

Zeits. d.D.geol. Ges. XXVLH, 2. 19 


Eruptionen fanden in der Cordillere von Guangaje und Tina 


statt, doch nicht in ununterbrochener Folge und ohne grössere 
Massen von Lava und Tuffen zu bilden, Eine lange Ruhezeit 
trennt diese erste Aeusserung vulkanischer Kräfte von der Eru- 
ption des Quilotoa, denn jene älteren Laven befinden sich in 
einem mehr vorgeschrittenen Zustande der Verwitterung in 
dem Maasse, dass es auf den .ersten Blick nicht immer leicht 
ist, sie von den älteren Gesteinen zu unterscheiden. Als das 
Thal bereits in gleicher Weise ausgetieft war, wie wir es jetzt 
sehen würden, wenn wir uns alle dasselbe erfüllenden vulka- 
nischen Massen entfernt denken, begannen die Eruptionen im 
Thalgrunde selbst und zwar in seiner Mitte, zwischen seinem 
Ursprunge und der Vereinigung mit dem Thal des Hatun- 
cama. Zaähflüssige trachytische Laven häuften sich auf um 
den Eruptionsschlund, ohne indess zu breiteren oder schmalen 
Bändern sich auszudehnen, ohne Lavaströme, ähnlich denen 
des Vesuvs, des Cotopaxi oder des Antisana, zu bilden. Viel- 
mehr thürmte sich die Lava in ähnlicher Weise auf, wie es 
im Jahre 1866 in den Kaimeni-Inseln des Archipels von 
Santorin zu beobachten war. Oftmals mussen sich diese Eru- 
ptionen wiederholt haben, begleitet von heftigen Gas- und 
Wasserdampf-Entwickelungen, welche die Lava zertrümmerten, 
zerstäaubten und als Aschenmassen, mit Bimstein vermischt, 
ausschleuderten. Diese feinen Auswurfsmassen verbanden sich 
mit den grösseren Blöcken zu Conglomeraten und Tuffen und 
lieferten das Material zu den vulkanischen Bildungen des 
Toachethals. Ohne Zweifel stauten die in der Mitte der Thal- 
erstreckung aufgethürmten vulkanischen Produkte den Lauf 
der Gewässer auf, welche von Zeit zu Zeit, vermischt mit 
Aschen und Geröllen, Schlammfluthen erzeugten, die den un- 
teren Theil des Thals heimsuchten, Regengüsse und Wolken- 
brüche, welche den gewaltigen Dampfexhalationen ihre Ent- 
stehung verdanken mochten, stürzten an den Berggehängen 
herab und trugen zur Bildung jener das Thal hoch erfullenden 
Tuffplateaus bei, in dem sie die vulkanischen Aschen von den 
höheren Theilen des Gebirges zum Thale herabführten. Zu 
Anfang bildete sich in der Thalfläche wohl nur ein kleiner 
Kegel, welcher die beiden Thalgehänge nicht berührte. All- 
mälig vergrösserte sich derselbe und nahm die ganze Thal- 
breite ein, sich mit der westlichen Gebirgskette verbindend. 


EEE 
Er ei ö ; 


Wahrscheinlich dauerten beim Quilotoa, wie bei vielen anderen 
Vulkanen die Aschenauswürfe nach dem letzten Lavaerguss 
noch lange fort und so zerstörten die damit verbundenen 
Explosionen einen grossen Theil des Kegels, schleuderten den 
Gipfel fort und bildeten schliesslich jenen grossen und tiefen 
Krater, welcher jetzt die Lagune lauwarmen und salzigen 
Wassers birgt. So erklärt sich die Thatsache, dass der Kegel 
so tief gleichsam begraben ist von Tuff- und Bimsteinmassen. 
Die Lagune bildete sich in dem ringsumschlossenen Becken 
durch Regenwasser, da in diesen Höhen die Verdunstung dem 
Niederschlage nicht das Gleichgewicht hält. Ohne die unter- 
irdischen Abflüsse müsste sich der Spiegel des Sees höher und 
höher füllen. In der That hebt sich allmälig der Spiegel des- 
selben aus einer anderen Ursache, nämlich in Folge der 
zahlreichen Felssturze, welche von den jähen Felswänden fort 


und fort sich lösen, den Grund des Kraters ausfullen und so 


die Tiefe desselben vermindern. 

Die letzten Anzeichen jener Entwicklung von Gasen und 
Dämpfen, welche eine so grosse Rolle in der Geschichte des 
Quilotoa gespielt haben, erkennt man in der höheren Tem- 
peratur der Lagune und in den erwähnten Gasblasen, welche 
aus der Wasserfläche aufsteigen. Ich halte es für sehr wahr- 
scheinlich, dass die verschiedenen Ausbruche, welche in histo- 
rischer Zeit stattgefunden haben sollen, sich auf eine Zunahme 
jener Gasexhalationen beschränken, in Folge deren die ganze 
Wasserfläche im Sieden zu sein schien. Der Tod verschie- 
dener Thiere und die schwarze Färbung, welche alsbald ihr 
Fleisch annahm, sowie das Verdorren der Gräser auf ver- 
schiedenen Theilen des Felskranzes und ähnliche Erscheinungen 
erklären sich unschwer durch starke Entwickelungen von 
Kohlensäure und Schwefelwasserstoff. Die Flammen, welche 
aus dem Krater aufgestiegen sein sollen, sind wohl unzweifel- 
haft eine Erfindung der Indianer; denn niemals war ein Weisser 
Augenzeuge einer Eruption des Quilotoa. Nicht einmal im 
Zustande völliger Ruhe, in welchem der Berg sich jetzt be- 
findet, wagen die Weissen zum Krater hinabzusteigen, aus 
Furcht, das Maar möchte sie an sich ziehen, während doch die 
Indianer alle Tage hinabgehen, um ihre Schaafe mit dem Salz- 
wasser zu tränken. Die wenigen Weissen, welche eine Eru- 


ption gesehen zu haben behaupten, haben sich erst sechs oder 
192 | 


280 


acht Tage nach dem Ende des Phänomens bis zum Krater- 
rande gewagt. 

Es scheint, dass die von der westlichen Kraterwand durch 
einen (bereits oben erwähnten) Felssturz losgelösten Massen 
ehemals sich weiter in die Lagune erstreckten, sodass sie, 
nach der Aussage einiger älterer Landbewohner, Weidegrund 
für einige Thiere boten. Da sie indess grösstentheils aus 
lockeren und durch den Sturz von der Höhe zerstörten Tuffen 
bestanden, so wurden sie allmälig durch das bewegte Wasser 
der Lagune zerstört und verschwanden schliesslich ganz. Dies 
ist die grosse „Insel* des Pater VELAsco, welche verschwand, 
als der Spiegel des Wassers sich um 70 Varas erhob. Die 
unbestimmten Angaben des Pater VrELASco verdienen nicht 
mehr Glauben, als die sich oft widersprechenden Traditionen 
der Indianer, welche ich in der Umgebung des Quilotoa sam- 
meln konnte, und von denen ich das Wesentlichste und Wahr- 
scheinlichste berichtet habe. Gewiss scheint mir, dass der 
Berg seit Menschen Gedenken keine Eruption gehabt habe, 
denn man findet weder Aschen noch Schlacken aus historischer 
Zeit. Die Uebertreibungen der aus der Nähe des Vulkans 
entspringenden Gefahren erklären sich meiner Ansicht nach 
leicht aus der Erwägung des Charakters und der gegenseitigen 
socialen Stellung der beiden das Land bewohnenden Rassen, 
von denen die eine absoluter Herr der Ländereien und der 
Bewohner, die andere Sclaven ohne Eigenthum ist. Man 
muss die Schlauheit kennen, mit welcher die Schwachen und 
Unterdrückten aus den Vorurtheilen ihrer Unterdrücker Gewinn 
ziehen. j 

Die kurze Schilderung, welche ich vom Quilotoa und der 
Geschichte seiner Bildung gegeben habe, erklärt nicht nur die 
Tuffplateaus im Toache - Thal, die Verbindung von trachy- 
tischen Massen mit Tuffen zum Aufbau des Kegels, die Aus- 
höhlung des tiefen Kraters und die Ansammlung von Jlau- 
warmen salzigen Wasser in demselben, sondern lehrt auch, 
dass niemals hier ein hochragender Vulkankegel vorhanden 
war, durch dessen Einsturz die Gesammtheit der angeführten 
Erscheinungen sich erklären liessen. Diese Vorstellung des 
Einsturzes eines hohen Vulkans hat gleich wenig Begründung 
für den Quilotoa, den Altar, den Carihuairazo, den Mujanda, 
den Pichincha oder den Cuicocha; und ebenso unbegründet ist 


281 


die Furcht, es möchte früher oder später der Chimborazo und 
der Cotopaxi einsturzen. Wie der’ Quilotoa dem Geologen 
grossartige, der Erforschung würdige Erscheinungen darbietet, 
so gewährt der Berg und seine Umgebung auch dem Mine- 
ralogen nicht geringeres Interesse. Die Laven mit den grossen 
ausgeschiedenen Feldspathkrystallen gehören zu den schönsten 
und merkwürdigsten Trachyten Ecuadors und bieten zudem so 
zahlreiche verschiedene Varietäten dar, wie bei wenigen an- 
deren Bergen der Welt. Vom krystallinisch-körnigen Trachyt 
bis zum Bimstein, ja bis zum Obsidian finden sich alle 
Zwischenstufen.. Häufig liegen die Feldspath- und Hornblende- 
krystalle parallel und geben dem Gestein ein schiefriges Ge- 
füge, so dass man nicht sowohl eine Lava als vielmehr einen 
Hornblendeschiefer vor sich zu haben glaubt. Dieselben Tra- 
chyte finden sich mit Eisenkies imprägnirt am Rande des 
Maars. Die Diorite und die anderen plutonischen Gesteine 
wechseln ihr Ansehen beinahe mit jedem Schritte und um- 


schliessen — was bei Gesteinen dieser Formation ungewöhn- 
lich — eine bauwürdige Schwefellagerstätte. Eigenthümlich 


ist dies Schwefelvorkommen. Gegenüber der Meierei Pilapujin 
erblickt man in der Cordillere von Isinlivi und Guangaje die 
Trümmer eines grossen Bergsturzes, welcher vom hohen Kamm 


” bis zum Toache-Fluss sich erstreckte, mit seinen Trümmern 


die Berggehänge bedeckend. Diese Trümmer bestehen zum 
grossen Theil aus sehr hartem, schwefelreichem Gesteine. 
Wahrscheinlich erklärt sich der Bergsturz und die Gegenwart 
des Schwefels durch die Zersetzung des Eisenkieses in den 
die Cordillere bildenden alten Gesteinen. Jene Schwefellager- 
stätte wurde, wie man mir versicherte, früher mit Vortheil 
bearbeite. Gründe, welche mit der Grube in keiner Bezie- 
hung standen, veranlassten den Unternehmer, die Arbeit auf- 
zugeben. *) 

Um meinen Bericht über die Gebirge in der Umgebung 
des Quilotoa zu vervollständigen, füge ich einige Worte über 
die Cordillere von Zumbagua und Angamarca hinzu, obgleich 
ich dieselbe erst viel später, nämlich nach meiner Reise zum 
'Cerro hermoso, besucht habe. 


#) Nach den Höhenmessungen von Reıss und Stüsen beträgt der 
höchste Gipfel des Quilotoa 4010 M. 


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Es wurde bereits erwähnt, dass die das Toache-Thal zu 


beiden Seiten begleitenden Gebirgszuge sich zu einem hohen 
Bergknoten oberhalb der Meiereien Tigua und Zumbagua ver- 
einigen. Diese Berggruppe, welche zum grossen Theile aus 
alten Gesteins- und Schichtenmassen besteht und mit vulka- 
nischen Producten nur bedeckt ist, erstreckt sich von der 
Quelle des Toache bis zum Fusse des Carihuairazo und von 
den Paramos von Cusubamba bis zum Flecken Angamarca. 
Die kulminirenden Punkte sind die Kämme Michacalä und Tigsan 
und die Berge von Cuchihuasi und Guagua aparishea rumi, 
welche häufig von Schnee bedeckt sind. Die Schluchten sind 


sehr tief und breit und nur durch schmale Kämme geschieden, 


die kaum Raum für einen Saumpfad gewähren. Schiefer, 
Sandsteine, Conglomerate, Porphyre und Melaphyre setzen das 
Gebirge in seinem nördlichen und westlichen Theile bis zu 
einer Höhe von 4000 M. zusammen, während die die Hohen 


der Cordillere bedeckenden vulkanischen Bildungen gegen Su- 
-den sich hinabsenken, um sich mit den Laven des Carihuai- 


razo zu verbinden. Gegen Osten erstreckt sich die vulkanische 
Formation bis zu den Ufern des Cutuche-Flusses, welcher dort 
den Namen Rio Pulapuchan fuhrt. Breccien und trachytische 
Conglomerate und Bimsteintuffe, in mächtige Bänke gesondert, 
zuweilen mit trachytischen Massen wechselnd, charakterisiren 
in diesem Gebiet die vulkanische Formation, deren Laven theils 
denen des Quilotoa gleichen, theils, eine perlitische Struetur 
annehmend, an die Gesteine von Guamanies erinnern, wäh- 
rend die Lavastrome in der Gegend von Llangagua sich den 
Trachytvarietäten des Carihuairazo nähern. Die Strasse (camino 


real) von Latacunga nach Angamarca überschreitet diese Cor- 


dillere, indem sie mehr als eine halbe Legua in einer Höhe 
von 4300 bis 4400 M. auf einem schmalen nackten Felskamm 
fortläuft. Dieser Uebergang von Michacala und Angamarca ist 
wegen der Schneewehen und Stürme, gegen welche sich kein 
Schutz bietet, sehr gefürchtet. Ohne Zweifel ist dieser Hoch- 
pass viel schutzloser als der so gefürchtete Pass des Azuay. 

Als einen Punkt von besonderem Interesse muss ich noch 
Chambullas erwähnen auf dem höchsten Punkte des Weges, 
welcher von der Hacienda Tigua nach Pugilı führt. Dort ent- 
weicht aus mehreren Oeffnungen im Boden und unter ziemlich 
starker Spannung eine grosse Menge von Kohlensäure. 


a 983 


Nachdem ich drei Wochen auf die Untersuchung des Qui- 
lotoa und seiner Umgebung verwendet, kam ich am Weih- 
nachtstage nach Latacunga. Von dort begab ich mich in den 
ersten Tagen des Januar nach Pillaro, von welchem Punkte 
bereits mehrere Reisen nach Llänganates unternommen worden 
waren. Unterstützt durch die Behörden gelang es mir, in 
wenigen Tagen eine hinlängliche Zahl von Bauern zu gewin- 
nen, welche das fur einen dreiwöchentlichen Aufenthalt in 
völlig unbewohnten Landstrichen unumgänglich nüthige Gepäck 
auf den Schultern trugen. Doch war damit erst wenig ge- 
wonnen, da es unmöglich war, einen Führer zu finden. Bisher 
hatten alle Reisen in jener Richtung den Zweck, die reichen 
Erzlagerstätten aufzusuchen, von denen das Routier (Derra- 
tero) spricht, oder um eine Hacienda des Tieflandes (tierra 
caliente) im Stromgebiet des Cururay zu bearbeiten; während 
ich selbst einen mehr südlichen Weg nehmen wollte, um den 
einzigen Schneeberg zu untersuchen, welcher sich über der 
 gesammten ÜOordillere von Llanganates erhebt. Die Existenz 
dieses Schneegipfels war den Bewohnern von Pillano wohl 
bekannt, und alle bezeichneten ihn als „Cerro hermoso®. Da 
indess Niemand bisher auch nur dem Fusse des Gebirges nahe 
gekommen, so wichen die Ansichten über den einzuschlagen- 
den Weg sehr von einander ab. Die Einen suchten mich für 
den nördlichen Weg zu bestimmen, welcher zunächst zu den 
erwähnten Hacienden fuhrt, um zum Tiefland (Tierra caliente) 
. niederzusteigen und dann wieder zum Gebirge mich zu erheben. 
Andere schlugen mir vor, zunächst nach Taramillo zu gehen, 
einer alten Hirtenwohnung (Hato) in Päramo, von der man 
den 'Cerro hermoso gesehen habe und von wo derselbe, aller 
Wahrscheinlichkeit nach, nicht mehr sehr ferne sein konnte, 
In der Absicht, wenn möglich, den Abstieg zur Waldregion 
zu vermeiden, und einen Pfad über den Päramo zu suchen, 
entschloss ich mich zu dem letztgenannten Wege, welcher 


ausserdem den Vortheil bot, bis Jaramillo — eine starke 
Tagereise von Pillaro entfernt — auch für Pferde gangbar 
zu Sein. 


Der Aufbruch war auf den 8. Januar 6 Uhr Morgens 
festgesetzt. Da es indess nöthig war, die Bauern durch 
Polizei-Patrouillen herbeizuholen, so verzögerte sich unsere 


Reise bis 9 Uhr. Die Expedition bestand aus 30 Menschen 
und 11 Maulthieren. u 
Die Gebirge, welche sich östlich von Pillaro erheben, 
sind die Fortsetzung der Cordillere, welche sich vom Coto- 
paxi und Quilindana bis zum Rio Pastaza erstreckt, eine breite 
Kette ohne ragende Gipfel und mit einer schnellen Abdachung 
gegen West; während in östlicher Richtung die Queräste des 
Gebirges eine ansehnliche Erstreckung gewinnen, bis sie end- 
lich in den Llanos des weiten Amazonenthals sich verlieren. 
Eine grosse Zahl von Schluchten, alle von geringer Bedeutung, 
öffnet sich gegen West, um sich mit dem Cutuche - Thale zu 
verbinden. Nur ein einziger grösserer Fluss, der Rio Gua- 
pante, nimmt gegen West seinen Lauf, indem er die Gewässer 
vieler Paramos sowohl des nördlichen Gebiets um Latacunga, 
als auch des südlichen Hochgebirgs in der Umgebung von 


Pillaro sammelt. Alle anderen grösseren Flussthäler wenden 


sich gegen Ost. In denselben vereinigen sich die wasser- 
reichen Quellbäche der Flüsse Cururay und Bombonazo, Neben- 
flüsse des Napo und des Pastaza.. Von so hohem Alter und 
bereits durch die Erosion in dem Maasse zerstört ist jene 
Cordillere, dass nur schmale Schneiden die Thalgrunde tren- 
nen, welche, mit Seen und Mooren erfüllt, die Quellen der 
Flüsse bergen. 

Steigt man von Pillaro am westlichen Gehänge des Ge- 
birges empor, so erreicht man bald den Kamm, welcher die 
gegen Süd und die gegen Nord gerichteten Thäler scheidet. 
Diesem Kamme folgend, welcher mit ostwestlichem Streichen 
die tiefen Thäler Guagrahuazi, Cruzsacha, Yanacocha und 
Pujin trennt, kann man zu Pferde alle Gebirge überschreiten, 
welche unter dem Namen der Cordillere von Pillaro bekannt 
sind, bis zum Thale von Taramillo.. Hier liegt die Grenze 
zwischen der genannten Cordillere und derjenigen von Llan- 
ganates. Während man nämlich von Pillaro bis zum Rio 
verde, welcher die Paramos von Taramillo entwässert, nur 
älteren vulkanischen Gesteinen begegnet, verschwinden dieselben 
gegen Ost vollständig und Glimmerschiefer und Gneiss er- 
heben sich bis zu den höchsten Gipfeln. Es fallt demnach 
hier die herkömmliche Provinzialgrenze mit der geologischen 
Grenze zusammen. Ohne Zweifel verbergen sich auch in der 
Cordillere von Pillaro unter den Lavamassen und vulkanischen 


a 


285 

Auswurflingen die alten Schiefergesteine. Ich habe sie indess, 
da mein Weg über den hohen Kamm führte, ohne in die 
Thaltiefen hinabzusteigen, nicht wahrgenommen. Mächtige 
Lavabänke treten am westlichen Gehänge, um Pillaro und 
Quimbana, auf. während die Felsen, welche die oberen Theile 
der Schluchten trennen, vorzugsweise aus vulkanischen Tuffen 
und Conglomeraten, durchsetzt von Gängen, bestehen. Die 
mehr zersetzten Laven der höheren Gebirgstheile sind zuweilen 
mit Eisenkies imprägnirt, die Hohlräume anderer sind mit 
Quarzkrystallen erfüllt. Die Salbänder der Gänge bestehen 
zuweilen aus obsidianähnlichem Gestein. 

In so grosser Begleitung kommt man stets nur langsam 
vorwärts, und obgleich ich bis Taramillo das Gepäck auf Maul- 
thieren transportiren liess, brauchten wir doch drei und einen 
halben Tag, bis wir einen hohen Kamm erreichten, von wel- 
chem wir des Schneegipfels ansichtig wurden. Unser Weg 
führte uns bald über die Hochflächen der Päramos, bald 
mussten wir uns Bahn brechen durch das dichtverwachsene 
Riedgras, bald stiegen wir wieder hinab auf den Grund, uns 
durch den dichten, die Gehänge bedeckenden Wald hindurch- 
arbeitend. Die von den Thieren getretenen Pfade erleichterten 
uns sehr die Arbeit. Das Wetter war uns indess nicht günstig, 
denn es regnete und schneite fast ununterbrochen und das 
Gewölk verhullte uns den Anblick von 9 Uhr des Morgens 
an. So war ich genöthigt, die Zelte schon vor Abend auf- 
schlagen zu lassen aus Furcht, mich in diesem Gebirgslaby- 
rinth zu verirren. Trotz aller Vorsicht fehlte nicht viel, dass 
wir uns verirrt hätten und den Schneegipfel gegen Süden las- 
send, ohne ihn zu erblicken ihn immer weiter gegen Osten 
gesucht hätten. 

Sechs Tage verweilten wir am steilen Gehänge eines 
Glimmerschieferkamms inmitten eines fast undurchdringlichen 
Dickichts von hohem Riedgras, in Wolken gehüllt, unter 
immerwährenden Regengüssen und Schneegestöbern, bis es 
uns gelang, für einige Augenblicke des Schneebergs ansichtig 
zu werden, um seine Hohe messen zu können. Nachdem diese 
. Arbeit vollendet, erstieg ich mit einigen Begleitern den west- 
lichen Abhang des ÜOerro hermoso bis zur unteren Schnee- 
grenze, um mir über die Gesteinsbeschaffenheit der Gipfel- 
felsen Gewissheit zu verschaffen. 


Die Aussicht von unserem Lagerplatz an den Glimmer- 2 


schieferfelsen, welchen wir Toldafilo nannten, umfasst die ee Re 


ganze östliche Cordillere zwischen dem Antisana und Coto- 
paxi bis zum Sangay. Ich konnte mich vergewissern, dass 
weder jene Kegel und Vulkane, welche Herr Guzmann auf 
seine Karte eingetragen bat, noch überhaupt vulkanische Ge- 
bilde in jenem Theile der Cordilleren vorhanden sind. Der 
Antisana und Sangay sind die beiden am meisten gegen Ost 
gerückten Vulkankegel. Die Eruptionen, welche in diesem 
Zwischenraum stattgefunden, haben lediglich das Schiefer- 
gebirge mit einer dünnen Aschenschicht bedeckt, welche vom 


hohen Gebirgsgewölbe (Cumbre) bis zu den Hochebenen reicht, 


welche sich zwischen den beiden Hauptzweigen der grossen 
Cordillere ausbreiten. Doch scheint eine Ausnahme zu be- 
stehen, denn ich erblickte einmal vom Antisana aus gegen 
Osten, und wiederum vom Cerro hermoso aus gegen Nord- 
osten schon weit abwärts am östlichen Crdillerengehänge, wo 
schon die niederen Hügel beginnen, einen Kegel von gleich 
regelmässiger Gestalt, wie die des Cotopaxi oder des Sangay, 
sich völlig isolirt erhebend uber die waldbedeckten Höhen, 
welche ihm zur Basis dienen. Es wurde mir versichert, dass 
der Weg von Papallacta zum Napo am Fusse jenes Kegels, 
welcher Cuyufa heisse, vorbeiführe. Es ist befremdlich, dass 
VILLAVIVENCIO, obgleich er einige Zeit am Napo lebte, jenes 
Kegelbergs in seiner Geographie keine Erwähnung thut, wenn 
derselbe nicht etwa identisch ist mit dem Berg Sumaco, unfern 
San Jose de Mote. Dem sei indess wie ihm wolle, seine 
Untersuchung wird immerhin grosses Interesse darbieten, denn 
er scheint von vulkanischer Bildung zu sein. 

Die Schieferberge, namentlich diejenigen östlich des Flusses 
Topo, sind sehr steil, schneidige Formen bildend, mit nackten 
Gehängen. Die Schieferungsflächen stehen fast vertical und 
erglänzen unter den Strahlen der Sonne in Folge der die 
Schieferungsebene bedeckenden Glimmerblätter wie Silber. 
Doch erreichen jene jahen Berggestalten keine grössere Höhe 
als 4200-4300 M. und überragen den hohen Kamm der Cor- 
dillere nicht. Nur der Cerro hermoso steigt zu grösserer 
Höhe empor*), was mit seiner besonderen geologischen Bil- 


*) Nach den Höhemessungen von Rkıss und Srüsrı beträgt die 
Gipfelhöhe des Cerro hermoso (trigonometrische Messung) 4576. Die 
Schneegrenze liegt auf der Westseite des Berges in 4242 M, Höhe, 


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287 


dung zusammenhängt. Der untere Theil des Schneebergs be- 
steht gleichfalls aus Glimmerschieferschichten. Anstatt aber 
"mit einem sägeförmigen scharfen Kamm zu gipfeln, trägt 
der Berg über den aufgerichteten Schieferstraten horizontale 
Schichten. Wenn schon der untere Theil des Berges kaum 
ersteiglich scheint, so stellt sich die Gipfelmasse — wenigstens 
auf der westlichen Seite — in Folge des Abbruchs der hori- 
zontalen Schichten wie eine Mauer dar, über welcher ein grosser 
Gletscher herabhängt, der sich mit den Firnmassen am Fusse 
der schwarzen Felsen vereinigt. Die horizontalen Schichten 
bestehen aus bituminösen Kalkschiefern, welche in dem Maasse 
mit Eisenkies imprägnirt sind, dass man die glänzenden 
Krystallkörner — nach den Worten meiner Begleiter — wie 
Gold glänzen sieht. Vielleicht sind die berufenen grossen 
Goldschätze von Llanganates nichts Anderes als Massen von 
Eisenkies, welcher den unerfahrenen Erzgräberr Eeuador’s 
schon so viel Geld gekostet: hat. 

Wenn man den Cerro hermoso nur von der Westseite be- 
trachtet, so begreift man nicht, wie auf dem Gipfel sich ein 
Gletscher bilden kann. Derselbe nimmt seinen Ursprung in 
den grossen Firnmassen, welche sich auf einem etwas gegen 
Sud geneigten Plateau anhäufen. Der Gipfel ist nämlich von 
West nach Ost ausgedehnt, wie man deutlich von einem mehr 
südlich gelegenen Punkte, z.B. von Mocha sehen kann. Schon 
Dr. StüBEL hob die interessante Thatsache hervor, dass die 
Schneegrenze in der Cordillere tiefer hinabsinkt in dem Maasse 
als man gegen Ost fortschreitet. So erreicht der Cerro her- 
moso die Höhe von 4600 M. nicht, welche die allgemeine 
Schneegrenze in der westlichen Cordillere bezeichnet, und 
dennoch ist jener Gipfel nicht nur mit ewigem Schnee bedeckt, 
sondern ein grosser Schneeberg, welcher wahre aus kom- 
paktem Firn und Eis bestehende Gletscher erzeugt. — Von 
jenen feuchten und kalten Hohen zurückkehrend, beschleu- 
nigten wir unseren Marsch und erreichten in 25 Tag Pillaro, 
von wo ich mich ohne Aufenthalt nach Ambato und dann auf 
der fahrbaren Strasse nach Latacunga begab. 

Ich verwandte nun drei Wochen zu trigonometrischen 
Operationen, überstieg dann die westliche Cordillere südlich 
des Flusses Toache, wandte mich dann von Angamarca zuruck 
nach Ambato (21. Februar), wo ich mit Dr. STüBEL, welchen 


288 


ich ein volles Jahr nicht gesehen, zusammentreffen sollte. 


Ueber diese letztere Reise habe ich bereits oben einige An- 
deutungen gemacht, als ich von der Cordillere von Zumbagua 
und Angamarca sprach. 

Noch bleibt mir übrig, meine Reise zum Azuay und nach 
Cuenca zu schildern. Am 7. März brach ich zum Sangay auf. 
Während eines schrecklichen Schneegestöbers gestattete mir 
in Caleitpungo das Wetter dennoch, einige Male deu Berg zu 
erblicken. Indess störte das überaus schlechte Wetter und 
namentlich die starken Winde meine Reise nicht wenig, so 
dass die gewonnenen Resultate der Höhenbestimmungen einem 


Zweifel Raum geben, weil sie nur auf schmaler Grundfläche 
mit bedeutender absoluter Höhe gewonnen sind. Ich hoffe, 


meine Messungen bald unter günstigeren Bedingungen wieder- 
holen zu können. 

Da die gute Jahreszeit, welche in diesem Jahre unge- 
wöhnlich lange angedauert, sich bereits zum Ende neigte, und 
ich des Lebens in den Paramos müde war, entschloss ich mich, 
einen Ausflug nach Cuenca zu machen, um zu untersuchen, 
wie weit in jener Richtung die vulkanischen Bildungen reichen. 

Wenig südlich von Riobamba endet die deutliche Thei- 
lung, welche die Cordillere in nördlicher Hälfte von Ecuador 
erkennen lässt, und tritt erst in der Gegend von Cuenca wieder 
hervor. Der ganze Zwischenraum zwischen Riobamba und 
Guamote wird von Gebirgen eingenommen, welche aus kry- 


stallinischen Schiefern (pizarros), Syeniten, Dioriten und an- 


deren plutonischen Gesteinen bestehen und vielfach von vul- 
kanischen Massen bedeckt sind. Die Fahrstrasse benutzt eine 
im westlichen Theile des Gebirges befindliche Senkung um 
dasselbe — welchem Dr. StüßgEL den Namen “Gebirge von 
Yaruquies gegeben hat — zu überschreiten. Mehrere andere 
Wege führen über dies Gebirge, welche sich sammtlich im 
Flecken Guamote vereinigen. Unter den vulkanischen Formen 
dieses Gebirges sind wegen ihrer charakteristischen Gestaltung 
namentlich die Kegel Tulabug und Aulabug hervorzuheben, 
während unter den Gesteinsarten die losen Blöcke von quarz- 
führendem Trachyt in der Gegend von Pulucate besonders be- 
merkenswerth sind. 

Im Süden des Flusses von Guamote, welcher sich mit 
dem Flusse von Cebadas vereinigt, beginnen Gebirgshöhen, 


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289 


welche aus Schiefern und alten Gesteinen bestehen. Diese 
steigen empor zu den Päramos von Zula und bilden die Basis 
des Azuay. Es giebt zwei Wege nach Cuenca: der eine führt 
über die Höhe des Azuay, der andere, längere, zieht am west- 
lichen Gehänge desselben Gebirges hin und verbindet sich, 
ohne zu bedeutenden Höhen anzusteigen, mit der königlichen 
Strasse bei dem Flecken Canar. Auf der Hinreise wählte ich 
die letztere der erwähnten Strassen, welche die Flecken Tigsan 
und Alausi berührt, dem Thale des Sucus-Flusses bis zu 
seiner Vereinigung mit dem Flusse Chanchan folgt, sich dann 
nach Chunchi erhebt, wo der Uebergang durch Waldterrain 
beginnt. Bei jeder Jahreszeit ist dieser Weg schlecht; doch 
fast ungangbar im Winter, so dass ich mehr als 20 Stunden 
gebrauchte, um die zehn Wegestunden zwischen Chunchi und 
Canar zuruckzulegen. Auf der Rückreise wählte ich die König- 
liche Strasse, so dass ich auf diesen beiden schnellen Reisen 
doch eine allgemeine geologische Uebersicht des Azuay ge- 
winnen konnte. Zu einem gründlichen Studium dieses Ge- 
birges wurden mehrere Monate erforderlich sein, eine Zeit, 
welche mir jetzt nicht zur Verfügung steht. Doch wage ich 
zu hoffen, dass die wenigen Andeutungen, welche ich geben 
konnte, andere Reisende veranlassen werden, jenes bis jetzt 
fast ganz unbekannte Gebirge eingehender zu untersuchen. 
Der grosse Gebirgsknoten Azuay besteht in seiner nörd- 
lichen Hälfte aus alten Gesteinen: Schiefern, Porphyren, Dio- 
riten u.s. w., während die Südhälfte durch Sandsteine gebildet 
wird. Diese Massen sind von vulkanischen Bildungen bedeckt. 
Die Schiefer und Sandsteine, die letzteren häufig als Con- 
glomerate entwickelt (Nagelfluh), treten in fast senkrechter 
Schichtenstellung und mit nordsudlichem Streichen, unbedeckt 
von der vulkanischen Ueberschüttung auf den Höhen und in 
den Schluchten bis zu einer Höhe von 3600— 3800 M. auf. 
Von diesem Niveau beginnend bis zu den Gipfeln trifit man 
auf dem südlichen Gehänge nur Laven, vulkanische Breccien, 
Conglomerate und Tuffe auf der Südseite. Im Centrum des 
Gebirges werden diese Massen von Lavagängen durchsetzt. 
Trachytische Conglomerate und Bimsteintuffe sind in der Um- 
gebung des Azuay weit verbreitet. Sie bilden mächtige Schich- 
ten in den Päramos von Zula, gegen West bis zur Waldregion 
sich hinabsenkend und erfüllen auch das ganze Thal des Mo- 


lobog-Flusses unfern Canar, so dass es oft schwierig ist, sich 
über das anstehende Gestein zu vergewissern. Vielleicht kön- 


nen die Eruptionen von Tiesan als Vorboten und Ausläufer 
des grossen vulkanischen Oentrum Assuay gedeutet werden; 
und vielleicht sind von derselben Art die trachytischen Tuffe 
und Breccien von Deleg, Sideay und Turi unfern Cuenca. 
Auf dem Wege von Cahar und Ingapirca nach Cuenca 
habe ich keine anstehenden Lavafelsen oder Berge vulkanischer 
Bildung beobachtet, wohl aber an den bezeichneten Orten 
Trachyttuffe und Bimsteinsande. Der District von Cuenca, 
wenigstens der von der königlichen Strasse durchschnittene 


Theil unterscheidet sich sehr von den nördlichen Landschaften - 


der Republik Ecuador: die Thäler sind breit, die Höhen niedrig, 
nicht steil und ohne ausgezeichnete Gestalten. Schon auf den 
ersten Blick erkennt man, dass 'hier sedimentäre Schichten 


herrschen, Einige Porphyrgipfel überragen die sanften, aus 


leichter verwitterbaren Gesteinen bestehenden Höhen. Die 
Flussgerölle deuten an, dass auch plutonische Gesteine an der 
Zusammensetzung des Landes theilnehmen. Unter den Porphyr- 


bergen verdient namentlich der Cerro Molobog Erwähnung, 


an dessen Fuss ein Weg von Canar nach Azögues vorbeifuhrt. 
Mit dem Porphyr verbunden findet sich nämlich an jenem 
Berge Pechstein in grosser Verbreitung. 

Nur in dem weiten Thale von Cuenca scheinen sedimen- 


täre Gebilde zu herrschen, denn die von der westlichen Cor- 


dillere herabströmenden Flusse führen nur Quarzite und viele 
Varietäten plutonischer Gesteine. Die fahrbare Strasse nach 
Guayaquil überschreitet bei Sayausi die Schiefer und tritt dann 
sogleich in das Gebiet jener plutonischen Gesteine ein. 

Die Umgebung von Cuenca ist reich an warmen Quellen, 
deren Kalktuffbildungen bei Guapan und Banos die Gebirgs- 
abhänge bedecken. Ich zweifle nicht daran, dass die bunten 
Marmore von Banos und diejenigen von Tejar bei Cuenca Bil- 
dungen gleicher Art sind. 

Ich besuchte die alte Quecksilbergrube bei Huaishun, un- 
fern des Fleckens Azögues (Quecksilber), doch war es mir 
nicht möglich, Anzeichen des Erzes zu entdecken, obgleich 
mehrere Einwohner des Fleckens mich versicherten, dass sie 
bei Bestellung ihrer Felder oftmals bedeutende Quantitäten 
von flüssigem Quecksilber fänden, und die bedeutenden Aus- 


SEE RE TE 


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grabungen, welche noch sichtbar sind, von dem einstigen Reich- 
thum der Grube Zeugniss ablegen. 

In Cuenca endete meine Reise, und ich kehrte, nachdem 
ich die Ostertage dort zugebracht, nach Riobamba zurück, wo 


ich in den letzten Tagen des April anlangte. Nur bei Achu- 


pallas bog ich von der Strasse ab, um die Niederschläge der 
Mineralquelle von Zula zu sehen, welche wegen ihres Stron- 
tiangehalts so merkwürdig sind. Einige der von mir durch- 
reisten Distriete mussen zur Zeit der Conquista eine sehr 
grosse Wichtigkeit gehabt haben, wie man aus den Trümmern 
merkwurdiger Bauten schliessen kann, welche noch heute die 
Aufmerksamkeit des Wanderers auf sich ziehen. Andere Ge- 
biete, durch welche mein Weg mich führte, haben in Folge 
der zahlreichen in der jüngsten Zeit vorgekommenen Erdbeben 
eine traurige Berühmtheit erlangt. *) 

Das Erdbeben vom 24. October 1872, dessen Verwüstun- 
gen Dr. StüseL in den Llanas von Riobamba bis auf die 
Höhen der östlichen Cordillere beobachten konnte, machte sich 
fühlbar bis Quito und bis Canar, ja vielleicht bis Cuenca, 
Die stärkste Erschütterung wurde auf dem westlichen Abhang 
der Cordillere zwischen Pallatanga und Alausi gefühlt. Sie 
war der Beginn einer langen Reihe mehr oder weniger starker 
Beweguugen, welche sich anhaltend wiederholten vom ge- 
nannten Tage an bis in die ersten Monate des Jahres 1873 
hinein. Nach den Mittheilungen des Pfarrers von Tigsan 
zählte man während jenes Zeitraums in seinem Sprengel 
120 Erschütterungen, fast alle auf den bezeichneten District 
beschränkt. Die Erdbebenstösse, welche im Laufe des No- 
vember sehr zahlreich gewesen, nahmen allmäalig ab, sowohl: 
an Häufigkeit als auch an Stärke — bis zum Monat Januar, 
in welchem sie fast vollstandig verschwanden. Der erste Stoss 
war der heftigste von allen, warf die Kirchen und mehrere 
Häuser in den Städten und Dörfern um, verwüstete Meiereien 
an den Ufern der Flüsse Sucus oder Pumachaca und Canchan, 
sowie ihrer Nebenflüsse.. Da die Erschütterung am Tage 
erfolgte, so forderte sie nur wenige Opfer (1 oder 2 Todte 
und einige Verwundete). Die folgenden Stösse waren nicht 


*) Es folgt hier im Original eine Schilderung der alten Inca-Bauten 
von Ingapirca, am südöstlichen Abhang des Azuay, 


292 


mehr sehr heftig; indem sie sich indess beständig wieder- 
holten, brachten sie allmälig viele Häuser zu Fall. In Tigsan 
erblickte ich die Wirkungen dieser Erschütterungen: der grösste 
Theil der Kirche war eingestürzt, sowie viele Mauern; eine 
ansehnliche Zahl von Häusern wurde beschädigt. Gleiches 
beobachtete man in Alausi. Die ärgste Verwustung bot sich 
mir in der Meierei Bugnac dar, nahe der Vereinigung der 
Flüsse Sucus und Chanchan, weselbst die Zuckermühlen voll- 
ständig zusammengestürzt waren. Die merkwürdigste That- 
sache ist, dass einige Meiereien, welche etwas höher über 
dem Flusse liegen, aber näher bei Bugnac, nicht bemerkbar 


gelitten haben und ebensowenig der Flecken Chunchi, welcher 


in der Höhe auf der linken Seite des Flusses Chanchan liegt. 
Grösseren Schaden litt der Flecken Pallatanga, wo die Er- 
schütterungen — wie mir erzählt wurde — mit grösserer Ge- 
walt auftraten. Jenes Centrum der Erschütterungen habe ich 
bis jetzt nicht selbst besucht, hoffe aber bald dorthin zu kom- 
men. In denjenigen Landstrichen, welche ich bis jetzt durch- 
wandert habe, bemerkte ich keine grösseren Bergstürze oder 
Abrutschungen gleich denjenigen, welche durch das Erdbeben 
von Imbabura verursacht worden sind. Doch ist es wohl 
möglich , dass einige Felsblöcke von den hohen Wänden des 
Cerro Patarata bei Alausi herabgesturzt sind. — Von beson- 
derem Interesse sind diese auf ein enges nichtvulkanisches 
Gebiet beschränkten Erdbeben. Jenes Gebiet ist wegen seiner 
hohen und steilen Berge nur schwer zugänglich; während in 
den Thalgründen bereits Zuckerrohr ceultivirt wird, erheben sich 
die hohen Berggewölbe -bis zur Region der Gräser (des 
Pajonals). 

Es ist begreiflich, dass man in einem Lande, welches 
den Erdbeben so sehr unterworfen ist, wie Ecuador, Alles mit 
Interesse aufnimmt, was sich auf die Theorie der Erdbeben 
bezieht. So kann es auch nicht Wunder nehmen, dass selbst, 
nachdem die Folgerungen des Herrn Fa sich als trügerisch 
erwiesen, man den scheinbar wissenschaftlichen Darlegungen 
desselben Glauben beigemessen hat, jenen Folgerungen, welche 
ein allmäliges Sinken der Cordilleren beweisen sollten, und 
welche sich auf den Vergleich neuerer Messungen mit den- 


jenigen älterer Reisenden gründen sollten. Indess, trotz des 


Verlockenden, welches diese Vorstellung für die Bewohner der 


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293 


rauben Hochebenen haben musste, wurde es mir doch nicht 
schwer, dieselben davon zu überzeugen, wie hinfällig jene 
Folgerungen sind. Bevor ich diesen Bericht schliesse, sei es 
mir noch gestattet, eine Thatsache zu erwähnen, welche ich 
glaube auf den wenig zahlreichen Ausflügen beobachtet zu 
haben, welche ich in solche Päramos unternahm, die noch 
nicht von Menschen betreten waren. 

Die höheren Theile der Cordilleren sind von unermess- 
lichen Pajonales (gleichsam Alpenwiesen; indess nicht gebildet 
durch niedere Rasen und Kräuter, wie in den europäischen 
Alpen, sondern aus 3 bis 4 Fuss hohem Büschelgras — An- 
dropogon, Stipa ete. — bestehend, welches erhöhte Rasen und 
Polster bildet; nach Tu. WoLr) bedeckt, welche man für die 
ursprüngliche Vegetationsdecke der Cordilleren halten könnte. 
Indess wo auch immer ich mich aus den Gebieten der Meie- 
- reien und der Viehzucht entfernte und in solche Hochebene 
vordrang, welche niemals weder von Hirten noch von Jägern 
besucht waren, fand ich fast undurchdringliche Jucales”) oder 


*) Ueber die oben genannten Pflanzen Jucales, Achupallas und 
Chusque erhielt ich durch die Güte des Herrn Consul CarL Ocnsenits in 
Marburg folgende Mittheilung: IJucales, richtiger zu schreiben Yucales, 
kommt her von Yuca. Das angedeutete 1 deutet an, dass sich die 
Pflanze in grosser Menge bei einander findet; z. B. trigo Weizen, trigal 
Weizenfeld etc., also auch Yucal — plur. Yucales = grosse Flecken, 
bedeckt von Yuca, lat. yucca. — Die hier gemeinte Species ist wahr- 
scheinlich Y. acaulis oder eine verwandte Species (Familie der Liliaceen). 
Wildwachsend im nördlichen Südamerika, schwertförmige Blätter, sehr 
harter Blattrand, Spitzen sehr scharf. Wurzel von den Eingeborenen zu 
Mehl benutzt. — Achupalla, plur. A—s. Eringium aquaticum (Um- 
bellifere), aber wohl nicht Er. aguaticum , welches CavanıLLes aus Chile 
angiebt. Dieses ist nach Hooker Er, peniculatum Larocu, welches vom 
33° südlich geht; wird seinem ecuadorianischen Verwandten aber sehr 
ähnlich sehen. Er. penic. gleicht ohne Blüthen ganz einer kleinen Agave 
oder einer Bromeliacee. Stachlich starr, rauh, auch grosse Flächen be- 
deckend, sogar vom Vieh gemieden — Landplage. DBlüthenstengel bis 
1,0 M. hoch. Pflanze ohne denselben etwa 0,5 M. — Chusque, 
Wahrscheinlich der südamerikanische Namen, welcher Kunın veranlasste, 
das Genus der hierhin gehörigen Pflanzen Chusquea zu nennen, das 
charakteristisch für Südamerika ist. — Astgräser, von strauchartiger 
Species bis zu solchen, die bis zu den höchsten Bäumen gehen und von 
da überhängen. — Arge Plage für den Reisenden; undurchdringliche 
Dickichte. Durchgehauene Wege gefährlich für Menschen und Pferde. Auf 
kalten Hochflächen niedrig, ja Kriechend und dann sich sehr ausbreitend. 
Zeits. d. D. geol. Ges. XXVLL. 2. 20 


a REP ET Ehe BEE had SET FIT ER AERdG  Paget ae a ir 
Eh: “ BEN FRE u 1 = Te Fa a Be rt 
K, e Byte j aa 2 1 


294 


Achupallas, Chusque und andere Stachelgewächse , so dicht 


verwachsen, dass ich mir immer mit dem Waldmesser einen 
Weg bahnen musste. Woher rührt diese auffallende Verschie- 


denheit der Vegetation, warum setzen die Pajonales (die Rasen- 


flächen) nicht auch über diejenigen Theile der Päramos fort, 
welche vom Menschen früher nicht betreten wurden? Meiner 
Ansicht nach muss man die Ursache in dem Gebrauche suchen, 
diejenigen Paramos, welche für die Viehzucht bestimmt sind, zu- 


nächst abzubrennen. Dieser Ansicht zufolge sind die Paramos ur- 


sprünglich mit Jucas, Chusque, Achupallas und anderen ge- 
selligen Pflanzen, nicht aber mit Gräsern (Pajonales) bedeckt 
gewesen. Nachdem diese ursprüngliche Pflanzendecke abge- 
brannt war, entwickelte sich überall das Gras in schnellem 
Wachsthum. Durch wiederholte Brände wurden allmälig alle 
anderen Pflanzen zerstört und durch das aufschiessende Gras 
erstickt, welches, mehr und mehr Land einnehmend, Licht 
und Luft den langsamer wachsenden Pflanzen raubte. So 
wurde der Vegetations-Charakter der Paramos vollständig durch 
die Thätigkeit des Menschen verwandelt und einer Pflanzen- 
gattung das Uebergewicht verschafit, welche ursprünglich auf 
jenen Hochflächen nur in geringer Menge wuchs. Die nutz- 
losen und fast undurchdringlichen Einöden der Jucales wurden 


in Grasflächen umgewandelt, welche unzählbaren Viehheerden 


Nahrung geben. Diese Ansicht wird auch durch die Thatsache 
gestützt, dass diejenigen Päramos, welche lange Zeit nicht ab- 
gebrannt sind, sich von Neuem mit wildem Gestrüpp bedecken. 


295 


3, Beiträge zur Petrographie. 


Von Herrn G. vom Rarn ın Bonn. 


Hiezu Tafel IX. und X. 


I. Ueber einige Andesgesteine, 


mit besonderer Berücksichtigung der in ihnen auftretenden tri- 
klinen Feldspathe. 

Durch die Güte des Herrn THEODOR WoLr, Professor der 
Geologie in Quito, erhielt ich eine Sammlung von Gesteinen, 
welche mehrere der ausgezeichnetsten, theils erloschenen, theils 
noch thätigen Vulkane des Hochlandes von Ecuador zusammen- 
setzen. Diese werthvolle Sammlung, von Herrn WoLr mit 
grosser Hingebung unter vielen Mühen und Gefahren zusammen- 
gebracht, bot mir Veraulassung, die Kenntniss einiger dieser 
Gesteine durch Untersuchung der sie konstituirenden Feldspathe 
zu fördern. Die meisten Felsarten jenes erhabensten Schau- 
platzes vulkanischer Thätigkeit sind zwar in solchem Grade 
feinkörnig und dicht, dass es nicht gelingt, den Plagioklas 
zum Zwecke der gesonderten Analyse auszusuchen. Bei 
einigen Andesiten indess war es möglich, wenngleich meist 
nur mit grossem Zeitaufwand, den ausgeschiedenen Plagioklas 
von der Grundmasse zu trennen, der gesonderten Analyse zu 
unterwerfen und so eine sichere Grundlage für die Deutung 
der ecuadorischen Gesteine zu gewinnen. In solcher Weise 
konnte ich die Zusammensetzung der Plagioklase aus der 
Sphärolithlava des Antisana ermitteln, sowie der Andesite vom 
südlichen Abhange des Vulkans Mojanda, des Kraters Pu- 
lulagua, des Guagua Pichincha, des Tunguragua, 
sowie eines trachytischen Einschlusses aus den sogenannten 
Calicalituffen von Pomasqui, endlich des grossen Lava- 
stromes von Langlangchi (zwischen Riobamba und dem 
Tunguragua). Der Untersuchung dieser Plagioklase reihen sich 
an: diejenigen des Trachyts von Toluca in Mexico, des 
obsidianähnlichen Trachyts von Conejos am Rio grande del 
Norte in Colorado, sowie der Hauyn-führenden Lava von Palma. 


20* 


Die Sphärolithlava des Antisana, 


Der Antisana erhebt sich über der Ostcordillere, 64 d. M. 
gegen Sudost von Quito entfernt, bis zur Meereshöhe von 
5756 M. (nach Dr. Reıss), 2906 M. über der Hauptstadt. 
Dieser gewaltige Vulkan steigt nicht auf der östlichen Cor- 
dillerenkette selbst empor, sondern bildet ein gegen Osten der- 
selben angelagertes, gewaltiges Plateaugebirge, welchem gleich 
einer ungeheuren silberweissen Kuppel der hohe Vulkangipfel 
aufgesetzt ist. „Unter den Vulkanen der ecuadorischen Anden, 
sagt WoLr in Briefen an seinen Vater, Herrn Oberlehrer 
Worr in Altshausen, muss man sich nicht einfache Bergkegel 
vorstellen. Jedes dieser Vulkansysteme bildet eigentlich ein 
ganzes Gebirge, welches sich meilen- und tagereisenweit aus- 
dehnt und aus vielen hohen Bergen, ausgedehnten Päramos, 
grossen Lavaströmen u. s. w. besteht; im Centrum erhebt sich 
dann gewöhnlich der Hauptkegel als hoher Schneeberg. So 
ist es besonders am Antisana. In der Hacienda Yurac (unfern 
des Dorfes Pintac) war ich vom eigentlichen Antisana - Kegel 
noch eine ganze Tagereise weit entfernt, aber doch schon auf 
seinem Vulkangebiet. Schon bier an seinem Fusse waren 
grosse Lavaströme ausgeflossen und hohe Andesitlavaberge 
aufgethürmt, welche dem geologischen Studium reichlichen 


und interessanten Stoff bieten. Ich machte gerade hier (am 


Berge Achupallas, s. Neues Jahrb. f. Min. von LEONHARD und 
Gemirz 1874 pag. 380) einige für die Vulkanologie wichtige 
Entdeckungen in den Obsidian- und Perlitlaven, ganz besonders 
die Entdeckung merkwürdiger Quarzlaven. — Von der Ha- 
eienda Pinantura (3142 M. Reıss) am westlichen Fusse des 
Antisana ritten wir von Morgens früh bis Abends spät immer 
aufwärts steigend durch rauhe trostlose Paramos, die an vielen 
Stellen sehr sumpfig und schwer zu passiren waren. Grosse 
Ausdehnung und sumpfiges Terrain ist für die Päramos der 
Osteordillere charakteristisch im Gegensatze zur Westcordillere. 
— Wenn man sich, an diesen Gebirgen emporsteigend,, müh- 
sam durch die Wald- und Buschregion durchgearbeitet hat, 
betritt man in der Höhe von ungefähr 12000 Fuss das Pa- 
jonal oder den Paramo; Alpenwiesen, wenn man so sagen 
darf, welche in einem breiten Gürtel bis zur Höhe von 14000 E. 


die Gebirge umsaäumen. Aber denken Sie nur nicht an jene 


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597 


 lieblichen Triften und Matten, welche in den europäischen 


Alpen das Auge des Wanderers durch ihr frisches Grün und 
den Schmelz ihrer Blumen ergötzen. Statt eines gleichmässi- 
gen, von niederen Grasarten und Alpenkräutern gebildeten 
Rasens, über den man leichten Fusses hinwegschreitet, steht 
man hier bis an die Hüften und oft bis an die Arme zwischen 
dem groben, 3 bis 4 F. hohen Büschelgras, welches erhöhte 
Rasen und Polster bildet. Zu Pferde und zu Fuss kommt 
man nur sehr langsam und immer strauchelnd voran. Nach 
Erdbeben, welche den Boden durch tausend Risse und Spalten 
zerklüften, wird eine Wanderung im Päramo sogar gefährlich 
und gleicht dann etwa der über einen zerklüfteten, mit frischem 
Schnee bedeckten Gletscher. — Bei der Besteigung der ecua- 
dorianischen Vulkane wandert man gewöhnlich 2 bis 3 Stunden 
durch diese Päramos, bevor man in die vegetationslose Schnee- 
region kommt; doch auf denjenigen Gebirgen, welche die Höhe 
von 13500 F. nicht übersteigen, irrt man tagelang in diesen 
trostlosen Einoden und Graswusten umher, in welchen kein 
Baum oder Strauch dem Auge eine Abwechselung bietet, und 
woselbst man keine Spur des animalischeu. Lebens, ge- 
schweige denn eine menschliche Ansiedlung entdeckt. Das 
Wort Päramo ist selbst für den Eingeborenen der Inbegriff 
aller Mühsale und alles Elends.. — Nirgends erschliesst sich 
hier dem Geognosten durch anstehendes Gestein der Bau des 
Gebirges. — In der Höhe von ca. 12500 F., wo ich nun in 
einem Hato (Hirtenwohnung) fur acht Tage mein Standquartier 
nahm, hat dies Antisanagebirge eine ganz eigene Physiogno- 
mie und stellt sich als eine besondere abgeschlossene Welt 
dar: es befinden sich da stundenweit ausgedehnte Ebenen, 
grosse mit merkwürdigen Sumpf- und Schwimmvögeln bevöl- 
kerte Seen, eine Menge krystallheller Quellen und Bäche, die 
nicht wild über Felsen stürzen, sondern sich sanft dahin- 
schlängeln und erst am Rande dieser breiten Zone sich in 
Wildbäche verwandeln. Dann wieder ganz gesonderte kleine 
Gebirge für sich, welche Ebenen und Seen umschliessen, oder 
isolirte Vulkane und Krater, welche ganz bedeutend sind und 
nur an der Seite des gewaltigen Centralkegels klein erscheinen, 
— es sind die Seiteneruptionskegel des Antisana. Dieser hebt 
sich nun mit königlicher Majestät aus dem Centrum der ihn 
umgebenden Landschaft zu der colossalen Höhe von 5756 M. 


298. 


— So flach die Basis des Vulkankegels ist, so steil steigt er N 


dann von der Schneegrenze an empor und an den meisten 
Punkten wäre wohl ein Besteigungsversuch vergeblicb. Von 
den ungeheuren Schnee- und Eismassen, die den Berg be- 
decken, kann man sich kaum einen Begriff machen; nur an 
werigen Punkten schaut eine schwarze, nackte Felsenspitze 
heraus. Wenn der Riese im hellen Sonnenschein oder im 
Vollmondglanz in so unmittelbarer Nähe frei vor einem steht 
oder plötzlich aus einer Wolkenumhüllung tritt und sich am 
azurblauen Himmel scharf abhebt, kann man sich an diesem 
Anblick kaum satt sehen: diese duftigblauen oder meergrünen, 
mehrere hundert Fuss dicken Eisterrassen und Eisblöcke! 


diese blendend weissen, von dunklen Spalten durchfarchten - 


Schneefelder! dieser Contrast mit den ernsten schwarzen Lava- 
feldern am Fusse! — Der Antisana hat einen ungeheuren 
Krater, der nach Südost offen ist, von welcher Seite man auch 
ziemlich leicht hineingehen kann; er gilt jetzt für erloschen, 
war aber am Ende des vorigen und noch am Anfang dieses 
Jahrhunderts thätig, und es ist gar nicht unmöglich, dass er 
wieder aus seiner Ruhe mit gesteigerter Energie sich auf- 
raffe.* 


Ueber die geologischen Forschungen von Prof. WoLr auf 


der Westseite des Antisana, am Kegel Achupallas und im Thale 


von Ansango oder Pinantura s. Neues Jahrb. 1874 pag. 380 
bis 384. Ueber den Antisana und seine Lavaströme s. VON 
Humsgoupt, Kosmos Bd. IV. pag. 354—359. — Die Sphäro- 
lithlava, von welcher in der Sammlung Stücke von etwas 
verschiedenen Varietäten sich finden, bildet einen grossen 
Lavastrom, welcher westlich unterhalb des Hauptkegels her- 
vorgebrochen ist. Diese Lavastrome des Antisana, welche 
strahlenförmig vom Vulkan ausgehen und sich über die weiten 
fast unmerkbar ansteigenden Hochebenen hinziehen, stellen 
sich dar als meilenlange Gesteinsgerölle, bis 33 M. hoch, 
bis 700 M. breit, mit schrundiger, jeder Vegetation entbeh- 
render Oberfläche. Die Sphärolithlava ist von rötblicher oder 
grauer Farbe und besteht aus Sphärolithen, quarzälinlichen 
Obsidiankörnern und Plagioklas, zu welchen als seltenerer 
Gemengtheil sich noch Biotit gesellt. Das Verhältniss der 
Gemengtheile wechselt, so dass das Gestein bald fast aus- 
schliesslich aus Sphärolithen, bald zu gleichen Theilen aus 


299 


diesen und Obsidiankörnern besteht. — Die Sphärolithe sind 
bis 3 Mm. gross, zeigen meist im Innern einen mehr grauen, 
aussen einen mehr röthlichen Farbenton. Häufig umschliessen 
sie im Innern einen weissen Plagioklaskrystall, zuweilen auch 
ein kleines Biotitblättchen. 

Unter dem Mikroskop zeigt das Gestein ein ausgezeichnet 
sphärolithisches Gefüge; es besteht aus lauter mehr oder we- 
niger kugeligen Concretionen von radialfasriger Zusammen- 
setzung. Man unterscheidet deutlich eine zweifache Bildung 
von Sphärolithen, die eine etwas ältere von rothlichbrauner 
Farbe und gradfaseriger Zusammensetzung, die andere, jüngere, 
von mehr grauer Farbe und verworren-fasriger Zusammen- 
setzung. Die letztere Spbärolithmasse bildet theils die peri- 
pherische Zone der älteren Gebilde, tbeils selbstständige Con- 
cretionen. Häufig sind die geradfasrigen älteren Sphärolith- 
kugeln zertrummert, und zwischen ihren Spalten haben sich die 
jüngeren Concretionen mit eigenthumlicher, verworrener Faser- 
zusammensetzung gebildet. Die Sphärolithe, deren Fasern 
schwach doppelbrechend wirken, haben eine von den vorra- 
genden feinsten Prismen herruhrende rauhe Oberfläche. Die 
Gestalt der Spharolithe ist nicht immer kugelig, sondern oft 
in die Länge gezogen oder keulenföormig, Die Zusammen- 
setzung der Sphärolithe ist die folgende. Spec. Gew. 2,386. 
Glüuhverlust 0,45. | 


Kieselsanre ...9..,....0701 
Dhonerde . 20.5... .:% 12:90 
Bisenoxyd. 3. tee, 1,88 
Kalk sn, 
Masmesiaı or... 080,20 
Alkalien (Verlust) . . . 771 


100,00 


Zwischen den, Sphärolithen ziehen nun die eigenthüm- 
lichen Gestalten der Obsidiankörner hin; theils von schwärz- 
lichgrauer, theils von lichtgrauer Farbe, muschligem Bruch, 
'rauher, fast feindrusiger Oberfläche. Diese Körner haben eine 
ganz seltsame, oft zackige Gestalt und bilden zuweilen ein 
wahres Skelett, welches zwischen den Sphärolithen, sich leicht 
von denselben ablösend, in zackigen Apophysen fortsetzt. 
Wenn sie reichlich vorhanden, verbinden sich diese Körner zu 


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N 


300 


zusammenhängenden Lagen und das Gestein besteht aus wech- 2 

selnden Straten von sphärolithischer Masse uud Obsidian. no 

manchen Handstücken werden die Obsidiankörner dem Quarz B 

so ähnlich, dass ich sie in der That Anfangs dafür hielt und 

mich erst ihre Schmelzbarkeit in Betreff ihrer wahren Natur 

belehrte. Spec. Gew. 2,520 (bei 20° C.). Glühverlust 0,24. H 
Die Analyse ergab: 


Kieselsäure . . . 77,76 - | 
Thonergee am. NRrWID. TE, | 
Kalk "ol WAR U 90 
Eisenoxyd ARE TAT 
Alkalien (Verlust) . 7,00 


100,00 


Diese Obsidiankörner aus dem Antisana-Sphärolith zeigen 
demnach eine fast gleiche Zusammensetzung, wie jene quarz- 
ähnlichen Glaskörner aus dem Trachyt des Monte Amiata 
(s. diese Zeitschr. Jahrg. 1865 pag. 413). — Ein Vergleich ri 
der Obsidiankörner mit den Sphärolithen ergiebt, dass beide \ 
sehr nahe die gleiche Zusammensetzung besitzen. Es könnte \ 
demnach die Obsidianmasse durch Krystallisation ohne Rest- | 
ausscheidung völlig in Sphärolith sich umwandeln. Der Pla- | 
gioklas der Sphärolithlava ist weiss. Die Krystalle 1—3 Mm. | 

gross liegen theils im Innern der Sphärolithe, theils zwischen 
denselben und den Glaskörnern. In letzterem Falle sind sie | 
zuweilen fast ringsum ausgebildet und haben sogar messbare 
Flächen. Es macht nicht den Eindruck, als ob die Krystalle 
sich aus der Lava ausgeschieden hätten. 

Spec. Gew 2,603; 2,594 (in zwei Versuchen bei 18° C.). 
Gluhverlust 0,11 pCt. 

Analyse I. wurde durch Schmelzen mit kohlensaurem Na- | 
trium, 11. mittelst Fluorwasserstoffsäure ausgefuhrt. ! 


I. II. Mittel 
Kieselsäure . 64,97. °— 64,27 Ox. 34,277 
Thonerde .... 22,19 . 22,41. . 22,30 10,412 
Kalk al, 3.017 3,93.1.,3413 0,891 
Kal a nt RO RR | 0,358 \ 3,288 
Nätron u nenn ,00%T,90 2,039 

99,70 


Sauertoffproportion 0,947 : 3 : 9,876. 


301 


Vorstehende Mischung gehört demnach einem Oligoklas 
an und kann im Sinne der TscHermar’schen, stets neu bestä- 
tigten Theorie aufgefasst werden als eine Mischung von 3 Mol. 
Albit und 1 Mol. Anorthit, für welche sich folgende Zusammen- 
setzung berechnet: Kieselsäure 64,75, Thonerde 22,20, Kalk 
3,02, Natron 10,03; in naher Uebereinstimmung mit dem Re- 
sultat der Analyse, wenn wir eine kleine Menge des Natrons 
durch Kali vertreten denken. Durch vorstehende Analyse ist 
wohl zum ersten Mal in den trachytischen Gesteinen der 
Anden Oligoklas nachgewiesen. Es ist bekanntlich nur sehr 
selten möglich gewesen, die Krystallformen der Kalknatron- 
Feldspathe genau zu bestimmen. Als einen besonders gluck- 
lichen Zufall musste ich es demnach ansehen, dass ich in der 
Antisana-Lava einen 3 Mm. grossen, ringsum ausgebildeten 
messbaren Oligoklaskrystall auffand. Die 
nebenstehende Figur giebt ein Vorstellung 
des interessanten Krystalls *), eines Doppel- 
zwillings nach zwei Gesetzen: 1) Dre- 
hungsaxe die Normale zum Brachypina- 
koid M (resp. Zwillingsebene M) und 2) Dre- 
hungsaxe die makrodiagonale Axe b oder 
(was hier identisch) die Normale zur brachy- 
diagonalen Axe a in der Basis (s. Poce. 
nn, Ba. 138 pag. 4735). 


Ich beobachtete folgende Flächen: 


—- (»a:ocob:c), oP 

— (ocoa:b:o0c), Po 
= (#:00b:2e), 2 P,© 
—=Hooa:b:2e), 2 P’oo 
— (ooa:b’:2e), 2’P,& 
—M(a 2b; 00.0),.00P- 

== (2.:.5200.6), ©0,.P 

— (a:lb:o0c), ©P'3 
= (a:1b/:00c), oo’P3 
bc), BD 


SS 
| 


\ 
en 
» 


*) In der Zeichnung ist das nach dem ‚„Albitgesetz“ angewachsene 
Krystallstück fortgelassen; man denke sich dasselbe der linken Seite des 


Mit Ausnahme von m, einer am Anorthit nieht seltenen 


Fläche, wurden alle oben aufgeführten Formen auch am Oli- 
goklas vom Vesuv (s. a.a. O.) beobachtet. Sehr schön konnte 
an der Zwillingsgruppe beobachtet werden, dass die Zwillings- 
kanten der beiden nach dem Gesetze 2) verbundenen Indivi- 
duen ringsum parallel den Kanten der betreffenden Flächen 
mit der Basis P laufen; genau in gleicher Weise wie es früher 
für den Oligoklas nachgewiesen wurde, — im Gegensatze zu 
den Zwillingen des Anorthits. Die Messung des kleinen Kry- 
stalls konnte zwar am grossen Goniometer, doch nicht mit 
völliger Genauigkeit geschehen, da die Bilder theils etwas 
verwaschen, theils doppelt waren. Nichtsdestoweniger ist die 
Uebereinstimmung mehrerer Winkel mit den betreffenden des 
vesuvischen Oligoklas gewiss sehr bemerkenswerth. 


Antisana Vesurv 

72.M.— 21182263 113..20° 

20 
mM = DEND 120 46+ (berechnet) 
r:1. 6140. 27 
2 Bilder nn 20 Nu 
Pr 00.005 68 48 
MP —. 86,119 86 82 


So liefert der kleine Krystall vom fernen amerikanischen 
Feuerberg eine unerwartete Bestätigung der an den Krystallen 
eines vesuvischen Auswürflings erhaltenen Resultate. 


Der Quarz-Andesit (Dacit) des Vulkans Mojanda. 


Der Vulkan Mojanda (4294 M.) liegt (unfern des Yana 
Urcu, 4272 M.) etwa 4 d. Meil. nordöstlich von Quito. Nach 
Wour’s Forschungen (s. Neues Jahrb. d. Min. 1874 pag. 377) 
bildet das in Rede stehende Gestein mit anderen älteren 
Eruptivgesteinen die ausgedehnte Basis, auf welcher sich jene 
beiden Vulkane erhoben haben. WoLr beobachtete den Daeit 
unfern Puellaro in uber 100 M. mächtigen, dem vulkanischen 
Tuff eingeschalteten Banken, am steilen nördlichen Gehänge 


oberen Individuums angelügt; so dass oben der einspringende Winkel 
P:P liegt. Auch fehlen in der Zeichnung die Flächen e, n, sowie m, 
welch letztere die Kante P: 1 abstumpft. 


303 


der fast 1000 M. tiefen engen Schlucht des Rio Guallabamba*), 
welcher in seinem Unterlaufe Rio Esmeraldas heisst, und die 
Vulkane Mojanda und Yana Urcu (,„Schwarzer Kopf‘‘) im 
Norden von dem Vulkan Pululagua im Süden trennt. Die 
Entdeckung des Daeits im ecuadorischen Hochlande durch 
Herrn Wour ist um so wichtiger, als dies durch die Association 
von Quarz und Plagioklas charakterisirte Gestein bisher fast 
allein aus Siebenbürgen und Ungarn bekannt war. 

Der Dacit von Puellaro enthält in einer rauhen oder fein- 
. porösen bräunlicehgrauen Grundmasse sehr zahlreiche, schnee- 
weisse Plagioklaskörner (meist bis 5 Mm., selten bis 10 Mm. 
gross), welche auf der vollkommenen Spaltungsfläche stets 
deutlich die Zwillingsstreifung zeigen; ferner weniger zahl- 
reiche gerundete Dihexa@der von wasserhellem Quarz (bis 
5 Mm. gross). Nach Wour besitzt der Quarz zuweilen auch 
einen gelblichen oder rosenrothen Farbenthon. Zuweilen ist 
er milchig getrubt, irisirend und erinnert etwas an Opal. Als 
mehr untergeordnete Gemengtheile sind zu nennen: sehr spär- 
liche kleine Prismen von schwarzer Hornblende und hexa- 
gonale Täfelehen von schwärzlich-braunem Biotit, sowie fein 
zertheiltes Magneteisen. Unter dem Mikroskop löst sich das 
Gestein zum allergrössten Theil in ein körniges Mineral- 
Aggregat auf. Diese weissen rundlichen Krystallkörner, welche 
sich nur unrein aus dem glasigen Magma ausgeschieden haben 
und kaum farbengebend auf das polarisirende Mikroskop wir- 
ken, haben eine gewisse, wenn auch nur entfernte Aehnlich- 
keit mit Leucit. Es muss dahin gestellt bleiben, welchem 
Mineral sie angehören. Plagioklas scheinen sie nicht zu sein, 
da sie keine Zwillingsstreifung im polarisirten Lichte zeigen. 
In diesem körnigen Aggregat liegen nun porphyrartig einge- 
mengt Plagioklase, von denen selbst die kleinsten deutliche 
Zwillingslamellen zeigen, ferner Quarzkörner, welche theils 
sich auf Durchschnitte gerundeter Dihexa&@der parallel der Haupt- 
axe beziehen lassen, theils ganz unregelmässig gestaltet, theils 
offenbare Bruchstücke sind. Zuweilen bemerkt man an den 
Quarzkörnern die schönsten Anwachshüllen. Gewöhnlich wird 


*) Bei dem Dorfe Guallabamba (6482 p. F. h. nach Humsoupr), 
3 Wegestunden südöstlich von Puellaro fand v. HumeoLor bis 08 F. hohe, 
8 F. dieke Basaltsäulen. 


304 


der Quarz von Sprüngen durchsetzt, in welche nicht selten 
die Grundmasse eindringt. Der Quarz in diesem Daeit gleicht 
in seinem mikroskopischen Verhalten in hohem Grade dem 
Quarz mancher Porphyre. — Die feinen Magneteisenpunkte 
sammeln sich vorzugsweise um die Hornblendekrystalle. 

Der Kieselsäuregehalt dieses Gesteins beträgt, nachdem 
die grösseren Gemengtheile ausgeschieden waren, i 


— 69,78 pCı, 


Der Plagioklas, welcher einen konstituirenden Bestand- 
theil dieses Dacits ausmacht, besitzt folgende Zusammen- 


setzung: 
Spec. Gew. 2,666 (bei 15° C.). Glühverlust 0,04. 
I. 11. Mittel 
Kieselsäure ... 60,48 — 60,48 Ox.= 32,256 
Phronerder. 0 29:00 0208029535 11,836 
Kal en. 7,30 7,20 7,25 2,071 
Re — 0,08 0,08 0,014 
Nalron ur... - 7,28 m30r 1,879 
‚ 100,44 


Sauerstoffproportion 1,005 :3: 8,175. 


Der Plagioklas vom Mojanda ist demnach ein Andesin 
und kann im Sinne der TscHErmAr’schen Theorie durch eine 
Verbindung von 1 Mol. Albit mit 1 Mol. Anorthit dargestellt 
werden. Derselben würde folgende Zusammensetzung ent- 
sprechen: 


Kieselsäure 59,73, Thonerde 25,59, Kalk 6,97, 
Natron 7,71. 


Der Andesit vom Vulkan Pululagua. 


Der erloschene Vulkan Pululagua liegt 2 bis 3 d. Meil. 
nördlich von Quito, unfern des Ortes S. Antonio de Lulubamba*), 
auf der linken oder südlichen Seite des Rio Guallabamba. 


*) Etwas Genaueres über diesen Vulkan, welchen ich sonst nirgends 
erwähnt finde, konnte ich bis jetzt nicht in Erfahrung bringen, da ein 
Brief von Prof. Worr mit näheren Nachrichten über diesen und andere 
vulkanische Punkte leider verloren gegangen ist. 


| 305 
Prof. Wour schlug dies Gestein ‚,‚von grossen Blöcken, 
welche von den Kraterwänden herabgesturzt sind‘‘, unfern des 
Ortes Niebli. Dieser Andesit, gleichfalls von schön porphyr- 
artigem Gefüge, ähnlich dem Mojanda-Gestein (also ein Sara- 
Rumi der Indianer), enthält in einer rauhen, bald töthlichen, 
bald hellgrauen Grundmasse sehr zahlreiche, schneeweisse, 
mit deutlicher Zwillingsstreifung versehene Plagioklaskörner. 
Hornblende, Biotit, Magneteisen sind in der röthlichen Gesteins- 
varietät in etwas geringerer Menge ausgeschieden, während 
die Varietät mit lichtgrauer Grundmasse zahlreiche überaus 
deutliche schwarze Hornblendeprismen zeigt und demnach als 
ein eigentlicher Hornblende-Andesit bezeichnet werden kann. 
Unter dem Mikroskop erscheint die Grundmasse der grauen 
Varietät wesentlich als ein Gemenge kleinster Plagioklase, 
welche von einer amorphen Grundmasse umschlossen sind; 
darin sind grössere Plagioklase ausgeschieden, sowie die zier- 
lichsten grünen Hornblendekryställchen, welche stets von 
feinsten Magneteisenkörnchen umsäumt werden. Diese graue 
Varietät ist nach WoLr das anstehende Gestein des Pululagua. 
Die nördlichen und westlichen Kraterwände (besonders da, wo 
der Krater gegen Niebli offen ist) bestehen daraus. Es ist in 
dicke, gegen das Innere des Kraters aufgerichtete Bänke ab- 
gesondert. — Die Grundmasse der röthlichen Varietät ist der 
vorigen ähnlich; doch ist die Hornblende von brauner Farbe, 
auch Biotit und einzelne Augite sind vorhanden. Die grösseren 
Plagioklase zeigen bei polarisirtem Lichte eine polysynthetische 
Zusammensetzung: neben der gewöhnlichen Zwillingsstreifung, 
entsprechend den Zwillingslamellen parallel dem Brachypina- 
koid (M), bemerkt man häufig auch Streifen, welche jene erste 
Richtung annähernd unter rechtem Winkel schneiden und wahr- 
scheinlich auf eine Verwachsung nach dem Gesetze: Zwillings- 
‚axe die in der Basis (P) liegende Normale der Brachydiago- 
nale zurückzuführen sind. Zahlreiche concentrische Anwachs- 
streifen zeichnen gleichfalls diese Krystalle aus. Ausser den 
genannten Gemengtheilen weist das Mikroskop auch sehr ver- 
einzelte Quarzkörnchen auf, welche, wenn sie auch sehr viel 
spärlicher sind, wie in dem oben geschilderten Dacit des Mo- 
janda, doch beweisen, dass beide Felsarten nicht durchaus 
verschieden sind, | 


306 
Den Kieselsäuregehalt der Grundmasse des rothlichen 
Andesits vom Krater Pululagua bestimmte ich 
= 69,16 pCt. 


Der Plagioklas aus derselben röthlichen Gesteinsvarietät 
ergab: | 


Spec. Gew. 2,659 (bei 16° C.). Glühverlust 0,12. 
I 1. Mittel 


Kieselsäaure ... 59,39 — 59,39: Ox.—= 31.675 

Thonerde .... 25.88 26.27 26,08 1 

Kalk a .sos St 8,29 8,20 2,325 

Kaltv. ars: — 0,22 0,22 0,037 

Natron. .... _— 6,74 6,74 1,739 
100,63 


Sauerstoffproportion 1,010 : 3 : 7,804. 


Auch dieser Plagioklas ist demnach ein Andesin, dessen 
Zusammensetzung annähernd durch die obige Mischung von 
1 Mol. Albit und 1 Mol. Anorthit dargestellt wird. 

Im Pululagua - Krater sammelte Prof. WoLr auch dunkle, 
schlackenähnliche Andesitvarietäten mit sehr kleinen weissen 
Andesinen und grünen Augiten. Ferner besitzt die Sammlung 
Andesit-Bimstein aus der Gegend von S. Antonio, * Stunde 
vom Kraterrande entfernt, ein Produkt des Vulkans. Grössere 
und kleinere Blöcke dieses Plagioklas- und Hornblende- fuh- 
renden Bimsteins bilden mächtige Schichten. „Die grösseren 
Blöcke werden als vortrefflicher Baustein benutzt.“ — Von 
Pululagua stammt ferner einer der schönsten, durch schnee- 
weisse Andesine und schwarze Hornblendeprismen ausgezeich- 
neten Andesite der Wour’schen Sammlnng. In ziemlich spär- 
licher dunkler Grundmasse liegen in grosser Menge die ge- 
nannten beiden Bestandtheile. Während das Gestein selbst in 
schwarzer, scheinbar dichter, krystallinischer Grundmasse An- 
desin und Hornblende zeigt, sind die obere und untere Fläche 
des Handstüucks mit hellgrauer, fast bimsteinähnlicher Masse 
bedeckt. ,‚Diese stammt von Gängen, einige Linien dick, 
welche das Gestein durchsetzen.“ 


307 
Der Andesit des Guagua Pichincha. 


Die beiden Gesteinsvarietäten, deren Plagioklase der ge- 
sonderten Analyse unterworfen wurden, sammelte Prof. Wour 
theils auf der äusseren Südostseite des Gipfels in 4600 M. 
Höhe (röthliche Varietät), theils im unteren Krater des Guagua 
Pichincha (dunkle Varietät.. Wour bemerkt, dass v. Hun- 
BOLDT in allen seinen Schriften die Namen Ruceu- und Gua- 
gua-Pichincha verwechsle. ,‚Der Ruccu-Pichincha (der Vater 
oder Alte) ist der erloschene nördliche Kegel (4737 M. Reıss), 
Guagua Pichincha (das Kind) der noch thätige südliche Krater 
(4787 M. Reıss). Bei HumsoLpr stets umgekehrt.‘ Es darf 
hier auf die schöne Ansicht und Karte des Pichincha ver- 
wiesen werden, welche wir dem grossen Reisenden und Natur- 
forscher verdanken (v. Hume. Atlas zu den kleiner. Schriften 
Taf. 1 und 10). Der Pichincha bildet eine 2 d. Meil. lange 
Mauer, in welcher man von Poingasi (3104 M. Reıss) aus in dem 
Höhenzuge, welcher das Hochthal von Quito in zwei Theile 
trennt (einen östlichen mit den Thalebenen von Puembo 
(2484 M. Reıss) und Cbillo; und einen westlichen mit den 
rauheren Grasfluren von Inaquito und Turabamba), hauptsächlich 
vier von Nordost nach Südwest aneinander gereihte Gipfel 
unterscheidet: ]) einen ungenannten Kegelberg, von HumBoLpr 
„Condorgipfel‘‘ genannt*); 2) Ruccu Pichincha (bei v. Huns. 
Guagua P.), ein kastellartiger Fels; 3) Picacho de los La-- 
drillos (Ziegelberg); 4) Guagua P. (bei v. Hume. Rucceu P.). 
Dieser letztere trägt den grossen noch entzündeten Krater 
und den höchsten Gipfel des ganzen Gebirges.. In v. Hun- 
BOLDT’s schöner Ansicht ist der Guagua Pichincha der mit 
Schnee bedeckte Gipfel. Nur einige wenige Male ist der ge- 
waltige Kraterboden von Menschen betreten worden: zuerst 1845 
durch SeB. WissE und seinen „‚ausgezeichnetsten Schüler“ 
GARCIA MORENO, den jetzigen Präsidenten der Republik, dann 
1870 durch die Herren Reıss und SrtüseL, endlich in demsel- 
ben Jahre durch WoLr. — Bou6vEr und LA ConpAuIse, welche 
7 Jahre mit den Arbeiten der Gradmessung beschäftigt auf 


*) Im Kosmos IV. Band pag. 285 nennt v. HumsoLpr offenbar irr- 
thümlich den Cunturguachana (den Condorgipfel) den südwestlichsten in 
der Reihe, 


308 


dem Hochlande von Quito lebten , gelangten 1742 nach vielen 


Bemühungen bis zum hohen Kraterrande und blickten in den- 


selben hinab. Als Humsouor 60 Jahre später (14. April 1802) 
den Versuch machte, an den Krater zu gelangen, war jede ge- 
nauere Kenntniss über die Lage desselben verloren gegangen, so 
dass der grosse Reisende bei seiner ersten Besteigung gegen den 
mittleren kastellartigen Gipfel emporstieg, von wo er den noch 
mehr als 4 Kilom. entfernten, durch unüberschreitbare Schluch- 
ten getrennten Krater nicht erreichen konnte. Bei seinen beiden 
anderen Expeditionen (s. kleinere Schriften pag. 55 u. 66), am 
26. u. 28. Mai 1802, erreichte er einen Altan-ähnlichen Felsen 
des Kraterrandes. ,‚Das furchtbare, tiefe, schwarze Becken war 
ausgebreitet vor unseren Augen, in schauervoller Nähe. Ein 
Theil des hier senkrecht abgesturzten Schlundes war mit wir- 
belnden Dampfsäulen erfüllt.“ 

Die erste genaue Erforschung des Pichincha verdankt die 
Wissenschaft den Herren Wısse und Moreno (s. klein. Schrift. 
pag. 77—97). Nach Wiıssr’s Bericht beträgt der obere Durch- 
messer des grossen Kraterrandes 1500 M. Derselbe wird 
durch eine von NNO-SSW gerichtete Felsmauer in zwei Ab- 
theilungen geschieden. Der Boden des östlichen Kraters hat 
eine absolute Höhe von 4447 M. und ist 328 M. unter den Pik 
des hohen Kraterrandes eingesenkt, er ist ohne Fumarolen 
und völlig erloschen. Der Boden des westlichen Kraters hat 
eine absolute Höhe von 4172 M., liegt also 325 M. tiefer als 
der östliche*); in demselben erhebt sich ein mit vielen Fu- 
marolen versehener, 150 M. hoher Eruptionskegel. — Nach- 
dem wir uns so der allgemeinen Gestaltung des Pichincha- 
gebirges und seines grossen Kraters erinnert, werden einige 
Stellen aus den Briefen WoLr’s von besonderem Interesse 
sein. Auf der Höhe von Poingasi stehend, schildert er die 
herrliche Gebirgsansicht: „Gegen Westen hat man die schönste 
Ansicht von Quito, weil man zugleich mit der ganzen Stadt 
auch den ganzen grossartigen Hintergrund uberblickt, ich 
meine die Berggruppe des Vulkans Pichincha mit seinen ma- 
lerischen Schluchten und Felsenzacken, aus denen sich drei 
fast immer mit Schnee bedeckte Hauptgipfel erheben. Nur 


*) Im Kosmos IV. Band pag. 280 heisst es zufolge einer Verwechs- 
lung: „der östliche Krater liegt über 1000 Fuss tiefer als der westliche.“ 


. 


309 


der sudlichste der drei Gipfel, ein abgestumpfter Kegel, zeigt 
gegenwärtig vulkanische Thätigkeit und trägt einen der inter- 
essantesten Krater der Welt von kolossalen Dimensionen, aus 
welchem weisse Wolken von Wasserdampf, gemengt mit an- 
deren vulkanischen Gasen, aufsteigen, Dieser Vulkan, dessen 
300jährige Geschichte ich voriges Jahr gründlich zu studieren 
Gelegenheit hatte, als ich die Chronik der Vulkan - Ausbrüche 


und Erdbeben für das Programm *) unserer Hochschule schrieb, 


*) Cronica de los fenomenos volcanicos y terremotas 


en el Ecuador con algunas noticias sobre otros paises de 


la America central y meridional desde 1933 hasta 1797. 
Quito 1873. Im Verfolge seiner vulkanischen Studien im äquatorialen 
Amerika konnte es Herrn Worr nicht verborgen bleiben, dass die bis- 
herigen Angaben über vulkanische Phänomene und Erdbeben in Ecuador 
allzusehr der Zuverlässigkeit entbehren (compilados sin ceritica ninguna). 
Es stellte sich heraus, dass Mittheilungen über den causalen Zusammen- 
hang vulkanischer Phänomene, welche die weiteste Verbreitung gefunden 
haben, ohne jeden thatsächlichen Anhalt sind, dass andere Angaben 
ausserordentliche Uebertreibungen aufweisen, So entschloss sich Wour 
aus den Originalquellen, und zwar vorzugsweise aus den Archiven Quito’s 
und anderer ecuadorischer Städte, alle Nachrichten über jene Ereignisse 
zusammenzustellen, bei welcher mühevollen Arbeit er sich der Unter- 
stützung eines mit der Landesgeschichte genau vertrauten Mannes, des 
Dr. PagLo Herrera, erfreute, welcher ihm viele alte Handschriften zur 
Verfügung stellte. Diese verdienstvolle und wichtige Arbeit wurde da- 
durch möglich, dass die Archive Quito’s von allen politischen Revolu- 
tionen, welche seit der Unabhängigkeit des Landes einander gefolgt sind, 
unberührt geblieben sind. In einem Appendix sind die Originalauszüge 
aus den alten Geschichtschreibern des Landes, Ovıevo v VaıLnes, Lopzz 
DE GomanAa, Cızza De Leon, AcusTın DE ZarAtTE, ANT. DE HERRERA, sowie 
aus den Archiven mitgetheilt. 

Es mögen hier einige wenige Ergebnisse der Worr’schen Forschun- 
gen mitgetheilt werden, aus denen hervorgeht, wie vieler Berichtigungen 
die bisher allgemein verbreiteten und geglaubten Schilderungen und An- 
gaben bedürfen. 

Viel verbreitet in den Büchern ist die Angabe vom Einsturz des 
Altar oder Capac-Urcu (Königs der Berge), welcher 14 Jahre vor der 
Invasion Huayna-Capac’s des Sohnes Tupac-Yupanqui’s (also ungefähr 
im Jahre 1461) soll stattgefunden haben. Ueber ein solches Ereigniss 
existirt indess weder eine allgemeine Sage der Indianer, noch berichtet 
darüber ein alter Geschichtschreiber, namentlich auch nicht der mit den 
Traditionen der Eingeborenen so vertraute Pat. VerLasco. „Parece que 
aqui HumsorLpr confid con demasiada credulidad en las palabras de un 


sol individuo, del Indio Zefla en Riobamba,“ : 
Nach allgemein geglaubten Angaben soll der Vulkan Imbabura 
Zeits. d.D. geol. Ge. XXVIL:. 21 


befindet sich gegenwärtig im sogenannten Zustande der Ruhe 
und von ferne scheint er in der That ganz harmlos. Besteigt 
man aber zum ersten Male seinen Kraterrand, so ist der den 
Blicken entgegengähnende Schlund wohl geeignet, den Zustand 
der Gemüthsruhe etwas zu erschüttern. Man vernimmt ein 
dumpfes Getöse wie von fernem Donner oder von einem 
grossen Wasserfall, und der Wind trägt von Zeit zu Zeit die 
Schwefeldämpfe empor. In der Tiefe wogen grosse weisse 
Ballen von Wasserdampf hin und her und vertheilen sich 
daun aufsteigend als Gewölk an den düstern fast senkrechten 
Kraterwänden. Nur hin und wieder erblickt man durch eine 


Wolkenspalte ein Stück des eigentlichen Kraterbodens, der 


dann der Phantasie noch tiefer erscheint als er wirklich ist. 
Ich hatte an einem wunderschönen Septembertage den höchsten 
Gipfel des Kraterrandes erreicht. Das Hinabklettern in den 
Sehlund ist äusserst muhsam und an den meisten Stellen nur 
mit Hülfe der Hände möglich: theils geht es über steile Hal- 
den von Bimsteinschutt, der jedem Tritte nachgiebt, theils 
über abschüssige Eisflächen, in die erst mit dem geologischen 
Hammer Stufen gehauen werden mussen, um einen sonst 
sicheren Fall zu vermeiden; jetzt muss man einem vom Frost 
losgesprengten Felsblock ausweichen, der donnernd von oben 


(ca. 5 d. Meil. nordöstlich von Quito) in den Jahren 1091 und 1765 
grosse Schlammeruptionen gehabt haben, bei welchen eine solche Menge 
kleiner Fische (Prenadillas) Pimelodes Cyclopum, ausgespieen wurde, 
dass sie faulend die Luft verpesteten und unter den Umwohnenden bös- 
artige Fieber erzeugten. Aller Wahrscheinlichkeit zufolge hat indess der 
Imbabura in historischer Zeit niemals weder einen Feuer- noch einen 
Schlammausbruch gehabt. Nicht ganz selten ereignen sich indess — na- 
mentlich in Folge von Erbeben — am Imbabura Erdschlipfe seiner steilen Ge- 
bänge. Die Regenströme führen die gelockerte und aufgehäufte Erde 
fort und erzeugen die ‚„Schlammströme‘“, welche mit den fischreichen 
Bächen und Flüssen sich vereinigend wohl den Tod von Fischen hervor- 
rufen können. Ganz unglaublich und unverbürgt ist es aber, dass ihre 
Menge hinreichend gewesen sein soll, um bei der Verwesung Krankheiten 
zu erzeugen. 

In gleicher Weise sind die bisherigen Berichte über das grosse Erd- 
beben von Riobamba (4. Febr. 1797) ausserordentlich übertrieben. Nicht 
40,000 Menschen verloren durch dies schreckliche Ereigniss ihr Leben, 
sondern 5000 bis 6000. Zu den Erscheinungen bei diesem Erdbeben, welche 
durch übertriebene „Berichte eine unverdiente Berühmtheit erlangt haben, 
gehört auch die „Moya‘‘ von Pelileo. 


2 A LT Ale | e 2 


L le 


- 311 


“rollt und lavinenartig*anderes Geröll in Bewegung setzt, jetzt 


sich dem in Bewegung gerathenen Bimsteinsand mit dem 
Rücken entgegenstemmen. Nach zwei Stunden hatte ich, von 
einem einzigen Indianer begleitet, einen breiten Absatz, den 
sog. oberen Krater erreicht, welcher von dem unteren allein noch 
thatigen durch einen Felsgrat geschieden ist. Wir überstiegen 
den Grat an seiner niedrigsten Stelle und standen nun Anfangs 
ganz rathlos vor dem fast senkrechten Abgrund; aber was 
begonnen war, sollte vollendet werden. Dieser zweite Theil 
des Hinabsteigens war viel schwieriger als der erste, nicht 
nur wegen der Steilheit der Felswände, an denen wir hie und 
da wie an den Zacken eines gothischen Thurmes hingen, son- 
dern auch, weil wir meist schon in die Dampfwolken gehullt 
waren und so kaum ein paar Schritte weit sehen konnten. 
Das Getöse verstärkte sich immer mehr, die Scehwefeldämpfe 
wurden beschwerlicher und nach abermals zwei Stunden grosser 
Anstrengung befanden wir uns auf dem Kraterboden, einer 
ausgedehnten, wenig geneigten Ebene, die einen furchtbar 
wilden und chaotischen Anblick bietet: grosse und kleine 
Lavablöcke liegen in grausiger Unordnung umher, Bimsteine 


‘und Bimsteinsand, mit Schwefel gemischt, bilden kleine Hügel, 


die dann wieder durch tiefe Schluchten von einander getrennt 
sind. Selbst am Mittag herrschte in diesem beinahe 2500 Fuss 
tiefen, von himmelhohen schwarzen Felswänden eingeschlos- 
senen und beständig von Dampfwolken uberdeckten Kessel 
ein unheimliches Halbdunkel, Obgleich ganz müde und er- 
schöpft, eilte ich zwischen rauchenden und dampfenden klei- 
neren Schlunden, aus denen mir eine starke Hitze wie aus 
glühenden Oefen entgegenwehte, dem Punkte der Hauptthätig- 
keit zu, von wo ich das stärkste Getöse vernahm. Ich gelangte 
am Rande des Kraterbodens an eine breite und tiefe Felsen- 
spalte, die sich auch nach oben zwischen zwei senkrechten 
Felswänden fortsetzt. Dies ist gegenwärtig .die stärkste Fu- 
marole; aus ihr werden die Dampfballen mit furchtbarer Ge- 
walt ausgestossen. Der Boden ringsum zittert wie bei einem 
Erdbeben, und der verursachte Hoöllenlärm ist so stark, dass 
man zwischen dem Tosen, Krachen, Zischen sein eigenes 
Wort nicht mehr vernimmt. Von den Felswänden träufelt 
warmes Wasser, der condensirte Dampf. Die Felsen sind 
mit dicken Krusten gelben Schwefels, weissen Salmiaks und 


21: 


312 ; 
Alauns überzogen. Unterdess fühlte ich meine Fusssohlen 
sehr heiss werden; ich konnte den Boden und die Felswände 
nicht mit den Händen berühren. Zwei Tage und eine Nacht 
verweilte ich im Krater. — Die kleineren Fumarolen sind sehr 
zahlreich und gruppenweise vertheilt, besonders an einem 
kleinen Kegel mitten im Krater, welcher ohne Zweifel der 
beim letzten grossen Ausbruch des Vulkans gebildete Eruptions- 
kegel ist. Die Dampföffnungen sind oft mit wunderschönen 
zolllangen Schwefelkrystallen ausgekleidet, die dann, wenn 
sich die Hitze steigert, schmelzen und abfliessen und ringsum 
kleine Schwefelhügelchen bilden. Eigentliche Feuer: oder 
Lichterscheinungen habe ich nicht beobachtet, selbst nicht bei 
Nacht, wo sie sich deutlicher hätten zeigen mussen.“ 

Das röthliche Gipfelgestein des Guagua Pichincha 
zeigt in einer fleischrothen Grundmasse sehr kleine bis 1 Mm. 
grosse weisse Plagioklase, sehr deutliche bräunlichschwarze 
Hornblendeprismen. Unter dem Mikroskop erkannte ich ausser 
den genannten von einer amorphen, durch feinste Mikrolithe 
unreinen Grundmasse umhullten Gemengtheilen auch kleine 
Augite, in weit geringerer Menge als Hornblende. 

Der Kieselsäuregehalt des Gesteins 

— 62,99 per. 

Von dem Plagioklas dieses Andesits konnte nur 0,3525 Gr. 
zur Analyse ausgesucht werden; es musste deshalb von einer 
Bestimmung der Alkalien abgesehen und der Verlust der 
durch Aufschliessen mit kohlensaurem Natrium ausgeführten 
Analyse als Natron in Rechnung gezogen werden. 


Spec. Gew. 2,647 (bei 22°C.). Glühverlust 0,27. 
Kieselsäure ..... 58,15 Ox. = 31,01 


Thonerde ..... 26,10 12,20 

Kalk, MENT alR 9,05 2,59 

N air l R, 6,70 1,73 
100,00 


Sauerstoffproportion 1,06 : 3 : 7,62. 


Die dunkle Andesit-Varietät aus dem unteren oder 
westlichen Krater des Guagua Pichincha bildet dort das herr- 
schende Gestein. Die geschlossene, nicht poröse Grundmasse 
von einem pechsteinähnlichen Ansehen umhüllt sehr zahlreiche 


weisse Plagioklase (1 bis 2 Mm. gross), schwarze Hornblende, 
bräunliche gerundete Körnchen von Augit und Magneteisen 
(vielleicht auch etwas Olivin). Unter dem Mikroskop gewährt 
das Gestein einen sehr schönen Anblick. Die glasige, im 
 Dünnschliff durchsichtige Grundmasse besitzt eine durch feinste 
schwarze Punkte angedeutete Fluidalstructur. Bei sehr starker 
Vergrösserung offenbaren sich diese schwarzen Punkte als 
sternförmig oder dendritisch aneinander gefügte Mikrolithe, 
wahrscheinlich von Magneteisen. Letzteres bildet ausser diesen 
kleinsten Gebilden auch grössere Krystallkörner. Jene amorphe 
Grundmasse umschliesst nun sehr zahlreiche Plagioklase mit 
schönsten concentrischen Anwachsstreifen und polysynthe- 
tischer Zusammensetzung. Neben vorherrschender Hornblende 
sind auch Augite sehr deutlich zu erkennen; nicht ganz sicher 
Olivin. Schon hier mag bemerkt werden, dass eine Trennung 
der Andes-Trachyte in Hornblende- und Augit-Andesite nicht 
durchführbar ist, da nicht nur an denselben Vulkanen beide 
Varietäten, sondern auch häufig in ein und demselben Gesteine. 
Hornblende sowohl als auch Augit vorkommen. 
Der Kieselsäuregehalt des dunklen Andesits aus dem 
Pichincha - Krater 
= 64,55 pÜt. 
Die geringe Grösse der ausgeschiedenen Plagioklase ge- 
stattete auch hier nur eine kleine Menge auszusuchen; zu jeder 
der beiden folgenden Analysen wurde ca. 0,5 Gr. verwandt. 


Spec. Gew. 2,620 (bei 16° C.). Glühverlust 0,01. 


T. II. Mittel 
Kieselsaure . .. 59,1 — 9,1: Ox. = 31.94 
Thonerde, ... . 25,9 26,5 26,1 12,20 
Kay 9,0 8,7 8,85 2,53 
Kalt „or. n8% .— 0,3 0,5 0,08 
Natron... — 5,9 9,5 1,42 
100,05 


Sauerstoffquotient 0,99 : 5 : 7,79. 


Beide untersuchten Plagioklase sind demnach Andesine 

von der Zusammensetzung, welche man durch eine isomorphe 

Mischung von 1 Mol. Albit und 1 Mol. Anorthit erhält, — 
gleich den Plagioklasen des Mojanda und des Pululagua. 


= 


314 


Noch von einigen anderen Punkten des Pichincha-Gebirges. 
verdanke ich Herrn WoLr Gesteinsproben: Vom Gipfel des 
Rucu-Pichincha, Sudostseite, in 4500 M. Höhe: ein schwarzes, 
feinkörniges , fast dichtes Gestein, in welchem nur bin und 
wieder ein deutlicher Plagioklas- und Augitkrystall erkennbar 
ist. Es ist dies wohl dasselbe (oder ein ähnliches) Gestein, 
dessen v. HumßoLor in den kleineren Schriften pag. 26 u. 27 
erwähnt unter Hervorhebung der Kastell- und Pfeiler-ähnlichen 
Felsgestaltung. Das von HumpoLpr mitgebrachte schwarze 
„pechsteinähnliche‘‘ Gestein wurde_von ABıcHa analysirt (Ueber 
d. Natr. u. d. Zusammenhang d. vulk. Bildungen 1841 pag. 58): 
Kieselerde 67,07, Thonerde 13,19, Eisenoxyd 4,74, Mangan- 
oxyd 0,32, Kalk 3,69, Magnesia 3,46, Kali 2,18, Natron 4,90, 
Glühverlust 0,30. Diese Analyse, welche durch ihren Kiesel- 
säurereichthum die trachytische Natur des Gesteins beweist, 
bewahrheitet nicht die Worte „Wir haben am Pichincha wie 
am Aetna ein Dolerit - Gestein mit vorwaltendem Labrador* 
(a. a. O. pag. 27)*). Vom Gipfel des Rucu-Pichincha, Süd- 
seite, 49520 M. Höhe: ein lichtgelbliches Gestein. Die sehr 
zahlreichen kleinen Plagioklase heben sich nur wenig deutlich 
aus der feinkörnigen Grundmasse ab. Zahlreiche äusserst 
zierliche, 1 bis 2 Mm. grosse, schwarze Augite zeichnen das 
Gestein aus. 

„Andesit aus der Oantera (Steinbruch), in unmittelbarer 
Nähe der Stadt“, nahe bei dem Panecillo (Javirac), „einer freiste- 
henden rundlichen Kuppe, unter der die Inca’s einen Stollen 
(Durchgang) nach Turubamba gesucht haben.“ (a.a. O. pag. 37.) 
Nach Worr scheint dieser Hugel durch eine Seiteneruption 
des Rucu-Pichincha gebildet. Dem blossen Auge fast körnig 
erscheinend, zeigt das lichtgraue Gestein unter dem Mikroskop 
in einer nur spärlichen amorphen Grundmasse sehr zahlreiche, 
bis 1 Mm. im Maximum grosse Plagioklase und — weniger 
zahlreich — grüne Augite. Dieser Andesit dient als Bau- 
und Pflasterstein für die. Stadt Quito. Die drei erwähnten 
Gesteine des Rucu-Pichincha enthalten demnach Augit (keine 
Hornblende), während diejenigen des Guagua Pichincha Horn- 
blende (und sehr wenig Augit) enthalten. 


*) Eine neue Analyse eines von Humsor.pr am Pichincha in 2430 
Toisen geschlagenen Gesteins (mit 02,35 pCt. Kieselsäure) gab Artopk 
(N. Jahrb. 1874 pag. 9). 


315 


In Bezug auf den Feldspath - Gemengtheil der Pichincha- 
Gesteine sind die beiden obigen Analysen wohl geeignet, die 
frühere Ansicht zu berichtigen, zufolge welcher der Trachyt 
des Pichincha Oligoklas enthalten solle (s. Kosmos Bd. IV. 
pag. 471). | 

Bevor wir die Betrachtung der Pichincha - Gesteine ver- 
lassen, wird es von Interesse sein, die Eruptionen dieses 
Vulkans nach der Cronica von WoLr aufzuzählen. Historisch 
beglaubigt sind nur drei Ausbrüche des Berges: 17. u. 18. Oct. 
1566, 8. Sept. 1575, 27. Oct. 1660. Die Eruptionsproducte des 
Pichincha bestehen wesentlich in ungeheuren Massen von vul- 
kanischem Sand und Staub. — Die bisher in den Schriften 
angegebene älteste Pichincha - Eruption 1534, durch deren 
Staubregen der Marsch des Conquistadors PEDRO DE ALYARADO 
von den Küsten der Südsee zum Plateau von Quito gehemmt 
wurde, beruht höchst wahrscheinlich auf einem Irrthum. Nach 
WouLr war es der Cotopaxi, oder einer der zahlreichen an- 
deren Vulkane des ecuadorischen Hochlandes, welcher jene 
Asche auswarf. 


Der Andesit des Tunguragua. 


Der Tunguragua (4927 M. hoch nach STÜBEL) gehört der 
östlichen Cordillere an und liegt dem Chimborazo gerade gegen- 
über. Vor Kurzem haben wir uber diesen merkwürdigen Berg 
neue Nachrichten erhalten durch den verdienstvollen Reisenden 
Dr. StüBeL (s. Zeischr. für die ges. Naturwissenschaften 
Bd. XLI. 1875 pag. 476), welcher den Vulkan von Banos 
(1800 M. hoch), vom Pastazathal aus, erstieg. Nach STÜBEL 
liegt das Eigenthümliche der Lage des Tunguragua vorzugs- 
weise darin, dass er mit seinem Nordgehänge ein enges Thal 
begrenzt, dessen gegenüberliegende Wand nicht zur vulkanischen 
‚Formation gehört, sondern aus sehr altem Gestein (Glimmer- 
schiefer) besteht. *) Durch dies malerische Thal, Namens Valle 


*) v. HumsoLpr gebührt das Verdienst, zuerst das von den ecua- 
dorischen Vulkanen durchbrochene Grundgebirge erkannt zu haben. „Da 
in der vulkanischen Hochebene von Quito alles mit Trachyt, Trachyt- 
Conglomerat und Tuffen bedeckt ist, so war es mein eifrigstes Bestreben, 
irgend einen Punkt zu entdecken, an dem man deutlich erkennen könne, 
auf welcher älteren Gebirgsart die mächtigen Kegel und Glockenberge 
aufgesetzt sind, oder um bestimmter zu reden, welche sie durchbrochen 


de Bahos, nimmt zwischen beiden verschiedenen Bildungen der 
Pastazafluss seinen Lauf. Den ebenen Boden des Pastazathals 
bildet ein einziger Lavastrom, welcher seinen Ursprung un- 
gefahr 700 M. über Banos am Gehänge des Tunguragua hat 


und 3 bis 4 Leguas (1 ecuador. Legua = 5573 M.) thalabwärts 
bis zum Fluss Verde grande reicht. Der Pastaza musste sich 
auf der Grenze zwischen Lava und Glimmerschiefer ein neues Bett 
suchen; an anderen Stellen durchbrach der Fluss den festen 
Lavafels.. Gegen den Rio Verde hin hat der Pastaza den im 
Mittel 30—50 M. mächtigen Lavastrom so zerstört, dass davon 


nur an den Einmündungen der kleinen Nebentbäler Plateau- 


reste sich erhalten haben. (Dies erinnert vollkommen an den 
Strom von Bertrich). Jener grosse Lavastrom hat am Fusse 
des Tunguragua stattgefunden, während die letzte Eruption 
am Ende des vorigen Jahrhunderts aus dem Gipfelkrater 
erfolgte (STüBEL). Die Form des Kraters ist fast kreisrund, 
er hat einen Durchmesser von ungefähr 500 M. und eine 
Tiefe von einigen 80 M. Nur im nördlichen Theil des 
Kraterrandes bemerkt man eine — und zwar recht beschränkte — 
vulkanische Thätigkeit, indem hier an vielen Punkten Wasser- 
dampf-Fumarolen, mit schwefeliger Säure geschwängert, empor- 
steigen. 

Bei dem hohen Interesse, welches dem Vulkan Tungu- 
ragua und seinen Lavaströmen, die zuerst keinen Zweifel 
an ihrer wahren Natur als geflossene Laven, übrig liessen, 
innewohnt, war es mein Bestreben, auch die chemische Zu- 
sammensetzung des constituirenden Feldspaths zu ermitteln. 
Es schien dies um so wichtiger, da neben Plagioklas und 
Augit in den Tunguragua-Laven auch Olivin zur Ausscheidung 
gelangt, welches Mineral den bisher betrachteten Andesiten 
entweder ganz fehlt, oder in ihnen nur in geringster Menge 
vorhanden ist. Es müsste die Frage beantwortet werden, ob 
in den Andesiten neben reichlichem Olivin sich auch Andesin 
ausscheiden könne, oder ob der constituirende Feldspath La- 
brador sei. 

Fur fast alle in der Sammlung befindlichen Tunguragua- 


haben. Einen solehen Punkt bin ich so glücklich gewesen aufzufinden, 
als ich im Monat Juni 1802 von Riobamba nuevo aus eine Ersteigung 
des Tunguragua versuchte“, etc., s. Kosmos IV. pag. 462. 


De a Ze nz 


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Ser I ee er N Er SE ne Se 


Laven war eine gesonderte Analyse des Plagioklas ganz un- 
möglich; nur bei einem einzigen Handstücke, durch WoLr 
geschlagen „von grossen Blöcken im Bette des Rio Puela bei 
Banos, vom Bache heruntergeführt (System des Tunguragua)“ 
gelang es, zu einer Analyse das Material (0,336 Gr.) mit 
Aufwand vieler Zeit und Geduld zu sammeln. 

Der Andesit von Rio Puela (Tunguragua) enthält in einer 
schwarzgrauen, dichten oder feinschlackigen Grundmasse zahl- 
reiche, im Mittel kaum ] Mm. grosse Plagioklase, kleine 
dunkelgrüne Augite, sowie, spärlicher, Olivin. Der Gegenwart 
des letzteren Minerals in den Tunguragua - Laven erwähnen 


auch bereits die Herren WoLr und SrtüßeL. — Der Kiesel- 
säuregehalt dieses Andesits wurde bestimmt 
= 61,48 pCt. 


Der Plagioklas des Tunguraguagesteins ergab: 
Spec. Gew. 2,627 (bei 26° C.). Gluhverlust 0,15. 


Kieselsäure ... . . 57,8 Ox. = 30,84 

Thonerde ...... 26,75 12,49 

Kalk MNZIN ANNE 9,05 2,59 

Natron (Verlust) .. 6,4 1,64 
100,00 


Sauerstoffproportion 1,016 : 3 : 7,408. 


Auch dieser Plagioklas ist demnach ein Ändesin, wenn- 
gleich in demselben die Mischung des Kalkfeldspaths etwas 
mehr überwiegt als es bei den Andesinen des Pichincha, des 
Pululagua und des Mojanda der Fall ist. Der Andesin des 
Tunguragua stellt sich dar als eine Mischung von 2 Mol. 
Albit und 3 Mol. Anortbit, welcher Zusammensetzung folgende 
Zahlen entsprechen: 


Kieselsäure 57,26. Thonerde 27,26. Kalk 8,91. 
Natron 6,597. 


Die Gesteine des Tunguragua sind bereits mehrfach Gegen- 
stand der Untersuchung gewesen. AsıcH bestimmte den Kiesel- 
säuregehalt eines homogenen, durch zahlreiche kleine gestreifte 
Plagioklaskrystalle porphyrartigen, rothbraunen Andesits von 
diesem Vulkan = 57,40 pCt. | 

Dass die am Tunguragua vorkommenden vulkanischen 


Gesteine recht verschieden sind, beweisen zwei genaue und = 
vollständige Analysen Artop£’s (Neues Jahrb. f. Min. 1874 


pag. 93) Während das eine, ein schwarzes Gestein, mit dem 
spec. Gewicht 2,548 einen Kieselsäuregehalt von 66,06 pCt. 
ergab, wurden in dem andern, von rother Farbe, spec. Gewicht 
2,746, nur 55,35 pCt. gefunden. Der constituirende Plagioklas 
des ersteren ist gewiss Andesin, derjenige des letzteren wohl 
unzweifelhaft Labrador. Das Vorkommen doleritähnlicher An- 
desite am Tunguragua steht demnach wohl ausser Zweifel. 
Ein Gestein von diesem Feuerberg (zu welchem WoLr bemerkt: 
„körniges Gemenge von Plagioklas uud Augit, wurde öfters für 


Basalt gehalten; Olivin; 5 Stunde unterhalb Banos, rechts 


vom Wege, anstehend in schönen basaltartigen Säulen, deren 
Köpfe zwischen Tuff und Schlacken hervorschauen. Am Wege 
selbst liegen viele herabgestürzte Blöcke“) ist in der That von 
einem ätnäischen Dolerit kaum zu unterscheiden. Unter dem 
Mikroskop löst sich dasselbe fast vollständig in ein Gemenge 
kleinster Plagioklase auf, durch eine äusserst geringe amorphe 
Grundmasse verbunden, und grössere gestreifte Plagioklase um- 
schliessend. Ein zweites schwarzes Gestein „vom Lavastrome 
des Tunguragua, über welchen der Rio Pastaza fliesst, von 
der Brücke unterhalb Banos“ zeigt kleine ausgeschiedene Kry- 


stalle von Plagioklas, Augit, Olivin, die Grundmasse besteht 


fast ausschliesslich aus kleinsten Plagicklasen, 

Die Analysen der Plagioklase aus den Andesiten des 
Mojanda, des Pululagua, des Pichincha und des Tunguragua 
lehren nun, dass in der That Andesin diejenige constituirende 
Varietät der Kalknatronfeldspäthe ist, welche mehrere der aus- 
gezeichnetsten Vulkane des ecuadorischen Hochlandes zu- 
sammensetzt. 

Erinnern wir uns der eigenthumlich wechselnden Ansichten 
über die Berechtigung des Namens Andesit und über die Exi- 
stenz des Ändesin-Feldspaths. L. vox BucH bezeichnete (1835) 
mit dem Namen „Andesit‘“ diejenigen Trachyte, in denen 
Albit die Stelle des Sanidins vertreten sollte. Auf G. Rose’s 
Untersuchungen der feldspathähnlichen Mineralien in den von 
v. HunsoLpt, Meyen, Pörpıs und Erman mitgebrachten vul- 
kanischen Gesteine glaubte v. BucH die Behauptung begründen 
zu können, dass „kein einziger der fast zahllosen Vulkane 
der Anden‘ aus Sanidin - Trachyt bestehe, vielmehr alle aus 


319 


„Albit - haltigem Andesit‘‘ aufgebaut wären. Als G. Rose 
später den gestreiften Feldspath vieler Gesteine als Oligoklas 
erkannte (in Bezug auf den Granit des Riesengebirges geschah 
es 1842) und das Vorkommen des Albits als Gemengtheil von 
Gesteinen überhaupt in Frage stellte, schien der Andesit in 
der von v. Buch gegebenen mineralischen Definition seine 
Begründung zu verlieren, in dem Maasse, dass HumBoLpr im 
Kosmos von der ‚‚nun schon veralteten Mythe des Andesits“ 
spricht und anführt, dass auch er ‚‚das Unrecht begangen 
habe, sich zwei Mal dieses, viele Verwirrung anrichtenden 
Namens bedient zu haben.‘‘ (Kosmos Bd. IV. pag. 634, 636). 
Jetzt ist der v. Bucm’sche Name Andesit allgemein wieder zur 
Geltung gekommen, um diejenigen Trachyte zu bezeichnen, 
welche des Sanidins entbehren und statt desselben einen 
Kalknatronfeldspath enthalten. — Ein ähnlicher Wechsel der 
Ansichten hat auch über dem Andesin gewaltet. Fünf Jahre 
nachdem v. Buch die neue Gebirgsart aufgestellt, bezeichnete 
Asıca den Feldspath eines “Gesteins von Marmato bei Po- 
payan (Columbien) mit dem Namen Andesin. ABıca’s Analyse 
ergab annähernd die Sauerstoffproportion 1:3:8 und wies dem 
neuen Feldspath seine Stellung zwischen Oligoklas und La- 
brador an. Dieser Bezeichnung Andesin lag indess die 
irrthümliche Voraussetzung zu Grunde, dass jenes Gestein von 
Marmato ein Andesit sei, während es in Wahrheit ein Diorit- 
porphyr ist. Doch auch abgesehen von diesem Irrthum, wel- 
cher die Wahl des Namens als nicht zutreffend erscheinen 
liess, wollte es lange nicht gelingen, die von ABIcH ange- 
gebene Mischung ausser Zweifel zu stellen. Erst durch die 
schöne, leider noch in der allerjüngsten Zeit verkannte 
(s. Neues Jahrb. f. Min. 1874 pag. 89) Theorie TscHermar’s 
gewann der Andesin ein neues Bürgerrecht, wenn auch nicht 
als Mineralspecies, so doch als eine Subspecies der Kalk- 


_ natronfeldspathe. — Die oben mitgetheilten Analysen beweisen 
nun, dass in mehreren der ausgezeichnetsten Andesite des 


Hochlandes von Quito Andesin — nicht Oligoklas, wie man 
bisher glaubte*) — als constituirender @emengtheil vorhanden 


*) Für das Chimborazo-Gestein wurde bereits früher durch DevırLe 
der Kieselsäuregehalt des Plagioklas —= 58,26 bestimmt, und hierdurch die 


Zugehörigkeit desselben zum Andesin bewiesen. Kosmos Bd. IV. p. 629, 


ist. Der von Asıch im Dioritporphyr von Popayan zuerst 
nachgewiesene Plagioklas, welchen er — einer irrthümlichen 


Voraussetzung zufolge — Andesin nannte, ist also in der That 


dasselbe Mineral, welches die wichtigsten Andesyulkane zusam- ; 


mensetzt, und jener Name erweist sich somit auf Grund der 
oben mitgetheilten Analysen als vollkommen zutreffend. 

Dass in dem ausgedehnten äquatorialen Vulkangebiet Ame- 
rikas ausser dem herrschenden Andesin, dem ‘bisher nur in 
den Perliten des Antisana nachgewiesenen Oligoklas auch mehr 
basische Plagioklase, namentlich Labrador, vorkommen, wird 
durch die mineralogischen Untersuchungen in anderen Vulkan- 
gebieten wahrscheinlich; wie denn auch die Gegenwart des 
Labradors als constituirenden Plagioklases in der Lava des 
Vulkans von Purace durch DevIiLLE (Kieselsäurebestimmung 
des ausgeschiedenen Plagioklases = 55,40; des Gesteins 60,80) 
nachgewiesen worden ist. — Der Labrador constituirt im Hoch- 
lande von Ecuador theils Auswürflinge, welche den Tuffen 
inneliegen, theils Laven. Ein Beispiel des ersteren Vorkom- 
mens bietet ein trachytischer Auswürfling aus den 
„Tuffen von Calacali*, unfern Pomasqui, 2.d. Meil. 
nördlich von Quito. Die Bimsteintuffe von Calacali (4 d. Meil. 
nördlich der Hauptstadt, auf der linken südwestlichen Seite 
des Rio Esmeraldas gelegen), welche sich bis in die Gegend 
von Pomasqui verbreiten, schliessen faust- bis kopfgrosse Blöcke, 
Bomben jenes Andesits ein, aus welchem die untersuchten 
Plagioklase stammen, — ein schönes Gestein, welches in einer 
feinkörnigen lichtgrauen Grundmasse weisse gestreifte Plagio- 
klase (bis 6 Mm. gross), zahlreiche schwarze Hornblende- 
prismen und Magneteisenkörnchen enthält. Kieselsäuregehalt 
des Gesteins = 62,03 pCt. 

Es wurde nur eine Analyse ausgeführt und das Natron 
aus dem Verluste bestimmt. Plagioklas aus dem Andesit von 
Pomasqui: 

Spec, Gew. 2,644 (bei 154° C.). Gluhverlust 0,11. 

Kieselsäure . . 55,86 Ox. = 29,79 


Thonerde . . . 28,10 13,13 

Kalkar224..710598 9,13 

Natron tus 27.5;09 1,31 
100,00 


Sauerstoffproportion 1,014 : 3 : 6,807. 


FR aha EEE rel at Balance 


a As 


ex N, 
a AA Fe Aa r 


u A 


ra De 


0 a 5 Lu AL Do zu Zn 


321 


Diese Mischung entspricht einem aus 1 Mol. Albit und 
2 Mol. Anorthit gebildeten Plagioklas, d. h. einem Labrador, 
dessen berechnete Mischung die folgende sein würde: 


Kieselsäure 55,53. Thonerde 28,49. Kalk 10,35. 
Natron 5,73. 


In der von WoLr mir verehrten Gesteinssammlung befindet 
sich aus denselben trachytischen Tuffen von Calacali ein recht 
merkwurdiges Trachytgestein mit der Etiquette „Einschluss 
ineinem Trachytblock aus den Tuffen (in einer Que- 
brada-Schlucht) östlich von Pomasqui.“ Es ist ein Ge- 


‚steinsstück, welches gleich den vesuvischen Auswürflingen von 


1872 zwar nicht dem ersten oberflächlichen Blick, wohl aber 
der genauen Betrachtung mittelst der Lupe eine sehr inter- 
essante Mineralassociation darbietet. Das Gestein, von röthlich- 
grauer Farbe, ist von körnig-drusiger Beschaffenheit, hierin 
den Auswürflingen anderer Vulkangebiete, z. B. des Laacher 
Sees verwandt. Das Pomasqui-Gestein ist feinkörnig, sodass 
die einzelnen krystallinischen Theile nur etwa ] Mm. Grösse 
erreichen, und besteht aus Plagioklas, Sanidin, röthlichbraunen, 
nicht glänzenden kleinen Prismen von Hornblende, Eisenglanz 
und Tridymit. Letzteres Mineral ist, zwar vorzugsweise deut- 
lich ausgebildet in den kleinen Drusenräumen, doch auch in 
der Grundmasse vorhanden, von schneeweisser Farbe und zier- 
lichster Bildung in einfachen, Zwillings- und Drillingstafeln, 
überaus häufig, so dass es einen wesentlichen Theil der Masse 
constituirt. Die Bestimmung der röthlichbraunen Prismen ist 
schwierig, da eine scharf begrenzte äussere Form nicht vor- 
handen, vielmehr durch Rundung undeutlich. Deutlich kann 
man schon mit der Lupe wahrnehmen, dass die rothlichbraune 
Färbung nur der in unzählige feinste Fasern sich auflösenden, 
mit Magneteisen - Punkten innig gemengten Hülle der Horn- 
blendekrystalle angehört, während das Innere dunkel und glän- 
zend im Bruch erscheint. Unter dem Mikroskop erkennt und 
unterscheidet man leicht den Sanidin und den Plagioklas, wäh- 


- rend der Tridymit und die Hornblende unser besonderes Interesse 
_ auf sich ziehen. Nachdem ich das mikroskopische Verhalten 


des Tridymits an losgelösten Täfelchen beobachtet, fand ich 


ihn leicht allenthalben in der Grundmasse auf. Der Tridymit 


stellt sich unter dem Mikroskop bei 450facher Vergrösserung 


322 


als ein feinmaschiges Netz dar, dessen einzelne Maschen ge- 


rundet, ziemlich unregelmässig, nur zuweilen einen hexagonalen 
Umriss erkennen lassen. Die einzelnen kleinsten Täfelchen, 
welche als Maschen des Netzes erscheinen, sind zuweilen 
gleich Schuppen übereinander gelegt. So bestätigt sich hier 
in überraschender Weise die mikroskopische Charakteristik des 
Tridymits, welche wir ZırkeL verdanken (F. ZırkEL, die mi- 
krosk. Beschaffenh. d. Min. u. Gest. pag. 111). Einen recht 
eigenthümlichen Anblick gewähren unter dem Mikroskop die 
Hornblendekrystalle. Sie besitzen nur einen kleinen, durch- 
scheinenden, braunen Kern, welcher beim Drehen des Nicols 
einen lebhaften Farbenwechsel zeigt, während die äussere 
Hülle, an Masse den Kern mehrfach übertreffend, schwarz und 
undurchsichtig ist und sich als ein Aggregat kleinster Magnet- 
eisenkörnchen (vielleicht mit Eisenglanz gemengt) darstellt. 
Diese Verunreinigung der Hornblendekrystalle mit Magnet- 
eisenpunkten ist nach Herrn Prof. ZirKEL, welcher die Güte 
hatte, das in Rede stehende Präparat zu prüfen, zwar eine 
gewöhnliche Erscheinung in den Trachyten, doch in dem 
Maasse, wie es hier in dem Tridymit - führenden Einschluss 
vorliegt, wohl noch nicht beobachtet. 

Nicht auf diesen Block aus den Ualacalituffen ist der 
Tridymit beschränkt (wenngleich das Mineral hier in grösster 
Menge vorkommt), vielmehr fand WoLr ihn (1872) gleichfalls 
in einem Trachytblock im Thal von Tumbaco auf (24.d. Meil. 
ONO von Quito). Auch enthält ein rother Andesit vom Chimbo- 
razo in Poren sehr kleine weisse aus Täfelchen bestehende Zu- 
sammenhäufungen, welche — bereits durch WoLF vermuthungs- 
weise als Tridymit bestimmt — durchaus an die Erscheinungs- 
weise dieses Ülinerals in vesuvischen Auswürflingen vom 
Jahre 1822 (Pose. Ann. Bd. 147 pag. 280) erinnern. 

An den Plagioklas von Pomasqui reiht sich in Bezug auf 
seine Zusammensetzung sehr nahe an derjenige aus einer 
„andesitischen Lava von einem grossen Lavastrom zwischen 
Riobamba und dem Tunguragua, linke Seite des Rio Chamba, 
von Langlangchi; Strom säulenförmig zerklüftet, die Säulen 
in dunne Platten abgesondert*. Ueber das Vorkommen giebt 
WoLr in einem Briefe folgende nähere Nachricht. „Wo der 
Weg von Riobamba nach dem Tunguragua sich in dem vulka- 
nischen Tuffe stark abwärts nach dem Rio Chambo neigt, 


323 


steht plötzlich links eine hohe senkrechte Lavawand an, das 
Ende eines Stromes, der sich als langgezogener, mit Tuff be- 
deckter Rücken weit gegen Westen auf das Plateau von Rio- 
bamba hinauf verfolgen lässt. Die Ausbruchsstelle ist mit 
Tuff bedeckt, aber der Strom scheint von keinem der hohen 
Berge der Gegend herzukommen, sondern in der Ebene aus- 
gebrochen zu sein. Der gewaltige Strom hat in der Mitte die 
Höhe von wenigstens 30. M. und eine sehr bedeutende Breite 
(fast — Stunde); er ist unten in 2 bis 3 M. dicke Pfeiler ab- 
gesondert, die sich nach oben in dunnere Pfeiler spalten. Die 
Oberfläche des Stroms ist ganz unregelmässig in kleine Stücke 
zerklüfte. Er zeigt mit einem Worte die Absonderung der 
Niedermendiger Mühlsteinlava.. Unten und noch in der Mitte 
hat der Andesit porphyrartige Textur, nach oben wird er 
immer dichter und damit dunkler (mit sehr kleinen Feldspathen), 
bis er zuletzt an der Oberfläche in poröse schlackige Lava 
übergeht. Der ganze Hoöhenzug auf der linken Seite des Rio 
Chambo, von dem grossen Lavastrom an bis eine Stunde weiter 
unten, heisst Langlangchi, die Felswand selbst nannten die 
Indianer Pungaltuz.“ 

Die Lava enthält in einer schwärzlichgrauen Grundmasse 
sehr zahlreiche wasserhelle, tafelformige Plagioklase, welche 
mit der Fläche des Brachypinakoids M annähernd parallel 
liegen. Die Gesteinsmasse schliesst nicht unmittelbar fest an 
diese Plagioklase an, sie lässt vielmehr einen feinen Zwischen- 
raum, welcher mit fasriger, fast bimsteinähnlicher Masse erfüllt 
ist. So liegen auch die Sanidine in der trachytischen Lava 
des Arsostroms, Ischia. — Ausserdem ist bräunlichschwarze 
Hornblende (fest von der Grundmasse umschlossen) vorhanden 
und fein zertheiltes Magneteisen; weder Augit noch Olivin. 
Unter dem Mikroskop löst sich die Grundmasse in ein äusserst 
feinkörniges Gemenge von Plagioklas neben nur wenig amor- 
pher Grundmasse auf. 


324 _ 
Plagioklas aus der Andesitlava von Langlangchi: 


Spec. Gew. 2,604. Kein Glühverlust, 


5 II. Mittel 
Kieselsaure . . 55,64 = 39,64 Ox: 9467 
Thonerde . ... 28953 „28,19 28,19 13,16 
Eisenoxydul .. 0,82 0.92 0,87 0,19 
Koks 10,07 992 9.19 2,80 
Magnesia. ... 0,19 nicht best. 0,19 0,07 
Kar = 0,63 0,63 0,11 
Nairon... . .© —. 5,48 5,48 1,41 

100,79 


Wenn wir vom Eisen absehen, welches von eingemengtem 


Magneteisen (vielleicht nebst etwas Eisenglanz) herrührend 
der Constitution des Plagioklas nicht angehört, so ergiebt 
sich die 

Sauerstoffproportion 1,00 : 3 : 6,76. 


Es stimmt die gefundene Zusammensetzung sehr nahe 
überein mit einer isomorphen Mischung von 1 Mol. Albit + 


2 Mol. Anorthit. Der Plagioklas von Langlangchi ist dem- 


nach ein Labrador, fast genau von der Zusammensetzung des- 
jenigen von Pomasqui. Die beiden letzteren Analysen liefern 
den Beweis, dass auch Labrador in den ecuadorischen Ande- 
siten als constituirender Gemengtheil auftrete.e Es bestätigt 
sich demnach für diese Gesteine die von Prof. J. RorH ge- 
äusserte Ansicht (s. Beiträge z. Petrogr. der pluton. Gesteine, 
Sep.-Abdr. pag. 192), „‚dass eine stetig fortlaufende Reihe 
(zwischen Andesit und Dolerit) vorhanden ist.‘“ Die Verbrei- 
tung des Labradors in den Andesiten und in den Daeiten 
oder Quarz- Andesiten ‘ist vorzugsweise durch Dr. DÖLTER in 
seinen mühevollen und wichtigen Arbeiten über die quarzfüh- 
renden Andesite in Siebenbürgen und Ungarn (Miner. Mittheil., 
ges. von TSCHERMAR, 1873 2. Heft) und über die Trachyte des 
Siebenburgischen Erzgebirges (ibid. 1874 1. Heft) nachgewiesen 
worden. 

Die Frage liegt nahe, weshalb wir die dunkle Labrador- 
führende Lava von Langlangchi nicht gleich den Aetnalaven 
zu den doleritischen Gesteinen rechnen? Indess durch die 


325 
zahlreichen Hornblendekrystalle, sowie das Fehlen von Augit 
und Olivin, welche neben Labrador die Aetnalaven charak- 


terisiren, unterscheidet sich die ecuadorische Lava sehr we- 
sentlich von der ätnäischen. 


Der Andesit von Toluca in Mexicn. 


Das Vulkangebirge von Toluca mit seinem Kratersee und 
seinen beiden in die Schneeregion aufragenden Gipfeln — der 
Pico del Fraile erreicht nach v. HumsoLpr 4620 M., nach 
Burkart 15,262 engl. Fuss — liegt in der Mitte jenes durch von 
HunsoLpr’s Arbeiten so berühmten „Parallel’s der mexika- 
nischen Vulkane‘‘, etwa 10 d. M. SO. von der Hauptstadt. (Ueber 
den Nevado de Toluca, vergl. Jos. BURKART, „Aufenthalt und 
Reisen in Mexico in den Jahren 1825—1834* Bd. I.; sowie 
PIESCHEL, ,‚Ueber die Vulkane’von Mexico“ in Zeitschr fur 
allgem. Erdkunde Bd. VI. pag. 80—91; v. HumsoLpr, Kosmos 
Bd.IV. pag. 313, 470.) Das Gestein, welches mir zur Unter- 
suchung diente, stammt nicht vom hohen Vulkankegel selbst, 
sondern aus dem Thale von Toluca, woselbst es von dem ver- 
ewigten, verdienstvollen Geh. Bergrath Dr. BuRKART 2 Stund, 
östl. von Istlahuaca, am Wege nach Mexico geschlagen wurde 
(s. BuRKART a. a. O. pag. 179). — Das Gestein ist ein An- 
desit von ungewöhnlicher Schönheit. In der lichtgrauen dichten 
Grundmasse heben sich die schneeweissen, bis 5 Mm. grossen 
Plagioklase vortrefflich ab; sie tragen eine deutliche Streifung; 
ausserdem schwarzer Biotit und bräunlichschwarze Hornblende; 
einzelne gelbe Olivinkörner und ganz vereinzelte rundliche 
Quarzkörner. Schon G. Rose erkannte, dass der Feldspath 
des Toluca - Gesteins gestreifte Spaltungsflächen darbietet und 
stellte dasselbe zu seiner dritten Abtheilung der Trachyte, 
„welche viele kleine Oligoklas-Krystalle mit schwarzer Horn- 
blende und braunem Magnesiaglimmer enthalten“. 


Kieselsäuregehalt des Gesteins 


— 66,85 plit. 


Zeits.d. D.geol, Ges. XX VII. 2. 22 


EN ZERN e ENEEIR HERE VSITARROR FEDER N SH REN NL ENNAE SUR Bi; N ne 
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326 


Plagioklas aus dem Andesit von Toluca: 


‚Spec. Gew. 2,615 (19° C). Glühverlust 0,06. 


I. I. Mittel 
Kieselsäure . .. 59,79 _— 59,19 Ox.= 31,888 
T’honerde ..\ .1..,29,94. 25,33. ‚25.43 11,406 
Kalk uf sc 0 30 7,46 7,41 DIRT 
Ra. — 0,64 0,64 0,109 
Natron u Zu e 17,94 1,24 1,869 
100,51 


Sauerstoffproportion 1,077 : 3 : 8,387. 


Dieser Plagioklas ist demnach als ein Andesin zu be- 
trachten, dessen Mischung sehr nahe durch eine Verbindung 
von 1 Mol. Albit mit 1 Mol. Anorthit dargestellt wird. Siehe 
oben Plagioklas von Mojanda. G 


Der Obsidian-ähnliche Andesit von Conejos 
am Rio grande del Norte, Colorado. 


Wo der Rio grande den 37. Grad nördlicher Breite, d.h. 
die Grenze zwischen den Territorien Colorado*) und New 
Mexico überschreitet, dehnt sich ein Gebiet vulkanischer Ge- 
steine aus, von denen ich mehrere Proben durch die Gefällig- 
keit des Herrn G. June jun. aus Köln erhielt. — Der Rio 
grande, etwa unter 37° 40’ nördl. Breite und 106° 35’ westl. 
Länge von Greenwich entspringend, fliesst zunächst ca. 15 d. 


Meil. gegen Südost, wendet sich dann, nachdem er in eine ° 


weite Thallandschaft, den San Luis Park, eingetreten, gegen 
Sud bis zur Grenze der Republik Mexico, um dann in länder- 
scheidendem Laufe gegen Südost den mexikanischen Golf zu 
erreichen. Etwas unterhalb jener Stromwendung, noch im 
Gebiete des San Luis Park nimmt der Strom drei von Osten 
kommende Nebenflusse auf, den Rio Trenchera, Culebra und 
Costilla. Vor ihrer Vereinigung mit dem Rio grande treten 
diese drei Flusse in das Gebiet der vulkanischen Bildungen 
ein, ein Territorium, welches vorzugsweise aus Trachyt in 
meist vertical stehenden , mehrere Fuss bis wenige Zoll im 
Durchmesser haltenden Säulen besteht. In diesem eigenthuüm- 
lichen Gebiete versinken die genannten Flüsse, so dass nur 


*) Anmerkung bei der Correctur: „jetzt ein Staat‘. 


327 


ihre Canons — Felsenschluchten —, welche mit Ausnahme 
einiger Tage im Frübjahr wasserleer sind, zu dem mehrere 
hundert Fuss in die Ebene eingeschnittenen Thale des Rio 
grande ziehen. Das Gestein dieser säulenföormigen Trachyt- 
bildung ist Andesit. Aehnliche vulkanische Gesteine finden 
sich zwischen der Stadt la Costilla, welche der neuesten Mes- 
sungen zufolge genau auf der Grenze zwischen Colorado und 
New-Mexico liegt, und Elizabethtown, einem Städtchen, in 
dessen Nähe reiche, von einer englischen Gesellschaft betrie- 
bene Goldwäschen sich befinden. An dem bezeichneten Punkte 
bildet der Andesit einen 300 bis 400 Fuss hohen, in senk- 
rechte Säulen abgesonderten Kegel, den Comanche Rock, an 
dessen Fuss sich zwei Bäche vereinigen und den Rio Costilla 
bilden. Einige Meilen weiter in der Richtung auf Blizabeth- 
town erscheint der Andesit in äusserst zierlichen, nur 2 bis 
10 Cm. dieken Säulen. — Der obsidianähnliche Andesit, dessen 
ausgeschiedene Plagioklaskrystalle eine gesonderte Analyse 
gestatteten, steht an auf der rechten Seite des Rio del Norte, 
4 engl. Meilen von der Mündung des Rio Culebra entfernt, 
unfern des Städtchen Sant’ Antonio. Dies Gestein zeigt in 
schwarzer, obsidianartiger Grundmasse zahlreiche weisse, deut- 
lich gestreifte Oligoklase, 2 bis 3, selten bis 10 Mm. gross. 
' Ausserdem sind wenig zahlreiche, 2 bis 3 Mm. grosse bräunlich- 
schwarze Biotitblättchen wahrnehmbar. — Unter dem Mikro- 
skop zeigt die Grundmasse dieses Gesteins in ausgezeichneter 
Weise jene Bewegungs - Erscheinungen, welche zuerst von 
E. Weiss an einem Perlstein von Ungarn erkannt und dar- 
gestellt (s. Beiträge zur Kenntniss der Feldspathbildung. Ge- 
krönte Preisschr. Harlem 1866. pag. 142. 143, Taf. I. f£. 15.), 
dann selbstständig von dem fruh vollendeten Prof. H. VoGELSANG 
aufgefunden und unter dem Namen Fluidalstructur ausführlich 
beschrieben wurde (s. Philosophie d. Geol. u. mikrosk. Ge- 
steinsstudien, 1867 pag. 138 Taf. I— IV.) Die bräunliche 
amorphe Grundmasse, welche durch kleinste Mikrolithe und 
Magneteisenpunkte eine fluthende und strömende Bewegung 
andeutet, umschliesst ausser Plagioklasen mit deutlichster 
Zwillingsbildung Biotit, Augit und Hornblende. Die Associa- 
tion dieser beiden letzteren Mineralien (hier mit vorwiegendem 
Augit) reiht sich demnach den oben mitgetheilten Beobach- 
tungen über ecuadorische Andesite an. 


22% 


RER KH EREN MET IN 


328 


Kieselsäuregehalt des Gesteins 
= 63,13 pCt. 


Plagioklas aus dem obsidianähnlichen Andesit von Conejos: 


Spec. Gew. 2,631. Glühverlust 0,16. 


I. 11. Mittel 

Kieselsäure . . 61,88 = 61,885 "Ox 29,003 

Thonerde .. . 23.96 24.41 24,18 11,290 

Kalk anna), 4,96 4,62 4,79 1,369 

Kalte — 2,50 2,50 0,424 

Natron: 8, Mu 6,95 6,95 1,794 
100,30 


Sauerstoffproportion 0,958 : 3 : 8,77. 


Dieser Plagioklas ist demnach ein Oligoklas, welcher 
allerdings sich etwas dem Andesin (1 Mol. Albit + 1 Mol. 
Anorthit = 1:3:8) nähert. Wir erhalten eine der gefundenen 
ähnliche Mischung durch eine isomorphe Verbindung von 3 Mol. 
Albit — 2 Mol. Anorthit = 


Kieselsäure 61,915. Thonerde 24,12. Kalk 5,29. 
Natron 8,725. 


Wie Vieles wird die Kenntniss der vulkanischen Gesteine 
gewinnen, wenn die Trachyte New Mexico’s, Nevada’s, Cali- 
fornien’s und Oregon’s einer eingehenden mineralogischen und 
chemischen Untersuchung dereinst unterworfen werden, fur 
welche die wichtigen Arbeiten v. RıcHTHoren’s (s. diese Zeit- 
schrift Bd. XX. pag. 663— 726) den Grund gelegt haben. 

Anmerkung. . Wenig bekannt dürfte es sein, dass der 
granitische Pike’s Peak in Colorado (14216 F.), einer der 
höchsten und am Weitesten gegen Ost vorgeschobenen Gipfel 
des Felsengebirges, reich ist an schönen Mineralien. Herr 
G. Jung, welchem ich auch die obigen Mittheilungen verdanke, 
hatte die Güte, mir grosse Orthoklaszwillinge nach dem Carls- 
bader Gesetze von fleischrother Farbe zu zeigen, sowie schöne 
Krystalle von grünem Feldspath, sogen. Amazonenstein (einen 
ca. 4 Cm, grossen Krystall mit den Flächen T=xP, z= 
(eP3), M= (ef), P=oP,y=2Poeo). 'Noch „uber 
raschender war mir das Vorkommen von grossen Epidot- 
krystallen, welche denjenigen von Arendal sehr ähnlich sind. 


u U 20 


329 


Diesen zehn Plagioklasen aus amerikanischen Trachyten 
reihen wir zwei andere an: aus dem Trachyt der Perlenhardt 
im Siebengebirge und aus einer hauynführenden Lava von 
Palma (Canarische Inseln). 


+ 


Trachyt der Perlenhardt. 


Nachdem für eine Reihe von Trachyten aus fernen Län- 
dern die chemische Natur des constituirenden Plagioklases 
ermittelt war, schien es geboten, die gleiche Aufgabe, wenig- 
stens für eine der ausgezeichnetsten Varietäten der Sieben- 
gebirgsgesteine zu lösen, damit nicht das Ferne genauer be- 
kannt sei als das Heimische. Bisher war durch gesonderte 
Analyse noch für keinen Plagioklas, welcher als wesentlicher 
Gemengtheil eine Trachytvarietät des Siebengebirges bildet, die 
chemische Mischung erforscht worden. Die Annahme eines 
sogen. „Kali-Albits vom Drachenfels‘‘ durch Asıcn *) beruht 
namlich nicht auf, der Analyse ausgesuchter Krystallkörner, 
sondern der mit ÜOhlorwasserstoffsäure zuvor behandelten 
Grundmasse. Besondere Schwierigkeiten bieten sich allerdings 
bei dem Versuche, die Plagioklaskörner unserer Trachyte 
mechanisch zu sondern. Für die Andesite von der Wolken- 
burg und dem Stenzelberg erscheint wegen ihrer Feinkörnig- 
keit die Aufgabe fast unmöglich. Günstiger liegt die Sache 
bei dem so ausgezeichnet porphyrartigen „‚Sanidin - Oligoklas- 
oder Drachenfelser Trachyt‘“‘, welcher ausser dem berühmten, 
burggekrönten Fels am Rhein den Gebirgskamm vom Schallen- 
berge bis zum Lohrberge und namentlich den östlichsten 
Vorhügel des Gebirges, die Perlenhardt, bildet. Die lichte 
Grundmasse des Trachyis vom Drachenfels, von welcher sich 
die weissen Plagioklaskörner nur wenig abheben, macht auch 
für diese Gesteinsvarietät die Aussonderung schwierig. Leichter 
ist es bei der Varietät der Perlenhardt, aus deren grauer 
Grundmasse die Plagioklase deutlich hervortreten. Durch 
ausserordentliche Grösse der Sanidine (bis 6 Cm.) ist zudem 
dies Gestein das ausgezeichnetste unter den Trachyten unseres 
Gebirges. Die Plagioklaskörner erreichen zuweilen eine Grösse 
von 5 Mm, und lassen nicht selten eine deutliche Streifung 


*) AsıcH, „Ueber die Natur und den Zusammenhang der vulkanischen 
Bildungen“, Tabelle zu pag. 7. (Braunschweig 1841.) 


330 


erkennen. Neben Biotit und Hornblende ist schwärzlich- 
grüner Augit vorhanden und im mikroskopischen Schliff auf 
das deutlichste zu erkennen. Die Hornblende von brauner 
Farbe ist mit einem Saume von Magneteisenpunkten umgeben, 
welche den lichtgrünen Äugitdurchschnitten fehlt. Viel Titanit. 
In sehr zahlreichen Drusen und kleinsten Hohlräumen: Quarz *) 
Tridymit, Magneteisen, Eisenglanz; dazu auch kleine, frei aus- 
gebildete, leider mattflächige Plagioklase. 

Tridymit und Quarz finden sich in Drusen dieses Trachyts 
stets gemeinsam, als eine scheinbar gleichzeitige Bildung. Das 
Gestein ist reich an Einschlüssen feinkörniger Trachytvarie- 
täten, und um diese Einschlüsse sind namentlich die eben ge- 
nannten Mineralien in sehr kleinen Krystallen ausgebildet. 

Der Kieselsäuregehalt des Gesteins beträgt 


== 64,56 pCt. 


Es konnten zu der folgenden Analyse nur 0,3345 gr. 
angewendet werden. i 


*) Die zierlichen- Quarze in den Hohlräumen des Trachyts der 
Perlenhardt haben gewöhnlich eine recht symmetrische Ausbildung. ihr 


Typus ist dihexaädrisch, mit niedrigem Prisma (oR). Die Kanten zwi- 


schen Dihexaäder und Prisma sind fast stets durch glänzende Flächen 
abgestumpft. Die Neigung dieser ein vollflächiges Dihexaöder bildenden 
Abstumpfungsflächen zu den Flächen R resp. —R beträgt 1694 °; woraus 
das Zeichen 3R, —ZR. Es sind dies zwei von Des CroızEaux aufge- 


fundene Formen, und zwar 3R = e® an zwei Krystallen von Traver- 
sella, einem aus Brasilien und einem von Ala; —3R = e#, an vielen 
Krystallen von Traversella und aus dem Wallis. — Die Ausbildung die- 


ser Krystalle aus dem Trachyt der Perlenhardt ist sehr ähnlich derjenigen 
der kleinen Quarze in Schmelzdrusen einiger Laven des Laacher Gebiets, 
welche von Dr. Jon. Lenmann aus Königsberg aufgefunden, bestimmt und 
in seiner wichtigen Schrift „Ueber die Einwirkungen eines feurigflüssigen 
basaltischen Magma’s auf Gesteins- und Mineraleinschlüsse“ (s. Verhandl. d. 
naturh. Vereins d. preuss Rheinl. u. Westf., 31. Jahrg. p. 1—40) beschrieben 
worden. Auch jene kleinen Laven-Quarze bieten das spitze durch dieRhom- 
bo@eder -—#R gebildete Dihexaöder dar. Sehr treffend sagt Jos. LEHNManN 
über ihre Bildung: „An eine Infiltration kieselsäurehaltiger Wasser in 
diese Druserräume ist hier nicht zu denken, da die Quarze in engster 
Verbindung mit grünen Augitnädelchen vorkommen, zum Theil von ihnen 
überlagert werden und in diesen Drusenräumen sich überhaupt keine 
Spur der gewöhnlichen Infiltrationsproducte findet.“ Auf die Analogie 
der Laacher Laven-Quarze mit denjenigen aus dem Trachyt der Perlen- 
hardt weist bereits Herr Jou. Lenumann hin. 


ea > 
n FT ”, 


331 


Plagioklas aus dem Trachyt der Perlenhardt: 


Spec. Gew. 2,576. Glühverlust 0,44, 
Kieselsäure...... 62,18 Ox. = 33,16 


Thonerde... . ... 23,92 10,98 

Kalku. 3 2.0)... 5,33 1.92 

Natron... ur... (8,97) **) 2,31 
100,00 


Sauerstoffproportion 1,048 : 3 : 9,065. 


Dieser Feldspath ist demnach ein Oligoklas von nahe 
gleicher Mischung wie derjenige aus dem obsidianähnlichen 
Trachyt von Conejos (s. oben pag. 328). Der Trachyt der 
Perlenhardt und so ohne Zweifel auch das durchaus ähnliche 
Gestein des Drachenfels sind demnach in der That ‚‚Sanidin- 
Oligoklas-Trachyte‘. / 


Hauynführende Lava von der Insel Palma. 


Unter den Gesteinsproben der Canarischen Inseln, welche 
das naturhistorische Museum unserer Universität dem Herrn 
Dr. Reıss verdankt, befindet sich ein sehr interessantes Ge- 
stein von der Insel Palma, welches theils durch seinen Gehalt 
an tiefblauem Hauyn, theils durch deutlich auskrystallisirten 
Plagioklas ein ungewöhnliches Interesse beansprucht. Dr. Reıss 
erwähnt in seiner verdienstvollen Beschreibung der Insel („Die 
Diabas- und Lavenformation der Insel Palma“, 1861) pag. 32 
das in Rede stehende Gestein mit folgenden Worten: „In 
einer schwarzen, glasigen, von vielen kleinen Poren durch- 
zogenen Grundmasse liegt eine grosse Menge tafelförmiger 
Krystalle eines gestreiften Feldspath’s (Labradorit oder Oligo- 
klas ?); viel Hauyn in kleinen Körnern und Hornblende finden 
sich eingesprengt, selten Titanit. Die Grundmasse dieses 
Gesteins gleicht vielen Tenerife- Laven; — sollte es vielleicht 
eine Oligoklaslava sein, die ja DeviLLEe auf Tenerife nachge- 
wiesen hat?‘ Dies Gestein findet sich in losen Blöcken in 
grosser Menge auf den basaltischen Strömen, welche von der 
Cumbre vieja, dem bis 6500 Fuss emporsteigenden, den süd- 
lichen Theil der Insel durchziehenden Gebirgsrucken herab- 


**) Aus dem Verluste, 


332 


' stürzen. Das Gestein dieser Lavaströme enthält nach Dr. 
Reıss in poröser etwas glasiger Grundmasse: Olivin, Horn- 
blende und Magneteisen. Ueber die hauynführenden Laven 


von Palma s. ferner v. Fritsch und Reıss, Geolog. Beschreib. 


von Tenerife pag. 367 — 370. Die Plagioklaskrystalle mit 
deutlich gestreiften Spaltungsflächen erreichen eine Grösse bis 
. 8 Mm. Die Hauynkörner, bis + Mm. gross, zeigen einzelne 
lebhaft glänzende Krystalllächen (o00). Besonders gerne 
scheiden sie sich innerhalb oder in Berührung der Plagioklase aus. 
Unter dem Mikroskop stellt sich die Grundmasse der Lava we- 


sentlich aus Plagioklas-Mikrolithen gebildet dar, welche schöne 


Fluidalstructur zeigen. Darin liegen grosse zwillingsgestreifte 
Plagioklase und prachtvoll lichtblaue Hauyne, Hornblende und 
Magneteisen. Die Hauyne verhalten sich im polarisirten Lichte 
ganz wie amorphe Körper; keine Spur von Strichsystemen (wie 
sie von Rosengusch als charakteristisches Kennzeichen der 
Noseane nachgewiesen wurden; s. Dessen vortreffliche „Mi- 
kroskop. Physiographie‘“ pag. 177) ist sichtbar. Die Hauyne 
sind im Gegensatz zu den anderen Gemengtheilen dieser Lava 
sehr rein von mikrolithischen Einschlussen; sie selbst aber 
finden sich als kleinste, und dann beinahe farblose Kryställ- 
chen in den anderen Gemengtheilen, so in der Hornblende. 

Der Kieselsäuregehalt des Gesteins = 54,11 pCt. deutet 
schon an, dass der constituirende Feldspath nicht den kiesel- 
säurereichen Varietäten angehören kann. Den Schwefelsäure- 
gehalt der Hauynlava fand ich = 0,46 pCt. Da die Menge 
der Schwefelsäure im Hauyn etwa 12 pCt. beträgt, so ergiebt 
sich aus dem gefundenen Schwefelsäuregehalt der Lava, dass 
dieselbe etwa 3,8 pCt. Hauyn enthält. 

Plagioklas der hauynführenden Lava von Palma: 


Spec. Gew. 2,694. Kein Gluhverlust. 


I. II. Mittel 
Kieselsäure. . . 55,64 — 55.64 „.Ox.,— 29:67 
Thonerde. ... . 29,10 28,69 28,89 13,49 
Kalkl 5.2 10,78. .811.12.1..210,92 3,12 
Kaln. usa — ORTEN | 0,12 
Natron. une — 5,09 9,09 1,31 
101,25 


Sauerstoffproportion 1,012 : 3 : 6,598. 


Fr a 


333 


Dieser Plagioklas ist demnach, gleich demjenigen des 
Trachyts von Pomasqui und der Lava von Langlanchi, La- 
brador und kann als eine isomorphe Mischung von 1 Mol. 
Albit mit 2 Mol. Anorthit betrachtet werden. — Die in der 
Lava von Palma vorliegende Association von Labrador mit 
Hauyn verdient wohl eine besondere Hervorhebung. Eines 
der ausgezeichnetsten Hauyngesteine erscheint unter den Aus- 
wuürflingen des Laacher Sees, ein Aggregat von Hauyn und 
Sanıdin. Nosean, ein dem Hauyn nahestehendes und iso- 
morphes Mineral charakterisirt eine andere sehr gewöhnliche 
Art von Laacher Sanidin-Auswürflingen, sowie Sanidin - füh- 
rende Gesteine des Laacher Gebiets. In gleicher Weise ist 
Sodalith (ebenfalls dem Hauyn verwandt und isomorph) be- 
zeichnend für mehrere Sanidin - Trachyte des phlegräischen 
Gebiets. Nach diesen älteren Erfahrungen hätte man ver- 
muthen können, dass die Hauyn-Mineralien sich nur mit ortho- 
klastischem Feldspath vergesellschaften. Da wies Dr. Reıss 
in jener Palma-Lava zuerst auf die Association von Hauyn 
mit einem Plagioklas hin. Aehnliche Gesteine wurden in 
grösserer Verbreitung durch die Herren v. Fritsch und Reıss 
auch auf Teneriffa aufgefunden und beschrieben (in ihrem treff- 
lichen Werke über diese Insel pag. 367—370). Es sind die 
hauynreichen Phonolithe des Guajara-Gebirgsstocks. Dieselben 
oder ähnliche Gesteine kommen auch in den Canadas - Bergen 
vor „besonders beim Espigon, auch in den Gängen beim Tiro 
del Guanche und unter den von der Maja aus in das Taoro- 
Thal ergossenen Lavaströmen.‘* Trikliner Feldspath, Hauyn, 


- Hornblende, brauner Glimmer, Magnetit und — accessorisch 


— Titanit wurden durch die genannten Forscher als Gemeng- 
theile dieser Gesteine erkannt. — Auch aus dem rheinischen 
Vulkangebiet (im Sengelberg beim Dorf Salz, 1 d.M. sudsudwestl. 
Westerburg in Nassau) wurde vor Kurzem ein wesentlich aus 
triklinem Feldspath und Nosean nebst Nephelin, Hornblende, 
Magneteisen ete. bestehendes Gestein durch Dr. G. A. BERTELS 
genau untersucht und „auf Wunsch des Hrn. Prof. SANDBERGER* 
mit dem Namen Isenit belegt. Es gelang Herrn BerTELs, den 
constituirenden Plagioklas dieses Gesteins mechanisch zu tren- 
nen. Die Analyse ergab die Labradormischung (vergl. Würz- 
burger physik.-medic. Ges. N. F. VII. Bd.). Noch sei er- 
wähnt, dass Prof. RosenguscH in Augit-Andesiten von Grad- 


334 


Jakan und von Widodarin auf Java, welche Herr E. Stöar 
sammelte, Nosean oder ein anderes Mineral der Hauyn-Gruppe 
neben Sanidin und Plagioklas nachwies. Indess schien es 
Herrn RosenBuscH, dass in den untersuchten javanischen Ge- 
steinen das reguläre Mineral der Hauyn-Gruppe wesentlich an 
das massenhafte Auftreten des Sanidins gebunden sei und 
sofort da verschwindet, wo die plagioklastischen Feldspathe 
entschieden vorherrschen (s. ROSENBUSCH, üb. einige vulec. Gest. 
von Java, Sep.-Abdr. aus d. Ber. d. naturforsch. Gesellsch. zu 
Freiburg i. B. 1871). 


Die folgende Tabelle enthält eine Zusammenstellung der 
analysirten Kalknatronfeldspathe, geordnet nach abnehmendem 
Gehalt an Kieselsäure, zunehmendem Gehalt an Thonerde und 
Kalk. Den betreffenden Analysen ist stets das Verhältniss 
der Molecüle von Albit und Anorthit beigefügt, welche in ihrer 
Verbindung eine dem untersuchten Plagioklase ähnliche Mi- 
schung ergeben. Diese berechnete Mischung ist, durch kleine 
Zahlen bezeichnet, zur Vergleichung mit den gefundenen Wer- 
then der Analyse hinzugefügt. 


(Siehe die Tabelle umstehend.) 


Erwägt man, dass die analysirten Plagioklase nicht etwa 
frei in Drusen auskrystallisirt, sondern aus der Grundmasse 
ausgeschieden sind, demnach eine vollkommen normale Mi- 
schung nicht zeigen können, erwägt man ferner, dass zuweilen 
nur kleine Quantitäten des sorgsam ausgesuchten Materials zur 
Verfügung standen, so darf gewiss die Uebereinstimmung der 


berechneten und der gefundenen Mischung als eine befriedi- 


gende bezeichnet werden. Es ist wohl nicht überflüssig, dies 
hier besonders (unter Hinweis auf Posceenn. Ann. Bd. 144 
pag. 259) hervorzuheben, da vor Kurzem durch Herrn Des 
ÜLoIzEAUxX auf Grund seiner optischen Untersuchungen der 
schönen Feldspath - Theorie TscHEermaR’s, welche einen der 
wichtigsten Fortschritte der Wissenschaft in der neueren Zeit 
bezeichnet, in der bestimmtesten Weise widersprochen wurde. 
Nach Des CLoızeaux sollen die optischen Untersuchungen den 
Beweis erbringen, dass der Labrador keine Mischung von 
Albit und Anorthit sein könne, dass ebensowenig für den Oli- 
goklas jene Erklärung zulässig sei, dass wahrscheinlich der 


335 


Andesin nur ein zersetzter Oligoklas sei ‚‚comme l’ont suppose 
quelques geologues, et notamment M. CH. SAmT-CLAIRE DE- 
VILLE*. Herr Des CLoizEAux neigt im Gegensatz zu der 
TScHERMAR’ schen Theorie zu der Ansicht mehrerer franzo- 
sischer organischer Chemiker, dass die triklinen Feldspathe in 
folgender Weise sich aus einander ableiten: Anorthit + 1SiO, 
— Labrador. Labrador 4+ 1 SiO, = Andesin. Andesin 
+ 1 SiO, = Oligoklas (für welchen, dieser Ansicht zufolge, 
die Sauerstoffproportion 1:3:10 anzunehmen wäre). Oligo- 
klas + 1SiO, = Albit. ,„‚Chimiquement les deux explica- 
tions peuvent rendre compte des faits; naturellement je penche- 
rais plutöt pour celle des chimistes organiques, qui semble mieux 
appropriee & la fixete des caracteres erystallographiques et op- 
tiques de chaque &spece.‘‘ (Briefl. Mitth.) — In vollkommener 
Werthschätzung der durch Des CLoIZzEAUx jetzt gegebenen opti- 
schen Feldspath-Untersuchungen glaube ich doch, dass sie das 
Fundament der TscHermar’schen Theorie nicht erschüttern kön- 
nen. In dem Vierteljahrhundert, welches verstrichen, seit DEviLLE 
die Andesine von Marmato untersuchte und dieselben für mehr 
oder minder veränderte Oligoklase erklärte, sind, namentlich 
in Deutschland, sehr viele Plagioklase mit Andesin - Mischung 
untersucht worden, welche nicht als bloss veränderte Oli- 
goklase angesehen werden können. Eine langsam gereifte 
Frucht dieser Arbeiten ist die Kenntniss der Thatsache, dass 
in den Kalknatron -Feldspathen mit dem steigenden Gehalt an 
Kieselsaure auch das Natron steigt, während die Kalkerde 
sinkt, dass mit sinkender Kieselsäure die Kalkerde zunimmt, 
das Natron sich hingegen vermindert; es ergab sich ferner, 
dass die Sauerstoffproportion (CaO —+ Na,O0):Al, O, stets 
—= 1:3 je nach der Genauigkeit der Analyse und der Reinheit 
der Substanz, während die Proportion der Kieselsäure, selbst 
bei tadelloser Arbeit, einem einfachen Verhältniss nicht ent- 
spricht. Es wurde ferner bewiesen, dass es einen kalkfreien 
Oligoklas ebensowenig gebe wie einen natronfreien Labrador. 
Mit diesen unbezweifelbaren Thatsachen, auf welchen die 
TscHermAr’sche Theorie beruht, ist jene oben angedeutete 
Ansicht der wachsenden Kieselsäure-Molekule ganz unvereinbar; 
denn Anorthit — 1 SiO, ist eben nicht Labrador; und La- 
brador 4 SiO, ist nicht Andesin u. s. w. In chemischer 
Hinsicht ist die TscuermAr’sche Feldspath - Theorie durch 


336 


Kalknatron-Feldspathe aus 


Spec.Gew. Kieselsäure Thonerde 


Oligoklas Antisana ...... 2,598 64,27 22,30 
Sphärulithlava 64,12 22,62 

N Perlenhardt .... 2,576 62,18 23,92 _ 
im Siebengebirge 61,91 24,11 


5 Conejos am Rio. . 2,631 61,88 24,18 


grande del norte 


Andesin Mojanda ...... 2,666 60,48 25,33 

Ecuador 39,78 25,99 

Panlasa 2,659 59,39 26,08 
Ecuador 

* Doluearmtti: u 2645 59,79 25,43 
Mexico 

ee Guagua Pichincha. 2,647 58,15 26,10 

rothes Gipfelgestein 98,48 26,49 


. Guagua Pichincha. 2,620 9.1 26,1 


dunkles Kratergestein 


5 Tunguragua . . .. 2,627 57,8 26,75 


Ecuador 98,00 26,73 

Labrador Pomasqui ..... 2,644 55,86 28,10 

Einschluss im Tuff 99,49 28,49 

“ Langlanchi. ..... 2,604 55,64 28,19 
Ecuador 


es Insel Palma... . 2,694 55,64 28,89 


Trachyten und Andesiten. 


' Kalk 
3,12 
3,52 


533 
5,25 


4,19 


2.25 
6,97 


8,20 
7,41 
9,05 


8,02 
8,85 


9,05 


8,33 


10,95 
10,35 


9,79 


10,92 


Kali Natron 


2,11 7,90 
9,74 

nichtbest. (8,97) 
8,73 

2,90 6,95 
0,08 7,28 
7,71 

0,22 6,74 
0,64 1,24 
nicht best. 6,70 
7,01 
0,5 9,9 

nicht best. (6,04) 
6,92 

nicht best. 5,09 
9,79 

0,685 5,48 
0,71 5,09 


Moleküle Kieselsäure 
Albit Anorthit dcs Gesteins 
a0 77,01 
Bl 64,56 
Han ig 63,73 
1 1 69,78 
1 1 65,16 
nt 66,85 
205 62,99 
Aa 64,55 
3 61,48 
I» 62,03 
1 2 nicht best. 
ne nl 54,11 


338 


hundert Analysen so wohl begründet, dass wir ihrem Urheber 
zustimmen müssen, wenn er sie eine „Thatsache* und nicht 
eine blosse „Explication* nennt. — Diese Bemerkungen würden 
kaum nöthig erschienen sein, wenn nicht ein so ausgezeich- 
neter Forscher wie Herr Ders ÜCLoizEaux sich gegen eine 
Theorie, welche nach vielem Kampfe in Deutschland zu all- 
gemeiner Annahme gelangt ist, in so sehr bestimmter Weise 
ausgesprochen hätte. | 

Ein Vergleich des Kieselsäuregehalts der verschiedenen 
Gesteine mit der Mischung der in ihnen ausgeschiedenen Pla- 
gioklase ist nicht ohne Interesse. Wir erkennen zwar, dass 
im Allgemeinen einem aciden Gesteine auch ein acider Feld- 
spath entspricht, dass die Sphärulithlava des Antisana mit 
77 pCt. Kieselsäure auch den sauersten Plagioklas und die 
Lava von Palma mit nur 54 pÜt. Kieselsaure auch den ba- 
sischesten Plagioklas enthält; im Einzelnen sehen wir indess 
diese Abhängigkeit nicht überall zutreffen. So umschliesst das 
Mojanda-Gestein mit fast 70 pCt. Kieselsäure einen nicht ganz 
so säurereichen Plagioklas als das Gestein von Conejos mit 
63,7 pCt. Kieselsäure. 

Unter den constituirenden Plagioklasen der ecuadorischen 
Andesite waltet demnach der Andesin vor. Während die 
überaus Kieselsäure-reiche Sphärulithlava des Antisana Oligo- 
klas führt, kommen an demselben Vulkan auch Gesteinsvarie- 
täten vor, welche wesentlich Andesin fuhren zufolge einer 
Analyse Cn. Sr. Cu.-Devirıe’s, Comptes rendus 48. 16. 1859. 
In Gesteinen des Chimbörazo wiesen sowohl RAMMELSBERG 
als DeviLuLe Andesin nach. Die in der Wour’schen Sammlung 
befindlichen Chimborazogesteine gestatten keine mechanische 
Sonderung des Plagioklas. Unter dem Mikroskop zeigen drei 
mir vorliegende Chimborazo-Andesite kleinste Mikrolithe von 
Plagioklas, welche wesentlich die Grundmasse constituiren ; 
dieselbe umschliesst etwas grössere, deutlich gestreifte Ande- 
sine sowie Augite und — viel seltener — Hornblenden. Feinste 
Magneteisen - Körner sind bald spärlicher, bald häufiger ein- 
gesprengt. — Nicht zu unterscheiden vom Chimborazo sind 
die vorliegenden Gesteine und Dünnschliffe des erloschenen 
Vulkans Imbabura. Diese Andesite sind bald lichter bald 
dunkler und lassen makroskopisch nur spärliche Augite und 


339 
noch seltener Plagioklase erkennen. Unter dem Mikroskop 
zeigen sie ein nur durch wenig amorphe Grundmasse verbun- 
denes Aggregat von kleinsten Plagioklasen, welche alle überaus 
deutlich die Zwillingsstreifung besitzen; Augit und Magnet- 
eisen. Auch von dem wenig bekannten Vulkan Cunru bei 
Ibarra liegen Gesteinsproben vor; sie sind etwas grosspor- 
phyrischer unter dem Mikroskop als die vorigen. Die Grund- 
masse tritt zurück vor den zahlreichen und grossen Plagioklas- 
Ausscheidungen; daneben Augit, etwas Hornblende und Magnet- 
eisen. Der Cunru liegt nach Wour’s Angabe gegen Südost 
neben dem Imbabura. Seine Höhe 3338 M. Zwischen seinen 
drei Gipfeln liegt ein kleiner Kratersee, 3317 M. hoch. Noch 
ein zweiter Kratersee, die Francisco - ('ocha, findet sich in 
2836 M. Höhe am Fusse des schönen Vulkans. 

Wenn ich aus der vorliegenden Sammlung ecuadorischer 
Andesite einen Schluss ziehen darf — derselbe wird auch be- 
stätigt durch briefliche Mittheilungen WoLr’s —, so fehlen den 
ecuadorischen Vulkanen fast ganz jene krystallinisch-körnigen 
Auswuürflinge, welche den Laacher See und in noch höherem 
Grade den Vesuv auszeichnen und dem Mineralogen ein so 
unerschöpfliches Feld der Forschung bieten; ja es ermangeln 
die ecuadorischen Andesite fast ganz der Drusenmineralien. 


In Humsoror’s Kosmos Bd. III. pag. 462 lesen wir die 
Worte: „Da in der vulkanischen Hochebene von Quito Alles 
mit Trachyt, Trachyteconglomeraten und Tuffen bedeckt ist, so 
war es mein eifrigstes Bestreben, irgend einen Punkt zu ent- 
decken, an dem man deutlich erkennen könne, auf welcher 
älteren Gebirgsart die mächtigen Kegel und Glockenberge auf- 
gesetzt sind oder um bestimmer zu reden, welche sie durch- 
brochen haben.‘ 

Die von WoLF mir verehrte Sammlung bietet mehrere 
Gesteine dar, welche augenscheinlich von höherem, vorvulka- 
nischem Alter zu denjenigen Formationen gehören, welche von 
den Vulkanen durchbrochen wurden. 

Zunächst verdient Erwähnung der Syenit von Punin zwi- 
schen Riobamba und dem Chimborazo, aus vorwaltendem Pla- 
gioklas, wenig Orthoklas, aus Quarz, Biotit, Hornblende be- 
stehend. Die Plagioklas- Körner bis 1 Cm. gross, sind von 


| | 30 


graulichweisser, die Feldspathe von sehr licht röthlichweisser 


Farbe. Der Quarz theils in unregelmässigen Körnern, theils 
in gerundeten Dihexa@dern. In diesem schönen Gesteine fin- 
den sich, wie ein von Wour geschlagenes Handstück lehrt, 
dichtgedrängte, 2—5 Cm. mächtige Gänge einer feinkörnigen 
Syenitvarietät. In der Nähe dieses Syenits steht auch ein 
brauner Porphyrit an mit spärlichen Quarzkörnern, zahlreichen 
kleinen (bis 3 Mm.) Plagioklasen, einzelnen grünen Augiten 
und etwas Eisenglanz. Nach einer Bemerkung von Wour 
scheint dieser Porphyrit gangartig im Syenit aufzutreten. — 
Diesem Porphyrit verwandt scheinen gewisse Gesteine zu sein, 
welche WoLr am nördlichen Fusse des Antisana bei Papal- 
lacta auffand und als quarzführende Porphyrite bezeichnete. 

Diese Gesteine sind von lichtgrauer Farbe und zeigen 
in dichter Grundmasse rundliche Körner von Quarz mit aus- 
gezeichnet muschligem Bruche, sowie Plagioklase mehrere 
Mm. gross. Eine der beiden vorliegenden Varietäten ist 
durch die tief rothe Färbung der grösseren Quarz- uud Pla- 
gioklaskörner ausgezeichnet, während die daneben liegenden 
kleineren Körner beider Mineralien ungefärbt sind. Unter 
dem Mikroskop zeigen diese Porphyre eine vorherrschende, 
amorphe Grundmasse, darin gleichmässig vertheilt kleinste 
Magneteisenpunkte, ferner Plagioklase, Hornblende (mit Magnet- 
eisen erfüllt und umrandet) und einige grössere Quarzkörner. 
Diese letzteren von ganz unregelmässiger Form umschliessen 
Theile des Magma’s. Auch dringt die Gesteinsmasse mit 
feinsten Mikrolithen in tiefen Buchten und kolbenförmigen 
Fortsetzungen in die Quarzkörner ein, sodass man durchaus 
den Eindruck gewinnt, dass sich dieselben aus dem Ge- 
steine wirklich ausgeschieden haben. — Diese merkwürdigen 
quarzführenden Porphyrite treten nach WoLFr „in grosser 
Mannigfaltigkeit am Fusse der Vulkane auf, an den Abhängen 
der Cordilleren. Oft sind sie nicht porphyroidisch, sondern 
feinkörnig und lassen den Quarz nicht erkennen, so dass es 
dann schwer hält, sie vom Andesit zu unterscheiden. Ge- 
wöhnlich findet man sie zwischen dem Gneiss und Glimmer- 
schiefer der niederen Gebirge und den Andesiten der Hoch- 
cordilleren, selten auf dem Hochlande anstehend, weil dies 
von Tuff bedeckt ist.“ 


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Alte Gesteine finden sich, wie die Wour’sche Sammlung 
lehrt, auch in den vulkanischen Tuffen von Calacali: grosse 
Blöcke von scheinbar fast dichtem Grunstein ‚zwischen An- 


_ desitblöcken im vulkanischen Tuff, auf der linken Thalseite 


des Rio Esmeraldas. Auf der rechten Seite des Thals ist 
ganz in der Nähe der Grünstein bereits anstehend und hören 
die vulkanischen Tuffe auf.‘“ In dem sehr gleichartigen Ge- 
steine erkennt man einige grüne Augite sowie sehr kleine 
rundliche Körner von Plagioklas. Es scheint demnach ein 
Diabas vorzuliegen. Schliesslich mag noch ein Gestein hier 
hervorgehoben werden, welches in zweifacher Weise unsere 
Aufmerksamkeit erweckt, einmal da es aus einem fast ganz 
unbekannten Distriete stammt, und dann wegen seiner petro- 
graphischen Beschaffenheit. 

Den sphärolithischen Pechstein von Oyacachi fand 
WorLr ‚am Fusse der OÖstcordillere, auf der Grenze der Vulkan- 
gebilde mit Chlorit- und Glimmerschiefer; das Gestein kommt 
von einem Vulkan zwischen dem Antisana und Cayambe, näher 
dem letzteren als dem ersteren. Den Namen konnte ich nicht 


‘ erfahren.‘“ *) 


Das Gestein ist von lebhaft brauner Farbe mit kleinen 
entglasten sphärolithischen Kornern. Die braune amorphe 
Grundmasse ist nicht ganz gleichartig. Aus der herrschenden 
Masse lösen sich rundliche oder linsenförmige Partien heraus, 
welche dem Gestein eine Anlage zu eutaxitischer Structur 
geben. Neben den Sphärolithen bemerkt man einige Plagio- 
klas-Körnchen. Unter dem Mikroskop stellt sich die Grund- 
masse dar als. gemengt aus etwas dunkleren und lichten Par- 
tien, welche vielfach gewunden innig mit einander verflösst 
sind. In dieser amorphen Masse treten Sphärolithe mit 
charakteristisch faserig - krystallinischer Structur auf. Auch 


*) „Jene Gegend ist noch ganz unbekannt, von hohem Interesse. 
Dr. Reıss und Dr. Stüser konnten nicht bis dorthin gelangen. Zwei 
Tage irrte ich in Schnee und Regen auf den ausgedehnten endlosen 
Päramos in der Nähe des Sara Urcu (dieser ist kein Vulkan, wie man 
gewöhnlich glaubt, sondern besteht aus Gneiss und Glimmerschiefer) 


umher und kam endlich in die Baumregion des Ostabhangs hinunter, wo ich 


einige Hütten von Indianern traf, die ihre Ansiedelung, welche an einem 
reissenden Zufluss des Rio Napo resp. des Amazonas liest, Oyacachi 
nennen. Vor mir undurchdringliche und ganz unbewohnte Wildniss, 
hinter mir die frisch beschneiten Päramos, um mich Wilde, deren Sprache 
ich nicht verstand.“ (Worr.) 


Zeits.d. D. geol. Ges. XXVLIL. 2. 23 


Andesitischer Pechstein von Oyacachi: 
Spec. Gew. 2,360 (bei 15; ° C.). 
Kieselsäure ... . 73,61 


Thonerde .... . 12,05 
Bisenoxyd... ... 22,1 


Magnesia .... 0,20 
Kal. 2.0.0038 


Nairon es 4,34 
Wasser». 08 3,35 
100,53 


Dies Gestein besitzt demnach die Zusammensetzung 
typischer Perl- und Pechsteine, z. B. des Perlsteins aus dem 
Hliniker Thal bei Schemnitz oder des Pechsteins vom Monte 
Sieva in den Euganäen. 

Von demselben Fundorte, Oyacachi, sandte WoLr ein an- 
deres sehr merkwürdiges Gestein von rhyolithischem Ansehen, 
welches ,‚an der Grenze zwischen vulkanischen Gesteinen und 
Glimmerschiefer vorkommt‘‘ und nach WoLr „ein vulkanisches, 
jedenfalls aber ein eruptives Gebilde zu sein scheint,‘ Das 
Gestein ist lichtgrau, ähnelt gewissen Kieselsäuretrachyten 
(Rhyolithen) von Lipari und Ungarn, mit einer Neigung zu 
streifigem Gefüge. Es ist theilweise breccienartig, doch die 
Einschluüsse von gleicher Art wie die Masse und auf das 
Innigste verbunden. Im frischen Zustande grau und auf dem 
Bruche schimmernd, chalcedonähnlich, durch Verwitterung 
weiss und von feinerdigem Ansehen. Das Gestein enthält 
zahlreiche Körner von Quarz, 1 bis 2 Mm. gross, spärliche 
kleine Feldspathkörner, etwas Biotit und unregelmässig ge- 
staltete, etwa 1 Mm. grosse Körner von rothem Granat, be- 
reits von WoLr bestimmt. Unter dem Mikroskop erkennt man 
ein unvollkommen sphärolithisches Gefüge. Die Sphärolithe, 
charakterisirt durch eine radialfaserige Zusammensetzung, haben 
indess hier keineswegs immer oder auch nur vorzugsweise eine 
rundliche Gestalt; gewöhnlich erscheinen sie sehr verlängert, 
Der Granat bildet keine wohlbegrenzten Krystalle, sondern 
zeigt sehr unregelmässig ausgebuchtete Umrisse. 


* 


zeigen sich im Schliff zahlreiche Einschlüsse von Andesit, aus- 
gezeichnet durch sehr viele Plagioklas - Mikrolithe. — Der 
Wassergehalt des Gesteins wurde durch Glühen bestimmt. 


. 


An den Landstrich aus welchem diese Gesteine stammen 
knupft sich noch ein besonderes Interesse, da in demselben 
der noch unbekannte Vulkan Guacamayo liegt, von welchem 
es nicht unwahrscheinlich ist, dass aus seinem Krater die 
Asche geschleudert wurde, „welche am 7. December 1843 zu 
Quito in grosser Menge fiel, so dass sie die Dächer 1 Zoll 
hoch bedeckte. Die Aschenwolken kamen über die Ostcordillere 
hergezogen, und es ist mir wahrscheinlich, dass dieselben vom 
Guacamayo herrührten, einem noch nie untersuchten, 3 Tage- 
reisen hinter der Östcordillere unten (gegen Napo zu) gele- 
genen Vulkan, dessen schönen Kegel man bei klarem Weiter 
von den Päramos des Antisana sehen kann. — Sicher ist, 
dass sich damals alle bekannten Vulkane des Hochlandes 
ruhig verhielten.‘“ (Etikette WoLr’s zu einer Probe jener 
grauen Asche.) 


IL Ueber die Gesteine des Monzoni. 


Wenige Berge der Erde nehmen in gleichem Maasse das 
Interesse des Geologen in Anspruch, wie der Monzoni im süd- 
östlichen Tyrol. Der Berg ist trotz seiner Höhe von 8573 F. 
(2786 M.) etwas versteckt, indem höhere Gebirge, namentlich 
Dolomitgipfel mit ihren charakteristischen kühnen Felsformen 
ihn umringen, sodass man von keiner Stelle der Thalsohle 
des Avisio den berühmten Berg erblickt. Um des Monzeni 
ansichtig zu werden, muss man das Hauptthal von Fassa ver- 
lassen und in die östlichen Seitenthäler, in die Val S. Pelle- 
- grino oder in Val dei Monzoni eindringen. Das erstere, bei 
Mo@na sich mit dem Hauptthal vereinigend, begrenzt das 
Monzoni-Massiv gegen Sud, während die Val dei Monzoni am 
nördlichen Felsabsturz ihren Ursprung nimmt. Wählen wir 
dies letztere, welches etwas oberhalb des Fleckens Vigo, bei 
Pozza, mündet. Zunächst erblicken wir uber den südlichen 
Thalgehängen ungeheure Dolomitgipfel emporragen, unter denen 
durch ausserordentliche Gestaltung der Sasso di Mezzogiorno 
(die Mittagsspitze), ca. 1000 M. jäh über die Thalsohle empor- 
steigend, sich hervorthut. Es ist dieselbe flammenförmige Fels- 
bildung, welche wir, gegen Nordwest zurückgewendet, am 
Rosengarten erblicken, einem Dolomitkoloss, welcher sich in 
eineu gewaltigen Büschel von röthlichen Felsenspitzen und 


23 * 


Felsflammen auflöst. Das nördliche Thalgehänge zeigt in der 
Tiefe (wie auch das südliche) geschichteten Kalkstein (Buchen- 2 
steiner Schichten, Trias), darüber eine mächtige Bildung von 
Augitporphyrtuff. Es ist der hohe südliche Rand des plateau- 
ähnlichen Gebirgsstocks, welcher den eigenthumlichen halb- 
kreisformigen Lauf des oberen Avisio bedingt und meh- 
rere allbekannte Mineralfundstätten umschliesst: rother Stil- 
bit (Havy) und Analcim bei Drio le Palle*); rother Car- 
neol, Alpe Giumella; schwarzer Augit — ausgezeichnet durch 
das Auftreten einer etwas gewölbten, fast geraden Endfläche — 
am Bufaure; Pseudomorphosen von Grünerde nach Augit eben- 
daselbst ete. Wie man beim weiteren Anstieg” bemerkt, ist die 
Auflagerungsfläche des Tuffs über dem Kalkstein nicht eben, 
vielmehr ragt letzterer kuppenförmig in den dunklen Tuff 
hinein. Während der Kalkstein schroffe nackte Abstürze zeigt, 
tragen die runden Höhen des Tuffplateaus eine schöne Rasen- 
decke. Bald, „ Meil. oberhalb Pozza, gabelt sich das Thal, 
gegen Ost zieht die Val di Dam (Adamo), während das Mon- 
zonithal, plötzlich um etwa 100 M. ansteigend, sich gegen 
Südost und Sud wendet. Hier bei der Thalwendung betritt 
der Pfad zuerst anstehendes Gestein; es sind senkrechte Kalk- 
steinschichten. Indem die Felsen des Rosengartens verschwin- 
den, öffnet sich die Aussicht auf die dunkle Felsenmauer des 
Monzoni. Das enge Thal erscheint hier, an seinem Ursprung, 


*) Zu dieser Fundstätte steigt man von Campitello durch einen Felsen- 
riss am steilen Gehänge des Colpelle-Bergs empor. Man erreicht einen 
weiten Circus, eine für dies aus geschichtetem Augitporphyr - Tuff be- 
stehende Gebirge besonders charakteristische Gestaltung. Horizontal 
ziehen ringsum die dunklen Bänke hin. In einer Höhe von etwa 2300M. 
ist auf eine in horizontaler Richtung weit fortsetzende Strecke der Tuff 
mit netzförmig verzweigten Trümern von Kalkspath und Analcim erfüllt. - 
Wo die Trümer sich zu einer Art Gangkluft verbinden, werden aus einer 
in den Fels gebrochenen Höhle (am Berge Ciamol) die Analeime (Hauy’s 
Variete tripointee) gewonnen. An diesen ersten Circus reiht sich gegen 
Südwest ein zweiter von ähnlicher Bildung. Hier senken sich die mäch- 
tigen schwarzen Schichten unter 30° gegen Ost. In der Mitte: dieses 
Circus, fast genau in derselben Höhe, in welcher wir die Fundstätte des 
Analeims fanden, wird der Tuff wieder von einem Adernetz durchzogen, 
in dessen Spalten der rothe Stilbit (Heulandit) vorkommt, in Begleitung 
von Analcim, dessen Krystalle hier indess nur das Ikositetraöder zeigen. 
Die von dem rothen zeolithischen Netzwerk durchzogene Tuffmasse hat eine 
Längenausdehnung von etwa 150 M, bei einer Mächtigkeit von d-4 M. 


345 


zu einem hohen Felscircus erweitert, von welchem gegen Ost 
und West, schnell über die Baumvegetation sich erhebende, 
 Felsentobel emporziehen. Der Anblick des Monzoni von dieser 


Thalweitung (dem Piano dei Monzoni) aus ist, trotz der ver- 
gleichsweise nicht allzu bedeutenden Höhe, einer der erstaun- 


lichsten in der ganzen Alpenkette.e Eine scheinbar durchaus 


unersteigliche uber 1000 Meter hohe dunkle Felsenmauer 
(s. Taf. IX. Fig. 1) sperrt den dunklen Thalhintergrund ab. 
Die Mauer ist theils sägeförmig gezackt, theils zu Kuppen 
gewölbt; eine solche ist der Riccobettaberg der Generalstabs- 
karte, einer der höchsten Gipfel des Monzonistocks. Von 
dieser Mauer springen, gleich riesigen Strebepfeilern, kurze 
Felsgräthe vor; sie sind umgeben von wildem Steingeroll und 


‘ Felsmeeren, welche von tiefen Rinnsalen der Regenbäche zer- 


schnitten, steil gegen die Bergmauer emporziehen. Trotz aller 
Verschiedenheit erinnert dieser nördliche Absturz des Monzoni 
mit coulissenartig vorspringenden Felsen an gewisse Theile 
der oberen Val Bove am Aetna. Diese vorspringenden Fels- 
rücken sind in der landschaftlichen Zeichnung sichtbar, in 
welcher die Umrisse möglichst naturgetreu, einiges Detail aber 
nach der Erinnerung ausgeführt wurde. Figur 2 stellt einen 
solchen vorspringenden Felsgrath von West gesehen dar. 
Zwischen den einzelnen Felsvorsprüngen dehnt sich wildes, 
steilgeneigtes Gerölle aus. Die etwa 50 M. hohe, ausgezackte 


und zerbrochene Felswand (Figur 2) wird von Gängen durch- 


setzt. Mehrere derselben steigen vertical empor und ragen 
nach Zerstörung des Nebengesteins frei über die zerbrochene 
Mauer. An einer Stelle laufen von einem verticalen Gange 


horizontale Aeste aus, deren Theile durch Verwerfungen etwas 


gegen einander verschoben sind. Am linken Abbruche des 


Profils erscheinen zwei horizontale Gangtheile, welche vielleicht 
ehemals mit demselben verticalen Gange in Verbindung waren 
und nur in Folge der Verwitterung isolirt wurden. Ausser 


den in der Figur gezeichneten Gängen zeigt die Felswand 


noch viele andere kleinere Gangverzweigungen, deren Verlauf 


indess, da sie sich nur wenig vom durchsetzten Fels abheben, 
schwierig zu verfolgen ist. Eine genaue und anhaltende Be- 
trachtung lehrt, dass unregelmässige Gänge und Adern in 
grösster Zahl die Felsen des Monzoni durchsetzen. Doch 
konnte ich die Ueberzeugung nicht gewinnen, dass jene ge- 


346 


waltigen Felsvorsprunge selbst — gleich den Lavamauern der 
Val Bove am Aetna — Gänge sind; denn ihr Gestein ist 
wesentlich dasselbe wie dasjenige der angrenzenden Gebirgs- 
theile. E 

Die Südseite des Monzoni, welche gegen Val S. Pellegrino 
hinabsinkt, ist zwar auch steilgeneigt, doch nicht in gleicher 
Weise felsig wie die Nordseite, sondern meist rasenbedeckt 
bis zum Kamme hinauf. Mehrere Thalschluchten, welche in 
weiten Kesseln ihren Ursprung nehmen und gegen das Pelle- 
grinothal hin in halbtrichterformigen Tobeln (Toal) münden, 
gliedern das südliche Gehänge. Von West nach Ost sind es 
die Thäler Pesmeda, della Foglia mit Damasson, dei Rizzoni 
und Allochet. — Während das Monzoni - Massiv gegen Nord 
und Süd in tiefe Thäler abstürzt, wird es gegen West und 
Ost nicht gleich deutlich durch eine orographische Grenze ge- 
schieden von den Dolomitmassen des Sasso di Loch im 
Westen und jenem hohen schmalen Gebirgskamm im Osten, 
welcher, vorzugsweise aus veränderten Sedimentärschichten 
bestehend, gegen den Sasso di Val Fredda und die venezia- 
nische Grenze zieht. 

Kehren wir wieder auf die nördliche Seite des Gebirges 
zum Piano dei Monzoni zurück, von welchem gegen West und 
Ost Thaläste emporziehen. Die westliche Schlucht hebt sich 
mit breiter felsiger Fläche schnell zu den Dolomithöhen em- 
por, während der östliche Thalast eine Reibe merkwurdiger 
Stufen bildet, deren kesselförmige Vertiefungen mit kleinen 
Seen erfullt sind. An diesen verbei steigt man zu dem hohen 
Pass le Selle (etwa 2600 M.) empor, über welchen man nach 
Campagnazzo und S. Pellegrino gelangen kann. Auf dieser 
Höhe, welche, wohl 1000 M. über dem Piano dei Monzoni, 
gegen Nordost vom Hauptgipfel liegt. erkennt man deutlich, 
dass der Monzonberg einen kolassalen, von West nach Ost 
sich verschmälernden Gang darstellt, und dass die nach Nord 
gewandten Steilabsturze dieser Masse die ursprünglichen Grenz- 
flächen gegen die durchbrochenen Grenzgebirge — Kalkstein 
und Dolomit — sind. Von jenem erhabenen Standpunkte aus ist es 
nicht schwer, die durch die Thalbildung zerstörten und fortge- 
führten Gebirgstheile im Geiste wieder herzustellen. Die beiden 
im Piano sich vereinigenden Thäler entblössen auf eine Strecke 
von etwa 4 Kilom. die Grenze zwischen dem Eruptivgestein 


. 13, 
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Er u ne Pe a Non, 


347 


des Monzoni und den vorgelagerten Kalk- und Dolomitmassen. 
Von Stufe zu Stufe sinkt sie, deutlich erkennbar, wird im 
Piano durch ungeheures Geröll überlagert, erscheint dann 
wieder, durch verschiedenartige Gesteinsfärbung bezeichnet, 
gegen die Punta di Pallazzia hinziehend. Vielleicht war es 
von le Selle aus, wo v. Buch jene treffliche Anschauung über 
den Bau unseres Gebirges gewann, welche er in einem Briefe 
an v. Leonuarnp (1824) aussprach: „Sie können sich die 
wunderbare Lagerung dieser Monzonmasse nicht deutlicher, 
vielleicht auch nicht richtiger denken, als wenn Sie sich einen 
Kegel vorstellen von der Höhe, Schroffheit und Steilheit des 
Langkofels, der nicht wie dieser frei in der Luft steht, sondern 
rings umher in Dolomit eingesenkt ist.“ (Miner. Taschenb. von 
v. LEonHarD, 1824, pag, 360.) — Naturgemässer noch wird 
unsere Vorstellung, wenn wir uns statt des Kegels eine etwa 
5 Kilom. lange, 13 —2 Kilom. (nach Dr. DöLter) breite Gang- 
masse vorstellen. Auch wird nur in der nördlichen Hälfte das 
Monzonigestein durch Kalk und Dolomit begrenzt, während in 
der südlichen Hälfte Augitporpbyr und Quarzporphyr angelagert 
sind, und der Kalkstein nur untergeordnete Massen bildet. 

Die Gesteine des Monzoni haben schon vielfach das 
Interesse der Geologen auf sich gezogen. Vortrefflich schildert 
'v. BucH (a. a. O.) sein „gerechtes Erstaunen“ als er in der 
Enge von Pozza „jene unglaubliche Menge von Syenitblöcken“ 
sah. Nichts habe bisher im Fassathale auf die Vermuthung 
solcher Gesteine geführt. Der grosse Geologe wird beim An- 
blick der Monzongesteine an den norwegischen Syenit erinnert. 
Als wesentliche %emengtheile glaubt v. Buch Feldspath und 
Hornblende zu erkennen, ausserdem führt er Eisenkies und 
Turmalin an. Die Felsblöcke in der Thalmüundung von Pozza, 
in denen v. Buch Feldspath zu erkennen glaubte, enthalten 
indess wesentlich an Stelle desselben Plagioklas. „In diesen 
Krystallen wechselt unzählige Male eine rechte und eine linke 
Seite; im Granite bilden die Krystalle nur Zwillinge, aber so 
oft wechseln die Seiten nicht.* Zur Zeit als v. Buch den 
Monzoni besuchte, kannte man noch nicht die Unterscheidung 
des Orthoklas von den triklinen Feldspathen, welche wir 
G. Rose verdanken. Dieser Forscher besuchte am 31. August 
1832 das Monzonithal und gewann die Ueberzeugung, dass 
ein Theil der Monzonigesteine dem EHlypersthenite angehöre. 


ie 


Es geschah diese Bestimmung zu einer Zeit, als man noch 
kein Mittel besass; den Diallag, resp. Augit vom Hypersthen 
zu scheiden und die schwarzen Varietäten des ersteren Mi- 
nerals als Hypersthen bezeichnete. — v. RIiCHTHOFENn widmete 
in seinem beruhmten Werke (Geognostische Beschreibung von 
Predazzo, St. Cassian und der Seisser Alpe, 1860) den Ge- 
steinen des Monzoni eine eingehende Schilderung. Er unter- 
scheidet Monzon-Syenit und Monzon-Hypersthenit, in Bezug 
auf das letztere Gestein sich auf G. Ros#’s Bestimmung be- 
ziehend. Nach v. RıcHtuorEn besteht der ganze Gebirgsstock 
des Monzoni aus einem Syenitgestein, welches von Hypersthenit 
in mächtigen Gängen durchsetzt wird. Die Gänge hat v. RıicHT- 
HOFEN auch in seine Karte eingetragen; es sind jene kolossalen 
vorspringenden Pfeiler, deren bereits oben Erwähnung geschah. 
Beide Gesteine sollen zwar in inniger Wechselbeziehung ste- 
hen, sodass der Hypersthenit in seinem Vorkommen durchaus 
an Syenit gebunden, dennoch aber von ihm scharf und bestimmt _ 
geschieden sei. — Zu einem wesentlich verschiedenen Resul- 
tate wurde DE LAPPARENT in seinem werthvollen Memoire, 
Constitution geologique du Tyrol meridional (Annales des mines, 
6. Serie T. VI. pag. 258) geführt. Ihm zufolge sollen beide 
Gesteine auf das Innigste mit einander verbunden sein und in 
einander übergehen. Der französische Forscher leugnet die 
Gegenwart des Hypersthen’s oder überhaupt eines augitischen 
Minerals als Gemengtheil der in Rede stehenden Gesteine und 
glaubt statt desselben nur Hornblende zu erkennen, für welche 
Annahme er auch das Zeugniss Des CLoIzEAux’s u. FRIEDEL’s an- 
führt, welches sich freilich nur auf die von DE LAPPARENT mitge- 
brachten Gesteine beziehen konnte. Die beiden von v. RıcHT- 
HOFEN unterschiedenen Gesteine vereinigt DE LAPPARENT unter 
der vorläufigen Bezeichnung Monzonit. Aus einem Ver- 
gleiche der Ansichten der genannten Forscher geht wohl am 
besten die Schwierigkeit hervor, welche sich der sicheren Be- 
stimmung der fraglichen Gesteine entgegenstellt. — Analysen von 
Gesteinen der Umgebungen von Predazzo, welche denen des 
Monzoni sehr nahe stehen, verdanken wir Prof. SCHEERER 
(Vorläuf. Ber. über krystallin. Silicatgesteine des Fassathals, 
N. Jahrb. 1864). Einen werthvollen Beitrag zur Kenntniss 
der Monzonigesteine giebt TSCHERMAR in seinem Werke „‚,‚die 
Porphyrgesteine Oesterreichs aus der mittleren geologischen 


EEE EEE EDEN ER ERRE ESEREDENE RREET 


349 


Epoche“, 1869 pag. 110— 121. Nach ihm besitzt der Mon- 


zonit eine wechselnde Zusammensetzung, wenngleich er in 
seinem Auftreten als eine einzige Masse erscheint. Das eine 
Endglied in der Reihe der Abänderungen sei ein eigentlicher 
Syenit, bestehend aus Orthoklas, Hornblende und Biotit, das 
zweite Endglied enthalte die Gemengtheile des Diorits: Pla- 


gioklas, Hornblende und Biotit. Während aber DE LAPPARENT 


die beiden von v. RicHTHoFEn als Syenit und Hypersthenit 
getrennten Gesteine vereinigt hatte, scheidet TSCHERMAR den 
Hypersthenit aus dem Monzonit aus und bezeichnet denselben 
als Diabas, indem als Gemengtheile des Gesteins erkannt 
werden: Plagioklas, Augit, Biotit, Magneteisen, ein chlorit- 
artiges Mineral und Spinell. TscHERMAR schliesst sich in 
Bezug auf das geologische Verhalten des Syenits und des 
Diabas wesentlich an v. RıcHTHOFEN an und widerspricht der 
Ansicht pe LAPpArRENTs, dass jene beiden Gesteine durch 
allmälige Uebergänge verbunden seien. Nur bestreitet Tscuer- 
MAR die Ansicht v. RicHTHoFEN’s, dass eine enge Beziehung 
zwischen dem Hypersthenit und dem Augitporphyr stattfinde. 
— Diese abweichenden Ansichten beweisen wohl zur Genüge, 
dass hier ganz besondere geologische und petrographische 
Schwierigkeiten vorliegen, Zu denjenigen, welche in der 
Sache selbst liegen, treten auch örtliche Verhältnisse der 
Beobachtung. Vom nächstliegenden Orte in Fassa wandert 
man zwei Stunden bis zum Piano, dem Beginne der wilden 
Felsenmeere, welche sich mit zunehmender Neigung gegen die 
prallen, dunklen Monzoni - Wände emporheben. Nicht alle 
Theile derselben entsenden in gleicher Weise ihre Trümmer 
zu den grossen Geröllmassen. Ein einzelner leicht verwit- 
ternder Felskopf bildet einen weit sich ausdehnenden Schutt- 
kegel, während andere Theile der zerrissenen dunklen Wand 
wenige oder keine Trümmer ausstreuen. Um sichere Beob- 
achtungen zu machen, muss man durchaus empor zum an- 
stehenden Fels. Immer grösser, scharfkantiger, beweglicher 
werden die Blöcke in dem Maasse, als man sich den Felsen 
nähert. Hat man endlich an einem einzelnen Punkte die hohe 
Wand oder einen jener mauerartigen Felsvorsprünge erreicht, 
so starrt dem auf schwankenden Blöcken emporsteigenden 
Wanderer nur zu oft eine mit chloritischer oder serpentin- 
ähnlicher Substanz überzogene Ablösungsfläche entgegen, welche 


350 


eine unmittelbare und leichte Beobachtung des Gesteins er- 
schwert und verhindert. Zudem sind die einzelnen Theile der 
Monzoniwände durch tief eingerissene, oft kaum übersteigbare 
Schluchten und Rinnsale getrennt. So die Nordseite —, wäh- 
rend auf der Südseite eine Pflanzendecke die anstehenden 
Gesteine zum grössten Theile verhüllt. Völlig unausführbar 
erwies sich das Unternehmen, . der Firstlinie des hohen Mon- 
zoni-Kammes zu folgen. 

Noch ist einer jüngsten vorläufigen Mittheilung des Hrn. 
Dr. Corn. DöLTER über die Monzoni-Gesteine Erwähnung zu 
thun (N. Jahrb. für Min. 1875 pag. 48). Dörrer’s Ansicht 
hält in gewissem Sinne die Mitte zwischen den Angaben 
v. RICHTHOFEN’s und DE LAPPARENT’s. DOLTER, welcher es sich 
zur besonderen Aufgabe machte, das „Verhältniss des Monzon- 
Syenits zum sogen. Hypersthenit zu ergründen“, drückt in fol- 
genden Worten das vorläufige Ergebniss seiner Forschungen 
aus: „Obgleich die Unterscheidung beider Gesteine nicht 
immer leicht ist, so glaube ich doch jetzt schon annehmen zu 
können, dass der Hypersthenit in getrennten Massen im Syenit 
vorkommt, wenngleich das Alter beider Gesteine dasselbe sein 
muss, da sowohl der Syenit in den Hypersthenit eindringt, 
als auch das umgekehrte Verhältniss stattfindet. Dass Hyper- 
sthenit und Syenit überall zusammen vorkommen, ist nicht 
richtig, denn ersteres Gestein ist in seiner Verbreitung auf 
den Ricobetta-Berg beschränkt.“ 

Nachdem ich den Monzoni-Kamm an drei verschiedenen 
Stellen überschritten (bei der Palla verde, nahe der westlichen 
Begrenzung der Eruptivmasse; durch die Scharte oder den 
Buco del Monzoni, unmittelbar westlich vom domförmigen 
Ricobettagipfel; über le Selle und, dem Kamme folgend, nach 
Allochet) und die meisten Mineralfundstätten, zum Theil wieder- 
holt, besucht habe, bin ich bei der Schwierigkeit des Gegen- 
standes doch weit entfernt, den folgenden Bemerkungen eine 
irgendwie abschliessende Bedeutung beizulegen; dieselben sollen 
vielmehr nur Beiträge zu einer späteren Lösung eines der 
interessantesten und schwierigsten petrographischen Probleme 
darbieten. 

Das Massiv des Monzoni besteht aus mehreren durch 
allmälige Uebergänge innig verbundenen Gesteinen, deren beide 
Typen oder Grenzglieder als Augit-Syenit und Diabas zu 


dl 


bezeichnen sind. Das Studium des Monzoni lehrt uns eine 
neue Varietät des Syenits kennen, in welcher zum Orthoklas 
als wesentlicher Gemengtheil Augit hinzutritt; auch das La- 
brador - Augit- Gestein, der Diabas des Monzoni, ist ein eigen- 
thumliches Gestein, welches durch mehrere Merkmale sich 
sehr unterscheidet von den typischen Diabasen, wie sie im 
Harze und in Nassau als Lagergänge in den devonischen 
Schiefern auftreten. Die Eigenthümlichkeiten beider genannten 
Gesteine, sowie ihre durch zahlreiche Zwischenglieder bedingten 
Uebergänge wurden es vielleicht rechtfertigen, dieselben nicht 
zu jenen altbewährten Felsarten zu stellen. sondern etwa den 
Namen Monzonit für die in Rede stehenden Gesteine zu ge- 
brauchen. Indess widerspricht es allzusehr den bisher gel- 
tenden Principien der Petrographie, unter einen Begriff Ge- 
steine zu vereinigen, von denen das eine wesentlich aus Or- 
thoklas, das andere wesentlich aus Labrador besteht. So 
erscheint es wohl für jetzt das Beste, die Monzoni-Gesteine als 
Syenit und Diabas aufzuführen, bis spätere Untersuchungen 
dieselben Felsarten auch an anderen Orten als am Monzoni 
und um Predazzo nachweisen, und ein grösseres Einverständ- 
niss in Hinsicht der petrographischen Nomenklatur erzielt ist 


als bisher. 
Der grösste Theil des Monzoni, und zwar vorzugsweise 


das südliche Gehänge, doch auch die westlichen und östlichen 
Partieen des Nordabhanges der Gebirgsmasse bestehen aus 
Augit-Syenit, einem krystallinischkörnigen Gemenge 
von Orthoklas, Plagioklas, Augit; mehr accessorische Gemeng- 
theile sind: Titanit, Hornblende, Eisenkies, Magneteisen, Apatit. 
Der Orthoklas ist von graulichweisser oder lichtröthlichweisser 
Farbe und bildet mehrere Decim. grosse Krystallkörner; er 
besitzt eine eigenthumliche, dem Feldspath aus dem Syenit von 
Laurvig in Norwegen ähnliche Zusammensetzung; im Gemenge 
meist vorherrschend. Der Plagioklas ist zuweilen mit der 
Lupe nicht zu entdecken, wohl aber mittelst des polarisirenden 
Mikroskops als feinste Einmengung des Feldspaths. Durch 
solche innige Verwachsungen und Einschlusse ist auch der 
ansehnliche Natron-, sowie der Kalkgehalt zu erklären, welchen 
die Analysen des Feldspaths aus dem Augit-Syenit ergeben. 
 Augit von schwarzer oder schwärzlichgrüner Farbe, bald reich- 
lich, bald mehr untergeordnet. Titanit von brauner oder 


352 


bräunlichgelber Farbe, oft sehr reichlich, vielleicht nie ganz | 
fehlend. Die Hornblende erscheint, wo sie auftritt, meist mit 


dem Ansehen des Uralits, d. h. aus feinsten parallelen Fasern 
zusammengesetzt, seidenglänzend. Den Apatitlässt das Mikro- 
skop wohl stets in sehr kleinen Prismen erkennen. 

Die schönste Varietät dieses Gesteins traf ich im oberen 
Theil des Toal dei Rizzoni: ein grobkörniges Gemenge von 
vorherrschendem lichtgrauem Feldspath in ; bis 2 Cm. grossen 
Körnern, wenig schwarzem Augit, wenig Titanit. Auch Pla- 
gioklas ist vorhanden, wenngleich in geringer Menge; unter 
dem polarisirenden Mikroskop deutlich durch seine Streifung 


erkennbar. Nicht selten ist der Plagioklas in kleinen Körnern 


dem Feldspath parallel eingewachsen. Sorgsamst mit der Lupe 
ausgesuchte Orthoklaskörner, an denen keine gestreiften Par- 
tieen oder Einmengungen von Plagioklas mit der Lupe zu er- 
kennen waren, ergaben folgende Zusammensetzung: 

Feldspath aus dem Augit-Syenit des Toal dei 
Rizzoni.*) 

Spec. Gew. 2,565. Glühverlust 0,89. 
Kieselsäure . 63,36 Ox. = 53,74 


Thonerde . . 21,18 9,89 

Kalk... 1,66 0,47 

Kal... 8,89 1,51 

Natron... -.,.4.91 1-27 
100,00 


Sauerstoffproportion 0,986 : 3 : 10,251. 


Wir können die gefundene Zusammensetzung darstellen 
durch eine Verbindung von 5 Mol. Orthoklas, 4 Mol. Albit, 
2 Mol. Anorthit, deren procentische Zusammensetzung die fol- 
gende sein würde: 

Kieselsäure 63,96. Thonerde 20,78. Kalk 2,06. 
Kali 8,65. Natron 4,55. 

Dieser Feldspath stellt sich demnach dar als eine Men- 
gung von nahe gleichen Theilen Orthoklas und Oligoklas; 
von denen der letztere aus 2 Mol. Albit und 1 Mol. Anorthit 
bestehen würde. Durch mineralogische Wahrnehmung ohne 
Zuhülfenahme der chemischen Analyse wurde sich uns eine 


*) Diese Analyse wurde bereits in Pose. Ann. Bd. 144 pag. 363 
veröffentlicht. 


393 


so hohe Beimischung von Plagioklas nicht verrathen haben. 
Der Syenit aus dem Rizzoni - Thal ist kaum zu unterscheiden 
von einem Syenit, welchen ich auf Arröen unfern Langesund 
im sudlichen Norwegen schlug. Ein diesem ganz ähnliches 


Gestein von Laurvig (s. Poge. Ann. Bd. 144 pag. 379) ent- 


hält neben vorherrschendem perlgrauem Feldspath (zuweilen 
mit einem lichtblaulichen Farbenschein) und Biotit auch — 
zufolge der Untersuchungen des Prof. RosenguscH (briefliche 
Mittheilung) — ein augitisches Mineral und zwar „ganz ty- 
pischen Diallag, wie die Gabbro’s von Volpersdorf, absolut 
nicht von diesem zu unterscheiden, optisch ausserordentlich 
gut charakterisirt.‘‘“ Schon früher wies ich darauf hin, dass 
der Feldspath des Gesteins von Laurvig demjenigen des Monzon- 
Syenits sehr ähnlich zusammengesetzt ist. Gewisse Varietäten 
des berühmten Gesteins der norwegischen Sudkuste und na- 
mentlich das Vorkommen von Laurvig durften demnach viel- 
dem Augit-Syenit zuzuzählen sein. 

Noch einen zweiten Orthoklas aus Augit-Syenit des Mon- 
zoni unterwarf ich der chemischen Analyse. Das Gestein, von 
einem grossen Blocke im Piano dei Monzoni geschlagen, 
wahrscheinlich vom hohen westlichen Gipfel herabgestürzt, 
besteht vorherrschend aus graulichweissem Orthoklas, grünlich- 
schwarzem Augit in 1 bis 2 Mm. grossen, deutlich in ihrer 
Form erkennbaren Krystallen, aus sehr viel braunem Titanit, 
1 bis 2 Mm. gross, Eisenkies, Magneteisen, Apatit. Letzteres 


- Mineral in haarfeinen kleinen Prismen vorzugsweise den Feld- 


spath durchsetzend. Dies Gestein gewinnt dadurch ein ganz 
eigenthumliches Ansehe:, dass der Feldspath zuweilen in sehr 
grossen Krystallen, 4 bis 5 Cm., ganz erfüllt mit Augit und 
Titanit in dem scheinbar kleinkörnigen Gestein weit fort- 
setzende Spaltungsflächen bildet. Dieser seltsame Gegensatz des 
kleinkörnigen Gemenges und der zwischen diesem Aggregat 
aufleuchtenden Spaltungsflächen verleihen dem Gestein eine 
besondere Schönheit. Plagioklas ist in diesem Syenite mittelst 
der Lupe gar nicht, durch das Mikroskop nur in äusserst 
geringer Menge zu erkennen. Unter dem Mikroskop erscheint 
der im Gemenge vorherrschende Orthoklas durch Mikrolithen 
verunreinigt. Die langen schmalen Apatitprismen treten nun 
auf das Deutlichste hervor. Sie scheinen zuweilen in ibrer 
Axe eine feine hohle Röhre zu bergen. 


Feldspath aus dem Augit-Syenit des Piano dei 
Monzoni. | 


Spec. Gew. 2,5586. Gluhverlust 0,57. 


T: 11. Mittel 
Kieselsäure . . 63,45 _- 63.45 Ox. = 33,84 
Thonerde: ..x‘2 19465.7713:97 119581 9:25 
Kalk. ir 1.62 1,41 1,51 0,43 
Kalt... 2.08 Han a 12.34.72 2:34 2,09 
Natron, 224 en 5,47 2,47 0,64 
99,58 


Sauerstoffproportion 1,025 : 3 : 10,975. 


Eine diesem Feldspathe vergleichbare Mischung erhalten 
wir durch eine Verbindung von 4 Mol. Orthoklas, 1 Mol. Albit, 
1 Mol. Anorthit: 


Kieselsäure 63,33 Thonerde 20,34. Kalk 1,85. 
Kali 12,43. Natron 2,05. 


Diese Verbindung enthält 78,5 pCt. Orthoklas neben 
26,5 pCt eines Andesin-ähnlichen Plagioklas. 

Während die beiden Syenit-Varietäten, deren Orthoklase 
oben Gegenstand der Analysen waren, der mineralogischen 
Beobachtung nur wenig Plagioklas darbieten, sind andere Ab- 
änderungen viel reicher an Plagioklas — in dem Maasse, dass 
der Feldspath fast zurückzutreten scheint. Von dieser Art 
ist der graue Syenit, welchen man im $. Pellegrino-Thal nabe 
der Einmündung der Val Pesmeda antrifi. Es überwiegt im 
Gemenge der Plagioklas, dessen wunderschöne Streifung das 
polarisirende Mikroskop offenbart. Orthoklas ist nur in ge- 
ringer Menge vorhanden, durch die fehlende Streifung, sowie 
eine eigenthümlich rissige Beschaffenheit unter dem Mikroskop 
leicht vom Plagioklas zu unterscheiden. Der Orthoklas er- 
scheint weniger deutlich umgrenzt, zuweilen eine Art von 
Grundmasse bildend, in welcher die Plagioklase sich scharf 
abheben. Beide sind meist trübe,., mit Flecken und Wolken 
von feinsten Mikrolithen erfüllt. Das Vorhandensein - des 
Augits im Gestein von $. Pellegrino wurde sowohl makrosko- 
pisch durch die äussere Form, als auch unter dem Mikroskop 
durch sehr deutliche achtseitige Umrisse, wie sie für den 


355 


 Augit so charakteristisch sind, erkannt. Die 1 bis 2 Mm. 


grossen grünlichschwarzen Augitkörner haben vier Spaltungs- 


richtungen, von denen zwei den Prismenflächen parallel stehen, 


die beiden anderen den Abstumpfungsflächen der stumpfen und 
der scharfen Kante des Augitprismas entsprechen. Neben 
dem grünlichschwarzen Augit ist auch, in geringerer Menge, 
dunkelgrune Hornblende von Uralit-ähnlichem Ansehen vor- 
handen; Magneteisen fehlt nicht. Prof, Rosengusch, welcher 
die Güte hatte, gleichfalls dies Gestein aus Val S. Pellegrino 
unter dem Mikroskop zu untersuchen, bestätigte die reichliche 
Menge von Plagioklas und das Vorhandensein von Augit 
neben Hornblende. 

Aehnliche Abänderungen wie die eben geschilderte bilden 
den westlichen Theil des Monzonikammes, namentlich die 
Palla verde, eine schwache Einsenkung zur Rechten (W) des 
westlichen Gipfels und setzen die grossen Geröllmassen zu- 
sammen, welche vom Piano gegen Westen emporziehen. Die 
Gesteine, welche man in diesem westlichen Theile des Mon- 
zoni erblickt, lassen den Orthoklas neben dem Plagioklas 
meist deutlich durch seine schwach röthliche Farbe erkennen, 
während die gestreiften Körner graulichweiss sind. Denselben 
Gesteinen begegnet man im oberen Pesmeda- Thal, sowie im 
oberen Damasson und Rizzoni. Plagioklas-reiche Augit-Syenite 
bilden die ganze östliche Gebirgshälfte, sie erscheinen im 
Hochthale von le Selle, sowie in der obersten Thalmulde von 
Allochet, an welchen beiden Orten die Grenze von Kalk und 
Eruptivgestein durch merkwürdige, später zu schildernde Con- 
tactgebilde bezeichnet ist. An manchen Orten, z. B, auf dem 
Joche der Palla verde (nach einem schwachen Rasenbande in 
der Felsumgebung so genannt) ist der Syenit in verticale 
Tafeln zerklüftet. An letztgenanntem Orte laufen die Tafeln 
parallel dem von Ost nach West streichenden Gebirgskamme. 
Ueber die ganz scharfe Passsenkung streicht ein etwa 0,3 M. 
breiter Gang von serpentinähnlichem Gestein. 

Der Augit - Syenit des Monzoni ist wesentlich dasselbe 
Gestein, wie dasjenige, welches in verschiedenen Varietäten 
die Berge von Predazzo zusammensetzt und zwar einen Theil 
der Sforcella mit der berühmten Oertlichkeit Canzacoli, sowie 
Theile des Mulatto und die Hauptmasse der Margola (oder 


Malgola). Eine Analyse des Augit-Syenits der Margola ver- 
danken wir Herrn Prof. Kyeruur (s. Tscuermax, Porphyr- 
gesteine Oesterreichs pag. 112): 
Kieselsäure 58,05. Thonerde 17,71. Eisenoxydul 8,29. 
Kalk 5,81. Magnesia 2,07. Kali 3,24. Natron 2,98. 
Wasser 1,34. 


Ueber die Varietäten von Predazzo und namentlich ihre 
Contactbildungen besitzen wir eine vortreflliche Arbeit von 
J. LEMBERG in Dorpat (Contactbildungen bei Predazzo, Zeitschr. 
d. d. geol. Ges. 1872 pag. 187-— 264). Obgleich eine syste- 
matische Olassification des „Monzonit’s‘‘ (Augit - Syenits) nicht 
im Plane seiner Arbeit lag, so theilt LemBere doch wichtige 
Thatsachten in Betreff dieses Gesteins mit, namentlich in Bezug 
auf die chemische Zusammensetzung desselben sowie die 
Veränderung seiner Mischung in der Nähe der Kalkgrenze. 
LemBerG erkannte schon den Augit neben der Hornblende 
und dem Glimmer. Ausser Orthoklas wies er in dem normal 
zusammengesetzten Gesteine vom Südabhange des Monte Mu- 
latto (Kieselsäure 57,66 pCt.) Oligoklas nach; während statt 
desselben nahe der Kalkgrenze Labrador vorhanden ist und 
dem entsprechend der Kieselsäuregehalt des Gesteins fast um 
10 pCt. herabsinkt, bei steigender Menge des Kalks. Auch 
Anorthit wurde im Monzonit theils in grosskrystallinischen 
mattweissen Körnern am Fusse der Margola nachgewiesen, 
theils auf sein Vorhandensein im feinkörnigen Gestein vom 
Fusse der Canzacoli, nahe der Kalkgrenze, aus dem geringen 
Kieselsäure- (48,15 pCt.), dem hohen Kalkgehalte (11,44 pCt.) 
des Gesteins geschlossen. — Unter dem Mikroskop lässt der 
Augit - Syenit der Margola auf das Deutlichste vorwaltenden 
Plagioklas neben etwas zurücktretendem Orthoklas erkennen; 
ausserdem Augit und Magnesiaglimmer. Letzterer oft in 
Quadratcentimeter grossen, trotz vielfacher Unterbrechung stets 
wieder in einer Flucht einspiegelnden Blättern. 

Das Studium des Monzoni lehrt uns demnach, dass — 
früheren Ansichten entgegen — mit Orthoklas sich Augit 
associiren könne. Diese Verbindung, welche in den trachy- 
tischen Gesteinen bereits längere Zeit bekannt ist (eine der 
ersten Wahrnehmungen dieser Art boten die Auswürflinge von 
Laach, welche meist ein körniges Gemenge von Sauidin und 
Augit sind), finden wir nun auch unter den plutonischen 


= 


Sr 


ee 


357 


 Gesteinen wieder. Es ist bei der schwierigen Unterscheidung 


von Augit und Hornblende wohl kaum zu bezweifeln, dass 
dieselbe Mineralassociation auch bei anderen Syeniten vorliegt, 
in denen man bisher nur Hornblende sah. Eine ausgezeich- 
nete Varietät des Augit-Syenits scheint an einem leider noch 
nicht näher bekannten Punkte der Pyrenäen vorzukommen. 
Dies Gestein, welches der verewigte Dr. Krantz vor mehreren 
Jahrzehnten unter der Bezeichnung Dolerite granitoide von 
Herrn Boustr in Paris mit der Ortsangabe ‚Pyrenäen‘ er- 
hielt, ist ein Gemenge von vorherrschendem weissem Feldspath 
in 5 bis 10 Mm. grossen Körnern und grünem Augit in bis 
10 Mm. grossen prismatischen Krystallen, dazu spärliche 
kleine Titanite (s. Pocg. Ann. Bd. 144 pag. 378). Die 
ungewöhnliche Association liess die chemische Analyse dieses 
Feldspaths wünschenswerth erscheinen: 


Feldspath aus dem Augit-Syenit der Pyrenäen: 
Spec. Gew. 2,549 Gluhverlust 0,04. 


Kieselsäure ... . . 64,86 Ox. = 34,59 

Thonerde .. . ... 18,78 8,17 

Kaıe...: .... 9,23 1,57 

Nalron=, 23. ...597 1,38 
98,34 


Sauerstoffproportion 1,009 : 3 : 11,832. 


Dieser Orthoklas zeichnet sich demnach durch seinen 
hohen Natrongehalt aus. Von Kalk liess sich keine Spur 
nachweisen. 

Wenden wir uns nun zu denjenigen Gesteinen des Mon- 
zoni-Massiv’s, welche G. Rose und, ihm folgend, v. RıcHr- 
HOFEN als Hypersthenit bezeichneten, und für welche wir den 
von TscHeruak (Porphyrgesteine Oesterreichs pag. 113) ge- 
wählten Namen 

Diabas beibehalten. Die Diabase des Monzoni bestehen 
aus Labrador, Orthoklas, Augit, Magnesiaglimmer, Hornblende, 
Titanit, Magneteisen, Eisenkies (nach TscHermAk und Len- 


BERG tritt auch Spinell hinzu. *) Nicht nur durch seine mine- 


*) Der Spinell bezeichnet wohl immer ein durch den Contact des 
Zeits. d,D. geol. Ges. XX VII, 2. 24 


358 


ralogische Constitution, sondern in gleicher Weise durch seine 
Lagerungsform und den Uebergang in ein Orthoklasgestein 
unterscheidet sich der Diabas des Monzoni von den typischen 
Gesteinen dieses Namens, welche, niemals ein so gross- und 
deutlich körniges Gemenge darstellend, Lagergänge im Devon 
des rheinischen Gebirges und des Harzes bilden. 

Aus Monzoni-Diabas besteht namentlich der mittlere Theil 
des nördlichen Berggehänges, der Riccobetta-Gipfel, sowie die 
ungeheuren Trümmerzüge, welche von dieser ragenden Höhe 
und von der Monzonscharte (Buco) in den Piano hinab- 
geführt werden und bis hinab nach Pera in Fassa in 
Bezug auf Zahl der Blöcke vor denen des Augit-Syenits sehr 
überwiegen. Durch dies Vorherrschen der Diabasblöcke in 
der Val Meonzoni erklärt es sich, dass manche Besucher, welche, 
durch dies Thal wandernd, nur bis zum Piano oder an den 
Fuss des Riecobetta gelangten, die Ansicht gewannen, dass 
das ganze Monzongebirge aus augitischen Grünsteinen be- 
stehe. — Das in dem angedeuteten Gebiete unter den losen 
Blöcken herrschende, bald porphyrartige, bald körnige Gestein 
lässt auf den ersten Blick zwei Bestandtheile erkennen: weissen 
Plagioklas und ein dunkelgrünes bis schwärzliches Mineral, 
dessen Bestimmung, ob Augit, ob Hornblende? in der That 
nicht ganz leicht ist. Man erblickt vielfach die Hornblende- 
Spaltbarkeit, aber dieselbe ist faserig, unterbrochen, seiden- 
glänzend, von Uralit-ähnlichem Ansehen. Längere Zeit glaubte 
ich Hrn. pe LaAPPArREnT beipflichten zu sollen, welcher im 
herrschenden Gestein wesentlich oder ausschliesslich Hornblende 
sah; es schien mir, dass das in Rede stehende Gestein am 
Zutreffendsten als ein Diorit (Labrador-D.) zu bezeichnen sei. 
Auch TscHERMAR (a. a.O. pag. 112) betont, dass das Monzon- 
gestein in Diorit übergehe, und hat dabei ohne Zweifel die- 
selbe Gesteinsvarietät vor Augen, von welcher v. BucH sagt: 
„Die Hornblendekrystalle erscheinen darin deutlich und schon.* 

Da war es ein glücklicher Fund des Mineraliensammlers 
G. Bart. BERNARD zu Campitello: wohl ausgebildete Augit- 
krystalle auf einer drusenähnlichen Fläche des von mir an- 


Kalks, sei es an der Grenze, sei es in umschlossenen Massen, modifi- 
eirtes Mineralgemenge, 


I ER TELTEEN 
h u 


359 


fänglich für Diorit gehaltenen Gesteins, wodurch ich zu einer 
erneuten Prüfung veranlasst wurde und erkannte, dass die 


meiste Hornblende der Monzonigesteine den Charakter des 
Uralits besitzen, wenngleich neben diesem räthselhaften Körper 
auch echte Hornblende vorkommt. 

Bevor wir indess die herrschenden Diabasvarietäten ge- 
nauer betrachten, wollen wir gleichsam als Schlüssel zu den- 
selben zwei Gesteine kennen lernen, von denen das eine ein 
typisches Augit - Labradorgestein, gleichsam ein Dolerit der 
mittleren geologischen Epoche, ist, während das andere, ein 
prachtvoll grosskörniges Gemenge aus Labrador, Augit, Horn- 
blende, Magnesiaglimmer und Magneteisen, uns die überaus 
innige Verbindung von Augit und Hornblende kennen lehrt, 
welche in den Diabasen des Monzoni stattfindet. 

Das Augit-Labradorgestein (Diabas), geschlagen 
von mächtigen Blöcken im Piano, wahrscheinlich gangformige 
Massen im Monzoni-Massiv bildend, besteht aus vorherrschen- 
dem schwarzem Augit in $ bis 1 Mm. grossen, deutlich aus- 
gebildeten Krystallen der gewöhnlichen Form (verticales Prisma 
coP nebst Ortho- und Klinopinakoid © Pos und (oP«) 
und der Hemipyramide s, P), — und weissem Plagioklas. In 
einzelnen Partieen des Gesteins tritt dieser Plagioklas in 
grösseren, doch nicht regelmässig begrenzten Körnern und in 
flachen linsenförmigen Ausscheidungen auf, während in anderen 


_Partieen Augit und Plagioklas ein kleinkörniges Gemenge 


bilden. Als accessorische Gemengtheile erscheinen: gelber 
Titanit und Apatit. Letzterer, in dünnen fettglänzenden Pris- 
men, findet sich besonders dort, wo der Plagioklas etwas 
grössere Ausscheidungen bildet. Hornblende fehlt nicht ganz; 
sie erscheint theils in schwarzen Prismen von etwas bedeu- 
tenderer Grösse als der Augit, theils mit dem Ansehen von 
grünem, auf den Spaltungsflächen seidenglänzendem Uralit. 
Das polarisirende Mikroskop lehrt, dass neben sehr vorherr- 
schendem Plagioklas eine sehr kleine Menge von Orthoklas 
vorhanden ist. 


24* 


360 


 Plagioklas des Augit-Labradorgesteins: 
Spec. Gew. 2,707 Gluhverlust 0,56. 
I 1. Mittel 


Kieselsäure .. 51,81 — 51,81 0x. 2231:63 

Thonerde 2.3046: 7 30,25 23033 14,17 

Kalk weisse: 12.33 244,847 12,08 3,45 

Magnesia ... 0,05 0,15 0,10 0,04 

Kalt #9. — 2,63 2,63 0,45 

Natron.e...r. _ 2,85 2,85 0,735 
99,82 


Sauerstoffproportion 0,989 : 3 : 5,849. 


Dieser Plagioklas ist demnach als ein Labrador mit hohem 
Kaligehalt zu bezeichnen. Mit Rücksicht auf die mikrosko- 
pische Analyse ist es nicht unwahrscheinlich, dass selbst das 
sehr sorgsam ausgesuchte Material eine kleine Menge von 
Orthoklas beigemengt enthielt, und dass sich hierdurch we- 
nigstens ein Theil des Kaligehalts erklärt. Eine mit dem 
Ergebnisse der Analyse vergleichbare Mischung erhalten wir, 
wenn wir eine Verbindung von 1 Mol. Orthoklas, 3 Mol. 
Albit und 12 Mol. Anorthit berechnen: 


Kieselsäure 52,59. Thonerde 30,03. Kalk 12,27. 
Kali 1,72. Natron 3,39. 


Auf Gewichtstheile berechnet, wurde jenem Molecular- 
Verhältniss entsprechen: 10,2 pCt. Orthoklas, 28,7 pCt. Albit, 
61,1 pÜt. Anorthit. Nach Abzug des als mechanisch beige- 
mengt zu betrachtenden Orthoklases, bleiben demnach fast 
genau 90 pCt. eines Labradors übrig, welcher (im Sinne der 
Tscuermar’schen Theorie) als eine isomorphe Mischung von 
1] Mol. Albit — 4 Mol. Anorthit zu betrachten ist, für welche 
sich folgende procentische Zusammensetzung berechnet: 


Kieselsäure 51,22. Thonerde 31,34. Kalk 13,66. 
Natron 3,78. 


Dieselbe entspricht einem Plagioklas, welcher eine Zwischen- 
stellung zwischen dem typischen Labrador und dem Anorthit 
einnimmt. Von ähnlicher Zusammensetzung ist der „etwas 
verwitterte weisse Labrador aus dem Monzonit in der Nähe 
des Kalks von Canzacoli“, welchen LEMBERG analysirte 


EIN er ze Fr 


361 


(Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1872 pag. 189), sowie der von 
Damour untersuchte Labrador aus einer Lava vom Berufjord in 
Island, und der von Lupwig, RAMMELSBERG und mir analysirte 
Labrador aus dem Norit des Närödal’s. 

Jenes oben erwähnte grosskörnige Gestein, in den Block- 
meeren des Piano sich findend, welches eine so merkwürdige 
Verwachsung von Hornblende mit Augit darbietet, besteht aus 
weissem Labrador, Augit, Hornblende, Biotit und Magneteisen, 
sowie etwas blättrigem Kalkspath. Der Augit, von dunkel- 
grüner Farbe, bildet bis 4 Cm. grosse Krystallkörner; die 
Hornblende ist gleichfalls grün, doch mit einem Stich in’s 
Braune, durch den stumpfen Winkel und die Vollkommenbheit 
der Spaltungsrichtungen leicht vom Augit zu unterscheiden, 
Die in geringerer Menge vorhandene Hornblende ist nun auf 
das Innigste mit dem Augit verwachsen. Krystallkörner des 
letzteren Minerals (2 bis 3 Cm. gross) bestehen theilweise aus 
Hornblende in paralleler Verwachsung, An einem 1 Om, . 
grossen Krystallkorn war auf der einen Seite die Hornblende- 
spaltung auf das Deutlichste ausgesprochen; als ich nun das 
Korn um die verticale Axe, drehte, fand ich auf der Hinter- 
seite den Hornblendebruch nieht mehr, sondern statt desseiben 
die unvollkommenere unterbrochene Spaltbarkeit des Augits. 
Bei der nur geringen Farbenverschiedenheit beider Substanzen 
trat die Grenze wenig auffallend vor. Im Querbruche verlief 
sie unregelmässig, das Korn in zwei Hälften theilend. Augit 
und Hornblende sind beide gleich frisch und glänzend; nichts 
würde hier die Annahme einer secundären Bildung der einen 
aus der anderen Substanz rechtfertigen. Die innige Verbin- 
dung, in welcher hier die beiden so nahe verwandten und 
fast als heteromorph betrachteten Mineralien erscheinen, for- 
derte dazu auf, auch ihre chemische Constitution wenigstens 
insoweit zu erforschen, um eine Vergleichung beider zu er- 
möglichen. Es war in diesem Falle von besonderem In- 
teresse, die Frage zu beantworten, ob beide Mineralien eine 


wesentlich gleiche oder eine verschiedene Zusammensetzung 
besitzen, 


362 


Ausit, Hornblende, 
mit einander verwachsen. 


Spec, Gew. . 3,317 3,112 
Kieselsäure . . 49,60 49,25 
Thonerde ... 4,16 5,89 
Eisenoxydul. . 9,82 16,97 
Kalksıı. 2... 21,86 . 13,03 
Magnesia ... . 14,42 13,13 

99,86 98,21 


Augit und Hornblende besitzen also hier trotz ihrer innigen. 
Verbindung und bei gleichem Kieselsäuregehalt dennoch eine 
verschiedene relative Menge der Basen. Recht bemerkens- 
werth ist auch, dass der Augit trotz seines viel geringeren 
Eisengehalts ein wesentlich höheres spec. Gewicht besitzt. Es 
deutet diese Thatsache auf eine verschiedene molekulare Oon- 
stitution und widerlegt die mehrfach ausgesprochene. Ansicht, 
dass Augit und Hornblende lediglich als dimorph verschiedene 
Mineralien zu betrachten seien. Der Äugit gehört der Varietät des 
Fassaits, dem thonerdehaltigen Kalk-Magnesia-Eisen-Augit an; 
. während die Hornblende dem Pargasit (Dana), der thonerde- 
haltigen Kalk-Magnesia-Eisen-Hornblende zuzuzählen ist. — 
Aehnliche innige Verbindungen von Augit und Hornblende, wie 
wir sie bei jenem grosskörnigen Augit-Labrador - Gestein .er- 
kannt haben, walten. nun auch bei den herrschenden Diabas- 
varietäten. 

Der Diabas des Monzoni (Monte Riccobetta etc.) besteht 
wesentlich aus Labrador (neben welchem, wie schon eine 
recht sorgsame Betrachtung mittelst der Lupe und noch deut- 
licher die Untersuchung durch das polarisirende Mikroskop 
erweist, gewöhnlich etwas Orthoklas vorhanden ist), Augit, 
Hornblende, Magnesiaglimmer, Magneteisen, Titanit, Apatit. 
Als accessorische Gemengtheile, theils in der Grundmasse, 
theils in Drusen, sind zu nennen: Turmalin, Granat, Zirkon, 
Epidot, Axinit; Chabasit, Prehnit, Kalkspath. — Das Ge- 
stein besitzt ein sehr verschiedenes Korn; bald grobkornig, 
bald feinkörnig, auch porphyrartige Varietäten sind häufig; in 
ihnen bildet entweder der Plagioklas in körnigem Gemenge 
eine Art Grundmasse, in welcher die Augitkörner inneliegen, 
oder es besteht die Grundmasse aus körnigem Augit resp. 


Hornblende, in welcher isolirte Plagioklase ausgeschieden 
sind. Auch schiefrige Abänderungen kommen vor, in denen 
die Plagioklas- Tafeln eine angenähert parallele Lage haben. 
Ueber das mikroskopische Verhalten der Diabase des Mon- 
zoni verdanke ich Hrn. Prof. Rosengusch folgende wichtige 
Mittheilung: 
„Sammtliche Proben sind vorwiegend Gemenge aus einem 
triklinen Feldspathe, neben welchem aber zweifelsohne auch 
ein monokliner Feldspath vorhanden ist in einfachen Krystallen 
und Oarlsbader Zwillingen, welchen bisweilen die triklinen 
polysynthetischen Individuen eingelagert sind. Doch überwiegt 
entschieden der Plagioklas. — Neben dem oft recht frischen 
Augit, der ganz demjenigen der Diabäse des rheinischen 
Devons oder der Harzer Diabase ähnelt und sich nur in 
manchen Durchschnitten (zumal normal zur Hauptaxe mit 
deutlich erkennbarem Spaltwinkel von 87°) stärker dichroi- 
tisch zeigt, als dies gewöhnlich der Fall ist — etwa mit Aus- 
nahme des Augits in den Nephelin- und Leucitgesteinen, bei 
denen sich gleichfalls recht oft ein deutlicher Pleochroismus 
einstellt — findet sich ein brauner, rhombischer Glimmer, der 
wohl zum Phlogopit gehört und ferner als ursprüngliches Mi- 
neral auch Hornblende , sehr deutlich erkennbar durch ihre 
Blätterdurchgänge und durch die Lage der optischen Con- 
stanten. Weit interessanter aber als dieses Vorkommniss ist 
das Auftreten der Hornblende in der Form des Uralits. Zu- 
weilen fasert sich ein grösseres Augit-Individuum an einem 
Ende in Uralitprismen aus. Dies ist eine in älteren Augit- 
gesteinen so überaus häufige Erscheinung, dass ich es nicht 
für der Mühe werth gehalten haben würde, sie zu erwähnen, 
wenn ich nicht in dem Monzonigestein zum ersten Male damit 
verknupft ein Phänomen wahrgenommen hätte, welches ich 
früher nie beobachtete. Im allen bisher zu meiner Beobach- 
tung gelangten Fällen waren nämlich die parallel liegenden 
Uralitsäulchen auch optisch genau parallel orientirt. Hier ist 
das an einigen Stellen anders, und es liegen die Auslöschungs- 
richtungen oder Elasticitätsaxen in benachbarten Uralitfasern, 
die durchaus parallel erscheinen, wie sie in den Hälften eines 
normalen Amphibol - Zwillings liegen müssen. Die Erschei- 
nung ist durchaus nicht zu verwechseln mit der in meiner 
Physiographie pag. 316 angedeuteten, wo ursprüngliche Augit- 


| 364 


zwillinge in zwei Complexen zu unter sich parallelen Urli 


kryställchen verwandelt sind. Bei den in Frage stehenden 
Uraliten aus dem Monzoni-Gestein ist ein einheitliches Augit- 
Individuum in parallele Uralit - Aggregate verwandelt, deren 
einzelne Säulchen zu einander in der Amphibol- Zwillings- 
stellung sich befinden. Freilich findet sich die Erscheinung 
nur in einem der Präparate, und ich bin in Bezug auf die ehe- 
malige Augitnatur insofern nicht absolut sicher, da die in Rede 
stehenden Uralit- Aggregate keinen Augitkern mehr enthalten, 
und die äussere Umgrenzung nicht als Beweis dienen kann. 
Indessen liegen so mannigfache Uebergänge aus diesem Falle 
durch ganz normale und unzweifelhaft als solche nachweis- 
bare Uralite in die frischen Augite vor, dass mir kaum ein 
Zweifel bleibt.‘ 

Eine besonders schöne Varietät des Diabas wurde ge- 
wählt, um den Plagioklas auszusuchen und zu analysiren. 
Das Gestein besitzt ein porphyrartiges Gefüge; weisse, tafel- 
förmige Plagioklase liegen in einer wesentlich aus innig ver- 
wachsener, Uralit-äbnlicher Hornblende bestehenden Grund- 
masse, Die Plagioklase, bis 2 Cm. gross, 5 Mm. dick, sind 
sammtlich Doppelzwillinge, indem zunächst zwei oder meh- 
rere Individuen nach dem Carlsbader Gesetze des Orthoklas 
d.i. „Drehungsaxe die Verticale‘“ verbunden sind; jedes dieser 
Individuen dann wieder aus zahllosen feinsten Lamellen be- 
steht, welche nach dem Albitgesetze ,„‚Drehungsaxe normal 
zum Brachypinakoid M‘' verbunden sind. 


Plagioklas aus dem Diabas des Monzoni. 


Spec. Gewicht 2,690. @Gluhverlust 1,36 pCt. 
Kieselsäaure . . 55,83 Ox. = 29,78 


Thonerde ... . 27,57 12,87 

Eisenoxydul. . 1,29 0,29 

Kalkt.. ur 7,03 2,29 

Rau nrat 3,96 0,605 

Natron... .... 4,09 1,055 
99,37 


Sauerstoffproportion 0,988 : 3 : 6,942. 


Suchen wir, wie es auch oben geschehen, eine Verbin- 
dung von Orthoklas, Albit und Anorthit zu berechnen, in wel- 


365 


chem der erstere mechanisch beigemengt, die beiden triklinen 


 Feldspathe als in isomorpher Mischung zu betrachten sein 


würden, so gelangen wir zu weniger übereinstimmenden Resul- 
taten als oben (die Ursache werden wir alsbald durch die mikro- 
skopische Betrachtung erkennen). Eine Verbindung von 1 Mol. 
Orthoklas, 2 Mol. Albit, 4 Mol. Anortbit ergiebt nämlich: 
- Kieselsäure 57,32. Thonerde 26,44. Kalk 8,23. 
Kali 3,46. Natron 4,55. 

Es gelingt offenbar nicht, durch eine Verbindung nach 
anderem Verhältniss Werthe zu erhalten, welche sich den 
Zahlen der Analyse mehr nähern. Nehmen wir in der Ver- 
bindung mehr Anorthit an, so nähert sich zwar die berech- 
nete Kieselsäure mehr dem gefundenen Werthe, doch gleich- 
zeitig wird die Abweichung in den Zahlen der Thonerde noch 
grösser. 

Im mikroskopischen Schliffe zeigen die Labradorkörner 
(als deren ideale Mischung wir 1 Mol. Albit 4 2 Mol. Anor- 
thit annehmen dürfen) eine meist unreine Beschaffenheit. Es 
gewinnt den Anschein, als ob dieselben sich aus der Grund- 
masse nicht völlig abzusondern vermocht hätten. Die Pla- 
gioklaskörner sind gleichsam verschleiert, sodass partieenweise 
der krystallinische Charakter zurücktritt und die Substanz aus 
einem unreinen Gemenge von Grundmasse und Mikrolithen 
besteht. Interessant ist es, zu beobachten, wie die Plagioklas- 


‚streifung sogleich deutlich dort wieder einsetzt, wo die Ver- 


unreinigungen und Wolken etwas zurücktreten. Man gewinnt 
die Ueberzeugung, dass hier eine unvollkommene Ausscheidung 
krystallinischer Körner aus einer widerstrebenden Grundmasse 
vorliegt, in welcher die Elemente von Plagioklas und Orthoklas 
zum Theil noch nicht getrennt sind. Diese Ansicht stützt 
sich auf die oben angegebene Thatsache, dass viele Diabas- 
varietäten, welche unter dem Mikroskop als ein reineres 
krystallinisches Gemenge erscheinen, neben sehr vorherrschen- 
dem Plagioklas auch etwas Orthoklas erkennen lassen. — 
Die Hornblende des in Rede stehenden porphyrartigen Diabas 
zeigt unter dem Mikroskop ein verworren fasriges Gefüge; 


' sie ist zu strahlig-buschligen Partieen gruppirt. Augit fehlt 
nicht. Stets sind Glimmer und Magneteisen vorhanden. 


Nachdem dieser porphyrartige Diabas, indem er eine 
mechanische Aussonderung gestattete, uns die chemische Mi- 


schung des constituirenden Plagioklas kennen gelehrt, wenden 


wir uns zu dem zweiten wesentlichen Gemengtheil der Mon- 


zoni-Diabase, dem Augit.. 

Im Diabas des Monzoni tritt zuweilen der Plagioklas fast 
ganz zurück, und das Gestein verwandelt sich so in einen fast 
reinen Augitfels. Solcher Art ist die Varietät, welche zuweilen in 
Drusen deutlich ausgebildete Augite 
führt. Diese von BERNARD aufge- 
fundenen Krystalle sind von dunkel- 
lauchgrüner Farbe bis 1 Cm. gross. 
Ihre Form (s. nebenstehende Figur, 
eine grade Projection auf die Ho- 
rizontalebene),, ähnlich derjenigen 
mancher Augite von Traversella, ist 
eine Combination folgender Flächen: 


= (abe) 

—= fahre, E 

= (a:tb:c), 2P 

—= (ooa:*b:c), BP) 
— (a:o0b:c), +Po 
= (a:b380), SE 

— (3.005: 000), oobeo 
— (088 :0b:e, oT 


S 
u 
(6) 
zZ 
pP= 
m 
a 
C 


Einer dieser Krystalle war glattflächig genug, um die 
Messung mehrerer Winkel mit dem grossen Goniometer zu 
gestatten: 

mem — O0 86, 87° 10° (Winkel des gelben 
131 51 131 54 Augits vom Vesuv) 


\ 


m:Zz 


Das Gestein, welches diese Augite fuhrt, hat eine etwas 
drusige Structur; in den kleinen Hohlräumen finden sich 
Körner von Kalkspath, Auch jener porpbyrartige Diabas, aus 
welchem die Plagioklaskörner zur Analyse ausgesucht wurden, 
enthält — wie das mikroskopische Studium lehrte — etwas 
Kalkspath, kleine drusenähnliche Räume erfüllend. Polari- 
sirtes Licht lässt eine grosse Zahl von Zwillingslamellen, 
parallel —+R, erkennen. — Nachdem man einmal von dem 
Vorhandensein des Augits in diesen Monzoni - Diabasen sich 
überzeugt, erkennt man ihn überall wieder, Seine Farbe ist 


367 


gewöhnlich schwärzlichgrün, doch auch zuweilen fast schwarz, 
Bisweilen wird man durch glänzende schwarze Flächen auf 
dem Gesteinsbruch überrascht; sie entsprechen dem Ortho- 
pinakoid (Querfäche). Neben dem Augit tritt in den Monzon- 
Diabasen meistens Hornblende deutlich hervor; viele Varietäten 
lassen keinen Augit erkennen, sondern nur Hornblende von 
dunkelgrüner Farbe, mit seidenglänzenden Spaltflächen. Diese 
Hornblende besitzt ganz den Charakter des Uralits. Kleinste 
Magneteisenpunkte, welche diese Uralit- ähnliche Hornblende 
erfüllen, erinnern daran, dass auch der Uralit von Arendal 
(Hornblende in Augitform) von Magneteisen gewöhnlich be- 
gleitet ist. Selten nur lässt der Uralit in unsern Diabasen 
deutlich die Augitform erkennen. Erst allmälig gelangt man 
demnach zu der Ueberzeugung, dass man es nicht mit echter 
Hornblende zu thun hat. So erklären sich die Worte v. Bucn’s 
(1824): „Die Hornblendekrystalle des Monzon - Syenits sind 
deutlich und, schön; ihr blättriger Bruch lässt sie fast an 
jedem Bruch gar deutlich erkennen; sie sind gewöhnlich nicht 
schwarz, sondern lauchgrun.* Vierzig Jahre später glaubte 
auch DE LAPPARENT (a. a. O. pag. 258) dieser Wahrnehmung 
durchaus zustimmen zu müssen, indem er von dem Hypersthe- 
nite Rose’s und v. RICHTHOFEN’s sagt: „je n’ai pu y voir 
autre chose que de l’amphibole avec mica, fer oxydule& et py- 
rite au milieu du labradorit. Partout ou la matiere fibreuse 
verte, sur laquelle il pourrait y avoir doute, se prösente en 
cassures nettes, on y reconnait le double clivage de l’amphi- 
bole.““ Die Frage, ob diese uralitische Hornblende wirklich 
aus Augit entstanden ist, wage ich nicht zu entscheiden. 

Häufig erglänzen auf den vielfach unterbrochenen Spalt- 
flächen der Hornblende kleine Glimmer-Täfelchen. Die grösse- 
ren Glimmer - Tafeln bilden häufig unterbrochene oder auch 
getrennte Partieen, welche trotz vielfacher Unterbrechungen 
durch Plagioklas und Hornblende stets wieder in denselben 
Ebenen einspiegeln. Noch ausgezeichneter wie am Monzoni 
zeigt sich diese Erscheinung an dem Gestein der Margola bei 
Predazzo. 

Ein ungewöhnlicher Bestandtheil der Diabase ist der Tur- 
malin von schwarzer Farbe, dessen schon v. Buch Erwähnung 
thut: „Quarz sehe ich nie, wohl aber Turmalin in ansehn- 
lichen, aus einem Mittelpunkt sich verbreitenden Kryställen,“ 


368 


Die buschelförmig gruppirten Turmalin- Nester erinnern sehr 
an das gleiche Vorkommen im rothen Turmaliugranit von 


Predazzo. 
Der Diabas des Monzoni führt ausser den genannten noch 


folgende Mineralien, welche nicht sowohl im Gemenge, als in. 


Drusen und auf Kluftlächen sich finden: Granat, Epidot, 
Axinit, Chabasit, Prehnit. Der Granat von brauner Farbe, 
in der Combination des Dodeka@ders mit dem Ikositetra&der 
202, ist selten, die Krystalle nur klein, in Begleitung von 
Epidot Kluftfläche bedeckend. Derber brauner Granat bildet 
zuweilen zollmächtige unregelmässige Gangschnure, Den Axinit 
vom Monzoni kannte bereits: v. SENGER in seiner „Oryktognosie 
Tyrols“‘, welche Angabe in viele Lehrbücher übergegangen ist. 
Doch wurde in dem verdienstvollen Werke ‚Die Mineralien 
Tyrols‘‘ von LIEBENER und VORHAUSER jenes Vorkommen nicht 
anerkannt, ‚‚weil in keiner Sammlung Tyrols ein Exemplar 
zu finden war und deshalb eine Täuschung vermuthet wurde.“ 
Ich fand dann den Axinit nahe dem höchsten Kamm, un- 


mittelbar unter der Monzonischarte (Nordabhang) wieder auf 


(s. Pocc. Ann. Bd. 128 pag. 44). Er bildet in Begleitung von 
braunem Granat und Kalkspath zollmächtige Gangschnure im 
Diabas. Bis jetzt ist er nur in krystallinisch blättrigen Massen, 
nicht in ausgebildeten Krystallen vorgekommen. Der Axinit 
ist ein in den Alpen immerhin seltenes Mineral, indem es wohl 
nur zu Saint-Christophe en Oisans, im Medelser Thal (Grau- 
bünden) am Monzoni, sowie (nach Des CLoIzEAuUx) am Montan- 
vert vorkommt.*) Den Zirkon beobachtete ich nur ein einziges 
Mal in Begleitung von Epidot und Albit in einer Druse des 
Diabas von Allochet, welcher daselbst untergeordnete Partieen 
im Syenit zu bilden scheint. — Bereits v. BucH kennt den 
Chabasit vom Monzoni: „Zu den Sonderbarkeiten dieses Ge- 
steins, sagt er, gehört es, dass man nicht selten Klüfte des 
Gesteins auf beiden Seiten mit sehr schönen vollkommenen 
Rhombo&dern von Chabasie besetzt sieht.‘ 

Das Vorkommen der genannten Mineralien beobachtet 
man am besten, wenn man vom Piano zur Monzoni-Scharte, 
ca. 800 M., emporsteigt, auf welchem Wege sich auch die 


*) v. ZepHarovich führt Axinit auch vom Villanderer Berg bei 
Klausen an (Min. Lexicon f, Oesterreich II. Bd. 1873), 


K} 


369 


verschiedenen Varietäten des Diabas vortrefflich darbieten. 


E - Von der Fassaitlagerstätte (deren Schilderung weiter unten) 


steigt man steil und steiler in einer schmalen, sich endlich zu 
einer Scharte verengenden Felsschlucht empor. Das Gestein 
ist im Ansehen sehr wechselnd, bald reich an Plagioklas und 
licht, bald reich an Augit oder Uralit - ähnlicher Hornblende, 
dann dunkel. Die Ablösungsflächen der Felsen sind vielfach 
mit Serpentin überzogen. ÜChabasit überkleidet streckenweise 
alle Gesteinsklüfte. Ich sah auf der Felsenwanderung zahl- 
reiche unregelmässige Gänge verschiedener Gesteinsvarietäten: 
lichte Gänge auf dunklem Grunde, auch gangähnliche Serpentin- 
massen auf lichterem Grunde. Auch fand ich kubikfussgrosse 
Blöcke von braunem derbem Granat, mit Kalkspath gemengt; 
zuweilen beide Mineralien in Zonen geordnet. Prehnit sah 
ich in zerfressenen Quarzgängen, welche oben auf der Kamm- 
höhe erscheinen. Auch im Toal dei Rizzoni soll das Mineral 
vorkommen. Zahlreiche Gänge einer serpentinreichen Gesteins- 
varietät setzen auf der schneidigen First des Kammes auf, 
welcher in schnellerem Wechsel aus lichteren und dunkleren 
Massen besteht. Man glaubt zu bemerken, dass es diese 
serpentinisirten, leichter verwitterbaren Massen gewesen, welche 
zu den Brechen-ähnlichen Einbruchen der First Veranlassung 
boten, 

Vom Diabas, dem Augit - Labrador - Gestein, möchte ich 
trennen einen Gabbro, Diallag-Labrador-Gestein, welches, 
wenngleich nur untergeordnet, am Monzoni vorkommt. Diese 
Felsart, welche ich in losen Blöcken unmittelbar vor dem 
Anstieg vom Piano zu den Selle fand, zog durch seine Schön- 
heit und Grobkörnigkeit (1 bis 2 Cm. Korngrösse) meine Auf- 
merksamkeit auf sich. Dieser Gabbro ist ein Gemenge von 
Labrador, Diallag-ähnlichem Augit, Olivin, wenig Magnesia- 
glimmer, Magneteisen. Der Labrador zeigt unter dem pola- 
risirenden Mikroskop deutliche Zwilliugsstreifung. Der Diallag, 
von schwarzer Farbe, bildet unregelmässig begrenzte Körner, 
an welchen drei deutliche Spaltungsrichtungen gemessen wer- 
den konnten. Von diesen sind zwei gleich deutlich und 
schneiden sich unter ca. 941°; sie entsprechen dem verti- 
calen Prisma des Augits. Die dritte Spaltbarkeit, vollkom- 
mener als die beiden erstgenanuten, stumpft die scharfe Kante 
derselben ab, gehört also dem Orthopinakoid an. — Im Dünn- 


370 


schliff ist der Diallag lichtgrün, mit schonen concentrischen 
Anwachsringen. Bemerkenswerth sind zahllose feinste Sprunge 
oder Spalten, welche, in Zwei sich unter etwa 105° schneiden- 
den Richtungen geordnet, die Diallagkörner durchsetzen. Diese 
schwarzen Spaltlinien erscheinen nicht gleichmässig im Diallag- 
korn, sondern gleichsam schwarmweise vertheilt, vergleichbar 
den. schwarzen Linieugruppen, welche Prof, RosenBuscH in 
seinem vortrefflichen Werke (Mikrosk. Physiogr. s. Taf. VIH. 
Fig. 48 pag. 263) am Anthophyllit darstellt. Bei dem Diallag 
vom Monzoni ist zum Unterschied von jenem Anthophyllit die 
Streifung stets eine zweifache. Nicht unwahrscheinlich ist es, 
dass diese Spaltsysteme mit einer beginnenden Umänderung 
zusammenhängen. Von besonderem Interesse ist das Vorkommen 
des Olivins, welcher bisher in den Monzonigesteinen noch nicht 
beobachtet wurde. Unter dem Mikroskop sind die Krystalle 
mit aller Sicherheit zu erkennen, sowohl an ihren Umrissen, 
als auch an ihren zahlreichen, etwas gekrummten Sprüngen, 
in denen eine Zersetzung der Körner beginnt, sowie endlich 
an ihrer eigenthümlich rauhen oder „sanft wellig gekräuselten* 
Oberfläche (Rosexgusch),. Häufig sind die Olivinkörner im 
Diallag eingewachsen. Einmal durch die mikroskopische Be- 
trachtung auf das Vorhandensein des Olivins aufmerksam, 
gelingt es auch, auf dem frischen Gesteinsbruche den wenig 
spaltbaren, glasglänzenden, licht grünlichgelben Olivin zu er- 
kennen und vom dunklen, blättrigen Diallag zu unterscheiden. 
Das Vorkommen des Olivins ist auch insofern von Interesse, 
als seine Association mit Diallag eine nicht ungewöhnliche ist, 
z. B. im schwarzen Gabbro von Neurode (s. G. Rose, diese 
Zeitschr. 1867 pag. 276). 


Labrador aus dem Gabbro vom Monzoni: 


Spec. Gew. 2,668. Glühverlust 0,49. 


I. II. Mittel 
Kieselsäure . . 55,51 —= 1.2.9991.) .0x.., 2860 
Thonerde; .... 28,81 .29,10:' 28.99 13.58 
Kalk Ars, 9.61.54 9.3177,129.41 2,69 
Kalte, — SE 0,42 
Natron)... — 448 4,48 1.15 
100,90 


Sauerstoffproportion 0,945 : 3 : 6,563. 


Dieser Plagioklas stimmt demnach nahe überein mit einem 
Labrador aus dem Diorite des Veltlin, welcher mit Horn- 
blende associirt ist (s. Po. Ann. Bd. 144 pag. 246). . 


Kieselsäure 55,15. Thonerde 29,56. Kalk 9,58. 
Kali 0,80. Natron 5,23. 


— entsprechend einer Mischung von 1 Mol. Albit + 2 Mol. 
Anorthit. 

Herr Prof. WeBsky hatte die Güte, sich der optischen 
Untersuchung des schwarzen Diallags zu unterziehen. Der- 
selben zufolge liegen die optischen Axen in der Symmetrie- 
Ebene. ,,Die Bissectrix ist positiv und bildet mit einer Nor- 
malen auf die Basis (ca. 74° geneigt zur Verticalaxe) einen 
Winkel von 2° 54’ nach vorne geneigt. Die Axenapertur 
2 V= 45° 42’. Die optische Normale bildet einen Winkel 
von 18° 55’ mit der Normalen zur Querfläche (dem Ortho- 
pinakoid). Nach Des Crnoızeaux giebt Pyroxen: positive 
Bissectrix 22° 53’ gegen die Normale auf die Basis, gleich- 
falls nach vorne geneigt. 2 V = 58" 59’; die optische Nor- 
male bildet 38° 54’ mit einer Normalen auf die Querfläche, 
— Dagegen macht beim Achmit die optische Normale einen 
Winkel von 7° mit der Normalen auf die Querfläche und lie- 
gen von ihr die optischen Axen weit ab.‘ (s. auch RosENBUSCH, 
Mikrosk. Physiographie pag. 294, 303). Von Herrn Prof. 
WeBsky rührt auch die Bestimmung dieses Minerals als Diallag 
her. — Durch den Nachweis des schwarzen Diallags am Mon- 
zoni erhält die Augabe G. Rose’s über das Vorkommen des 
Hypersthens daselbst wenigstens eine gewisse Bestätigung 
(gegenüber der Behauptung pE LarrArEntT’s, dass nur Horn- 
blende in jenen Gesteinen sich finde), wenn man erwägt, dass 
man damals kein Mittel besass, die schwarzen Diallagvarie- 
täten vom Hypersthen zu scheiden. 


Schwarzer Diallag vom Monzoni: 


Spec. Gew. 3,365. 
Kieselsäure . . 45,88 Ox. = 24,47 


Thonerde ... 5,10 2,38 
Eisenoxydul. . 12,62 2,80 
ER 20,30 5,80 
Magnesia .. . 13,81 5.52 


97,71 


Diese Analyse ist leider, wie der Verlust ergiebt, nicht er 
ganz befriedigend. Die Kieselsäure scheint etwas zu gering 


bestimmt zu sein. Ob der Verlust hier stattgefunden, oder 
ob durch fein beigemengten Olivin der Kieselsäuregehalt herab- 
gedrückt erscheint, wage ich nicht zu entscheiden. Der 
schwarze Diallag vom Monzoni erinnert an den braunen Diallag 
aus dem schwarzen Gabbro von Neurode, welches Gestein 
auch dadurch dem Gabbro des Monzoni gleicht, dass es Olivin 
als wesentlichen Gemengtheil enthält (s. diese Zeitschr. 1867 
pag. 281). 


Lernen wir nun einige der Mineralfundstätten*) des Mon- 


zoni kennen, welche an den Contact von Eruptivgestein und 


Kalk gebunden sind. Eine der ausgezeichnetsten ist das 
‚Fassaitlager auf der Nordseite des Berges, unterhalb der 
Scharte. Dasselbe wurde von BERNARD aufgefunden; es hat 
viele trefliche Krystalle geliefert. Die Lagerstätte ist eine 
ellipsoidische Masse von krystallinischem Kalkstein, rings um- 
schlossen von Diabas. Die Kalkscholle ist auf einer Strecke 
von etwa 50 M. im Streichen entblösst, während ihre verti- 
cale Mächtigkeit etwa 5 M. beträgt. Diese Kalkmasse wird 
indess durch eine schmale Diabasbank oder -lagergang in 
zwei Theile gesondert. Der Diabas ist in der Nähe des Kalks 
zu Serpentin verändert, und auch der Kalkstein ist von Ser- 
pentin durchzogen; er ist eine Art von ÖOphicaleit. Im un- 
mittelbaren Contact beider Bildungen fanden sich die berühmten 
lichtgrünen Fassaite, deren Drusen — ursprünglich von spä- 
thigem Kalk erfüllt — erst durch die Verwitterung blosgelegt 
wurden. Diese Fundstätte liegt etwa 2100 M. hoch. — Das 
Kalklager, welches die Fassaite führt, setzt, auf weite Strecken 
durch Felsgerölle unterbrochen, sowohl nach Ost als nach 
West fort. In letzterer Richtung hebt sich das Kalklager oder 
der Zug an einander gereihter mächtiger Schollen erst allmälig, 
dann schneller am felsigen Gehänge bis zu einem der höchsten 
Monzonigipfel empor. Einige hundert Schritte südwestlich von 
der Fassaitfundstätte ragt aus den Diabasfelsen ein wohl 12M. 
in jeder Richtung messender lichter Kopf von krystallinischem 


*) Die Entdecker der Monzoni - Mineralien waren — soviel ich er- 
kundete — die beiden Brüder Aucustın aus Fassa. Ihnen folgte im 
mühevollen Berufe des Krystallsuchens G. B. Bernau in Campitello, 


een: 
MRS: 


315 


Kalk Ber Derselbe verräth durch seine körnige Beschaffen- 


heit den metamorphischen Einfluss des Eruptivgesteins; Con- 


 tactmineralien finden sich indess hier nicht. Weiterhin bedecken 


wilde Steinhalden den anstehenden Fels, sie lehnen sich an 
pralle unersteigliche Wände, welche unmittelbar unter dem 
westlichen Monzonigipfel, umgeben von dunklem Diabas oder 
Syenit, lichtere Kalkstreifen erkennen lassen. Als ich zur 
Palla verde (uber welche man den Ursprung des Pesmeda- 
thals erreichen kann), westlich des genannten Gipfels, empor- 
stieg, erblickte ich deutlich unterhalb des Gipfels eine mäch- 
tige Kalkmasse. Sie erschien in Straten gesondert und von 
Gängen durchsetzt. Es ist unmöglich, an diese Stelle zu ge- 
langen, doch finden sich in der Blockhalde, welche von dort 
gegen das Piano herabzieht, Massen von körnigem Kalk mit 
gelbem Vesuvian*) in schönen Krystallen zugleich mit kleinen 
Fassaiten. Auf diesen Punkt beziehen sich die Worte von 
Buc#’s: „Man sieht von unten recht deutlich, wo der Vesuvian 
anstehend ist; aber noch hat ihn Niemand dort auf seiner 
Lagerstätte in der Nähe gesehen. Es ist ganz oben am Gipfel 
ein oberes Lager von grosser Mächtigkeit, doch von geringer 
Erstreckung. Es fallen dort beständig Blöcke herunter, ein 
Gemenge von blauem Kalkspath mit Vesuvian, eines der 
schönsten Gemenge, welches die Gebirge aufweisen können.“ 
— Gegen Osten von der erstgenannten Fassaitfundstätte findet 


sich das Kalklager am Fusse jenes vom Riccobettaberg gegen 


Nord vorspringenden, zerbrochenen Felsrückens wieder (siehe 
Taf. IX. Fig. 2), sinkt dann aber zum Piano hinab, unter 
dessen Felsmeer sowohl jenes Lager als auch die Gesteins- 
grenze sich verbirgt. Während am Nordabhange des Ricobetta- 
berges die Fundstätten der Mineralien rings umschlossenen 
Kalkschollen angehören, liegen sie am nordöstlichen Ende des 
Gebirges bei le Selle auf der Greuze zwischen Syenit und den 
das Eruptivgestein umschliessenden Kalkmassen. Eine eigen- 
thümliche Gestaltung besitzt der vom Piano gegen Osten 
ziehende Thalzweig, durch welchen ein hoher Uebergang nach 
S. Pellegrino führt. Man steigt von der Monzoni-Ebene eine 


.*) In der Sammlung des Ferdinandeum zu Innspruck sah ich einen 
Vesuvian-Krystall vom Monzoni von 8 Cm. Grösse, breit, niedrig, die 
Basis untergeordnet. 


‚Zeits. d.D.geol. Ges. XXVIL 2. 25 


steile Stufe hinan, nun breitet sich eine ebene Terrasse mit 
kleinen Teichen aus. Wieder hebt sich eine steile Stufe und 
zum zweiten Male folgt eine ebenere Fläche mit Wasserbecken. 
Endlich zieht sich der wilde Thalhintergrund steil und grausig 
zum hohen (ca. 2600 M. hoch) Kamm empor. Die erste Fund- 
stätte, welche ich, ca. 200 M. über dem Piano, erreichte, war 
diejenige des &ehlenits und des Granats. Das Eruptivgestein ist 
hier Syenit, welch’ letzterer eine keilförmige Masse in den Kalk 
hineinschiebt, welcher in einen herrlichen grosskörnigen Marmor 
bis in eine Entfernung von 20 bis 30 M. von der Grenze um- 
gewandelt ist. Weiter folgt grauer Kalkstein, dann gelber 
Dolomit. Es hat zuweilen das Ansehen, als ob zunächst der 
Syenitgrenze der Kalkstein gänzlich in eine dunkle Silicatmasse, 
vorzugsweise aus Gehlenit bestehend, umgewandelt ist. Ausser 
dem Gehlenit tritt hier auch gelber Granat in Krystallen und 
mit körniger Zusammensetzung im Contact des Kalksteins und 
des Syenits auf. An keinem anderen Punkte im Umkreise des 
Monzoni schien mir die umändernde Wirkung des Eruptiv- 
gesteins so überzeugend hervorzutreten, wie an den Selle, wo 
ein herrlicher grossblättriger Marmor sich in schrittweisem 
Uebergang aus dichtem Kalkstein entwickelt. Der kleine 
Thalkessel von le Selle ist zwar mit Geröllen bedeckt, doch 
beweisen die in einer ostwestlichen Richtung geordneten zahl- 
reichen Contactstüucke, körnige Aggregate von Granat und Kalk- 
spath, dass die Grenze, stets von Contactbildungen begleitet, 
mitten durch das kleine Hochthal streicht. Weiter über Kalk- 
felsen emporsteigend, fand ich zwei ungefähr ostwestlich strei- 
chende, fast senkrechte, - bis + M. mächtige Gänge eines dem 
Augitporphyr ähnlichen Gesteins.. Die Gänge schliessen ein 
80 Cm. breites mauerförmiges Stuck des Kalkfelsens zwischen 
sich. Keine krystallinische Metamorphose des Kalks oder 
Bildung von Contactmineralien ist an diesen Gängen zu beob- 
achten. Beide Gänge steigen an der jähen Wand zunächst 
gleichartig empor, der eine endet früher, während der andere 
noch etwa 6 M. höher fortsetzt. Sie enden beide, in ihrer 
ganzen Breite von 40 Om. gleichsam plötzlich abgeschnitten. 
Weiter zur Passhöhe fortschreitend traf ich bald noch einen 
dritten, viel mächtigeren (6 M.), gleichfalls sehr nahe ostwest- 
lich streichenden, verticalen Gang von Augitporphyr. Auch 
hier war keine Veränderung des Nebengesteins wahrzunehmen. 


379 
Diese Gänge eines dem Augitporphyr ähnlichen Gesteins, nahe 
der Syenit-Kalk-Grenze, erinnerten mich an die durchaus ähn- 


liche Erscheinung im Marmorbruche von Canzacoli und an der 
Margnla bei Predazzo. Die später hervordringenden schwarzen 


basischen Porphyre fanden offenbar gerade auf der Grenze von 


Syenit und Kalkstein einen leichteren Durchbruch. In einer 
Höhe von etwa 600 M. über dem oberen Theil des Piano 
erreichte ich eine besonders ausgezeichnete Contactfundstätte. 
Aus dem wilden steilen Trümmerfeld erhebt sich ein flach- 
gewölbtes, von Ost nach West streichendes Felsriff, dessen 
südliche Hälfte aus Kalkstein besteht, während die nördliche 
durch Syenit gebildet wird. Das Eruptivgestein bildet hier 
dem Anschein nach eine über 30 M. mächtige gangähnliche 
Apophyse der weiter ‚gegen Sud befindlichen Gebirgsmasse. 
An der Grenze ist der in weiterer Entfernung dichte Kalkstein 
in schönen grobkörnigen Marmor verändert. Zwischen Marmor 
und Syenit liegt eine $ bis 1 M. mächtige, übrigens sehr un- 
regelmässig bald anschwellende, bald sich wieder verschmä- 
lernde Bildung von grossblättrigem Kalkspath erfüllt und ge- 
mengt mit Contactmineralien: Granat und strahligem Augit. 
Der grossblättrige Kalkspath, aus welchem man 8 bis 10 Om. 
grosse, von schönsten Zwillingslamellen durchsetzte Rhom- 
bo@äder herausspalten kann, schneidet merkwürdig scharf am 
Marmor ab. Unmittelbar an der Grenze gegen den Syenit 
liegen körnige Aggregate und bis 10 Cm. dicke Platten von 
gelbem und braunem Granat, welche auch vielfach den gross- 
blättrigen Kalkspath durchziehen. Auch wohlgebildete Granat- 
krystalle (oO, 202) liegen im Kalk, zuweilen in grosser 
Menge, schwarmweise. Zum. Granat gesellen sich (ausser 
Eisenkies) Zonen und Bänder von strahligem Augit, welcher 
eine vollkommene Analogie darbietet zu den Massen strahligen 
Augits von C'ampiglia marittima und am Cap Calamita sowie bei 
Torre dı Rio auf Elba. Die Augitstrahlen ordnen sich zu 
Rosetten und diese zu Bändern, welche, durchschwärmt von 
Granaten, den grossblättrigen Kalkspath durchziehen. Wie 
wurde ich überrascht, als ich die Berührungsebene- von Syenit 
und den Contactgebilden entblösste! Ich fand sie bedeckt mit 
quadratzollgrossen Blättern von Eisenglanz. Wäre nicht die 
landschaftliche Umgebung in der Felswildniss am Monzoni 
nahe dem ewigen Schnee so durchaus verschieden von den 


20°. 


376 
milden Gestaden Elba’s, so hätte ich glauben können, auf den 
Felsen Calamita’s oder der Torre di Rio zu stehen. 

Die geschilderte merkwürdige Contactmasse gehört, wie 
bereits oben bemerkt, der südlichen Grenze einer Syenit- 
apophyse gegen Kalkstein an. Die nördliche Grenze jener 
etwa 30 M. mächtigen Gangmasse, welche an der Oberfläche 
des Felsriffs sich deutlich darstellt, entbehrt der Oontactgebilde, 
indem das Eruptivgestein unmittelbar an den zu Marmor ver- 
änderten Kalkstein grenzt. Das Eruptivgestein verändert in 
diesem und anderen in der Nähe befindlichen Apophysen und 


Gängen seinen normalen Charakter und ähnelt einem wenig 


ausgesprochenen Grünsteinporphyr, Zuweilen hat es den An- 
schein, als ob das Eruptivgestein isolirte Partieen im Marmor 
bilde, welche indess wohl unzweifelhaft nach der Tiefe hin 
mit der Hauptmasse zusammenhängen. — Von der geschil- 
derten Fundstätte des Granats und des strahligen Augits zieht 
sich die Schlucht le Selle, einen stets wilderen Charakter an- 
nehmend, noch höher empor. In den gelben Dolomitfelsen, 
welche gegen Ost den Felskessel schliessen, bemerkt man 
gangförmige Massen von schwarzem Eruptivgestein, deren 
Zusammenhang durch die Zerstörung des Bergprofils unter- 
brochen, und deren Fortsetzung zur Tiefe durch Gerölle ver- 
deckt ist. Wir versuchten, gegen Sud gewendet, am trichter- 
föormigen Gehänge des hohen Thaleircus hinschreitend, 
den Uebergang nach Allochet zu gewinnen. Das hier 
herrschende Gestein ist Buchensteiner Kalk, ein farbigstrei- 
figer Kalkschiefer mit verticaler Schichtenstellung, von West 
nach Ost oder von WSW—ONO streichend,. der unteren 
Trias angehörig. Dieser Kalkschiefer, welcher mich an 
die in der Granitnähe veränderten Schichten Norwegens 
erinnerte, scheint gleich der Marmorzone auf die Nähe des 
Syenits hinzuweisen. Bald wurde das Gehänge so jah, dass 
wir nicht, in horizontaler Richtung fortschreitend, die Kamm- 
senkung von Allochet erreichen konnten. Wir stiegen also 
jäh empor, den verticalen Profillinien der veränderten Kalk- 
schichten folgend, überschritten den Kamm im Angesicht der 
dolomitischen Palle di S. Martino, der erstaunlichsten Berg- 
formen der Erde, wandten uns dann gegen Südwest, zur Fund- 
stätte Allochet. Es herrscht auf dem genannten Wege ein 
mehrfacher Wechsel von theils unverändertem, theils körnigem 


377 


Kalk. Wiederholt trafen wir entblösste Massen von granat- 
_ erfülltem Marmor, welche vollkommen den betreffenden Felsen 
von le Selle gleichen. Auch zeigten sich im Diabas viele 
schmale Gänge eines rothen Augit-Syenits. Etwa 100 M. unter 
dem Kamm, unmittelbar im Contact von lichtröthlichem Augit- 
Syenit und Kalkstein, im südöstlichen Theile des Monzoni liegt 
die Epidot-Fundstätte Allochet. Dieser Epidot, welcher früher 
theils für Akmit, theils für Malakolith gehalten und zuerst 
durch v. RICHTHOFEN richtig bestimmt wurde, ist von grünlich- 
schwarzer bis schwarzer Farbe und bietet eine Combination 


folgender Flächen dar (s. Naumann, Min. pag. 423): 


—ı(@acb:c), E 

— (a:b:o0c), ©P 

— (@0a: oolh:c), oR 

= (a: b:oc), ©@Po&o 
= (an »009.b.ie), ‚P.oo 
—(4,:>50b52:6), 2B0 


- un BEnSS 


Neben dieser schwarzen Varietät kommt in Drusen eines Dia- 
bas, welcher in unmittelbarer Nähe der Fundstätte des schwarzen 
Epidots erscheint, auch eine grüne feinstrahlige Epidot-Varietät 
vor. Begleiter des Epidots sind: Granatin der Oombination des 
Dodekaöders mit untergeordnetem Ikositetraäder 202, Sphen, 
sowie kleine weisse Krystalle von Albit. Zu Allochet finden 
sich in Begleitung von grünem Epidot 1 bis 2 Om. grosse 
röthlichweisse Krystalle von Anorthit. Es sind dies wohl die- 
selben Krystalle, welche von LIEBENER und VORHAUSER, sowie 
von v. ZEPHARoVICH als Labrador angesprochen wurden. An 
diesen in der Verwitterung vorgeschrittenen Anorthiten von 
Allochet wurden folgende Flächen bestimmt: 


— 


Be or eure ob. u 2,0, oe > 


T=oP; lzwP}; z=»P3; f=oP3; 
2 
BD ;b,00- 0,5 2 2b, 

Das spec. Gew. dieser Krystalle = 2,787. Ihr Glühverlust 
= 5,98. In Folge der vorgeschrittenen Verwitterung sind sie in 
eine weiche, mit dem Messer leicht ritzbare Masse umgewandelt. 

Der Zirkon, welcher bereits oben als ein ganz seltener 
Gemengtheil des Diabas genannt wurde, ist von röthlich- 


ar x ;r 


SE ER 9° Rh re ee IP Er r % = a re ce Ba FE a er a 5 Kl Den a Br he E> ak % 
a x * SR = ri £ EDER en ee, LT RE Be SE 2 DE ar x 
= : : 7 3 See ET An I ee AN one ME 
Sic - Bu CA: a En NE Pr Re 
Be 


Er 378 


Nat - 


gelber Farbe, von prismatischem Habitus, 3 Mm. lang, 1 Mm. 


dick, eine Combination des Okta&der P, des Dioktaäders 3P3, 


-sowie des Prismas P. Dies Zirkon - Vorkommen erinnert 
an dasjenige im Hypersthenit des Radauthals bei Harzburg, 
welches G. Rose beschrieb (s. diese Zeitschr. 1870 pag. 754) 
_ sowie an den Zirkon im Diorite des Veltlin’s (s. Pose. Ann. 
- Bd. 144 pag. 250). — Das Muttergestein des Epidots von Allo- 
chet ist gewöhnlich zersetzt, zuweilen zu einer braunen brüchi- 
gen Masse aufgelöst, in welcher man kaum noch den ur- 
sprunglichen Charakter des Gesteins erkennen kann. Der 
unfern anstehende frische Augit-Syenit ist vor den meisten 


anderen Varietäten dieses Gesteins dadurch ausgezeichnet, dass 


Feldspath und Plagioklas sich deutlich durch die Farbe unter- 
scheiden. Letzterer ist weiss, sehr vorherrschend, in 4 bis 
6 Mm. grossen Krystallen; der Feldspath dunkelfleischroth, 
in spärlichen kleinen Körnern. Viel Biotit, wenig Augit. 

In Val Ällochet hegrscht ein mannichfacher Gesteinswechsel: 
Augit - Syenit, Kalkstein, Quarzporphyr. Letzteres Gestein 
bildet, wie schon DÖLTER hervorhebt, einen ansebnlichen Theil 
der Sudseite des Gebirges, sodass die nordsudliche Verbreitung 
des Monzongesteins eine geringere ist, als es zufolge der von 
Rıcatuoren’schen Karte zu sein scheint. Etwa 400 M. unter 
der Epidot-Fundstätte steht in Val Allochet ein recht frischer 
Quarzporphyr an. Die ausgeschiedenen Körner von Quarz und 
fleischrothem Feldspath (sehr wenig Plagioklas) erreichen nur 
eine geringe Grösse (5 bis 6 Mm.). Von besonderem In- 
teresse ist die höchst unregelmässige Form der Quarzkörner, 
wie sie sich im Dünnschliff darstellt. Neben rundlichen sieht 
man eckige, keulenförmige und andere Gestalten. Die Grund- 
masse dringt zuweilen zungenartig in die Quarzkörner ein’ oder 
wird in isolirten Partieen von derselben umschlossen; zum 
Beweise, dass die Quarze wirklich sich aus der Masse abge- 
schieden haben mussen, 

Eine noch reichere Fundstätte als Allochet ist Toal dei 
Rizzoni, in welchen man hinabsteigt, nachdem man die Monzon- 
scharte von Norden her überschritten hat. In dem eircus- 
ähnlichen Ursprung des genannten Tobels herrscht Augit- 
Syenit, in welchem fortsetzende Schichten und Schollen von 
verändertem Kalkstein auftreten. Es sind dies wohl un- 
zweifelhaft losgerissene und emporgehobene Theile des durch- 


brochenen Gebirges. Der Kalkstein, dessen Schichtung deutlich 
erkennbar ist, ist meist zu Marmor verändert und vielfach mit 
Contactmineralien imprägnirt: Anorthit, Adular, Fassait, Mag- 
nesiaslimmer, Monticellit oder Batrachit, Titanit, Ceylanit oder 
Pleonast, Apatit, Magneteisen. 

Der Anorthit (Labrador bei LIEBENER und VORHAUSER, denen 
zufolge die Krystalle dieses Minerals hier die bisher nirgend 
beobachtete Grösse von 6 Cm. erreichen und in Gängen des 
Syenits mit Magnesiaglimmer, Magneteisen, Fassait und Sphen 
vorkommen) wurde von TScHERMAR bestimmt (Verh. d. geol. 
Reichsaustalt 1874 pag. 37). Letzterem Forscher zufolge sind 
die grossen Anorthite stellenweise von Orthoklas in paralleler 
‚Verwachsung überzogen. Als beibrechende Mineralien werden 
genannt: Biotit, Apatit, Augit, Titanit. — Eine mir vorliegende 
Stufe zeigt in einer Druse eines Aggregats von grünem Biotit 
Adular - Krystalle, 1 bis 3 Cm. gross, in der Combination 
T=9oP,P=0P, x=Px,y=2P«. Dieselben sind gleich 
den sie begleitenden Quarzkrystallen schneeweiss, mit einem 
kaolinähnlichen Ueberzug bedeckt; Apatit fehlt nicht. — Die 
Sammlung des Ferdinandeum zu Innspruck bewahrt neben grünem 
auch schwarzen Biotit in zollgrossen Tafeln aus Toal Rizzoni. 

Eines der merkwürdigsten Monzon-Mineralien ist der Ba- 
trachit BreımHuaupr’s (1832), welcher nach LiEBENER und Vor- 
HAUSER in grosskörnigem Gemenge mit Ceylanit und blau- 
grauem Kalkspath eine 0,3 bis 0,6 M. mächtige Bank im 
Syenit bilde. Der Bairachit fand sich bisher in Rizzoni nur 
derb oder in Krystallkörnern, deren Formen nur unvollkommen 
ausgebildet sind. Dennoch bestimmte BrEITHAUPT das System 
in zutreffender Weise als rhombisch, wenngleich es mir nicht 
gelang, das von BREITHAUPT angegebene Prisma von nahe 115, 
welchem auch eine sehr unvollkommene Spaltbarkeit parallel 
gehen soll, auf die flächenreichen deutlich ausgebildeten Kry- 
stalle von Pesmeda zu beziehen. Nachdem nun RAMMELSBERG 
1840 für den Batrachit die gleiche chemische Zusammensetzung 
wie für den vesuvischen Monticellit (Brookz 1831) erwiesen 
hat, und — wie alsbald nachzuweisen sein wird — die vor 
Kurzem entdeckten Batrachit-Krystalle von Pesmeda vollkom- 
men übereinstimmen mit den sehr seltenen vesuvischen Mon- 
ticelliten, so ist an der Identität von Batrachit und Monticellit 
nieht mehr zu zweifeln; von welchen beiden Namen dem letzteren 


380° 


die Priorität gebührt. Unter die Analyse von RAunmELsBERG I. = 


stelle ich zwei von mir ausgeführte Analysen II. u. III., deren 
Material ich bereits 1862 schlug, als ich durch die Scharte 
den Monzonikamm überkletterte. ; 


Monticellit aus dem Toal Rizzoni: 


Spec. Gew. 3,033. Glühverlust 1,27. 


T: 
Kieselsäure. . 38,49 Ox. = 20,55 
Eisenoxydul . 3,05 0,68 
Kalk ne 36,21 10,35 
Magnesia . . . 22,25 8,90 
100,00 
Spec. Gew. 3,054. Gluühverlust 1,31. 
1I. IN. Mittel 
Kieselsaure. . .. :38,95.:. 88,19:..38:.25. 20x ,2040 
Eisenoxydul .. 4,29 4,31 4,30 1,10 
Do 0.0.00 34,76 834,75 34,75 9,93 
Masnesia, ...... 23415. .22.947223.05 322 
100,55 100,15 100,35 
Es beträgt 
für Analyse I. das Ox.-Verhältniss RO:SiO, = 1:1,03 
ee lie ERRTRI  Diope 


Daraus die Formel 


S MgO 
2 Ca0, SiO, + 2, es h Sio, 


Der Monticellit, bisher nur bekannt in den Auswuürflingen 
des Vesuvs und am Monzoni, ist eines jener interessanten 
Mineralien, durch welche die in so vieler Hinsicht noch 
räthselhaften Contacterscheinungen an die vulkanischen Pro- 
cesse geknüpft werden. 

An die hohe Thalmulde von Rizzoni reiht sich gegen 
West diejenige von Damasson. Diese halbtrichterförmingen, 
überaus steilen (30°) Gebirgsausschnitte werden durch scharfe _ 
Rücken getrennt. In Damasson beobachtete ich wellenförmig 
gewundene Marmorschichten (im Mittel h. 3 streichend, 80° 


gegen West fallend), welche zwischen Syenit lagern. Ceylanit 
und Fassait sind an vielen Punkten dem Marmor eingewachsen. 

Unmittelbar auf der Grenze von Kalk und Syenit sah ich ein 
schönes Vorkommen von Fassait, Grossular, Vesuvian, umhüllt 
‘von bläulichgrauem Kalkspath. Der Vesuvian aus Dammasson 
ist theils von gelber, theils von brauner Farbe, eine Combi- 
nation der Formen P, &P, «Px, of, »P2. 

| Der nächstliegende Circus ist Toal della Foglia (das Laub- 
thal). Dasselbe besteht vorzugsweise aus Syenit, doch reicht 

vom Monte Riccobetta her auch Diabas in das Hochthal 
hinein. Im Laubthal liegt die Hauptfundstätte des Ceylanits 
und Brandisits. Ein körniges Gemenge dieser Mineralien nebst 
Kalkspath, in Drusen und an seinen Grenzflächen schöne 

Krystalle umschliessend, bildet im Syenit ein sphäroidisches, 
etwa 3 M. im Durchmesser haltendes Nest, vermuthlich eine 
metamorphosirte Kalkmasse. Die Oktaöder des Ceylanits sind 
meist an den Ecken zugespitzt durch das Ikositetra&der 
303. Durch Verwitterung geht die fast schwarze Farbe des 
Ceylanits in Grün über. Das Muttergestein des Ceylanits im 

Toal della Foglia ist überaus hart 

und zähe. — Unfern des genann- 

ten Fundorts findet sich auch Fassait 

(Pyrgom) von besonderer Schönheit. 

Mit dem Namen Pyrgom bezeich- 

nen die fassanischen Mineralien- 

sucher die Fassait - Zwillinge von 

nebenstehender Ausbildung*) eine 

Combination der Flächen: 

—Na:d.ch, eb 

—= (wa:+b:c), (2P oo) 

— (4:b.o00), &P 

(a:00b: oc), Po 

(@aob:6, or 

(a -ob:c), EX 


\ 


S 
zZ 
m 
er 
G 
pP 


& Die Krystalle, 1 bis3 Cm. gross, aufgewachsen in Drusen 
_ eines derben lichtgraulichgrünen Fassaits, sind fast immer 
_ Zwillinge und in letzterem Falle stets aufgewachsen mit dem- 
jenigen Ende, an welchem die basischen Flächen ec einen 


*) Die gestrichelten Linien bezeichnen einspringende Kanten. 


na 382 


einspringenden Winkel bilden würden. Zuweilen finden sich 


auf denselben Drusen auch zollgrosse rhombische Krystalle, 


welche gänzlich in ein Haufwerk kleiner Fassaite umgewandelt 


sind — Pseudomorphosen von Fassait nach Monticellit, wie 


die Untersuchung der Mineralfundstätte von Pesmeda lehren 


wird. Im T. della Foglia finden sich auch Pseudomorphosen 
von Serpentin nach Ceylanit (in 5 Cm. grossen Oktaödern 
(s. v. ZEPHAROVICH, Min. Lex. pag. 425.), nach Fassait sowie 
nach Glimmer. 

Die westlichste Tbalschlucht, welche ihren Ursprung im 
Monzoni-Massiv nimmt, ist Pesmeda, deren hoher nördlicher 
Felscireus die Palle rabiose heisst. Auf dem scharfen Joche 
der Palla verde (Augit- Syenit) stehend, überblickt man die 
hohe Thalmulde von Pesmeda, welche in der Tiefe durch eine 
zerbrochene Dolomitwand, die gegen Nord mit dem Sasso di 
Loch zusammenhängt, durchsetzt und abgeschlossen wird; es 
ist der Sasso della Rocca. Ich durchschritt, von der Palla 
verde kommend, den obersten Theil von Pesmeda, und erstieg 
den scharfen Grath, welcher den genannten Thaleircus von 
Damasson scheidet (T. d. Foglia dringt nicht soweit nach 
Norden vor). Hier sah ich eine jener veränderten, mit Con- 
tactmineralien erfüllten Kalkmassen, rings von Augit-Syenit 
umschlossen. Die metamorphische Lagerstätte stellt sich als 
ein @emenge von Granat (derb und krystallisirt), Fassait, Cey- 
lanit und blaugrauem grosskörnigem Kalkspath dar, Die erst- 
genannten drei Mineralien sind nicht selten zu sphärischen 
Zonen geordnet, deren Inneres Kalkspath einnimmt. So ent- 
stehen Aggregate, welche nicht nur durch gleiche Mineralien, 
sondern auch durch ihre Anordnung an manche Auswürflinge 
des Vesuvs erinnern. Die Grenze des Augit-Syenits ist ganz 
scharf; die losgerissene, umhüllte Kalkmasse ist im unmittelbaren 
Contact in derben Granat verwandelt; auf der Gesteinsscheide 
liegen Titanite, deren Kalk wohl dem ursprünglich sedimen- 
tären Gestein entstammt, während die Kieselsäure durch das 
Eruptivgestein, die Titansäure speciell aus dem titanhaltigen 
Magneteisen des Augit - Syenits geliefert wurde. Trotz ihrer 
Metamorphose lässt die Kalkscholle noch Spuren der Schich- 
tung erkennen. — Ich folgte nun abwärts dem schmalen Felsen- 
grath, welcher zuoberst Pesmeda von Damasson, weiter hinab 
das erstgenannte Thal von Foglia trennt. Jener Felsenkamm 


BE 


_ entblösst mehrere rings von Augit-Syenit umschlossene Mineral- 


fundstätten, umgewandelte Kalkschollen oder -nester, wie sie 
in grosser Zahl über das Südgehänge des Monzoni verbreitet 
sind. Wo der Felsengrath in einer Höhe von 2300 M. altan- 
artig endet und plötzlich zur Tiefe stürzt, liegt die Fundstätte 
jener merkwürdigen Mineralgebilde, welche seit mehr als 
20 Jahren bekannt und in den Sammlungen verbreitet, bisher 
nicht die richtige Deutung gefunden haben, welche freilich erst 
durch neuere Auffindungen möglich wurde. Es sind Drusen, 
auf denen kleine Fassaite in regelloser Gruppirung grosse 


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N 


Krystalle zusammensetzen, deren For- 
men nicht ganz sicher wegen Unregel- 
 mässigkeit der Flächen zu erkennen 
waren und deshalb, wenngleich mit 
| einiger Unsicherheit, gleichfalis als Fas- 
saite gedeutet wurden. Sehr anschau- 


lich werden diese Pseudomorphosen in 
der verdienstvollen Schrift: die Miner. 
Tyrols von LIEBENER und VORHAUSER, 
1852 geschildert, p. 241: „Ganz eigen- 
thümliche bis 3 Zoll im Durchmesser 
haltende Krystalle nach Fassait, zusammengesetzt aus ganz 
kleinen, selten eine Linie breiten, oft unverhältnissmässig in 
die Länge gezogenen, ebenfalls nach Fassait krystallisirten 
Serpentin-Pseudomorphosen. Eine deutliche Vorstellung dieser 
in jeder Hinsicht höchst merkwürdigen Krystalle kann man 
sich dadurch machen, wenn man annimmt, es wäre mit den 
kleineren Krystallen ein Teich gemacht, dieser dünn und platt 
gewalzt, dann zusammengerollt und daraus die grossen Kry- 
stalle mit einem schneidigen Werkzeug geschnitzelt worden; 
denn es lassen sich die einzelnen Blätter des aufgerollten und 
zur Bildung der Krystallflächen durchschnittenen Teiges an 
vielen derselben und selbst an der derben Masse deutlich 
wahrnehmen. Die kleineren Krystalle, die an der Oberfläche 
oder in den nicht selten vorkommenden Hohlräumen der grossen 
sitzen, erscheinen vollständig ausgebildet, lagenweise gelegt 
und oft fest zusammengepresst; sodass wenn einer mit seiner 
Länge über eine Kante der grösseren Krystalle hätte vorstehen 
wollen, er um diese umgebogen ist. Die Oberfläche ist daher 
rauh; aber die Krystallwinkel und Kanten vollkommen regelrecht.“ 


N 
n 


384 


Diese Pseudomorphosen erreichen zuweilen eine ausser-- 


ordentliche Grösse: im Ferdinandeum zu Innspruck sah ich 


(1862) einen solchen pseudomorphen Riesenkrystall von etwa 


12 Cm. Grösse, dessen Oberfläche, rauh und löcherig, ein 
Aggregat aus zahllosen kleinen frischen Fassaiten erkennen 
liess, während das Innere theilweise hohl war. 

Die Pesmeda-Fundstätte hat ausser den eben erwähnten, 
aus kleinen Fassaiten aufgebauten Krystallen auch andere von 
identischer Form geliefert, welche aus Serpentin bestehen. 
Diese letzteren Gebilde sind im Jahre 1873 in grösserer Voll- 
kommenheit vorgekommen als früher; auch haben sich an beiden 
Enden ausgebildete Krystalle gefunden, welche sogleich er- 
kennen liessen, dass ihre Form mit derjenigen des Augits un- 
vereinbar sei. Diese Serpentin-Pseudomorphosen werden zu- 
nächst den Gegenstand unserer Untersuchung bilden; an die- 
selben werden sich jene räathselhaften Gebilde reihen, welche 
den Fassait in einer ihm fremden Krystallform darbieten. 

Das Muttergestein der Serpentin-Pseudomorphosen ist ein 

Gemenge von schwärzlichgrünem Spinell, welcher zum grossen 
Theil bereits in Serpentin umgeändert ist, von lichtgrünem 
Fassait und Kalkspath, welcher in den Drusen auch zierlich in 
spitzen Formen auskrystallisirt erscheint. Die neuen Krystalle 
welche eine Grösse bis 6 Cm. er- 
reichen, gehören dem rhombischen 
Systeme an und stehen der Form des 
- Olivins nahe. Aus ihrer chemischen 
Zusammensetzung wurde die Ueber- 
zeugung gewonnen, dass sie ehemals 
Monticellit (Batrachit) waren, welchen 
wir in seinem derben Vorkommen im 
Toal dei Rizzoni kennen lernten. 

Die Combination der Monticellit- 
krystalle ist gewöhnlich einfach; die 
grösseren sind oft flächenreicher. An 
denselben wurden beobachtet: zwei 
Pyramiden, zwei Prismen, zwei Brachy- 
domen, ein Makrodoma und das Bra- 
chypinakoid. Wählen wir zur Grund- 
form die Pyramide f, wie es auch in meiner Mittheilung über 


*) Siehe die Anmerkung 1 am Ende dieses Abschnitts. 


35 


den Monticellit vom Vesuv (s. Poca. Ann., Ergänzungsbd. V. 
pag. 434) geschehen, so erhalten wir folgende Formeln: 


= lasbeo, P 

= f(a:2bee), P2 
—l(a:D:006),. &P 

— (a-b.oce), @P2 
(wa:b:c), Po 

(09 a.:21b’:-0), ıPo 
(oo ah: e), «Po 


I 


Trotz der Aehnlichkeit der Formen mit denjenigen des 
Olivins, konnte doch sogleich eine wesentliche Verschiedenheit 
in den Winkeln der Prismenzone nachgewiesen werden. Die 
matte Oberfläche der Krystalle hinderte zwar eine unmittel- 
bare Messung am Reflexionsgoniometer; doch wurde mittelst 
vielfach wiederholter Messungen durch aufgelegte Glastäfelchen 
die brachydiagonale Endkante des Prismas s:s’ gemessen = 
98°, während dieselbe beim Olivin 94° 3’ beträgt, Dieser 
Unterschied ist so bedeutend, dass man ihn sogleich auch mit 
dem Anlegegoniometer wahrnehmen kann. Weniger bedeu- 
tende Differenzen stellen sich in den Werthen der Kanten e:e€ 
oder h:h’ heraus. Nachdem nun die chemische Analyse dieser 
veränderten Krystalle zwar im Allgemeinen die Zusammen- 
setzung des Serpentins, doch neben der Magnesia und dem 
Eisenoxydul einen ansehnlichen konstanten Gehalt an Kalk- 
erde nachwies, wurde ich darauf geführt, die Formen dieser 
merkwürdigen Krystalle mit derjenigen des Monticellit vom 
Vesuv zu vergleichen, welchen ich 
früher (s. Pose. Ann. a. a. O.) be- 
schrieben habe. Es zeigte sich nun 
alsbald, dass die an dem Krystalle 
vom Monzoni auftretenden Flächen 
genau dieselben sind, wie diejenigen 
des vesuvischen Monticellits (s. Fig.), 
und dass die Winkel beider Vor- 
kommnisse so genau übereinstimmen, 
wie es nur die Messungen der matten 


386 


Monzoni - Krystalle nachzuweisen gestatten. Mit Hulfe feiner 
Deckgläschen wurden folgende Kanten an den Krystallen des 
Monzoni gemessen: 
s:s’ (brachydiagonal)—= 98°. Beim Montieellit] 98° 71’ 
SE 431°. vom Vesuv J 130 56+ 
Diese Uebereinstimmung ergab sich auch für alle übrigen 
Kanten, sodass wir den Krystallen vom Monzoni dieselben 
Axen zu Grunde legen können, wie jenem Monticellit vom 
Vesuv: a (Brachyaxe); b (Makroaxe); c (Verticalaxe) 


= 0,867578:: 1: E,15138. 

Aus denselben berechnen sich folgende Winkel: 
nn. 189. 6. e:e — 141° 47 
(brachydiagonal) (brachydiagonal) 
s:8. 88075 ee = 2 0 
(rachydiagonal) (makrodiagonal) 
ns. 162.302 e:n — 14a 21 
n:b° 119 96 te — 110, 4 
s:b — 150 6, a ED) 
dd 8 18.99 121° 0.30% 00, 
Rt? = 120 8% eo 
KR 81 57 f:s 190 „21 
(in Axe c) es — 141 41 

e:k = 128 19 


Wie bereits oben angedeutet, wurden unsere Krystalle 


früher, als man nur -unvollkommene und nur an einem Ende 


ausgebildete Exemplare kannte, für Fassait- 
zwillinge gehalten. Um die Aehnlichkeit 
resp. Verschiedenheit beider Mineralien zu 
übersehen, habe ich in nebenstehender Fi- 
gur einen der mit den Monticellitkrystallen 
vorkommenden, aufgewachsenen, meist nur 
mit einem Ende frei ausgebildeten Fassait- 
zwilling in derjenigen Stellung gezeichnet, 
in welcher eine gewisse Vergleichbarkeit 
mit unsern Krystallen hervortritt. Es wurde 
zu dem Zwecke der Zwillingsebene die 
Stellung einer sogen. Längsfläche (Axen- 
ebene ac) gegeben. Der Kırystall ist eine 
Combination folgender Formen: 


EEE 


387 
—=44::5;2.0), SP 
(a’:zb:c), 2P 
= (@a:tb:c), (2P«) 
= (2:9b:2e), oP& 


»n0o5B 
I} 


Die Winkel des Fassait- resp. Augitzwillings betragen: 

mem 0 5 02:2 20800042... 232 199%, 14: 
entsprechend den Winkeln des Monticellits: 

ee or Br. :e — 1Al Al 


Während also die flächenarmen Monticellite eine gewisse 
Vergleichbarkeit mit dem oberen Ende eines Fassaitzwillings 
darbieten, verschwindet dieselbe alsbald bei den flächenreicheren 
Krystallen oder bei denjenigen, welche an beiden Enden aus- 
gebildet sind. 

Die Härte der Monticellite ist nur gering, gleich derje- 
nigen des Serpentins. Die Farbe lichtbräunlich, gelblich, zu- 
weilen weiss. Die Oberfläche ist bisweilen mit einer dünnen 
Haut von kohlensaurem Kalk bedeckt. Betrachtet man das 
Innere der Krystalle mit der Lupe, so bietet sich nicht selten 
ein feinkörniges Gemenge dar, indem durchscheinende härtere 
grünliche oder bräunliche Körnchen von einer weissen, wei- 
cheren Substanz umschlossen werden. Man erhält den Eindruck 
einer noch nicht ganz vollendeten fortschreitenden Umwandlung. 
Diese Wahrnehmung wird nun durch die mikroskopische Be- 
trachtung bestätigt und in interessanter Weise erweitert, Die 
beiden Figuren der- Tafel X. geben ein mikroskopisches Bild 
einer düungeschliffenen Platte, Fig. 1 bei einer Vergrösserung 
von 70, Fig. 2 von 220. Bei geringer Vergrösserung stellt 
sich eine gelblichweisse, zerklüftete, unreine Masse dar, welche 
von zahlreichen, theils geradlinigen, theils gebogenen, zuweilen 
netzförmig verzweigten grünen Adern durchzogen wird, Bei 
stärkerer Vergrösserung erscheint die Grundmasse als ein höchst 
feinkörniges Aggregat, welches bei Anwendung von polarisir- 
tem Lichte durchaus Farben giebt und sich als krystallinisch 
erweist. Schon bei schwächerer, noch weit deutlicher indess 
bei stärkerer Vergrösserung bemerken wir, dass jene grünen 
Adern aus kleinen Kugeln bestehen, welche vereinzelt an 


FE einander gereiht oder zu Haufen vereinigt auftreten. Während 


die gelbe Hauptmasse als ein eisenarmer Serpentin zu be’ 


388 


trachten ist, gehören jene grünen Kränze und Bänder einer 
eisenreicheren Verbindung an. Die Gesteinsmasse wird von 
zahllosen verlängerten Gebilden, ausgezeichnet durch ihre 
Querfaserung, durchsetzt. Es sind Trennungen, Zerspaltungen 


des Steins, deren Ränder die dargestellte, überaus zierliche 


Fransung oder Faserbildung zeigt. Meist sind diese Faser- 
spalten geradlinig, zuweilen gekrümmt, oft ziehen mehrere 
parallel; sehr häufig bemerkt man von einer Mittellinie meh- 


rere Querstreifen sich abzweigen. Der Zusammenhang der 


gefaserten Spalten mit den grünen Kränzen ist vielfach auf 
das deutlichste wahrzunehmen. Erst tritt die grüne eisen- 
reiche Serpentinmasse in vereinzelten Kornchen auf, welche 
sich in anderen perlschnurähnlich an einander reihen, um 
endlich zusammenhängende Stränge und Haufen zu bilden. In 
dem Maasse als die grüne Substanz in den Spalten zunimmt, 
verschwindet die Querfaserung. Ausser dem lichtgelben und 
dem in Adern eindringenden grünen Serpentin bemerkt man 
in den Bildern auch einzelne krystallinische Körner, bald 
von gerundetem, bald von polygonalem Umriss, offenbar noch 


unveränderter Monticellit. Diese Körner haben ein feinpunk- 


tirtes Ansehen, an Olivin erinnernd, sie sind häufig zerklüftet 
und zeigen theils im Innern, theils an ihrer Peripherie die 
Bildung jener grünen Substanz. 

Das mikroskopische Bild des aus Monticellit entstandenen 
und in dessen Formen auftretenden Serpentins entspricht fast 
genau der Serpentinbildung aus Olivin, wie dieselbe durch 
Hrn. Prof. Rosengusch (Mikrosk. Physiographie der Mineralien 
pag. 371) vortrefflich dargestellt wurde. — Das spec. Gew. 
der veränderten Monticellitkrystalle = 2,617 (bei 20° C.); 
spec. Gew. des Monticellits vom Vesuv = 3,119— 3,245; des 
derben Monticellits (Batrachits) vom Monzoni, aus dem Toal 
dei Rizzoni, nach Brerruaurt = 3,033, nach meiner Wägung 
— 3,054. Ich führte drei Analysen mit Krystallbruchstücken 
verschiedener Drusen aus. Das zur Untersuchung verwandte 
Material war frei von kohlensaurem Kalk. 


rzoni: 


389 
Umgewandelter Monticellit von Pesmeda, Mon- 


I. II. 111. 
Kieselsaure ... 39,51 43,31 39,67 
Thonerde, .. - 0,81 1,34 1,99 


Eisenoxydul .. 6,79 5.13 6,08 
Kalle... 6,25 6,47 6,59 
Magnesia ... . nicht best. 33,08 34,42 
Masserr..... 4,4188: 12,557; 12,86 


100,28 101,11 


Die vorstehenden Analysen beweisen, dass die Zusammen- 
setzung verschiedener Krystalle derselben Fundstätte etwas 
verschieden ist: wie begreiflich — bei einer Substanz, deren 
Umwandlung noch nicht ganz beendet ist. Offenbar sind die 
untersuchten Pseudomorphosen ein Gemenge ungleichartiger 
Verbindungen, weshalb wir auch von einer Berechnung der 
Analysen absehen. Der ansehnliche Kalkgehalt unterscheidet 
unsere Gebilde von allen bisher untersuchten Serpentinen und 
beweist — auch abgesehen von der obigen krystallographischen 
Bestimmung — dass das ursprüngliche Mineral kein normaler 
Olivin könne gewesen sein. Es würde unter dieser Voraus- 
setzung der ansehnliche Kalkgehalt unerklärlich sein. Die 
chemischen Veränderungen, deren Resultate in unseren pseu- 
domorphen Krystallen vorliegen, ergeben sich bei einer Ver- 
gleichung der oben gegeben Zahlen mit der Zusammensetzung 
des derben Monticellits aus Toal dei Rizzoni s. pag. 370. 

Die Umänderung bestand demnach vorzugsweise in der 
Ausscheidung des Kalks und dem Eintritt von Wasser. Der 
Kalk schied sich unzweifelhaft als Carbonat aus. Wir finden 
ihn theils als krystallinische Rinden auf den pseudomorphen 
Krystallen, theils in unmittelbarer Nähe auf denselben Drusen. 
Die Krystalle von Pesmeda bieten eine interessante Analogie 
dar zu den berühmten Olivin - Pseudomorphosen von Snarum, 
welche eine so wichtige Rolle in der Geschichte der Wissen- 
schaft gespielt haben. Unveränderte Monticellit-Krystalle 
sind bisher am Monzoni noch nicht gefunden worden, doch 
wird es bei genauerer Durchforschung der Fundstätte des 
„Batrachits* wohl gelingen, deutliche Krystalle zu entdecken; 
sie werden die Formen der Pseudomorphosen von Pesmeda 

Zeits. d.D.geol. Ges. XXVIL 2. 26 


390 


besitzen. Was ıch von Umrissen der in körnigem Kalke ein- 


gewachsenen gelben Batrachitkörner bisher wahrnehmen konnte, 
stimmt recht wohl mit jenen Formen uberein. 

Während die $erpentinbildung aus Monticellit sich anderen 
bereits bekannten Bildungsweisen des Serpentins anreiht, bietet 
uns dieselbe Fundstätte auf der Pesmeda- Alpe jene noch weit 
überraschendere Thatsache dar, dass grosse Krystalle, welche 
auf das Deutlichste die Monticellitform zeigen, gänzlich in 
ein Aggregat kleiner Fassaite umgewandelt sind. 
Diese Umänderung, welche LIiEBENER und VORHAUSER bereits 
so treffend schilderten (s. oben pag. 373), findet sich nicht 
nur auf derselben Fundstätte wie die Serpentin - Pseudomor- 
phosen; ihre Spur ist sogar in denselben Drusen wahrnehmbar. 

Die Umänderung des Monticellits in Fassait liegt mir in 
zahlreichen Händstucken vor. Eine etwa 20 Cm. grosse 
Stufe unserer Universitätssammlung besteht fast gänzlich aus 
Fassait, eine Druse bildend, welche ursprünglich wohl theil- 
weise oder gänzlich mit Kalkspath erfüllt war. Der Fassait 
erscheint hier in zweifacher Ausbildung, zunächst in selbst- 
ständigen 10 — 30 Mm. grossen Krystallen, ausschliesslich 
Zwillingen, an denen man fast nur das durch die Flächen z 
gebildete Ende wahrnimmt. Ausser diesen grossen Krystallen 
sind kleine, nur 1—3 Mm. messende Fassaite vorhanden; es 
sind vorzugsweise einfache Individuen, umschlossen von den 
Flächen m und o. Diese kleinen, bisweilen gerstenkornähn- 
lichen Fassaite bilden theils deutliche, bis 3 Cm, grosse Pseu- 
domorphosen nach Monticellit, theils durchbrochene Hohl- 
formen, ruinenähnliche Gestalten, in denen man, einmal darauf 
aufmerksam, leicht die Monticellitform wiedereıkennt, — In 
anderen Drusen fehlen die selbstständigen grossen Fassaite, 
sie bestehen ausschliesslich aus Pseudomorphosen von Fassait 
nach grossen Monticelliten. In einer Druse beträgt ihre Grösse 
sogar 5 Cm. Die Form dieser in Fassait umgewandelten Monti- 
cellite ist trotz der durch die vorragenden kleinen neugebil- 
deten Krystalle bedingten Rauhheit der Flächen deutlich er- 
kennbar, eine Combination von e = P2 s = @P und, mehr 
untergeordnet, b = © Px,k=Po. Die Figur pag. 373 
versucht, die seltsame Oberfläche dieser Krystalle darzustellen, 
welche aus einem regellosen Aggregat kleiner Fassaite bestehen, 
Durchbricht man diese seltsamen pseudomorphen Krystalle, 


Er 2. 
AR 
TR 
N 
Br; 
I: 
a 


a 
Dh EL ar 


De er ae 7 


391 


so bemerkt man, dass sie eine schalen- oder rindenähnliche 


Zusammensetzung haben. Es sind kluftähnliche Hohlräume 
vorhanden, welche annähernd den äusseren Contouren des 
grossen ursprünglichen Monticellits parallel gehen. Der Kern 
dieser Pseudomorphosen besteht häufig aus Serpentin, welcher 
auch vielfach das Fassaitaggregat durchdringt. Zuweilen stellt 
das Innere der Krystalle eine mit körnigem Kalk erfüllte 
kleine Druse dar. Monticellit war in all diesen Drusen die 
älteste Bildung, später bildete sich Fassait theils in grossen 
selbstständigen Krystallen, theils in den Formen des Monti- 
cellits. Die Fassaite sind ganz frisch in und neben den um- 
sewandelten und ruinenartig zerstörten Monticelliten. Offenbar 
liegen hier an derselben Fundstätte zwei Erscheinungen ver- 
schiedener Art vor. Die Bildung des Serpentins ist ein all- 
mälig fortschreitender durch Verwitterung und Wasseraufnabhme 
bedingter Prozess. Den Augit (Fassait) aber kennen wir nicht 
auf Lagerstätten, welche die Annahme einer secundären Bil- 
dung auf nassem Wege gestatten. Die Zusammensetzung. des 
in der Form des Monticellit’s auftretenden Fassait’s 
lehrt folgende Analyse: 


Spec. Gew. 2,960 (bei 13° C.). 


Kieselsäure ... 47,69 
Thonerde ... 7,01 
Eisenoxydul... 3,62 
Kalk... .. 24,97 
Magnesia ... 16,10 
Glühverlust .. 1,05 


99,94 


Dieser Fassait stimmt demnach am nächsten überein mit 
demjenigen aus dem Zillerthal, für welchen BArTHE (s. Dana, 
Mineralogy) folgende Zusammensetzung fand: 


Kieselsäure 48,47. Thonerde 8,22. Eisenoxydul 4,30. 
Kalk 21,96. Magnesia 15,59. Glühverlust 0,73. 


Eine gewisse Aehnlichkeit der chemischen Zusammen- 
setzung des Monticellits und des Fassaits ist unverkennbar: 
beide sind wesentlich Silikate der Magnesia und des Kalks, 
jener ein Halbsilicat, der Fassait ein normales Silicat. Das 


26* 


Vorkommen des Anorthits auf der Pesmeda- Alp, sowie im 
Toal Rizzoni verdient. insofern ein besonderes Interesse, als 
dies Mineral in ausgebildeten Krystallen früher in den Alpen 
noch nicht beobachtet wurde*), auch sein Auftreten in Contact- 
Lagerstätten bisher nur auf wenige Punkte beschränkt war 
(z.B. als sogen. Amphodelit zu Lojo in Finland). Der Anor- 
thit findet sich theils in demselben kleinen Schurfe, welcher 
die Monticellitkrystalle liefert, theils, und zwar in noch aus- 
gezeichneterer Weise, wenige hundert Meter weiter gegen Nor- 
den, auf demselben, die Schluchten Pesmeda und della Foia 
trennenden, schmalen Kamme. 


Der Anorthit von Pesmeda besitzt ein ungewöhnliches 


Arsehen, sodass, da zudem die Flächen matt und die Kıy- 
stalle stets mehr oder weniger verwittert sind, die krystallo- 
graphische Bestimmung einige Schwierigkeit bot, und erst ge- 
laug, nachdem durch die Analyse die Mischung als Anorthit 
nachgewiesen worden war. Die Krystalle, welche 20 bis 
25 Mm. Grösse erreichen, bilden gewöhnlich rhomboidische 
Prismen durch Vorherrschen der Flächen P und y. Meist 
sieht man nur das eine Ende dieser rhomboidischen Prismen, 
indem sie mit dem anderen, einer Fläche M, aufgewachsen 
sind. Die am Anorthit von Pesmeda (s. Figuren) beobach- 
teten Flächen sind die folgenden: 


(Siehe nebenstehende Seite.) 


Viele Krystalle bieten nur die Combination P, y, M, 1, T, 
p, o dar (s. obere Fig.), und erinnern, mit einem Ende der 
Makroaxe aufgewachsen und mit verwitterter Oberfläche, gar 
nicht an Anorthit. Die Erkennung der Krystalle wurde auch 
dadurch sehr erschwert, dass in Folge begianender Verwitte- 
rung die Spaltbarkeit wenig deutlich hervortritt. Es wurden 
an den Anorthiten von Pesmeda durch aufgelegte Glastäfelchen 
etwa hundert annahernde Messungen ausgeführt. Mit Hülfe der- 
selben wurden jene nebenstehend angegebenen Flächen bestimmt, 
Die Unvollkommenheiten dieser Messungen und der Flächen- 
bildung gestatteten indess keinen Schluss in Bezug auf etwaige 


*) Dass vor Kurzem durch TscHenuax aus dem Toal dei Rizzoni 
Kıystalle, welche bisher für Labrador galten, als Anorthit bestimmt 
wurden, ist bereits oben erwähnt, 


BE - 


a Eee 
=D ‘ 


« :Zoron 


I 


) 


| 


|! 


N 


l 


ı 


|) 


(va:nb:c), oP 
(a:0b:00c), oPo& 
Beer 
(a: 0b:20), 2 Po 
(d:00b:e), ‚2,00 
(a200b.:26), a 
(© a:b:2c), 200 
ea: 20), 2 Po 
(a:b:sc), oP'’ 
(a:b’:00e), or 
(a:4b:00c), oP’3 
(ala, br. ie), 00. R 3 
(abe), PR 
(a:b:e), P, n 
(220:b:4c), 4,P2 
(28.:b':4c), 4P,2 


394 


Winkel - Eigenthüumlichkeiten dieses Anorthit - Vorkommens. 
Deutliche Zwillinge habe ich an diesen Anorthiten nicht wahr- 
genommen, wohl aber an mehreren Krystallen eine durch eine 
Streifung auf der Fläche M — ähnlich gewissen Zwillingen 
des Anorthits vom Vesuv nach vorn steiler abwärts neigend 
als die Kante P:M — angedeutete polysynthetische Zusammen- 
setzung erkannt. — Es wurden zwei Analysen des Minerals 
von Pesmeda ausgeführt: 


I ist ein lichtfleischrother, im Innern mit Bezug 
auf Härte und Spaltbarkeit noch ziemlich frisch er- 
scheinender Anorthit, welcher von Chabasit, als 
sekundärer Bildung, begleitet ist. 


II ist ein weisser, augenscheinlich schon sehr in der 


Verwitterung vorgeschrittener Anorthit. 
I. IR 
Spec. Gew. 2,686 2,812 


Kieselsäure . 41,18 40,17 
Thonerde . . 35,55 33.51 


Kalk. ee 19,63 21,56 
Wasser... S2,7t 4,66 


99,15 99,90 


Auf Nachweis oder Bestimmung des Natrons war die 
Untersuchung nicht gerichtet. 


Reduciren wir beide Analysen auf 100, nachdem wir das 


Wasser in Abzug gebracht, so ergiebt sich: 


I. 11. 
Kieselsäure . 42,73 Ox. = 22,79 42,13 0x. 293083 
Thonerde . . 36,88 11.22 35,18 16,43 
Kalk .. . . 20,39 9,83 22,64 6,47 
100,00 100,00 
Bei I. ist die Sauerstoffproportioun = 1,015 : 3 : 3,970 
N 5 B = ER’ 3 3 3188 


Der Anorthit I. stimmt demnach trotz der durch den 
Wassergehalt sich verrathenden, bereits begonnenen Verwit- 
terung noch sehr nahe mit der normalen, durch die Formel 
CaO, Al,O,, 2SiO, erheischten Mischung 

Kieselsäure 43,04. Thonerde 36,87. Kalk 20,09. 


Die Fundstätte der pseudomorphen Monticellite ist eine 
nur wenige Klafter ausgedehnte Partie umgeänderten und mit 
Contactmineralien erfüllten Kalksteins, welche — soweit ich 
erkennen konnte — rings von Augit-Syenit umschlossen wird. 
Das Eruptivgestein ist an der sehr scharf bezeichneten Grenze 
von ungewöhnlicher Ausbildung: in einem kleinkörnigen Ge- 
menge von Orthoklas, Plagioklas, Augit, Serpentin, Magnesia- 
glimmer und sehr vielem Eisenkies liegen zahllose Orthoklase, 
Carlsbader Zwillinge. Die Kalkscholle ist zum grossen Theil 
in Silicate verwandelt, deren lagen- und streifenweise An- 
ordnung die ursprüngliche Schichtung des Kalks anzudeuten 
scheint. Die Oontactaggregate sind oft von grosser Schönheit 
und Farbenreichthum: um bläulichweissen Kalkspath bildet 
der grüne Fassait zonenähnlichen Hüllen; es treten hinzu mit 
ihren lebhaften Farben Granate und Spinelle. Der Pesmeda- 
Fundstätte entnahm ich eine Monticellit-Pseudomorphose, welche 
zum grössten Theil in ein Aggregrat von schwärzlichgrünem 
Ceylanit verwandelt ist. 

Die Pesmeda - Lagerstätte bietet uns demnach recht ver- 
schiedenartige Bildungen dar: Pseudomorphosen von Serpentin 
nach Monticellit und solche von kleinen Fassaiten in der Form 
des Monticellits. Die Fassaite sind zuweilen frisch, meist 
aber sind auch sie der Umwandlung in Serpentin theilweise 
oder ganz verfallen. Auch die Ceylanite desselben Fundorts 
ändern sich — wie schon LIEBENER und VORHAUSER erwähnen 
— in Serpentin um; und wahrscheinlich rührt jene Pseudo- 
morphose, welche SıLLem anführte (N. Jahrb. für Miner. 1852 
pag. 525; Bruum, Pseudomorphosen III. Nachtr. pag. 276): 
Okta&der von Ceylanit, „vollständig umgeändert in Fassait“ 
gleichfalls von Pesmeda her. — Während die pseudomorphe 
Bildung des Fassaits fast ohme irgend welche Analogie da- 
steht, durch welche sie erklärt werden könnte, ist die Serpen- 
tinisirung ganzer Mineralaggregate und Lagerstätten eine, bereits 
mehrfach und in ausgezeichnetster Weise in neuester Zeit durch 
J. D. Dana beobachtete Erscheinung. Auf der Eisenlagerstätte 
von Tilly Foster, Putnam Co., New - York (einem zwischen 
Straten von syenitischem Gneiss eingeschalteten Magneteisen- 
lager) sind die verschiedenen Gangmineralien: Chondrodit 
(Humit), Enstatit, Hornblende, Biotit, Dolomit, Brueit u. a. 
in Serpentin umgewandelt (s. Dana, on Serpentin pseudo- 


396 


morphs, Amer. Journ. Vol. VII. 1874). In gleicher Weise 


erkennen wir am Monzoni — neben der Bildung des Marmors 
und der Contactmineralien , Fassait, Granat, Vesuvian, Geh- 
lenit, Ceylanit, Monticellit u. a. — an vielen Stellen eine 
Serpentinisirung der gesammten Grenzen. Nicht nur die 
Contactmineralien sind in Serpentin verwandelt, sondern auch 
der Kalkstein ist von Serpentinmassen durchdrungen, wie wir 
es z. B. an der Fassaitfundstätte am nördlichen Gehänge 
fanden. Wir werden kaum irren in der Annahme, dass auf 
jenen Gesteinsgrenzen in einer früheren geologischen Epoche 
Magnesia-haltige warme Quellen aufstiegen, welche die ange- 
deuteten Umwandlungen bewirkten. 

Diese beginnende, mehr oder weniger fortgeschrittene oder 
vollendete Serpentinbildung auf den Contactlagerstätten ist auch 
die Ursache, weshalb die Monzon-Mineralien selten nur jenen 
das Auge erfreuenden Glanz besitzen, in welchem uns die Ge- 
bilde anderer Lagerstätten der Alpen, z. B. von Niedersulzbach, 
Pfitsch, Pfunders, Set. Gotthard, Campolungo, Binnen ete. ent- 
gegenleuchten. 

Beim Hinabstieg vom hohen Felsgrat Pesmeda zur Thal- 
tiefe sah ich einen 3 M. mächtigen, senkrecht stehenden, von 
Sudost nach Nordwest streichenden Diabasgang im Marmor. 
Das Eruptivgestein war zum Theil ausgebrochen, so dass der 
Pfad durch die Lücke führte. Bemerkenswerth erschien es 
mir, dass das Saalband des Ganges, welches noch am Marmor 
haftet, aus einer dünnen Lage von Magneteisen besteht. Eine 
ähnliche Wahrnehmung machte DE LAPPARENT (a.a. O.p. 308), 
indem er als Saalband der im Predazzit- Marmor aufsetzenden 
Melaphyrgänge von Canzacoli und der Margola „une zone 
tres-mince contenant beaucoup de fer oxydule en grains im- 
perceptibles* auffand. — Im unteren Theil der Val Pesmeda 
herrscht ein vielfacher Wechsel der Gesteine, Augit - Syenit, 
Kalkstein, Quarzporphyr, Augitporphyr mit seinen Tuffen. 
Hier wie auch an vielen anderen Punkten des Monzoni sieht 
man Gänge und Gangverzweigungen einer feinkörnigen rothen 
Varietät des Augit-Syenits. Die in nebenstehender Skizze 
dargestellte Verästelunug des röthlichen Syenits in 
Marmor beobachtete ich in der Val Pesmeda. Losgerissene 
Stücke von Marmor liegen in den Syenit-Apophysen. Die ho- 
rizontale Länge des Profils beträgt 2 M. Gänge desselben 


a röthlichen Syenits beobachtete ich auch im Diabas, z. B. an 
jener in Fig. 2 Taf. IX. dargestellten Felsmauer. 


Marmor. 


Apophüsen 
von 


Rothem feinkörnigem 


„a Augit - Syjenit in Marmor 


Der Melaphyrgang von Canzacoli bei Piredazzo. 


Bei Schilderung der Gänge von dunklem Porphyr, welche 


- im Hochthale von le Selle in unmittelbarer Nähe der Kalk- 


Syenitgrenze aufsetzen, wurde bereits darauf hingewiesen, dass 
ganz ähnliche Erscheinungen am Sforzella- Berge und an der 
Margola bei Predazzo sich darbieten. Die beruhmte Gesteins- 
grenze an der Sforzella, einem Theile des Weisshorngebirges, 
das Eindringen von Syenit (Augit-S.) in Kalkstein, der Marmor- 
bruch von Canzacoli, die Contactzone, welche, die Gesteins- 
grenze bezeichnend, vom Thalboden sich 1000 M. hoch ver- 
folgen lässt: alle diese Verhältnisse sind eingehend und vor- 
trefflich beschrieben worden, namentlich durch v. BucH (Miner. 
Taschenb. v. LeonHarnp 1824 pag. 364), A. Boui (mitgetheilt 
durch v. Buch, Taschenb. 1824 pag. 507), Ruuss (N. Jahrb. 
1840 pag. 151), B. Cotta (Geolog, Briefe aus den Alpen 
pag. 196), v. Rıcatuoren (Predazzo, St. Cassian und die 
Seisser Alp pag. 275), B. v. Corra (N. Jahrb. 1863 pag. 16), 
DE LAPPpARENT (Ann. des mines 6. Ser. T. VI. pag. 245), 
J. LEMBERG (diese Zeitschr. 1872 pag. 187). Indem ich auf 
diese Arbeiten und namentlich auf diejenigen v. RicHTHorEn’s 
und LENMBERG’s verweise, möchte ich mir gestatten, unter Be- 
ziehung auf die umstehende Skizze jenen merkwürdigen 


398 


Sforzella-Berg. 


n 
Tem“ 
— 


ITER 
? Veswvian. 
) 
BIN a R 
Ds Augit-Sjenit 
Kalkstein, gegen N (Manzonit) 
i : 
die Syenitgrenze hin in S ; 
on) n 
Brucit-führenden Marmar = 
= £ 
verwandelt ni “ 
b= & 
Ganzacoli. 


Melaphyrgang zu schildern, dessen Gesammtverlauf in den 
oben erwähnten Arbeiten nicht vollkommen deutlich — wie 
mir scheint — zur Anschauung gelangt. 

Bov£ erwähnt zuerst dies schwarze Gestein, welches er 
wahren Dolerit nennt. Nach der Ansicht des verdienstvollen 
Forschers soll das dunkle Ganggestein „völlig in den syenit- 
artigen Granit übergehen“. 

B. Corra glaubte diesen Melaphyrgang gradezu als Apo- 
pbyse des „Granits* ansehen zu mussen, wie aus seinen 
Worten hervorgeht: „Vielfach verzweigt sich der Granit gang- 
formig in den Kalkstein und, was besonders merkwürdig ist, 
diese anfangs (an ihrem Ursprunge aus der Hauptmasse) deut- 
lichen Granitgänge werden mit ihrem tieferen Eindringen in 
den Kalkstein immer talkiger und gehen sehr bald in deutliche 
Serpentingänge uber, von denen auch der Marmor im grossen 
Bruche mehrfach scharf durchschnitten ist. Die Serpentin- 
gänge sind schon von Fuchs und PrrzoLpr beobachtet worden, 
aber dass sie aus dem Granit entspringen und zum Theil jetzt 
noch aus Granit bestehen, hatte, so viel ich weiss, noch Nie- 


mand bemerkt.“ 


OR 2 8.2009 ERSTEN, 


METER 


399 


Y. RicHTHoFEN berichtigt diese Angaben dahin, dass so- 
wohl das gangförmige Eingreifen in den Kalk, als auch die 
Serpentinisirung sich auf den Melaphyr und nicht auf den 
Syenit beziehen; geht aber vielleicht etwas zu weit, indem er 
ein gangförmiges Eindringen von Syenit in den Kalk und Do- 
lomit bei den Canzacoli überhaupt in Abrede stellt (pag. 276). 

Einem wiederholten Besuche durch v. Cotta verdanken 
wir eine erneute Darstellung („Alter der granitischen Gesteine 
von Predazzo und Monzon*). Der verdienstvolle Geologe be- 
zeichnet nun das Eruptivgestein von Canzacoli nicht mehr als 
Granit, sondern, wie schon v. Buch, als Syenit-Granit („doch 
kommt hierauf im Grunde wenig an“), und schildert mehrere 
in den Kalkstein eindringende Syenit - Ramificationen, deren 
Vorhandensein von v. RICHTHUFEN bezweifelt worden, und 
welche ein jüngeres Alter des Eruptivgesteins ausser Zweifel 
stellen. Die Melaphyr - Gänge im Marmorbruch, auf welche 
v. Rıchtuorszn besonderes Gewicht gelegt, scheint v. CoTTA 
als solehe anzuerkennen, indem er sagt, „der weisse Predazzit- 
Marmor des grossen Steinbruchs ist von mehreren schwarzen 
3 bis 6 Fuss mächtigen Gängen durchsetzt, welche aus von 
RıcutHoren’s Melaphyr bestehen, aber grösstentheils in einen 
serpentinähnlichen Zustand versetzt sind“. Die petrographische 
und chemische Beschaffenheit dieser Gänge wurde durch die 
trefflichen Arbeiten Leuzere’s (a. a. O. pag. 215—224) genau 
erforscht. 

Der Marmorbruch, dessen Sohle in der Skizze mit aa 
bezeichnet ist, liegt ungefähr 400 M. über der Thalebene von 
Predazzo, in unmittelbarer Nähe der Gesteinsgrenze, welche 
hier mit etwa 45° von Süd gegen Nord einsinkt. Aus der 
Tiefe steigt nun, am Fusse des Berges sich unter ungeheuren 
Geröllmassen verbergend, der ca. 3 M. mächtige Melaphyrgang 
empor, durch Kalkstein und den brucitführenden Marmor (Pre- 
dazzit). Dieser fast senkrecht und geradlinig emporsteigende 
Gang erreicht nicht vollig das Niveau des Marmorbruchs, 
sondern endet etwa 5 M. unterhalb mit einer stumpfen Run- 
dung, genau so wie wir oben einen ähnlichen Gang im Hoch- 
thale le Selle euden sahen. Ich bestimmte das Streichen des 
Canzacoli-Ganges an seinem oberen Ende h. 9; die Mächtig- 
keit beträgt dort — nahe dem Ende — nur noch 2 M. Von 
diesem Hauptgang nun zweigt sich gegen Nord ein horizon- 


400 


taler Querast ab, welcher zunächst gegen die Gesteinsgrenze A 
läuft, dann aber, bevor er sie erreicht, in zwei stark geboge- 


nen Windungen bis zur Steinbruchssohle emporsteigt. Diese 


Abzweigung des verticalen Ganges durchsetzt eine verticale, 


unnahbare Felswand. Man erblickt aber diesen Gangtheil aus 
dem Thalboden oder noch deutlicher, von der Margola aus. — 
In der Steinbruchssohle selbst entzieht sich auf eine kurze 
Strecke der Gang unserem Blick. Es scheint hier ein Zer- 
schlagen desselben stattzufinden; denn im Steinbruch selbst 
erscheinen statt Eines vier Gänge oder Gangtrümer. Von 
diesen stellt sich der nordöstliche auf das Deutlichste als eine 


Fortsetzung des schleifenförmig gekrümmten Gangtheils dar, 


während die Verbindung der beiden anderen nicht gleich 
deutlich hervortritt. Das nördliche Gangtrum (höchst wahr- 
scheinlich dem Gang IV bei LEMBERG entsprechend, a. a. O. 
pag. 218), welches offenbar mit dem aus der Tiefe aufsteigenden 
Gang zusammenhängt, ist 1] bis 14 M. mächtig, streicht h. 9. 
Gegen die Steinbruchssohle hin spaltet sich dieses Trum und 
umschliesst eine linsenförmige, = M. breite Marmormasse. Der 
Melaphyr dieses Trums ist gegen die Grenzen hin stark ser- 
pentinisirt. Einige Schritte weiter folgt ein zweiter Gang (bei 
LeEmBEre III), 0,8 bis 1 M. mächtig, h. 8 streichend, 55° gegen 
Nordost fallend. Gehen wir wenige Schritte gegen West, so 


treffen wir einen nur 0,3 M. breiten Gang (Gang II LEmBERE’s), 


welcher sich gegen Süd neigt und offenbar ein abzweigendes 
Trum des westlichen und mächtigsten Ganges ist, 1,6 M. 
(I LeuBere’s), Fallen etwa 70° gegen Nordost. Dieser am 
meisten gegen West liegende Gang von den über der Stein- 
bruchssohle hervorragenden, ist im Gegensatz zu den anderen 
seiner Hauptmasse nach unverändert bis auf schmale Greuz- 
zonen, welche serpentinisirt sind. Wir verdanken Herrn 
LEMBERG die Kenntniss der Zusammensetzung aller 4 Gänge, 
sowohl ihres mehr unzersetzten Gesteins, als ihrer Contact- 
zonen. 

In Bezug auf diese vier Gänge oder Gangtrüumer unterliegt 
es keinem Zweifel, dass sie die Ausläufer des grossen, über 
330 M. vertical emporsteigenden Ganges sind. Früheren Beob- 
achtern blieb dieser Zusammenhang, zu dessen Wahrnehmung 
von der Thalsohle aus ein gutes Auge nöthig ist, verborgen, 
wie die Worte DE LAPPARENT's bezeugen: „on ne voit pas & 


401 


quelle masse viennent se reunir les filons de Canzacoli.“ Da 


er ihre Verbindung mit jenem typischen Melaphyrgang nicht 
beobachtete, so neigte Herr pe LAPpArEnT zu der Ansicht, 
dass die durch den Steinbruch entblössten Trümer in Wahrheit 
schmale Syenit („Monzonit*)- Gänge wären, „qui se sont trou- 
ves dans des conditions exceptionellement favorables a la con- 
centration de l’elöement magnesien*. Denn es wäre seltsam, 
fährt der französische Geologe fort, dass in allen Predazzit 
(Marmor)- Brüchen in unmittelbarer Nähe der Syenitgrenze 
Melaphyrgänge auftreten sollten. Dass wir diese gewiss sehr 
merkwürdige Thatsache im Hochthale le Selle fanden, wurde 
bereits erwähnt; ein Gleiches beobachtet man indess auch an 
der Margola. 

Schreitet man nun von den zum Theil serpentinisirten 
Melaphyrgängen gegen die Syenit-Grenze, so beobachtet man 
ein überaus merkwürdiges Gebilde von schwach S förmig ge- 
krümmter Form, 6+ M. hoch, 1 M. im Maximum breit, oben 
und unten sich auskeilend.. Diese Masse ist ein unreiner 
Serpentin. Von ihrem unteren Ende zieht sich eine kaum 
3 Cm. breite Kluft zu der nur wenige Meter fernen Syenit- 
grenze hin. Es ist dies dieselbe Apophyse, welche Corra in 
den geolog. Briefen Taf. IV, darstellte und als eine Abzwei- 
gung des Syenits in den Marmor erklärte, eine Ansicht, wel- 
cher man wohl zustimmen muss. Der Syenit ist bis auf 12 M. 
Abstand von der Grenze völlig zu Grus zerfallen. Im Can- 
zacoli-Bruche bewährt sich also, wie am Monzoni, die. That- 
sache, dass auf der Gesteinsgrenze zwischen Syenit und 
Kalkstein eine Imprägnation mit Serpentin (und Brucit) statt- 
gefunden hat. 

Möge diese Mittheilung über den jetzt wohl nicht mehr 
zugänglichen Marmorbruch Oanzacoli eine kleine Lücke in der 
wichtigen Arbeit von Hrn. LEemBerG ausfüllen, namentlich mit 
Rücksicht auf die jenen Untersuchungen beigegebene, mehr 
eigenthümliche als anschauliche Darstellung auf Tafel XI., 
s. Zeitschr. 1872. 

Anmerkung l. Herr Prof. SchrAur hat die Güte, mir 
Folgendes in Bezug auf die pag. 584 erwähnten Serpentin- 
Pseudomorphosen mitzutheilen: 

„QUENSTEDT führt in der 2. Aufl. der Miu. pag. 247 Pseu- 
domorphosen vom Monzoni an. Ich finde für seine Angabe 


402 


keine anderen Quellen als Hamınger, QUENSTEDT und 
G. Rose. : 
Haıpınger hat (Gits. Annal. 1823 75. 385) Serpentin- 


pseudomorphosen beschrieben; und in seinem Treat. of Min. 


1825 vol. II. fig. 33 Tyrol als hypothetischen Fundort ange- 
geben. — Quessteor (Pose. Ann. 1835 p. 36. 376) führt die 
Form Haıpinger’s auf Chrysolith zurück. — G. Ross (Poce. 
Ann. 1851 Bd. 82. 511) erwähnt wieder Hamınger’s Angaben, 
mit dem Zusatz „Fassathal“. 

In welcher Sammlung Haiinger’s Originale sind, darüber 
habe ich keine Gewissheit mir verschaffen können. In der 


Universitäts - Sammlung befinden sich Pseudomorphosen von 


Serpentin nach Monticellit mit der Etikette -,,Monzoni‘‘, die 
seit 1850 der Sammlung angehören; doch fehlt jeder weitere 


Nachweis, aus welcher ersten Hand sie an das Museum ge- 


langt sind. Diese älteren Handstücke gleichen vollkommen 
den neuen und sind jedenfalls von derselben Localität.‘“ 
(17. Juli 1875.) 

Anmerkung 2. Von der rühmlichst bekannten Firma 
Voıst & HocHszesane in Göttingen sind Dünnschliffe der in 
dieser Arbeit beschriebenen Monzoni Gesteine zu beziehen. 


II. Ein merkwürdiger Basaltgang nahe Tannbergsthal 
im sächsischen Voigtlande. 


In einer Arbeit über die chemische Zusammensetzung der 
Kalknatron-Feldspathe (Pose. Ann. Bd. 144 pag. 219) theilte 
ich 1871 die Analyse eines Labradors mit (pag. 251— 253), 
welcher in Begleitung von Orthoklas und Quarz porphyrartig 
eingesprengte Krystalle eines sehr eigenthümlichen Gesteins bil- 
det. In einer dichten, schwarzen, bald mehr Diabas-, bald mehr 
Basalt-ähnlichen Grundmasse liegen grosse Krystalle und Kör- 
ner von rothem Orthoklas (bis 5 Cm.), Labrador (bis 3 Cm.), 
Quarz (bis 2 Cm.), zusammen mit zahlreichen Kalkspathman- 
deln: dies ist gewiss eine in hohem Grade ungewöhnliche 
Erscheinung. Da ich über das Vorkommen dieses Gesteins 
(unfern des Weilers Tannbergsthal bei Auerbach) Nichts in 
Erfahrung bringen konnte, so geschah die petrograpbische 
Bestimmung lediglich auf Grund von einigen wenigen Hand- 
stücken. Die von mir damals gewählte Bezeichnung „Por- 


403 


pbyrit“, bei welcher die Quarzkorner als accessorisch betrachtet 
wurden, fand die Billigung G. Rose’s, während von einem an- 
deren hervorragenden Petrographen, Prof. J. Roru, das Gestein 
als ein quarzführender Dioritporphyr mit accessorischem Ortho- 
klas bezeichnet wurde. Diese Bestimmung gründete sich auf 


„grosse deutliche Hornblendekrystalle, welche — von etwas 


Serpentin begleitet — in mancher Stücken vorkommen“, und 
entsprach der petrographischen Regel, „dass Porphyre nach 
den grossen, sichtbaren Krystallen benannt werden“. (Gütige 
briefliche Mittheilung.) In der eitirten Arbeit erwähnte ich, 
dass die geognostische Karte des Königreichs Sachsen von 
C. Fr. Naumann unfern Wannbergsthal zwei Basaltpunkte, durch 
Granit brechend, angiebt. 

Als ich im vorigen Herbste mit einigen verehrten Fach- 
genossen, unter ihnen auch der unermüdliche und verdienst- 
volle Forscher auf dem Gebiete basaltischer Gesteine, Prof. 
Mont, in der Mineralien- Niederlage der konigl. Bergakademie 
zu Freiberg war, hatte Hr. B. WarPLerR die Güte, uns eine 


Reihe von Handstüucken jenes problematischen Gesteins von 


Tannbergsthal zu zeigen, in denen die grossen porphyrartigen 
Krystalle mehr zurücktraten und in deren Grundmasse auch 
Olivin und Augit erscheinen. Hier sprach Prof. Mönt zuerst 
die Ansicht aus, es mochte das Gestein ein Basalt und die 
grossen porphyrartigen Krystalle von Orthoklas und die Körner 
von Quarz nur fremdartige Einschlüsse sein. Diese Ansicht 
hatte Anfangs etwas Befremdliches, da man nirgend einen 
Einschluss des Gesteins oder des Mineralaggregats wahrnahm, 
aus welchem die porphyrartigen Krystalle stammen sollten; 
diese vielmehr, sowie auch die grossen Plagioklase (Labra- 
dore), ganz nach Weise der ausgeschiedenen Krystalle sich 
darstellten. Prof. Mönt veröffentlichte seine — wie hier schon 
erwähnt werden darf — vollkommen begründete Ansicht nebst 
mikroskopischer Untersuchung des fraglichen Gesteins bald 
darauf in der Schrift „Die Basalte der preussischen Ober- 
lausitz“‘ (s. „Abhandl. d. naturforsch. Ges. in Görlitz“, Sep.- 
Abdr, pag. 63).*) 


*) Etwas befremdend erscheint eine Anmerkung, in welcher Prof. 
Möur mittheilt: „Uebrigens entnahm ich dem Freiburger Comptoir noch 
ein anderes Gestein mit der Etiquette „Dioritporphyr von Tannbergsthal‘, 


404 


Wenige Tage nach unserem Zusammentreffen in Freiberg 


besuchte ich die Lagerstätte des merkwürdigen Gesteins. Die- 


selbe befindet sich fast genau halbwegs zwischen Auerbach in 
Sachsen und Graslitz in Böhmen, 1+ Kilom. südwestlich von 
der Häusergruppe Tannbergsthal, 2 Kilom. gegen Nord vom 
berühmten Topasfelsen Schneckenstein entfernt. Tannbergs- 
thal liegt auf Granit, etwa 2 Kilom. (zufolge der Naumann’schen 
Karte) vom rordwestlichen Rande der Eibenstocker Granitpartie 
entfernt. Die Umgebungen bestehen aus flachgewölbten, wald- 
bedeckten Bergen. Der Granit, von weisser Farbe, sehr auf- 


gelöst und zu Grus zerfallen, besteht aus einem grobkörnigen 


Gemenge von weissem Feldspath und Plagioklas, grauem 
Quarz, schwarzem und weissem Glimmer. Der Plagioklas ist 
in weit geringerer Menge vorhanden, als der Feldspath. Es 
gelang leider nicht, den Plagioklas zur Analyse aus dem Ge- 
menge auszusuchen, so innig war er mit Feldspath verwachsen 
und beide bereits verwittert. In der Nähe von Tannbergsthal 
fand ich als Strassenbau-Material einen Basalt mit vereinzelten 
Einsprenglingen von rothem Orthoklas, weissem Plagioklas und 
Quarz. Obgleich die meisten Stücke einem typischen Augit- 
Olivin »Basalt angehörten, so war es doch offenbar, dass jene 
Varietät mit den vereinzelten Einsprenglingen den Uebergang 
vermittle zu dem früher als Porphyrit bezeichneten Gestein. 
Schon hier konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass der „Por- 
phyrit* ein mit vielen fremdartigen Einschlüssen erfüllter 
Basalt sei. Diese Wahrnehmung wurde durch den Besuch des 
anstehenden Gesteins vollkommen bestätigt. Ansteigend gegen 
Südwest von Tannbergsthal fand ich auf dem sanftgewölbten, 
mit hohem Tannenwald bestandenen Granitgebirge einen von 
Nordwest gegen Südost streichenden, südwestlich mit etwa 
40° fallenden, 14 M. mächtigen Basaltgang. Auf der Nav- 


das ebenfalls röthlichen Orthoklas, wasserhellen bis weissen Plagioklas 


in grossen Krystallen führt. Dies Gestein ist ein — — Diabas, dessen 
Quarzkörner theils secundär [?], theils neben dem Orthoklas, wie im 
Basalte, fremde Einschlüsse sind. Jedenfalls auch ein Ganggestein.“ 


Dieser Diabas findet sich indess in demselben Gangraume wie jener 
Basalt; beide Gesteine sind auf das Innigste durch Uebergänge verbunden. 
Der „Diabas‘‘ unterscheidet sich vom Basalt wesentlich nur durch die 
grössere Menge der Einschlüsse und einen mehr fortgeschrittenen Zu- 
stand der Zersetzung. 


405 


I =mansschen Karte ist dies Vorkommen genau angegeben, 
| wenngleich in dem die Karte erklärenden ausführlichen Texte 

nicht erwähnt, — offenbar, weil es damals an Aufschlussen 
| fehlte. Der Gang, welcher sich mehr als 1 Kilom. verfolgen 
i lasst, ragt nicht merkbar über den ihn umgebenden Granit 
ı empor. An drei Punkten ist derselbe durch Steinbrüche auf- 
| geschlossen zum Zwecke der Gewinnung von Strassenbau- 
| Material, was zum Theil durch unterirdischen Betrieb geschieht. 
| In dem von mir besuchten nordwestlichen Bruche zeigte sich 
| das Gestein in unmittelbarer Nähe der Saalbänder platten- 
förmig, in der Hauptmasse sehr unvollkommen säulenförmig 
abgesondert. Die Einschlüsse von grossen Feldspath- und 
Plagioklas-Krystallen, sowie von Quarzkörnern zeigten sich 
vorzugsweise am liegenden Saalband und waren hier unregel- 
mässig vertheilt, bald dicht gedrängt, bald nur sehr vereinzelt. 
Da mein Besuch nur ein fluchtiger sein konnte, so bat ich 
Hrn. BEnno WAPPLER um einige Mittheilungen uber die merk- 
"  würdige Lagerstätte. Hr. WappLer begab sich zu dem Zwecke 
© nach Tannbergsthal und hatte die Güte, in folgenden Worten 
" mir das Ergebniss seiner Untersuchung mitzutheilen. 

„Der Gang des eigenthümlichen Gesteins streicht von 
Nordwest nach Südost und fällt 35° bis 45° in Südwest, ist 
dabei in seiner aufgeschlossenen Erstreckung 1 bis 15 M. 

' mächtig. Nach meinem Dafürhalten besteht dieser Gang 
"eigentlich aus zwei Gängen, welche dicht aufeinander liegen 


Südöstlicher Bruch. 


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406 


und zwar ist der liegende Gang, welcher meist vom Hangen- u 
den durch eine sichtbare Kluft getrennt ist, 20 bis 25 Cm. 
mächtig, während der hangende‘ Gang 1 M. und auch wohl 
etwas mächtiger erscheint. Im liegenden Gange treten die 
schönen fleischrothen Orthoklase, die Quarze, die Labradore 
auf. Im südöstlichsten Bruche erleidet das Gestein eine 
Niederdrückung (Verwerfung) und dort (4) hat der Berg- 
arbeiter VOIGTMANN ein Stück Granit vollkommen in Basalt 
eingeschlossen gefunden (s. Figur). Im hangenden Gang fand 
ich dergleichen rothe Feldspathe nicht, wohl aber Labrador, 
Quarz, Olivin, Hornblende und Kalkspath, welch letzterer auch ; 
im liegenden Gange sehr häufig vorkommt, besonders im nord- | 
westlichsten Bruche. Die Orthoklase treten im liegenden 
Gange am meisten gegen Nordwesten auf; in der Gang- ! 
erstreckung gegen Südost kommen sie nur spärlich vor. Im | 
Hangenden des Ganges findet sich mehr Olivin und weniger 
Quarz, im Liegenden findet das umgekehrte Verhältniss statt.“* 

Beide Gesteinsvarietäten, diejenige mit grossen Ortho- 
klasen und vielen Einsprenglingen von Labrador und Quarz 
vom Liegenden des Ganges und jene ohne oder nur mit ganz 
spärlichem Orthoklas und wenigen kleinen Plagioklasen und 
Quarzen vom Hangenden, sind, wenngleich durch allmälige 
Uebergänge mit einander verbunden, dennoch in ihrer typischen 
Ausbildungsweise verschieden. In der Varietät mit vie- 
len Einsprenglingen dominirt stets der Plagioklas in 
prachtvollen, wasserhellen Krystallen; der schon rothe Ortho- 
klas tritt mehr vereinzelt, wenngleich in noch grösseren Kry- 
stallen auf. Der Orthoklas bildet einfache Krystalle und 
Zwillinge nach dem Carlsbader Gesetz, wie im Granit. Doch 
erscheinen die Krystalle von gerundetem Umriss, Nur die 
grösseren lassen die Krystallumgrenzung wahrnehmen, wäh- 
rend die kleineren völlig sphäroidisch erscheinen. Das spe- 
eiische Gewicht des Orthoklases = 2,551. 

Die Plagioklaskrystalle zeigen meist wohlerbaltene Um- 
risse, zuweilen erscheinen sie auch wie Fragmente. Beide Feld- 
spathe bilden (nur selten) regelmässige Verwachsungen. Um 
einen 2 Cm. grossen Plagioklaskrystall beobachtete ich eine 
etwa 1 Mm. dicke Hülle von Orthoklas. Häufiger sieht man 
dem Orthoklas kleine Körner von Plagioklas eingewachsen. 
Die einspringende Zwillingskante P:P mass ich = 172° 0° 


7 
} 
h 


u u en Zu Z 


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407 


| (ana. 22 0.) Spec, Gew. = 2,711. Gluhverlust 0,65. Die 


Zusammensetzung des Plagioklas ist aus folgenden Analysen 


zu ersehen, von denen I. schon fruher veröffentlich; wurde. 
Das Material zu II. wurde einem Handstücke entnommen, 
welches Hr. WaArPLER im vorigen Herbste schlug und mir 
verehrte. 


I. 
Kieselsaure . .. 53,61 Ox. = 28,592 
Thonerde . . . 29,68 13,858 
Kalk... 10,96 3,131 
Kan... ver 1515 0,195 
Natron #3... . 4,36 1.125 

99,76 
Sauerstoffproportion 0,964 : 3 : 6,190. 

1I. 
Kieselsäure ... . . 55.24 Ox. = 29,461 
Ehonerde %...... 28,32 13,223 
Kalkan een 10,63 3,037 
Natron (Verlust) . 5,81 1,900 


100,00 
Sauerstoffproportion 1,029 : 5 : 6,684. 


Während die Analyse I. im Sinne der Tscuermar’schen 
Theorie annähernd durch eine Mischung von 2 Mol. Albit + 5 
Anorthit dargestellt werden kann (Kieselsäure 54,02. Thon- 
erde 29,45. Kalk 11,46. Natron 5,07), so entspricht Il. sehr 
nahe der Mischung 1 Alb. — 2 An. (Kieselsäure 59,43. 


‚  Thonerde 28,49. -Kalk 10,55. Natron 5,75). Beide Mischun- 


‚gen entsprechen einem Labrador. 


Die Quarzkörner sind fettglänzend von ganz lichtröth- 


‚licher Färbung namentlich in ihrer peripherischen Zone, von 


Sprüngen durchsetzt, von kleinmuschligem Bruch, stets auf 


‘dem Gesteinsbruche durchreissend. Ihr spec. Gew. = 2,612. 
Wenig Augit und Olivin; Herr Warpuer entdeckte auch 


Diallag (oder Enstatit?). Ausserdem umschliesst die Grund- 
masse zahlreiche, doch sehr unregelmässig vertheilte Kalk- 
spathkörner (bis 1 Cm. gr.), theils von kugliger, theils von 
gestreckter Form. Eisenkies in kleinen Körnchen, zuweilen 


27 * 


sich um die Labradore ansammelnd. Die Grundmasse ähnelt SR 


einem dichten Diabas, in welchem bereits eine Serpentin- 


bildung begonnen hat. Spec. Gew. dieser Varietät — 2,770. 
Das Gestein des hangenden Ganges mit wenigen Ein- 
sprenglingen von Labrador, Quarz und Kalkspath 
(sehr kleine rundliche Orthoklaskörnchen fehlen nicht ganz) 


ist reich an Olivin, in isolirten Körnern und körnigen Aggre- 


gaten, bereits zum Theil in Serpentin umgeändert. Zollgrosse 
Augitkörner und vereinzelte kleine Hornblenden. Kalk- 
spathkörner und wenig Eisenkies. Die Grundmasse ist 
einem typischen Basalt ähnlich. Spec. Gew. des Gesteins 
— 2,830. Das höhere Gewicht entspricht dem reicheren Ge- 
halt an Augit und Olivin, im Vergleiche zu dem Gestein des 
liegenden Gangtheils. Unter dem Mikroskop verhalten sich 
beide Varietäten etwas verschieden. Zwei mir vorliegende von 
Hrn. Fuss mit grosser Kunst aus dem Gestein des liegen- 
den Gangtheils geschliffene Platten, 50 Mm. lang, 35 Mm. 
breit, bestehen mehr als zur Hälfte aus grossen (bis 2 Cm.), 
im Dünnschliff farblosen Krystalleinschlüssen, welche den 
Platten ein sehr ungewöhnliches Ansehen geben. Unregel- 
mässig vertbeilt liegen in der Grundmasse grosse Körner von 
Labrador, Orthoklas, Quarz, Kalkspath. Die Labradore zeigen 
unter dem Mikroskop eine herrliche Streifung, zuweilen sind 
zwei annähernd rechtwinklige Streifensysteme an demselben 
Krystall zu beobachten, zum Beweise einer Zwillingsbildung 
nach zwei Gesetzen („Drehungsaxe die Normale zum Brachy- 
pinakoid“ und „Drehungsaxe die Normale zur brachydiagonalen 
Axe in der Basis‘). Nicht selten endet ein Streifen oder ein 
Streifensystem plötzlich, ohne dass ein anderes eintritt. Man 
erkennt so, dass auch die ungestreiften Partieen des Krystall- 
korns plagioklastisch sind. Recht eigenthumlich sind die Ver- 
witterungserscheinungen des Labradors; es zeigen sich unregel- 
mässige Sprünge und von diesen aus beginnt eine feine Zer- 
faserung der Masse, welche schliesslich den Krystall trübt und 
in eine nicht homogene Substanz verwandelt. Der Orthoklas, 
wenngleich im Schliffe farblos, ist dennoch leicht vom vorigen 
zu unterscheiden: durch die fehlende Streifung, sowie durch 
gewisse Sprünge, welche annähernd dem Orthopinakoid pa- 
rallel sind. Der Quarz bildet gerundete Körner, welche im 
polarisirten Lichte die für dies Mineral charakteristischen, leb- 


a Ze a TEE 


409 


‚haften, namentlich blauen Farben zeigen. Schwärme und Züge 


von kleinen Bläschen mit Flüssigkeitseinschlüssen und Libellen 
finden sich zablreich im Quarz. Die Grundmasse dringt in 
langen Zungen in den Quarz ein, eine Erscheinung, wie wir 
sie so ausgezeichnet bei vielen Quarzporphyren kennen. Der 
Kalkspath bildet sphäroidische Körner aus einem oder we- 
nigen Krystallen zusammengesetzt. Man unterscheidet den- 
selben unter dem Mikroskop leicht an den Zwillingslamellen, 
welche stets in zwei, zuweilen auch in drei Richtungen sich 
schneidend das Korn durchsetzen. Sie brechen nicht ab, wie 
es beim Labrador vorkommt, sondern scheinen hier stets bis 
an die Grenze des Krystallindivids zu laufen. Diese Streifen 
gehören den bekannten Zwillingslamellen an, welche parallel 
einer Ebene —+R liegen. Wo sich zwei Streifen kreuzen, 
bemerkt man die bekannten, von G. Rose so meisterhaft ge- 
schilderten Canale (Abhandl. d. Berl. Ak. d. Wissensch. 1868). 
Die Kalkspathkörner sind gewöhnlich von .einer serpentin- 
ähnlichen Substanz eingefasst. | 

An diesem lichtgrunen Serpentin ist die Grundmasse reich; 
derselbe ist theils in unregelmässigen Körnchen und Partieen vor- 
handen, theils zeigt sie noch die Formen des Olivins, seltener 


diejenigen des Augits. Die Grundmasse besteht wesentlich 
‚aus Plagioklas-Mikrolithen, welche verwittert und unrein er- 


scheinen. Ausser den Magneteisen - Krystallen bemerkt man 
sehr zahlreiche schwarze sogen. Trichite, lineare, zuweilen zu 
dendritischen Formen zusammengefügte Gebilde, welche An- 
einanderreihungen kleinster Magnetite zu sein scheinen. 

Das mikroskopische Bild des hangenden Gangtheils zeigt 
einen ziemlich grobkörnigen Plagioklas-Basalt, mit sehr zahl- 
reichen, sehr deutlich gestreiften Plagioklasen, wenig hervor- 


'tretendem, bräunlichem Augit, viel Olivin, welcher bereits 


etwas der Zersetzung anheimgefallen,, viel Magneteisen, meist 
in quadratischen Umrissen. 

Trotz der angedeuteten Verschiedenheiten stellen sich 
doch beide Gesteine als wesentlich identisch und nur sich 
unterscheidend durch den Verwitterungszustand und die Menge 
der Einsprenglinge dar. 

Es bietet sich uns nun die‘ Frage nach der Herkunft 
dieser grossen porphyrartigen Krystallkörner von Orthoklas, 
Labrador, Quarz. Dass sie Einschlüsse sind, kann in der 


That kaum bezweifelt werden. Es spricht für diese Deutung 


wr 


ihre sehr unregelmässige Vertheilung, ihre meist gerundete 


oder verbrochene Gestalt, auch das durchaus Fremdartige der 
bis 50 Mm. grossen Orthoklase in einem basaltischen Ge- 
steine, sowie die von Sprüngen durchsetzten Quarzkörner. 
Noch überzeugender sind die (freilich ganz seltenen) Ein- 
schlusse von Granit in Basalt. Ein solches faustgrosses 
Granitstück, von der basaltischen Gangmasse umschlossen, 
befindet sich in unserer Sammlung; es ist jenes oben bereits 


im Berichte von Hrn. WAPrPLER erwähnte Vorkommen aus - 


dem hangenden Gangtheil. Der Granit dieses Einschlusses 
besteht aus lichtröthlichem Orthoklas, weissem bis gelblich- 
weissem Plagioklas, Quarz und Biotit. Dieses Granitstück, 
fest mit dem Basalt verwachsen, wird umschwärmt von kleinen 
Plagioklas-, Ortboklas- und Quarzkörnern, welche offenbar 
durch Zertrummerung eines Theils des Einschlusses in die 
umhullende Basaltmasse hineingerathen sind. In ähnlicher 
Weise dürfen wir uns auch die grossen Einsprenglinge des 
liegenden Gangtheils durch Zertrümmerung des granitischen 
Nebengesteins, bewirkt beim Empordringen des Basalts er- 
klären. Einige Schwierigkeit bietet diese Auffassung dennoch 
dar. Aus den der Beobachtung zugänglichen, der Oberfläche 
nahen Theilen des Granitgebirges können die grossen pracht- 
voll wasserhellen Labradore nicht herrühren. Denn Labrador 
wurde als constituirender Gemengtheil des Granits bisher noch 
nicht nachgewiesen; zudem bildet der Plagioklas des Granits 
der Gangumgebung keine solche grossen und wasserhellen 
Krystalle. Wir werden demnach zu der Annahme gedrängt, 
dass diejenige Granitvarietät, aus welcher die Krystalle des 
liegenden Gangtheils stammen, in grösserer Tiefe anstehe und 
wohl eine besondere locale Modification darstelle. Wie durch 
LEMBERG nachgewiesen , enthält der Syenit von Predazzo in 
der Nähe der Kalkgrenze statt des Oligoklas Labrador. So 
wäre vielleicht die Annahme gestattet, dass in der Tiefe eine 
Kalkmasse vorhanden und der Granit im Contact Labrador 
führe. Bemerkenswerth ist die Frische sowohl des Orthoklas 
als des Labradors, wenn wir sie mit den Feldspathen des 


granitischen Nebengesteins vergleichen. Wir erblicken hier h 
fest vom Basalt umschlossen und durch denselben vor Ver- 


witterung geschützt die Mineralgemengtheile der Tiefe vielleicht 


4 


in einem mehr ursprünglichen Zustande. Glimmer ist unter 
den Einschlüssen nicht wahrzunehmen, auch nicht unter den 
das oben erwähnte Granitstück umschwärmenden Mineral- 
körnern. Wohl ist die Annahme gestattet, dass der Glimmer 
bei seiner weit leichteren Schmelzbarkeit eingeschmolzen und 
von der Basaltmasse aufgenommen wurde. 

Das innige Umschlossensein der fremden Mineralien im 
basaltischen Magma verdient eine besondere Hervorhebung, 
namentlich im Vergleiche zu der Art und Weise wie die Lava 
fremde Mineral-Einschlusse umhullt. Unsere Laven, z. B. der 
Ströme von Mayen und Niedermendig, umschliessen viele fremde 
Mineralien, darunter auch Plagioklas und Quarz. Diesen liegt 
die umhullende Lava nie fest an; feine Kluftraume, theils mit 
Glasschmelz, theils mit zartesten Augitnadeln, oder auch mit 
vereinzelten Tridymiten bekleidet, trennen den Einschluss von 
der Lava. Es deutet dies auf ein ganz verschiedenes Verhalten 
des Basalt’s einerseits und der Lava andererseits, auf einen bei 
aller Analogie zwischen beiden Gesteinen doch sehr verschie- 
denen molekularen Zustand bei ihrer Eruption hin. Der 
Basalt umgiebt die ihm fremden Einsprenglinge in derselben 
Weise wie er die aus ihm auskrystallisirten Mineralien um- 
schliesst. 


Anhang. 


Die weisse Asche von Vulcano, ausgeworfen 
am 7. September 1873. 


In seiner vortreffliehen Arbeit ,„Geognostisch - chemische 
Mittheilungen über die neuesten Eruptionen auf Vulcano und 
die Producte derselben“ (s. diese Zeitschr. Jahrg. 1875) be- 
richtet Dr. Baurzer über die Eruption einer weissen Asche, 
welche — „‚‚einem nordischen Schneefall gleich‘‘ — die Insel 
Vuleano mehrere Centimeter hoch bedeckte und bis nach Li- 
pari niederfiel.e. Dr. Bautzer wies durch chemische Analyse 
nach, dass jene merkwürdige. weisse Asche wesentlich aus 
Kieselsäure bestehe, indem er in zwei Proben 93,2 u. 95,8 pCt. 
. SiO, fand, berechnet auf geglühte Substanz. Den Glühverlust 

der Aschenproben, welcher vorzugsweise in Schwefel bestand, 


Dal a A RT a Test % KA Ra 1 DR BET HRGE NER ca "Na 20 BI, I RR Ba 15, REN DREI 4 
‘ B . Er { M . Or Fer RE Mae EAN Ba ke SO SL BET 
. i ' NR : . NE 2) ; 
i ‘ x 5 . ehe EEE NT: 
NEN NELERDE, 3 


ER SALE 


412 


bestimmte er zu 5,95 und 4,53 pCt. Berechnen wir demnach 
die Kieselsäuremengen auf ungeglühte Aschen, so erhalten wir 
87,65 und 91,46 ptt. 

Hr. Bautzer erklärte diese Asche fur Tridymit, indem 
er seine Ansicht durch das spec. Gew. 2,208 (Tridymit indess 
2,31), durch die sehr geringe Löslichkeit in Natriumcarbonat, 
sowie. endlich durch das reichliche Vorhandensein von doppel- 
brechenden Partikeln in der weissen Asche stützte (pag. 25). 
„Tridymit als vulkanische Asche‘ konnte nicht verfehlen, das 
höchste Interesse und Aufsehen zu erwecken. Ein Mineral, 
welches bis dahin zwar in vielen trachytischen Gesteinen, doch 


stets nur mit dem Charakter eines Drusenminerals in kleinen 


und kleinsten Täfeichen bekannt war, wurde durch den Vul- 
canokrater am 7. September 1873 in ungeheurer Menge aus- 
geworfen, sodass der Tridymit-Schnee auf dem Eiland Vulcano 
eine bis zu 4 Um. hohe Schicht bildete und auch auf Lipari 
niederfiel. ‚Eine Eruption von, Tridymit‘‘: Ueberraschenderes 
konnte wohl nicht gemeldet werden. — Dr. BALtzeEr erklärte 
in Folge seiner Untersuchung der weissen Asche von Vulcano 
den bisherigen Begriff der vulkanischen Asche für der Erwei- 
terung bedurftig und fügte den bisher bekannten Gruppen vul- 
kanischer Aschen eine neue hinzu: „‚deren Eigenthumlichkeit 
die Annahme eines besonderen chemischen Vorganges wahr- 
scheinlich macht; Aschen die als wirkliche Neubildungen, 
z. B. als Reactionsproducte der vulkanischen Dämpfe und Gase 
auf das Gestein der Schlotwandung oder das Magma zu be- 
trachten sind.“ Hr. BALtzer trennt die Kieselsäure-Asche 
vom 7. September deshalb auch scharf von den grauen Aschen, 
welche einige Tage später am 14. und 15. September vom 
Vulcanokrater ausgeblasen wurden. Diese letzteren Aschen 
sind nach Hrn. BALTzer nichts Anderes als mechanisch zer- 
kleinerte und durch die Gewalt der explodirenden Dämpfe 
zerstäubte Lava, wie auch durch Bestimmung des Kieselsäure- 
gebalts der Asche (vom 15. Sept.) = 73,08 pCt. „uberein- 
stimmend mit dem der ausgeschleuderten Liparitbomben‘‘ be- 
wiesen wurde. ,„‚Die schneeweisse Asche von Vulcano dagegen 
ist gewiss nicht durch mechanische Scheidung aus einem zer- 
staubten Lavapulver erklärbar etc.‘ 

Schliesslich fordert Hr. BALTZER zu fortgesetzten genauen 
chemischen Untersuchungen der Erzeugnisse des Vulcanokraters 


413 
auf. ‚‚Ueber die jungsten Eruptionen auf der Insel Vulcano“ 
(Vierteljahrsschr. d. Zurch. naturf. Ges ). 

Gerne unterzog ich mich einer solchen, als Hr. BALTzer 
die Güte hatte, mir eine Probe der weissen Asche zu über- 
senden, mit dem Bemerken , dass dieselbe von einer zweiten 
Sendung herrühre, indess derselben Eruption (7. Sept.) ange- 
höre — wenn auch nicht zu gleicher Stunde wie die von ihm 
untersuchte gefallen. „,‚Im Aussehen stimmt sie mit der von 
mir analysirten ersten Sendung überein. Es ist mir nicht ent- 
gangen, dass’ unter dem Mikroskop weder Tridymitformen 
noch überhaupt Krystallflächen wahrnehmbar sind, doch ist die 
Substanz zum grösseren Theil doppelbrechend. Meine An- 
nahme, dass Tridymit vorliege, beruht nur auf der Unlöslich- 
keit in kohlensaurem Natrium (nur ca. 6 pCt. sind löslich) 
und dem geringen spec. Gew.‘ (Briefl. Mitth. v. 2. Febr. 1875). 
In Betreff dieser mir vorliegenden Aschenprobe (meine Unter- 
suchung beschränkt sich nur auf diese) kann ich die Ueber- 
zeugung nicht gewinnen, dass sie Tridymit sei. Sie entbehrt 
der „‚ausserordentlichen Reinheit“, welche BALTZER von der- 
jenigen Asche rühmt, die seiner Bestimmung zu Grunde lag. 
Vielmehr gleicht meine Probe durchaus einem reichlich mit 
Schwefel imprägnirten erdig zersetzten Rhyolith. Auch kleine 
dunkle Lavapartikelchen sind der Masse eingemengt. Der, 
Tridymit besitzt unter dem Mikroskop sehr bestimmte Kenn- 
zeichen. Ich verglich zunächst mit der weissen Asche den 
von G. Rose künstlich durch Zusammenschmelzen von ge- 
pulvertem Adular mit dem dreifachen Volumen geschmolzenen 
und gepulverten Phosphorsalzes dargestellten Tridymit, sowie 
denjenigen, welchen G. Rose durch Schmelzen eines Ueber- 
schusses von Kieselsäure mit kohlensaurem Natron erhalten 
hatte (s. diese Zeitschr. 1869 pag. 830). Diese Tridymit- 
pulver bilden die herrlichsten Präparate, indem sie in ihrer 
ganzen Masse unter dem Mikroskop die zierlichsten hexago- 
nalen Formen zeigen. Der natürlich vorkommende Tridymit 
ist bekanntlich eines der durch mikroskopische Kennzeichen 
am schärfsten bezeichneten Gebilde, kenntlich an dem dach- 
ziegelformigen oder schuppigen Bau der übereinander liegenden 
hexagonalen Täfelchen, wie derselbe oben im Auswürfling 
von Pomasqui (s. oben pag. 315) geschildert wurde. 

In der weissen Asche von Vulcano konnte ich nun — 


war 


ur A Ye u ’$ de)  % SE DE ERREELS aa Ba N DE A 
f > 4, ’ RR Le Garn “ 


MR 


414 


in vollkommener Uebereinstimmung mit Dr. Bantzer’s brief- 


licher Mittheillung — Nichts von Tridymitformen erkennen, 
ebensowenig eine Spur jenes dachziegelförmigen Baues. Man 
sieht ausschliesslich gestaltlose Partikel, wie sie durch Zer- 
trümmerung eines in hohem Grade zersetzten und aufgelösten 
Gesteins entstehen müssen. 

Die chemische Analyse bestätigte vollkommen das Er- 
gebniss von Dr. BaLtzer. Ich fand den Kieselsäure - Gehalt 
der geglühten Masse —= 94,09 pCt. Der Glühverlust, welcher 
vorzugsweise aus Schwefel bestand, ergab sich = 4,77. Diese 
Werthe liegen in der Mitte zwischen den von BALTZER ermit- 
telten. Ausserdem fand ich einen Thonerde- und Eisengehalt 
von 2,58 pCt. Zu diesen Bestimmungen waren aus der 
weissen Asche soviel wie möglich alle unreinen und ungleich- 
artigen Theile entfernt worden. Um nun die Frage zu ent- 
scheiden, ob diese so höchst kieselsäurereiche weisse Asche 
nicht etwa dennoch, entgegen der Ansicht von Dr. BALTZER, 
ein blosses Zertrümmerungsproduct einer Lava sein könne, 
untersuchte ich eine jener von mir bei meinem Besuche des 
Vulcanokraters (6. April 1869, s. N. Jahrb. 1874, briefl. Mitth.) 
gesammelten weissen, durch die Fumarolen zersetzten rhyo- 
lithischen Bomben, welche in grosser Menge den Kraterboden 
bedecken, und deren Gestein vollkommen gleicht demjenigen 


der zersetzten Kraterfelsen. Beim Glühen zerspringen linien- 


grosse Partikel dieses Gesteins mit solcher Heftigkeit, dass 
dadurch der Deckel des Porcellantiegels herabgeschleudert 
wird. Zur Vergleichung setze ich die Mischung der Asche 
daneben. 


Auswurfling, Asche 
ges. 1869 7. Sept. 1873 


Glühverlust (vorzugsweise 


Beuwelell.... ...,%% . / 6,78 4,17 
Kieselsaure 2... 0.» 89,60 88,61 
Thonerde 4 Eisenoxyd . 2,62 2,58 


Von Kalk war eine geringe Spur vorhanden. Der Ver- 
lust der Analysen rührt wohl von den nicht ermittelten Alkalien 
her. Der Vergleich obiger Zahlen zeigt eine sehr grosse 
Analogie in der Zusammensetzung der weissen Asche und der 


ausgeschleuderten Rhyolithbombe, resp. dem Gestein des Krater- 


415 


schlots, — genau so wie BALTZER es für die graue Asche 
vom 15. September 1873 erwiesen hat. | 

Durch die bisher vorliegenden Untersuchungen scheint 
demnach weder jene neue Art vulkanischer Aschen (deren 
Wesen in wirklichen chemischen Neubildungen bestehen sollte), 
noch weniger aber „eine Tridymitasche‘‘ mit Sicherheit er- 
wiesen zu sein. 


Prh art, 
i Seite 
I. Veber einige Andesgesteine . . . . . » we 2 nn 202.295 
Die Sphärolithlava des Antisana., . . SD SR Ma 


Der Quarz-Andesit (Daeit) des Vulcans Meiserlei BANN 6030) 
Der Andesit vom! Vulkan: Pululagua "2... 2.12.13 04 304 
Der; Andesit..des Guagua, Piebincha. a... «u. Jane)! 22 2.0 907 
Anmerk. Cronica de los fenomenos volcanicos y_ terre- 
motos en el Ecuador etc, von Prof. Tu. Worr. „ . 309 
a. das röthliche Gipfelgestein des Guagua Pichincha . „ 312 
b. die dunkle Andesitvarietät aus dem westlichen Krater 


Der Andesit des Tunguragua . . un 
Trachytischer Auswürfling aus den Tuffen von Velen, un- 

fern Pomaspui . . AIR ANNE Bae ELBA  sa  RE N NL 
Die Lava von Dareloneni KES SE PER RER N RN. u. 
Der Andesit von Toluca . . . : 325 
Der Obsidian-ähnliche Andesit von  ochechos- am Rio ade 

del Norte, Colorado . . . re et 2 
Trachyt Ei Perlenhardt im Siehenecbade ER NASE, 
Hauynführende Lava von der Insel Palma . . . ...2....2.9931 
Uebersicht der analysirten Plagioklase . . . 336 


Aeltere plutonische Gesteine auf dem Hochlaude von Blender 339 
.Sphärolithischer Pechstein von Oyacachi . . . . ..2...2 34 


Il. Ueber die Gesteine des Monzoni . - . . RR. 
Frühere Arbeiten: v. Buch, G, Rost, v. en DE LaP- 

PARENT, TSCHERMAK, DöLTer . . RE ER a a 7 
Augit-Syenit. Varietät aus dem Toal dei Rizzoni, Ana- 

lyse des Feldspaths . . . 5 941 


Varietät von Blöcken aus dem Bau, else ds Eeldshathe 344 
Augit-Syenit (Dolerite aerherde) aus den Pyrenäen . 947 
Diabas. Augit- Labradorgestein aus dem Piano, Analyse 

des Plagioklas . . . u 4 
Verwachsung von Augit na Eorthlende, ihre Zusknunenssfaine sol 
Mikroskopische Constitution des Diabas nach Prof. Rosengusch 359 
Zusammensetzung des Plagioklas aus dem Diabas . . . . 954 


416 


Augitkrystalle in Drusen des Diabas . . - \ 

Turmalin, Granat, Epidot, Axinit, Zirkon, Chabasit. x 

Olivinführender Gabbro . 

Zusammensetzung des Labradors und lab ae Di alle 

Mineralfundstätten des Monzoni. Mg am 
nördlichen Abhange des Monte Riccobetta 

Gehlenit und Granat, strahliger Augit und EN hei le 
Selle 

Epidot zu Allouket 2 

Derber Monticellit (Batr hie) im Toal dei Birken > 

Ceylanit, Brandisit, Pyrgom im Toal della Foglia . - 

Die Mineralfundstätte Pesmeda. Pseudomorphosen von Ser- 
pentin und von Fassait nach Monticellit 

Mikroskopische Untersuehung der Serpentin- Preilomerphosen 

Chemische Zusammensetzung derselben 

Fassait-Pseudomorphosen, deren Analyse . 

Anorthit von Pesmeda N 

Der Melaphyrgang von Gays weeks ben Panare 


Ill. Der Basaltgang von Tannbergsthal im sächsischen Voigtlande. 


Anhang. Die weisse Asche von Vulcano, ausgeworfen am 
7. September 1873 


4. Die Porphyre des Luganersee’s. 
Von Herrn B. Stuver ın Bern. 


Die werthvolle Arbeit der Herren NzGrı und SPREAFICO*) 
über die Umgebungen von Varese und Lugano veranlasste 
die schweizerische geologische Commission, die Verfasser an- 
zufragen, ob sie vielleicht geneigt wären, die geologische 
 Colorirung des Blattes XXIV., Durour, von seinem Westrande 
bis an das westliche Ufer des Comersees zu übernehmen, und 
diesem Wunsche wurde auf die verbindlichste Weise ent- 
sprochen. Nur in Betreff der in dieser Gegend auftretenden 
Porphyre wurde von uns eine von der in der erschienenen 
Karte abweichende Behandlung gewünscht. 

Als v. Buch im Jahre 1825 mit Movusson und mir meh- 
rere Tage der Geologie des Luganersee’s widmete und, 2 Jahre 
später, diese reizenden Gegenden wieder besuchte, glaubte er 
daselbst eine Bestätigung seiner kurz vorher in Süd-Tirol ge- 
wonnenen Resultate gefunden zu haben: einen rothen, quarz- 
führenden Porphyr als Grundlage und einen jüngeren quarz- 
freien, schwarzen Porphyr, den er dem die Kalkgebirge empor- 
hebenden und sie in Dolomit umwandelnden Augitporphyr 
Tirols gleichstellte.e Da indess im schwarzen Porphyr des 
Luganersee’s Augit nicht deutlich zu erkennen war, zog er für 
denselben die Benennung Epidotporphyr und später, nach 
BRONGNIART, Melaphyr vor.”*) 

Im Jahre 1833 besuchte ich wieder diese Gegend und 
sah zwischen Melano und Maroggia deutliche Gänge des 
rothen Porphyrs im schwarzen aufsteigen, sowie ich früher 
bei Predazzo, am Abfall des M. Mulatto, Gänge des 
rothen Turmalingranits im aufliegenden Melaphyr gesehen 
hatte.***) Ich glaubte daher den rothen Porphyr als jünger 


*) Mem. del Istit. Lombardo 1869, 
”*) Akad. v. Berlin 1827 p. 193. Ann. des sc. natur. 1829 Vol. XVIIL 
»e*) Leonu., Zeitschr. 1829 pag. 259. 


er ER EN en > en wi.’ N mM A A we KG are 


418 


erkennen zu sollen und gab darüber einen Bericht an die 
Societe geolog. in Paris. *) 

Im gleichen Jahr hatten auch meine Freunde F. Horrmanx 
und A. Escher auf ihrer Rückreise aus Italien eine nähere 
Untersuchung dieser Porphyre vorgenommen und ihren Bericht 
ebenfalls an die Societe geologique gesandt. Wir hatten uns 
damals weder in Tessin noch in Bern gesehen. Die Gänge 
von rothem Porphyr im schwarzen wurden auch von ihnen 
constatirt. Zugleich fanden sie aber auf der Halbinsel von 
Corona und Morcote eine so enge Verbindung beider Stein- 
arten und auch mit dem durch v. BucH als Granit beschrie- 
benen drusigen Feldspathgestein, dass sie alle drei Steinarten 
nur als Abänderungen derselben Masse erkennen zu sollen 
glaubten, deren gleichzeitiges Hervortreten in eine ältere Zeit 
falle, als die Ablagerung der sie überdeckenden Kalksteine 
und Dolomite. **) 

Zu derselben Folgerung gelangten später ©. BRUNNER aus 
Bern, jetzt in Wien, indem er auch Gänge von schwarzem 
im rothen Porphyr glaubt gesehen zu haben, womit auch 
GIRARD übereinstimmt.***) Das Abfallen. der Kalkstein- und 
Dolomitgebirge nach allen Seiten rings um den See und die 
Porphyrhügel herum erweckt bei ihm, wie früher bei v. Buch, 


die Vorstellung eines von unten her gehobenen und zerspreng- 


ten Gewölbes. f) 

Den Beobachtungen von HorFmAann, BRUNNER, GIRARD und 
ihren eigenen zufolge haben die Herren NEGRI und SPREAFICO 
auf ihrer Karte die rothen und schwarzen Porphyre, den dru- 
sigen Granit von Figino und den schwarzen Pechstein von 
@rantola mit derselben Farbe bezeichnet, was doch kaum 
gebilligt werden kann. Ja, nach v. BucH müsste auch der 
Granit von Baveno mit diesen Gesteinen vereinigt werden. 

Unsere geologischen Karten sind aber zunächst petro- 
graphische. Sie unterscheiden Granit und Gneiss, Granit und 
Syenit, Trachyt und Basalt, Kalkstein und Sandstein, obgleich 


*) Bull. soc. geol. 1 ser. IV. pag. 54; Geologie der Schweiz 1851, 
I. pag. 472, 
**) Bull. soc. 1 ser. IV, pag. 103. 
en FR Jahrb. 1861 pag. 336. 
+) Schweiz. Denkschr. 1852 Vol. XII. 


2 er Äh N B 
he A Be 
IRRE 2 ART 


419 


 Uebergänge auch hier häufig sind und eine Verschiedenheit 
des Alters oft in Zweifel steht, oder gar nicht behauptet wird. 

Petrographisch stehen aber nicht leicht zwei Steinarten 
_ weiter auseinander, als der rothe und schwarze Porphyr des 
Luganersee’s. 

Der rothe Porphyr, vorherrschend der Beschreibung 
v. Buc#’s und den Quarzporphyren anderer Gegenden ent- 
sprechend: bräunlich rothe Grundmasse mit unebenem Bruch, 
ausgesonderte gelblich weisse Orthoklaszwillinge, vereinzelte, 
beinah farblose, fein gestreifte Albit (Oligoklas) - Zwillinge, 
farblose, glasige Quarzdodeka@der, hält sich nicht innerhalb so 
enger Grenzen. Bei Maroggia ist die Grundmasse blass 
ziegelroth, verwachsen grobkörnig, der Quarz erscheint in rund- 
lichen, bis erbsengrossen Körnern. In den Gäugen daselbst 
ist die Grundmasse dicht, mit ebenem, wachsglänzendem Bruch, 
die Orthoklaszwillinge, deutlich getrennt, sind dunkelroth. 
Als Abänderung betrachtet Horrmasn auch den drusigen Granit 
von Figino. 

Der schwarze Porphyr zeigt sich constanter in seinen 
Charakteren. Nicht ohne Grund verglich ihn v. Buch mit den 
dunklen Steinarten von Süd-Tirol, er erinnert auch täuschend 
an die Melaphyre der Vogesen oder der Gebirge von Lyon. 
Eine schwärzlich grüne, feinsplittrige Grundmasse, mit in 
Menge ausgesonderten sehr kleinen, gelblich oder röthlich 
weissen Krystallen, die v. Buch als Albit (Oligoklas) erkennt. 
Orthoklas und Quarz scheinen ganz zu fehlen. Dunkel lauch- 
grüne langgezogene Krystalle glaubte v. Buc# als Augit oder 
Epidot bestimmen zu können. 

Mikroskopische Schliffuntersuchungen, gefälligst von Hei 
Prof. FıscHer in Freiburg i. B. ausgeführt, führten zu wenig ab- 
weichenden Ergebnissen. Die Grundmasse des rothen Por- 
phyrs zeigt keine Spur von Zwillingsstreifung und, wenn nicht 
die chemische Analyse anders entscheidet, kann man sie nur 
als Orthoklas betrachten. Oelgrune, von der Grundmasse 
nicht zu isolirende Stellen könnten vielleicht als Pinitoid ge- 
deutet werden. Auch in der Grundmasse des schwarzen Por- 
phyrs und in den von ihr umschlossenen kleinen farblosen 
Krystallen des Dünnschliffs glaubt Prof. FıscHER nur Orthoklas 
erkennen zu sollen. Die lauchgrünen, langgezogenen Krystalle 
scheinen ihm Hornblende, so dass der schwarze Porphyr, 


420 


wenn die Hauptmasse ein trikliner Feldspath wäre, als Por- 


pbyrit gelten müsste. Schwarze Körnchen in den Schliff- 


stücken erwiesen sich im gepulverten Stein als Magnetit, 


messinggelbe, durch die Lupe erkennbare Striemchen mögen 


Magnetkies sein. 

Um diese Steinarten näher zu prüfen, haben die Herren 
NEGRI und SPpREAFICO durch ihren Freund Garcanrinı Pıartı 
in Mailand sieben Abänderungen derselben chemisch analy- 
siren lassen. Zwei derselben, die entschieden den zwei in 
Frage stehenden Porphyren angehören, ergaben folgende Re- 
sultate: 


Rother Quarzporphyrr Schwarzer Porphyr 


| von Valgana zw. Melano u. Rovio 
Kieselerde ..... 84,10 69,57 
Thonterde. vor 10,50 12,30 
Busen... 1.2 1,10 als Fe 14,05 als Fe 
Masnesia.... ..... 0,03 0,49 
Kalkerde : ... 20 0,04 1,90 
Kali und Natron . . 1,10 0,25 
Wasser... 0 195 3,28 

98,80 101,41 


Diesen Analysen zufolge hat auch Dr. Justus Rorta den 
schwarzen Porphyr von Lugano nicht weiter als Melaphyr 
betrachtet, sondern mit den Felsitporphyren vereinigt. *) 

Auffallend war mir bei diesen Analysen vorherrschend 
aus Feldspath bestehender Steinarten der nur auf Spuren 
beschränkte Gehalt an Alkalien. Ich vermuthete, sie möchten 
nicht mit frischen Stücken vorgenommen worden sein, umso- 
mehr, da fast überall der Stein bis tief unter die Oberfläche 
verwittert ist. Als daher an der Gotthardbahn, 1873, bei 
Maroggia beide Porphyre mit einem Tunnel von 543,5 N. zu 
durchbrechen waren, liess ich mir, mehrere Monate nach An- 
fang der Arbeit, möglichst frische Stücke kommen, deren 
Analyse gefälligst unser Professor der Chemie SCHWARZENBACH 
übernahm. Es ergaben sich folgende, mit den in Mailand 
erhaltenen für Bauschanalysen nahe übereinstimmende Zahlen: 


*) Petrogr. pluton. Gesteine 1879. 


a nn En nn nn nn nl ee = Ze 


421 


Rother Porphyr Schwarzer Porphyr 


Kieselerde ..... 74,706 65,471 
Thonerde.... . 11.267 15,154 
Eisenoxyd ... 4,345 . 10,642 
Magnesia.... 0,360 0,340 
Kalkerde.... 1,641 1.011 
Kali und Natron 3,894 3,647 
Wasser ..... 3,690 8,101 

99,903 99,966 


Im vorigen Herbst, als ich durch Maroggia kam, liess ich 
mir aus dem inzwischen weiter vorgeschrittenen Tunnel wieder 
zwei Stücke geben und in der Hoffnung, dass eine schärfere 
Trennung der Alkalien Anhaltspunkte zur Unterscheidung der 
Feldspathe gewähren werde, ersuchte ich den mir befreun- 
deten, durch seine Mineral - Analysen rüubmlichst bekannten 
Hrn. v. FELLENBERG ihre Bausch-Analyse zu übernehmen. Zur 
Vergleichung mit den früheren Ergebnissen will ich nur das 
Hauptresultat beistellen, die Arbeit nebst den daraus gezogenen 
Folgerungen vollständig, folgen lassen. 


Rother Porphyr Schwarzer Porphyr 


Kieselerde ... 71,74 61,67 
Rbonerde ... 1.12.60 16,38 
Eisenoxyd ... 2,45 6,91 
Kalkerde. ;.. 2,30 2,97 
Magnesia..... 1,24 3,02 
Mauganoxydul . 0,84 0,30 
Kal a2... 4,14 4,22 
Natron. ., wu... 3,41 uR9,09 
Glühverlust. .. 3,50 3,31 

102,22 101,43 


Berücksichtigt man das Vorkommen von freiem Quarz im 
rothen Porphyr und freiem Magneteisen im schwarzen, be- 
sonders aber die beinahe vollständige Uebereinstimmung der 
Alkalien, so gewinnt die Ansicht, dass, ungeachtet der grossen 
Verschiedenheit der äusseren Charaktere, die chemische Mi- 
schung beider Porphyre dieselbe sei, sehr an Wahrscheinlichkeit. 


Zeits.d, Deeolı Ges. XXVI1. 2. 28 


“ 


d. Analysen zweier Porphyre aus dem Maroggiatunnel 
im Tessin. 


Von Herra L. von FELLExBERG ın Rosenbühl. 


Die eine der beiden tessinischen Eisenbahnen musste 
einen Berg durch einen Tunnel durchbrechen; das zu Tage 
getretene Gestein waren zwei Porphyre, ein hellziegelrother 
und ein dunkelgrauer, aber gemeiniglich als schwarzer be- 
zeichnet. Beide unterscheiden sich petrographisch auffallend 
von einander. 

Der rothe Porphyr, in welchem zahlreiche farblose 
und durchsichtige, bis mehrere Millimeter messende Körner 
von glasigem Quarze eingesprengt sind, scheint aus zwei ver- 
schiedenen Feldspathen zu bestehen: einem durchscheinenden 
röthlichen, von welchem keine Krystalle sichtbar sind, und 
einem weissen, mit feinen Streifen versehenen, welcher an 
die Zwillingsbildungen von Oligoklas erinnert. Im benetzten 
Zustande sind die drei Gemengtheile des rothen Porphyrs am 
deutlichsten wahrzunehmen. Vor dem Löthrohre ist der röth- 
liche Bestandtheil kaum schmelzbar, indem sich die dunnsten 
Kanten der Probesplitter nicht abrunden, dagegen oberflächlich 
wie verglast aussehen. Der weisse, streifige Bestandtheil 
schmilzt vor dem Löthrohre zu einem weissen, undurchsich- 
tigen Schmelze, unter Gelbfärbung der äusseren Löthrohr- 
famme. 

Der schwarze Porphyr zeigt im trockenen Zustande 
kaum ein Gemenge an; im nassen Zustande lassen sich unter 
der Lupe hellere, durchscheinende, grünliche Körner und eine 
dunkle Grundmasse erkennen , aber keine Quarzkörner. Die 
helleren Theile schmelzen vor dem Löthrohre zu weissem 
Schmelze, in welchem schwarze unschmelzbare Körner und 
Nadeln sichtbar werden; die Löthrohrflamme ist gelb gefärbt; 
die dunklen Theile geben vor dem Löthrohre keine auffallen- 
den Reactionen und schmelzen nicht, mögen also mit dem 


423 
rothen Bestandtheile des rothen Porphyrs einige Aehnlichkeit 
haben. 

Gegen Reagentien verhalten sich beide Porphyre folgender- 
maassen: 

Der rothePorphyr, als feines Pulver während 24 Stun- 
den bei gewöhnlicher Temperatur mit 2 procentiger Salzsäure 
in Berührung gelassen, entwickelt während vieler Stunden 
einzelne Bläschen von Kohlensäure und giebt eine farblose 
Lösung, in welcher neben Spuren von Eisenoxyd: Kalkerde 
und Magnesia vorhanden sind; der rothe Porphyr enthält also 
in seiner Masse Kalk- und Magnesiakarbonate, gewisser- 
maassen Dolomit, wahrscheinlich als Infiltrationsruckstand von 
dolomitischen Tagewassern. 

Der schwarze Porphyr gleich behandelt, verhält sich 
gleich, er entwickelt ebenfalls Kohlensäure, und der Auszug 
enthalt neben Eisenoxyd: Kalkerde und Magnesia in 
nahezu gleichen Mengen als der des rothen Porphyr. 

Wird der schwarze Porphyr, nach Behandlung mit ver- 
dunnter 2 procentiger Salzsaure, während mehrerer Tage kalt 
mit concentrirter Salzsäure digerirt, so wird er entfärbt, 
und der Rückstand, unter der Lupe besehen, erzeigt sich als 
ein Gemenge von weissen, hellgelben und dunkelröthlichgelben 
Körnern, ohne Spur von schwarzen Körnern; das Färbende 
ist in Lösung übergegangen und bildet eine hellgelbe Flussig- 
keit, von Eisenoxyd gefärbt, aber Kali- Perman- 
ganat-lösung entfärbend, also Eisenoxydul enthaltend. 
Das Färbende des schwarzen Porphyrs ist also Eisen- 
oxyduloxyd oder Magneteisen. Dieses scheint im 
schwarzen Porphyr einfach mechanisch eingesprengt zu sein, 
da es auch aus grobem Pulver vollständig durch warme Saiz- 
saure in einer Stunde Zeit ausgezogen werden kann. Durch 
diese Beobachtung war die Hauptschwierigkeit der Analyse 
des schwarzen Porphyrs überwunden. Durch directe quanti- 
tative Bestimmungen konnte sowohl die Gesammtmenge des 
Eisens, als diejenige des Eisenoxyduls im Magneteisen direct 
bestimmt werden. 


Bausch-Analysen der beiden Porphyre. 


Für jeden der beiden Porphyre musste die Zusammen- 
setzung durch je zwei Analysen gefunden werden, in deren 


28” 


a N A a Te ER TA SR 
I RER TED 2 
Y } = ae Ki 


424 


einer A. die Kieselsaure nebst den Basen mit Ausschluss der 


Alkalien, in deren anderer B. die Alkalien und die anderen 
Basen mit Ausschluss der Kieselsäure zur Bestimmung kamen. 
Folgendes war in kurzen Umrissen der Gang der Analysen: 


A. Aufschliessung durch Alkalicarbonate. 


Ein Gramm feingepulverten Minerals wurde im Platintiegel 
mit 5 Gramm eines Gemenges nach gleichen Aequivalenten 
kohlensauren Kalis und Natrons geschmolzen, die Schmelze 
mit Wasser aufgeweicht, durch Salzsäure zersetzt, und Lösung 
sowohl als auch die abgeschiedene Kieselsäaure zur Trockne 
verdunstet. Nach Behandlung mit Wasser wurde filtrirt und 
die Kieselsäure gesammelt und ausgewaschen, dann nach dem 
Glühen gewogen und durch Verdunsten mit Flusssaäure auf 
Reinheit geprüft. 

Das Filtrat wurde nach üblicher Weise analysirt; erst 
Thonerde und Eisenoxyd gemeinsam gefällt, und dann diese 
durch Schmelzen mit Kalibydrat getrennt. Das Filtrat der 
Thonerde wurde durch oxalsaures Ammoniak gefällt, unter 
Zusatz von Schwefelkalium, zur gemeinsamen Abscheidung von 
Mangan und Kalkerde, welche dann in essigsaurer Lösung 
durch Chlorwasser leicht und genau getrennt werden. Endlich 
wurde im Filtrate der oxalsauren Kalkerde die Magnesia durch 
phosphorsaures Natron gefällt und bestimmt, 


B. Aufschliessung durch flusssaures Fluor- 
Ammonium. 


Ein Gramm feingepulverten Steins wurde mit 2 Gramm 
frisch sublimirten flusssauren Fluor- Ammoniums und etwas 
Wasser zum dicklichen Brei angerührt und im Wasserbade zur 
Trockne verdunstet, und unter jeweiligem Zusatze von einigen 
Tropfen Wasser diese Operation noch mehrmals wiederholt, 
dann die trockne Masse mit 2 Gramm geschmolzenen und 
erstarrten Ammoniak - Bisulfates vermengt, erhitzt, viel Fluor- 
silicium verjagt und erhitzt, bis sich aus der trocknen Masse 
keine Schwefelsaäuredäampfe mehr entwickelten. Nach Zusatz 
von Salzsäure und ca. 50 Th. Wasser und Erhitzen zum 
Kochen, wurde die von etwas kohliger Materie getrübte Lo- 
sung filtrirt; es blieb kein Rückstand unzersetzten Minerals. 


ı 


BER NE a ge 7 ba Reh 1 rg BT a ST I TA 
“ RE £ NR ZN Nele 
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425 


In der Lösung waren alle Bestandtheile des Gesteins mit 
- Ausschluss der Kieselsäure enthalten. 


Aus dieser wurden nun der Reihe nach: Thonerde und 
Eisenoxyd durch Ammoniak, dann aus dem Filtrate Kalkerde 
und Mangan durch oxalsaures Ammoniak und Schwefelammo- 
nium ausgefällt. Die beiden ersten wurden durch Schmelzen 
mit Kalihydrat, die beiden letzteren durch Chlorwasser getrennt. 

Das Filtrat der Kalkerde wurde zur Ansammlung der 
Alkalien zum Trocknen verdunstet, die Ammoniaksalze weg- 
geraucht, und die ruckständigen Alkalisulfate in Wasser gelöst, 
auf ein geringes Volumen eingedunstet und, zur Abscheidung 
der Magnesia mit viel neutralem koblensaurem Ammoniak ver- 
setzt, einen Tag lang stehen gelassen. Die abgeschiedene 
Magnesia wurde gesammelt und bestimmt und das Filtrat 
evaporirt und mit kohlensaurem Ammoniak bis zum constanten 
Gewichte der neutralen Alkalisulfate erhitzt. Deren Gehalt 
an Kali und Natron wurde nach Bestimmung der Schwefel- 
säure in denselben durch die indirecte Analyse berechnet. 

Die Bestimmung des @Gluhverlustes mit Einschluss der 
den Erdcarbonaten entsprechenden Kohlensäure wurde durch 
Erhitzen bei Gelbgluht von je 1 Gramm Mineralpulver aus- 
geführt. 

Die ausgeführten Analysen ergaben folgende Resultate: 


I. Rother Porphyr. IH. Schwarzer Porphyr 


Kieselsäure .. .. 71,74 pCt. 61,67 pCt. 
Khonerde.. .. it 12,60 16,38 
Eisenoxyd...... 2,45 6,31 
Kalkardes. .. 2,30 2,94 
Magnesia ..... 1,24 3,02 
Manganoxydul .. 0,84 0,30 
2 4,14 4,22 
DNatronw.sr...... 3,41 3,65 
Glühverlust . 3,90 3,31 
102,22 101,43 


Diese beiden Analysen haben noch eine Correctur nöthig 


in Bezug auf die in denselben versteckt enthaltenen Erdcarbo- 


nate. Diese wurde vorgenommen, indem je 1 Gramm der 
beiden Porphyre während 24 Stunden mit 25 Th, 2 procen- 


426 


tiger Salzsäure kalt in Beruhrung gelassen wurden, unter zeit- 

weiligem Umrühren. Nach Filtration wurde durch Ammoniak 

etwas Eisenoxyd abgeschieden, dann die Kalkerde durch 

oxalsaures Ammoniak und die Magnesia durch phosphor- 

saures Ammoniak abgeschieden und bestimmt. ' 
Es wurden erhalten: 


1. Beim rothen Porphyr 
1,91 pCt. Kalkerde — 3,40 pCt. Carbonat 


0,97 Magnesia — 2,03 5 
2,88 — 5,43 _ Erdearbonate. 


2. Beim schwarzen Porphyr 
1,94 pCt. Kalkerde = 3,45 pCt. Carbonat 


0,50 Magnesia = 1,05 = 
2,44 | — 750 Erdearbonate. 


Corrigiren wir mit diesen Daten die obigen Resultate, 
und berechnen wir sie auf 100 Theile, so haben wir: 


I. Rother II. Schwarzer 


Porphyr Porphyr 

Kieselsäure ...... 70,18 pCt. 60,80 pCt. 
Dkpnerde..ı. . . 12.33 16,15 
Bısenaxyd.. .....u%. 2,40 6,22 (Magneteisen) 
Kalkerder, au rse: 0,38 0,62 
Maenesia , ...le..... 0,26 2,48 
Manganoxydul...... 0,82 0,30 
Re 0 EN Dean 4,05 4,16 h 
Nato. ee 3,94 3,60 | 
Wasser als Glühverl. . 0,93 1,23 | 
Erdearbonate ..... Ha 4,44 | 

100,00 100,00 | 


Bestimmung des Magneteisens im schwarzen 
Porphyr. 


Um diese mit Sicherheit auszuführen, wurde 1 Gramm 
des Pulvers des schwarzen Porphyrs in einem mit einer 
Kohlensäure - Atmosphäre angefüllten Glaskolben, unter be- 
ständiger Zuleitung von Kohlensäure, durch starke Salzsäure 


g 


NE ARE ER HERRN RT NE REN DET 
ER EB Re a 
N no I ERER Pit j) re ABl 


427 


nnter Erwärmung, bis zur Entfärbung des Rückstandes dige- 


rirt, dann rasch filtrirtt und durch frisch auf seinen Titre 
geprüftes übermangansaures Kali das Eisenoxydul bis zur 
stehenden Rosafärbung austitrirt und dieser Versuch zweimal 
wiederholt und bei einem vierten Versuche die Gesammtmenge 
des durch Säure ausgezogenen Eisens bestimmt. Das Mittel 
aus allen vier Versuchen ergab 6,51 pCt. Magneteisen, ent- 
sprechend 6,28 anstatt 6,31 pCt. Eisenoxyd. Wir haben also 
in obiger Summe anstatt 6,31 pCt. Eisenoxyd, nur 6,22 pCt. 
Magneteisen zu schreiben, ohne einen merklichen Fehler zu 
begehen. 

Wollen wir nun aus den obigen Resultaten versuchen 
herauszurechnen, was für Feldspathe in den beiden Porphyren 
neben einander vorhanden sein könnten, so müssen wir die 
Alkalien als Ausgangspunkte nehmen, und nämlich das Kali, 
als Basis des Kalifeldspaths oder Orthoklases, und 
das Natron als Basis des Natronfeldspaths oder Oli- 
goklases, und müssen wir vorerst die Sauerstoff-Verhältnisse 
obiger Analysen in’s Auge fassen. Wir finden die Berechnung 
der Sauerstoff - Verhältnisse 


1. Sauerstoff 11. Sauerstoff 
Kieselsäure ... . 70,18 pCt. 36,44 60,80 pCt. 31,57 
Thonerde +... 12,99 576r7..16.F9 1,55 
Eisenoxyd.... 2,40 0,71 0, 0,00 
Kalkerde. .... 0,38 0,11 0,62 0,18 
Magnesia .... 0,26 0.10 2,48 0,99 
Manganoxydul. . 0,82 0,18 0,30 0,07 
Kalle SH 4,05 0,69 4,16 0,71 
Natzon..:. SR. 3,94 0,87 3,60 0,92 
Wasser. ........% 0,93 — 1:98 0,00 
Cazbonate ........ 29.31 — 4,44 0,00 
Magneteisen.. . . 0,00 — 6,22 0,00 


Stellen wir aus diesen Elementen mit Kali nach den 
Verhälnissen R:R:Si=1:3:12 einen Kalifeldspath, mit 
Natron mit den Verhältnissen R:R: Si = 1:3:9 einen 
Natronfeldspath zusammen, so finden wir für den rothen 
Porpbyr: 


> 428 
0,69 K = 4,05 K 


1 = 0,97 0,18 Mn= 0,82 Mn 
0,10 Mg= 0,26 Mg 


l 


3 — 2,1 Aa- 63 X 
12 = 11,64 Si = 22,42 Si 
ÖOrthoklas a 2. nr 33a pl: 


; | 0,87 Na = 3,34 Na 


1 = 0,9 
| 011 Ca = 0,38 Ca 
3 — 2.94 Al = 629 X 
I — 8.82 Si = 17,00 Si 
Oligoklası 1... ur. 220, pCt. 


Der ganze rothe Porphyr aber besteht aus: 
A. Orthoklas ... 33,78 pCt. oder ohne Carbonate aus: 


Oligoklas . . 27,01 B.: Orihoklas, : „95,00 9 E 
Quarz. ... 00376 \:3:Qliveklası 28.38 
Eisenoxyd. . 2,40 Quarz... =. 32,39 
Wasser... ...0,38 Eisenoxyd .... 2,59 
Erdearbonate 5,31 Wasser... 0,98 
100,19 100,00 


Führen wir die gleichen Berechnungen beim schwarzen 
Porphyr aus, so erhalten wir folgende Zusammenstellung: 


| 0(1K = 416K 


1 = 1,77% 0,07 Mn = 0,30 Mn 
| 0,99 Mg = 2,48 Mg 

De 53 A. WaoN 

Je 21,24 Si = 40,91 Si 
Orthaklas‘ 3 0.2.2. O2 per 
a 0,92 Na U AUn Na 
0,18 Ca = 0,62 Ca 

3 —- 330 Al = 7,06 Al 


ge 9,90 Si = 19,07 Si 
Oligoklas Sal 30,35 pCt. 


I 


429 
Der gan ze schwarze Porphyr besteht aus: 


A. Orthoklas ... 59,21 pCt. oder ohne Carbonate aus: 


Oligoklas . . 30,35 B-; Orthoklas . ... 61,03 pCt: 
Magneteisen . 6,22 Oligoklas . . . 31,29 
Wasser ... 1,23 Magneteisen. . 6,41 
Carbonate. . 4,44 Wasser. .... 127 
101,45 100,00 


Berechnen wir noch aus diesen Elementen nach Rorn’s 
Vorschrift die specifischen Gewichte aus den #ichtigkeiten 
Quarz — 2,65, Orthoklas = 2,56, Oligoklas = 2,66, Magnet- 
eisen = 4,9, Carbonate = 2,71, so finden wir für den rothen 
Porphyr: A = 2,642, B = 2,641; für den schwarzen 
Porphyraen 2.118, b — 2,121. 

Die bei 6° Reaum. direct bestimmten specifischen Ge- 
wichte der beiden Porphyre wurden gefunden: 


für den rothen Porphyr — 2,645 
für den schwarzen Porphyr == 2,6598 


also nicht bedeutend von obigen abweichend. 

Zum Schlusse noch die Bemerkung, dass der schwarze 
Porphyr als ein weit basischerer, welcher sogar 6 pÜt. freie 
Basen im Magneteisen enthält, ein geologisch weit jüngeres 
Gestein zu sein scheint, als der mit Kieselsäure übersättigte 
rothe Porphyr, welcher für * seines Kieselsäuregehalts keine 
Verwendung hatte, so dass dieser als Quarz sich ausscheiden 
musste. 


6. Ueber €. BE. von Barws Bos Pallasii aus dem 
Diluvinm von Danzig. 


Von Herrn Ferp. Rormer ın Breslau. 


Hierzu Tafel XI. 


In der 1823 erschienenen zweiten Abtbeilung der kleinen 


akademischen Schrift über die fossilen Wirbelthiere der Pro- 
vinz Preussen*) hat der berühmte Nestor der deutschen Phy- 
siologen und Anatomen Ü. Ersst v. Baer den Knochenzapfen 
eines Horns aus dem Diluvium bei Danzig pag. 27 mit fol- 
senden Worten beschrieben: 

„Rathkii nostri benevolentia aliud examinandum cornu 
„communicatum est, quod anno 1762 arando invenerat rusticus 
„ad (pagum ?) Wonnebergum, 5000 passus a porta Gedanensi 
„Neugartenthor in collium serie, cujus mentionem jam in pro- 
„oemio ‚fecimus. Inferior tantum cornu pars superstes, 7 pol- 
„lices longa et cranii parum, satis tamen ut videre Jliceat 
„eristam transversam occipitis a cornu distare, quo differt a 
„tauro. Cornu radice non terete, sed depressa (altitudo enim 
„2 poll., latitudo 4 poll., circumferentia 11) superficies tres 
„exhibeute, superiorem convexam, inferiorem convexiusculam 
„et posteriorem angustiorem itidem fere planam nec in cranii 
„superficie excurrentem, quod de Uro bene observavit UUVIERUS. 
„A bove moschato toto coelo diversum, desideratur enim cornu 
„baseos intumescentia. Restat quartus boum fossilium, quem 
„PALLASIUS ad crania ex Siberia translata descripsit. 

„Hujus speciei nostrum esse credimus quia eundem animad- 
„vertimus angulum obtusum frontem in duas partes dividentem, 


*) De fossilibus mammalium reliquiis in Prussia repertis disser- 
tatio. Sectio altera consensu illustris med. ordinis in Academia Alber- 
tina pro receptione in facultatem die XVI. Septbr. MDCCCXXII pu- 
blice defendenda ab auctore CaroLo Ennesto a Baer, Dr. med. P.P. ©. 
des. Regiomonti. 


EI 


451 


„quarum posterior magis declivis est, quam in Uro quia porro 
„eadem cornu radieis directio observatur. De hac radice de- 
„pressa PALLasıus quidem non loguitur, ex icone talis vero 
„nobis videtur, eosdemque angulos animadvertimus quamquam 
„ob vaginam corneam minus conspicuos. Vagina cornu nostro 
„deerat uti in subterraneis nostratibus solet. 

„Servatur in museo Societatis naturae curiosorum Geda- 
„nensium. ÜUt cognosei possit hoc specimen memorabile quia 
„unicum est quod in Europa repertum sciamus non supervaca- 
„neum videtur adjicere, in cornu insertione instrumentis aper- 
„turam factam et superficiem inferiorem rasam esse. Caret 
„baec species e terrarum fundo reviviscens nomine proprio. 
„Divini PArLası nomen immortale proponimus.“ 

Bei der Beschreibung eines in dem Diluvium Schlesiens 
gefundenen Schädels des Moschusochsen (Ovibos moschatus)*) 
war es mir von Interesse, auch von den übrigen bisher in 
Deutschland gefundenen Resten dieses Thieres durch eigene 
Anschauung eine zuverlässige Kunde zu erhalten. Da nun 
W. Boyp Daweıns®) und andere Autoren den Bos Pallasü 
v. Barr als ein Synonym von Ovibos moschatus BLAINv. auf- 
führen, so war es von Wichtigkeit, auch den durch €. E. von 
Baer beschriebenen Hornzapfen von Danzig zu sehen. 

Eine nach Danzig gerichtete Anfrage hatte einen uner- 
wartet günstigen Erfolg. Herr Dr. BaıL, Director des Mu- 
seums des naturhistorischen Vereins in Danzig, ein werth- 
geschätzter ehemaliger Zuhörer von mir, hatte die Güte, mir 
nieht nur den durch C. E. von Barr beschriebenen Horn- 
zapfen, sondern noch einen zweiten offenbar derselben Art 
angehörenden und vor einigen Jahren ebenfalls im Diluvium 
bei Danzig gefundenen Hornzapfen zur Ansicht zu schicken. 

Die nähere Untersuchung dieser beiden Exemplare hat zu 
dem Ergebniss geführt, dass sie zu keinem der aus dem deut- 
schen Diluvium bisher bekannten Wiederkäuer gehören, son- 
dern von einer selbstständigen neuen Art herrühren, Die 
beiden Stücke sind hier nacheinander in ihrem besonderen 
Verhalten zu betrachten. 


*) Vergl. Bd. XXVI. Jahrg. 1574 dieser Zeitschr. pag. 600 ff. 

**) The British pleistocene Mammalia Part V. Brit. pleistocene 
Ovidae. Ovibos moschatus Buaınv. London 1872 (Palaeontogr. Society) 
pag 17. 


v 


432 


1. Das Horn, auf welches sich die Beschreibung | 


C.E. v. Baer’s bezieht. Taf. XI. Fig. 1—3. 

Dasselbe entspricht durchaus der durch v. BAER gege- 
benen Beschreibung. Es ist ein am Ende abgebrochener 
Hornzapfen nebst einem Theile der Stirn. Der Querschnitt 
des Zapfens ist fast rechtwinklig und breiter als hoch (an der 
Basis 10 Cm. breit, 72 Cm. hoch). Die obere Fläche des 
Zapfens ist ganz flach gewölbt, die untere eben und selbst 
etwas concav. Die vordere Fläche ist gewölbt und geht mit 
allmäliger Rundung sowohl in die obere als in die untere 
Fläche uber. Dagegen fällt die hintere Fläche des Zapfens 


senkrecht ab und steht fast rechtwinklig gegen die obere und 


und untere Fläche. Nächst dieser subrektangulären Form des 
Querschnitts ist die gerade Richtung des Zapfens mit Be- 
ziehung auf die obere Fläche des erhaltenen Theils der Stirn 
besonders bemerkenswerth ; die obere Fläche des Hornzapfens 
liegt namlich in gleicher Ebene und in der Fortsetzung der 
Oberfläche des betreffenden Stirntheils und erst gegen das 
Ende neigt sich die Oberfläche etwas nach abwärts. Das fast 
gerade Horn war in gleicher Höhe mit der Stirn rechtwinklig 
gegen die Seitenfläche des Schädels diesem angefügt. 

Der mit dem Hornzapfen zusammenhängende erhaltene 
Theil des Schädels ist ein 10 Cm. breites und gegen 16 Cm. 
langes Bruchstück der Stirn. Der mittlere Theil der Ober- 
fläche stellt eine ganz flach gewölbte fast ebene Fläche dar. 
Nach vorn neigt sich die Oberfläche allmälig, nach hinten 
steil nach abwärts. Sie ist mit unregelmässigen rundlichen 
Hockern und Runzeln bedeckt, welche gegen die Wurzel des 
Hornzapfens hin am stärksten sind, gegen die Mitte der Stirn 
hin dagegen schwächer werden. Diese Rauhigkeit ist von 
ganz ähnlicher Beschaffenheit, wie diejenige auf der zwischen 
den Hoörnern liegenden Oberfläche der Stirn bei Ovibos mo- 


schatus, bei Bubalus cafer und anderen Arten von Wieder- 


käuern, bei welchen die Hornscheide der Hörner nicht blos 
die Knochenzapfen überziehen, sondern vom Grunde derselben 
sich erweiternd einen Theil der Stirn bedecken. Es darf 
daher mit Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, dass auch 
bei der hier in Rede stehenden Art eine ähnliche Erweiterung 
der Hornscheiden am Grunde der Hörner vorhanden war. 
Freilich entsprechend der geringeren Stärke der Warzen und 


433 


deren Verschwinden gegen die Mitte hin in viel unbedeu- 
tenderer Dicke und Ausdehnung, als z. B. bei Ovibos moschatus 
und Dubalus cafer. 

Die untere Fläche des erhaltenen Stirntheils wird zum 
Theil durch die obere Wand der Hirnhöhle gebildet. Sie ist 
glattflächig und mit unregelmässigen den Unebenheiten der 
Gehirnmasse entsprechenden Vertiefungen versehen. Ein Ab- 
stand von 4 Cm. trennt diese untere Fläche von der oberen 
oder Aussenfläche. Der Zwischenraum wird durch eine aus 
unregelmässigen grossen Zellen bestehende Diplo& gebildet. 

Endlich ist noch zu erwähnen, dass das Stuck an meh- 
reren Stellen die deutlichen Spuren von Axtschlägen oder die 
Einwirkungen irgend eines anderen schneidigen Instruments 
an sich trägt. Namentlich am Grunde des Hornzapfens sind 
dergleichen bemerkbar. Hier ist namentlich an der Vorder- 
seite eine 4 Cm. lange und 1 Cm. breite Kerbe durch die 
ganze Dicke der Stirawand gedrungen. Auch auf der Unter- 
seite sind am Grunde des Knochenzapfens mehrere glatte 
Schnitilächen eines schneidenden Instruments vorhanden. 
Wahrscheinlich rühren diese Verletzungen von den unkundigen 
Findern des Stucks her, welche sich durch diese Schnitte 
über die Natur des ihnen unbekannten Körpers aufzuklären 
versuchten. Uebrigens bieten diese Verletzungen den Vortheil, 
dass sie jeden etwaigen Zweifel in Betreff der Identität des 
vorliegenden Stücks mit dem von C. E. v. Baer beschriebenen 
beseitigen, da diese Verletzungen durch den genannten Autor 
ganz in gleicher Weise erwähnt werden. 


2. Das bisher nicht beschriebene Horn. Taf. XI. 
Figur 4— 6. 


Dasselbe ist ebenfalls ein Knochenzapfen mit einem Theile 
der Stirn. Es ist grösser und vollständiger als das vorher 
beschriebene und namentlich ist auch das Ende fast unversehrt 
erhalten, Die eigenthümlich plumpe holzschuhähnliche Gestalt 
des Knochenzapfens tritt hier noch deutlicher hervor, als bei 
dem anderen. Er ist ganz gerade gestreckt und die bei dem 
anderen bemerkte leichte Krummung nach abwärts ıst hier nicht 
vorhanden. Die Abplattung von oben nach unten und das Ueber- 
wiegen der Breite uber die Höhe ist hier noch grösser. Die obere 
Fläche ist ganz flach gewölbt und erst an der Spitze nach abwärts 


ee re 3 
| {ap Pur F eh: 


geneigt. Die untere Fläche ist ganz eben wie ein Brett. Die a 
Ebenheit der Fläche ist so gross, dass man fast an eine künst- i 
liche Abreibung denken möchte, allein bei genauerer Prüfung 
überzeugt man sich, dass sie durchaus natürlich ist. Wie bei k 
dem anderen Horn ist die vordere Fläche gerundet*), die hin- 
tere fast eben und senkrecht abfallend. Bei einer Länge von 
23 Cm. beträgt die grösste Breite am Grunde 13 Cm. und die : 
grösste Höhe 5} Cm. Diese grösseren Dimensionen im Ver- 
gleich mit denjenigen des anderen Horns sind wohl dem 
höheren Alter des betreffenden Individuums oder vielleicht auclı 

der Verschiedenheit des Geschlechts zuzuschreiben. Uebrigens 

ist, wenn man mit C, E. v. Baer die senkrecht abfallende 
Seitenläche des Horns für die hintere hält, dieses zweite 
Horn ein Horn der rechten Seite, während das erste ein 
linkes ist. 

Auch dieses zweite Horn ist ganz in der Nähe von Danzig 
gefunden worden, und zwar nach der angeklebten Etiquette im 
Jahre 1869 beim Ausgraben der Fundamente für die Olivaer 
Brücke. Die Erhaltungsart ist auch durchaus die bei Wirbel- 
tbierresten des norddeutschen Diluviums gewöhnliche. Es hat 
die herrschende braungraue Färbung solcher Knochen, frische 
Bruchstellen kleben an der Zunge und die inneren Hoöh- 
Jungen des Horns sind noch zum Theil mit schwärzlich grauer 
sandiger Erde erfüllt. Von dem ersten durch v. BAER be- 
schriebenen Horne gilt rüucksichtlich der Erhaltung ganz das 
Gleiche. Dieses wurde, wie in der Beschreibung v. BAEr's 
angegeben ist, in einer Hugelreihe bei dem Dorfe Wonneberg 
an einer etwa 5000 Schritt vor dem Neugartenthor in Danzig 
entfernten Stelle durch einen Bauer beim Pflugen im Jahre 
1762 aufgefunden. 

Entsteht nun die Frage, welcher Thierart die beiden 
Hörner zuzurechnen sind, so ist zunächst die Annahme voN 
Barr’s, derzufolge das von ihm beschriebene Horn zu der- 
selben Art, wie die von PaLLas aus Sibirien beschriebenen 
Ochsenschädel gehören sollen, entschieden unzulässig. Denn 
obgleich er sie nicht näher bezeichnet, so können unter diesen 


- 


*) An dieser vorderen Seite ist fast in der Mitte eine etwa 13 Zoll 
lange, aber nur wenig tief eindringende, mit einem schneidigen Instru- 
mente bewirkte künstliche Schnittfläche bemerkbar. 


Se > => 


en Rx 


sibirischen Schädeln nur die von Parzas in Nov. Comm. 
Petrop. XIII. pag. 460 und XVII. pag. 580 beschriebenen 
Schädel und Schädelbruchstucke verstanden sein, welche von 
Pırras zuerst für Schädel eines Riesenbuffels, demnächst für 
solche des indischen Bubalus Arni erklärt wurden*); diese 
gehören aber nach der Beschreibung und Abbildung von 
Pıuzas und nach der übereinstimmenden Deutung von Cv- 
vVIER**), H. v. Meyer***) und anderer Autoren zum Bos 


'priscus BoJ. oder zu einem dem Auerochsen (Bos bison L.) nahe 


verwandten Tbiere. Die Hörner von Danzig mit ihrer flach 
niedergedruckten, geraden und stumpf endigenden Form sind 
von den drehrunden, gekrümmten und am Ende zugespitzten 
Hörnern dieser Art durchaus verschieden. In der That sind 
auch die Merkmale, welche v. Barr als angeblich überein- 
stimmend zwischen dem Danziger Horn und den Hornern der 
sibirischen Schädel erkennt, von sehr unbestimmter Art. Er 
nennt als solche eine ähnliche stumpfwinklige Theilung der 
Stirn in zwei Hälften, deren hintere steiler als beim Auer- 
ochsen abfällt, und einen ähnlichen Querschnitt der Hörner, 
der zwar in der Beschreibung von Parrzas nicht angegeben, 
den v. Baur aber in der Abbildung wahrzunehmen glaubt. 
Wenn man demnach genöthigt ist, für die Hörner von 
Danzig eine andere Bestimmung zu suchen, so wird man doch 
nur in der Familie der Boviden eine näher zu vergleichende 
Form zu finden erwarten dürfen. In den Gattungen Bos und 
Bison ist keine Art mit ähnlichen niedergedrückten, geraden 
und stumpf endigenden Hornzapfen bekannt. Dagegen finden 
sich bei der Gattung Bubalus in der That niedergedrückte 
Hörner mit ähnlichem Querschnitt, namentlich dem afrikanischen 
Bubalus cafer und dem indischen Bubalus Arni. Auch die 
durch die Anwesenheit der Hocker und Runzeln auf dem 


*) Denn die von Pırıas (Nova Comm. Petrop. XVII. pag. bVI ff.) 
gleichfalls aus Sibirien beschriebenen Schädel des Moschusochsen oder 
einer diesem ganz nahe stehenden Art können nicht gemeint sein, da 
v. Baer ausdrücklich erklärt, dass das Danziger Horn von einem solchen 
des Moschusochsen durchaus verschieden sei („A bove moschato toto 
eoelo diversum“). 

*#=) Rech. ossem. foss Ed. 4. Tom. VI. pag. 289 ff. pl. 173. f. 4. 
**®) Ueber fossile Reste von Ochsen u. s. w. in Act. Acad. Leop. 
Vol. XVU. pag. 109. 


erhaltenen Theile der Stirnfläche der Danziger Stücke ange- 
deutete Ausbreitung der Hornscheiden an der Basis ist den 
meisten Büffelarten eigenthumlich. Allein wesentlich unter- 
scheidend bleibt bei den Büffeln immer die viel grössere 
Länge und allmälige Zuspitzung der Hornzapfen, sowie auch 
deren Krümmung. Wegen der Länge und Krümmung des 
Hornzapfens gelingt es meistens nur mit Schwierigkeit, die 
Hornscheiden von den letzteren abzuziehen. Immerhin zeigt 
aber die Form der Büffelhörner noch am ersten einige Ver- 
wandtschaft mit derjenigen der Hörner von Danzig, wenn 
auch eine bestimmtere specifische oder auch nur generische 
Uebereinstimmung nicht nachweisbar ist. Der Umstand, dass 
fossile Büffel bisher nicht gekannt sind und die Erwägung, 
dass dieselben als T'hiere wärmerer Länder in den deutschen 
Diluvial-Bildungen kaum zu erwarten sind, wurde auch einen 
wesentlichen Einwand gegen die Zugehörigkeit zu dieser Gat- 
tung nicht begründen, wenn sonst die fraglichen Hörner eine 
nähere Uebereinstimmung der Merkmale mit denjenigen einer 
bekannten Büffelart zeigten. *) 

Wenn demnach die Hörner von Danzig einem neuen 
Thiere der Diluvial-Fauna angehören, so wird für dasselbe 
vorläufig — bis etwa durch weitere Funde eine andere ge- 
nerische Bestimmung ermittelt wird — die v. Barr'sche Be- 
nennung Bos Pallasii beizubehalten sein. Denn die Art ist 
doch durch ‚v. Bax® zunächst für das Horn von Danzig er- 
richtet und die durch PAutLAs beschriebenen Schädel, welche 
zum Bos priscus oder einer diesem nahe verwandten Art ge- 
hören, sind nur in irrthümlicher Deutung der Parras’schen 
Abbildungen zu derselben Art hinzugezogen worden. Bei der 
Beibehaltung des PALzLas’schen Namens wird freilich vor der 
Verwechslung mit Bos /allasü DexayY (Annals of the Lyceum 
of nat. hist. of New-York Vol. II. pag. 280 t. 6.), welcher 
zunächst für die von PALLAS und ÖZERETKOWSEY aus Sibirien 


*) Bei einer flüchtigen Betrachtung der Danziger Hörner im Herbst 
1874 sprach Staatsrath J. F. Braxpr die Vermuthung aus, dass dieselben 
vielleicht einer der noch lebenden Arten von Wildschafen angehören 
könnten. Angeregt durch diese Bemerkung des ausgezeichneten Kenners 
fossiler und lebender Wirbelthiere habe ich Vergleichungen in dieser 
Richtung vorgenommen, aber an dem mir zugänglichen Material jene 
Vermutbung nicht näher begründen können. 


437 
beschriebenen Schädel des Ovibos moschatus oder einer ganz 
nahe verwandten Art gegründet ist*), ausdrücklich zu war- 
nen sein. 

In jedem Falle liegen in den beiden Hörnern von Danzig 
die Ueberreste eines sonst nicht weiter beobachteten Wieder- 
käuers der norddeutschen Diluvial-Fauna vor, welcher durch 
die niedergedrückte, im Querschnitt fast rechtwinklige und am 
Ende stumpf zugerundete Form, sowie die gerade und recht- 
winklig vom Schädel abstehende Richtung der knöchernen 
Hornzapfen ausgezeichnet ist. Wenn andere Reste dieses 
grossen Thieres bisher nirgends beobachtet wurden, so weiset 
das auf eine gewisse Seltenheit während der Diluvialzeit hin, 
Der Umstand, dass sich bei Danzig allein zwei nicht dem- 
selben Individuum angehörende Hörner gefunden haben, lässt 
auf eine verhältnissmässig grössere Häufigkeit des Thieres in 
dieser Gegend schliessen und begründet wohl die Vermuthung, 
dass vorzugsweise das nordöstliche Deutschland seinen Wehn- 
sitz gebildet habe. Es ist sehr zu wünschen, dass weitere 
Funde, welche namentlich in der Provinz Preussen zu erwarten 
sein wurden, die bisher auf so unbedeutenden Resten beru- 
hende Kenntniss des Thieres vervollständigen möchten. 


Nachdem das Vorstehende bereits vor einigen Wochen 
zum Druck eingeschickt war, erhielt ich von Herrn Professor 
Dr. Rürtımeyer brieflich die nachstehenden Bemerkungen über 
den hier in Rede stehenden Wiederkäuer. Obgleich dieselben 
im Allgemeinen die von mir angenommene Zugehörigkeit der 
unter Vorstehendem beschriebenen Hornzapfen zu einem Thiere 
aus der Gruppe der Büffel bestätigen, so ist diese Ansicht 


*) Vergl. Annals of the Lyceum nat. hist. New-York Vol. II. 1828 
pag. 291: „Under the name of Bos Pallasiüi we would propose to de- 
signate the species to which we refer the fossil crania of ParLis and 
ÖOZERETKOWSKY, and provisionally, the specimen from the banks of the 


Mississippi, which has given rise to the preceding remarks.‘‘ Das letz- 


tere Exemplar gehört zu Bootherium. Uebrigens würde auch sonst durch 
die Priorität der Veröffentlichung die Bedeutung des v. Barr'schen Na- 
mens (1823) vor der Dexav'schen (1828) den Vorzug haben. 

Zeits.d. D.geol. Ges. XX VII. 2. 29 


438 


durch den vorzüglichsten Kenner fossiler Wiederkäuer doch 
sehr viel vollkommener, als es von mir geschehen konnte, 
begründet worden. Uebrigens gelangen diese Bemerkungen 
erst nachträglich hier zum Abdruck, weil eine an Herrn Prof. 
RoürımEYer in Betreff der Hörner gerichtete Anfrage in Folge 
seiner mehrwöchentlichen Abwesenheit von Basel längere Zeit 
unbeantwortet blieb, und inzwischen der vorliegende Aufsatz 
von mir verfasst und zum Druck eingesendet wurde. Zum 
Verständniss der nachstehenden Bemerkungen des Herrn Prof. 
RUTIMEYER ist endlich noch beizufügen, dass ihm nur das 
eine der beiden Hörner und zwar das besser erhaltene, später 
gefundene, von mir zur Untersuchung mitgetheilt worden war. 


Basel, den 11. Juni. 


„Das eingesendete Original hat gleich beim ersten An- 
„blick über folgende Punkte sicheren Aufschluss gegeben: 

„l. dass das Horn einem schon ziemlich ausgewachsenen 
„Ihiere angehörte; 

„2. dass es ziemlich vollständig erhalten ist, so dass 
„nur eine kurze stumpfe Spitze noch hinzuzudenken ist. Die 
„Faserung der Knochen - Substanz, die sich plötzlich aus der 
„erst longitudinalen Richtung nach der Kante wendet, um da 
„in einer schwammähnlichen porösen Oberfläche zu enden, 
„zeigt, dass der Hornzapfen fast bis zur Spitze erhalten ist; 

„3. dass das Horn ein linksseitiges ist, indem diese po- 
„rose Kante nur vorn liegen kann; 

„4. dass das Horn nur einem Gliede der Bubalina zuzu- 
„weisen ist, wo nicht nur diese specielle Textur des Horn- 
„zapfens, sondern auch Hörner mit vorn abgeplatteter Kante 
„ausschliesslich vorkommen. Ovibos- oder Zebu-Formen mit 
„gachen Hörnern sind mit aller Sicherheit ausgeschlossen; 

‚„d. dass das Horn ziemlich horizontal und nahezu im 
„rechten Winkel mit der Schädelachse vom Schädel ausging. 
„Dadurch, wie auch durch die Form des Horns an sich, sind 
„von der Vergleichung sowohl alle afrikanischen, wie auch 
„die miocänen asiatischen mit Einschluss ihrer in Celebes 
„noch lebenden Ueberreste ausgeschlossen. 

„Es kann sich also nur um die Vergleichung mit dem 
„heute dominirenden asiatisch - europäischen Typus handeln. 
„Innerhalb desselben fällt nun von vorn herein der gewöhn- 


439 


„liche Indische Büffel fort, da dessen Stirn durchweg stärker 


 „gewölbt ist, als an dem Danziger Stucke. Auch die Sunda- 


„Form desselben (Bubalus Sundaicus SaLom. MÜLLER), wo die 
„Stirn bei alten Thieren sehr flach ist, wird ausser Betracht 
„fallen, da bei diesem Thiere die Hörner meines Wissens 
„immer ziemlich stark nach hinten gebogen sind. 

„Flache Stirn und rechtwinklig von der Schädelachse 
„abgehende Hörner finden sich dagegen bei dem sogen. B. Arni, 
„der noch wilden continentalen Form Asiatischer Buffel und 
„dem pliocanen Bubalus palaeindicus FALCONER, der wohl der 
„Vorfahr des B. Arni ist. Aber bei diesen beiden ist der 
„Hornzapfen, obwohl von ähnlichem Durchschnitt wie bei dem- 
„jenigen von Danzig, viel länger und die Spitze desselben 
„nach hinten geneigt, endlich auch die Grösse um vieles 
„bedeutender. 

„Ich würde also nach dem, was vorliegt, das Stuck von 
„Danzig nicht zu B. Arni zu zählen wagen, obwohl dieser 
„unter den bisher bekannten Formen der Büffel ihm am 
„nächsten steht. Ob Sie auf das Danziger Horn eine neue 
„Art gründen wollen, muss ich Ihnen natürlich überlassen. 
„Jedenfalls hat das Stuck schon insofern ein sehr be- 
„deutendes Interesse, als es vielleicht einen ferneren Beweis 
„bietet für das ursprüngliche Vorkommen von Büffeln in 
„Europa, welche früher als fehlend galten. Obgleich mir die 
„näheren Umstände des Vorkommens des Danziger Horns 
„nicht bekannt sind, so entspricht doch das äussere Aussehen 
„durchaus der gewöhnlichen Erhaltung von Ueberresten des 
„Dos primigenius und Bison priscus im sogen. quaternären 
„Alluvium, d. i. nach meiner Ansicht dem continentalen Plio- 
„can. Dem widerspricht nicht, dass ein alter, nicht neuer 
„Schnitt, sowie fernere Spuren der Bearbeitung durch den 
„Menschen an dem Horn sichtbar sind. Es erhöht dieser 
„Umstand vielmehr noch das Interesse an dem Stücke. 

„leh schliesse daraus auf eine eigenthümlich kurzhör- 
„nige Büffelform, deren Ueberreste in der sogen. Qua- 
„ternär - Zeit und jedenfalls zu Lebzeiten des Menschen bei 
„Danzig in den Schutt gelangten. Ob das Thier dort gelebt, 
„oder der Hornzapfen von anderswo herbeigeschleppt worden, 
„das werden vielleicht die näheren Details des Fundes be- 
„urtheilen lassen. Sollte das Thier als ein einheimisches 


29* 


440 ' 


„gelten können, so wurde es das vierte Vorkommen von 
„fossilen Büffeln darstellen, welches mir von europäischen 
„Fundpunkten bekannt geworden ist. Die übrigen Vorkom- 
„men sind: - 

„il. eine Anzahl Wirbel und Skelett - Theile aus einer 
„Hohle auf der Insel Pianosa bei Elba, welche ich schon vor 
„elf Jahren von meinem Freunde Prof. GASTALDI zugeschickt 
„erhielt (vergl. Meine Geschichte des Rindes, Abth. 2 p. 39). 
„Dieselben waren vergesellschaftet mit Bos primigenius (Bos 
„intermedius M. DE SERRES) und noch unbestimmten Antilopen 
„und Hirschen. 

„2. Ein Hornzapfen mit Hirnansatz aus dem Quaternär 
„von Ponte Molle bei Rom, den ich jüngst in Rom gesehen. 
„Er unterscheidet sich, wie schon Prof. Ponzı daselbst wohl 
„wahrgenommen, in nichts von Bubalus Indicus und ist nach 
„seinem Fundorte und auch, wie ich mich überzeugen konnte, 
„nach seiner Erhaltungsart als der quaternären Zeit ange- 
„hörig zu betrachten; also nicht etwa auf die heutigen Ma- 
„remmen-Buffel zu reduciren, die nun freilich auch in einem 
„ganz anderen Lichte erscheinen, als bisher, wo man an eine 
„italienische Heimath derselben nicht dachte und sich mit den 
„bekannten wenigen historischen Angaben uber deren Import 
„begnuügte. 

„3. Ein Hornzapfen, den ich im Museum in Bologna 
„unlängst aufgefunden habe. Der nähere Fundort desselben 
„ist unbekannt. Die Erhaltungsart ist derjenigen von Knochen 
„aus den Pfahlbauten ähnlich. Die Oberfläche ist braun und 
„glänzend, als wenn das Stuck im Torf gelegen hätte. Meh- 
„rere unverkennbare alte Schnitt- oder Hiebspuren sind an 
„„dem Stucke wahrzunehmen. Auch dieses Stuck glaube ich 
„auf den sogen. Bubalus Indicus zurückführen zu können. 

„Sowohl das Stück von Bologna wie dasjenige von Danzig 
„schliessen also den Gedanken an Verschleppung zu tech- 
„nischen Zwecken, ähnlich wie bei den Hornzapfen der Saiga- 


„Antilope in den französischen Höhlen nicht aus. Aber das 


„Stuck von Ponte Molle und die Reste von Pianosa wurden 

„mindestens eine nähere Bezugsquelle aufdecken, als bisher 

„angenommen werden durfte. Das Stück von Danzig ist über- 

„dies mit dem Italischen Büffel nicht zusammen zu bringen.“ 
L. RüTIMEYER. 


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441 


Erklärung der Abbildungen. 


Sämmtliche Figuren sind genau im Maassstabe von !/, der natür- 
lichen Grösse. 


Fig. 1. Ansicht des der Beschreibung C. E. v. Bazr’s zu Grunde 
liegenden Hornzapfens nebst ansitzendem Stirntheil von oben. Das untere 
Ende des Hornzapfens ist unvollständig. Am Grunde des Horns ist das 
mit einem schneidigen Instrumente künstlich hervorgebrachte Loch sichtbar. 
Das Horn ist ein linkes, also der bei der Beschauung der Figur rechts 
liegende Rand des Horns der Rand der Hinterseite. 

Fig. 2. Ansicht desselben Horns von unten. Am oberen Ende ist 
ein Stück der Decke der Hirnhöhle erhalten. 

Fig. 3. Ansicht desselben Horns von der Seite. Die dem Beschauer 
zugewendete Seite ist die hintere Fläche des Horns. 

Fig. 4. Ansicht des bei dem Bau der Olivaer Brücke gefundenen 
Horns von oben. Es ist ein Horn der rechten Seite. Demnach ist der 
in der Figur rechts von dem DBeschauer liegende Rand der Rand der 
Vorderseite des Horns, 

Fig. 9. Ansicht desselben Horns von unten. 

Fig. 6. Von der Seite. Die dem Beschauer zugewendete Fläche ist 
die hintere Fläche des Horns,. 


7. Ueber Anatas und Brookit von Woltshau bei 
Schmiedeberg in Schlesien, 


Von Herrn Krrrme in Schmiedeberg. *) 


Das durch seine reichlichen Anbruche von Korund be- 
kannt gewordene, wenn auch räumlich beschränkte Vorkommen 
grobkörnigen Granits auf der Ostseite der nach der schwarzen 
Koppe im Riesengebirge sich hinaufziehenden Schlucht von 
Wolfshau, westlich von Schmiedeberg in Schlesien, zeichnet 
sich auch durch den Einschluss von Titanmineralien, na- 
mentlich Titaneisen aus, die man aus den in der Nachbar- 
schaft zerstreuten Abfällen der fruher dort betriebenen Feld- 
spath-Gewinnung sammeln kann. 

Neu dürfte aber das Vorkommen von Anatas und Broockit 
sein, welche ich darin aufgefunden habe. In einem wahr- 
scheinlich sehr beschränkten Drusenraum des derben röthlichen 
Kalifeldspaths, von wenig Quarz und schwarzem Magnesia- 
Glimmer begleitet, sitzt ein 6 Mm. langer Anatas-Krystall von 
eisenschwarzer Farbe, begleitet von einigen erheblich kleineren 
Kıystallen desselben Minerals und nur mit der Lupe erkenn- 
baren bräunlichen Täfelehen von Brookit. 

Die Anatas-Krystalle, der grosse sowohl wie die kleineren, 
zeigen als Krystallform das bekaunte spitze quadratische 
Öctaöder mit einer starken Horizontalstreifung in der Mitte, 
als ob eine Anzahl parallel gestellter Krystalle in der Richtung. 
der Hauptaxe aneinander gereiht wären. 

Anatas und Brookit sind im Gebiete des Riesengebirgs- 
Granitites von Brücke in einer Feldspath - Grube im sogen. 
Grünen Busch, östlich von Hirschberg aufgefunden worden 
(vergl. Zeitschr. d. d. geol. Ges. I. pag. 81). 

Hierbei bemerke ich noch, dass die dritte Form der Titan- 
säure, der Rutil, im Riesengebirge äusserst selten vorzukommen 


*) Aus einer brieflichen Mittheilung an Herrn Wessky. 


443 


scheint. Im Jahre 1860 wurde dieses Mineral mir in einem 
Exemplare zugestellt und als Fundort ein Versuchsbau im 
Lorzgrunde südlich von Gross- Aupa, auf der Südseite des 
Riesengebirges, bezeichnet. Ich habe mich selbst an Ort und 
Stelle begeben und noch einige Exemplare des Minerals dort 
aufgefunden. Der Versuchsbau war im Glimmerschiefer ge- 
trieben, und in diesem lagen die Rutil- Krystalle zerstreut. 


‚Dieselben zeigen die bekannten langgezogenen und der Längs- 


axe nach stark gestreiften Formen von eisenschwarzer Farbe 
mit nur schwachem röthlichen Schimmer, und nur an einem 
einzigen Krystall habe ich Endflächen angedeutet gefunden. 


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B. Briefliche Mittheilungen. 


1. Herr F. Scamior an Herrn von Martens. 


St. Petersburg, 5./17. Mai 1875. 


Es wird Sie interessiren, dass ich so eben von Herrn 
Czerskı ein Telegramm aus Irkutsk erhalten habe, in dem er 
nach Empfang Ihres Artikels über seine Süsswasserfossilien. 
aus der Gegend von Omsk, folgende nachträgliche Bemer- 
kungen über das Vorkommen der einzelnen Conchylien macht: 

„Unio bituberculosus und pronus sind charakteristisch fur 
die untere Schichtenabtheilung; Unio Pallasi und Paludina 
finden sich auf secundärer Lagerstätte in der oberen Schicht, 
für die Cyrena fluminalis und Mammuthreste be- 
zeichnend sind,“ 


2. Herr F. Fovguz an Herrn G. vom Rarn. 


Paris, 8. Juni 1875. 


Die Entdeckung des Leueits in amerikanischen Gesteinen 
durch Prof. ZiıRkEL hat mich nicht überrascht. Ich kannte 
diese Thatsache schon. Vor einiger Zeit übergab mir Herr 
CHaAapser, Mitglied unserer geologischen Gesellschaft, eine 
Sammlung vulkanischer Gesteine aus Colorado, von denen 
mehrere Leucit in der Grundmasse enthalten. -— Ich setze 
meine Studien über die älteren Gesteine von Santorin fort. 
Mit Bestimmtheit kann ich sagen, dass Anorthit der consti- 
tuirende Gemengtheil dieser Gesteine ist. Ich analysire der 
Reihe nach die Feldspäthe der hauptsächlichsten Gänge, 


a5 


welche am innern Steilabsturz der Insel emporsteigen. Diese 

Arbeit interessirt mich sehr. — Ich beabsichtige im September 

wieder nach Santorin zu reisen, um einen genauen Plan der 
Laven der letzten Eruption aufzunehmen. DBevor ich ein 
Resume meiner Untersuchungen uber Santorin veröffentliche, 
will ich von Neuem eine Menge von Thatsachen prüfen, 
welche bei meinen fruheren Reisen nach Santorin meine Auf- 
merksamkeit auf sich gezogen haben. Auch hoffe ich, neue 
Sublimationsproducte zu finden. Vor Kurzem habe ich in 
einer älteren Lava sehr merkwürdige Gebilde dieser Art 
beobachtet, aber ihre Bestimmung noch nicht vollendet. Die 
Zahl und Mannichfaltigkeit der Producte dieser Art und das 
mit ihnen sich verbindende Interesse wird stets grösser. 


3. Herr M. Scuorz an Herrn Berexpr. 


Eldena, im Juni 1875. 


In den Bd. 26 pag. 823 d. Zeitschr. von Ihnen beschrie- 
benen Jura-Thonen von Schönwalde in der Nähe von Grimmen 
kommen ausser den bereits genannten noch einige andere 
Versteinerungen vor und zwar: 


Inoceramus gryphoides SCHLOTH., in einzelnen Schalen 
am Rande kleinerer Concretionen sitzend, und 

Ammonites cornucopiae Youne and Bırp. — Das ge- 
fundene Stuck ein Theil der Wohnkammer eines sehr 
grossen Individuums (Abstand zwischen Bauch- und 
Ruckenseite ca. 15 Cm.) und in Schwefelkies versteinert. 


Herr Ferv. Roemer hatte die Güte, diese Funde zu be- 
stimmen. — Ausser ihnen fand sich noch ein grösseres, frei 
im Thon liegendes Stuck gut erhaltenen Holzes von etwa 
0,5 Meter Länge, wahrscheinlich von einer Conifere und von 
derselben Art, wie das fruher entdeckte. Concretionen von 
der Grösse der durch Sie an Ort und Stelle gesammel- 
ten und im Besitze der geologischen Landes - Anstalt be- 
findlichen wurden an der Stelle, welche ich unter gefälliger 
Mitwirkung des Herrn Bahn - Ingenieur Weser in der Sohle 
des Eisenbahn-Durchschnitts bis auf 2 Meter Tiefe aufgraben 


le es 


liess und an der noch bis zu 5 Meter Gesammttiefe, gebohrt 
wurde, zwar nicht gefunden, und scheinen dieselben daher 
vorzugsweise in den schon früher abgegrabenen kuppenartigen 
Hervorragungen des Thones gelegen zu haben. agegen sind 
den jetzt aufgegrabenen Schichten zahlreiche kleinere, merglig- 
thonige, zum Theil Schwefelkies-Kerne führende Concretionen 
von Haselnussgrösse bis zu etwa 15 Cm. Längendurchmesser 
eingelagert, welche, meistens sehr flach gestaltet, an die Form 
der Imatrasteine erinnern und auch wie diese nicht selten mit 
einem scharfen Rande versehen und wie zu je zweien mit- 
einander verwachsen erscheinen. Diese Concretionen fuhren 
viele kleinere Opalinus-Exemplare, sowie die genannten. /noce- 
ramus-Reste, jedoch kommt in je einer Concretion meist nur 
der eine oder der andere vor. Immerhin ist aber auch durch 
sie fur dieselbe Ablagerung das gemeinschaftliche Auftreten 
zweier sonst verschiedenen Niveau’s angehöriger Fossilien 
constatirt. 

Wahrscheinlich ist die Breite des gegen Nordost laufenden 
Jurazuges nicht unerheblich, wenigstens deuten die eigenthum- 
lichen Feuchtigkeitsverhältnisse der östlich und südöstlich vom 
Einschnitte liegenden Ländereien auf eine weitere seitliche 
Erstreckung der Thone hin. Die bei der sudlich liegenden 
Ziegelei bis zu 25 Meter dunchsunkenen, nach der Beschrei- 
bung den Schönwalder gleichartigen, Thone liegen angeblich 
auf einer wasserfuhrenden Sandschicht. 


4. Herr von TriorLer an Herrn Dames. 


Neuchätel, 19. Juni 1879. 


Im ersten Hefte dieses Jahrganges der Zeitschrift habe 
ich die Geologie der südlich vom Thunersee sich befindenden 
Gebirgskette auseinanderzusetzen versucht. Die grossartigen 
stratigraphischen Ueberstürzungen, welche schon von den 
Herren B. und Tu. STUDER erwähnt worden sind, erschweren 
bedeutend die Untersuchungen und sind deswegen lange ver- 
kannt geblieben. In dieser Arbeit gab ich eine ausführlichere 
Beschreibung davon und versuchte etwas zu ihrer Erklärung 


447 


beizutragen. Ich weiss nicht, ob ich für meine Ansicht An- 


' hänger gefunden; nur weiss ich, dass sie einigen etwas gewagt 


schien. Die wenigen bis jetzt erkannten Thatsachen lassen sie 
zwar nicht als wohl begründet existiren, sprechen aber auch 
nicht dagegen. Weiteren Untersuchungen bleibt es unterdessen 


vorbehalten, ihre Richtigkeit zu bestätigen oder nicht. Nur 


wäre, glaube ich, eine andere Erklärung dieser anomalen Ver- 
hältnisse schwer zu finden. 

Im Allgemeinen ist die Geologie des Berner Oberlandes 
keine so einfache und einformige; denn die Bildungen, die 
in ihm auftreten, zeigen hier theilweise einen ganz eigen- 
thümlichen und speciellen Habitus, sodass noch die Ansichten 
über sie sehr verschieden sind. Ich hatte in dieser Arbeit 
auch mehrmals die Gelegenheit, meine Meinung darüber aus- 
zusprechen. Sie kann vielleicht hie und da ein wenig verfrüht 
gewesen sein; aber ich hoffe, dass ich sie in der Folge werde 
aufrecht halten können. 


5. Herr F. Sınveerser an Herrn K.A. Lossen. 


Würzburg, 1. Juli 18795. 


In einer briefliehen Mittheilung vom 23. November 1874 
(Zeitschr. d. d. geol. Ges. XXVII. pag. 224) versucht Herr 
HitGENDoORF die von ihm ausgesprochenen Ansichten bezüglich 
der Steinheimer Planorbiden neuerdings zu vertheidigen und 
lasst vermuthen, dass es sich bei meiner und Prof. Hyarr’s 
Untersuchung um anderes Material gehandelt habe, als ihm zu 
seiner Arbeit gedient. Dem ist aber nicht so. Was die Re- 
sultate meines zweimaligen Besuchs von Steinheim betrifft, so 
geben darüber pag. 630 — 655 meiner iu kürzester Zeit zu 
Ende gedruckten „Land- und Susswasser-Conchylien der Vor- 
welt“ an der Hand dort gemessener Profile und sorgfältiger 
Untersuchung des Inhalts der betreffenden Schichten hinläng- 
lichen Aufschluss, aber zu Gunsten der Hıngenporr’schen Hy- 
pothesen fällt er nicht aus, da diese auch auf unrichtiger Beob- 
achtung der Lagerungs - Verhältnisse beruhen. Prof. Hyarr 
war weit länger in Steinheim als ich. Da er als begeisterter 
Darwinianer dort hin kam, war seine Enttäuschung eine sehr 


448 


schmerzliche, und hat er weder Zeit noch Kosten gescheut, um 
den wahren Thatbestand bis in die minutiösesten Details fest- 
zustellen. Seine Arbeit wird wohl nicht mehr lange auf sich 
warten lassen; ich weiss davon einstweilen nur so viel, dass 
sie mit meiner Auffassung der Hauptsache nach übereinstimmt. 

Nur solche Personen, welche sich die Muhe nehmen, in 
Steinheim selbst Studien zu machen, können eine entscheidende 
Stimme in dieser Frage haben. Das ist auch die Meinung 
C. Vocr’s in seiner Besprechung dieses Gegenstandes (Frank- 
furter Zeitung vom 17. Februar 1874, Feuilleton), welche 
Hrn. HıLGennorF wohl nicht zu Gesicht gekommen sein wird, 
da er sich noch jetzt auf ihn beruft. Ich glaube deutlich ge- 
sagt zu haben, dass ich mich mit der Steinheimer Frage nur 
beschäftigt habe, weil dies für mein Werk unerlässlich war 
und nicht etwa aus Behagen an literarischer Polemik, das 
mir durchaus fremd ist. 


6. Herr K. A. Lossen an Herrn Beyricn. 


Treseburg i. Harz, 4. Juli 1875. 


Ich habe meine Erfahrung über den Lagerort der 
Graptolithen im Harz, im unmittelbaren Liegen- 
den des Haupt-Quarzit im Wieder Schiefer, nach 
welcher mir es gelungen ist, die früher nur sporadisch und 
incertae sedis im Unter-Harz bekannten Graptolithen auf der 
Südostseite des Ramberg stundenweit im Nord- und Südflügel 
der Selke- Mulde in diesem festen Niveau nachzuweisen, nun- 
mehr auch mit Erfolg nördlich der Sattelaxe der 
Tanner Grauwacke angewandt in einer Gegend des Harz, 
wo noch niemals Graptolithen aufgefunden worden sind. Es 
ist dies die Gegend bei Thale am Nordrand des Gebirgs. 
Dort hatte ich diesmal meine Untersuchungen eröfinet, um 
mich des Näheren über den Zusammenhang zwischen den 
Schichten an der unteren Selke und denen an der unteren 
Bode zu orientiren, wie ich hier zunächst anfuhren will. 

Bei Gernrode, in der Mitte zwischen Thale und Ballen- 
stedt, endet die Sattelaxe der ältesten Schichten des 


449 


Harz, der Tanner Grauwacke, die von Siptenfelde uber 
Alexisbad, Mägdesprung, Sternhaus, Haberfeld concentrisch 
die südliche und südöstliche wie östliche Partie des Ramberg- 
Granit umzieht, stets jedoch getrennt davon durch die Kalk- 
silicat und Diabas führenden Hornfelse der un- 
teren Wieder Schiefer, welche zwischen Granit und 
Tanner Grauwacke gelegen , bereits der Schichtenhälfte nörd- 
lich der Symmetrieaxe angehören. Es taucht der Sattel, so- 
weit das Voruntersuchungen in so verwickelten Lagerungs- 
verhältnissen zu beurtheilen gestatten, bei Gernrode unter, und 
es treten die durch ihn geschiedenen Schichtenhälften um diese 
Endigung vereint zusammen. Wie so oft im Harz, tritt aber 
auch hier der Fall ein, dass mit der Beugung der Streich- 
linien eine Verdrückung in Folge derselben verbunden ist. 
Der ganze Nordwestflügel der Selkemulde steht, wie ich das 
schon anderwärts ausgesprochen, offenbar in Folge der Ein- 
zwängung des Granit-Massivs, auf der Linie zwischen Selke- 
muhle und Rieder, ostwärts Gernrode, unter starkem Druck. 
Gleichwohl lassen sich, wenn auch local häufig fehlend, alle 
wesentlichen Schichtenglieder in demselben nachweisen. In 
der Quedlinburg - Harzgeroder Fahrstrasse zwischen Gernrode 
und dem Haberfeld dagegen liegt als einzige trennende Masse 
zwischen der Tanner Grauwacke oben am Abhang und der 
unten am harzwärts gekehrten Eingang von Gernrode an- 
stehenden Elbingeroder Grauwacke nur ein mächtiges Diabas- 
Lager aphanitischer Beschaffenheit, dasselbe, welches den 
Gipfel des herrliche Rundschau gewährenden Stuben - Berg 
zusammensetzt. Dieser Diabas, der Zone der dichten Diabase 
angehörig, vertritt hier die Gesammtmächtigkeit der Wieder 
Schiefer mit Kalken, Grauwacken, Graptolithenschiefern, Haupt- 
Quarzit u, s. w., sowie der Hauptkieselschiefer und Zorger 
Schiefer. Dass meine Anschauung einer äusserst gesteigerten 
Druckwirkung an gerade dieser Stelle, für die nicht nur das 
Untertauchen der Sattelaxe der Tanner Grauwacke, sondern 
zugleich auch die Wendung der Granitgrenze aus SWS—NON 
in OSO—WNW in Betracht kommt, wesentlich die richtige 
ist, scheint mir daraus hervorzugehen, dass ost- wie westwärts 
dieser Stelle sehr rasch die Schichtenreihe wieder vollstan- 
diger wird. 

In dem schmalen Saum, welchen das hercynische Schiefer- 


450 


gebirge nördlich des Ramberg - Granit zwischen Gernrode- 
Suderode über Lauenburg - Stecklenberg nach der Blechhütte 
bei Thale bildet, findet man als Fortsetzung der weiter südlich h 
zwischen Granit und Tanner Grauwacke gelegenen Schichten 
der unteren Hälfte der Wieder Schiefer mit Kalk- 
hornfels und körnigen Diabasen die analogen Vor- 
kommen zwischen dem Haberfeld und dem Saalstein, sowie 
zwischen dem letzteren und der Gr. Lauenburg, die auf kör- 
nigem Diabas erbaut ist. Im Hangenden davon — oder viel- 
mehr in Folge der harzeinwärts gekehrten Ueberstürzung der 
Schichten im Liegenden — folgt ganz ausgezeichnet ent- 
wickelt der Haupt - Quarzit, der vom Forsthaus Neue 
Schenke bei Suderode zwischen den Ruinen Lauenburg und 
Stecklenberg hindurch nördlich der Georgshöhe vorbei bis auf 
die südlich des Lindenberg bei Thale gelegene Kuppe verfolgt 
wurde und am besten in der tiefen Schlucht beobachtet wird, 
die von Georgshöhe nach dem durch Gyps mit Speckstein- 
knollen und neuerdings auch durch Diluvialsäugethierreste *) 
(Mammuth u. s. w.) bekannten Elzeberg herabzieht. — Weiter 
gegen den Rand hin folgen ganz wie in der Selke - Mulde 
dichte und körnige Diabase mit sehr starker Entwicke- 
lung von Kalkspath, Chlorit, Epidot als Zersetzungsmineralien 
und zuweilen von ganz ausgezeichneter Mandelsteinstructur. — 
Der Hauptkieselschiefer, der nun folgen sollte, ist nur 
sehr schwach angedeutet, wogegen ein hartes Thon- bis Wetz- 
schiefersystem mit Kieselschiefer - Einlagerungen zwischen 
Stecklenberg und den Stoppenbergen nördlich der Georgshöhe 
sich breit macht, das wohl am richtigsten als Zorger 
Schiefer gedeutet wird, dazwischen ihm und dem Flötzgebirge 
die bei Gernrode in der Verdruckung vorhandene Elbinge- 
roder Grauwacke in untadelhaft charakteristischer Weise 
auftritt. Sie setzt zwischen Stecklenberg und dem Thaler 
Bahnhof mehrere selbstständige Bergkegel, besonders die 
Kuppen der Stoppenberge und den Lindenberg zusammen, 
dessen grosser, dem Bodethal zugekehrter Steinbruch Ihrer 
Aufmerksamkeit gewiss nicht entgangen ist. 


*) Freiherr von nem BuschE zu Thale war so liebenswürdig, die auf 
seinem Grund und Boden aufgefundenen, von Hrn. GieBer bereits unter- 
suchten ansehnlichen Reste mir persönlich zu zeigen. 


451 


So ist der Zusammenhang zwischen Selke und Bode ein 
ganz normaler, viel weniger von Granit gestört, als man 
denken sollte. Graptolithen könnte man hier höchstens zwi- 
schen Suderode und Stecklenberg aufzufinden erhoffen, im 
Allgemeinen sind die Verhältnisse bei der grossen Granit- 
Nähe weniger günstig. 

Auf dem linken Bode-ÜUfer setzt das Schichtenprofil des 
Nordrandes zunächst Thale ganz in derselben Weise fort 
und ist in dem Pfad, der von dem Rosstrappe - Wirthshaus 
nach dem Dorfe Thale auf der Uferkante harzabwärts fuhrt, 
noch vollständiger im Zusammenhang entwickelt, weil der 
Granit auf dem linken Bode - Ufer mehr zuruckweicht, als 
auf dem rechten. Unmittelbar bei dem Rosstrappe - Wirths- 
haus am Pfad nach der Rosstrappe stehen die Kalkhorn- 
felsschichten ganz wunderschön an, hart dahinter der sogen. 
Winzenburger Diorit, der, wie mir der verstorbene O. ScHiL- 
LING ganz richtig hervorgehoben zu haben scheint, nichts weiter 
sien durfte als ein in der Granit-Nähe etwas metamorphisch 
veränderter körniger Diabas; körnigen Diabas gewöhnlicher 
Beschaffenheit sieht man dann auch wieder, nachdem man den 
schmalen Saum von schwach gneissartigem Hornfels passirt 
hat, der, nochmals von Granit unterbrochen, nördlich Bulow’s 
Altan im zu Thal führenden Pfad sich zeigt; gleich darauf 
steht der normale Kalk an und hier würden die Graptolithen 
zu suchen sein, da sie, wie gleich zu erwähnen, 10 Minuten 
weiter westlich genau unter denselben Verhältnissen gefunden 
sind, nur dass ein Hohlweg das Auffinden dort erleichtert. 
Dann folgt unmittelbar der Haupt-Quarzit, kurz ehe der Pfad 
sich gabelt nach dem Dorfe und nach der Blechhütte. In der 
Gabel steht ein dichter oder nahezu dichter Diabas an; dann 
wenige Schritte Kieselschiefer, die als Hauptkieselschiefer 
gelten müssen; es folgen dickschiefrige Grauwackenschiefer 
bis Wetzschiefer mit Grauwackeneinlagerungen, also Zorger 
Schiefer, die Grauwackeneinlagerungen herrschen alsbald vor, 
d. h. Elbingeroder Grauwacke tritt auf, entsprechend der des 
Lindenberg gegenuber. Die hangendsten Schichten kann man 
ebenso deutlich unten im Thal in einem längs der Bode, 
etwa 40 — 50 Fuss über ihrem Spiegel, führenden Weg an- 
stehend finden und in der Bode selbst die Elbingeroder 
Grauwacke von dem einen zum anderen Ufer übersetzen sehen. 


452 


Zu allernächst dem Flötzgebirge findet aber noch eine Dupli- 
cation statt, indem noch einmal Zorger Schiefer mit Kiesel- 
schiefer erscheint. 

Ganz analog ist das 10 Minuten weiter gegen West gele- 
gene Profil durch den alten und durch den neuen Fahrweg 
zwischen Thale und der Rosstrappe. Im unteren Aufstieg 
liegen die hangenden Schichten, zumal Elbingeroder Grau- 
wacke und Zorger Schiefer, weiter aufwärts folgt Wieder 
Schiefer mit Haupt - Quarzit und im Liegenden davon der Gra- 
ptolithenfundpunkt. Man geht von der Stelle, wo die alte und 
die neue Fahrstrasse sich kreuzen, und zugleich die braun- 
schweigisch - preussische Landesgrenze, die eine Strecke weit 
neben dem alten Fahrweg herlauft, nach Timmenrode zu ab- 
schwenkt, gerade dies Stück des alten Fahrwegs hart an der 
Grenze bergan. Der Weg ist fortwährend Hohlweg; nach 
ungefähr 200 Schritten durch Schiefer mit etwas körnigem 
Diabas befindet man sich im Haupt - Quarzit, der von da bis 
zum linken Bode - Ufer in den Forstwegen verfolgt wurde. 
Fünfzig Schritte weiter aufwärts fand ich in einem ausnahms- 
weise ebenflächig spaltenden, dunklen, etwas harten, kiese- 
ligen Thonschiefer ganz deutliche Exemplare einzeiliger Gra- 
ptolithen, deren ich in ganz kurzer Zeit nahezu ein Dutzend 
auflas. Zugleich und zumal weiter bergansteigend nimmt man 
überall im Weg Kalkstücke wahr, die, obwohl z. Th. Wege- 
besserungsmaterial, dennoch hier anstehend zu suchen sind, 
da sie nur auf ungefähr 100 Schritt anhalten und daselbst 
ganz deutlich eine klotzförmige Kalklinse im Thonschiefer that- 
sächlich anstehend bemerkt wird. Die Schichten streichen in 
der unteren Hälfte des Weges h. 9 bis 11}, in der oberen 
h. 62 bis 7, beidemal mit südlichem — überstürztem — Ein- 
fallen. Das Streichen ist daher manchmal nahezu parallel oder 
ganz parallel der Richtung des Weges. So kommt es, dass 
der Graptolithen - Schiefer vorzugsweise auf der Westseite des 
Weges aufgeschlossen ist und danach würden auf die ganze 
Erstreckung der Kalkführung Graptolithen zu finden sein. Da 
wo der Fahrweg die Höhe erreicht und nach der Rosstrappe 
abbiegt, während in seiner Verlängerung die braunschweigische 
Chaussee nach Treseburg, eine Kunststrasse in des Wortes 
bester Bedeutung, fortläuft, tritt man in die Zone der körnigen 
Diabase im unteren Wieder Schiefer ein, die links die Winzen- 


ER . burg und Lindenthäler bis zu den Gewitterklippen, rechts den 
,  Zimmermannshay und die Steinköpfe in mächtigen Klippen- 


zugen erfüllen. Dazwischen liegt indessen viel Schiefer, wie 
das Chausseeprofil nachweist, sehr selten wird er zum deut- 


‚lichen Fleckschiefer, geht aber in der Nähe der herrlichen Aus- 


sicht in’s Bode- Thal (Krügers- Ruh, neuerdings Herzogs-Ruh) 
in scheitformig abgesonderten violettbraunen Schieferhornfels 
über, in dem sich die weissen Kalksilicatbänder sauber abson- 
dern, auch hier, wie so häufig, nicht nur lagenförmig, son- 
dern auch in schmalen Trümehen den Schieferhornfels durch- 
schwärmend. 

Da durch diesen Fund, der ja nicht zufällig, sondern nach 
der selbst gefundenen Erfahrungsregel gemacht worden ist, 
nunmehr feststeht, dass die wesentlich auf stratographisch- 


petrosraphische Unterscheidungsmerkmale basirte Annahme der 
pP grap 5 


Sattelstellung der Tanner Grauwacke auch paläontologisch 


_ gerechtfertigt ist, und dass im Ostharz nördlich der Sattelaxe, 


wie südlich, bis zum Graptolithen-Horizont aufwärts dieselbe 
paläontologische Ordnung gilt, so bleibt das Hauptaugenmerk 
gerichtet auf das Fortsetzen oder aber die Abänderung dieser 
Verhältnisse im Streichen von Ost nach West, vom Unterharz 
zum ÖOberharz. Veräuderungen in petrographisch - stratogra- 
pbischer Hinsicht fehlen, wie Sie dies ja selbst schon hervor- 
gehoben haben, keineswegs. Dass hiemit paläontologische 
Abänderungen Hand in Hand gehen konnen, liegt nahe; 
dass dies dennoch aber nicht nothwendig sei, dafür scheint 
mir dieser neueste Graptolithenfund zu sprechen, der sich ein- 
gestellt hat nach der erprobten Regel, obwohl gewisse pe- 
trographische Abweichungen sowohl in den Schichten im Lie- 
genden, als im Hangenden, statthaben. ‘Es fällt nämlich im 
Gegensatz zur Entwickelung der Schichten des Wieder Schiefer- 
systems im Süden der Sattelaxe der Tanner Grauwacke nörd- 
lich derselben zweierlei auf: einmal das fast gänzliche Fehlen 
der zahlreichen, mehr oder weniger mächtigen Grauwacken- 
einlagerungen in der unteren Hälfte der Wieder Schiefer mit 
der Kalkfauna von Harzgerode; sodann ein nicht seltener 
Gehalt an kohlensaurem Kalk in den Bänken des Haupt- 
Quarzit, der mir südlich der Tanner Grauwacke nicht auf- 
gefallen ist, hier aber bereits im vergangenen Jahre sofort 
bemerklich wurde und sich nunmehr auch in den Profilen 
Zeits. d.D. geol. Ges. XXVII. 2. 30 


454 


zwischen Gernrode und Thale, beziehungsweise Treseburg, zu 
erkennen gegeben hat. In solchen etwas kalkigen Quarzitbanken 
liegt nun aber auch die seiner Zeit von Ihnen als unterdevonisch 
angesprochene, von dem verstorbenen SCHILLING entdeckte 
Fauna bei Elend, die ich den Lagerungsverhältnissen nach, 
soweit dieselben klar liegen, nicht anders als in das Niveau 
des Haupt - Quarzit zu rangiren weiss. Darf man nunmehr 
Hoffnung haben, durch die Auffindung von Graptolithen im 
Liegenden des dortigen Quarzit die Segenprobe für diese Ran- 
girung zu machen, so würde mit deren Erfolg offenbar ein 
nicht unwesentlicher Schritt weiter gethan in der paläonto- 
logischen Erkenntniss der Harz- Schichten. Auf alle Fälle 
werde ıch der weiteren Verfolgung des Graptolithen - Niveau 
im Liegenden des Haupt-Quarzit im Wieder Schiefer meine 
Aufmerksamkeit widmen, umsomehr als eine gewisse Analogie 
zwischen seinem Lagerort besteht und dem des thuringisch- 
fichtelgebirgischen oberen Graptolithen-Horizontes von GUMBEL 
und RicHTER in seinem Verhältniss zu den im Hangenden 
folgenden quarzitischen Nereiten - Schichten. Völlig analog 
wurde das Verhaältniss allerdings nur durch Auffindung der 
richtigen Tentaculiten im Hangenden unserer Harz - Gra- 
ptolithen, sowie durch Auffinden unserer Harzgeroder Kalkfauna 
im Liegenden der oberen Graptolithen des Thüringerwaldes 
und Fichtelgebirges. — 

Eine weitere von Thale aus gemachte Entdeckung schliesst 
sich in jeder Weise ganz vortreffich dem an, was ich über 
den Bode-Gang veröffentlicht habe. Ich habe da wieder so 
recht gesehen, wie dankbar es ist, auch der kleinsten Notiz 
der Vorgänger berechtigte Aufmerksamkeit zu schenken. Haus- 
MANN spricht einmal von zweifelhaften Porphyren im Harz, 
von denen man nicht wisse, ob sie nicht eine „weissstein- 
artige* Entwickelung des Hornfels darstellten, und erwähnt 
dabei das Stecklenberger Thal. Das ging mir durch den Kopf, 
als ich die Schichtenprofile dort untersuchte. So eben hatte 
ich den Haupt - Quarzit passirt, da hebe ich ein Gestein auf 
und der erste Eindruck war ganz analog der Fragestellung 
Hausuann’s: Porphyr oder Porphyroid? Antwort: Keines von 
Beiden, sondern Porphyrfacies des Granit in gang- 
förmiger Apophyse. Angenehm überrascht untersuchte 
ich den Gegenstand näher, soweit meine Zeit gestattete, und 
fand Folgendes: Am Fuss der Lauenburg tritt einheitlich, oder 


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BED 


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sofort gespalten, das habe ich nicht untersucht, die Apophyse 
aus, das Wurmthal entblöst dieselbe gut auf dem östlichen 
Ufer, auf dem linken Ufer kann man im Thalhang mehrere 
Gänge verfolgen, die von der viel weiter thalaufwärts liegen- 
den Granit-Grenze namentlich durch den Haupt - Quarzit ge- 
trennt werden, während sie selbst im Schiefer im Hangenden 
— scheinbar im Liegenden — des Quarzit aufsetzen und erst auf 
der Höhe des Küchenberges den Quarzit schneiden. Die letzten 
Spuren fand ich im nächst westlich nach Thale zu gelegenen 
Thal. Auch diese aus dem Nordrand des Granit austretende 
Apopbyse zieht Brockenwärts! Auch hier deutliche Salband- 
bildung: auf beiden Seiten Quarzporphyr mit ganz dichter bis fein 
sandigkörniger, entfernt an Dolomit erinnernder Grundmasse, 
darin eingesprengt Quarz und weisser Glimmer; in der Mitte 
glimmerreichere Gesteine von weniger dichter Beschaffenheit, 
die sich z. Th. geradezu als feinkörniger Granit ansprechen 
lassen. Ich zweifle nicht, dass auch ein Theil der von Haus- 
MANN, JASCHE und STRENG auf der Ost-, d.h. der dem Ramberg 
zugekehrten, Seite des Brocken’s erwähnten Porphyre, wie 
schon von STRENG vermuthet, hierher gehört. 


7. Herr Des Croiızeaux an Herrn G. vom Rarn. 


Paris, 17. Juli 1875. 


— — Die Anorthbit- und Enstatitkrystalle von Bamle, 
deren Vorkommen die Herren BröGGER und REuscH in ihrer 
Arbeit über die Apatit-Lagerstätten des südlichen Norwegens 
schildern, beweisen einerseits, dass der Enstatit viel verbrei- 
teter ist, als man früher glaubte, andererseits, dass der Anor- 
thit in den Gesteinen Finland’s, Schweden’s und Norwegen’s 
die günstigsten Bedingungen zu seiner Ausbildung gefunden 
hat. Ich brachte im Jahre 1868 aus Schweden grosse weisse 
Krystalle von Höjdens mit, aus denen ich einige Platten zum 
Studium der optischen Eigenschaften herstellen lassen wollte. 
Indess die durchsichtigen Krystalle vom Vesuv, obgleich aus 
ihnen geeignete Präparate nur schwierig herzustellen, sind 
Nichts im Vergleiche mit den Krystallen von Höjdens. Es 

30 * 


456 


liegt mir nur eine kleine Zahl von Krystallen dieses Fundorts 
vor, deren Formen man nur mit annähernder Sicherheit be- 
stimmen kann; indess man würde dennoch mit der Deutung 
der Flächen zum Ziele gelangen, wenn nicht, wie an den 
Anorthiten von Bamle, auch noch Zwillingslamellen störend 
dazwischen träten. Ihre Durchschnittslinien verlaufen auf der 
Spaltungsfläche g' (M) — wenn ich mich in der Bestimmung 
nicht irre — und bilden mit der Kante p:g' (P:M) einen 
Winkel von etwa 25° bis 30°. Die unvollkommene Ausbil- 
dung dieser Krystalle zwang mich, ihre Bearbeitung noch zu 
verschieben, bis ich bessere Exemplare erhalten werde und 
hinlängliche Zeit zu ihrem Studium. 

Da ich Hezsry SoLein, welcher sich auf’s Land zurück- 
gezogen hat, nicht mehr zu meiner Hülfe habe, so muss ich 
jetzt Alles selbst schleifen. Ich widmete während 6 Monaten 
fast alle meine Zeit der Herstellung einer sehr grossen Zahl 
von optischen Platten, bestimmt, die systematische Stellung 
(gleichsam den Etat civil) eines neuen triklinen Feldspaths zu 
ermitteln und festzustellen, eines Feldspaths, welchen BREIT- 
HAUPT gleichsam divinatorisch aufgestellt hat, des Mikroklin. 
Da man durch Einführung einer neuen Species eine nicht 
geringe Verantwortlichkeit übernimmt, so wollte ich mich 
durch zehnfache Beweise von der Wahrheit der Thatsachen 
überzeugen. Da ich im Durchschnitt je zwei Platten für jede 
der drei Richtungen herstellte, in welchen ich 33 Proben von 
Mikroklin untersuchte, dazu 6 bis 7 von Orthoklas, so musste 
‚ich etwa 250 Platten herstellen. Der von BREITHAUPT ange- 
gebene Winkel der beiden Spaltungsflächen p, g' (P, M) = 
90° 16’ bis 90° 22’ scheint mir recht unsicher und wegen 
der immer vorhandenen Unebenheiten auf M sehr schwierig 
zu constatiren. Wollte man diesen Winkel als einziges Er- 
kennungszeichen anwenden, so könnte man leicht gewisse 
ÖOrthoklase für Mikrokline ansehen. 

Eine einzelne deutliche Spaltbarkeit parallel einer der 
Flächen des verticalen Prisma’s von nahe 120° (ich nehme 
an, dass es die Fläche m ist, diejenige Fläche nämlich, welche 
zur Linken liegt, wenn p:g! (P:M) = 90° zur Rechten des 
Beobachters sich befindet) bildet ein leichteres und sichereres 
Erkennungszeichen; freilich ist auch t zuweilen spaltbar und 
dann existirt zwischen m und t nur ein Unterschied in Bezug 


457 


auf Glanz und Ebenheit (ein vortreffliches Beispiel für Beob- 


‚achtung dieser Thatsache ist der fleischfarbige Mikroklin, 
' welcher seit einem Jahrzehnt in ganzen Schiffsladungen in den 


Umgebungen Arendal’s gewonnen wird; derselbe enthält un- 
gefahr 3 pCt. Natron). 

Die chemische Mischung, welche jetzt für 5 oder 6 Varie- 
täten ermittelt ist, stimmt mit derjenigen eines Natron - armen 
(1 bis 3 pCt.) Orthoklas überein. In Wahrheit können dem- 
nach nur die optischen. Eigenschaften mit Sicherheit zur 
Unterscheidung; benutzt werden. 
| Wenn man bei parallel polarisirtem Lichte mit einem ge- 
wöhnlichen mit zwei gekreuzten Nicols versehenen Mikro- 
skop oder selbst in einzelnen Fällen auch ohne Mikroskop 
eine dunne parallel p (P) gespaltene — natürliche oder 
kunstlich geschliffene — Platte eines gewöhnlichen Feldspath- 
zwillings (Irehungsaxe die Verticale) prüft, so findet das Maxi- 
mum der Auslöschung gleichzeitig für beide Lamellen, parallel 
der Verwachsungsebene der Individuen, nämlich M, statt. 


Prüft man indess in gleicher Weise einen Mikroklin, so 
findet man das Maximum der Dunkelheit nicht gleichzeitig; 
vielmehr tritt dasselbe für jede Lamelle in einer Richtung ein, 
welche mit M einen Winkel von ungefähr 15° 30’ bildet- 
Zwischen beiden Auslöschungsrichtungen liegt demnach ein 
Winkel von ungefähr 31°, welcher leicht mit Hülfe jedes 
getheilten Kreises zu messen ist. — Untersucht man nament- 
lich die Amazonensteine, so überzeugt man sich, dass ihr 
physicalischer Bau gewöhnlich sehr verwickelt ist; und hier 
eben ist es, wo man die mechanischen Gemenge (melanges 
physiques) beobachtet, von denen TscHERMAK früher sprach; 


458 | ä 


' Verwachsungen, von denen ich indess niemals die geringste 
.. . “ . “ “ 

Spur an den schönen durchsichtigen Sanidinen wahrgenommen, 

und welche den chemischen Verbindungen weichen müssten. 


Man findet auf diese Weise sehr häufig, dass ein Mikro- 


klin aus schmalen Lamellen (gewöhnlich vertical, zuweilen 
MM vertical und horizontal) von Mikroklin und Orthoklas 
'0oinit 00h: besteht, welche an der verschiedenen Richtung er- 
HN IND kennbar sind, in welcher sie das polarieitte Licht 
\/\ auslöschen. Die Mikroklin-Lamellen können sammt- 
N \ lich in derselben Richtung angeordnet sein, also 
\ ohne Zwillingsstellung oder in entgegengesetzter 
1a 


V, 


A 


I, 


A combiniren, so entsteht eine äusserst verwickelte 
I Han Di u den Mamnennne der Spaltung be- 

freiten Lamellen den vierfach gestreiften (qua- 
drill&) Anblick der Amblygonit - Lamellen giebt. Weitaus 
am häufigsten ist der Mikroklin der bei Weitem vorherr- 


schende Gemengtheil und der Orthoklas tritt nur untergeordnet 


auf. Ich besitze indess zwei bis drei Ausnahmen dieser Regel 
aus dem Ural und von der Grube Utte in Schweden. In den 
rothen und weissen Varietäten (besonders in denen von Aren- 
dal) bildet der Orthoklas unregelmässige Schnüre und Adern, 
welche den Mikroklin unregelmässig durchziehen; die Aus- 
löschung ist mit aller Schärfe wahrzunehmen. 


sSsozo2o 2 072 


Jeder Beobachter kann übrigens leicht diese ersten Ver- 
suche bestätigen, namentlich an denjenigen Feldspathen, welche 
eine oder zwei leicht darstellbare Spaltungsrichtungen besitzen. 
Ich zweifie nicht daran, dass sich die Zahl der Mikroklin- 
Vorkommnisse noch sehr vermehren wird im Vergleiche mit 


Stellung als Zwillinge. Wenn beide Fälle sich 


Structur, welche den dünnen und durch Politur 


Doakse e 


459 


den von mir bis jetzt erkannten. Seltsam ist es nun aber, 
dass gerade das Fundamental - Vorkommen BREITHAUPT’s, der 
labradorisirende (opalisant) Feldspath von Fredriksvärn ent- 
schieden ein natronreicher Orthoklas ist. Ebenso ist der 
grüne Feldspath, welcher den Oligoklas von Bodenmais be- 
gleitet, ein Orthoklas. Die am bestimmtesten charakterisirten 
Vorkommnisse, ausser den Amazonensteinen von verschiedenen 
Localitäten und dem rothen Feldspath von Arendal, sind die 
folgenden : verschiedene, theils grüne, theils weisse Feldspathe 
von Kangerdluarsuk und von Sungangarsoak in Grönland; der 
Chesterlit, einer der am gleichartigsten zusammengesetzten. 
Der Perthit, welcher als ein mechanisches Gemenge von Feld- 
spath und Albit angesehen wird, scheint aus Lamellen zweier 
verschiedenen Orthoklas-Varietäten zu bestehen, von denen die 
eine durchsichtiger ist als die andere; unabhängig von seinen 
optischen Eigenschaften, bietet dies Gemenge in keiner Rich- 
tung die einspringenden Winkel dar, welche einer Verbindung 
von Orthoklas und Albit entsprechen würden. Einige Mikro- 
klin-Varietäten mit Zwillingslamellen bieten auf ihrer Basis p 
(P) ausserordentlich feine und schwierig erkennbare Streifen 
parallelp:g' (P:M) dar. Unter Annahme eines Winkels von 
90° 16’ bis 20’ ist die einspringende Kante so unmerklich, 
dass man gewöhnlich nur im polarisirten Lichte die Zwillings- 
bildung wahrnimmt. Das spec. Gewicht der Mikrokline unter- 
scheidet sich nicht merklich von demjenigen der Orthoklase. 
Wenn man nun die Beobachtung noch etwas weiter fort- 
führen will (wobei indess die Anwendung des polarisirenden 
Mikroskops nöthig wird), so kann man parallel zu g' (M) 
geschliffene Platten, sei es in der Luft oder in Oel beobachten. 
Man nimmt nun bei convergirendem Lichte wahr, dass 
diese Platten sehr wenig gegen die Ebene der optischen Axen 
geneigt sind, doch sehr schief geneigt gegen die stumpfe ne- 
gative Bisectrix. Wenn der Mikroklin überwiegt, so beträgt 
(bei der Beobachtung in Oel) der Winkel zwischen der am 
deutlichsten sichtbaren Hyperbole der Ringsysteme und der 
Plattennormale 36°; der Winkel zwischen der am wenigsten 
sichtbaren Hyperbole und derselben Normalen beträgt ungefähr 
66°. Hier indess begegnet man den verschiedensten Schwie- 
rigkeiten in Bezug auf die Beobachtung und allen möglichen 
Störungen, welche ihre Ursache in der mechanischen Mengung 


460 

von Orthoklas und Mikroklin haben. Wenn der erstere durch- 
aus vorherrscht, so findet man, dass die beiden Ringsysteme 
ihre Hyperbole in gleichem Abstande von der Normalen 
zeigen (etwa 51°). In einigen Fällen (z. B. bei dem Mikro- 
klin von Arendal), wenn nämlich die Orthoklas - Lamellen 
von hinlänglicher Breite sind, kann man 
p E ihre beiden Ringsysteme sehen, symme- 
trisch liegend in Bezug auf die Normale, 
En während die Lage der Ringe für die 
benachbarten Mikroklin-Lamellen unsym- 

metrisch zur Normalen ist. 

Die stumpfe positive Bisectrix 
nähert sich der Normalen auf $' (M), welches Verhalten den 
Mikroklin in optischer Hinsicht dem Orthoklase nähert. Ich 
müsste demnach zur Vervollständigung der optischen Unter- 
suchung desselben solche Platten prüfen, welche normal zur 
spitzen negativen Bisectrix geschnitten sind. Dies eben hat 
meine Arbeit so ausserordentlich verzögert. Wenn es sich 
indess nur um die Erkennung der neuen Species handelt, so 
ist es nicht nöthig, diese dritte Prüfung vorzunehmen, welche 
Ergebnisse liefert, welche man auch aus der Lage der stumpfen 
Bisectrix und der Lage der optischen Axenebene ableiten 
könnte. 

So besitzen wir also einen neuen triklinen Feldspath, 
welcher in krystallographischer und chemischer Hinsicht dem 
Orthoklas sehr nahe steht. Beide Species sınd offenbar durch 
Dimorphie verbunden, doch in optischer Hinsicht sehr ver- 
schieden. | 

Nun gestatte ich mir, Ihre Aufmerksamkeit auf eine neue 
Arbeit des Hrn. Dr. Bauer (diese Zeitschr. diesen Bd. p. 239), 
welche ich kürzlich erhielt, zu lenken. Um das verwickelte 
Phänomen, welches wir zu lösen haben, klar zu stellen, müssen 
wir zunächst mehrere Thatsachen als ausser allem Zweifel 
stehend betonen. Eine ältere Schule, ihre Zeit liegt 40 Jahre 
zurück, wähnte, dass der Axenwinkel ein constantes Kenn- 
zeichen sei, während sie die Dispersion als eine mehr zufällige 
Erscheinung betrachtete und demgemäss derselben kein grosses 
Gewicht beilegte. Gegen diese Auffassung muss man sich 
gegenwärtig halten, was ich in mehreren meiner Arbeiten dar- 
zulegen suchte, dass gewisse optische Kennzeichen be- 


Tun u | En UL UTUTVVYYTYUNTY U U U Use 
> s 


VEREIN: 


Zu 


=. ur Ben SE on me 


A6i 


stimmten Veränderungen unterliegen, während andere eine 


Beständigkeit besitzen, welche entweder durch ihre nothwen- 
dige Beziehung zum Krystallsystem bedingt wird oder doch 
sich als ein Resultat zahlreicher Versuche ergiebt. So ist es 
gewiss, dass bei derselben, im rhombischen oder monoklinen 
System, krystallisirenden Species die Ebene der optischen 
Axen stets entweder (rhombisches System) mit der Ebene 
zusammenfällt, in welcher zwei krystallographische Axen lie- 
gen, oder (monoklines System) mit der Symmetrie zusammen- 
fallt oder senkrecht zu ihr steht. Ebenso gewiss ist es auch, 
dass die verschiedenen Arten der Dispersion der Axen, weit 
entfernt, veränderlich oder zufällig zu sein, durchaus con- 
stant sind in allen Krystallen derselben Species und in 
nothwendigem Zusammenhange mit dem Krystallsysteme stehen, 
so lange nämlich in jenen Krystallen die Ebene der optischen 
Axen dieselbe Lage bewahrt. Herr Bauer scheint diese funda- 
mentalen Thatsachen nicht hinlänglich zu erwägen, wenn er 
sagt, dass die Verschiedenheiten der optischen Eigenschaften, 
welche man an den Gliedern solcher isomorphen Mischungen, 
wie die triklinen Feldspatbe sind, beobachtet, — von gleicher 
Art sind wie diejenigen, welche verschiedene Krystalle 
ein und derselben Species zeigen. Der zweite Theil 
dieses Satzes ist ein Irrthum, und was den ersten Theil be- 
trifft, so nimmt Herr Bauer als selbstverständlich an, was 
gerade zu beweisen wäre, dass Körper von einer so ver- 
schiedenen Zusammensetzung wie sie den Sauerstoffpropor- 
tionen 1:3:4 und 1:3:12 entsprechen, die wahre MITSCHER- 
LicH’sche Isomorphie besitzen und sich in allen Verhält- 
nissen vertreten können. 

Es ist allerdings wahr, dass es bei den triklinen Krystallen 
kein Gesetz mehr giebt, welches mit Nothwendigkeit 
die krystallographische Symmetrie mit den optischen Eigen- 


schaften verbindet. Indess wenn die Beobachtung uns lehrt, 


dass diese Eigenschaften constant sind bei allen Krystallen 
des schwefelsauren Kupfers, bei allen Krystallen von chrom- 
saurem Kalium, bei allen Albiten, allen Oligoklasen, allen 
Mikroklinen, allen Labradoren, allen Anorthiten, so hat 
man fürwahr Grund zur Verwunderung, dass die optischen 
Kennzeichen gerade da die höchste Constanz zeigen, wo Alles 
durch den Zufall geordnet erscheinen könnte. In der That, 


a N TATEN ET APR CE TEN TS A N VE BE 
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462 


wir werden zu der Anerkennung gezwungen, dass die optischen 
Eigenschaften (bei richtiger Deutung, wie sich von selbst ver- 
steht) zur Bestimmung der Mineralien mit gleicher Sicherheit 
benutzt werden können, wie die Spaltbarkeit oder die Winkel 
der Grundformen. 

Nachdem was Sie mir über die Zwillingsbildung des 
australischen Herschelits mittheilen, ist es augenscheinlich, 
dass ihr Krystallsystem lediglich durch ein krystallographisches 
Studium bestimmt werden kanıf, denn ich habe nie brauchbare 
und gute optische Präparate weder vom Phakolith noch vom 
Chabasit erhalten. 


8. Herr Ant. pAcnırpı an Herrn G. vom Rarn. 


Pisa, 26. Juli 1575. 


Haben Sie im Granit von Elba jemals Cordierit beobachtet? 
Ich habe die Gegenwart dieses Minerals in einigen unserm 
Museum angehörigen Handstücken des normalen Gesteins vom 
Monte Capanne erkannt. Der Granit ist etwas gelblich in 
Folge der Verwitterung, ziemlich feinkörnig; darin liegen 
Körner und unvollkommene Krystalle einer dunkelgrüunen Sub- 
stanz, welche Prismen mit etwas zerfressenen Flächen und 
gerundeten Kanten darstellen und nur schwierig zu messen 
sind. Nachdem einige dieser Körner aus dem Gestein heraus- 
gelöst, gelang es doch vermöge ihres starken Glanzes an- 
nähernde Messungen durch allgemeine Reflexion zu erhalten. 
Es ergaben sich im Mittel folgende Werthe: 


110 (oo P): 100 (© Po) = 120° 30’ 
110 (oP):010 (ePxo) = 149 48 
110 (x P):310 (eP3) = 149 58 
100 (o Px):310 (oe PF3)=150 25 


welche sich den entsprechenden Werthen des Cordierits sehr 
nähern: 120° 25’, 149° 35’, 150° und 150° 25’, und meine 
beim ersten Anblick der Krystalle gefasste Meinung bestä- 
tigen. Die Kıystalle sind in der Richtung der Verticalaxe 


463 


verlängert.  Herrschend sind vorzugsweise die Flächen 
310 (oo P3), nächst ihnen die 010 (oo P oo). 

Dieses Mineral ist meist undurchsichtig, selten durch- 
scheinend; fettglänzend; die Farbe meist dunkelbräunlichgrun 
in wechselnden Tönen je nach dem Grade der Verwitterung; 
selten grün wie Praseolith. In Bezug auf die Farbe, so ähnelt 
der Cordierit von Elba sehr gewissen Pinit - Exemplaren von 
Schneeberg, welche das Museum besitzt; auch ist die Aus- 
bildung der Krystalle von beiden Fundorten ähnlich. Das 
Strichpulver ist weiss. Die Härte ungefähr = 3. Spec. Gew. 
2,57. Vor dem Löthrohr nur schwierig an den Kanten zu 
weissem Glase schmelzbar; mit Borax geschmolzen zeigt sich 
etwas Eisenfärbung. Im offenen Glasrohr giebt die Substanz 
wenig oder kein Wasser. Von Schwefelsäure wird sie nur 
schwach angegriffen unter Abscheidung von Kieselsäure. 

Der Cordierit ist in den vorliegenden Granitstücken innig 
mit dem für die Granite von Elba und Giglio charakte- 
ristischen bräunlichschwarzen Glimmer assocürt. Die Glimmer- 
blättchen haften nicht nur auf den Flächen der C'ordieritkry- 
stalle, sondern werden zuweilen auch von den letzteren um- 
schlossen, sodass sie parallel den Ebenen der Spaltbarkeit 
liegen. 

Ausser im Granit des Monte ÜOapanne glaube ich den 
Cordierit auch im porphyrartigen Granit oder Quarzporphyr 
des Cap d’Enfola beobachtet zu haben, doch hinderte die Un- 
vollkommenheit der Krystalle die sichere Bestimmung, 

Zwar ist das Vorkommen des Cordierits in unsern Gra- 
niten keine unerwartete Erscheinung, da ja die plutonischen 
Gesteine die eigentliche Heimath dieses Minerals sind; dennoch 
aber scheint mir dieser Fund von einigem Interesse, da die- 
selbe Species sich in den toscanischen Trachyten wiederfindet 
und namentlich von ScAaccHı im Gestein von Rocca Tederighi 
angegeben wird. So ergiebt sich für beide Gesteine, welche 
bei uns schon so manches Gemeinsame darbieten, ein neues 
Band. 

Ich bin im Begriff, meine Arbeit über die Korallen von 
Friaul zu vollenden. Der zweite Theil ist bereits gedruckt im 
2. Hefte der Atti della Soc. Tosc. di scienze naturali; der 
dritte und vierte Theil, mit denen die Arbeit abschliesst, wird 
vor Jahresschluss veröffentlicht werden. 


ne Le unters, 8 STE N Sen 
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464 


Als einen der nächsten Gegenstände meiner Studien beab- 
sichtige ich dann unsere Serpentin-Gesteine zu wählen, welche 


in Toscana eine so grosse Verbreitung besitzen und eine so 
grosse Mannigfaltigkeit zeigen. Der Umfang der Arbeit könnte 
mich fast von dem Unternehmen abschrecken; doch die Wich- 
tigkeit dieser Gesteine ermuthigt mich auch wieder zu dem 


Werke. Diese Felsarten nebst den Eufotiden und Diabasen, 


welche innig mit ihnen verbunden sind, wurden vor vielen 
vielen Jahren durch Paoro Savı in geologischer Hinsicht 
untersucht; indess es fehlt jetzt noch das ganze petrographische 
Studium. Werde ich meine Aufgabe lösen können? — 


9 Herr N.Sr. Maskeıyse an Herrn G. vom Rarn. 


London, British Museum, 3. August 1875, 


— — Es ist gerade ein Irländer hier mit grossen Massen 
von Isländischem Kalkspath; ein Krystall — ein schönes Ska- 
lenoäder — wiegt 500 Pfund. Ich hoffe denselben für unsere 
Sammlung kaufen zu können. — — 


V 


6. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der April- Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 7. April 1875. 


Vorsitzender: Herr BEyricn. 

Das Protokoll der März - Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor. 

Herr Haurar hielt folgenden Vortrag: Ich wollte mir 
nur einige Bemerkungen über einen interessanten Petrefacten- 
fund während meiner vorjahrigen geognostischen Untersuchun- 
gen auf dem nordwestlichen Oberharze erlauben. Die letzteren 
erstrecken sich neuerdings blos auf die Devon- und Culm- 
schichten, und zwar vorerst in der kleinen Partie zwischen 
dem Schalk- und Okerthale bis an die Einmündung des 
Sulpkethales in letzteres. Es ist dies aus der Generalstabs- 
karten-Section Zellerfeld im Maassstabe von 1:25000 ersicht- 
lich, welche vorliegt. Dass ich bisher keine grössere Fläche 
geognostisch kartirt habe, beruht, abgesehen von der gerin- 
gen Zeit, die mir für diese Untersuchungen vergönnt war, in 
meinem Bestreben, die einzelnen Glieder der dortigen Devon- 
schichten durch das Aufsuchen von bezeichnenden Verstei- 
nerungen zunächst ihrem Alter nach festzustellen, was mir 
bei den in dieser Hinsicht noch fraglichen auch einigermaassen 
gelang. 

Bekanntlich werden in dem Oberharzer Devon von Unten 
nach Oben unterschieden: 

der Spiriferensandstein, 
die Oalceolaschichten, 


466 
die sogen. Wissenbacher Schiefer A. Rosusr’s, — 
welche ich wegen der noch fraglichen Altersstellung 
der Dachschiefer bei dem Dorfe Wissenbach im Nas- 
sauischen in dem genannten Harzgebiete als „Gos- 


larer Schiefer“ bezeichne — und 
der Kramenzelkalk A. RoEuer's. 


Nur aus den obersten zwei Devonabtheilungen erlaube 
ich mir, hier eine kleine Auswahl von Petrefacten vor- 
zulegen. Wichtig sind unter diesen insbesondere die aus dem 
kramenzelartigen Kalke stammenden Exemplare, da aus dem- 
selben bis auf eine von A. Rormer beschriebene Clymenia 
striata v. Münst., deren richtige Fundortsangabe überdies nicht 
völlig zweifellos ist, kein sicheres Leitpetrefact bisher bekannt 
war. Der neue, sichere Fundpunkt liegt nördlich von Unter- 
Schulenberg und westlich von der Rohmker - Halle im Thale 
der Grossen Bramke. Hier am östlichen Fusse des Straus- 
berges, dicht sudlich von der Stelle, wo der Bramkebach aus 
seinem bisherigen südöstlichen Laufe in einen südlichen über- 
geht, ragen oben an dem etwa 150 Fuss hoch abstürzenden 
westlichen Ufer dicht an und in einer vom Strausberge herab- 
geführten Waldschneise zwei kleinere Klippen und gegen 
100 Fuss tiefer nordnordöstlich von ihnen in einer grösseren 
Partie die hellen dicken Bänke des kramenzelartigen Kalkes 
aus dem Grün der umgebenden Fichtendickung steil empor. 
Ihre Gesammtmächtigkeit mag mindestens 4 Meter betragen, 
ihr Streichen ist oben am Thalgehänge ca. h. 4. 3. 0. des 
sächsischen Grubencompasses*) bei 50° südöstlichem Ein- 
fallen und schwankt in dem ausgedehnteren unteren Felsen 
zwischen h. 3. 5. 0. bis 3. 3. 0. bei 55° Fallen nach SO. 
Nordwärts von letzterem setzen dieselben Kalkbänke noch in 
einer im Dickicht versteckten Partie fort und erscheinen end- 
lich als das nördlichste deutliche Vorkommen der kleinen 
Kramenzelfelsen dicht am Bette der Grossen Bramke. Jede 
ihrer Kalkbänke ist durch überaus dünne Thonschieferlamellen 
in 3—4 Cm. starke, der Schichtung parallele Lagen abge- 
theilt, welche mit einem zweiten System ähnlicher, fast senk- 
rechter, aber zu einander weniger regelmässig parallel lau- 


*) Die westliche magnetische Declination betrug nach einer gütigen 
Mittheilung des Hın. Bergrath Boncnens 1864 für Clausthal 13° 15’. 


467 


fender Lamellen auf dem angewitterten Querbruche ein leisten- 
föormig vorspringendes Netzwerk bilden. Auf den Schicht- 
flächen dieses Kalkes sind an allen genannten Stellen bei ge- 
nauerer Besichtigung sehr zahlreich die angewitterten Ober- 
flachen, indess nur ausnahmsweise Querschnitte von Verstei- 
nerungen wahrzunehmen. Ihre kaum etwas helleren kalkigen 
Schalen im Gesteine selbst zu erkennen, ist dagegen schwierig. 
Noch viel schwieriger ist es aber, dieselben bei der grossen 
Festigkeit und Kurzkluüftigkeit des mit ihnen eng verwachsenen 
dichten Kalksteins aus ihm unversehrt herauszuschlagen. 

as häufigste Fossil ist Cardiola retrostriata v. Buch. 
Nächst ihm erscheinen Goniatiten (— ob unter denselben auch 
Olymenien? —) in grosser Menge, wogegen Orthoceren an 
Häufigkeit sehr zurücktreten. Unter diesen Cephalopoden 
zeigen sich die angewitterten 3 bis 4 Umgänge einer ziemlich 
enggekammerten, anscheinend fast evoluten Art von ca. 2 Cm. 
Durchmesser wiederum vorwaltend; etwas seltener sind mehr | 
involute Formen von 3,5 Cm. Diameter und nur ausnahms- 


weise erscheinen kleine, völlig involute Goniatiten. Die Ortho- 


ceren besitzen z. Th. eine bedeutende Grösse. Sehr selten 


beobachtet man ein Kopfschild - Bruchstück von einem Trilo- 


biten, wohl von Phacops latifrons Burn. ? 

Die Bestimmung der Cephalopoden kann nach dem über- 
aus schwierigen Bloslegen ihrer Windungen noch am besten 
durch ein sehr behutsames allmäliges Anschleifen ihrer Sutur 
ermöglicht werden, was mir vorerst bei ein paar Exemplaren 
zur Zufriedenheit gelang. Das wichtigste von diesen ist das 
Bruchstück eines Goniatites intumescens Bryrıca. Da die letzte 
vor der Wohnkammer erhalten gebliebene Kammer desselben 
bereits eine Breite von 27 Zoll = 7,5 Cm. besitzt, so dürfte 
der Durchmesser seiner vollständigen Schale mindestens 
6; Zoll = 15 Cm., also wahrscheinlich eine von dieser Species 
bislang noch nicht gekannte Grösse erreicht haben. Die hohen 
Umgänge sind am Rücken völlig gerundet und an den Seiten 
flach gewölbt. Die Sutur unterscheidet sich von den durch 


- Bereich und die Gebrüder SAnDBERGER publicirten Abbil- 


dungen einzig durch eine bedeutendere Breite des oberen, 
spitz-glockenförmigen Laterallobus, vielleicht eine Folge des 
grösseren Alters dieses Individuums im Verhältniss zu den 


468 


bisher bekannten, oder auch blos des zufällig tiefer geführten | 
Schliffes an dieser Stelle. | 
Da dieser Goniatit so bezeichnend für die untere Abthei- 
lung des Oberdevon ist, dass sich E. Kıyser (Zeitschr. d. d. 
geol. Ges., Jahrg. 1875 pag. 664) veranlasst sieht, deshalb 
eine besondere „Intumescens-Stufe* in Vorschlag zu bringen, 
so ist die Oberhbarzer Kramenzelkalk-Zone — wenigstens in 
den oben genauer petrographisch beschriebenen Banken — 
zweifellos vom Alter des unteren Oberdevon, zumal 
die den Goniatites intumescens hier begleitenden Petrefacten 
keineswegs gegen eine solche Altersfeststellung sprechen. 
Eine weitere Ausbeutung der neuen Petrefacten-Fundstelle 
und die genauere Bestimmung des von mir in denselben 
Schichten im Aecke- und Riesenbachthale schon früher gesam- 
melten, allerdings noch spärlichen Materials wird hierfür den 
näheren Beweis liefern. Dabei mag gelegentlich jetzt bereits 
hervorgehoben werden, dass auch an diesen Punkten die 
Cardiola retrostriata verhältnissmässig häufig ist, und dass mit 
ihr zusammen der Phacops latifrons, eine zollgrosse, kaum 
naher bestimmbare Pelecypodenart und ein kleiner, flach 
scheibenförmiger,, fast ganz involuter Goniatit mit der Sutur 
des Goniatites retrorsus var. undulatus SDBGR. (im Aeckethale) 
vorkommen, mir ausserdem aber auch zwei Exemplare eines 
gleich dem vorigen verkalkten anderen Goniatiten aus dem 
Riesenbachthale bekannt wurden, welche ganz den Habitus 
und die Sutur des Goniatites Dannenbergi BEYRICH = @. bica- 
naliculatus SDBGR. zeigen, indess bis 22 Zoll=17,2 Cm. Durch- 
messer erreichen. Da nun die versteinerungsführenden Kra- 
menzelkalkbänke des Riesenbach- und Bramkethales sich petro- 
graphisch von einander nicht unterscheiden lassen und in 
demselben Fortstreichen liegen, so ist mit Sicherheit anzu- 
nehmen, dass auch auf dem nordwestlichen Oberharze ebenso 
wie in der Eifel*) primordiale Goniatiten mit nautilinen 


*) Vergl. E. Kayser, diese Zeitschr. diesen Bd. pag. 2594 und von 
Gnoppeck, Jahrg. 1873 der ministeriellen Zeitschr. für das Berg-, Hütten- 
und Salinenwesen pag. 9. Ich bin der Ansicht, dass die von v. GRODDECK 
genannten Goniatiten aus dem Bockswieser Ernst-August-Stolln-Flügelort 
im Hangenden des Grünlindener Ganges und zwar aus dunklen Einlage- 
rungen im Kramenzelkalke dem Niveau des Goniatitenkalkes nördlich 


469 


in ein und derselben Abtheilung der Oberdevon zusammen 
vorkommen. | 

Auf eine nicht tiefere als die vorhin angenommene Alters- 
stellung der charakteristisch kramenzelartig ausgebildeten ober- 
harzer Kalke deutet schon der Umstand hin, dass ich bereits 
in den dunklen Kalken der tiefer liegenden Goslarer 
Schiefer am bewässerten Schalkteiche ein verkiestes Exemplar 
des Gon. simplex v. Buch = Gon. retrorsus typus SDBGR. mit 
12 Zoll = 4,2 Cm. Durchmesser an der letzten Kammer vor 
der Wohnkammer aufgefunden habe, dessen Sutur durchaus 
mit der auf Taf. XIX. Fig. 6 Jahrg. 1873 der Zeitschr. d. d. 
geol. Ges. von E. KAYser gegebenen Abbildung dieser Species 
übereinstimmt, und dass ferner bereits in jenen, an winzigen 
Tentaculiten reichen, tieferen Kalken eine Cardiola vorkommt, 
welche sich als eine blosse Varietät der (Card. retrostriata 
v. Buch ergeben durfte und die, abgesehen von ihrer gerin- 
geren Grösse an dieser Stelle, kaum von Avicula exarata PriLL. 
sich unterscheiden lässt, worauf mich die Herren BeYricH 
und Kayser gütigst aufmerksam machten. Letztere tritt aber 
sogar erst in oberdevonischen Schichten in Cornwall bei South- 
Petherwin auf (vergl. Joun PuıwLıps, Palaeozoic fossils of 
Cornwall, Devon and West-Somerset pag. 51 pl. XXII. £. 89). 

Was den in Rede stehenden Kramenzel endlich mindestens 
in das untere Oberdevon verweist, das ist die Thatsache, dass, 
wie auch schon TRENKNER hervorhebt, der zweifellos dahin 
gehörende Goniatiten- Kalk im Kellwasserthale nördlich von 
Altenau eine Einlagerung in ihm bildet. Um mich davon zu 
überzeugen, habe ich die wichtige, kaum 1 Fuss oder 0,31 M. 
mächtige Bank dieses dunklen Kalkes unter dem Schutte des 
dortigen verfallenen Kalksteinbruches bloslegen lasssn. Sie 
wird von hellen, dichten, anscheinend petrefactenleeren Kalken 
im Hangenden wie Liegenden eingeschlossen, welche A. RoEMER 
und TRENKNER ohne nähere Begründung als „Olymenien-Kalke* 
bezeichnen und die von derselben Beschaffenheit auch im Kra- 
menzel des Riesenbachthales nordöstlich von Ober - Schulen- 


von Altenau im Kellwasserthale entsprechen dürften. Dasselbe vermu- 
thete bereits A. v. Groppeck (vergl. die Anmerkung pag. 82 seines Ab- 


risses der Geognosie des Harzes). 


Zeits.d.D. geol. Ges. XAVL. DE 3l 


470 


berg eiugelagert sind. Du an letzter Stelle der Kramenzel 
ebenso wie im Bramkethale Petrefacten führt und andererseits 
dem Goniatitenkalk petrographisch ähnliche dunkle Kalkeinla- 
gerungen enthält, so dürfte es sogar gelingen, nachzuweisen, 
ob die oberharzer Intumescenz - Stufe uber oder unter dem 


letzteren liegt. Dass die Cypridinen-Schiefer auf dem 


Öberharze erst über dem Goniatitenkalke folgen, hat v. GRoD- 
DECK 1869 festgestellt und wurde von mir aus den Lagerungs- 
verhältnissen unterhalb Lautenthal desgleichen nachgewiesen 
(vergl. pag. 66 meines geogn. Reiseberichts pro 1871). 

Herr Beyrıca sprach über die Parallelisirung der Muschel- 
kalk-Ablagerungen von Ampezzo und Recoaro. 


Herr Lasarp machte neue Mittheilungen über die Funde 


pliocäner Fossilien in einer Moräne bei Bernate unweit Oa- 
merlata. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
vv. W. 0. 
BEYRICH. Danmes, BAUER. 


2. Protokoll der Mai - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin. den 5. Mai 1875. 
Vorsitzender: Herr RAMMELSBERG. 


Das Protokoll der April - Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor. 

Herr Weiss legte vor und besprach die Abhandlung von 
D. Stur: Die Kulm-Flora des mährisch - schlesischen Dach- 
schiefers. 

Herr Kosmann referirte über G. vom Rara’s Aufsatz über 
Monzonigesteine. 

Herr RAMMELSBERG betonte im Anschluss daran, dass 
Batrachit und Monticellit nach seinen früheren Untersuchungen 
als ident aufzufassen seien; ferner dass Hornblende und Augit 
nur molecular verbunden seien. 


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Herr Lasard legte zwei Lasaunx’sche Seismometer vor, 
welche an den Uhren der kaiserlich deutschen Telegraphen- 
amter angebracht werden sollen. 

Herr Mryx sprach über Imatrasteine von Schweden und 
Norwegen im Vergleich mit solchen jetzt entstehenden Imatra- 
steinen, die er auf dem sich noch bildenden Meeresboden 
der Hamburger Hallig aufgefunden hatte. Er wies nach, 
dass viele dieser Concretionen sich um Fischgräten, Muschel- 
reste etc. gebildet haben, andere dagegen im Anschluss an 
die dort auch vorkommenden Pseudo-Gaylussitkrystalle. 

Herr K. A. Lossen machte die in der Gesammtsitzung 
der königl. Akad. der Wissenschaften zu Berlin am 22. October 
1874 von Herrn BaryEr gegebene „Uebersicht der bis jetzt in 
Thüringen und im Harz ermittelten Lothablenkungen* (Mo- 
natsber. pag. 660 fi.) zum Gegenstand folgender Betrachtung: 

Aufmerksam gemacht durch Hrurn v. RicHTHOFEN auf die 
höchst interessante Frage, inwieweit die ansehnlichen Loth- 
ablenkungen im Harz und zumal auf dem Brocken von geo- 
logischem Gesichtspunkte aus vielleicht eine Erklärung finden 
könnten, hat der Vortragende die von Hrn. BaryYEr a.a. OÖ. mit- 
getheilten Differenzen zwischen der auf geodätischem Wege vom 
Seeberg bei Gotha aus berechneten und der durch astronomische 
Messung gefundenen Polhöhen, welche in sehr übersichtlicher 
Weise auf einem Gradnetz in ihrer örtlichen Vertheilung dar- 
gestellt sind, mit einem von ihm nach den neuesten und 
älteren Beobachtungen im Harz entworfenen geologischen 
Uebersichtskärtchen verglichen. Dabei hat sich herausgestellt, 
dass, soweit die immerhin noch sehr lüuckenhaften Lothablen- 
kungszahlen mit dem gegentheilig ziemlich vollständig in sei- 
nen Grundzügen bekannten geologischen Bild des Harz einen 
Vergleich gestatten, eine ganz auffällige Abhängigkeit der 
Lothablenkung statthat von der Vertheilung der basischen 
Eruptivgesteine, besonders des im Harz so constant und 
massenhaft und doch so ungleich verbreiteten Diabas. 

Dieses Resultat verdient umsomehr Beachtung, als es 
a priori einleuchtet, dass wenn Lothablenkungen nicht vor- 
züuglich nach dem Volumen des im Relief der Erdoberfläche 
aufragenden Gebirgskörpers statthaben, derart, dass ohne we- 
sentliche Einwirkung des Volumgewichts der das Gebirge 
zusammensetzenden Gesteine auf oder zunächst dem Haupt- 


4 3l* 


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a) 


erhebungspunkt die Ablenkung 0”. 0 ist, am Fuss des Gebirges 
dagegen das Loth allseitig gegen jenen Haupterhebuugspunkt 
hinzu abgelenkt wird, rationeller Weise zunächst an eine Ab- 
hängigkeit der Ablenkung vorzüglich von der Masse des 
Gebirges, d. h. von seinen specifisch schwersten Gesteins- 
massen gedacht werden muss. Nun ist aber der Diabas mit 
seinem im Mittel um 2, 9 herum schwankenden, häufig 3, 0 
übersteigenden spec. Gewicht von den allein hier in Betracht 
kommenden herrschenden Gesteinsmassen des Harz weit- 
aus das schwerste, wogegen die geringen Differenzen der 
specifischen Gewichte von Granit, Grauwacke, Thonschiefer, 
Kalkstein ganz zurücktreten. So begreift es sich eher, warum 
die Grauitmassen des Harz, welche die Haupterhebung der 
Brockengruppe zusammensetzen, den Einfluss auf die Loth- 
ablenkung nicht ausüben, welchen man denselben nach ihrem 
Volumen zuschreiben möchte. 

Eine Nordsüdlinie durch den Brocken zerlegt den Harz 
in zwei ungleiche Hälften, abgerundet = Oberharz gegen W., 
- Unterharz gegen O. Für den Oberharz fehlen die Polhöhe- 
bestimmungen noch. Für den Brocken selbst giebt die Ta- 
belle des Herrn Baryer 4 9”.18 Lothablenkung an, für das 
ohngefähr zwei Stunden nördlich gelegene Ilsenburg + 10”. 85, 
dagegen für das nahezu doppelt so weit gegen Süden vom 
Brocken gelegene Hohegeiss — 1”.36. Danach dürfte der 
Nullpunkt wenig nördlich von diesem letzteren Orte liegen. 
Von Ilsenburg bis auf den Brocken herrscht, abgesehen von 
einem schmalen Streifen, soweit bekannt, diabasfreien Schiefer- 
gebirgs am Nordrand des Gebirges, gleichmässig Granit, was 
die geringe Differenz der Zahlen für Ilsenburg und Brocken 
ganz gut erklärt. Auch sudwärts des Brocken bis in die Nähe 
von Braunlage hinzu steht Granit au und erst südlich von 
Braunlage sind die ersten beträchtlichen Diabasmassen auf 
dieser Nordsüdlinie entwickelt, Schwärme körniger Diabase 
im unteren Wieder Schiefer, mehr durch die Zahl der einzelnen 
Lagergänge, als durch die Ausdehnung derselben beträchtlich, 
obwohl auch diese letztere gerade hier bedeutender, als viel- 
orts im Harz. Geht man aber noch südlicher über die diabas- 
freie Sattelzone der Tanner Grauwacke, so gelangt man nach 
abermaliger Ueberschreitung der Wieder Schiefer über die 
Kieselschiefermassen des Ebersbergs nördlich von Hohegeiss 


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in jene ausgedehnte geschlossene Region dichter Diabase im 
Zorger Schiefer, die durch ihren alten Eisensteinbergbau bei 
Hohegeiss, Zorge, Wieda bekannt ist. In ihr liegt also der 
Nullpunkt des Nordsüdprofils durch den Brocken und es würde 
nun die weitere Aufgabe sein, nach Westen und Osten noch 
mehrere Nullpunkte zu gewinnen, um die Gleichgewichtslinie 
durch den Harz kennen zu lernen. Nach Westen zu fehlen 
die Daten, wie schon erwähnt, fast ganz, nach Osten hin 
liegen vier Polhöhebestimmungen an der Peripherie des Harzes 
vor, auf dem Harz selbst kein weiterer Punkt. Am Nordrand 
des Harz wurde ostsüdöstlich von Ilsenburg (+ 10”.85) 
auf dem Regenstein bei Blankenburg - 5”.3 und wiederum 
ostsudöstlich von da auf dem Gegenstein bei Ballenstedt + 8”.5 
gefunden; am Südrand dagegen bei Tettenborn südwestsüdlich 
von Hohegeiss — 5”. 10, auf dem Kuhberg zwischen Brei- 
tungen und Rossla in einer Nordsüdlinie des Harz, die den 
Ramberg-Granit schneidet, — 5”.2, endlich auf der Born- 
städter Warte, sudwestlich von Eisleben — 4’.6. Sämmtliche 
Punkte liegen geologisch betrachtet nicht mehr auf dem her- 
eynischen Insulargebirge, sondern auf den dasselbe randlich 
umziehenden Flötzformationen: Regenstein, Gegenstein Senon- 
Quader, Tettenborn Zechsteindolomit, Kuhberg oberer Zech- 
stein oder unterer Buntsandstein, Bornstädter Warte oberes 
Rothliegendes. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, 
dass diese Verschiedenheit der Flötzformation hier gar nicht 
in Betracht kommt, nur das Kupferschieferflötz im Mansfel- 
dischen könnte allenfalls fühlbare Einwirkung auf die Loth- 
ablenkung zeigen gegenüber den Diabas - Massen des Harz. 
Darauf ist zu achten, wann es gilt, die Grenze der Lothablen- 
kung nach Osten zu finden. Diese fällt nach den mitgetheilten 
Zahlen, wie Herr BAEYER hervorhebt, jedenfalls über die Ost- 
grenze*) des Harz hinaus. Nimmt man die Verbreitung des 
Diabas im Harz als Maassstab fur das Urtheil, so ist nichts 


*) Auf dem sehr übersichtlichen Gradnetz-Grundriss der Hrn. Ba:vEr 
ist die Südostecke des Harzgebirges etwas zu sehr abgestutzt, orographisch 
wie geologisch reicht der Harz über den Meridian 29° östlich hinaus, 
die äussersten geologischen Grenzpunkte Quenstädt, Walbeck liegen 
ungefähr 29° 7’. 5; danach liegt der Punkt auf der Bornstädter Warte 
nicht so sehr von der .Peripherie entfernt, als der seizzirte Grundriss 
vermuthen lässt, 


474 E 


natürlicher als dies Ergebniss, denn eine Linie vom Gegen- 
stein bei Ballenstedt nach Bornstädt schneidet einen der diabas- 
reichsten Districtte des Harz. Das von der Leine und Eine 
und anderen kleinen Zuflüssen durchfurchte Plateau zwischen 
Selke und Wipper ist von Königerode bis Welbsleben wie 
durchsiebt von Diabaslagergängen im unteren Wieder Schiefer 
— auf dem einen Messtischblatt Pansfelde der Generalstabs- 
karte (1:25000) kommen allein ungefähr 1000 einzelne Diabas- 
massen zur kartographischen Darstellung. Ueberdies schneidet 
jene Verbindungslinie nachst dem geologischen Sudrand des 
Harz noch eine an Karpholith resp. Eisen- und Mangan reiche 
und eine sogen. „Grüne* (d. b. dem spec. Gew. nach den 
Diabaszonen wesentlich gleichwerthige) Schieferzone. 

Die drei am Südrande des Harz gefundenen Lothablen- 
kungswerthe, zumal Tettenborn und Kuhberg, differiren so 
wenig, dass sie einstweilen keine weiteren Anhaltspunkte 
geben. Unter den drei am Nordrand des Harz gelegenen 
Punkten fällt der Regenstein (+ 5”.3), zwischen Ilsenburg 
(+ 107.85) und Gegenstein (+ 8”.5) gerade in der Mitte 
gelegen, durch seine Lothablenkungsdifferenz sehr auf, waäh- 
rend die geringere Differenz zwischen Ilsenburg und Gegen- 
stein auf die etwas grössere Entfernung des letzteren Punktes 
von der Peripherie des Harz, sowie auf die immerhin nicht 
zu unterschätzende Höhendifferenz der gegeuüberliegenden Ge- 
birgsmasse einstweilen ungezwungen bezogen werden könnte. 
Gegenstein und Regenstein sind dagegen zwei Punkte, wie 
sie kaum besser mit geologischem Takt zur Probe der hier 
entwickelten Ansicht ausgesucht werden konnten: Beide Punkte 
liegen auf mauerähnlich aus dem Flötzgebirge aufragenden 
Senon-Quader-Felsen, beide in wesentlich gleichem Abstand 
vom geologischen und orographischen Harzrand. Nun ist aber 
das dem Regenstein gegenüberliegende Bruchstuck des Harz 
zwischen Blankenburg und Huttenrode sehr reich an Diabas, 
Schaalstein (d. h. Diabastuff) und Diabas - Eisenerz, während 
gegenuber dem Gegenstein von Ballenstedt bis jenseits der 
Selke eintönig Grauwacke herrscht und erst nördlich Pans- 
felde in Entfernung von 2 Stunden Diabas*) anstehend ge- 


*) Eine kleine, ganz isolirte Diabasmasse unmittelbar bei Ballenstedt 
kommt natürlich gar nicht in Betracht. 


475 


funden wird. Sonach erscheint die bei sonst so gleichen 


Bedingungen des Beobachtungsortes doppelt auffällige Dif- 


ferenz durch die Nähe des durch sein Volumgewicht ausge- 
zeichneten Eruptivgesteins hinreichend erklärt und ist damit 
zugleich darauf hingewiesen, dass die Gleichgewichtslinie durch 
den Harz keineswegs dessen Längsaxe parallel geht, sondern 
zickzackförmig daruber hinwegläuft, gleichwie die Streichlinien 
der Schichten des hercynischen Schiefergebirges, welchen die 
Diabase, wie schon früher von dem Redner gezeigt, wesentlich 
folgen. 

Gerade weil bei der Wahl des Orts der bisher in und 
an dem Harz stattgehabten Polhöhebestimmungen die geolo- 
gischen Verhältnisse nicht bestimmend eingewirkt haben, und 
dennoch ihr Ergebniss so wohl übereinstimmt mit den Resul- 
taten geologischer Forschung auf einem der heutzutage aller- 
genauest durchforschten Gebiete, dürfte diese Betrachtung 
umsomehr die Hoffnung nähren, der Harz, dessen ausgezeichnet 
insulare Masse ganz besonders zu einer solchen Prüfung ein- 
ladet, werde die Frage, ob die Lothablenkung in erster Linie 
von dem Volumen oder von der Masse des Gebirges abhängig 
sei, der Lösung näher bringen. Dafür, dass es dem Redner 
gestattet ist, nach dieser Richtung einen Versuch zu wagen, 
ist er den Herren BAEYER und v. RicHTHOFEN zu aufrichtigem 
Dank verpflichtet, dem er auch gern an dieser Stelle Ausdruck 
verleiht. 

Da Herr BAEYER durch Herrn ALBRECHT, den Sections- 
chef des preussischen geodätischen Instituts für diese Gegend, 
dem wir die meisten der in Rechnung gezogenen Werthe für 
den Harz verdanken, weiterhin nach Westen vom Brocken, 
also nach dem Oberharz hin, die Lothablenkung verfolgen 
will, hat der Redner vorgeschlagen, bei Harzburg eine Pol- 
höhebestimmung zu veranlassen. Die grosse Nähe der bereits 
bestimmten Punkte Ilsenburg und Brocken und somit auch 


. des Granit und des Haupterhebungspunktes des Harzgebirges, 


andererseits die ausserordentliche Entwickelung der Harzburger 
Gabbro-Massen*) im Gegensatz zu dem Herrschen des Granit 


*) Was für den Diabas gilt, gilt selbstverständlich auch für den 
Gabbro. 


476 


auf der Linie IIsenburg- Brocken, lässt hier nach der vorge- 
tragenen Ansicht eine wesentliche Differenz zwischen Ilsen- 
burg und Harzburg erwarten. Auch für die Festsetzung anderer 
Beobachtungspunkte hat Herr BaEYER freundlich zugesagt, 
den Vorschlag der Geologie thunlichst zu berücksichtigen und 
wird der Redner seinerseits der deutschen geologischen Ge- 
“ sellschaft über das Ergebniss fernerhin Bericht erstatten. 

Noch sei hier aus den von Herrn BaAEYER a. a. 0. mitge- 
theilten Resultaten der Gegensatz zwischen Meissner (— 0”. 14) 
und Brocken (-- 9”.18) hervorgehoben: Die compacte Basalt- 
masse des insular aufragenden hessischen Bergriesen scheint 
nahezu den Nullpunkt auf den Gipfel zu bannen; ganz anders. 
der weitum Rundschau bietende Harz-Gipfel, er ist Theil einer 
Gebirgsinsel von sehr complieirtem geologischem Bau, deren 
Haupterhebungspunkt keineswegs das Centrum für die Loth- 
ablenkung abgiebt. 

Herr Weiss theilte Beobachtungen über das gegenseitige 
Niveau - Verhalten der Individuen in den sogen. Dauphinder 
Zwillingen des Quarzes mit. Allgemein bekannt sind die 
festungsartigen Zeichnungen auf verschiedenen Flächen der 
Quarzkrystalle, welche dadurch hervorgerufen werden, dass 
zwei Individuen derart mit einander verwachsen, dass Beide 
zwar die Axen gemein haben, aber das eine gegen das an- 
dere um 60° um die Hauptaxe gedreht erscheint, und dass 
beide Individuen in ihren Haupt- und Gegenflächen einen 
physikalischen Unterschied von Matt und Glanz zeigen, der 
bei der eigenthüumlichen Vertheilung desselben im Zwilling 
jene fleckigen Zeichnungen veranlasst. Man pflegt dabei als 
merkwürdig hervorzuheben, dass beide Quarzindividuen sich 
derart das Gleichgewicht und die Flächen des einen Indivi- 
duums diejenigen des anderen so beständig im gleichen Ni- 
veau halten, dass es als eine ungewöhnliche Annahme 
erscheint, wenn einmal Krystalle gefunden werden, woran das 
eine Zwillingsindividuum aus dem anderen hervortritt und 
herausspringt. Dazu gehört der durch G. vom Ratu beschrie- 
bene Fall an Krystallen von Oberstein, wo scheinbare Di- 
hexaäder mit eingekerbten Kanten dadurch gebildet werden, 
dass wie beim Diamant das eine Individuum sich ein wenig 
über das andere erhebt und vorspringt. — Prüft man nun jene 
Dauphinder Krystalle, welchen im Wesentlichen dasselbe 


Zwillingsgesetz zu Grunde liegt, nur mit unregelmässigem 
Verlaufe der Grerze, näher, so findet man, dass die geleich- 
geneigten Flächen erster und zweiter Ordnung der zwei Indi- 
viduen durchaus nicht immer in ein und dieselbe Ebene fallen 
und dass ein mehr oder weniger grosser Niveau - Unterschied 
bei ihnen weit öfter vorkommt, als man es wohl bisher ver- 
muthet hat, nur sind diese Unterschiede meist gering, zwar im 
Falle recht deutlicher Zeichnung auch am leichtesten erkennbar, 
aber in anderen Fällen schwieriger wahrzunehmen. Am deut- 
lichsten ist die Zwillingszeichnung auf den Dihexa@derflächen 
(Di-Rhomboöder), den Flächen des dreifach schärferen Rhom- 
bo@ders und den Säulenflächen. Das damit verbundene Vor- 
springen und Zurucktreten der Individuen wurde bis jetzt am 
grössten gefunden auf den Flächen är, wohl weil hier die matt 
erscheinenden Flecken in den glänzenden Feldern nicht durch 
das Gegenrhombo&der 3r', sondern nach Ross durch Zr’ ge- 
bildet werden, wodurch ein Niveau-Unterschied befördert zu 
werden scheint. Auf den Flächen des Haupt- und Gegen- 
rhombo&ders ist der Grad der Deutlichkeit der Erscheinung 
verschieden; dagegen auf denen der Säule am wenigsten 
evident, weil hier die starke Flächenstreifung für die Bestim- 
mung des vorspringenden Theiles dieser Flächen meist hin- 
derlich ist. — Selten kann man schon mit blossem Auge das 
Heraustreten aus der Ebene erkennen; es giebt aber ein sehr 
einfaches Mittel, um sich selbst von sehr feinen vorhandenen 
Niveau-Unterschieden sicher zu überzeugen. Da nämlich der 
Rand des hervortretenden Theiles des Krystalls stets von 
schrägen glänzenden, sehr schmalen Flächen gebildet wird, die 
nicht viel, aber etwas von der Richtung der herrschenden 
Krystallfläche abweichen, so lässt sich durch Spiegelung leicht 
entscheiden, wo der ein- oder ausspringende Winkel dieser 
Randflächen liegt, mithin welches der vertiefte und hervor- 
tretende Theil ist. Man nimmt auf diese Weise wahr, dass 
in der Tbat sich sehr gewöhnlich ein Individuum über 
das andere erhebt, wie bei den oben genannten Obersteiner 
Krystallen. Einige solche Fälle wurden vorgezeigt und die 
vorläufig erhaltenen Resultate waren folgende: 1. Auf den 
Flächen des Haupt-Dihexaäders (Di-Rhomboeders) sind ent- 
weder die matten Stellen erhaben, die glänzenden tiefer 


478 


liegend — und zwar in allen Sextanten (z. B. Bergkrystall 
des Dauphine, Schweiz, Schlesien), oder dieselben sind — 
ebenfalls am ganzen Krystalle — vertieft (Rauchquarz und 
schwach gefärbter Amethyst der Schweiz). Im letzteren Falle 
wurde der Niveau - Unterschied bedeutender gefunden, jedoch 
waren bei dem genannten ausgezeichneten Amethyst die glän- 
zenden Randflächen erst durch Befeuchten der matten Stellen 
wahrnehmbar zu machen. — 2. Auf den Flächen des dreifach 
schärferen Rhombo&ders kommen ebenfalls beide Fälle vor, 
jedoch meist wie es scheint der letztere, dass die matten 
Stellen die vertieften sind (Schweizer Kr.). — Endlich 3. las- 
sen sich auch auf den Säulenflächen die Niveau - Unterschiede 
beobachten (Striegau, Schweizer Kr.) und zwar dann so, dass 
wenn die Zwillinugsgrenze sichtbar von den Dihexa&äderflächen 
auf die Säulenflächen fortsetzt, stets die in denselben Sex- 
tanten liegenden aneinander stossenden Flächen beiderlei Art 
beide entweder die vor- oder zurücktretenden Theile des Kry- 
stalls bilden. 

Vergleicht man diese Resultate mit dem von vom RatuH 
beschriebenen Falle, so ergiebt sich eine Erweiterung dieser 
interessanten Erscheinung bei den Dauphineer Zwillingen. 
Denn während bei jenem Obersteiner Zwilling jedes Indivi- 
duum seine Rhombo&derfläche zweiter Ordnung vortreten lässt, 
finden wir hier beide "möglichen Fälle, dass sowohl die 
Flächen erster als zweiter Ordnung die weiter aus der Ebene 
tretenden sind, vorausgesetzt natürlich, dass man überall die 
glänzenderen Flächen als solche gleicher, die matteren als die 
entgegengesetzter Ordnung zu betrachten berechtigt ist. 

Manchmal beobachtet man als Rand der Zwillingsgrenze 
solcher Krystalle einen kleinen vortretenden Wall gleichsam 
mit Böschung nach beiden Seiten, einer steileren nach der 
einen, einer sanfteren nach der anderen. Diese Abdachungen 
werden durch glänzende, sogen. vieinale Flächen hervorgerufen 
und durch diese auch je eine besondere Flächenzeichnung in 
der Nähe der Zwillingsgrenze. Ueberhaupt treten diese dem 
Ausgleichen der einspringenden Winkel gewidmeten vieinalen 
Flächen bei stärkeren Niveau - Unterschieden der Individuen 
auf und reihen sich somit der bei vielen Zwillingsbildungen 
beobachtbaren und bereits bekannten Erscheinung an, dass, 


I Eee — 


ee en I 


SFT 


== RE = 


EN 


ee 


wo ein Individuum aus dem anderen hervorspringt, gern der- 
artige (manchmal krystallographisch bestimmbare) Flächen sich 
bildeten. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


V. W, O. 
RAMMELSBERG. Weiss. Danmss. 


3. Protokoll der Juni - Sıtzung. 


Verbandelt Berlin, den 2. Juni 1875. 


Vorsitzender: Herr RAMMELSBERG. 

Das Protokoll der Mai - Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor. 

Herr ReEnmeLs berichtete unter‘ Vorlegung des betreffenden 
Stucks uber die Auffindung eines fossilen Säugethbier- 
knochens im Loss des Annabergs in Oberschlesien. 
An diesem # Meilen nordöstlich vom Bahnhof Leschnitz der 
oberschlesischen Eisenbahn gelegenen Punkte, der mit ungefähr 
400 Metern über dem Meeresspiegel die höchste Erhebung des 
Landes auf der rechten Oderseite ist, erscheint die westliche, 
Gross - Strehlitzer Partie des breiten Muschelkalk - Rückens, 
welcher, vielfach unterbrochen durch Diluvium, annähernd von 
West nach Ost in mehr als 10 Meilen Länge von Krappitz 
a. d. Oder über Tarnowitz bis Olkusz in Polen sich hinzieht. 
Die Höhe des Annabergs, an der Sudgrenze dieser Muschel- 
kalkzone, besteht bekanntlich aus Basalt, welcher in zwei an 
der Oberfläche getrennten, in der Tiefe jedoch unzweifelhaft 
zusammenhangenden Kuppen auftritt und im Uebrigen die 
Schichtenstellung des durchbrochenen Muschelkalks nicht merk- 
lich verändert hat. Von besonderem Interesse ist nun die 


 Lössablagerung, welche von dort bis über Ujest binaus am 


südlichen Gehänge des Muschelkalk - Rückens breit entwickelt 


' sich erstreckt und ganz die Charaktere des rheinischen Löss, 


sowie desjenigen anderer grosser Flussthäler zeigt, namlich 


ER RR RT RN Aa ee EZ 


480 


die eines lebhaft gelblichbraunen, geschiebefreien und kalk- 
reichen Susswasser- Lehmes mit zahlreichen kleinen Conere- 
tionen von weisslichem Kalkmergel und tief eingeschnittenen 
engen Hohlwegen und Schluchten. Besonders mächtig ist 
dieser Löss, welcher nach Suden zu au das nordische Dilu- 
vium grenzt, am Südabhang des Ännabergs, dessen Basalt 
rings von ersterem umgeben ist, so dass der Löss hier theils 
auf dem Basalt, theils auf dem Muschelkalk lagert und zu 
namhafter Höhe ansteigt. 

Redner besuchte die genannte Localität im August 1874 
bei Gelegenheit einer Studienreise der königl. Forstakademie 
zu Neustadt - Eberswalde. Er besichtigte u. a. die Kalkstein- 
brüche am Kuhthal auf der Westseite des Annabergs, in 
welchen die dem Ruüdersdorfer Schaumkalk äquivalenten Bänke 
gebrochen werden, während sonst in dieser Gegend nach Eck’s 
Aufnahmen dem unteren Wellenkalk im Alter gleichstehende 
Schichten vorwalten. In einem dieser Steinbrüche zeigte sich 
eine Kluft im Muschelkalk, die mit Löss und Basaltgeröllen, 
auch solchen des Muschelkalks selbst, erfüllt war; hier hatte 
die Einwirkung des Wassers mannichfache Kalksintergebilde 
erzeugt, sowie lose Stücke eines Conglomerats, ia welchem 
abgerundete Basalt- und Kalksteinbrocken durch eine mit Löss 
gemengte Kalksintermasse verkittet waren. Unmittelbar neben 
dieser Kluft nun, etwa 500 Meter westlich vom Annaberger 
Basalt, fand Redner in dem Löss, der hier den Muschelkalk 
einige Meter mächtig überdeckt, ein Knochenfragment, welches 
von den Herren Prof. HensetL, Prof. GERSTÄCKER und Dr. 
Daumzs freundlichst untersucht worden ist. Die genaue Be- 
stimmung war wegeu der Kleinheit des Stuckes (es wiegt 
188 Gramm, ist 10 Cm. lang und 4—7 Cm. dick) nicht ohne 
Schwierigkeiten und erforderte die Vergleichung mit Skelett- 
theilen der verschiedensten lebenden und ausgestorbenen Säuge- 
thiere, wobei namentlich Herr GERSTÄCKER keine Muhe gescheut 
hat; es ergab sich jedoch mit Bestimmtheit, dass jenes Frag- 
ment das untere Ende der Tibia eines sehr jungen Individuums 
von Elephas primigenius ist, an dem die Epiphyse fehlt. 
Obwohl im oberschlesischen Diluvium mehrfach Ueberreste 
fossiler Säugethiere vorgekommen sind, so wird doch in FERr». 
Rormer’s „Geologie von Oberschlesien“, Breslau 1870, der 
Leschnitzer Löss, welcher im äussersten Norden des schle- 


481 


 sischen Verbreitungsgebietes dieser Gebirgsart liegt, als Fund- 
ort derartiger Reste nicht aufgeführt, vielmehr als solcher, 
_ soweit es sich um deren Vorkommen im Löss handelt, nur 
Ratsch unweit Katscher namhaft gemacht (a. a. O. pag. 435); 
während allerdings in der Lössablagerung bei Leschnitz von 
H. Eck die im rheinischen Löss häufigen Landschnecken 
Succinea oblonga DraP., Pupa muscorum Lam. und Helix hispida 
Mürr. entdeckt worden sind. 

Derselbe Redner legte sodann einen sehr grossen 5,43 
Kilogramm wiegenden Knochen von Elephas primigenius 
vor, welcher in Gemeinschaft äusserst mannichfacher Geschiebe 
in einer Kiesgrube des nordischen Diluviums bei 
Heegermuüuhle unweit Neustadt - Eberswalde ca. 7 Meter 
unter der Erdoberfläche gefunden wurde. Es ist ein abgesehen 
von den abgebrochenen Enden gut erhaltener Oberschenkel- 
knochen, dem rechten Hinterbein angehörend. Unter den eben- 
daselbst angetroffenen Rollsteinen verdient besonders ein 
olivinhaltiger Basalt hervorgehoben zu werden, welches 
Gestein unter den nordischen “Geschieben sehr selten vor- 
kommt. Redner behält sich nähere Mittheilungen über die 
dortigen Funde vor. 

Herr Dauss legte ein von Herrn Superintendent TAuscHER 
in Rixdorf gefundenes Geweihstück von Cervus megaceros vor. 
Dasselbe ist der Anfang des linken Geweih’s mit Rose und 
Ansatz der Augensprosse von einem, wie es scheint, vollig 
ausgewachsenen Thier.. Der Fund ist als der erste in der 
Mark, so viel bekannt, interessant, einmal da er das Ver- 
breitungsgebiet des Riesenhirsches erweitert, und sodann, weil 
sich genau feststellen liess, dass derselbe aus echten Diluvial- 
schichten stammt in Vergesellschaftung mit Rhinoceros tichor- 
rhinus, Elephas primigenius und Bos priscus. Dadurch wird 
von Neuem die zuerst von Owen, dann weiter von HenseL 
hervorgehobene Thatsache bestätigt, dass der Riesenhirsch ein 
echtes Diluvialtbier ist und nicht aus älteren Alluvionen (Torf- 
mooren) stammt, wie gewöhnlich in Handbüchern angegeben 
wird, somit auch sein Zusammenleben mit dem Menschen 
mindestens zweifelhaft sein muss. 

Herr Kosmann legte einige Funde von Geschiebesteinen 
mit Versteinerungen aus den Mergelgruben des Gutes Neuhaus 
bei Greifenhagen in Pommern mit folgenden Bemerkungen vor: 


482 


Gelegentlich eines Pfingstbesuches auf dem Gute Neuhaus = 


bei Greifenhagen in Pommern wurden die daselbst mehrfach 
vorhandenen, im oberen Diluvialmergel angelegten Gruben 
bezüglich der darin enthaltenen Findlinge untersucht. Die 
dortige Gegend, in ungefähr 1: Meilen Entfernung vom rechten 
Ufer des östlichen Oderarms, der Reglitz, bietet den Charakter 
eines von leicht ansteigenden und breit gedehnten Hugelrücken 
unterbrochenen Flachlandes dar; die in demselben vorhandenen 
Einsenkungen sind entweder rinnenartige und langgedehnte 
Thäler alter und nun vertrockneter Flussläufe, oder becken- 
artige, deren Tiefstes mit einem See oder Teich ausgefüllt ist, 
deren Wasserstand ehedem, als die Entholzung dieses Land- 
striches begann, ein bedeutenderer war, wie aus der Bildung 
des Uferrandes leicht zu erkennen ist. 

Alle diese hervorstehenden Kuppen bestehen auf ihrer 
Höhe aus dem oberen Diluvialmergel, der von einer kleinen 
Sand- und Humusschicht bedeckt ist, und da in Folge der 
Oberflächenformation dieselben von der Seite her leicht zu- 
gänglich sind, so sind an vielen Stellen in den hochgelegenen 
Theilen derselben Mergelgruben angelegt, in welchen, wie an 
vielen Orten, der Mergel als Düngemittel gewonnen wird. 
Die hier vorgefundenen Geschiebe schliessen die bekannten 
Eruptivgesteine wie Granit, Syenit, Diorit, Glimmergneiss u. a. 
ein; so zeigte sich besonders ein sehr schöner Labradorporphyr, 


\ 


als auch Geschiebe von Basalt und rothem Porphyr. Von 


sedimentären Gesteinen war interessant das häufige Vorkom- 
men des Vaginatenkalks, sowie jurassischer Sandsteine; es fand 
sich ausserdem der vorgelegte Block, bestehend aus der tho- 
nigen Varietät des von RoEMER und HEIDENHAIN beschriebenen 
Graptolithenkalkes aus dem Obersilur (diese Zeitschr. Bd. XIV. 
und XXI.), eiuschliessend ein 6” langes uud 2” dickes Exem- 
plar von Orthoceras dıiipler oder Ludense, mit schön erhaltenem 
randlichem Sipho, dessen hintere Endkammer mit braunem 
Kalkspath erfüllt war; die nächste Umgebung dieses Fossils 
wimmelte von Exemplaren des Monograpsus priodon (Ludensis) 
in bester Erhaltung und zeigte ausserdem einige Exemplare 
von ÖOrthoceras gregarium. 

Ein anderes der vorgelegten Stücke gehört dem gleich- 
falls von RoEMER charakterisirten, von Gotland stammenden 
röthlichen Kalkstein an, welcher durchweg von Stielgliedern 


‚des Cyathocrinus pentagonus und rugosus zusammengesetzt ist, 
auf deren einigen die radiale Streifung der Gelenkflächen gut 
zu beobachten ist. 

Herr HaAtrar sprach hierauf unter Vorlegung von Stufen 
veränderter und unveränderter Gesteine ein und derselben 
Schichten des Devon und Culm aus der Umgegend der Rohmker 
Halle im Okerthale auf dem nordwestlichen Oberbarze über 
die äusseren Erscheinungen der sogen. Contactmetamorphose 
des Okerthal-Granits mit besonderer Berücksichtigung der vom 
Vortragenden in den veränderten Schichten neuerdings aufge- 
fundenen Petrefactenreste. Eine von ihm vorgelegte, vorläufig 
angefertigte, geognostische Karte über dieses schwierig zu 
bearbeitende Gebiet diente zur besseren Orientirung und zur 
Erläuterung bei der Auseinandersetzung der verwickelten La- 
gerungsverhältnisse. 

Nach einer allgemeinen Betrachtung über die vorwiegend 
bekannte Gliederung der hierher gehörenden Formations- 
abtheilungen wurde darauf hingewiesen, dass alle Sedimentär- 
bildungen im Okerthale und seinen Nebenthälern nach der 
Umgrenzung des Granits hin im Allgemeinen eine wachsende 
und obschon nicht gleichmässige, so doch recht auffällige Ver- 
änderung in ihrer petrographischen Beschaffenheit und den 
Structurverhältnissen zeigen. Diese kann entlang der Chaussee 
von der Vereinigung des Weissen Wassers mit der Oker thal- 
abwärts über die Birkenburg, Rabenklippe, die Rohmker- 
Klippe mit dem Wasserfalle bis zum Auftreten des Granits 
an der Kestenecke am besten beobachtet werden. Sie macht 
sich durch ein mehr starres, compacteres Aussehen aller hie- 
sigen Gesteine gegen ihr sonstiges Vorkommen selbst dann 
sofort bemerklich, wenn dieselben auch nicht die damit ge- 
wöhnlich verbundene grössere Härte besitzen. Mit dieser 
Metamorphose hängt einerseits zusammen eine Neigung der 
Gesteine ihres Gebietes zur Bildung schroffer Felsen oder 
Klippen, andererseits eine erst jetzt in ihnen deutlich her- 
vortretende Zerklüftung, bisweilen in regelmässige Paral- 
lelepipede. 

Auf die eigentlichen Ursachen der Umbildung des Grau- 
wacken-Sandsteins, der verschiedenen Thonschiefer und Sand- 
steine, sowie der Grauwacken zu vorwiegend Hornfelsarten 
in der Nähe des Granits kann erst nach dem Vorliegen 


484 


chemischer und mikroskopischer Analysen von Stufen aus je 
ein und derselben Schicht in ihrem normalen und veränderten 


Zustande näher eingegangen werden, da man durch Löthrohr- 


versuche nicht viel mehr mit Sicherheit festzustellen vermag, 


als die leichtere oder schwierige Schmelzbarkeit der entstan- 


denen Silicate, die in den ursprünglich kalkigen und thonigen 
Bildungen nun Flussspath- bis nahezu Quarzhärte zeigen. 
Redner erörterte dann genauer insbesondere die petro- 
graphischen Unterschiede der metamorphosirten verschiedenen 
Gesteinsarten in jedem einzelnen Formationsgliede, und zwar 
durch eine Vergleichung einmal mit ihrem normalen Vorkom- 
men, andererseits unter sich selbst. 
Da aber die ursprünglichen petrographischen Eigenthum- 
lichkeiten bei Zunahme der Metamorphose immer mehr zurück- 
treten und manche dem Alter nach verschiedene Schichten 
zuletzt wegen ihres ähnlichen Aussehens kaum sicher von 
einander zu trennen sind, so hängt in solchen Fällen die 
Möglichkeit einer richtigen Altersbestimmung nur allein von 
der Ermittelung bezeichnender Petrefacten ab, und jeder neue 
Fund von ihnen ist darum hier von um so grösserer Wichtig- 
keit als sonst. | 
Der zu Goslar verstorbene Oberbergmeister AHREND war 
es, welcher zuerst auf Versteinerungen aus der sogen. Oontact- 
zone des Okerthal-Granits hingewiesen hat. In seiner „geo- 
gnostischen Beschreibung des Okerthals von dem Anfange des 
Harzgebirges bis an die Herzog-Julius-Stau* (Berichte des 
naturwissenschaftl. Vereins des Harzes, 1840/41 pag. 15 bis 18) 
erwähnt derselbe einen von ihm aus dem veränderten Spiri- 
feren-Sandstein*) des Adenberges bei Oker bei Anlage eines 
Wasserlaufes gesammelten Homalonotus, angeblich H. Knightü 
MurcHh. Aus den damals noch nicht als Calceola - Schichten 
bezeichneten und ebensowenig von den ähnlichen Gesteinen der 
Goslarer Schiefer getrennten Kalk- und Thonschieferhorn- 
felsen der Birkenburg - Klippe führt dieser Beobachter (|. c. 
pag. 18) an: 
Cyathophyllum Dianthus GoLdr., Calamopora Gotlandica 
und Calymene Jordani A. Roru. (= Phacops latifrons 
BurM.), 


*) Annenp nennt das Gestein allgemein „Grauwacke‘. 


ER 


485 


während der mitgenannte Orthoceratites gracilis GOLDF. bereits 
den veränderten Goslarer Schiefern daselbst angehört. Auch 
kannte AHREND aus den noch wenig metamorphosirten Oulm- 
thonschiefern unfern unterhalb der Grossen Julius-Stau schon 
die Posidonomya Becheri Bronn, welche neuerdings ebenfalls 
der Vortragende an zwei Stellen und zuletzt noch Dr. von 
GRODDECK in der nämlichen Gegend nachgewiesen haben. 

An. RoEMER führt in seinen so überaus wichtigen: „Bei- 
trägen zur geologischen Kenntniss des nordwestlichen Harz- 
gebirges* aus den metamorphosirten Calceolagesteinen des in 
das Okerthal ausmündenden Birkenthales, vermuthlich von der 
Birkenburg selbst oder aus ihrer unmittelbarsten Nähe an: 


Calceola sandalina und Pleurodictyum problematicum etc. 
(l. c. I. pag. 8), Leptaena Sedgwickü DE VERN. und 
Terebratula sp. (l. c. Il. pag. 73), Favosites fibrosa und 
deren Varietät ramosa (l. c. IlI. pag. 128), 


während es hinsichtlich der von ihm einfach als aus dem 
Birkenthal stammend beschriebenen Turbinolopsis elongata 
Loxpsp. (l. e. I. pag. 9) und Nautilus? falcifer A. Ron. 
(l. e. II. pag. 75) vorläufig zweifelhaft bleiben muss, ob sie 
nicht schon in unveränderten Schichten höher aufwärts in 
jenem Thale gefunden wurden. 

Die Petrefactenführung der Oalceolaschichten am Aden- 
berge bei Oker erwähnte zuerst Herr Prof. ULrıch in Han- 
nover (s. Bruno KerL, „der Communion-Unterharz*, Freiberg 
1853 pag. 153). Derselbe verglich zwar das Vorkommen mit 
demjenigen an der Birkenburg, machte indess ebensowenig wie 
später Herr v. GRoDDEcK (vergl. dessen „Abriss der Geognosie 
des Harzgebirges“, Clausthal 1871 pag. 80) irgend eine der 
beobachteten Gattungen namhaft, und zwar jedenfalls wegen 
deren schlechter Erhaltung. 

Leider ist auch dem Vortragenden die Ermittelung wohl 
erhaltener organischer Reste in den metamorphosirten Devon- 
und Culmschichten höchst selten gegluckt und dieser Umstand 
erlaubte ihm bisweilen nicht einmal ihre sichere generische 
Bestimmung. Dennoch wurden die folgenden neuen Vorkom- 
men von Versteinerungen festgestellt: 

Zunächst enthält der Spiriferensandstein auf dem höheren 
der beiden Gipfel der Birkeuburg-Klippe in einer z. Th. dünn 


Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIL. 2. 82 


486 


hellgestreiften Bank von Grauwackensandstein-Hornfels ausser 


Hohldrucken von Crinoiden - Stielstucken und dem Abdruck 


eines sehr eng gekammerten Orthoceras (— Kammerhöhe etwa 
+ des Durchmessers —) zahlreiche Steinkerne der Schnabel- 
schale von Spirifer hystericus v. SCHLOTH. und in einigen Exem- 
plaren die Chonetes sarcinulata v. SCHLOTH-. Ein an der Kesten- 
ecke gefundenes Stück von einer jedenfalls in nächster Nähe 
fest anstehenden Schicht, welches einen Hornfels mit kaum 
noch kenntlicher psammitischer Textur darstellt, zeigt ausser 
dem obengenannten Spirifer mehrere Hohldrucke der kleineren 


Schale älterer und jüngerer Individuen einer mässig langflüge- 


geligen, mit zahlreichen Radialrippen versehenen Spiriferen- 
Art, conf. Sp. elegans STEINING., sowie eine kleine Chonetes, 
wohl Ch. sarcinulata. 

Aus den Üalceolaschichten wurden dem Redner bekannt, 
und zwar: 

l. vom Felsgrat der Birkenburg, dicht westlich von der 
niedrigeren, einem Altarsteine ähnlich hervorragenden Spitze 
in einem Kalkhornfels, worin die eingeschlossenen späthigen 
Crinoidenstielstücke nur allein noch mit Säuren brausen, der 
Hohldruck der Epitheka einer grossen rugosen Koralle, wohl 
eines Cyathophyllum (?) und eine Aulopora-Art, gleichfalls nur 
in Hobldrucken. Unmittelbar südlich von der Ausmundung des 
Birkenthals an der westlichen Böschung der von der Okerthal- 
sohle sanft ansteigenden,alten Chaussee fand sich in dem vo- 
rigen Gesteine dieselbe Aulopora sp. und in einem sehr dunklen 
Kieselschiefer - ähnlichen Hornfels Fenestella sp., Hohldrücke 
von Crinoidenstiel - Gelenkflächen mit 0,7 Cm. Durchmesser 
und einem sternförmigen, fünfstrahligen Nahrungscanal (Rho- 
docrinus sp.), der unvollständige Rumpf und das undeutliche 
Schwanzschild eines sehr kleinen, etwa 2 Cm. langen, 0,9 Cm. 
_ breiten Trilobiten mit 8 wahrnehmbaren Rumpfsegmenten und 
der von hier bereits Herrn ÄHREND bekannte Phacops URTTER 
Burn. 

2. von der flachen Bergabdachung zwischen dem grossen 
und kleinen Scheckenkopfe südlich vom Forstwege über dem 
linken, hohen und steilen Okerthalgehänge in einem fast blau- 
schwarzen, auf dem Querbruche fein hell gesprenkelten, äusserst 
harten und dichten Kalkhornfels Fenestella sp. 

3. gegen 62 Schritte östlich von der Mitte des verlassenen 


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BRENNER Ar 
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, 487 


grossen Spiriferensandsteinbruches*) oberhalb der Kestenecke an 
der nördlichen Böschung der neuen Chaussee am rechten steilen 
Ufer der Oker in den liegendsten, auffällig ockergelb bis 
bräunlich verwitterten Bänkchen der hier gegen 40 Schritte 
breiten Calceolaschichten - Zone eine interessante, wenn auch 
artenarme Fauna. Das Gestein ist vorherrschend ein glas- 
harter, dunkel graublauer, dichter Kalkhornfels mit sehr vielen, 
verschieden grossen, unregelmässigen, lagenweise erscheinenden 
Hohlräumen von ausgewitterten Kalkschalen der fossilen Thier- 
reste. Auch hier brausen die noch erhaltenen späthigen Cri- 
noidenstielglieder nur allein noch bei Behandlung mit Säuren. 
Ausser der zahlreichen Calceola sandalina Lau. in Hohldrücken 
der Innenfläche des Korallendeckels und Steinkernen des 
Kelches sind einzellige Cyathopbyllen von bis 3,5 Cm. gröss- 
tem Durchmesser und bis 6,5 Cm. Länge, theils mit ziemlich 
gut erhaltenen Steinkernen von den Wirtellamellen, nicht selten, 
ferner Hohldrücke der Gelenkflächen von Crinoidenstielen mit 
0,2 bis 2 Cm. Durchmesser, von denen die ersteren z. Th. 
Cupressocrinus, die letzteren z. Th. Cyathocrinus angehören. 
Endlich fand sich in einem immerhin noch deutbaren Reste 
Pleurodictyum problematicum GOLDF. 

4. von der Kestenecke, etwa 100 Fuss über No. 3, an 
der östlichen Böschung der alten Chaussee und wahrscheinlich 
im Fortstreichen des eben genannten Vorkommens in einer 
unregelmässigen Kalkhornfels-Einlagerung der dasigen Calceola- 
schichten ausser undeutlichen Rugosen dieselbe Aulopora wie 
an der Birkenburg. 

5. aus dem Achtermannsthale oberhalb des Steinbruchs 
des Lehrers ScHucHT, an einer aus dem nördlichen Thal- 
gehänge hervorspringenden Klippe in einem charakteristisch, 
namlich sehr dunkel röthlichbraun gefärbten Thonschiefer- 
Hornfels Fenesiella sp. und in einer am häufigsten vorkom- 
menden Hornfelsart, welche aus einer Wechsellagerung von 
sehr dünnen veränderten, hellen Kalk- und dunklen, bis blau- 
schwarzen Thonschieferlagen besteht, das Pygidium von wahr- 


”) Aus einer gefälligen Mittheilung des Lehrers Scuucur in Oker, 
dass derselbe in diesem Steinbruche Spiriferen beobachtet habe, fol- 
gerte Redner das Vorhandensein der Calceolaschichten im Hangenden 
von jenem Punkte und gelangte so zur Entdeckung einer der wichtigsten 
Petrefacten-Fundstellen in diesem Gebiete. 


32 * 


scheinlich Phacops latifrons Burm., welches Herr ScaucHT zuerst 
sah. Endlich | 

6. von der westlichen Abdachung des Adenberges an 
drei verschiedenen Stellen in den soebeu erwähnten dunn- 
gebänderten Hornfelsschichten Fenestella sp., sowie unfern 
westlich vom Berggipfel einer von den für die Calceolaschichten 
überaus bezeichnenden Hohldrucken, welche A. RoEMER aus- 
gewitterten Armgliedern seines (upressocrinus Urogalli zun- 
schrieb. 

Wenn hiernach die Calceolaschichten im Contactringe des 
Granits zwar nur wenige Arten von Fossilresten geliefert 
haben, welche jedoch immerhin noch für die Altersbestimmung. 
genügen, so muss es auffallen, dass aus den veränderten Gos- 
larer Schiefera mit Ausnahme des ÖOrthoceras, welches der 
Oberbergmeister AHREND an der Birkenburgklippe fand, Petre- 
facten bisher fast gänzlich unbekannt blieben. Dem Vortra- 
genden wenigstens gelang nichts weiter, als an derselben Stelle 
in sebr dunklen, dünnplattigen und schiefrigen Kalkhornfels- 
bänkchen Hohldrucke ausfindig zu machen, die mit einem 
Ockerhäutchen überzogen sind und muthmaasslich von ehemals 
verkiesten Orthoceren herrühren. 

Auch aus den vorwiegend Hornfelse bildenden Kramenzel- 
kalken ist bis auf das eine Exemplar von Clymenia striata 
v. Müsst., welches angeblich am Fusse des jetzigen Rohmker- 
Wasserfalls gefunden wurde, kein weiterer organischer Rest 
bekannt geworden. DBeiläufig sei bemerkt, dass man das Vor- 
‘kommen von Grossular-&ranat im metamorphosirten Kramenzel 
am besten in einem von der Rabenklippe herabgestürzten sehr 
grossen Block zwischen der Chaussee und Oker beobachten 
kann, worin die schmutzig bräunlichgrünen Körner in den 
helleren , härteren, der Verwitterung besser widerstehenden 
Lagen des Gesteins massenhaft eingesprengt sind. 

Hinsichtlich der bis jetzt in den veränderten Culmschichten 
gefundenen Versteinerungen ist ausser zusammengedrückten 
Calamitenstämmchen in Kieselschiefer-ähnlichen Thonschiefern 
oberhalb des Birkenthals an der neuen Chaussee im Okerthale 
nur noch das vom Redner zweimal beobachtete Vorkommen 
der Posidonomya Becheri Bronn zu erwähnen. Nördlich vom 
Sulpkethale tritt diese Leitmuschel im Hangenden des Kra- 
menzels an der westlichen Böschung und der ersten scharfen 


RR ER An u VOM rt Ft N BUT a u va 
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En 


489 


| Wendung des dasigen Waldweges über der hohen und steileren, 


westlichen Abdachung des Okerthales in recht schiefrigen, sehr 
zerklufteten, gehärteten, dunkel blaugrauen, ockergelb bis 
braungefleckten Thonschiefern auf, welche ausserdem Abdrücke 
von undeutbaren Pflanzenstengeln einschliessen. Nordöstlich 
von dieser Stelle, unten im Okerthale, da, wo an der neuen 
Chaussee unterhalb der Rohmker Halle eine Tafel in einem 
Kramenzelfelsen den Oberbergmeister AHREND als Erbauer der 


 Kunststrasse bezeichnet, stehen als wahres Hangendes des 


Kramenzels und östliche Böschung der unmittelbar daruber 
hinführenden alten Chaussee dünnbänkige, zerklüftete, z. Th. 
äusserst harte und dichte, sehr dunkle, bis blauschwarze und 
wie die eben genannten Schiefer ockergelb- bis braungefleckte 
Thonschieferhornfelse an, welche Schwefelkies in hirsekorn- 
bis linsengrossen Wurfeln lagenweise gruppirt enthalten und 
die bekannte Posidonomya in deutlichen Abdrucken erkennen 
lassen. 

Da sich ein dem eben beschriebenen petrographisch genau 
entsprechendes Gestein in einer etwa 3 Meter mächtigen 
Schicht sowohl im wahren Hangenden wie im scheinbaren 
Liegenden des Kramenzelkalkfelsens an der Rohmker Halle 
vorfindet und die Schichtenfolge rechts und links von diesem 
Kramenzel-Vorkommen überhaupt eine analoge ist, da ferner 
eine eingehende Beobachtung der Lagerungsverhältnisse durch- 
aus nicht dagegen spricht. so kann die Rohmker Klippe in 
ihrem unteren Theile mit dem Wasserfall nur einen aus dem 
Culm emportauchenden, an seinem Kopfe im Laufe der Zeit 
fortgefuhrten Kalkstein - Sattel darstellen, dessen beide Flügel 
nach Ost hin einfallen (einen sogen. einseitig überkippten 
Luftsattel). Da ferner von hier nach Westen auf die verän- 
derten Culmthonschiefer und ihre Grauwackeneinlagerungen 
wiederum Kramenzelkalk, nämlich in den hahnenkammähnlichen, 
malerischen Felsen der Rabenklippe, in einer breiten Zone folgt, 
welche, abgesehen von ihren Speecialfalten als Ganzes des- 
gleichen nach Osten einfällt und im Liegenden concordant von 
den metamorphosirten Goslarer Schiefern, Calceolaschichten 
und dem Spiriferensandstein begleitet wird, so müssen die 
Culmgesteine an der Rohmker Halle nothwendig das Innerste 
einer Mulde mit synklinem, östlichem Einfallen beider Flügel, 
bilden, von welchen der östlichere wiederum der eben erwähnte 


a: 


Sattel ist. Das Tiefste dieser Mulde steigt, insofern man 
einige Unterbrechungen durch querschlägige Verwerfungen un- 
berucksichtigt lasst, allmaälig nach Norden hin an, so dass 
sich oberhalb der Kestenecke die beiden Kramenzelzonen 
rechts und links von der Oker im Flussbette bereits vereinigt 
haben. Vermuthlich durch eine neue Schichtenstörung von die- 
ser Vereinigung abgeschnitten, tritt am weitesten gegen Nord an . 
der neuen und alten €'baussee unterhalb Rohmker Halle zuletzt 
nur eine Kramenzelzone in Begleitung der tieferen Devon- 
glieder auf. 

Herr K. A. Lossen theilte neuerdings gemachte Beobach- 
tungen aus dem Diluvium bei Berlin mit und knüpfte daran 
Betrachtungen über dessen Gliederung. Er machte zunächst 
auf Abgrabungen aufmerksam, die in ausgedehnter Weise auf 
der Südseite der Stadt bei dem Dusteren Keller gerade jetzt 
statthaben und vorübergehend den Bau, und die Zusammen- 
setzung des der Stadt zugekehrten Uferrandes des Teltower 
Diluvialplateau bloslegen: Die alte Lehmgrube des Dusteren 
Keller’s, vielleicht die älteste nächst der Stadt, baute nicht, 
wie man nach der Karte des Herrn’ von BENNINGSEN - FÖRDER 
schliessen musste, den oberen (mergligen) Geschiebelehm, 
sondern den unteren ab. Wie am Kreuzberg, so ist auch an 
der östlich davon gelegenen Höhe bis zu der KunHkın’schen 
Fabrik in Folge einer dem Uferrand nahezu parallelen Auf- 
sattelung der Schichten der obere Geschiebelehm auf dem 
Scheitel der Plateaukante und an dem der Stadt zugekehrten 
Abhang gar nicht vorhanden, vielmehr südwärts zurückge- 
schoben bis nahe an die Grenze des Exercierplatzes, wo der- 
selbe auf dem Terrain der Schäzuine’schen Bäckerei, auf dem 
der Molkerei und der Hor’schen Brauerei ansteht. Die 9 bis 
15 Fuss mächtige Geschiebelehmplatite, die auf jenem, von 
einem neuen Strassenprojeet durchschnittenen, Scheitel und in 
dem Hange liegt, in welchen der Dustere Keller von N. nach 
S. ansteigend eingegraben ist, lässt im frischen Anbruch alle 
Merkmale des unteren (mergligen) Geschiebelehms erkennen: 
frisch dunkelgraublaue Farbe, unterbrochen durch zahlreiche 
weisse, eckige Kreidebrocken, starke prismatische Zerkluftung, 
hie und da bis zu einer blätterigen Ablösung gesteigert, und 
den Uebergang in Diluvialgrand. Von dem oberen Geschiebe- 
lehm des Tempelhofer Feldes ist sie getrennt durch den Diluvial- 


I 


491 


sand, der bei der Windmühle zwischen der Hor’schen Brauerei 
und dem Terrain der Molkerei über einem Grandlager gut 
entblöst ist und, wie die jetzt planirten Abgrabungen auf letz- 
terem Terrain eine Zeit lang gut beobachten liessen, steil 
unter die Platte des oberen Geschiebelehms einschiesst, wie 
es dem Südflügel eines nahezu O.-W. streichenden Sattel- 
rüuckens zukommt.*) Auf dem Scheitel des Plateaurandes ist 
die flach gen $. geneigte Auflagerung des Diluvialsandes auf 
dem Unteren Geschiebelehm wahrzunehmen, während in der 
Plateaukante selbst letzterer in Folge der Erosion unbedeckt 
zu Tage tritt und, nunmehr nach N. geneigt, den grössten 
Theil des der Stadt zugekehrten Abhanges ausmacht, in den 
vom Kreuzberg bis zur Hasenheide den Nordflügel jenes eben 
erwähnten Sattelruckens fällt.**) Unter dieser Platte des 
unteren Geschiebelehms tritt derselbe Sand wieder auf, der 
dieselbe bedeckt***), was sowohl am unteren Ende des Dusteren 
Kellers, als an der Ostecke des oberen Ausgangs aus dem- 
selben, ganz besonders deutlich aber in einer neuerdings auf 
dem Scheitel der Erhebung südlich der Windmühle eröffneten 
Grube zu beobachten ist. Diese Grube baut zumal ein Grand- 
lager ab, das nichts weiter ist als die directe Fortsetzung der 
in Rede stehenden Platte des unteren Geschiebelehms, die nach 


*%) So war auch vor einigen Jahren in der Fundamentgrube des 
auf der Westseite der Tivoli-Brauerei errichteten Gebäudes deutlich das 
Einsenken der Sand- und Grandmassen des Kreuzberg-Gipfels unter den 
gegen das Tempelhofer Feld geneigten oberen Geschiebelehm zu sehen. 
Die Neigung war hier jedoch ganz ' gegen SW. gerichtet, wie es der 
Endigung jenes Sattelrückens im Kreuzberg auch entspricht. Denn die 
nächst westwärts gelegene Lehmmergelgrube Kriegersfelde zeigt den con- 
tinuirlichen Verlauf des oberen Geschiebelehms vom Tempelhofer Feld 
bis zu den Alluvialbildungen des Spreethals; hier ist also im Gegensatz 
zum Kreuzberg eine Tiefenlage vorhanden. 

**) Ehedem hatte die, jetzt in eine Villenanlage verwandelte, tiefe 
Sandgrube zwischen der Fahrstrasse nach Tempelhof und dem Kreuzberg 
den Sattel der ganzen Querlinie nach aufgeschlossen, was leider jetzt 
nirgends mehr deutlich der Fall iss und sehr bald noch weniger der 
Fall sein wird nach Bebauung des Terrains bis zur Kunukım’schen Fabrik, 

***) Bekanntlich folgen nach unten noch mehrere, in ihrer Mächtig- 
keit sehr wechselnde, bald auskeilende, bald untereinander verschmelzende 
Geschiebelehmlagen im Diluvialsand zwischen dem Kreuzberg und dem 
Dusteren Keller. Dieselben, früher in den tiefen Sandgruben trefflich 
erschlossen, sind jetzt kaum irgendwo gut entblösst. 


492 


S. zu, wie man Schritt für Schritt verfolgen kann, immer mebr 
den Gehalt an thonigen Theilen verliert. Es ist dies ein 
schönes Beispiel der petrographisch sehr wechselnden Facies 
in den Schichten des Unteren Diluviums. | 

Was im südlichen Schweden, in Schonen, mit dem Namen 
Krosstenslera bezeichnet wird, stimmt, wie mir Herr Dr. 
LUNDGREN von der Universität zu Lund, den ich nach dem 
Dusteren Keller, sowie nach Rixdorf geführt habe, an Ort 
und Stelle versicherte, petrographisch ganz genau überein mit 
dem norddeutschen unteren mergeligen Geschiebe- 
lehm. Der Thongehalt der von den schwedischen Geologen 
als Gletscherruckstand (Moräne) gedeuteten Krosstens - Bil- 
dungen*) wird nach Angabe desselben Gelehrten ausserhalb 
Schonens vermisst und dann spricht man von Krosstens- 
gsrus an Stelle von Krosstenslera, was sonach unserem 
Diluvialgrand entspricht. 

Diese grandige, thonleere Bildung herrscht in Schweden 
weitaus vor, daher man auch Krosstensgrus in weiterem Sinne 
(mit Inbegriff der Facies Krosstenslera) gebraucht, wie dies 
auf den Karten von A. Erpmann der Fall ist.**) In der Mark, 
wenigstens speciell in der Umgebung von Berlin, herrscht das 
umgekehrte Verhältuiss. Indessen sind die Faciesunterschiede, 
wie dem Redner nach seinen Erfahrungen aus den Berliner 
Bohrungen scheinen will, hier noch zu wenig gewürdigt, weil 
vollständige und zusammenhangende Profile im unteren Dilu- 
vium selten zu beobachten sind.. Wenn man mit BERENDT im 
Allgemeinen mit Recht die Entwickelung des unteren Diluviums 
in der Mark als eine vorwiegend sandige, diejenige von Ost- 
preussen als eine vorwiegend thonige bezeichnen kann, so 
schliesst das nicht aus, dass, wie die Bohrungen auf der 
Nordseite und auf der Südseite der Stadt Berlin gezeigt haben, 
diese Faciesunterschiede sich auch auf beschränktem Gebiete 


®) An Geschieben aus dem Diluvialgrand, der bei Rixdorf über 
dem unteren Geschiebelehm lagert, zeigte mir Herr Lunperex parallel 
gestreifte und polirte Stellen als Gletseherwirkung, wie in Schweden. 

%%) Hiernach ist die von meinem verstorbenen Freunde A. Kuxth 
in dieser Zeitschrift in seinem „Bericht über eine geologische Reise im 
südlichen Schweden“ (Jahrg. 1867 Bd. XIX. pag. 7ul fi.) gezogene 
Parallele des „Thons mit Geschieben (Toreır) = Krosstensgrus‘ mit dem 
„unteren Lehm‘‘ der märkischen Diluvialbildungen ganz correct. 


493 

wiederholen; denn der Sudrand des auf der Nordseite des 
Spreethals gelegenen Diluvialplateau’s zeigt hier im Gegensatz zu 
dem Nordrand des auf dnr Südseite desselben Thales gele- 
genen Plateau entschieden den ostpreussischen Faciescharakter, 

Es dürfte aber die Bedeutung der Faciesunterschiede im 
unteren Diluvium der Mark noch weit mehr zu Tage treten. 
Während Herr BERENDT schon vor einigen Jahren in Preussen 
zu dem Resultat gelangt ist, der sogen. geschiebefreie, 
richtiger geschiebearme oder Glindower Thon sei we-. 
sentlich nur als ein Faciesunterschied des unteren 
Geschiebelehms und nicht als ein durch constante tie- 


' fere Lage von diesem letzteren durchaus verschiedenes Forma- 


tionsglied aufzufassen, haben die Herren von Kornen, KuntH 
und Eck, welche zuletzt durch ihre verdienstvollen Arbeiten 
die Kenntniss des märkischen Diluviums erweitert haben, den 
Glindower Thon als dritte, älteste thonreiche Bildung, wesent- 
lich verschieden von dem nächst jüngeren unteren Geschiebe- 
lehm (= unteren Diluvialmergel, unteren Sandmergel oder 
unteren Geschiebethon) und davon durch eine sandige Zwischen- 
schicht getrennt, festgehalten. 
So finden wir bei Kuntau*) folgende Gliederung von 

unten nach oben: : 

Sand, 

Glindower Thon, 

Sand, 

Unterer Lehm, 

Sand, 

Oberer Lehm, 
mit der die Schemata der Herren v. Kosnen**) und Eck***), 
abgesehen von der Benennung der einzelnen Glieder, ganz 
übereinkommen. | 

Demgegenüber ist Redner zu folgender allgemeinen sche- 

matischen Gliederung gelangt, welche zeigen mag, dass auch 
für das märkische Diluvium fortgesetzte vergleichende Beob- 
achtung zahlreicher nahe beisammen gelegener Einzelprofile zu 
der Auffassung des Verhältnisses von unterem Geschiebelehm 
und Glindower Thon fuhrt, die BERENDT im Gegensatz zu seiner 
ersten Arbeit „Ueber die Diluvialablagerungen der Mark Bran- 
denburg‘‘ seither in Preussen gewonnen hat: 


*) 1. c. pag. 708. 


**) Ueber einige Aufschlüsse im Diluvium südlich und östlich von 
Berlin, diese Zeitschr. Jahrg. 1866 Bd. XVIII. pag. 1. 


”**) Rüdersdorf, Abhandl. zur geol, Karte von Preussen und den 
thüringischen Staaten Heft ß 
32 %% 


494 


Oberes Diluvium (ohne Paludina diluviana Kuntn)*): 
Oberer (mergeliger) Geschiebelehm | 
(zusammt der in kalkfreien Decklehm und in 
Decksand an Ort und Stelle umgewandelten Ober- 
fläche) 
Sand und Grand im oberen Geschiebelehm **) 
Unteres Diluvium (mit Paludina diluviana Kuntn): 
Diluvial- Hauptsand 
Diluvial - Grand 
Glimmer- und Mergelsand ech 
Unterer (mergeliger) Geschiebelehm Faci 
I acies. 
Glindower Thon 


Sand -Facies 


In diesem Schema drücken also nur die beiden Haupt- 
abtheilungen ein constantes Lagerungsverhältniss aus. Durch 
dasselbe soll jedoch keineswegs besagt werden, dass Glie- 
derungen, wie die oben nach KuntH mitgetheilte in der Natur 
nicht vorkommen. Im Gegentheil mögen solche für manche 
Distriete so häufig sein, dass man local darin eine Gesetz- 
mässigkeit erkennen muss; nur dass allgemein in der Mark 
oder selbst bei Berlin die bisher dort gebräuchliche Gliederung 
als eine Ordnung stetig auf einander folgender Formations- 
glieder nicht aufrecht erhalten werden kann, das soll hiermit 
ausgesprochen sein. Die Gründe dafür bald an anderer Stelle. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
BEYRIcH. WEBSKY. Danss. 


*) Soweit meine Kenntniss der Literatur und meine eigene Erfahrung 
reicht, ist Paludina diluviana KuntHn, eine ausgestorbene Art, bis jetzt 
noch niemals im oberen Geschiebe-führenden Lehm und den ihm ein- 
geordneten Sanden, dagegen in allen sandigen und lehmigen oder tho- 
nigen Schichten des gleichviel in welcher Reihenfolge im Einzeln geord- 
neten unteren Diluviums beobachtet worden, ein Umstand, der um so 
schwerer in’s Gewicht fällt, als dieses wichtige Fossil auch nach BerEnDT 
neben der marinen Fauna des unteren Diluviums von Preussen. vorhan- 
den ist. 

**) Eine selbständige Sandbildung über dem oberen Geschiebe- 
lehm habe ich bei Berlin nicht beobachtet und darum nicht aufgeführt, 
womit deren thatsächliches Vorkommen jedoch nicht negirt werden soll. 


%&Druck von J. F.Starcke in Berlin. 


e ie > i 3 


Inhalt des ı. Hofe. 
EA. Kae 


hermoso® in A ecuadorischen Coriilleraes 
a ar aus een gr DE Er 


(Hierzu 7 Tafel IX. und X) 


4. Die Porphyre des Tngänens 8 Ei 
Bern... wu. Ju 0 a 


ii 
5. Analysen zweier Porphyre aus dem Maroggiatunnel i im Te in. 
Von Herrn L. von FeLensere in Rosenbühl. . . . » 


6. Ueber C. E. von Bazr’s Bos Pallasü aus dem Diluvium 


15 Ueber Anatas u Brookit von Wolfshau bei Schmiede 
in Schlesien. Von Herrn KL£TTe in Se en . 


B. Briefliche Mittheilungen 


der Herren F. Scunıpt, F. Fovgui, =. Scuoız, von Trip R: 
F. SanpBerger, K A. Lossen, Anr. p’Acnıannı und N. 


MASKELYNE „20 wer So 


c. Verhändlungen der Gesellschaft. 


pa 


| . Protokoll der April-Sitzung, vom 7. April 1875. . . 
ER 2. Protokoll der Mai-Sitzung, vom 5. Mai 1875... . 
a 3. Protokoll der Juni-Sitzung, vom 2. Juni 1875 . . 2. 


Einsendungen für die Bibliothek der Gesellschaft, Beiträ; 
die ‘Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die Versendun 
Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte, sowie Anzei 
etwaiger Veränderungen des Wohnortes sind an Dr. Dames (C. u 
garten No. 6.) zu richten. Die Beiträge sind pränumerando 
Bessersche Buchhandlung (N.W. Marienstrasse 10.) 

SE Die Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht 
Fe händlerischem Wege, sondern durch directe Uehersend 
BI, | die Bessersehe Buchhandlung »u bewirken. Bi 


_ XXVI. Band. 


ce Heft. 2 


- Juli bis September 1875. 


5 Berlin, 1875. 


helm Hertz  (Bessrsche Buchhandlung). 


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- welche sehr werthvolles Material ergeben und die Lösung vor- 
_ bereiten; aber vergeblich sucht man in ihnen nach einer ab- 


N 
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Zeitschrift 
der | 


Deutschen geologischen Gesellschaft. 
3. Heft (Juli, August und September 1875). 


A. Aufsätze 


mn 


l. Ueber die Bildung von Dolomit. 


Von Herrn F. Hoppe - SeyLer ın Strassburg. 
Hierzu Tafel XII. 


Unter den Problemen, welche die chemische Geologie zur 
Erklärung der Bildung und Ablagerung der verschiedenen 
Gebirgsarten zu lösen hat, nimmt die Erklärung der Entste- 
hung des Dolomit eine hervorragende Stelle ein. . Innig ver- 
knüpft einerseits mit ganz unzweifelhaft vulcanischen Vor- 
gängen älterer wie neuerer Zeiten, finden wir Dolomite an- 
dererseits eng sich anschliessend an Gyps-Anhydrit-Steinsalz- 
ablagerungen , finden wir sie endlich in enormen Massen 
ausgebreitet und in hohen Felsblöcken emporragend über 
sedimentären Gesteinen fern von einer nachweisbaren Quelle 
vulcanischer Thätigkeit, auch fern von Steinsalz und Anbhydrit- 
lagern. 

Seitdem L. v. Buch vor 50 Jahren seine classischen 
Abhandlungen über Dolomit als Gebirgsart geschrieben, die 
grosse Bedeutung des Dolomit hervorgehoben und zuerst ver- 
sucht hat, das Rätbsel der Bildung dieses Gesteins seiner 


Lösung näher zu führen, ist eine Reihe von wichtigen Ar- 


beiten über diese geologische Fundamentalfrage veröffentlicht, 


Zeits. d.D.geol. Ges. XXVIL 3. BB) 


496 


schliessenden und zum richtigen Verständniss genügenden Er- 
klärung. Dies Urtheil haben erfahrene Geologen ausgesprochen 
und diejenigen, welche mit sorgfältiger Beachtung der Ver- 
hältnisse, unter denen der Dolomit auftritt, versucht haben, 
Erklärungen zu geben, haben dies einerseits mit einer gewissen 
Zurückhaltung und doch zugleich mit der Annahme ganz ausser- 
gewöhnlicher Einwirkungen gethan. So auch v. BueuH selbst, 
der dort, wo er über den Zusammenhang der Dolomitbildung 
mit vulcanischen Eruptionen spricht, über die Art der Ein- 
wirkung durchaus nicht mit der Bestimmtheit auftritt, als 
man ihm vielfach Schuld gegeben hat. Sehr treffend spricht 
sich Escher v. od. Lista*) über den Dolomit Vorarlbergs aus, 
indem er sagt: „dass solche Dolomitmassen nach der in 
neuerer Zeit von mehreren Seiten aufgestellten Behauptung 
gewöhnliche neptunische Niederschläge seien, wie Sandstein, 
Mergel, Kalkstein, stellt sich als eine sehr gezwungene, mit 
den Erscheinungen nicht übereinstimmende und noch weniger 
sie erklarende Ansicht dar. In der That, die Felsschichten 
über und unter dem Dolomit sind reich an Petrefacten, be- 
sonders oft fast blos aus solchen zusammengesetzt, aus dem 
so. mächtigen und so weit verbreiteten Dolomit Vorarlbergs, 
des Räthikons, mittleren Bündtens und des unteren Engadins 
ist mir dagegen nur ein einziges Petrefact bekannt, wenn es 
wirklich ein solches ist; es stammt vom Rhätikon zwischen 
dem Rellsthal und der Sporen - Alp und besteht aus einer 
corallenähnlichen Figur, die vielleicht eine blosse Ausscheidung 
und Ablösungsform ist. Gewiss wird aber Niemand annehmen 
wollen, dass in dieser Gegend während der Bildungsperiode 
des Dolomits das organische Leben erstorben sei, noch auch, 
dass in diesen Gegenden überall und während der ganzen 
Periode der Dolomitbildung die Bedingungen gefehlt haben, 
unter denen Conchylienschalen begraben werden. Man wird 
daher zu der Annahme gezwungen, dass die im Dolomitstoff 
einst vorhanden gewesenen Thierreste durch einen später ein- 
getretenen Process zerstört worden sind. In was dieser Pro- 
cess bestanden, ist noch ein Geheimniss; denn von allen 


*) A. Escuer v. D, Listu, Geognostische Bemerkungen über das 
nördliche Vorarlberg und einige angrenzende Gegenden. Zürich 1893 
pag. 2. 


’ 


497 


aufgestellten Erklärungsversuchen befriedigt doch wahrlich 
keiner.“ 

Kurze Zeit bevor EscHER diese Worte schrieb, waren die 
ersten ernstlichen Versuche gemacht worden, zu einer Erklä- 
rung der Dolomitbildung zu gelangen, seitdem sind manche 
weitere Untersuchungen in dieser Richtung hinzugefügt, aber 
weder die Versuche von STERRY Hunt*), noch die Gombina- 
tionen von G. BıscHhor**), noch endlich die Erwägungen von 
Ta. ScHhEErer®”*) geben eine ausreichende Erklärung, und 
neuerdings hat GoRUP - BESAnEZf) überzeugend nachgewiesen, 
dass an eine Bildung von Dolomit durch Extraction magne- 
siamhaltigen Kalksteins durch Bodenwässer, einen Process, 
den BıscHor hauptsächlich zur Erklärung der Bildung von 
Dolomit aus magnesiumhaltigen Kalkstein benutzen zu können 
meinte, nicht zu denken ist. 

Das erste und wichtigste Erforderniss zur sicheren Be- 
urtheilung der Bildung eines Minerals ist die künstliche Dar- 
stellung desselben und zwar die Darstellung unter Verhält- 
nissen, welche den in der Natur herrschenden möglichst voll- 
ständig gleichen. Diese letzteren kennen zu lernen, bietet nicht 
selten bedeutende Schwierigkeiten, ja es scheinen dieselben 
vor der Hand oft unuberwindlich, wenn es sich um Erklärung 
der Bildung älterer Gesteinsformationen handelt, da diese meist 
nachweisbar mannigfaltigen Umwandlungsprocessen unterworfen 
gewesen sind. Es kann sich also auch hier zunächst nur um 
die neueren Dolomitbildungen handeln. Alle Schlüsse, welche 
wir aus den gefundenen Erklärungen auf die älteren Dolomite 
übertragen, werden umsomehr Unsicheres, Hypothetisches ha- 
ben, je weiter zuruckliegend ihre Bildung ist und je mannig- 
faltigere Umwandlungsprocesse auf ihre Umgebung eingewirkt 
haben. Andererseits wird kaum ein Zweifel daran aufkommen 


*) Sır.ım., Am. Journ. (2) XXVIII. pag. 170. 365. 1859; ebendas. 
(2) XL, pag. 49. 1866. — Srerey Hunt, Chemical and geological 
essays, Boston u. London 1875. pag. 80, 
=*) G. Biscuor, Lehrbuch der chem, u. physik. Geologie 2. Aufl, 
ILL. 'pag. 279 
»**) Ti. Scheener, Beiträge zur Erklär. d. Dolomitbildung. Dresden 
1805; wie Jahrb. f. Mineral. 1866. pag. 1. 
7) Ann. Chem. Pharm., Suppl.-Bd. 8. pag. 230. 
33% 


498 


können, dass Dolomitlager wie im Binnenthale der Schweiz, 
die mit Glimmerschiefer zusammengehören, höherer Tempe- 
ratur einmal ausgesetzt gewesen sind. 


I. Die künstliche Bildung von Dolomit. 


Die künstliche Darstellung von Dolomit ist bekanntlich 
schon 1847 MorLoT*) gelungen, als er Bittersalz mit kohlen- 
saurem Kalk und Wasser auf 200° erhitzte, ebenso ist zwei 
Jahre später von Marıcnac und FaArrE**) Dolomit bei hö- 
herer Temperatur durch Einwirkung von kohlensaurem. Kalk 


auf Chlormagnesiumlösung erhalten. Es wurden ferner von 


STERRY Hunt***) zahlreiche Versuche zur Erklärung der Bil- 
dung von Dolomit ausgeführt; unter ihnen verdient besondere 
Erwähnung, dass es ihm gelang, durch Fällung gleicher Aequi- 
valente von Chlormagnesium und Chlorcaleium durch kohlen- 
saures Natron, Auspressen des Niederschlags und Erhitzen 
desselben auf 120° bis 130° Dolomit darzustellen. 

Eine zufällige Bildung von rhomboädrischen Krystallen 
von der Zusammensetzung des normalen Dolomit bei gewöhn- 
licher Temperatur in einem Bicarbonate enthaltenden Mineral- 
wasser, das sich in einer nicht gut verschlossenen Flasche 
befand, ist von A. MoiImEssiErf) beschrieben. 

Dies sind die wichtigeren in der Literatur verzeichneten 
Angaben über künstliche Bildung von Dolomit. Zahlreiche 
weitere Versuche, die beschrieben sind, haben zu einem gün- 
stigen Resultate nicht geführt. 

Als Dolomit fasse ich hier nur die Verbindung Ca(CO,),Mg 
auf, in welcher mehr oder weniger Magnesium durch äquiva- 
lente Mengen Eisen im Oxydulzustande vertreten sein kann. 
Die Krystallform des Dolomit ist bekanntlich fast stets gut 
erkennbar, aber doch nicht in jedem Vorkommen; die dolo- 
mitische Kreide von Dächingen bei Ulm, von welcher unten 
noch die Rede sein wird, besitzt die chemischen Eigenschaften 
des Dolomit und seine Zusammensetzung, aber auch unter 


*) Haıpınger, Naturwiss. Abhandl. I. pag. 305, 1847. 
==) Biblioth. univ. de Geneve, Mai 1549. 
aa. R 

+) Wırı, Jahresber. der Chemie 1866. pag. 178. 


ar at 


REBEL EREN 


499 


dem Mikroskop keine deutliche Krystallisation. Gepulverter 


Dolomit kann in kohlensäurehaltigem Wasser bei 200° und 
selbst bei viel niedrigerer Temperatur wieder in schön aus- 
gebildeten Krystallen umkrystallisirt erhalten werden. In ver- 
dünnten Säuren, besonders in Essigsäure, ist Dolomit be- 
kanntlich ebenso wie Magnesit schwer lösslich. Prarr*) fand, 
dass bei der Behandlung von fränkischen Dolomitproben mit 
Essigsäure, Calcium und Magnesium nicht im Aequivalent- 
verhältniss gelöst wurden, sondern dass Calcium reich- 
licher sich auflösste und ein magnesiumreicher Rückstand 
blieb. Aus einem Gestein, welches neben 60,33 pCt. CaCO, 
enthielt, 38,27 pCt. MgCO,, wurden durch 24stündige Be- 
handlung mit Essigsäure 49,48 pCt. CaCO, und 22,08 pCt. 
MgCO, extrahirt und neben 10,85 pCt. CaCO, noch 16,19 pCt. 
MgCO, ungelöst gelassen. 

Sowohl vom Bitterspath von Sassbach am Kaiserstuhl 
als von einer Dolomitprobe vom Schlern bei Botzen in 
Tyrol erhielt ich bei 30stündiger Behandlung der gepulverten 
Mineralien mit Essigsäure Calcium und Magnesium in den 
Aequivalentverhältnissen in der Lösung sowie in dem un- 
gelöst gebliebenen Rückstande.e In der Schlernprobe war im 
ungelösten Rückstande ein Theil des Magnesiums durch äqui- 
valente Menge Eisen vertreten. Andere Dolomitproben vom 
Wellendolomit am oberen Neckar und von der Scesaplana 
in Vorarlberg gaben ähnliche Resultate, wie sie PrArr er- 
halten hat; sie konnten sonach nicht als reiner Dolomit an- 
gesehen werden. Die reinen Dolomite wurden von Essigsäure 
sammtlich viel schwieriger angegriffen als solche, welche 
Calciumcarbonat und Magnesit enthielten. 

Gorup-BESAnEZ**) fand, dass fränkischer Dolomit an die 
Wässer, welche ibn durchdringen und aus ihm als Bäche 
hervortreten, Calcium und Magnesium als Oarbonate im Aequi- 
valentverhältniss abgiebt, dass man ferner bei Behandlung des 
gepulverten Dolomit mit kohlensäurehaltigem Wasser gleich- 
falls eine Lösung von Aequivalenten dieser Metalle erhält. 
Dies stimmt überein mit meinem Befunde bezüglich des Ver- 
haltens der sudtyroler Dolomitproben gegen Essigsäure, steht 


*) Pocc. Ann. Bd. 82 pag. 487. 1851. 
m 8, 


500 


aber nicht im Einklange mit dem Befunde von PrArr, der 
oben erwähnt ist; wahrscheinlich kommen reine und unreine 
Dolomite im fränkischen Jura vor und es erklärt sich hieraus 


der verschiedene Befund, denn eine verschiedene Wirkung der 
Kohlensäure gegenüber der Essigsäure in dieser Beziehung _ 


würde kaum anzunehmen sein. 

GoRUP - BESANEZ überzeugte sich nun, dass diese Wässer 
beim Stehen an der Luft und beim Verdunsten zunächst haupt- 
sächlich Calciumcarbonat ausfallen liessen, so dass eine 
magnesiumreichere Lösung zurückblieb, es wurde keine Spur 
Dolomit gebildet. 

Meine Versuche mit Mischungen wässeriger Lösungen, 
welche Caleium- und Magnesiumbicarbonat im Aequivalent- 
verhältniss entbielten, stehen mit den Versuchen von GOoRUP- 
BEsanez in vollster Uebereinstimmung und ich habe mich 
überhaupt durch eine Reihe von Versuchen, deren Einzeln- 
heiten hier anzuführen nutzlos wäre, überzeugt, dass weder 
Lösungen, welche beide Bicarbonate in irgend welchem Ver- 
hältniss enthalten, noch Lösungen, welche Magnesiumbicarbonat 
enthalten und im geschlossenen oder offenen Gefäss mehrere 
Monate in Berührung mit überschussigem Calciumcarbonat 
stehen, auch nur Spuren von Dolomit geben. War überschüs- 
siges Calciumcarbonat vorhanden, so nahm der Niederschlag 
zwar in allen Versuchen geringe Quantitäten von Magnesium 
auf, aber der Niederschlag war stets in kalter verdünnter 
Essigsäure sofort löslich. 

Ebenso gab eine Lösung von Ohlormagnesium mit kohlen- 
saurem Kalk, mehrere Monate stehen gelassen, keine Spuren 
von Dolomit, obwohl ein Theil des Magnesium in den Nieder- 
schlag und dafür ein Theil vom Calcium in die Losung über- 
gegangen war. Alle diese Lösungen wurden sehr verdünnt 
zu den Versuchen verwendet. 

Dass Gypslösung mit kohlensaurer Magnesia bei gewöhn- 
licher Temperatur in schwefelsaure Magnesia und kohlensauren 
Kalk sich umwandeln, ist durch Versuche von MITSCHERLICH 
schon vor langer Zeit ermittelt. Sättigt man eine verdünnte 
Lösung von schwefelsaurer Magnesia mit Calciumbicarbonat 
und Kohlensäure und ‘behandelt dann die klare Lösung mit 
einem ammoniak- und kohlensäurefreien anhaltenden Luftstrome 
lange Zeit, so scheidet sich sehr langsam Calciumcarbonat mit 


[2 


501 


ganz geringen Spuren von kohlensaurer Magnesia ab. Ist die 
' Magnesiumsulfatlösung nicht hinreichend verdünnt, so scheidet 


sich das gelöste Caleiumcarbonat bei gewöhnlicher Temperatur 
kaum wieder aus. Bei einem Gehalt der Lösung von 0,5 pCt. 
SO, Mg geht diese Ausscheidung schon sehr bald von Statten, 
bei einem Gehalte von mehreren Procenten nicht mehr, aber 
beim Verdunsten mit Oalciumbicarbonat versehener und mit 
MsSO, nahezu gesättigter Lösung mit der Luftpumpe erfolgt 
langsame Ausscheidung eines feinen Krystallpulvers, das sich 
beim Auswaschen mit Wasser sofort wieder löst; diese Kry- 
stalle können also nicht Dolomit sein. Fügt man den Lo- 
sungen einige Procente von Chlornatrium zu, so verändert sich 
ihr Verhalten in den angegebenen Hinsichten durchaus nicht. 

In gleicher Weise wurde das Verhalten von Nordseewasser 
gegen Ualeiumcarbonat und Bicarbonat untersucht. Diese 
Versuche werden überflüssig erscheinen, weil die Natur in 
dieser Hinsicht uns die überreiche Gelegenheit zur Beobachtung 
gewährt. Wenn die Einwirkung des Seewassers auf Calcium- 
carbonat bei gewöhnlicher Temperatur Dolomit bildete, würden 
wir über seine Entstehung schon längst nicht mehr in Zweifel 
sein können, schon die Küsten der Ost- und Nordsee, soweit 
sie aus Kreide und Kalkstein bestehen, würden sie in gross- 
artigem Maassstabe uns beobachten lassen; sie zeigen aber 
gerade, dass dies nicht der Fall ist; die Kreide enthält kaum 
Spuren von Magnesium und wird durch Berührung mit dem 
Meerwasser nicht reicher daran. 

Das von mir benutzte Nordseewasser besass ein spec. 
Gew. von 1,0258 und enthielt im Liter: 


SO, Ca 1,3849 Grm. Ca = 0,3970 Grm. 


SO,Me 2,1080 „ " 
ee Ahle 


Wurde eine Portion dieses Seewassers mit reinem kohlen- 
sauren Kalk und Kohlensäure gesättigt, mit einem Strome 
von ammoniak- und kohlensäurefreier Luft behandelt, so schied 
sich nur äusserst langsam ein Niederschlag ab, der auch in 
verdüunnter Essigsäure leicht löslich war und nur sehr wenig 
Magnesium enthielt. 

Auch ‚beim Gefrieren einer mit Caleiumbicarbonat gesät- 
tigten Bittersalzlösung oder in gleicher Weise gesättigten See- 


502 


wasser’s scheidet sich Dolomit nicht aus. Soweit in allen 
diesen Proben das Magnesiumcarbonat des Niederschlages 
untersucht werden konnte, erwies es sich stets wasserhaltig. 

Seewasser mit überschüssigem kohlensaurem Kalk ver- 
setzt und mit Kohlensäure gesättigt, in verschlossener Flasche 
unter öfterem Umschütteln 4 Monate stehen gelassen, gab im 
Niederschlag keinen Dolomit, sondern ausser Calciumcarbonat 
nur Spuren von leicht löslichem Magnesiumcarbonat. 

Die beschriebenen Versuche zeigen, dass eine Dolomit- 
bildung bei gewöhnlicher Temperatur nicht stattfindet, wenn 
diejenigen Oalecium- und Magnesiumverbindungen, welche man 
als Bestandtheile des Seewassers, der Boden-, der Quell- und 
Flusswässer kennt, aufeinander einwirken mit oder ohne Ent- 
weichen der freien und der im Bicarbonate locker gebundenen 
Kohlensäure. Wenn man nun, wie es oft von Geologen betont 
ist, die Dolomitbildung als eine sehr viel Zeit und hohen 
Druck erfordernde darstellen will, so wird sich an den Orten, 
wo durch die Brandung Kreideschlamm vom Gestade des 
Meeres abgespult wird und dieser Schlamm von Calciumcarbo- 
nat sich theilweise in grosse Tiefen hinabsenkt, alle Gelegen- 
heit finden, durch Herausfischen von Proben des Meeresbodens 
sich über die Bildung von Dolomit zu vergewissern. Es lässt 
sich aber bestimmt voraussehen, dass auch hier sich kein 
Dolomit bilden wird, denn der Druck kann nicht wohl Affi- 
nitäten hervorrufen, die nachweisbar bei gewöhnlicher Tempe- 
ratur nicht vorhanden sind, und die Zeit wird von bedeutendem 
Einfluss auf die Quantität der Umsetzungen und die Grösse 
der sich bildenden Krystalle sein, aber auf die Qualität der 
Einwirkung kann sie keinen Einfluss üben. 

Dass beim Erhitzen von schwefelsaurer Magnesia oder 
Chlormagnesium mit Wasser und kohlensaurem Kalk auf 200 ° 
Dolomit erhalten wird, ist, wie oben bereits angeführt, von 
Morror sowie von Marısnac und FARRE gefunden. Es ist 
auch bereits oben angegeben, dass Dolomit in kohlensäure- 
haltigem Wasser bei 200° umkrystallisirt werden kann. Ich 
habe nicht allein die Versuche mit jenen Magnesiumverbin- 
dungen und Caleiumcarbonat wiederholt, sondern auch mit 
Kohlensäure gesättigte Lösung von Magnesiumbicarbonat auf 
kohlensauren Kalk bei 200° einwirken lassen und endlich 
Seewasser mit Kohlensäure gesättigt, theils mit gelöstem 


503 


'Caleiumbicarbonat, theils mit überschussigem kohlensauren 
Kalk in Glasröhren eingeschlossen auf 200° erhitzt und kür- 
zere oder längere Zeit auf dieser Temperatur im Oelbade 
erhalten. Die Dolomitbildung fand in allen diesen Versuchen 
statt, ebenso auch beim Erhitzen von Wasser der Pyrmonter 
Stahlquelle. 

Wird das Erhitzen nicht über 24 Stunden fortgesetzt, so 
werden gute schwerschmelzbare Kaliglasröhren so wenig an- 
gegriffen, dass durch das gelöste Alkali und den gebildeten 
kohlensauren Kalk des Glases ein bedeutender Fehler in den 
Versuch nicht eingeführt wird. Beim längeren Erhitzen dagegen 
werden auch die besten Röhren so zersetzt, dass man ganz 
fehlerhafte Resultate erhalten muss. Ich habe mich aus diesem 
Grunde für diese Versuche unten geschlossener und oben 
offener Platinröhren von 3Cm. Höhe und 7 Mm. Durchmesser 
bedient, an denen unten aus starkem Platindraht ein 4 Cm. 
langer Stiel angelöthet war, auf dem sie in der senkrecht 
stehenden Glasrohre standen; ihr Rand oben ist in mehrere 
Zacken zerschnitten und diese sind nach aussen und unten 
umgebogen , sodass an der inneren Wandung des Glasrohrs 
herablaufendes Wasser nicht in diese Platinröhren gelangen 
kann. In Figur 1 ist ein solches Rohr in ein Glasrohr ein- 
geschmolzen dargestellt. Die längere Zeit zu erhitzenden 
Substanzen werden mit Wasser in das Platinrohr eingebracht, 
dann in das äussere Glasrohr etwas Wasser eingebracht, und 
dasselbe zugeschmolzen. Das Oelbad, welches für die Er- 
hitzung dieser Röhren dient, ist aus Kupfer angefertigt und 
hat cylindrische Form (Figur 2), es ist mit einem Deckel 
geschlossen, in welchem vier 32 Centim. hohe und 3,5 Centim. 
weite cylindrische, oben offene und unten geschlossene Röhren 
von Kupfer eingelöthet sind. Diese 4 Röhren werden von 
dem Oel umspult und sind mit ihrem unteren Ende noch 3 
bis 4 Cm. vom Boden des Oelgefässes entfernt. Sie sind zur 
Aufnahme der in Papier gewickelten zu erhitzenden Glas- 
röhren bestimmt und werden oben mit Papierschnitzeln oder 
Asbest und einem kupfernen Deckel geschlossen. In der 
Mitte des Deckels vom Oelbade befindet sich eine Oeffnung 
zum Einsetzen des Thermometers. Die Erhitzung dieses auf- 
recht stehenden Oelbades ist nur langsam zu steigern, damit 
zwischen oben und unten im Oelbade nicht grosse Temperatur- 


504 


differenzen bestehen, die heftige Explosionen veranlassen. EL 


können. Trotzdem dass zahlreiche Explosionen vorgekommen 
sind, die ohne Gefahr verlaufen, weil das Deckelchen des 
Kupferrohrs sammt dem Glasstuck und dem Platinrohr gegen 
die Decke des Raumes, in dem sich das Oelbad befindet, 
geschleudert werden, haben die verwendeten Platinröhren im 
Ganzen nur um ein paar Milligramme ihr Gewicht. verändert. 

In allen Versuchen, in welchen die oben genannten 
Magnesium- und Calciumverbindungen bei höherer Temperatur 
aufeinander einwirkten, wurde neben Dolomit auch Magnesit 
gefunden, als der Niederschlag mit Essigsäure ausgezogen und 
mit Wasser vollig ausgewaschen war; mit der Zeit des Er- 
hitzens nahm die Quantität des Magnesits gegen die des Do- 
lomits ab. Dem Seewasser wurde durch längeres Erhitzen 
mit Caleiumcarbonat der grösste Theil des Magnesium ent- 
zogen, der Niederschlag enthielt ausserdem Anhydrit. Wie 
sehr die besten Kaliglasröhren bei solchen Versuchen ange- 
griffen werden und ihre Zersetzungsproducte dem Inhalte zu- 
mischen, wenn man nicht Platineinsatzröhren anwendet, zeigt 
folgender Versuch. Es war Seewasser mit, überschüssigem 
Caleciumcarbonat nach Sättigung mit Kohlensäure in mehreren 
Glasröhren eingeschmolzen und 40 Stunden bei 180° bis 200° 
erhitzt worden. Der Niederschlag bestand nach Behandlung 
mit Essigsäure zur Entfernung des überschüssigen Calcium- 
carbonats aus: 


SO, Ca — 0,4206 Gewichsth. 
(CO,), CaMg = 0,6104 \ 
CO,Mg =.0.1225 a 
SiO, — 0,4556 5 


Das vom Niederschlage abältrirte Seewasser enhielt im Liter 


Ca =0,3150 Grm. 
Me. —,0:.0368 4. 
SiO, = 0,2586 


während das Seewasser vor dieser Behandlung enthalten hatte 
im Liter 

Ca = 0,4076 SiO, die bekannten Spuren. 

M& = 1,3032 


505 


Es war also eine bedeutende Quantität Kieselsäure in 
Lösung übergegangen und das Magnesium fast vollständig 
ausgefällt. Beim Stehen in verschlossenen oder offenen Ge- 
fässen scheiden sich aus dem so behandelten, zunächst völlig 
klaren Seewasser gallertige Flocken von Kieselsäurehydrat 
aus, nach einer oder mehreren Wochen erscheinen dann noch 
‚harte durchsichtige und glänzende Krystalle in der Kiesel- 
säuregallert und an den Wandungen. Diese Krystalle bildeten 
spitze Rhomboäder, zeigten blättrig rauhe Oberfläche und zu- 
gerundete Kanten und lösten sich in Essigsäure, auch in ver- 
dünnter, unter schwachem Aufbrausen. Sie enthielten Caleium 
und Magnesium, aber waren weder der Zusammensetzung, noch 
dem Verhalten, noch der Form nach identisch mit Dolomit. 

Die Bildung ven Dolomit aus schwefelsaurer Magnesia 
und kohlensaurem Kalk beruht auf einem Process, welcher 
dem bei gewöhnlicher Temperatur stattfindenden fast gerade 
entgegengesetzt ist. Ich habe nun versucht, die Temperatur 
zu bestimmen, bei welcher diese Umkehr erfolgt, aber dieselbe 
nicht sicher ermittelt; sie scheint bei oder nahe über 100° 
zu liegen. In offenen Gefässen können Versuche in dieser 
Richtung nicht ohne manche Complicationen ausgeführt wer- 
den, weil die koblensaure Magnesia sich leicht, wie bekannt, 
in ein basisches Salz verwandelt, besonders complicirt werden 
die Versuche mit Lösungen, welche Chlormetalle enthalten, da 
diese Lösungen beim Sieder sich unter Abscheidung von 
Magnesiahydrat mehr und mehr zerlegen, auch beim Sieden 
mit Rückfluss des condensirten Wasserdampfes. Ich habe 
trotzdem einige Versuchsreihen ausgeführt, weil sie zugleich 
für die Analyse von Wässern, besonders Mineralwässern, einige 
Aufschlusse versprachen. 

Eine Lösung von ungefähr 2 pCt. SO, Mg mit (CO, H), Ca 
und mit CO, gesättigt, gab beim Sieden eine Stunde lang mit 
vollständigem Rückfluss des verdampfenden Wassers einen 
Niederschlag, der fast allein aus basischkohlensaurer Magnesia 
bestand. Eine Lösung von 0,4186 pCt. SO, Mg gleichfalls 
mit Calciumbicarbonat und CO, gesättigt, gab beim einstün- 
digen Sieden einen Niederschlag, der im Liter 

Ca 0,372 Grm, 
Ms 0,089 ,, enthielt. 
Die heiss abfiltrirte Lösung wurde wieder mit CO, und 


506 
(CO, H), Ca kalt gesättigt und wieder eine Stunde im Sieden 
erhalten, der Niederschlag abfiltrirt und diese Behandlung 


noch dreimal wiederholt. | 
Beim vierten Male enthielt der Niederschlag vom Liter 


Ca 0,3800 Grm. 
Mg 0,0296 ,, 


Beim fünften einstündigen Sieden 


Ca 0,3750 Grm. 
Ms 0,0188  „, 


Die dann abfiltrirte Lösung enthielt neben 


SO, Mg 0,3607 pCt. 
SO,Ca 0,0657 „ 


Dieselbe 0,4186 pÜt. SO, Mg enthaltende Lösung gab mit 
CO, und (CO,H),Ca kalt gesättigt, im Glasrohr einge- 
schmolzen und auf 150° bis 140° erhitzt, keinen Niederschlag; 
auf 180° bis 200° dann erhitzt, gab die Lösung reichlichen 
Dolomit- und Calciumsulfat-haltigen, aber nicht weiter unter- 
suchten Niederschlag. 

Es wurde ferner Nordseewasser mit CO, und Calcium- 
bicarbonat gesättigt' und von dieser Lösung Portionen von 
200 CC. abgetheilt. Die erste Portion wurde anhaltend mit 
Kohlensäure- und Ammoniak-freiem Luftstrom behandelt bei ge- 
wöhnlicher Temperatur, die zweite ; Stunde und die dritte 6 Stun- 
den lang mit vollständigem Rückfluss des verdampfenden Wassers 
im Sieden erhalten. Die sofort abfiltrirten und mit heissem 
Wasser gewaschenen Niederschläge hatten die Gehalte: 


I: II. II. 
Ca 0,0196 0,04978 0,04086 
Mg 0,0011 0,00432 0,02091 


Der beim 6stündigen Sieden (III.) erhaltene Niederschlag 
näherte sich im Ca- und Mg-Gehalte dem Dolomitverhältniss: 
0,04086 : 0,0245, doch ist dies nur zufällig, da nachweisbar 
der Koblensäure-Gehalt des Niederschlags diesem Verhältniss 
nicht entspricht. Der Niederschlag I., welcher bei gewöhnlicher 
Temperatur durch sehr lange anhaltenden Luftstrom bewirkt 


‘wurde, war offenbar noch unzureichend geblieben und wurde 
bei noch längerer Fortdauer wohl auch noch etwas mehr 
Magnesium ergeben haben. 

Es wurden endlich noch Wasser der Stahlquelle in Py- 
mont (mit dieser Bezeichnung auf den Flaschen erhielt ich 
dieses Wasser aus der Mineralwasserhandlung) nach voraus- 
gegangener Mischung des Inhalts mehrerer Flaschen in Por- 
tionen zu 400 CC. getheilt und in folgender Weise behandelt. 
Portion I. wurde mit anhaltendem durch concentrirte Schwefel- 
saure, dann durch Kalilauge geleiteten Luftstrom bei Stuben- 
temperatur behandelt. Portion II. wurde 5 Stunde, III. 1 Stunde, 
IV. 3 Stunden und V. 6 Stunden im Sieden erhalten, während 
das verdampfende Wasser vollkommen condensirt in weitem 
langen Glasrohr fortdauernd in den Kolben zuruckfloss. Por- 
tion VI. war in geringer Quantität in Glasröhren eingeschlossen 
auf 200° erhitzt worden. Die in der folgenden Zusammen- 
stellung verzeichneten Werthe sind für 1 Liter Wasser be- 
rechnet. Die Kieselsäure war vor der Bestimmung von Fe, 
Ca, Mg durch Abdampfen der salzsauren Lösung zur Trockne 
und Behandlung des Ruckstands mit starker Salzsäure abge- 
schieden und entfernt. Es ergaben: 


I. II. Ill, 
gewöhnl. ;.stündiges 1stündiges 
Temperatur Sieden Sieden 


Fe,0, 0,0975 0,09775 0,0282 
CO,Ca 0,4368 0,8786 0,8777 
CO, Mg 0,0066 0,0214 0,0617 


1 N, V, VI 
3stündiges 6stüundiges auf 200° 
Sieden Sieden erhitzt 


Fe, O, 0,0265 0,0315 nicht bestimmt 
CO,Ca 0,8661 0,8384 0,5523 
CO, Mg 0,0848 0,1105 0,2448 


Die Oaleiumbestimmung geschah durch Fällung mit oxal- 
saurem Ammoniak wie in allen Bestimmungen in dieser Arbeit, 
der oxalsaure Kalk wurde mindestens einmal, wenn sich viel 
Magnesium zeigte, auch zweimal in Salzsäure gelöst und wieder 
mit Ammoniak gefällt, ehe er getrocknet und gegluht wurde, 


ET BEE RR = 


ra Re ee Sr nn 


> > 


308 


Der Magnesiumgehalt ist auf CO, Mg berechnet, obwohl die 
Kohlensäure nie bestimmt wurde; unzweifelhaft war in II. IH. 
IV. und V. ein Theil des Magnesium als basisches Carbonat im 
Niederschlage. 

Ich lege keinen Werth darauf, dass die Werthe mit denen, 
welche Fresenıus für das Wasser dieser Quelle gegeben hat, 
nicht übereinstimmen, ich habe dies Wasser gewählt als ein 
Mineralwasser, welches Caleium- und Magnesiumsulfat enthielt 
und ÜOarbonate dieser Metalle beim Sieden im Niederschlage 
giebt, im Uebrigen habe ich keine Garantie, dass das Wasser 
wirklich der Stahlquelle entnommen ist. 

Die obigen Bestimmungen ergeben nun, dass selbst beim 
kurzen Sieden eines Caleiumbicarbonat und Magnesiumsulfat 
enthaltenden Wassers bei Weitem mehr Magnesium ausgefällt 
wird als bei gewöhnlicher Temperatur, dass mit der Dauer 
des Siedens die Menge des ausgeschiedenen Magnesiumcarbo- 
nats wächst, dass ferner die Quantität des ausgeschiedenen 
Calciumcarbonats mit der Dauer des Siedens abnimmt, Die 
Versuche mit reiner Magnesiumsulfatlösung und kohlensaurem 
Kalk zeigen, dass beim Sieden Calcium in Lösung übergeht 
als Sulfat, und Magnesium als Carbonat ausgeschieden wird, 
aber die Versuche mit dem Mineralwasser und Seewasser 
zeigen, dass beim längeren Sieden chlormetallhaltiger Lösungen 
das ausgeschiedene Magnesium durchaus nicht dem aufgelösten 
Caleium äquivalent ist, sondern dies Aequivalent weit über- 
steigt. Es ergiebt sich dies einerseits als Resultat der Dis- 
sociation des Ühlormagnesium, andererseits als Folge der 
Zersetzung der Glasoberfläche, welche Natron frei werden 
lässt und hierdurch Magnesia ausfällt. Die Glaszersetzung, 
welche übrigens nur beim längeren Sieden in Betracht zu 
ziehen ist, erhöht zugleich den Werth des gefundenen Caleium- 
carbonats. | 

Es ist nicht zu verkennen, dass die gebräuchlichen Me- 
thoden zur Bestimmung der als Bicarbonate in Lösung befind- 
lichen Calecium- und Magnesium - Quantitäten ein zuverlässiges 
Resultat nicht geben können, denn wenn auch die Oalcium- 
Quantitäten in der ersten Stunde eine ganz geringe Aenderung 
erleiden, ist es bezüglich des Magnesium sicher nicht möglich, 
ein brauchbares Resultat zu gewinnen. Ein selbst sehr lange 
durchgeleiteter ammoniak- und kohlensäurefreier Luftstrom 


509 y 


würde kaum im Stande sein, bei gewöhnlicher Temperatur 
eine vollkommene Ausfällung zu bewirken; das zweckmässigste 
Verfahren wäre es wohl, bei mässig erhöhter Temperatur einen 
Luftstrom einzuleiten, der erst durch Schwefelsäure, dann durch 
Kalilauge, nachher durch Wasser geführt ist und nach dem 
Mineralwasser durch eine angesäuerte Silberlösung gesogen 
wird. Die Temperatur des Waschwassers und des Mineral- 
wassers wäre natürlich möglichst gleich zu halten. 

Wenn man nach längerem Sieden von Meerwasser mit 
kohlensaurem Kalk den Niederschlag mit Essigsäure behandelt, 
löst er sich grösstentheils leicht auf, ob der letzte geringe 
schwerer lösliche Theil desselben Dolomit enthalt, lässt sich 
nicht gut entscheiden, jedenfalls besass er in meinen Versuchen 
nicht die Zusammensetzung des Dolomit. Schmilzt man da- 
gegen entweder Magnesiumsulfat oder Chlormagnesium oder 
Magnesiumbicarbonat in Wasser gelöst nach Sättigung der 
Lösung mit Kohlensäure und Zusatz von kohlensaurem Kalk in 
Glasröhren ein, so lässt sich nach längerem Erhitzen und Be- 
handlung des Niederschlags mit Essigsäure ein schwerlöslicher 
Ruckstand gewinnen, der in diesem Verhalten, der Krystall- 
form und dem Üalciumgehalt mit Dolomit übereinstimmt. Als 
eine Lösung von Magnesiumbicarbonat mit kohlensaurem Kalk 
in Glasröhren 90 Stunden bei 100° erhalten war, wurde 
nach Behandlung mit Essigsäure ein darin löslicher Ruckstand 
erhalten, der neben 940 Gew.-Theilen Magnesiumcarbonat 
282 Gew.-Theile Dolomit enthielt. Bei 120° bis 140° wurde 
schon in 80 bis 40 Stunden 627,6 Dolomit neben 1081,5 
Magnesit erhalten; bei 160° in derselben Zeit 338 Dolomit 
neben 612 Magnesit. Schwefelsaure Magnesia in Wasser 
gelöst gab mit kohlensaurem Kalk bei 120° bis 140° in 
30 Stunden nur 155 Dolomit neben 1271 kohlensaurer Mag- 
nesia. Schwefelsaure Magnesia und Chlornatrium in Wasser 
gelöst gab mit Caleiumcarbonat bei 120° bis 140° in 30 bis 
40 Stunden 243 Dolomit neben 782 Magnesit. 

Da der Dolomit in Essigsäure nicht unlöslich ist, sind 
die eigentlich dargestellten Quantitäten desselben in diesen 
Versuchen grösser gewesen als diese Zahlen es angeben. Die 
Ausscheidung der kohlensauren Magnesia scheint in allen 
Fällen zunächst schnell, die Dolomitbildung darauf nur lang- 
sam zu erfolgen. 


510 I 


Mehrere Versuche, die ich mit den angegebenen Agentien 
bei Temperaturen unter 100° angestellt habe, ergaben kein 
von der gewöhnlichen Temperatur verschiedenes Resultat; 
weder Dolomit noch Magnesit wurde gebildet. 


II. Aus welchen Materialien bildet sich Dolomit 
in der Natur? 


Nach den geschilderten Versuchen wird anzunehmen sein, 
dass trotz einiger scheinbar entgegenstehender Beobachtungen, 
auf welche unten noch näher eingegangen werden soll, und 
trotz der grossen Abneigung, welche im Ganzen die Geologen 
jetzt gegen die Annahme der Entstehung des Dolomit bei 
höherer Temperatur zeigen, dennoch alle Dolomitbildungen 
bei den angegebenen erhöhten Temperaturen allein erfolgt sein 
können. Es ist nun weiterhin die Frage zu beantworten, aus 
welchem Material die ungeheuren Dolomitmassen sich gebildet 
haben können, welche wir in den Alpen, in Franken, Schle- 
sien und weit verbreitet in den verschiedensten Regionen an- 
treffen und für deren Bildung nach v. Buc#’s, Karsten’s*) 
und Anderer Ansicht der Augitporphyr, nach Navck und 
Prarr’s**) Interpretation (für den Dolomit des fränkischen 
Jura speciell) an Magnesiumcarbonat reiche Flusswässer oder 
Seeen, nach &. BıscHor ungeheure Kalksteinsedimente unter 
Wesführung des überschüssigen Calciumcarbonats das Magne- 
siumcarbonat geliefert haben. 

Die Trennung, welche man seit Buch’s Charakterisirung 
des Gesteins zwischen Augitporphyr und Basalt aufrecht ge- 
halten hat, musste ihre Bedeutung verlieren, seitdem 'TScHER- 
MAK***) nachwies, dass der Augitporphyr der Seisser Alp und 
des Fassathals zersetzten Olivin enthalte, und es wurde somit 
im Allgemeinen die höchst wichtige Frage zu beantworten 
sein, ob in höherer Temperatur eine Zersetzung von Basalt 


*) Abhandl. der Akad, der Wissensch. zu Berlin 1827 pag. 1. 
**) Posc. Ann. Bd. 82 pag. 487. 1851. 


**+) Wien. Akad. Sitzungsber. Bd. 52 (1. Abth.) 265. 1865 und 
G. TscHerwak, die Porphyrgesteine Oesterreichs aus der mittleren geo- 
logischen Epoche. Wien 1869. pag. 149. 


ER, 7 7 We ad Fe ne TE N 


511 


Mr und seinen magnesiumhaltigen Bestandtheilen Olivin, Augit 


und amorphe. Glasmasse durch Wasser, Kohlensäure und 
kohlensauren Kalk stattfindet. Fur eine relativ leichte Zer- 
setzlichkeit des Olivin spricht manche Erscheinung, die an 
Basalten und älteren vulcanischen Producten häufig zur Beob- 
achtung kommt, dagegen scheinen die übrigen Magnesium- 
silicate grosse Beständigkeit zu haben und wasserhaltige 
Magnesiumsilicate als letzte Reste übrig zu bleiben, wenn alle 
übrigen Bestandtheile zersetzt und entfernt sind. Der Annahme 
einer Einwirkung von Oalciumcarbonat ist die Beobachtung der 
Neubildung von Augit in Berührung mit Kalkspath im Fassa- 
thale, sowie die häufig daselbst zu findende unmittelbare Be- 
ruhrung von körnigem Kalk mit Augitporphyr jedenfalls nicht 
günstig. Aus dem letzteren Grunde habe ich vorläufig von 
einer derartigen Möglichkeit der Einwirkung ganz abgesehen 
und nur zu entscheiden gesucht, ob bei einer Temperatur von 
180° bis 200° Wasser und Kohlensäure eine bemerkbare Ein- 


wirkung auf die wichtigsten Bestandtheile des Basalt ausüben. 


Die für diese Versuche erforderliche Kohlensäure wurde 
durch Einwirkung verdunnter Phosphorsäure auf Harnstoff im 
zugeschmolzenen Glasrohr ausgeführt. In die Röhren von gutem 
schwerschmelzbaren Kaliglas wurde zunächst eine abgewogene 
Quantität von Harnstoff 0,5 bis 1 Grm. eingebracht, dann 
durch ein Trichterrohr eine Portion mässig verdunnter Phosphor- 
saure hinzufliessen lassen, die nicht allein hinreichte, das bei 
der Zersetzung des Harnstoffs gebildete Ammoniak zu binden, 
sondern noch einen kleinen Ueberschuss gab. Eine kleine 
Portion Wasser wurde noch hinzugebracht. Die Mischung im 
Glasrohr betrug dann 3 bis 5 CC. In diese vorbereitete Röhre 
wurde dann eine der oben beschriebenen gestielten Platin- 
röhren, in welcher eine gewogene Quantität des zu unter- 
suchenden Silicats sich befand, und welche im Uebrigen bis 
nahe zum Rande mit Wasser gefüllt war (zur Entfernung der 
Luftblasen war oft die Anwendung der Luftpumpe nöthig), 
mittelst eines hakenformig am Ende gekrummten Drahts hinab- 
gelassen, dann das Glasrohr im Uebrigen mit CO, gefüllt und 
in bekannter Weise zugeschmolzen. Figur 1 erläutert die 
ganze Anordnung. Die in der beschriebenen Weise beschickten 
Röhren wurden aufrecht stehend in dem oben beschriebenen 
Oelbade auf 180° bis 210° erhitzt. Die Zersetzung des Harun- 

Zeits.d, D.geol. Ges. XX VII. 3. | 34 


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stoffs beginnt bei den so vorgerichteten Röhren gegen 120° 
und ist bei ungefähr 150° vollendet, wenigstens zeigt sich 
beim höheren Erhitzen keine Gasentwickelung mehr. 

Um einigermaassen den Druck kennen zu lernen, weicher 
in dem Glasrohre nach bestimmter Ladung mit Harnstoff und 
Phosphorsäure bei bestimmten Temperaturen herrscht, habe ich 
in ein Glasrohr etwas Quecksilber, welches nach der Reini- 
gung mittelst Salpetersäure destillirt war, eingebracht, ein 
engeres oben zugeschmolzenes, unten umgebogenes offenes 
und theilweise mit Quecksilber gefülltes, in Millimeter gra- 
duirtes Glasrohr eingesetzt, so dass seine Oeffnung noch reich- 
lich von Quecksilber bedeckt war. Dann wurde auf das 
Quecksilber im äussern Rohr 0,4291 Grm. Harnstoff und 3 CC. 
ziemlich concentrirte Phosphorsäurelösung gegossen, mit gas- 
föormiger CO, der übrige Raum gefüllt und zugeschmolzen, 
nachden für den beobachteten Barometerstand und Temperatur 
der Quecksilberstand im inneren Glasrohr abgelesen war. Das 
so vorbereitete Rohr wurde darauf aufrecht in einem Paraffin- 
bade mit einem starken Platindraht befestigt und dies durch 
ein Sandbad erhitzt. Als Gefäss für das Paraffin diente ein 
aufrecht im Sandbade stehendes weites, unten geschlossenes 
Glasrohr. Es gelang bei dieser Anordnung nicht, die Tempe- 
ratur über 173° zu erhöhen. Der aus den Ablesungen be- 
rechnete summarische Gasdruck betrug bei 173° nur 10,8 
Atmosphären, während die Tension des Wasserdampfes allein 
sich zu 8,7 Atm. fur diese Temperatur berechnet und bei Ver- 
nachlässigung der Absorption der CO, und der wässerigen 
Salzlösung die Spannung der CO, zu 10,9 Atm. für die Tem- 
peratur sich aus der Rechnung ergiebt. Die beobachtete be- 
deutend geringere Dampf- und Gasspannung im Rohre wird 
ohne Zweifel bedingt 1. durch Absorption von CO, in der 
ungefähr 3,3 CC. betragenden Flüssigkeit, 2. durch Vermin- 
derung der Wasserdampfspaunung, hervorgerufen durch Attrac- 
tion des phosphorsauren Ammoniak zum Wasser. Nach dem 
Erkalten des Rohrs betrug die summarische Dampf- und Gas- 
spannung 6,53 Atm. bei 18°; die berechnete O0, -“pannung 
ohne Berücksichtigung der Absorption in der Flussigkeit 7,79 
Atm, Diese letztere Differenz von ungefähr 1 Atm. ist aus 
der Absorption der CO, in der Flüssigkeit recht wohl er- 
klärlich, 


F 


13 


Die Anwendung von Harnstoff und Phosphorsäure zur 


Entwickelung von Kohlensäure im zugeschmolzenen Glasrohr 
bietet die Vortheile: 1. ohne Hinderniss das Rohr beschicken 


und zuschmelzen und 2. aus der Menge des Harnstoff genau 
die Quantität der ©O,, welche entwickelt wird, berechnen zu 
können; 1 Grm. Harnstoff liefert 372 CC. CO, von 0° und 
760 Mm. Barometerdruck. Glasröhren von mittlerem Caliber 
und ungefähr 30 Cm. Länge vertragen meist die Füllung mit 
l Grm. Harnstoff zur Erhitzung auf 210°, doch verlangen sie 
sehr vorsichtige Behandlung und hier und da explodiren sie 
mit grosser Heftigkeit. Ich habe für die meisten Versuche 
eine Füllung mit 0,5 Grm. Harnstoff vorgezogen. 

Beim längeren Erhitzen werden auch die besten Glas- 
röhren durch CO, und Wasser stark angegriffen, es zeigt sich 
besonders die beim Zuschmelzen erweicht gewesene Partie 
afficirt. Nach 100stündigem Erhitzen ist das Glasrohr, wenn 
die Oberfläche trocken ist, weiss und undurchsichtig, mit dem 
Mikroskop erkennt man an der inneren Oberfläche Krystall- 
haufen von kohlensaurem Kalk, die aus Kalkspath zu be- 
stehen scheinen und sich in Säuren unter Aufbrausen sofort 
lösen. Nach der Entfernung des Caleiumcarbonats zeigt die 
innere Glasoberfläche oft recht schöne und regelmässige An- 
ätzungsflächen. 

Die Platinröhren sind, wie dies oben angegeben ist, unten 
mit einem 4 Cm. langen Stiel versehen, auf dem sie stehen. 
Dieser Stiel hält das Rohr über der Harnstoff-Phosphorsäure- 
mischung und verhindert, dass bei der CO, - Entwickelung 
Schaum aus der Flüssigkeit am Rohre hinaufgetrieben wird 
und in das Platinrohr gelangt. Wurde die Phosphorsäure- 
lösung nicht genügend mit Wasser verdünnt, so destillirte be- 
sonders beim öfteren Unterbrechen der Erhitzung oder nur 
Erniedrigung derselben allmälig viel Wasser aus dem Platin- 
rohr in das äussere Gefäss uber und es kam selbst öfter vor, 
dass dann die Mineralproben am Ende des Versuchs fast 
trocken gefunden wurden. An Stelle der Platinröhren waren 
zuerst gleichgestaltete gestielte Röhrchen aus vorzüglichem 
Kaliglas benutzt, aber mit denselben durchaus unrichtige Re- 
sultate erhalten worden, da die Zersetzungsproducte des Gla- 
ses viel reichlicher sind, als die der meisten Mineralien bei der 


gleichen Behandlung. 


34 * 


, 514 


Eine möglichst genaue Bestimmung des Kohlensäuregehalts >: 
in den Mineralproben vor und nach dem Erhitzen war für 
diese Versuche besonders wichtig. Ich bediente mich hierfür 


der in Figur 3 dargestellten Combination von Apparaten, 
welche zugleich den Vortheil bietet, die Anwendung sehr 
starker Salzsäure zu gestatten. Diese Apparate lassen sich 
ausserdem sehr gut zur Bestimmung des Kohlensäuregehalts 
in Alkalilaugen verwenden, indem man zur überschussigen 
Säure ein gemessenes Volumen der Lauge hinzufliessen lässt. 

Für die Bestimmung des Kohlensäuregehalts in Salzen 
oder Mineralproben bringt man die gewogene Quantität der- 
selben in den Kolben A, verschliesst den Kolben mit dem 
doppelt durchbohrten Kautschukkork, in dessen einer Bohrung 
die Röhre a, in dessen anderer die Röhre der graduirten 
Glashahnbürette B eingefügt ist. Man fügt an das seitliche 
Ansatzrohr des Kolben A den mit etwas Wasser gefüllten 
Kugelapparat E, hieran das Chlorcaleiumrohr F, welches im 
Uebrigen mit Chlorcaleium, von m bis f dagegen mit Bimstein- 
stücken, die mit Kupfervitriol getränkt, dann scharf getrocknet 
sind, gefüllt ist. An F wird der mit Kalilauge gefüllte 
Liıesig’sche Kali-Apparat G und hieran das mit Stucken Aetz- 
kali gefühllte U-Rohr H angefügt. G und H sind vor dem 
Versuche gewogen. Die Flaschen K und M enthalten Chlor- 
ealeium, die U-Röhren J und L Natronkalkstucke. Die Kugel- 
röhre E ist eingeschoben, um den grösseren Theil salzsaurer 
Dämpfe aufzunehmen. 

Hat man die zu untersuchende Substanz in A eingebracht, 
so wird der Glashahn d geschlossen, die Hahnbüurette B theil- 
weise mit Salzsäure gefüllt, dann durch Oeffnen des Glas- 
hahns an B langsam die nöthige Quantität Salzsäure in den 
Kolben A eingebracht, und um so langsamer, je heftiger die 
Gasentwickelung eintritt. Dann füllt man B mit ausgekochtem 
Wasser und lässt dies langsam gleichfalls in den Kolben bis 
auf einen kleinen Rest einfliessen. Nun wird langsam A 
erwärmt und die Erwärmung allmälig bis zum Sieden des 
Inhalts gesteigert, dann wird sofort der Hahn d geöffnet, so- 
wie die Flamme entfernt ist; es füllt sich A mit kohlensäure- 
freier Luft, man verbindet das Röhrchen n mit einem Aspirator 
und saugt einen langsamen Luftstrom in der Richtung von o 
nach n durch das System der Apparate hindurch. Ist das 


515 


10 bis 15fache Volumen des Kolben A an Luft hindurch- 

gesaugt, so nimmt man G und H ab und wägt sie; man 
kann dann sofort eine neue Bestimmung beginnen, wenn A 
gereinigt und durch Saugen mit kohlensäurefreier Luft gefüllt 
ist. Die bei dieser Apparatanordnung benutzten Hähne ge- 
statten eine viel ruhigere Luftstromung als das Quecksilber- 
ventil in dem von MuLDErR beschriebenen Verfahren. Säure- 
und Wasserzusatz lassen sich genau reguliren. Das Ohlor- 
caleium in K und der Natronkalk in J sollen dazu dienen, bei 
etwa eintretender Rückströmung Wasserdampf und Kohlen- 
säure der Atmosphäre abzuhalten. 


Es wurden in den beschriebenen Platinröhren in Kohlen- 
saure und Wasserdampf folgende krystallisirte Mineralien auf 


180° bis 200° erhitzt: 


1. Olivin von der Eifel, 70 Stunden. 

2. Sehr frischer Augit vom Vesuv, 72 Stunden. 

3. Frischschlacke, sehr vollkommen krystallisirt: und 
frei von glasigen Schlackentheilchen, 66 Stunden. 

4. Bronzit von Markirch, Vogesen, 93 Stunden. 

5. Enstatit ebendaher, 93 Stunden. 

6. Magnesiaglimmer von Brevig und 

7. # von Arendal, beide 100 Stunden. 

8. Oligoklas von Schweden und 

9. Anorthit aus Kugeldiorit von Corsica, beide 60 Stunden. 


Alle diese Mineralien wurden zu diesen Versuchen in 
kleine eckige Körner zerschlagen oder (Glimmer) in sehr feine 
Blättchen zerspalten und waren vorher bei 120° getrocknet 
gewogen. Nach dem Aufblasen und Oeffnen der Röhren 
wurde der Inhalt der Platinröhren in Uhrgläser ausgeschüttet, 
getrocknet und gewogen. 

Von allen den genannten krystallisirten natürlichen Mine- 
ralien war kein einziges beim Erhitzen in Wasser und CO, 
im äussern Ansehen, Glanz, Durchsichtigkeit u. s. w. ver- 
ändert und fast bei Allen lag die Gewichtszunahme oder -Ab- 
nahme innerhalb der Fehlergrenzen, betrug meist nur Theile 
eines Milligramm. Nur die beiden Magnesiaglimmerarten, be- 


516 ' a, ; 


sonders der biegsamere und in feinere Blätter spaltbare von 
Arendal, hatten, obwohl im Ansehen unverändert, bestimmt an 
Gewicht zugenommen und zwar, wie es schien, allein durch 
Aufnahme von Wasser und Lösung von etwas kohlensaurem 
Alkali. Die wässerige Flüssigkeit, in der er sich befand, 
völlig klar aussehend, gab beim Abdampfen auf dem Uhrglas 
. Kieselsäure und kohlensaures Alkali, aber es fanden sich we- 
der Calcium noch Magnesium als Carbonate. Die Frischschlacke 
hatte ihren Glanz an den Bruchflächen verloren, an mehreren 
Stellen waren im weisslichen matten Ueberzuge der Stucke 
bei starker Vergrösserung sehr kleine weisse Rhombo&der, 
offenbar von kohlensaurem Eisenoxydul, erkennbar. | 

Die Proben waren zu dem Zwecke in kleinen Stücken 
angewendet, nicht als feines Pulver, um die Oberflache der 
Stucke untersuchen zu können. 

Von amorphen Schlacken und Gläsern wurden in der 
beschriebenen Weise bei 180° bis 200° behandelt: 


1. Tachylyt von Bobenhausen, Vogelsberg, 72 Stunden. 

2. Sideromelan von Island, 62 Stunden. 

3. Hyalomelan von Ostheim, Wetterau, 55 Stunden. 

4. Leicht schmelzbares Natronglas, wie es für gewöhn- 
liche Glasbläserarbeit benutzt wird. Dasselbe war in feine 
Röhrchen ausgezogen, von denen ein Theil 50 bis 60 Stunden 
mit Wasser und Kohlensäure in der Platimröhre erhitzt wurde, 
während der andere Theil zur Analyse diente. 


Dies Glas enthielt: 


Na,O 16,000 
CaO 12,516 
AL, Du. Fe, 02.1.1582 
Mg0O Spur 
SiO, 69,606 
99,304 


Die sammtlichen Schlacken und Gläser wurden bei dieser 
Behandlung in Wasser und CO, angegriffen; die vorher glän- 
zenden Bruchflächen erschienen nach der Erhitzung matt, trübe, 
meist weisslich, das mit ihnen erhitzte Wasser enthielt stets 
etwas Kieselsäure, im Uebrigen nur Spuren von gelösten 
Stoffen, die zur Untersuchung nicht genügten. Das künstliche 


tn aa a 


517 


. Natronglas dagegen war ausserordentlich stark zersetzt. Die 


in das Platinrohr gebrachten Glasröhrchen wogen 2,6166 Grm. 
Nach 50 bis 60 Stunden Erhitzen bei 200° betrug das Ge- 
wicht der Röhrchen + dem Verdampfungsrückstand der wäss- 
rigen Lösung 2,7226 Grm. Im Wasser gelöst wurden ge- 
funden 0,0870 Grm. Na, CO,, aus dem Rückstande löste 
verdunnte Salzsäure unter starkem Aufbrausen 0,0215 Grm. 


. Caleium und eine Spur Magnesium. Für 100 Gewichtstheile 


des Glases waren also gelöst 


Na 1,433 Gew.-Th. 
Ca 0,822 " 


nahezu im nämlichen Verhältnisse, in welchem sie im Glase 
sich finden. Es scheint sich bei dieser Lösung ein wasser- 
haltiges Silicat zu bilden, denn die Gewichtszunahme war 
grösser als die berechnete Menge der aufgenommenen Koblen- 
säure. | 

Es schien nun endlich von Interesse, solche Gesteine zu 
untersuchen, welche zur Dolomitbildung eine besonders nahe 
Beziehung haben konnten. Ich wählte hierfür Proben von 
Augitporphyr aus dem Pufler Thale, beim Aufgang von Pufl 
nach der Seisser Alp von mir gesammelt, ein Gestein, welches 
viel Glasmasse zu enthalten schien und nur sehr wenig von 
Carbonaten durchsetzt war, während andere Proben von Augit- 
porphyr vom Puflatsch, vom Aufgang von Seiss nach der 
Cipitalp, von Forno bei Predazzo und anderen Orten aus der 
Umgebung von Predazzo reicher an Carbonaten sich erwiesen. 
Als Stücke dieses Augitporphyr mit CO, und Wasser bei 180° 
bis 200° 60 bis 70 Stunden erhitzt waren, fanden sich auf 
den Stücken unverkennbare kleine Aggregate von Dolomit- 
krystallen. Die Stücke zeigten jedoch nach dieser Behandlung 
keine Gewichtszunahme und es ist daher anzunehmen, dass 
das Carbonat in ihnen fein zertheilt, bereits vorhanden war 
und bei dieser Behandlung nur umkrystallisirt wurde. Besser 
geeignet für diese Untersuchung schien ein %estein zu sein, 
welches RosEngusch*) vor Kurzem genauer charakterisirt und 
nach dem Ort seines Vorkommens Limburgit genannt hat, 
und dessen Beziehungen zur Dolomit- oder Bitterspathbildung 


*) Rosengusch, N. Jahrb. für Miner. 1672. pag. 35. 


518 
auf der Hand zu liegen scheinen. Der Limburgit von Sass- 
bach am Kaiserstuhl ist ein blasigschlackiges Gestein, welches 
in seinen Blasenräumen die schönsten traubigen Aggregate 
von Bitterspathkrystallen enthält. Das Gestein wird in den 
untersten und innersten Regionen des grossen in ihm betrie- 
benen Steinbruchs recht dicht, blasenfreier und arm an Car- 
bonat. Es enthält zwischen Augit und Olivinkrystallen nicht 
wenig amorphe braune Glasmasse, die von Säuren leicht zer- 
setzt wird. Gut ausgesuchte Stücke davon in Glasröhren mit 
Wasser und CO, eingeschlossen und erhitzt gaben recht schöne 
Aggregate von Dolomitkrystallen schon nach 30stündiger Be- 
handlung. Auch die ersten Proben in Platinröhrchen schienen 
die Bildung von Dolomit aus der Glasmasse unter Gewichts- 
und CO,-Zunahme zu erweisen. Ich habe mich aber durch 
viele wiederholte Versuche überzeugt, dass eine nachweisbare 
Bildung von Dolomit durch Einwirkung von CO, und Wasser 
bei 200° auf das Gestein nicht stattfindet. Von gut ausge- 
wählten Stücken des Minerals gaben Proben, die nicht erhitzt 
waren, 0,158 bis 0,258 pCt. CO,, Proben derselben Masse 
nach 90 stündigem Erhitzen auf 200° in Wasser und CO, im 
Platinrohr gaben 0,183 bis 0,193 pCt. CO,. Dies Mineral 
zeigte eine auffallende Veränderlichkeit seines Wassergehalts 
beim Erwärmen. Nach langem Trocknen über Schwefelsäure 
bei gewöhnlicher Temperatur verloren die Proben bei 100 ° nicht 
erheblich an Gewicht und weiter über 100° erhitzt trat noch 
weiterhin Verlust ein, sodass ein vergleichbares constantes 
Gewicht nur beim langen Trocknen bei gewöhnlicher Tem- 
peratur über Schwefelsäure erreicht wurde. Die auf 200° im 
Wasser und CO, erhitzten Stücke, bei gewöhnlicher Tempe- 
ratur getrocknet, ergaben stets eine Gewichtsverminderung 
gegen ihr fruheres Gewicht; offenbar tritt Wasser aus der 
Verbindung während der angegebenen Behandlung bei 200° aus. 

Es liegt nicht im Plane dieser Mittheilung, näher auf die 
Veränderungen, welche die Silicate durch CO, und Wasser bei 
200° erleiden, einzugehen; in einer späteren Zusammenstellung 
werde ich hierauf zurückkommen, hier möchte ich nur als Re- 
sultat dieser Untersuchungen hervorheben, dass die magnesium- 
haltigen Silicate: Olivin, Augit, Bronzit, Enstatit, Magnesia- 
glimmer entweder gar nicht bemerkbar beim Erhitzen mit 
Wasser und CO, auf 200° affieirt werden, oder, wie es der 


519 
Magnesiaglimmer gezeigt hat, in solcher Weise, dass jedenfalls 
kein Magnesiumcarbonat enisteht, dass also bei Temperaturen, 
bei denen nachweisbar bereits sehr schöne Dolomitbildung 
erfolgen könnte, aus diesen krystallisirten Magnesiasilicaten 
der Magnesiumgehalt eines in Berührung mit den jene Silicate 
enthaltenden Gesteinen gefundenen Dolomits oder Bitterspaths 
nicht wohl entnommen sein kann. 

Es steht dies Resultat im Einklange zu den Beobachtungen 
von LEMBERG*), welcher fand, dass Magnesiumsalze Zersetzun- 
gen von Silicaten bei erhöhten Temperaturen in Wasser aus- 
führen in der Weise, dass magnesiumreiche Silicate entstehen; 
doch scheinen mir die Versuche von LEMBERG manche Ein- 
wände nicht auszuschliessen, insbesondere musste die Zer- 
setzung des Glases die Resultate bei 180° beeinflussen, bei 
Erhitzung von Ühlormagnesiumlösung auf dem Wasserbade 
musste basische Verbindung abgeschieden werden u. s. w., 
andererseits bin ich weit entfernt, die Richtigkeit seiner Angaben 
über Gehlenit, Wollastonit u. s. w. in Zweifel zu ziehen. 

Oben ist bereits bemerkt worden, dass es überflüssig 
schien, kohlensauren Kalk bei 200° auf Magnesiumsilicate 
einwirken zu lassen; nicht allein die Erscheinungen im Fassa- 
thale, obwohl diese sehr mannigfaltig in dieser Hinsicht sind, 
sondern auch das Zusammenvorkommen von Magnesiumsilicaten 
mit Kalkspath an vielen anderen Orten, an denen die statt- 


- gehabte Einwirkung höherer Temperatur angenommen werden 


muss, beweisen hinreichend, dass eine Zersetzung von Magne- 
siumsilicaten durch Calciumcarbonat bei höherer Temperatur 
nicht wohl stattfinden kann. Das nicht seltene Zusammen- 
vorkommen von Serpentin, Magnesiaglimmer, Pyrosklerit mit 
Kalkspath ist bekannt; vor Kurzem hat Dana**) Pseudomor- 
phosen von Serpentin an Stelle von Dolomit u. s. w. von 
Tilly-Forster bei New-York beschrieben. 

Wenn nun auch Beobachtung und Experiment entschieden 
dagegen sprechen, dass durch Einwirkung von Wasser, Kohlen- 
saure und Basalt (inelusive den Augitporphyr) auf Kalkstein- 
lager eine Umwandlung in der Weise stattgefunden habe, dass 
aus dem Basalt Magnesiumcarbonat gebildet und dies den 


*) J. Lempeng, Ueber die Contactbildungen bei Predazzo, Zeitschr. 
d. d. geol. Ges. Bd. XXIV. pag. 247. 1872. 


**) Compt. rend. T. 80. pag. 231. 1875. 


520 


Kalkstein in Dolomit umgewandelt habe, sind deswegen immer- _ Be 
bin die Beziehungen der Basaltausbrüche zur Dolomitbildung 
nicht ganz in Abrede zu stellen. Die von v. Buch in Süd- 
tyrol aufgefundenen Beziehungen bestehen in Wirklichkeit, 
ebenso wie man es im Nassauischen, im Kaiserstuhl, an vielen 
anderen Orten im kleinen Maassstabe beobachten kann, und 
nicht ohne Grund sagt Karsten”) von dem oberschlesischen 
Dolomit: „— Zufällig aber ist es gewiss nicht, dass die Bil- 
dung des Dolomit gegen Südosten da beginnt, wo der schwarze 
Porphyr bei Krzesczowice zum Vorschein kommt, zufällig ist 
es nicht, dass das Hauptstreichen des Dolomits mit dem der 
Höhenzüge und der Thäler übereinkommt; zufällig wohl nicht, 
dass da, wo gegen Nordwesten kein Dolomit weiter ange- 
troffen wird, der Basalt vom Annaberge sich in einem wahr- 
scheinlich ununterbrochenen Zuge gegen Nordwesten fort- 
erstreckt.* — 

Die vuleanischen Ausbrüche haben aber nicht 
das Maguesium, sondern die Temperatur zur Do- 
lomitbildung gegeben, das zur Dolomitisirung 
grosser Kalksteinmassen erforderliche Magnesium 
kann nur allein das Meer geliefert haben. Die 
enormen Tuffmassen, welche das hügelige Plateau der Seisser 
Alp bilden, zeigen, dass eine gewaltige Zerstörung von Augit- 
porphyr bei und nach seinem Ausbruch, der nur submarin 
gewesen sein kann, stattgefunden hat, aber der Magnesium- 
gehalt aller zu Tage getretener Basaltmassen würde nicht 
hinreichen, um auch nur einen kleinen Theil des Dolomits zu 
liefern, der sich in den die Seisser Alp begrenzenden Dolomit- 
felsen des Schlern , Langkofl u. s. w. abgelagert findet, dass 
aber ein wilder Kampf des Wassers mit der glühenden Lava 
stattgefunden hat, das bezeugen die massenhaften Tuffablage- 
rungen, die wir noch dort finden und die unzweifelhaft durch 
Wegschwemmung bereits sehr verkleinert sind. 

Nach den oben beschriebenen Versuchen steht fest, dass 
wenn am Meeresboden, an Stellen wo Kreide oder Kalkstein 
irgend einer Art lagert, vulkanische Eruptionen irgend einer 
Lava geschehen, eine Bildung von Dolomit die nothwendige 
Folge sein muss, weil die Lava die Temperatur, der Kalkstein 


*), a. a. O. pag. 59. 


das Caleium und die Kohlensäure und das Meerwasser das 
Magnesium liefern, dagegen wird es von den localen Verhält- 
nissen abhängen, ob Dolomit an Ort und Stelle bleibt oder 
durch Strömungen weggeführt wird und an anderen Orten 
Niederschläge bildet, oder endlich aus dem gelösten schwefel- 
sauren Kalk und weggeschwemmten Dolomit eine Rückbildung 
von Calciumcarbonat und Magnesiumsulfat stattfindet. 

Dass die Bildung von Dolomit an den Orten, wo er in 
Begleitung von Anhydrit und Steinsalz erscheint, wie in den 
und um die Steinsalzlager, gleichfalls durch Einwirkung von 
kohlensaurem Kalk auf Meerwasser geschehen sei, kann um- 
soweniger bezweifelt werden, als hier das Steinsalz nicht wohl 
eine andere Quelle als das Meerwasser gehabt haben kann. 
Gänzlich räthselhaft bleibt hier noch die Wärmequelle, die 
eine Erhöhung weiter Strecken über 100° herbeigeführt hat, 
denn von vulcanischen Eruptionen ist in der Nähe von Stein- 
salzlagern meist nichts zu finden; das Auftreten von Anhydrit 
in Begleitung des Steinsalz macht aber ebenso wie das des 
Dolomit die Annahme stattgehabter Temperaturerhebung über 
100° nöthig. 

Meine frühere Angabe*), dass die Bildung von Anhydrit 
in gesättigter Steinsalzlösung bei 125° bis 130° erfolge, ist 
später von G. Ros#**) und BAannow insoweit verändert, als 
Ross angiebt, schon beim Eindampfen mit Gyps gesättigter 
Steinsalzlösung in der Platinschale trete Anhydritbildung ein. 
Die Anwendung der Platinschale schien mir, auch abgesehen 
von dem explosionsartigen Sieden der Salzschlamm enthal- 
tenden Flüssigkeit, bedenklich, da sie, wie es auch das un- 
regelmässige Sieden beweist, die locale stärkere Erhitzung des 
am Boden des Gefässes befindlichen Niederschlags am meisten 
gestattet. Im zugeschmolzenen Glasrohr ist es mir aber nicht 
gelungeu, in einer wenig über 100° liegenden Temperatur 
Bildung von Anhydrit zu constatiren. Durchsichtige Gyps- 
tafeln werden in gesättigter Chlornatriumlosung schon bei 100° 
undurchsichtig und von einem Netzwerk von Krystallen durch- 
zogen, diese Krystalle sind aber nicht Anhydrit, sondern die 
ihm sehr ähnlich krystallisirende Verbindung (CaSo,), + H,O, 


*) Pose. Ann. Bd. 127. pag. 161. 1866. 
**) Monatsber. der Akad. d. Wiss. zu Berlin 17. Juli 1871. pag. 369. 


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522 


die sich beim Erhitzen von Gyps in Wasser noch bei 140° 
bildet und welche mit Wasser bei gewöhnlicher Temperatur 
sehr schnell unter Gypsbildung erhärtet, während der krystal- 
-lisirte Anhydrit nur sehr langsam Wasser aufnimmt. Mag nun 
vielleicht auch die von mir angegebene unterste T’emperatur- 


grenze der Anhydritbildung in Chlornatriumlösung noch einige 


Grade zu hoch sein, um viele Grade zu hoch ist sie 
sicherlich nicht. Erfordert aber der Anhydrit 125° zu 
seiner Bildung, so ist auch die gleichzeitige Dolomitbildung 
erklärlich, ja es würde räthselhaft erscheinen, wenn kein Do- 
lomit sich fände. *) 


Es giebt nun bekanntlich auch ausgedehnte Dolomitlager 


ohne Steinsalz und ohne gleich ausgebreitete Gyps- oder 
Anhydritablagerungen. Besonders bekannt sind von ihnen in 
Deutschland die seit L. v. Bucn’s Beschreibung viel studirten 
Dolomite des fränkischen Jura und die enormen, schön ge- 
schichteten Dolomitmassen der nördlichen Kalkalpen Tyrols 
und Vorarlbergs, welche in gewaltiger Mächtigkeit meist bis 
zu den höchsten Spitzen dieser Alpen aufsteigen und durch 
ihre, oft vielfach gewundenen, deutlichen Schichtungen, sowie 
durch Farbe und Gehalt an organischen Stoffen und schwarzem 
Schwefeleisen sich so bestimmt von den Dolomitmassen der 
Botzener Gegend unterscheiden. Analysen dieses Vorarlberger 
Dolomit sind von LanpoLr ausgeführt und die erhaltenen 
Werthe von ESCHER v. D. LintH**) veröffentlicht. Aus ihnen 
ergiebt sich, dass in diesem Gestein nicht wenig Magnesit 
vorkommt, denn LaxpoLr fand z. B. in einer Probe (No. 7) 
neben CO, Ca 49,89 noch CO, Mg 49,37 pCt. und in dieser 
Probe waren noch Kalkspathäderchen nachweisbar. Ich habe 


*) Es sind in den letzten Jahrzehnten mancherlei Erklärung über 
die Bildung von Steinsalzstöcken und -Lagern versucht worden, in denen 
vom Austrocknen von Salzseen wie in der Gegend des Caspischen Meeres 
gewöhnlich die Rede ist. Alle diese Erklärungen müssen ungenügend 
bleiben, wenn durch sie nicht zugleich erläutert wird, wie das Hangende 
des Steinsalzlagers sich bilden konnte, denn wenn dies sich aus Wasser 
niederschlug, so ist nicht wohl einzusehen, warum das Wasser nicht das 
Salz löste. Die Temperatur von 120° bis 130° verlangt auch der Kie- 
serit zu seiner Bildung; er ist bei dieser Temperatur leicht in gesättigter 
Chlornatriumlösung künstlich aus Bittersalz darzustellen. 

RE WE BORN TORE Le} 


eK 


u ee a en Zn 


523 


diesen Dolomit, der sehr zähe ist, splitterig bricht und meist 


an der Luft hellbraungraue Farbe annimmt, von dem fast leeren 
Gletscherbett, der sogen. „todten Alp“, in dem man vom 
Lüner See aus aufsteigend zur Spitze der Scesaplana gelangt, 


"untersucht und darin gefunden: 


sefunden berechnet 
E02... 2190024 94,82 
CO.MoH.. re  4AAA 44,10 
In CIH nicht losl. Stoffe 1,08 1,08 


100,76 100,00 


Das normale Dolomitverhältniss verlaugt für 54,82 CO, Ca 
— 46,05 CO,Mg. Das Gestein enthielt also noch zu wenig 
Magnesiumcarbonat für einen normalen Dolomit, dennoch liess 
sich nach Behandlung mit Essigsäure auch in ihm Magnesit 
nachweisen. Der in Salzsäure nicht lösliche Theil besteht 
aus schwarzem, fein vertheiltem Schwefeleisen, ebenso fein 
und gleichmässig beigemengter. kohliger organischer Substanz, 
einer geringen Quantität in Alkalilauge löslicher brauner Humus- 
substanz, die durch Salzsäure gefällt wurde, und einem in 
Aether löslichen paraffinartigen organischen Körper, dessen 
ätherische Lösung völlig klar und farblos erschien, während 
bekanntlich der Aetherextract der Steinkohlen eine sehr auf- 
fallende grüne Fluorescenz zeigt, die auch der Aetherextract 
des Lampenrusses sehr schön erkennen lässt. ‚Die kohlige 
und humusartige Substanz mit Aether gereinigt, wird beim 
Erhitzen mit Wasser auf 200° nicht bemerkbar verändert, giebt 
weder Brenzeatechin, noch Ameisensäure, noch Kohlensäure. 
Es steht somit von Seiten der organischen Substanz nichts 
der Annahme entgegen, dass dieser Dolomit selbst bei 200 ° 
erhitzt gewesen ist, ohne dass eine so hohe Erhitzung zur 
Erklärung der Bildung des Dolomits nothwendig angenommen 
werden muss. 

Die Eigenschaften der organischen Substanzen, welche in 
den verschiedenen Gesteinsschichten eingebettet sind, haben 
bis jetzt noch weniger Beachtung gefunden, als sie schon hin- 
sichtlich Feststellung der Grenzen der Temperatur, welche 
jemals auf ein Gestein eingewirkt haben kann, verdienen. 
Reste thierischer Gewebe werden verhältnissmässig schnell 


524 


zerstort im Laufe der Zeiten, dennoch wird selbst die leim- 


sebende Substanz offenbar durchaus unverändert erhalten, wenn 
sie mit Kalksalzen völlig imprägnirt der Einwirkung von 
fliessendem Wasser, Sauerstoff und niederen Organismen ent- 
zogen ist. Es ist längst bekannt und ich habe mich selbst 
davon überzeugt, dass man aus vielen fossilen Zähnen noch 
Leim mit allen seinen Eigenschaften gewinnt. Leim verträgt 
keine bedeutende Temperaturerhebung, er würde in höherer 
Temperatur sich in dem Wasser des Gesteins lösen noch ehe 
er zersetzt wird. Leimgebende fossile Zähne können nie 100° 
im durchfeuchteten Boden ertragen haben. Viel widerstands- 
fähiger als die thierischen Gewebe ist die Oellulose, welche 
z. B. in der Braunkohle zum Theil noch wohl erhalten ist. 
Eine Anzahl verschiedener Braunkohlenproben aus Hessen, 
Prov. Sachsen und Brandenburg, zu deren Untersuchung mir 
mein Freund Prof. BEnEck&E die Proben zu beschaffen die Güte 
hatte, gaben, soweit sie noch die Eigenschaften des fossilen 
Holzes deutlich erkennen liessen, nicht allein nach ihrer Rei- 
nigung mit Alkohol, Aether, Natronlauge und Salzsaure beim 
Erhitzen mit Wasser auf 200 ° Brenzcatechin und Ameisen- 
säure, sondern lösten sich auch in concentrirter Schwefelsäure 
und lieferten nach Eintragen dieser Lösung in kochendes 
Wasser, Erhalten der Lösung im Kochen für einige Zeit und 
nachherige Neutralisation mit Caleciumcarbonat Dextrin und 
Traubenzucker, die beide, möglichst von einander durch Al- 
kohol getrennt, starke rechtsseitige Circumpolarisation ihrer 
wässerigen Lösung zeigten. Der Zucker lieferte mit Hefe in 
kurzer Zeit reichlich Kohlensäure und Alkohol. Es ist kaum 
nöthig zu bemerken, dass bei der ganzen Vorbereitung zu 
diesen Untersuchungen Filtrirpapier nicht benutzt, sondern die 
Flüssigkeiten, soweit nicht decantirt werden konnte, durch 
Asbest filtrirt wurden. 

Da man bei dem Erhitzen von ÜOellulose mit Wasser auf 
200° humusähnliche, in Natronlauge mit brauner Farbe lös- 
liche, durch Säuren aus dieser Lösung flockig gefällte Sub- 
stanzen erhält, habe ich nicht untersucht, wie weit diese Sub- 
stanzen ohne Verkohlung mit Wasser erhitzt werden können. 
Jede, auch die erdigste Braunkohle, die ich untersucht habe, 
enthält reichlich diese braune in Alkalilauge lösliche Substanz, 
während die erdige Kohle keine unveränderte Cellulose mehr 


525 


enthält, dagegen habe ich aus keiner Steinkohle auch nur 
Spuren von dieser Humussubstanz gewinnen können, und doch 
zweifle ich nicht, dass unter günstigen Verhältnissen auch aus 
den Zeiten der Steinkohlenbildung nicht allein Humussubstanz, 
sondern auch Cellulose und leimgebende Substanz sich un- 
verändert erhalten haben können. In den grossen Zeiträumen 
der geologischen Bildungen hat die zur Ausführung eines 
chemischen Processes erforderliche Zeit schon einen verschwin- 
dend kleinen Werth, mag er auch ein noch so langsam ver- 
laufender sein; es fragt sich nur, ob der eine oder andere 
Process überhaupt stattgefunden hat. 

Die Untersuchung gerade der dichtesten Gesteine ver- 
spricht die meisten Aufschlüsse uber die möglichst unver- 
ändert erhaltenen Formen und Stoffe, deshalb habe ich auch 
in dieser Richtung an dem Dolomit der Scesaplana die be- 
schriebenen Untersuchungen auszuführen gesucht. 

Der von EscHur betonte Mangel an Petrefacten in die- 
sem massigen !>olomitgestein spricht dafür, dass dasselbe 
unter Verhältnissen entstanden ist, welche die unveränderte 
Aufbewahrung der Schalen von Muscheln, Schnecken, Cepha- 
lopoden u. s. w. nicht gestatteten. EscHER schätzt die Mäch- 
tigkeit dieses Dolomits auf mindestens 300 Meter. Woher 
kann die ungeheure Quantität in ihm begrabenen Magnesiums 
entnommen sein als aus dem Meerwasser? Auch von diesem 
reicht der ganze Gehalt einer 10,000 Meter hohen Schicht 
nicht bin, um dies Magnesium zu liefern bei seiner jetzigen 
Zusammensetzung, aber auf der ganzen Erde giebt es keine 
Quelle, welche nur annähernd so viel Magnesium liefern 
könnte als das Meerwasser und es ist anzunehmen, dass 
während der Ablagerung des Dolomit Ströme im Meere eine 
Ausgleichung im Magnesiumgehalte fortdauernd bewirkten. In 
einem kleinen abgeschlossenen Becken von Seewasser oder 
gar Susswasser konnten solche Dolomitmassen nicht gebildet 
werden. 

Ob sich ein Zusammenhang zwischen der Dolomitbildung 
an der nördlichen Seite der Alpen mit der der südlichen wird 
nachweisen lassen, ob ferner die Dolomitausbreitung in Fran- 
ken gleichfalls auf jene bezogen werden kann, wird vielleicht 
noch lange zweifelhaft bleiben. Die Dolomitisirung kann na- 
türlich viel später erfolgt sein, als die Ablagerung des dann 


526 


in Dolomit verwandelten Kalkgesteins, wo es sich um eine 
solche Metamorphose überhaupt handelt, aber die Dolomitisi- 
rung eines Kalksteins muss jedenfalls früher erfolgt sein, als 
eine Ueberlagerung durch neue unverändert gebliebene Kalk- 
steinschichten stattgefunden, denn die Dolomitisirung des Kalk- 
steins konnte aus dem Meer immer nur von oben erfolgen. 
Dass dies letztere in Sudtyrol der Fall gewesen ist, dafür 
sprechen mehrere Beobachtungen *); dasselbe hat PrArr**) für 
den fränkischen Dolomit behauptet. 

Als einen wesentlichen Unterschied des nördlichen und 
südlichen Alpendolomit könnte man den Gehalt des nördlichen 
Dolomit an organischen Resten und Schwefeleisen ansehen, 
denn der Dolomit des Schlern, Langkofl, der Mendola u. s. w. 
sind weiss und frei von organischen Beimengungen, bilden 
kein sandiges Pulver durch Verwitterung, sondern sind, wie 
es scheint, fast unangreifbar durch Wasser, Luft und Kohlen- 
saure. Die Dolomitstöcke der Botzener Gegend machen den 
Eindruck an Ort und Stelle auch chemisch gewachsener Massen, 
die von Vorarlberg den Eindruck als sandiges Krystallpulver 
angeschwemmter und in Schichten niedergeschlagener Massen, 
hierfür spricht ausser dem Mangel an Petrefaeten die nicht 
homogene Zusammensetzung und der an verschiedenen Orten 
sehr variirende Magnesiumgehalt. Die von v. RiCHTHOFEN ***) 
gegenüber den verschiedensten Angriffen consequent durch- 
geführte Idee, dass die Dolomitfelsen des Schlern und der 
Umgebung des Fassathals dolomitisirte Korallenriffe der Trias- 
periode seien, scheint allen Eigenthumlichkeiten dieser Felsen 
am vollkommensten zu entsprechen. Eine allerdings nur sehr 
wenig umfängliche Dolomitisirung eines Korallenriffs hat 
Danxaf) Kürzlich angeführt, wenn auch unrichtig erklärt. Die 


*) z. B. Reuss in Leons. N. Jahrb. für Mineral. 1840. pag. 127. 
— Ich habe mich selbst hiervon am Schlern und im Fassathal über 
Forno bei Predazzo überzeugt. 


*#) Posts. Ann. Bd. 87. pag. 606. 1852. 
*%%) yv, RıcHTaoren, Geognost. Beschreibung der Umgegend von 
Predazzo, St. Cassian und der Seisser Alp etc. Gotha 1860. pag. 2%. 


und derselbe, Ueber Mendola-Dolomit und Schlern-Dolomit, Zeitschr. d. 
d. geol. Ges. Bd. XXVI. pag. 225. 1874. 


+) J. D. Dans, Corals and Coral Islands, London 1872. pag. 356. 


EEE NUDE 


SEEDLERE EEE ERBE ZB ERBE ERSTER 


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# ' 


ENTE EEE EBENE Ru FRRRÄTE WELTERBE 


527 


dolomitisirte Partie findet sich schon am inneren Umfang der 


- Koralleninsel Matea, ein vulkanischer Erguss an ihrem Unter- 


grund kann allein als die wahrscheinliche Ursache der localen 
Dolomitisirung angesehen werden. 
Dass der Vorarlberger Dolomit auch an Ort und Stelle 


‚die Temperatur, die zur Dolomitbildung erforderlich ist, er- 


halten hat, beweist die Erscheinung, dass die weissen, meist 
sehr feinen Aederchen, welche ihn nach verschiedenen Rich- 
tungen unregelmässig durchziehen, theilweise ganz aus Dolomit 
bestehen, während andere dieselben kreuzende Aederchen nur 
Kalkspath enthalten. 

Als eine Stütze für die Ansicht, dass Dolomit auch bei 
gewöhnlicher Temperatur entstehen könne, hat man das von 
E: LeuBE *) beobachtete Vorkommen einer dolomitischen Kreide 
unter einer Susswasserbildung bei Dächingen in der Nähe 
von Ulm betrachtet, aber auch hier scheint hohe Temperatur 
bei dieser Bildung nachweisbar eingewirkt zu haben. Herr 
Prof. v. QuEnsTEeDT hatte die Gute, von dieser Kreide mir 
einige Proben zu übersenden. Die härtere Kreide liess beim 
Schlemmen Kalksteinfragmente und fremde Beimengungen zu- 
ruck; die feinsten Theilchen der Kreide blieben lange im 
Wasser suspendirt, zeigten unter dem Mikroskop keine erkenn- 
bare deutliche Krystallisation und folgende Zusammensetzung: 


CaCO, 2.2.2. 709,30 
M200,...::......., 38,49 
Fe, O, und Thon . 4,9 
Organische Substanz 0,64 
Wasser... ....+..:.0,63 


100,04 


Wie LEUBE angiebt, tritt diese dolomitische Kreide in 
bedeutender Mächtigkeit auf, ist von einem petrefactenreichen 


- Süsswasserkalk überlagert, enthält selbst jedoch nur in der 


obersten Schicht einige zerstörte Petrefacten an der Oberfläche, 
sonst keine Versteinerungen. Sie ist geschichtet; LEUBE unter- 


*) G. Leuse, Interessante Beiträge zur Kunde der Jura- und Süss- 
wasserkalk -, insbesondere der jüngsten Süsswasserkreideformation. Ulm 


1839. 
Zeits. d.D.geol, Ge. XXVIl.3. 35 


528 _ 
scheidet 11 bis 12 Schichten und hat sie getrennt analysirt. 
Die unterste Schicht bildet schwarzgrauer Feuerstein, die 
9. und 10. Schicht sind sehr bituminöse Thonmergel und 
Bitterkalke, die zweite Schicht von oben bildet plastischer 
Thon. Die von mir untersuchte Kreide zeigte gegen Essig- 
säure und verdünnte Salzsäure das Verhalten wirklichen 
Dolomits. 

Dass im Jura der schwäbischen Alp auch in der Nähe 
von Ulm dolomitisirende Quellen thätig gewesen sind, davon 
giebt LEUBE selbst den wohl nicht anders zu deutenden Nach- 
weis, indem er sagt*): „In Beziehung auf das relative Alter 
wird man den Dolomit in keine feste Reihenfolge bringen 
können, da er sämmtliche Glieder der Jurakalkformation als 
meistens unförmliche Felsmassen durchsetzt hat* — „Schich- 
tung konnte ich nie wahrnehmen.“ Die Dächinger dolomi- 
tische Kreide ist daher wohl als ein Niederschlag anzusehen, 
der von einer längst versiegten heissen Quelle bei ihrem 
Hervortreten aus dem Jura auf dem Boden eines Susswasser- 
beckens erfolgt ist und dessen Magnesium den Schichten des 
Muschelkalk wahrscheinlich entnommen ist. Zur Stütze der 
Annahme einer Bildung von Dolomit bei gewöhnlicher Tem- 
peratur kann die Dächinger Kreide sicherlich nicht dienen. 

So bleibt dann allein die Angabe von MOoITESSIER**), 
welcher in einer schlecht verschlossenen Flasche eines Mineral- 
wassers, das doppeltkohlensaure Salze enthielt, die Bildung 
von 2 bis 3 Millimeter grossen, farblosen, rhombo&drischen 
Krystallen von der Zusammensetzung des l}olomit beobachtete, 
als Stütze der Annahme der Dolomitbildung bei gewöhnlicher 
Temperatur übrig. Ob hier aber wirklicher Dolomit gebildet 
sei, geht aus der Mittheilung durchaus nicht hervor. 


®) a. a. O. pag. 3. 
*%) Wırt, Jahresber. der Chemie 1866. pag. 178. 


Dem Magnesium höchst ähnlich verhalten sich Eisen und 
Mangan in ihren Oxydulsalzen, ebenso Zink. Eisen- und Mangan- 
vitriollösung wird bei Abwesenheit von Sauerstoff von kohlensau- 
rem Kalk bei gewöhnlicher Temperatur auch bei monatelangem 
Stehen nicht zersetzt, dagegen tritt diese Zersetzung über 100° ein, 
es entstehen Calciumsulfat und Eisen- und Mangancarbonat. Wird 
Eisen- oder Mangansulfat mit überschussigem kohlensaurem 
Kalk in Wasser auf 200° erhitzt und einige Zeit bei dieser 
Temperatur erhalten, so bilden sich lange prismatische, durch 
gerade Endfläche geschlossene Krystalle von Caleiumsulfat 
und schön ausgebildete, zwar mikroskopische, aber auch bei 
schwacher Vergrösserung gut messbare, stumpfe Rhombo&der 
der Carbonate von Eisen oder Mangan. Das Eisen lässt sich 
quantitativ aus der verdünnten Lösung auf diesem Wege ab- 
scheiden, während ein Theil des Caleiumsulfats gelöst bleibt, 
vom Mangan habe ich quantitative Abscheidung nicht erhalten, 
vielleicht weil der Ualeiumcarbonat - Ueberschuss nicht gross 
genug war. Sind die Vitriole oxydhaltig und wird der Sauer- 
stoff aus dem Glasrohr vor dem Zuschmelzen nicht entfernt, 
so bildet sich um so reichlicher, je mehr Oxyd entstanden 
war, ein auch in dünnen Schichten beim Eisen schwarzer 
undurchsichtiger, beim Mangan brauner Niederschlag von 
wasserfreiem Oxydoxydul. Von dem Eisenoxydoxydul habe 
ich nach mehrtägigem Erhalten bei 200° zwar sehr deutliche 
Quadratformen unter dem Mikroskop erhalten, aber der grösste 
Theil bildete unregelmässige Formen und Aggregate. Weder 
von Essigsäure noch von verdünnter Salpetersäure wurde das 
Oxydoxydul bemerkbar gelöst. Durch letztere Säure von 
Eisencarbonat befreit und nur noch mit Üalciumsulfat ver- 
unreinigt, liess sich der Gehalt an Oxydul und au Oxyd 
ermitteln. 

Durch diese künstliche Darstellung scheint sich eine Er- 
klarung des Vorkommens von Magneteisen in krystallinischen 
Kalken z.B. bei Schehlingen im Kaiserstuhl zu ergeben, die 
jedenfalls einfacher ist, als wenn man eine Zersetzung von 
Spatheisenstein unter Wegführung von Kohlenoxyd annehmen 
wollte. Die Bildung des Eisen- und Mangancarbonats aus dem 
schwefelsauren Salz durch Einwirkung von kohlensaurem Kalk 
bei höherer Temperatur erklärt aber die so allgemeine Bei- 
mischung von Eisencarbonat und das nicht seltene Auftreten 


35” 


er 


530 in 


von Manganverbindungen in Dolomiten. Ebenso wird es sich 
mit dem Zink verhalten, dessen Carbonatlager oft an den 
 Dolomit gebunden erscheinen, z. B. in Oberschlesien. Es 
_ kann ferner das Verhalten dieser Metallsalze gegen Caleium- 
carbonat in der Wärme nicht allein zur Erklärung mancher 
Pseudomorphose, sondern hauptsächlich der Ablagerung von 
kohlensaurem Eisen u. s. w. in Wängen und Spalten des Nachbar- 
gesteins von vulcanischen Ausbrüchen dienen. Auf diese 
Verhältnisse hoffe ich in einer späteren Mittheilung näher ein- 
gehen zu können. 


531 


2, Ueber die Serpentine von Zöblitz, Greifendorf 
und Waldheim, 


Von Herrn J. Leusere in Dorpat. 


Die vorliegende Arbeit bezweckt eine Darlegung der 
chemischen Verhältnisse einiger sächsischer Serpentine; die 
mikroskopische Untersuchung der analysirten Proben soll den 
Gegenstand einer kunftigen Arbeit bilden. 


Serpentin von Zöblitz. 


Seitdem SANDBERGER”) makroskopisch Olivin in einigen 
Serpentinproben von Zöblitz nachweisen konnte, war es sehr 
wahrscheinlich, dass das Urgestein des Zöblitzer Serpentins 
ein Olivinfels gewesen ist, und es handelte sich darum, diese 
These näher zu begründen. Der Serpentin ist von rothen 
Granaten durchsetzt, die jedoch meist in Chlorit umgewandelt 
sind; man durfte erwarten, in den Partieen des Gesteins, wo 
die Granaten unverändert sind, am meisten Ueberbleibsel vom 
Urgestein anzutreffen, weil die hydrochemischen Processe bier 
weniger intensiv wirksam waren als dort, wo auch der Granat 
verändert ist, Die mikroskopische Untersuchung zahlreicher 
Gesteinsproben bestätigte dies: die chloritführenden Serpentin- 
 partieen enthalten nur spärliche und vereinzelte Einschlüsse 
von fremden Mineralien, während die granatführenden Serpen- 
tine meist reich an Beimengungen waren, die bisweilen ; bis 
+ der ganzen Gesteinsmasse ausmachten. Von den Einschlüssen 
gehörte ein Theil den Mineralien der Hornblendegruppe an, 
ein anderer war von fast farblosen Fragmenten gebildet, die 
keine Spur von Spaltungsrichtungen zeigten. Die gleiche op- 
tische Orientirung vieler durch Serpentinmasse getrennten 
Fragmente thut dar, dass letztere nur Reste grösserer Indivi- 


*) N. Jahrb. für. Miner. 1866. pag. 394. 


532 


duen sind. Es handelt sich nun um den chemischen nn, 
dass diese Fragmente Olivin sind. = 

Die Analysen No. 1 und No. 1a*) geben die Zusammen- 
setzung von chloritführendem Serpentin an, der frei von Ein- 
schlüssen ist; die zu analysirende Substanz wurde vom Chlorit 
möglichst befreit. 


No: 1 No. Fa 
H,O 14,7 13,55 
5.0, @LT92 12.19 
A150, 1,0279).037, 
Fe,O, 8,03 4,00 


CaO 0,29 — 
MsO 38,74 39,39 
100,00 100,00 


No. 2 und No. 2a: granatführender Serpentin, von Granat 
befreit; etwa — der Serpentinmasse war von grasgrüner Horn- 


blende und den beschriebenen Fragmenten gebildet, 


No. 2, 7°No2 2. 

H;® 71540. 1881 
SO, 40,42°°733,27 
0,67 0,75 
SO 8,23 
CaO 1,10 1,16 
MgO 538,88 838,78 
100,00 100,00 


Bei der Behandlung des Serpentins mit concentrirter 
Schwefelsaure -und Natronlauge hinterblieb bei No. 2 ein 
9,15 pCt., bei No. 2a ein 6,62 pCt. betragender Rückstand 
von grasgrüner Hornblende, deren Zusammensetzung fol- 
gende ist: 


*) Die analysirten Serpentine No. 1 bis No. 2a sind verschiedenen 
Stellen entnommen. 

**) Darin 0,40 pCt. Cr,O,; alle in dieser Arbeit analysirten Ser- 
pentine, Chlorite, Granaten, Hornblenden enthalten Cr, O,, dasselbe 
wurde jedoch in der Regel nicht quantitativ bestimmt, sondern mit der 
Thonerde zusammen gewogen. Die Serpentine der drei genannten Lo- 
calitäten entbalten ausserdem 0,1 bis 0,18 pCt. Nikeloxydul. 


No. 3 Hornblenderückstand aus No. 2. 


Ne, 33..,, 2 >.» No:.2a. 
No. 3 No. 3a 
H,O 0,09 0,09 
SO, 99412 99,93 
Al,O, 474 4,25 
Fe,0O, 4,14 4,53 


40 1197 14,92 
M&O 24,64 20,30 
100,00 100,00 


Digerirte man einen Dünuschliff von den Proben No. 2 
und No. 2a mit HCl auf dem Dampfbade, so wurden die 
Trümmereinschlüsse völlig gelöst, die Serpentinplatten wurden 
durchlöchert; die Hornblende blieb unverändert, nur trat gras- 
grüne Farbe deutlicher hervor, nachdem das incrustirende 
Eisenoxyd entfernt war. Aus den Analysen ergiebt sich, dass 
der Kalkgehalt der Serpentingesteine 2 und 2a fast nur der 
Hornblende angehört, die Fragmente sind somit kalkfrei, 

Die reinen Serpentine No. 1 und la weisen einen ebenso 
hohen Magnesiagehalt auf, wie die unreinen No. 2 und 2a: 
gegen 39 pCt.; da letztere Hornblende fuhren, die sehr viel 
ärmer an Magnesia ist (24 resp. 20 pCt.), so folgt, dass die 
Fragmente reicher an Magnesia sein müssen als der reine 
Serpentin. Berücksichtigt man ferner die leichte Zerlegbarkeit 
durch HCl, so darf man mit der grössten Wahrscheinlichkeit 
behaupten, dass die Trummereinschlüsse Olivin sind. 

Die von Serpentin eingeschlossenen mikroskopischen 
Hornblenden zeigen übrigens je nach der Localität verschie- 
denen Habitus und wechselnde Zusammensetzung. Ein fast 
reiner, chloritführender Serpentin hinterliess nach der Behand- 
lung mit H,SO, und NaHO einen ca. ] pCt. betragenden 
Rückstand von grünlicbgrauem Strahlstein, dessen Zusammen- 
setzung folgende ist: 


No. 4. 
H,O 0,14 
SiO, 60,21 
Al,O, 1,49 
Fe,0, 3,28 
CaO 12,32 
MgO 22,56 


100,00 


534 


Die folgenden Analysen geben die Zusammensetzung des 
den Serpentin durchsetzenden rothen Granats; die Proben sind 
verschiedenen Theilen des Serpentinlagers entnommen. 


Granat. 


No.5 No.5a No.5b 

H,O 0,82 1,66 1447 
SiO, 39,62 40,60 40,44 
Al20.422.96 92240 33:1 
Fe, 0.410,96 9,34 9,96 
CaO 4,40 4,23 4,32 
MgO 21,24 21,47 20,70 
100,00 100,00 100,00 


Meist ist der Granat in seiner ganzen Masse in Chlorit 
umgewandelt, doch trifft man auch Chloritpseudomorphosen 
an, die mit scharfer Grenze einen Kern von frischem Granat 
umschliessen. No. 6 ist die Zusammensetzung einer Chlorit- 
rinde, welche als Kern den Granat No. 5a umhullt; der 
Chlorit No. 6a ist einige Oentimeter vom Granat No. 5 ent- 5 
fernt; No. 6b stammt aus dem Serpentin No. 1, No. 6c aus 
dem Serpentin No. 1a. 


Chloritpseudomorphosen. 


No.6 No.6a No.6b No.6c 
H,O 11,96 10,42 12,64 13:29 
SIO, 33,78 33,82 33,19 33,68 
Al,0, 160.06 15,50... 1729,02. IE 
Fe, O, 8,44 ED 6,04 5,26 
CaoO 0,52 0,37 . — 
Mg O _ 28,04 32,99 393,13.2.22839;59 


ung EWR ISTETEEr- 


100,00 9824 100,29 100,00 


Die Zusammensetzung der Chlorite ist wenig wechselnd, 
die stärkste Abweichung weist der Chlorit No. 6 auf. Da die 
Granaten, aus denen sie hervorgegangen, sehr übereinstim- 


*) Darin 2,24 pCt. Cr, O,. 
*#) ‚Darin 1,97 pCt. Gr20- 


539 


_ mende Zusammensetzung zeigen, wird man die kleinen Schwan- 

kungen in der Zusammensetzung der Chlorite der Verschieden- 
heit der Umstände, unter welchen sie sich bildeten, zuschreiben 
müssen. Bei dem Process wurde aller Kalk des Granats 
gegen Magnesia ausgetauscht, und zwar gegen mehr als die 
einfach äquivalente Menge; die Kieselsäure trat theilweise 
aus, Wasser wurde aufgenommen. Der Thonerdegehalt der 
Chlorite ist durchweg geringer als der der Granaten, doch 
lässt sich ohne experimentelle Untersuchungen nicht mit 
Sicherheit entscheiden, ob Thonerde gegen Magnesia ausge- 
tauscht wird. 

Der Serpentin wird stellenweise von Feldspathgängen 
durchsetzt, die ihrer Hauptmasse nach aus weissem, gross- 
krystallinischem Oligoklas bestehen, mit kleinen Mengen Horn- 
blende, Glimmer und sehr wenig Quarz vermengt. An der 
Grenze der Feldspathgänge gegen den Serpentin treten Contact- 


*) Der skizzirte Gang tritt in der SO-Wand eines verlassenen 


grossen Steinbruchs hinter der Fabrik zu Tage. 


ebilde auf, die durch folgende Skizze veranschaulicht 
8 8 
- werden.*) - 
li > | 
Ge 
| 2 Oligaclas d | j 
\| I A S al 
IN|\|N IA\ I | 
| Chloritzone IN — Hall 
} a N \ | 
} | | S Sr 2 > 
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2 | > FT m m 
| I 1 || 
} GG, 
# SET 
h GG, ! 
TG, | Iriikli 
; TG 
| G 


336 


Eine Zone von grünlichem oder gelblich grauem Talk*) u 


von wechselnder Dicke scheidet mit beiderseits scharfen Gren- 


zen den Serpentin vom Feldspatb., Der Talk ist von grünen 
Chloritsphäroiden durchsetzt, die wohl umgewandelte Granaten 
sind; frische Granaten konnten im Talk nicht aufgefunden 
werden. In der Regel zieht sich zwischen dem Talk und dem 
Feldspath noch eine zweite etwa 3 Cm. dicke Zone von gross- 
blättrigem, tombakfarbigem Chlorit hin. 

Der Oligoklas erleidet an der Grenze gegen den Chlorit 
oder Talk eine Veränderung, die sich jedoch nur auf einige 
Centimeter Tiefe erstreckt. Er verliert Glanz und Härte, wird 


porcellanartig und geht schliesslich in eine schmutziggraue, 


weiche, specksteinartige Masse über. Der Verlauf der che- 
mischen Veränderung ist aus folgenden Analysen ersichtlich. 

No. 7. Frischer Oligoklas aus der Mitte des Ganges. 
No. 7a. Sehr wenig verändert, ca. 3 Cm. vom Chloritsaum 
No. 9 entfernt. 

No. 7b. Porcellanartig veränderter Oligoklas. 

No. Te. Veränderter Oligoklas; zeigt Fettglanz. 

No. 7d. Völlig umgewandelter Oligoklas; weich, speck- 
steinartig. 


No.7  No.7a No..7b No.7ec .No.7d 
H-0 0,40 0,60 2,05 re 
SiO, 65,73 66,88 64,00 54,77 38,86 
Al,O, 21443 1948 19,253 . 14,45 10,61 
Fe,0O, 0,18 0,34 0,34 1,02 1.32 
Cao 2,07 0,30 0,83 0,39 — 
K,0o 0,13 0,63 — — — 
Na,O 10,41 10,534 10,18 4,68 — 
Mg0O — 0,93 BR Es Le. 
100,35 100,00 100,00 100,00 98,10 


Bei der Umwandlung sind der Kalk und das Natron gegen 
mehr**) als die einfach äquivalente Menge Magnesia ausge- 


*) Der feinschuppige Talk wird zuweilen als Topfstein bezeichnet. 
**) In No. 7a ist trotz der starken Kalkausscheidung verhältniss- 
mässig wenig Magnesia eingetreten; nimmt man an, dass mit den Mag- 
nesiasalzen gleichzeitig grosse Mengen Kohlensäure auf den Oligoklas 
einwirkten, so lässt sich begreifen, dass stark basische Magnesiasilicate 


ERRTZEETE TR? 


ee een ee Sn u ne u | 2 ae OB 
ER \g Be Bat SER Ä 


537 


_ tauscht worden; die Kieselsäure ist stark vermindert, Wasser 


aufgenommen worden und wahrscheinlich ist der geringe Ge- 
halt an Thonerde durch einen directen Austritt dieses Stoffes 
herbeigeführt. Das Endproduct No. 7d nähert sich in seiner 
Zusammensetzung den von DrascHE*) und ZEPHAROVICH*”) 
untersuchten Pseudophiten. 

Die Zusammensetzung des den Feldspath umgebenden 
Talks geben die Analysen No. 8 und No. 8a; No. 8b ist ein 
apfelgrüner , sehr feinkörniger Talk, der den Serpentin des 
sogen. rothen Bruchs aderförmig durchzieht, ohne mit Feld- 
spathgängen vergesellschaftet zu sein. 


No.8 No.8a No. 8b 
=nN.0 5,88 5,95 5,87 
S:0,...56,89 58,50 57,03 
Al,O, 2,57 1,19 ZN 
Re,.O., :..8,81 3.35 8,98 
Cao 0,30 — — 
MsO 30,55 80,47 80,82 
100,00 100,06 99,41 


Man darf wohl annehmen, dass der Talk aus einem Mi- 
neral hervorgegangen ist, welches als Contactzone den Olivin 
vom Feldspath trennte. Nach der gegenwärtigen geringen 
Kenntniss der Beziehungen zwischen der Zusammensetzung 
der Contactzonen und der durch dieselben getrennten Ge- 


sich unter diesen Umständen schwer bilden konnten. Die Annahme, dass 
die metamorphisirenden Gewässer selbst in naher Entfernung eine stark 
abweichende Zusammensetzung besitzen können, ist nicht gewagt; da die 
Processe lange Zeiträume hindurch währen, so können eine Menge zu- 
fälliger, äusserer Umstände modificirend wirken. Gesetzt, es bildete sich 
in dem den Feldspath umschliessenden Serpentin ein grösserer Riss, so 
musste das metamorphosirende Wasser hier rascher sickern als in der 
nächsten Umgebung, wo es sich durch die Haarspalten hindurcharbeitete; 
dagegen musste im letzten Falle die freie Kohlensäure des Wassers sich 
fast völlig mit den Basen des Serpentins sättigen, während sie im ersten 
Falle zum Theil unverbunden bleiben konnte. 

*) Tscuermar’s miner. Mittheil. 1873. pag. 125. 

##) 1bid. 1874. Dag. 7. 

*##) Wie schon mehrfach constatirt ist, verliert der Talk erst bei 
sehr heftiger Glut alles Wasser. 


538 a 


steine zu schliessen, wird die Zone von einem magnesiahal- 


tigen Mineral gebildet worden sein; einen sicheren Aufschluss 
über die Natur desselben kann man nur durch vergleichende 
Untersuchungen von Olivin- und Serpentingesteinen, die Feld- 
spathgänge mit Contactsäumen führen, gewinnen, indess ist 
ein Fingerzeig dafür da, dass der Talk aus einer Hornblende 
hervorgegangen sein kann. An einer Stelle ist nämlich die 
Contactzone nicht von kurzschuppigem Talk, sondern von 
einem langfasrigen, gelblich weissen, seidenglänzenden Mineral 
gebildet, welches seiner Zusammensetzung nach (No. 8c) 
zwischen Talk und Asbest steht. Diese Partie enthält stellen- 
weise spärliche Trümmer von grünem Strahlstein, welche mit 
dem asbestartigen Mineral innig verwachsen und höchstwahr- 
scheinlich die Muttersubstanz des letzteren sind. Aus diesem 
Strahlstein konnte nach den wechselnden Umständen Talk oder 
das Mineral No. 8c hervorgehen, es konnte aber auch die 
Contactzone von zwei verschieden zusammengesetzten Horn- 
blendearten gebildet gewesen sein, die bei der Umwandlung 
verschiedene Endproducte ergaben. Eine solche wechselnde 
Zusammensetzung zeigt auch die im Feldspathgang spärlich 
eingesprengte Hornblende: sie ist entweder graulichgrüner, 
feinspiessiger Strahlstein No. $d oder dunkelgrüne Hornblende 
No. 8e. 


No. 8e No.8d No. 8e 
H,O 4,97 0,44 0,59 
SiO, 54,62 56,22 55,50 
AL, 0, ‚3,00 1,80 El 
Fe,O, 5,09 5.31 8,00 
Ca O >32 12.34 11,66 
Mg O 21529 21329 19,08 


100,75 98,00 100,00 
Wie erwähnt, zieht sich bisweilen zwischen dem Talk- 
saum und dem Feldspath eine dünne Lage von grossblättrigem, 


tombakgelbem Chlorit hin, dessen Zusammensetzung die Ana- 
lysen No. 9 und No. 9a darthün.*) 


*) Die analysirten Proben sind verschiedenen Stellen entnommen. 


RE ER ELEGANTE 


EEE 


539 


No. 9 No. 9a 
H,O 19,92 20,83 
SE003,0.80,59..33545 
AlL.O, 11,14... 19,56 
De,0, 6,2 6,56 
MoO 94,19 .,24,18 
0952 2.0038... 


Es lässt sich nicht entscheiden, woraus dieses Mineral 
entstanden ist; es finden sich wohl in der Chloritschicht Frag- 
mente von sehr verändertem Oligoklas, aber ohne Uebergänge 
zum Ühlorit. 


Serpentin von Böhrigen und Greifendorf. 


Der Serpentin von Boöhrigen und Greifendorf*) zeigt 
unter dem Mikroskop neben Granat und den Mineralien der 
Hornblendegruppe nicht selten dieselben Mineraltrummer wie 
der von Zöblitz und dürfte wesentlich aus Olivin hervorge- 
gangen sein. Die im Serpentin auftretenden compacten Eklogit- 
massen, die vielfach als Reste des Urgesteins des Serpentins 
angeseheu werden, sind gegen den Serpentin hin sehr wenig 
verändert und zeigen meist scharfe Grenzen; stellenweise 
durchsetzen den anliegenden Serpentin Hornblendekrystalle, 
die bisweilen in serpentinartige Producte umgewandelt sind, 

Der Eklogit besteht aus fast schwarzer Hornblende, brau- 


nem 6ranat und einem weissen Mineral (Feldspath?), welches 


letztere jedoch in geringer Menge auftritt; das Mengenverhält- 
niss von Hornblende zu Granat ist sehr wechselnd, 

No. 10. Eklogit aus dem grossen Bruche bei Greifen- 
dorf, aus fast reiner Hornblende bestehend. 

No. 10a. Brauner Granat aus dem Eklogit No. 10. 


No. 10 No. 10a 
H,O 1,52 0,85 
SiO, 471,27 37,05 
3120 57,1272 22,05 
Be; 0; 9,55 20,70 
Ca O0 11,15 7,61 
MsO 17,19 11,74 

100,00 100,00 


*) Die geognostischen Verhältnisse sind von Mürtzr beschrieben im 
N. Jahrb. f. Min. 1846 pag. 257. 


540 

In der Serpentinwand hinter der Fabrik bei Böhrigen ; 
findet sich eine ca. + Quadr.-M, grosse Eklogiteinlagerung von 
anderem Habitus. Der Granat ist roth, von demselben Aus- 
sehen wie der im Serpentin eingesprengte Granat; die Horn- 
blende ist lauch- oder pistaziengrüun gefärbt. 

No, 11. Eklogit aus rothem Granat und an 
Hornblende bestehend. 

No. 1la. Granat aus dem Eklogit No. 11. 

No. 11b. Rother Granat aus dem Serpentin von Greifen- 


dorf, nicht weit vom Eklogit No. 10. Der Granat ist etwas 
verändert. 


No, IE =No. 11a: No. 11h 
H,O 0,96 1,48 1.90 
SiO, 47,17 40,92 41,81 
A102, :,.1458 22.08) : 22:90 
Re0, 6,45 9,26 9,70 
CaoO 12,07 4,52 DH 
Mg0O 18,91 20,94 18,70 

100,14 100,00 100,00 


Die rothen Granaten im Serpentin und in dem hellgrünen 
Eklogit sind identisch und weichen in der Zusammensetzung 
vom braunen Granat No. 10a sehr ab, zeigen dagegen eine 
fast vollkommene Uebereinstimmung mit dem im Serpentin 
eingebetteten Granat von Zöblitz und von Narouel in den Vo- 
gesen.”*) Es liegen leider nicht mehr Analysen von im 
Serpentin eingelagertem Granat vor, doch scheint die grosse 
chemische Uebereinstimmung nicht zufällig zu sein; wenn man 
berücksichtigt, dass es die magnesiareichsten Granaten sind, 
so drängt sich der Gedanke auf, zwischen dem hohen Magnesia- 
gehalt derselben und ihrer Umgebung, des Olivins, eine ähn- 
liche genetische Beziehung zu statuiren, wie etwa zwischen 
der grossen Kalkmenge des Grossulars und dem denselben 
häufig umschliessenden Kalkspath. 

No. 12. Lauchgrüne Hornblende aus dem Eklogit No. 11. 

No. 12a. Dunkellauchgrüne Hornblende, etwas verändert. 


*) Darin 1,20 pCt. Cr, O,. 


*®) Von Deresse analysirt; RammeLıssene, Handb. d. Min. Chem. 


pag. 09. 


541 
No. 12b. Pistaziengrune Hornblende, stärker verändert 
- als No. 12a, - 


| No. 12 No. 12a No, 12b 

H,O 1.00 212 4,47 
SiO, 52.28 51,75 a 
Al,O, 4,52 6,66 6,47 
Pe,-O,.... 4,08 4,99 5,28 
CaO 19,10 10,71 8,39 
Mg0O 18,30 TI 23,08 

100,00 100,00 100,00 


Auf einer Rissfläche ist der Eklogit bis auf * Cm. Tiefe 
verändert. Granat und Hornblende sind in eine dunkelgrüne, 
mit dem Messer schneidbare, fettgläanzende Masse umgewandelt 
(No. 13). An einer anderen Stelle ist nur der Granat voll- 
ständig in eine gelbe, chloritische Substanz übergeführt, wäh- 
rend die Hornblende (No. 12a) nur wenig verändert und 
stellenweise von einem tombakfarbigen, glimmerartigen Anflug 
bedeckt ist. No. 13a ist die Zusammensetzung des in eine 
gelbe chloritische Masse verwandelten Granats. 


No. 13.. No. 13a 

H,O 10,44 13,59 
SiO, 87,82 35,84 
Ar. O,. 11,50 022 
ne,0, 7,10 6,06 
Ca 0 2,83 0,99 
MgO 29,34 26,90 

99,03 100,00 


Wie man sieht, wird bei der Metamorphose der Kalk 
durch Magnesia ersetzt, die Kieselsäure tritt zum Theil aus, 
wogegen viel Wasser aufgenommen wird. 

Eine ähnliche Veränderung in eine grüne oder gelbliche 
chloritische Substanz haben auch die im Serpentin eingebetteten 
Granaten erlitten, wie folgende Analysen darthun.”) 


*) Die analysirten Chlorite sind verschiedenen Stellen des Serpentin- 
lagers entnommen, 


542 

No. 14 No.14a No. 14b 
H,O 12,82 16,05 15,21 
SiO, 38,17 306,11 37,80 
Al, O, 13,98 13,83 13,49 
Fe, ©, 6.741 6,44 6,58 

Ca O0 0,76 = — 

MgO 27,56 26,97 26,92 
100,00 100,00 100,00 


Die Serpentinwand hinter der Fabrik wird von mehreren, 
höchstens 10 Cm. breiten, oft horizontal gelegenen und aus- 
keilenden Feldspathadern durchsetzt, die meist gegen den 
Serpentin durch dünne Glimmer - oder Chloritlagen begrenzt 
sind. Unter dem fleischfarbigen Feldspath kann man gestreiften 
Plagioklas erkennen, nach dem hohen Kaligehalt zu urthbeilen, 
wird auch Orthoklas vorhanden sein; anscheinend ganz frische 
Stellen sind nach der Analyse schon etwas verändert. Gegen 
den Serpentin hin wird der Feldspath in eine dunkle, mit dem 
Messer schneidbare Masse verwandelt, die bisweilen den allen 
wasserhaltigen Magnesiasilicaten eigenthüumlichen Fettglanz 
zeigt; dünne Feldspathadern haben in ihrer ganzen 
diese Veränderung erlitten. 

No. 15. Anscheinend frischer Feldspath aus der Mitte 
einer 8 Cm. dicken Ader entnommen. 

No. 15a. Völlig umgewandelter Feldspath an der Grenze 
gegen den Serpentin. 


No. 15 > Nor 19a 
H,O 2,38 15,18 
SiO, 57,50 36,08 
A170,923,38 18,33 


Fe, O, 0,54 0,26 
Cao 2,23 0,62 
K,O 7,75 er 
Na, O 3,98 —_ 


MgO 1,57 28,48 
99,26 98,95 


Die Veränderung ist dieselbe wie sie der Oligoklas No. 7 
von Zöblitz erlitten hat: Kalk und Alkalien sind durch mehr 


a TE Da PLAN SF Bar 
2. 3- 


543 


‚als die einfach äquivalente Menge Magnesia ersetzt, Kiesel- 
säure vermindert, Wasser aufgenommen worden. 
Hart am Wege von Böhrigen nach Naundorf ist der 
Serpentin von einer ] M. breiten, sehr zerklüfteten Granit- 
ader durchsetzt. Auf den Kluftflächen und an den Grenzen 
gegen den Serpentin ist der Feldspath des Granits häufig in 
eine braunschwarze, weiche, amorphe Masse umgewandelt und 
die folgenden Analysen erläutern die Metamorphose. 

No. 16. Frischer, fleischfarbiger Granit; Orthoklas, Pla- 
gioklas, Quarz und etwas Glimmer enthaltend. 

No. 16a. Feldspath fast vollig verändert, Glimmer un- 
verändert. 


No.16 No. 16a 
H,0 1,05 7.17 
0 20 5 
Al20.. 14,94” 10,60 
Fe,0, 238 10,62 


Ca O 1,26 0,42 
K,o 4,82 1,44 
Na,0 2,98 0,22 
MgO 1,55: 11,31 


"100,33 99,69 


Kalk und Alkalien sind durch mehr als die einfach äqui- 
valente Menge Magnesia ersetzt, die Kieselsäaure vermindert, 
dagegen Wasser und Eisenoxyd aufgenommen worden; wie 
bei der Serpentinisirung des Melaphyrs von Predazzo*) ist 
auch hier der Natronfeldspath rascher umgewandelt worden als 
der Kalifeldspath. 


Serpentin von Waldheim.**) 


Das Profl am Rabenberge wird von vielen feldspath- 
führenden Gängen durchsetzt, die an den Grenzen gegen den 
Serpentin oder an engen Stellen in ihrer ganzen Masse in 
wasser- und magnesiahaltige Verbindungen umgewandelt sind; 
letztere sind äusserlich dem Serpentin oder Speckstein bisweilen 


*) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1872 pag. 220. 
**) Ueber die geognostischen Verhältnisse siehe FaLLou im Archiv 
für Min. von Karsten 16, 2, pag. 423. 1842. 
Zeits. d. D. geol. Ges, XXVIl.3. 36 


an 
recht ähnlich. Die folgende Skizze soll das Auffinden der 
beschriebenen Gänge bei künftigen Localuntersuchungen er- 
leichtern. 


Der Feldspath des etwa 1] M. breiten, sehr zerkluüfteten, 
grauen Granitganges No. 17 nimmt zum Serpentin hin eine 
bräunlich gelbe Farbe an und büsst Härte und Glanz ein; die 
zahlreichen Rissflächen des Granits zeigen den für die Magnesia- 
silicate charakteristischen Fettglanz. Indem der Feldspath 
immer unkenntlicher wird, geht das Gestein in eine dunkle, 
leicht brockelnde und weiche Masse über, in welcher man nur 
noch einzelne Glimmerblättehen erkennen kann; diese letztere 
Verwitterungszone ist höchstens einige Centimeter mächtig. 
Es folgt dann zwischen dieser und dem Serpentin ein ca, 
10 Cm. dicker, grüner oder bräunlicher, thoniger Grus. 

No. 17, Frischer Granit aus dem unteren Theil des Gan- 
ges; feinkörniges Gemenge von Quarz, weissem Feldspath 
und schwarzem Glimmer. 

No. 17a. Frischer Granit vom Kopfende des Ganges. 

No. 17b. Zum Theil verändert, bräunlichgelb; 15 Cm. 
von der Thonlage No. 17e entfernt. 

No. 17c. Verändert; 5 Cm. von der Thonlage entfernt. 

No. 17d. Dunkle, weiche Masse, in welcher einzelne 
Glimmerblättchen noch erkennbar sind; berührt den Thon 
No, lie, 

No. 17e. Grünlicher thoniger Grus; die Grenze zwi- 
schen demselben und dem compacten veränderten Granit ist 
eine scharfe, *) 


*) Da der thonige Grus nicht gleichartig ist, so ist es leicht möglich, 


545 


No. 17 No.17a No.17b No. 17e No.17d No. 17e 
#0 A 80 808 909 1630: 2130 
SiO, 66,94 60,84 51,02 AT,58 37,86 42,00 
Al,O, 16,15 16,33 16,48 14,66 12,13 9,28 
0 201 5». 501 690 Sal 62 
eo 10 due Do 1b 08’ 030 
Bo ı8 m. 08 5a x 
No 36 238 00 059°. 
MO 229 473 10,61 12,86 22,67 19,90 
99,50 99,98 98,93 98,18 98,38 99,50 


Der Kalk und die Alkalien sind durch mehr als die ein- 
fach’ äquivalente Menge Magnesia ersetzt, die Kieselsäure stark 
vermindert, Wasser aufgenommen worden ; der Natronfeldspath 
wird rascher umgewandelt als der Kalifeldspath, der Glimmer 
ist am widerstandsfähigsten. Genau dieselbe chemische Ver- 
änderung haben auch die anderen Granitgänge erlitten. 

Nicht weit von diesem Gange tritt ein anderer ca. 25 Cm. 
breiter Granitgang auf, der in seiner ganzen Masse stark ver- 
ändert ist. 

No. 18. Aus der Mitte des Ganges entnommene Probe; 
enthält noch ziemlich glänzende, schmutzig gelbe Feldspath- 
krystalle; nach den Rändern des Ganges hin verschwindet der 
Feldspath immer mehr und wird in eine dunkelgrüne, ser- 
pentinartige Masse umgewandelt: No. 18a; das Endproduct 
der Metamorphose No. 18b lässt gar keinen Feldspath mehr 
erkennen, nur einzelne Glimmerblättchen haben sich erhalten. 

Zwischen dem Granitgang und dem Serpentin zieht sich 
ein 2 bis 6 Cm. dicker Saum hin, der aus einer hellgrünen, 
serpentinartigen Masse mit spärlichen CObloritblättchen besteht: 
No. 18c; wahrscheinlich liegt hier eine umgewandelte Contact- 
zone vor, welche den Granitgang von dem Urgestein des 
Serpentins schied, und es dürfte, nach dem geringen Thon- 
gehalt zu schliessen, diese Zone von einem Mineral der Horn- 
blendegruppe gebildet worden sein. 


dass ausser dem Granit No. 17 auch eine zwischen diesem und dem 
Serpentin befindliche Contactzone das Material zu demselben geliefert; 
Andeutungen einer ehemaligen Contactzone konnten freilich nicht auf- 
gefunden werden, 


36* 


546 


No. 18 No. 18a No.18b No. 18c 
H,O 714: 047972 = 41 
SiO, 2.25: 4349 363. 2955 
41,0, .18,28. 18:58. 1.98 2,25 
Fe,0O, 5,02 6,45 8,15 7,09 
CaO 0,67 0,60 0,53 0,36 
K,0 5,47 2,71 — — 
Na, O 1,78 0,52 — —_— 
MgO 1898 20.76 27,44 28,40 

9942 98,35 98,19 100,04 


Oberhalb der ersten Terrasse des Profils tritt in der 
Serpentinwand eine Granitader zu Tage, die grösstentheils 
stark verändert ist. Die Zusammensetzung des möglichst 
frischen, aus Quarz und dunkelrothem oder fleischfarbigem 
Feldspatb bestehenden Gesteins ist aus den Analysen No. 19 
und No. 19a ersichtlich; die Proben sind verschiedenen Stellen 
entnommen. Zunächst gehen die Natronfeldspäthe in eine 
weiche, bröckliche, glanzlose, dunkelbraunrothe oder schmutzig 
grüne Masse über, in welcher die weisslichen Orthoklase noch 
ziemlich erhalten sind: No. 19b; im Endstadium No. 19e ist 
aller Feldspath verwandelt, 


No. 19 No. 19a No. 19b No. 19e 
H,O 1,89 1.22477.12.04..51722 
SiO, 71,44 74,11 46,32 40,00 
Al,O, 13,66 13,47 12,22 933 
re,0, 1al 0,8535 4,68 9,60 
Ca oO 0,92 0,64 0,60 0,85 
K,0O BR 32 3,10 — 
Na, O 2,84 4.22 0,46 — 
Mg0O RU 1.21 19.10. 206.14 

99,24 99,68: - 98.522,3913 


Bei dieser Metamorphose ist auch eine beträchtliche 
Menge Eisenoxyd aufgenommen.*) 


*) Nach der Behandlung der Probe No, 19c mit H,SO, und NaHO 
hinterblieb nur ein sehr geringer Rückstand von Quarz; da der frische 
Granit quarzreich ist, so muss bei der Metamorphose fast aller Quarz 
fortgeführt oder möglicherweise zum Theil in ein Magnesiasilicat umge- 


re 2 en ee Sa See Dun, A 1 en ee 


DE nn 


ee een le he ee le eK Tat tt Zee Denn Zi 


en Oberhalb dieses Ganges wird der Serpentin von meh- 
 reren 2 bis 10 Cm. dicken Adern durchsetzt, die wesentlich 


aus fleischfarbigem Feldspath bestehen und den Adern No, 15 
im Serpentin von Böhrigen sehr ähnlich sind. Wie die Ana- 
lyse No. 20 darthut, sind anscheinend ganz frische Stellen 
schon beträchtlich verändert; noch stärker umgewandelt ist die 
Probe No. 20a, obwohl der äusserliche Habitus nur wenig 
von dem der vorhergehenden Probe abweicht. Der Feldspath- 
gang ist an der Grenze gegen den Serpentin, und an schmalen 
Stellen in der ganzen Masse, in eine dunkelgrüne, weiche, 
serpentinähnliche Masse umgewandelt, No. 20b. 


No.20 No.20a No.20b 
H,O 2,64 3,29 13,46 
SiO, 61,21 57,51 33,19 
Al,O, 18,45 17,96 16,15 
Fe,0O, 0,50 0,81 6,24 
CaO 0,37 1,46 —_ 
K,O 8,69 7,20 — 
Na, O 3,45 3,30 — 
MgO 4,69 7,99 30,36 

100,00 99,52 100,00 


Meistentheils sind die Feldspathadern durch einen Saum 
von grossblättrigem, grünem Chlorit von dem Serpentin ge- 
schieden; die Zusammensetzung dieses Chlorits giebt die Ana- 
lyse No. 20c. An einer Stelle zieht sich zwischen dem Feld- 
spath und dem Serpentin eine fingerdicke Schicht von sehr 
verändertem, gelblich grünem Strahlstein, No. 20d, hin. 


No. 20c No. 20d 
H,O 12,64 9,93 
SiO, 40,74 46,30 
Al,O, 3,47 4,01 
Fe, O, 6,31 7,18 


CaO — 5,97 
MgO 35,57 23,91 
CaCO, —— 4,84 


98,73 99,74 


wandelt worden sein; wahrscheinlich hat eine solche Fortführung resp. 
Umwandlung des Quarzes bei der Metamorphose aller Granitgänge statt- 
gefunden, 


548 


Wahrscheinlich ist der Chlorit durch Umwandlung re 


Contactzone zwischen dem Feldspath und dem Urgesteiu des 
Serpentins entstanden. 

Einige hundert Schritt von dem Profil am Rabenberge 
entfernt, im Hohlwege, hart an der Chaussee, wird der Ser- 
pentin von mehreren oft specksteinartigen Gängen durchsetzt, 
die wohl alle durch Umwandlung von Feldspathgesteinen ent- 
standen sind. Eine ca. 25 Cm. breite, aufrecht stehende, nach 
unten in zwei Arme sich spaltende Ader besteht am Kopfe aus 
einer dunkelgrünen oder rothen, matten, bröcklichen Masse, 
in welcher man neben Glimmer schwach glänzende Feldspath- 


fragmente wahrnehmen kann, No. 2]; bei weiter vorgeschrit- 


tener Umwandlung ist aller Feldspath verschwunden, No. 21a. 
Unten spaltet sich der Gang und besteht aus einer hell- oder 
dunkelgrünen , auch braunrothen, stark glänzenden Masse, 
welche dem Speckstein sehr ähnlich ist und von spärlichen 
Glimmerblättchen durchsetzt ist, No. 21b. In der Nähe dieses 
Ganges durchsetzt den Serpentin eine 10 Cm. breite Ader, die 
aus einer hell grünlich gelben, von wenigen Glimmerblättchen 
durchsetzten, serpentinartigen Masse besteht, No. 2lc. Ob- 
wohl sich in derselben keine Feldspathfragmente wahrnehmen 
liessen, so wird man doch wegen der grossen chemischen 
Uebereinstimmung mit No. 21b annehmen dürfen, dass sie 
aus Feldspath hervorgegangen ist. 


No.. 21 No: 2123; No.21b No.21e 
1.0 10,88 19.35 16,21 15,69 
SiO, 43,97 Sal 88,93 40,11 
Al,O, 18,14 13,69 8,05 9,58 
ke; 0.202,65 3.66 6,41 BRrHi 
CaoO 0,43 — 0,28 0,56 
K,O 2,22 0,98 — 
Na,0O 0,38 0,30 — — 
MgO 24,99 27,24 29,21 27,83 

98,24 98,29 99,09 99,54 


Olivinfragmente konnten bis jetzt in dem Serpentin von 
Waldheim nicht aufgefunden werden. 

Aus dem Vorstehenden ergebeu sich folgende Schlüsse. 

Mit grosser Wahbrscheinlichkeit darf man annehmen, dass 


549 


das Urgestein des Serpentins von Zöblitz und Greifendorf aus 
 Olivin, Granat und den Hornblendemineralien bestand, wie das 


von SANDBERGER, TSCHERMAK und anderen für eine Reihe von 
Serpentinvorkommnissen nachgewiesen ist. Der leicht ver- 
anderliche Olivin verwandelte sich zum grössten Theil in 
Serpentin, der widerstandsfähigere Granat meist in Chlorit- 
mineralien, während die Hornblenden grösstentheils wenig ver- 
andert sind, wenigstens wenn sie in zusammenhängenderen 
Massen (Eklogit) auftreten; nur die in der Masse des Ser- 
pentins zerstreuten Hornblendemineralien dürften zum Theil 
stärker umgewandelt sein, worüber die mikroskopische Unter- 
suchung Aufschluss geben wird. Die feldspathführenden Gänge 
und Einlagerungen sind oft durch Contactzonen vom Serpentin 
getrennt und es dürften in den meisten Fällen die unver- 
änderten Contactzonen von hornblendeartigen Mineralien ge- 
bildet worden sein. Die feldspathführenden Gänge sind an den 
Grenzen gegen den Serpentin, oder wenn sie wenig mächtig 
sind, in ihrer ganzen Masse in serpentin- oder specksteinartige 
Verbindungen übergeführt. Die Natronfeldspäthe unterlagen 
viel rascher der Metamorphose als die Kalifeldspäthe, am 
widerstandsfähigsten ist der Glimmer. Bei der Umwandlung 
der Feldspäthe werden Kalk und Alkalien ausgeschieden und 
durch Magnesia ersetzt; die Kieselsäure wird sehr stark ver- 
mindert, Wasser und oft auch Eisenoxyd treten ein. Die 
ausscheidenden starken Basen werden durch mehr als die 
einfach äquivalenten Mengen Magnesia ersetzt, was schon 
anderweitig*) constatirt werden konnte. Dieses Basischer- 
werden der Silicate ist höchst wahrscheinlich der Einwirkung 
gelöster basisch-kohlensaurer Magnesia zuzuschreiben**), in 
vielen Fällen wird es zum Theil von einer Umwandlung des 
Quarzes in ein Magnesiasilicat herrühren. 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1870 pag. 345 u. 1872 pag. 255. 
*#) 2 (CaO SiO,) + 3MgO 2C0, = 3MgO 28Si0, + 2CaCO,. 


3. Ueber die neue Theorie des Vulkanismus des 
Herrn R. MALLET, 


Von Herrn J. Rora ın Berlin. 


In der theoretischen Geologie nimmt, wenn man von 
dem auf die Organismen bezüglichen Theil absieht, die Lehre 
vom Vulkanismus einen wesentlichen Platz ein. Sie umfasst 
die Lehre von den Vulkanen, den Erdbeben, der Hebung der 
Continente und Gebirgsmassen, der Gasquellen und Thermen 
und steht in engster Verbindung mit der Lehre vom Meta- 
morphismus. A. v. HumsoLor definirte bekanntlich den Vulka- 
nismus (oder die Vulkanicität) als den Inbegriff aller Erschei- 
nungen, welche der noch fortwährend wirksamen Reaction des 
Innern der Erde gegen ihre Rinde und Oberfläche zuzu- 
schreiben sind. Er bezeichnet es „als einen nicht geringen 
Fortschritt der neueren Geognosie, dass sie für diese ganze 
Kette von Erscheinungen eine gemeinschaftliche Ursache, die 
innere Wärme unseres Planeten, erkannt hat.“*) 

Die Worte „Reaction gegen die Rinde* weisen hin auf 
den schwierigsten und dunkelsten Theil der Geologie, auf die 
Anfänge der Erde. Hier, wo ausser der Geologie noch Astro- 
nemie, Physik. Chemie und Mechanik ein gewichtiges Wort 
mitzureden haben, prägt sich in dem Wechsel der Anschauungen 
der Fortschritt jener Disciplinen auf das Deutlichste aus. Die 
Ansicht, die Erde habe einst sich in feurigflüssigem Zustande 
befunden, darf als die jetzt allgemein angenommene und durch 
eine Reihe von Schlüssen wohl gestützt gelten. Aber über 
den Verlauf der Abkühlung, über die Beschaffenheit, Dicke, 
Erhaltung der Erstarrungskruste, über den Zustand des Kernes, 
über die zwischen Kruste und Kern befindlichen Schichten und 
folglich auch über die Theorie des Vulkanismus gehen die 


*) Kosmos 1, pag. 209. 


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Ansichten weit auseinander, wie ich für einen Theil derselben 


in dem Aufsatz über Metamorphismus (1871) gezeigt habe. 

Im Anschluss an die Arbeit von R. Mater: Volcanie 
energy: an attempt to develop its true origin and cosmical 
relations (Phil. Transact. Royal Soc. Vol. 163. I. pag. 147 
bis 227. 1873) soll im Folgenden dessen Theorie des Vulka- 
nismus erörtet werden. | 


Aus den gesammten Beobachtungen in Schächten, arte- 
sischen Brunnen und Bohrlöchern — das tiefste Bohrloch, das 
bei Sperenberg, reicht etwa 3900 Fuss unter den Meeres- 
spiegel — lässt sich kein Gesetz ableiten für den Gang der 
Temperaturzunahme in der Tiefe; denn bei den sichersten 
Beobachtungen entsprechen schon unterhalb 1000 Fuss die 
geothermischen Tiefenstufen nicht mehr den höher gelegenen: 
sie wachsen, aber nicht nach einem erkennbaren Geselz. 
Ohnehin muss in der meist nicht homogenen Masse die Wärme- 
leitung eine verschiedene sein. Für eine gegebene grössere 
Tiefe lasst sich daher die Temperatur nicht berechnen und 
für eine gegebene Temperatur nicht die Tiefe. Ebensowenig 
lässt sich angeben, wie hoch überhaupt die Temperatur im 
Innern steigt. Ist sie, wie höchst wahrscheinlich, wenigstens 
unterhalb der aus den plutonischen Gesteinen gebildeten Tiefen 
so hoch, dass das seiner Beschaffenheit nach unbekannte, 
sicher mit hohem specifischem Gewicht begabte Material feurig- 
flüssig ist, so fragt es sich, wie weit eirculirende Strömungen 
dort die Temperatur ausgleichen und welche Wirkungen der 
ungeheure Druck auf die innersten Massen hervorbringt. Aus 
dem Vorkommen mancher Metalle und aus den geringen Men- 
gen einer Anzahl chemischer Elemente in der uns bekannten 
Kruste darf man folgern, dass in der Tiefe die uns bekannten 
Gesteine durch anderes Material ersetzt werden. Die von 
manchen Seiten gemachte Annahme, unsere plutonischen Ge- 
steine (Maximum des spec. Gew. = 3) könnten im geschmol- 
zenen Zustande das hohe spec. Gewicht der Erde (5—6) er- 
zeugen, setzt voraus, „dass die Zusammendrückung der Körper 
zu jedem denkbaren Grade sich steigern könne, ohne jemals 


die Grenze zu erreichen, jenseit welcher eine wesentliche 
Aenderung der Compressibilität eintreten kann.“*) Abgesehen 
davon, dass die hohe Temperatur des Erdinnern ausdehnend 
wirkt und einen Theil der Compression aufhebt. 

Aus dem Schmelzpunkt der plutonischen Gesteine, welgkien 
je nach ihrer Beschafienheit zwischen 1200—1600° liegt, und 
aus der als arithmetisch fortschreitend angesehenen Wärme- 
zunahme in der Tiefe berechneten A. v. HunBoLpr, Araco, 
ELıe DE BEAUMONT, ANGELOT**), G. BiscHor, STUDER***) die 
Dicke der starren, aus den bekannten plutonischen Gesteinen 
bestehenden Kruste zu 5,3 bis 7 geographischen Meilen. Üor- 
DIER entnahm aus sehr kleinen, in Steinkohlengruben gefun- 
denen geothermischen Tiefenstufen und aus sehr hoch ange- 
nommenem Schmelzpunkt der Laven (100° Wegdwood) ein 
Mittel von 14 geogr. Meilen. Alle diese Annahmen setzen 
eine Wärmezunahme nach arithmetischer Progression voraus, 
welcher die Beobachtungen widersprechen. Naumanss}) sucht 
die Heimath der flüssigen Lava „wohl erst in 30, 40 oder 
mehr Meilen Tiefe* und nimmtff) nach den topischen Verhält- 
nissen der Vulkane an, dass die Dicke der Kruste „wahr- 
scheinlich nirgend über 50 Meilen beträgt.“ 

Aus den Werthen der Nutation der Erdaxe und der Prä- 
cession der Nachtgleichen schloss Hopkıxs auf eine wenigstens 
172 bis 215 geogr. Meilen dieke Kruste. Seine Gründe sind 
namentlich von DELAUNnAYTTf) angegriffen worden. So viel 
ist klar: bei dieser Mächtigkeit der Kruste ist ein Herauf- 
bringen des flüssigen Erdinnern durch die Vulkane kaum 
denkbar. Die deshalb von Hoprkıns unter den einzelnen Vul- 
kanen angenommenen, isolirt innerhalb des oberen Theiles 
der Kruste liegenden Feuerseen setzen ein längeres Flüssig- 
bleiben gewisser Partieen innerhalb der abkühlenden und ab- 
gekühlten Kruste voraus, während darunter die Erstarrung 


*) Nauyans, Lehrb. d.. Geognosie 1. pag. 36. 

**) Bull. geol. 13. pag. 188. 142. 

*#*) Phys. Geogr. 2. pag. 37. Aus Schmelztemperatur von Basalt 
und Eisen = 1600° und 103 Fuss für die geothermische Tiefenstufe 
7 geogr. Meilen —= !/ja; des Erdradius. 

1) Lehrb d. Geogn. 1. pag. 58. 

+4) ib. pag. 109. 

+rr) C. R. pag. 67. 05—70. 1868. 


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553 


fortschritt. Diese Ansicht, welche ferner unter den grossen 
Vulkanreihen eine lineare, z. Th. meridionale Anordnung der 
Feuerseen verlangt, ist aus den angeführten und anderen nicht 
weiter zu erwähnenden Gründen fast allgemein aufgegeben .und 
auch MALLET verwirft sie. Die Mehrzahl der Geologen betrachtet 
die Dicke der Kruste als eine mässige und zugleich als eine 
ungleiche. Ueber den Grad der Siarrheit der durch ungeheure 
Druckkräfte zusammengepressten Erdkruste, über die Tiefe, bis 
zu welcher die uns bekannten plutonischen Gesteine hinab- 
reichen, ist heute eine begründete Meinung nicht auszusprechen. 

Von der Annahme, dass Wasser den heissen und auch 
nach MaArzLer höchst wahrscheinlich feurigflüssigen Kern 
erreicht und dass der auf diese Weise gebildete Dampf die 
Laven in die Hohe bringt, giebt MALLET nur den letzten Satz 
zu. Nach ihm können die Laveu nicht aus einem einzigen 
grossen Reservoir stammen, wie jene Theorie voraussetze; 
denn die Vulkanausbrüche, so lauten seine Gründe, sind weder 
gleichzeitig noch periodisch, noch sind die Laven aller Vulkane 
chemisch ident; im Gegentheil mineralogisch verschieden bei 
benachbarten Vulkanen und bei den einzelnen Vulkanen in der 
Zeit. Diese Sätze sind vollständig richtig, aber sie beweisen 
nicht gegen die angeführte Theorie: aus denselben Tiefen, 
aus denen die chemisch und mineralogisch verschiedenen La- 
ven kommen, stammen auch die ebenso verschiedenen Eruptiv- 
gesteine. Wir wissen wenig von der Art, in welcher unter- 
halb des ältesten Gliedes der normalen Lagerungsfolge, unter 
den krystallinischen Schiefern, die Gesteine wechseln; wenig 
davon, wie weit die Tiefe, aus der sie stammen, für die 
chemische und mineralogische Zusammensetzung der Eruptiv- 
gesteine von Einfluss ist; wenig davon, wie weit die Verschie- 
denheit des spec. Gewichts Schlusse erlaubt auf die Reihen- 
folge der Gesteine in der Tiefe, aber wir sehen jeder Lava 
chemisch und mineralogisch ein Eruptivgestein entsprechen 
und erkennen die Verschiedenheit beider nur in der Ausbil- 
dungsform, der Art und dem Orte des Auftretens. 

Der von MALLET aufgestellte Satz, dass die Laven directe 
Beziehungen zu den Gesteinen nachweisen, durch welche sie 
ausbrechen oder auf denen sie lagera, ist nicht haltbar. MALLET 


. giebt keine Beweise für seine 1. c. pag. 217 wiederholte An- 


sicht. Gegen sie, um nur ein bekanntes Beispiel zu nehmen, 


spricht schlagend das Verhalten der Gesteine am Vesuv undinden 


phlegräischen Feldern. Abgesehen von den wegen ihrer ge- 


ringen Mächtigkeit kaum in Betracht kommenden Subapennin- 


bildungen müsste nach MarLEeT’s Ansicht ein Einfluss des 
mächtigen Apenninkalkes sichtbar sein; aber weder die Tra- 
chyte beider Gebiete noeh die Leucitlaven zeigen eine Ab- 
weichung von dem gewöhnlichen Kalkgehalt dieser Gesteine. 
An eine Einschmelzung von Kalk ist also nicht zu denken, 
nur die sogenannten Silikatblöcke weisen eine Einwirkung auf 
die Wandungen mittelst der lange im Aufsteigungscanal ver- 
weilenden Lava und der damit verbundenen Erscheinungen 


sicher nach. Man braucht überhaupt nur eine Reihe von Ana- 


lysen zu vergleichen, um sich zu überzeugen, dass die Eruptiv- 
gesteine, also auch die Laven, mögen sie die verschieden- 
artigsten plutonischen und sedimentären Gesteine durchbrechen, 
chemisch nicht weiter von einander abweichen als die ent- 
sprechenden Gesteine in den einzelnen Massen selbst. Dass 
z. B. Doleritbasaltlaven, welche aus Graniten aufbrechen, 
nicht anders zusammengesetzt sind als die aus Sedimenten 
hervortretenden, lehren unter anderen die Doleritbasaltlaven 
der Auvergne und des Aetna. 

Marter’s Theorie des Vulkanismus ist mit seinen geoge- 
netischen Ansichten und seiner Meinung über die Erhebung 
des Landes und der Bergkeiten so eng verknüpft, dass eine 
Darlegung derselben erforderlich. wird. Er bezeichnet seinen 
Standpunkt als den hohen Standpunkt der Thermodynamik 
und nennt von diesem aus die erwähnte HumsouLpr’sche Defi- 
nition des Vulkanismus „eine weite und leere Phrase*. Er 
verwirft die Theorie von Hopkıns, nach welcher „die hebende 
Kraft, welchen Ursprungs sie auch sein mag, auf die Unter- 
fläche des Gehobenen mittelst irgend eines Fluidums einwirkt, 
sei es elastischer Dampf oder feurigflüssige Masse“, und führt 
aus, wie darnach die hebende Kraft das Gehobene in den 
Zustand der Ausdehnung, folglich der Spannung, versetzt, so 
dass Spaltensysteme entstehen müssen, aber die Theorie 
stimme nicht mit den Erscheinungen in der Natur überein, 
nicht mit der Bildung der Bergketten. Er nimmt die Theorie 
von Dana an, nach welcher die Continente nicht durch He- 
bung entstanden, sondern „durch Deformation des abkühlenden 
und also sich zusammenziehenden Sphäroids, dessen dünne, 


dern 


S 559 


noch biegsame, feste Kruste auf grosse Strecken einsank, wäh- 
rend andere Strecken sich relativ oder absolut hoben“. Alle 
Hebungen werden nach MALLET nicht bewirkt durch verticale 
Wirkung aus einer unbekannten, tief liegenden Quelle, son- 
dern durch verticale Kräfte, die Resultate des Seiten- 
drucks, und diesen bedingt die Abkuhlung der Erdrinde. 
Eine Theorie, die zuerst ©. Prevost (1840), später Dana, 
die Gebruder Rogers und Andere ausgesprochen haben. 

MALLET, von dem Satze ausgehend, dass mit Abkühlung 
nothwendig Contraction verbunden ist, unterscheidet 4 Perioden 
der Erkaltung der Erde mit verschiedenen und abnehmenden 
Wirkungen der Contraction (pag. 163): 

1. Die Bildung und Deformation einer dünnen biegsamen 
Kruste und der obersten Partieen der viscösen oder flüssigen, 
zunächst unter der Kruste liegenden Schicht, so dass, von 
den Polen ausgehend, wo zuerst die Kruste sich bildet und am 
dicksten ist, die Umrisse der ÜÖontinente und ÖOceane ent- 
stehen. 

2. Die Kruste berstet und bricht auf; sie kuhlt schnell, 
aber unregelmässig ab, weil sich partielle Wasseransamm- 
lungen bilden. Ein grosser Theil des Sphäroids (und selbst 
der Oberfläche) ist noch rothglühend; Verbindungen mit dem 
viscosen Inneren bestehen theilweise; ebenso starke örtliche 
Spannungen und Compressionen. 

3. Die Zunahme der Starrheit der verdickten Kruste 
erlaubt die Fortpflanzung tangentialen, von der Contraction 
berruhrenden Druckes (thrusts). Dieser, umgesetzt zu vertical 
wirkenden Kräften, faltet und runzelt die Kruste, und auf diese 
Weise entstehen die grösseren und kleineren Bergketten. Grosse 
Bergketten sind in der posttertiären oder pleistocänen Zeit 
nicht mehr gebildet worden. Zugleich entwickeln sich die 
hypsometrische Configuration des Landes, die grossen Wasser- 
läufe, die Meeresströmungen und damit die Klimate für die 
verschiedenen Lebensformen. Aus den secundären rechtwinke- 
ligen Spannungen und Ausdehnungen erklären sich die Ver- 
werfungen, die Gänge, die intrusiven Gesteine (pag. 163). 

4. Endlich treten die jetzigen Verbältnisse ein: die Kruste 
ist beträchtlich dick und starr, die Abkühlung verhältniss- 
mässig langsam, damit auch die Contraction, Die eigentliche 


556 


vulkanische Thätigkeit beginnt und erhält sich, wenn auch mit 
immer abnehmender Energie, begleitet von Erdbeben, Thermen 
u. 8. w. | RR | 
In den ersteren Stadien der Erkaltung, wo die ungeheure 
Contraction von Deformationen wenigstens der äusseren 
Schale des Sphäroids begleitet war, bildeten sich, durch die 
scharfen Faltungen und Brüche, Linien des geringsten Wider- 
standes (lines of weakness). Alle späteren Vorgänge haben 
deren Zahl und Ausdehnung vermehrt, so dass grosse wellige 
Linien des geringsten Widerstandes und der gestörten Conti- 
nuität in der Kruste entstanden (so z. B. rund um den stillen 
Ocean); unter und nahe diesen Linien muss das Gestein ge- 
stört und zerbrochen, auf weite Strecken und bis zu grossen 
Tiefen in Bruchstücke verwandelt sein, welche eng an einander 
gepresst liegen. Auch jetzt noch geht die durch die säculäre 
Abkühlung bewirkte Contration fort, damit die Compression 
der kalten und starreren Kruste; längs der erwähnten Linien 
oder Ebenen des geringsten Widerstandes wird das Material 
der Kruste durch den gegenseitigen Druck zerdrückt (crushed), 
durch den Druck, welchen die Gravitation der Kruste gegen 
den sich zusammenziehenden und Anziehung auf die Kruste 
ausubenden Kern hervorbringt. Die durch Druck und Be- 
wegung geleistete Arbeit wird in Wärme umgesetzt: 
sie wird am grössten da sein, wo Druck und Bewegung am 
stärksten sind. Wo sich Druck und Zerguetschung concen- 
triren, kann örtlich Rothgluth entstehen, ja das zerquetschte 
Gestein (und die demselben benachbarten Partieen) schmelzen. 
So entsteht jetzt die vulkanische Hitze, nicht durch Commu- 
nication mit einem ursprünglichen und noch flüssigen Innern, 
nicht durch Communication mit örtlichen Feuerseen. Sie ent- 
steht unterhalb und in der Nähe der vulkanischen Ausbruchs- 
punkte durch die mechanische Wirkung der sich zusammen- 
drückenden Kruste und die auf diese Weise örtlich ent- 
standene Hitze wird auch örtlich verbraucht, zu chemischer 
Arbeit verwendet und rückverwandelt in mechanische Arbeit, 
namentlich zur Ejection der vulkanischen Gebilde. Die vul- 
kanische Thätigkeit ist also nicht ein Produkt des ursprüng- 
lichen feurigen Flusses, sondern entsteht indireect aus dem 
Wärmeverlust, welchen die Abkühlung und die bekannten Ge- 
setze der Gravitation hervorbringen. Die vulkanischg Thätig- 


N. (u 


ee 


E 997 


keit (oder Vulkanieität im Allgemeinen mit Inbegriff der Erd- 
beben und der übrigen sogenannten plutonischen Erscheinun- 


gen) kann daher so definirt werden (pag. 167): 


„Die hohe Temperatur, von welcher die jetzige vulkanische 
Thätigkeit herrührt, entsteht örtlich innerhalb der festen Kruste 
durch Umsetzung der mechanischen Arbeit der Compression 
oder Zerquetschung von Theilen der Kruste. Die Compres- 
sion und Zerquetschung entstehen durch die schnellere Con- 
traction des heisseren sich abkühlenden Kernes, so dass die 
Kruste, vermöge der Gravitation, mehr oder weniger frei sich 
senkt; diese verticale Arbeit wird in seitlichen Druck und Be- 
wegung innerhalb der festen Kruste umgesetzt.* 

Längs und über den Stellen des geringsten Widerstandes, 
welche in unbekannte Tiefen hinabreichen, liegen die Berg- 
ketten (l. ce. pag. 162. $. 54) und die vulkanischen Ausbruchs- 
punkte; letztere, weil dort die Temperatur am höchsten ist, da 
sich dort die Bewegung der zusammengepressten Kruste con- 
eertrirt. Die Erhöhung der Temperatur, das Product des 
Druckes und der Bewegung, wird je nach der Zusammen- 
drückbarkeit, Wärmeleitungsfähigkeit und Grösse des Nach- 
gebens in den verschiedenen Schichten verschieden, zunächst 
ungleich sein, und ihr Maximum bald in der verticalen, bald 
in der horizontalen Richtung haben. Damit ist ein hinreichen- 
der Grund gegeben für die grosse Ungleichheit der geother- 
mischen Tiefenstufen, welche Hopkıns aus der ungleichen 
Wärmeleitungsfähigkeit der Gesteine nicht erklären konnte 
(l. e. pag. 169). Die Grösse der durch die innere Arbeit in 
der Kruste erzeugten Wärme hängt also nicht so sehr ab von 
der von unten her zugeleiteten Wärme als vielmehr von der 
Grösse der Contraction des Kernes, welche eine Function 
des Wärmeverlustes ist. 

Eine weitere Wärmequelle liegt darin, dass zwei über- 
einander liegende Schichten von ungleicher Zusammendrück- 
barkeit über einander hingleiten müssen, so dass die 
durch die Reibung erzeugte und in Wärme umgesetzte Arbeit 
die Schichten selbst und ihre Umgebung erwärmt (pag. 170). 

Die vulkanische Thätigkeit, deren Quelle in der nachge- 
wiesenen örtlichen hohen Temperatur vorliegt, ist nur ein 
Theil der kosmischen Maschinerie der Erde und un- 
abhängig von der Frage, wie heiss einst die Erde war, wie 


558 ee 


viel Zeit seitdem verfloss, wie heiss das Innere jetzt sein mag, 


ob der Kern flüssig oder fest, ob die Kruste dünner oder dicker 


ist. Die Gegenwart von Wasser, sei es süss oder salzig, im 
Heerde der Vulkane vervollständigt die Arbeit dieser unge- 
heuren Maschinen; örtliche hohe Temperatur und Coexistenz 
von Wasser erklären alle jetzigen vulkanischen Erscheinungen. 
Sie können also erst dann eingetreten sein, als hinreichende 
Wassermassen niedergeschlagen waren, welche durch Capilla- 
ritat und Infiltration in die Tiefen drangen, d. h. also dann 
‚erst, als die Temperatur der Erdoberfläche so weit gesunken 
war, dass flüssiges Wasser sich darauf erhalten konnte. Wann 
die jetzige vulkanische Thätigkeit begann, lässt sich zwar nicht 
genau feststellen, aber sie geht wahrscheinlich nicht viel über 
das Ende der Secundärzeit hinaus, wenn überhaupt so weit. 
Früher zeigt sich der Vulkanismus hauptsächlich in Ergüssen 
mächtiger flussiger Gesteinsmassen oder in Bildung erhitzten 
Staubes, sogenannter Asche, aber ein Auswerfen durch Dampf 
bedingt fand nicht statt, obgleich vielleicht gelegentlich durch 
Gase. Immer waren die Vorgänge von den jetzigen verschie- 
den, ihr Charakter war nicht explosiv wie jetzt. Der Ueber- 
gang zwischen dem jetzigen explosiven und dem früheren 
hydrostatischen Vulkanismus war ein allmählicher. Zu dem 
letzteren rechnet MALLET das Auftreten der Trappgänge und 
Porphyrmassen des Silurs und der dahin gehörigen Eruptiv- 
gesteine. Zur Vervollständigung seiner Theorie führt MALLET 
folgende Sätze aus: 

1. Die Gravitation der nicht oder nur theilweise unter- 
stutzten Kruste vermag alles Material der Kruste zu Pulver 
zu zerdrücken, so lange die Dicke der Kruste nicht gleich ist 
der ganzen Länge des Erdradius. 

2. Wie weit ziehen sich die Gesteine der Kruste zu- 
sammen zwischen ihrer Schmelztemperatur oder einer noch 
höheren und der Temperatur der Atmosphäre. 

3. Wie gross ist für Gewicht- und Volum -Einheit das 
Mittel der Arbeit, welche nöthig ist zur Zerdruckung der Ge- 
steine und wie hoch ist die daraus durch Umsetzung entste- 
hende Temperatur. 

Der erste Satz beruht auf mathematischer Untersuchung, 
der zweite und dritte Satz werden durch Versuche bewiesen. 

Die festesten Gesteine (Granit oder Porphbyr) werden zer- 


EEE EN ENTE 


U EEE EEE 0 es ERFESEEENENGEEn RERE N; 


599 


‚drückt durch einen Druck von 14 Tons auf den Quadratzoll; 
wenn die daraus bestehende Kruste zu *?’/,,, ihres ganzen 


Gewichtes durch Attraction des Kernes unterstützt wird oder 


wenn die Kruste sich nur um !/,,s ihres Gewichtes senken 


kann, so wird alles Material der Kruste zerdruckt. In welchen 
Tiefen das Maximum des Seitendruckes und damit die Schicht 
des Maximums der Vulkanicität liegt, lässt sich fur jetzt bei 
einer gegebenen Dicke der Kruste nicht bestimmen. Allein 
MALLET glaubt den ersten Satz, wenn die Kruste von dem 
abkühlenden und daher schwindenden Kern theilweise oder gar 
nicht gestützt wird, bewiesen zu haben. Um den dritten Satz 
zu beantworten, wurden Würfel von 1,5 Zoll Seite aus 16 
verschiedenen Gesteinen zerdruck. Das Maximum gab beim 
Zerdrücken grauer Granit von Guernsey, nämlich 217°, 24 F. 
— 102°, 9C., per Kubikfuss. Bezeichnet W das zum Zerdrücken 
eines Gesteins nöthige Gewicht in Pfunden, welches Gewicht 
von der Höhe h in Fussen herabfällt, J JouLE’s Aequivalent, 
so istH = — die Zahl der Wärmeeinheiten, welche durch 
die Arbeit des Zerdrückens geliefert wird, Für ein mittleres 
Gestein berechnet ist H = 6472 britischen Einheiten für einen 
Kubikfuss zerdrüuckten Gesteins. Daraus berechnet MALLET: 
Die Temperatur, welche nöthig ist, um eine Kubikmile Eis 
von 0° zu schmelzen, ist gleich der Temperatur, welche durch 
Zerdrucken von 1,277 Kubikmile des von ihm berechneten 


mittleren Gesteins erhalten wird. 


Für die Beantwortung der zweiten Frage liegen die älteren 
Versuche von G. BiscHor*) vor. Schon D. ForBzs**) hat die 
Unsicherheit der von BiscHor mitgetheilten Zahlen nachge- 


wiesen und angenommen, dass die sauren oder basischen 


Silicate der plutonischen Gesteine zwischen Schmelzfluss und 
Erstarren sich kaum zusammenziehen. ForsBes schloss dies 
aus Versuchen mit geschmolzenem Rowley ragstone (Grünstein, 
Staffordshire), mit geschmolzenen Hochofenschlacken und mit 


4 


*) Neues Jahrb. f. Min. 1841. pag. 565 u. 1848. pag. 1 —54. Dar- 
nach liefern 1000 Volume geschmolzenen "Basaltes 963 Volume glasigen 
und 896 Volume krystallinischen Basaltes. Trachyt und Granit sollen sich 
noch stärker zusammenziehen. 

**) Chem. News 1568. 

Zeits. d. D. geol. Ges. XXV11. 3. 37 


560 


Glasmassen. Allein auch seine Versuche liefern in Folge sei- 
nes Verfahrens nothwendig unsichere Resultate. 

MALLET behauptet, dass die Unterscheidung zwischen gla- 
sigem und krystallinischem Zustand, wie sie BıscHor für seine 
Versuche anführt, sehr willkürlich sei, denn „alle gemengten 
Silikate, welche krystallisiren, trennen sich bei der Abkuhlung 
in Krystallisirtes, das in einem glasigen Magma schwimmt, 


und dieses krystallisirt niemals, höchstens wird es durch lange 


Erhitzung entglast. Von den relativen Mengen dieser beiden 
Gemengtheile, von dem Gang der Abkühlung hängt es ab, ob 
die eingemengten Krystalle sich vereinigen oder ob die ganze 
Masse ein krystallinisches Gefüge annimmt“ (]. c. pag. 195). 

Um die Contraction geschmolzener Gesteinsmassen bei 
der Festwerdung zu bestimmen, stellte MALLer folgende Ver- 
suche an. 

Auf den Barrow Works (bei Furness Abbey, Cumberland) 
wird aus Rotheisenstein mit sehr reinem Kalkstein (97 pCt, Kalk- 
karbonat) als einzigem Zuschlag und vermittelst Koak Grau- 
eisen erzeugt. Die dabei fallenden hellrehfarbenen Schlacken 
wurden zu den Versuchen verwendet. Im Mittel aus drei 
Analysen, welche ziemlich weit von einander abweichen, be- 
stehen*) diese Schlacken aus 


Kieselsäure, Thonerde, Eisen- u. Manganoxydul, Magnesia, 


41,24 pCt. 10,23 pCt. 2,17 pCt. 1,19 pCt. 
Kalk, Alkali, Schwefelcalcium, 
40,02 pCt. 1,78 pCt. 2,91 pCt. 
—.,99,14 pi: 


*), Wenn MarLer diese Zusammensetzung als nahe mit der der Ba- 


salte übereinstimmend betrachtet, so liegt sein Irrthum auf der Hand. 


Bei Basalten giebt im Maximum die Addition von Kalk und Magnesia 
27 pCt., mit Zurechnung von Eisenoxydul 32 pCt. Die eben angeführte 
Schlacke nähert sich in ihrer Zusammensetzung dem Chytostilbit Haus- 
MANN’Ss: GEUTHER fand in diesen blaugrauen Hochofenschlacken von 
Geislautern 

Ssi0? A1?0° FeO MnO MgO Ca0 = 

43,00 11,61 3,97 1,00 2,09 38,83 

100, mit O 12,90: 5,41 : 22,98 

Maıter's Analysen geben ein Verhältniss von 12,88 : 4,77 : 21,99. 


561 
Also etwa =8R-+ Äl An Sr grosse hohle Eisen- 
‚kegel (Bessemer steel ingot-moulds) von 4,6 Kubikfuss Inhalt 
liess Mater die Schlacken mit etwa 2000° C. (3680° F., 
der Temperatur des flüssigen Eisens) einlaufen. Er nimmt an, 
dass das Festwerden bei 3000 ° F. (1650 ° C.) begann und 
fand die Contraction (l. c. pag. 201) zwischen 
3680% RB. (20002 C.);und 53°. F. (11°.67 C.) = 
1000 : 932,76 Volume, 
3680° F. (2000° C.) und 3000° F. (1650° C.) = 
1000: 983 Volume. 


Die erkalteten Schlackenkegel wiesen keinen gesonderten 
Kern und keine grossen Höhlungen auf. Aussen waren sie 
glasig, bläulich; der Rest war ein ziemlich gleichförmiges Ge- 
menge von mehr oder weniger deutlichen, aschgrauen (wolla- 
stonitähnlichen) Krystallen und hellfarbenem Glas. Die Kry- 
stalle überwogen besonders nach der Mitte hin, wo sie sehr 
gut ausgebildet waren. „Es war also ein echt krystallinisches 
Gestein, nicht bloss Glasmasse gebildet“ (1. c. pag. 200). Die 
Krystalle wurden nicht analysirt, auch das specifische Gewicht 
des Glases und der Krystalle ist nicht angegeben. Tafelglas 
(der Thames plate-glass company in Blackwall) zieht sich nach 
vielen Ermittelungen in der Art zusammen, dass 1000 Vo- 
lume in zähweichem Zustande, also unterhalb des Schmelz- 
punktes, gemessen, 984,1 Volume bei 50° F. (10° C.) lie- 
fern. MALLET schliesst daraus, dass saure Silicate sich noch 
weniger zusammenziehen als basische. Er nennt die chemische 
Zusammensetzung des Tafelglases (nach der Mehrzahl der 
z. Th. von ihm angeführten Analysen mit etwa 72 pCt. Kiesel- 
säure, 3,5 pCt. Thonerde im Maximum, 11 pCt. Kalk im 
Maximum, 15—17 pCt. Alkali) „nicht sehr verschieden von der 
Zusammensetzung der sauren Gesteine* wie Gneiss, Granit, 
Syenit, Liparit u. s. w., deren Thonerdegehalt er selbst im 
Maximum auf 12 pCt., deren Maximalgehalt an Alkali er auf 
ll pCt. angiebt. Dabei ist auf die Differenz im Kalkgehalt 
gar nicht Rücksicht genommen und der wesentliche Unter- 
schied zwischen Erkaltung zu blossem Glas und der zu kry- 
stallinischem Gestein ganz ausser Acht gelassen. 

Folgt aus der constanten Abkühlung (die am grössten in 
dem heisseren Kern sein muss) nothwendig Contraction und 


37" 


962 


damit Zerdrückung der Kruste, welche abwärts dem schwin- 
denden Kern folgt, so ist zu beweisen, dass die durch die 
Zerdrückung entstehende Wärme hinreicht, um die vulkanischen 
Erscheinungen hervorzubringen. Sie treten hervor namentlich 

1. als Wärme umgesetzt in Hebung und Ejection, 

2. als Wärme umgesetzt zum Schmelzen oder Erhitzen 
der festen Auswurfsmassen. 

3. als Wärme verwendet zur Erzeugung von Dampf. 

Nimmt man das Volum eines Vulkankegels (1 Mile hoch 
und 5 Miles Durchmesser an der Basis) zu 6,54 Kubikmiles, 
das spec. Gewicht seiner Gesteine = 2 oder zu 0,05 Ton für 
den Kubikfuss, so enthält ein solcher Kegel 48133730304 Tons. 
Um diese aus 10 Miles Tiefe unterhalb der Kegelbasis zu 
heben, würde die aus der Zerdrückung von °/, Kubikmile 
Gestein entstehende Wärme hinreichen. Bei den Vulkanen 
ist nach M4ALLeT nur ein kleiner Theil der ganzen Massen 
wirklich geschmolzen, der Rest ist nur erhitzt. Auf 20 Vo- 
lume erhitzter Massen (Asche, Lapilli, Schlacken u. s. w.) 
kommt höchstens 1 Volum geschmolzener Lava (l. ce. p. 207). 
Sind nun etwa 400 thätige Vulkane vorhanden, so reichen zu 
jhrer Bildung, wenn man jedem Vulkan den obigen, sehr hoch 
gegriffenen Kubikinhalt beilegt, 7200 Kubikmiles zerdrückten 
Gesteins aus, wobei Hebung, Erhitzung, Schmelzung und ein 
grosser Wärmeverlust berechnet ist (l. c. pag. 207). 

Da die durch die Zerdruckung von 987 Kubikmiles Ge- 
stein gelieferte Wärme dem (nach Tnuousox berechneten) jähr- 
lichen Wärmeverlust der Erde entspricht, so könnten in we- 
niger als 8 Jahren durch die von 7200 Kubikmiles zerdruckten 
Gesteins gelieferte Wärme alle Vulkane entstehen. Man sieht 
daraus, wie gering die jährlich auf den Vulkanismus verwen- 
dete Wärmemenge ist und dass bei weitem die grösste Menge 
der durch Strahlung u. s. w. verloren gehenden Wärme aus 
dem abkühlenden Kern stammt. Nicht alles zerdrückte Ge- 
stein, wenn auch ein grosser Theil desselben, wird von den 
Vulkanen ausgeworfen und das ist ihre Function oder ihr 
Zweck (function or final cause) in dem Kosmos. Die sich 
zusammenziehende feste Kruste passt sich dadurch, zwar in 
Paroxysmen, aber doch im Ganzen unschädlich (harmlessly) 
den Dimensionen des schwindenden Kerns an; wäre dafür in 
der grossen Maschine nicht gesorgt, wäre die feste Kruste so 


563 


starr, dass sie sich nicht zerdrücken liesse; könnte das Zer- 


druckte nicht entfernt und auf die Oberfläche gebracht werden, 
so mussten heftige Convulsionen erfolgen, welche wahrschein- 
lich die ganze Oeconomie der Oberfläche zerstören und damit 
das organische Leben gefährden würden (l. c. pag. 213). 

Mater glaubt durch seine Ausführungen, wenn auch 
nicht bewiesen, so doch höchst wahrscheinlich gemacht zu 
haben, dass 

1. die innerhalb der festen Kruste vor sich gehende Zer- 
druckung hinreichend ist, um die Vulkanicität zu liefern; dass 

2.. der dazu nothwendige Betrag der Zerdruckung in die 
Grenzen fallt, welche man der Contraction durch säculäre 
Erkaltung zuschreiben kann (]. c. pag. 214). Er nennt es 
charakteristisch für seine Theorie, dass nach ihr die vulka- 
nische Action nur eine Phase derselben Kraft ist, 
welche immer in Thätigkeit war, seit unser Planet eine Nebel- 
masse bildete. 

Das von den Geologen meist angenommene Eindringen 
von Wasser bis auf den feurigflüussigen Kern setzt eine dünne, 
höchstens 30 bis 50 Miles mächtige Kruste voraus, und eine 
so geringe Stärke derselben ist mit den vorhandenen ther- 
mischen Verhältnissen ganz unvereinbar (l. c. pag. 214). 

Beträgt die Krustendicke 300— 800 Miles, so findet das 
Oberflächenwasser durch sie hindurch nicht mehr den Weg zu 
dem flüssigen Kern. Die Annahme einer flüssigen Schicht 
zwischen der festen Kruste und dem festen Kern, wie SCHALER 
(Proc. Bost. Nat. hist. Soc. 1866) vorschlug, ist nicht zu- 
lässig. 

Alle Thatsachen lehren, dass der Ort, wo die vulkanische 
Action durch Zusammentreffen von hoher Temperatur und 
Wasser entsteht, nicht in grosser Tiefe unter den vulkanischen 
Ausbruchspunkten liegt (pag. 215). Dies folgt aus der Rich- 
tung der Stosse, welche nahe den Axen der Vulkankegel be- 
obachtet sind, die Centren beider fallen zusammen. Wäre die 
Tiefe gross, so müsste die Richtung der rings um die Basis 
der Vulkankegel und selbst weiter entfernt von ihnen auf die 


Oberfläche kommenden Stosswellen (emergent wave- paths) 


als vertikal erscheinen, und dasselbe müsste in der Zerstö- 
rung der Häuser u. s. w. hervortreten. Aber das ist nicht 
der Fall, selbst nicht in der nächsten Nähe der grossen süd- 


564 RN 


amerikanischen und orientalischen Vulkane: die Stösse nachst | 


der Basis sind eher horizontal als vertical, und dasselbe gilt 
für die europäischen Vulkane. Bei dem Erdbeben des Aetna 
zeigen, wie MarLer 1864 nachwies, die Spalten in Kirchthür- 
men und anderen Bauwerken überall hin auf ein fast mit der 
Aetna-Axe zusammenfallendes Centrum, das nicht tief unter dem 
Meeresspiegel liegt. Wäre es 800 Miles tief oder halb so 
tief, so müssten die Maueırisse einen ganz anderen Charakter 
haben und die verticalen Richtungen der Stösse hervortreten. 
Auf der anderen Seite sieht man, dass nicht alle vulkanischen 


Actionen aus derselben Tiefe kommen (]. c. pag. 216). Die 


Theorie der Zerdrückung an den Stellen des geringsten Wider- 
.standes liefert die Erklärung dafür und auch für die Spalten, 
welche das Eindringen des Wassers erleichtern; im Allgemei- 
nen wird die Zerdrückung nicht tief unter der Oberfläche statt- 
finden (l. c. pag. 216). Liegt die zerdrückte und daher erhitzte 
Gesteinsmasse so tief, dass Wasser nicht hingelangen kann, 
so wird keine weitere Action eintreten; diese kann erst begin- 
nen bei Zutritt von Wasser oder wenn Gase durch chemische, 
von der hohen Temperatur unterstützte Wirkung entwickelt 
werden. Sind die Punkte, wo Gestein zerdruckt und erhitzt 
wird, local, so erklärt sich auch die verschiedene Temperatur 
der Lava sowohl bei den einzelnen Vulkanen als bei dem- 
selben Vulkan; ebenso der Mangel an Periodicität der Aus- 
bruche, und das Erlöschen der Vulkane (l. c. pag. 217). 

Ferner erklärt die Theorie die reihenformige Anordnung 
der Vulkane und die Thatsache, dass sie im Allgemeinen den 
grossen Bergketten folgen: beide liegen auf Linien des ge- 
ringsten Widerstandes, auf diesen finden sich zunächst die 
Spaltungen der Kruste, auf diesen geht hauptsächlich das Zer- 
drücken vor sich (l. c. pag. 218). 

Es ist also nur theilweis richtig, dass die Vulkane Sicher- 
heitsklappen gegen die Erdbeben sind: in der That sind sie 
Sicherheitsklappen, um von Zeit zu Zeit die Wirkungen der 
durch die Abkühlung bedingten Contraction zu mindern. Die 
Hemmung einer Uhr, welche nicht gleichmässig, aber doch 
langsam das Gewicht sinken macht, dessen schnelles Herab- 
fallen die ganze Maschine zerstören würde — das ist ein Bild 
der vulkanischen Thätigkeit. So weit Mauer. 

Als charakteristisch erscheint für MaLzer’s Theorie, wie 


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178 - 


_ schon PouLerr ScropE*) hervorhob, neben ihrer eigenthüm- 


lichen teleologischen Färbung das Suchen einer besonderen 
Quelle hoher Temperatur für die jetzigen Vulkane. Während 
er für die durch Strahlung verloren gehende Wärme und für 
Wärme der Thermen (Il. c. pag. 222), von denen ausserdem 
bekanntlich ein grosser Theil in vulkanischen Gebieten liegt, 
die von dem heissen Kern mitgetheilte Wärme in Anspruch 
nimmt, soll die hohe Temperatur der Vulkane durch Umsatz 
aus der Arbeit des Zerdruckens entstehen. Diese Annahme, 
welche die Bejahung der ganzen Hypothesenreihe MALLET’s 
voraussetzt, erscheint um so auffälliger, wenn er selbst nach 
kühnen Annahmen berechnet, dass 100 Vulkane von der Thä- 
tigkeit des Vesuvs — er nennt das eine hohe Schätzung der 
vulkanischen Thätigkeit der Erde — ihren jährlichen Wärme- 


. verbrauch mit 0,0606 Kubikmile zerdruckten %esteins decken 


können (l. c. pag. 211). Da er nun den jährlichen Wärme- 
verlust der Erde gleich setzt 987 Kubikmiles zerdrückten Ge- 
steins (l. c. pag. 206), so hat !/,soo (die für die Vulkane ver- 
wendete Wärme) einen anderen Ursprung als die übrigen 
1599 / g00- Diese Berechnung, bei welcher überdies irrthumlicher 
Weise die Aschen, Lapilli und Schlacken nur als erhitzt, und 
nicht als geschmolzen angenommen werden (l. c. pag. 207), 


‚lasst die neue Theorie nicht in vortheilhaftem Licht erscheinen. 


Leitet man die fur die jetzigen Vulkane nöthige Wärme 
aus Zerdrückung der Gesteine der Kruste her, so muss die 
Zerdruckung unter den günstigsten Umständen erfolgen. Sie 
muss plötzlich (instantan) sein, die erzeugte Wärme muss 
nicht fortgeführt werden können, der Widerstand des zu zer- 
drückenden Gesteins nicht durch die Zunahme der unterirdi- 
schen Temperatur verringert sein. Bei den mässigsten Tiefen, 
in denen der Ursprung der vulkanischen Erscheinungen an- 
genommen werden kann, wirkt dieser Factor schon bedeutend 
ein. Marzer’s Versuche des Zerdrückens wurden mit trockenen 
Gesteinen angestellt; wie sich mit Wasser durchzogene Ge- 
steine verhalten, darüber fehlen die Angaben. Die Zerdrückung 
muss, da Wasser tief in die Kruste eindringt, nothwendig auch 
mit Wasser durchzogene Gesteine treffen. Die zerdrückten 


*) Geolog. Mag. (2) Vol. 1. 1874. 


566 


Gesteinswürfel lagen frei; wie sich Massen verhalten, welche 


seitlich von ähnlichen Massen umgeben werden, bleibt fraglich. 
Die Reibung, welche MarLLrr als secundäre Ursache der Tem- 


peraturerhöhung anfüuhrt, wird kaum eine wesentliche Wirkung 


ausüben. Man sieht bei den Verwerfungen, bei welchen Zer- 
drückung und Reibung (Spiegel, Harnische) in hohem Maasse 
stattfand, keine Wirkungen erhöhter Temperatur. Fehlt es auch 
an sicheren Nachweisen über die Geschwindigkeit, mit welcher, 
namentlich im älteren Gebirge, die Verwerfungen vor sich 
gingen, so ist doch kein Grund vorhanden, sie als instantan 
anzunehmen. Die Wahrscheinlichkeit spricht für langsame 
Bewegung. Aus diesen Erscheinungen lässt sich kein Grund 
gegen MaAuzrr’s Theorie ableiten, so lange sich nicht beweisen 
lässt, dass sie instantane waren. 

Die nicht ohne Reibung und Zerdrückung denkbare Be- 
wegung, wie sie sich in den geologisch späten Hebungen und 
Senkungen des Landes offenbart, also in den Epochen des 
explosiven Vulkanismus MALLer's, hat keineswegs vulkanische 
Phänomene hervorgebracht. Das geht aus den Glacialerschei- 
nungen Grossbritanniens hervor: während eines Theils der 
Glacialzeit lag Schottland 2000 Fuss unter seinem jetzigen 
Niveau, andere Theile Grossbritanniens 1300 Fuss (LyeLL 
Antiquity of man). Auch hier gilt der Einwand, die Bewegung 
sei eine säculäre und nicht eine instantane gewesen, ähnlich 
wie fur die jetzigen Hebungen von Schweden u. s. w. MALLET 
erwähnt die letzteren beiläufig (l. c. pag. 163), aber erläutert 
sie weiter nicht, ebensowenig die erwähnten geologisch späten 
und an so vielen Punkten beobachteten Oscillationen des Lan- 
des, er spricht nur von Senkung der festen Kruste gegen den 
schwindenden Kern. Ist die Kruste seit dem jüngeren Tertiär 
zu starr und zu dick, um sich, wie früher, zu falten, so ist 
sie doch im Grossen plastisch und nachgiebig genug, um Be- 
wegung einzelner Stücke auf- und abwärts zu gestatten, wobei 
die eine Bewegung nothwendig die andere zur Folge haben 
muss. Wenn man nicht eine Lösung des Zusammenhanges 
zwischen Kruste und dem darunter folgenden, viscösen oder 
flüssigen Theile des Innern annehmen will, so folgt aus die- 
sen Bewegungen der Kruste auch eine Bewegung der darunter 
liegenden Partieen, während MALLET nur von Bewegungen in 


der Kruste spricht. Die Ansicht Beıur's*), dass die Kruste 
auf dem Kerne sanft aufruhe, dass also durch Sinken der 
Krustenbruchstüucke das flüssige Innere in die Höhe gedrückt 
werde und als Lava hervortrete, legt diesen Bewegungen einen 
zu grossen Werth bei: wäre sie dem Geschehen entsprechend, 
so mussten zunächst die Vulkane von gleicher Seehöhe zur 
selben Zeit Lavaausfluss und zwar fortdauernden oder we- 
nigstens dasselbe Niveau des Lavaspiegels zeigen, während 
Intermittenz und Nichtperiodicität für die Thätigkeit der Vul- 
kane bezeichnend sind. 

Ueber die Hebung der Bergketten mag hier nur bemerkt 
werden, dass geologisch sicher nachweisbar die meisten Berg- 
kettei nicht auf ein Mal, nicht auf einen Ruck gehoben sind, 
dass ferner zwischen den Einzelhebungen oft sehr lange Zeit- 
raume liegen. Schwerlich geschahen die grossen Hebungen 
instantan; die jetzigen Hebungen und Senkungen, welche nur 
selten instantan und daun nur auf ein geringes Maass be- 
schränkt sind, verhalten sich wie ein sehr schwacher Nach- 
klang jener früheren viel bedeutenderen und über weite Strecken 
ausgedehnten. Waren diese älteren Hebungen säculär, so 
konnten sie niemals eine zum Schmelzen des Gesteins hin- 
reichende Temperatur hervorbringen, konnten also nicht Ur- 
sache des Auftretens von Eruptivgesteinen sein, sofern diese 
aus dem gehobenen, erhitzten und geschmolzenen Material ent- 
standen. Hebungen ohne Auftreten von Eruptivgesteinen sind 
häufig genug vorhanden, und wenn Eruptivgesteine in dem 
Gehobenen auftreten, so kamen sie aus der Tiefe, da ihnen 
durch Spaltungen und Risse Raum zum Hervortreten gegeben 
war. Faltungen, wenn man die Erscheinungen in Nordwales 
und im schweizer Jura als solche gelten lassen will, ohne 
Auftreten von Eruptivgesteinen liegen in den genannten Bei- 
spielen vor. Von Veränderung durch hohe Temperatur ist 
weder dort noch in den häufigen und mächtigen Faltungen 
der krystallinischen Schiefer eine Spur vorhanden. Ueber die 
in den fruhesten Zeiten der Erde eingetretene Begrenzung 
von Land und Meer ist später zu reden. 

MALLET nimmt (l. c. pag. 170) die Mächtigkeit der Sedi- 


*) Giornale dell’ Ist, Lombardo 1850 und 1856. cfr. Maurer]. c. 
pag. 178. 


568 


mente zu 25 Miles an. Ist auch diese ganze Reihe nirgend 
vollständig vorhanden, so erreicht doch die Mächtigkeit ein- 
zelner sedimentärer Glieder oft bedeutende Grössen. Das Old 
red in Herfordshire ist 8000 — 10000, das schottische Silur 
(mit Ausschluss des Obersilurs) nach Murcuıson 50000 Fuss 
mächtig. Je geringer die Tiefe ist, in welcher MaALLer den 
Ursprung der vulkanischen Thätigkeit sucht, desto stärker wird 
der schon erwähnte Einwurf, dass die Laven (und die Eruptiv- 
gesteine überhaupt) nirgend eine bedeutende Einschmelzung 
von Sedimenten oder gar chemische Identität mit ihnen zeigen. 
Schon aus der Grösse des Alkaligehalts vieler Laven geht 
hervor, dass einfach geschmolzene Sedimente niemals derartige 
Laven liefern können: denn Sedimente mit Alkaligehalten, 
wie sie in Leucitophyrlaven, Sanidintrachytlaven u. s. w. vor- 
kommen, sind nirgend vorhanden. Aus zerdrückten Sedi- 
menten können also diese und ähnliche Laven nicht hervor- 
gehen. Finden Zerdrückungen in den Sedimenten statt, so 
muss die dabei erzeugte Wärme in die Tiefe gelangen, um 
dort zum Schmelzen verwendet zu werden, wenn sie über- 
haupt für die Vulkane nutzbar gemacht werden soll. Ausser- 
dem müsste doch irgendwo in den Sedimenten Erhitzung oder 
Schmelzung sichtbar sein, aber dafür ist weder durch MALLET 
noch durch sonstige Beobachtungen ein Beispiel geliefert. 
Wie von anderen Seiten auf ähnliche Vorgänge, wie die 
erwähnten, der Metamorphismus zurückgeführt wird, ist später 
darzulegen. MALLET deutet diese Beziehungen kaum an. Er 
lässt (l. c. pag. 171) die älteren Eruptivgesteine durch „hydro- 
statische plutonische Thätigkeit* (bydrostatic igneous action) 
auf die Oberfläche gelangen und die jetzige explosive vulka- 
nische Thätigkeit schon in der Secundärzeit beginnen. Per- 
manente Vulkane, erkennbare Kratere, Lavastrome mit Aschen 
und Schlacken sind aber mit Sicherheit erst seit dem Tertiär 
nachgewiesen, nirgend früher. Nimmt man die beiden Be- 
zeichnungen MALLET’s an, hydrostatische und explosive vulka- 
nische Thätigkeit, so ist ein Uebergreifen der ersteren in die 
Zeit der letzteren, wie auch MALLET bemerkt, nachweisbar, 
aber nicht umgekehrt. In der Zeit der jetzigen explosiven 
vulkanischen Thätigkeit wird das Auftreten von Eruptivgestei- 
nen nach Art der älteren Eruptivgesteine (d. h. Erguss aus 
Spalten, Gangbildung, Ausfüllung von Spalten mit jüngeren, 


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969 

chemisch und mineralogisch den Laven entsprechenden Ge- 
steinen) immer seltener*), die Mitwirkung von Gasen und 
Dämpfen bei dem Auftreten der Eruptivgesteine immer stärker. 
Mikroskopische Gas- und Flussigkeitseinschlüsse finden sich 
schon in den durchgängig compacten krystallinischen Schiefern 
und in den älteren Eruptivgesteinen, welche letztere z. Th. 
cavernöse Bildung und Mandelsteine aufweisen, daneben kom- 
men vielleicht Andeutungen von Schlacken vor. Endlich treten 
in den jüngeren Eruptivgesteinen seit dem Tertiär Gas- und 
Flüssigkeitseinschlüsse häufiger, Schlacken und Aschen in 
reicher Menge auf. Das ist die Reihe, wie sie sich ent- 
sprechend der zunehmenden Dicke der Kruste, welche ein ein- 
faches Aufpressen von Eruptivgesteinen ohne Mithülfe von 
Wasserdampf nicht mehr gestattet, geologisch darstellt. Eine 
Trenzung zwischen den Eruptivgesteinen der krystallinischen 
Schiefer, der paläozoischen und der Secundär-Zeit nach Art 
ihres Auftretens ist geologisch nicht zu rechtfertigen. 

Mit diesem geologischen Nachweis, dass erst seit der 
Tertiärzeit Vulkane auftreten, wird der MaALter’schen Theorie 
eine wesentliche Stütze genommen. Ist Zerdrückung der Ge- 
steine und die dadurch entstehende Wärme die Ursache der 
vulkanischen Thätigkeit, so mussten Vulkane vorhanden sein, 
seitdem Wasser sich im flüssigen Zustande auf der Erde er- 
halten konnte. Die Contraction war nothwendig in der pa- 
läaozoischen und Secundär -Zeit viel grösser als später, folglich 
nach MALLET’s Theorie auch die Zerdrückung, folglich auch 
die Erhöhung der Temperatur in der Kruste; ferner mussten 
die Zerreissungen der Oberfläche, und die Bildungen von Spal- 
ten und Rissen damals viel stärker sein als später: alle Vor- 
bedingungen zur Entstehung der Vulkane waren gegeben — 
aber sie entstanden nicht. Es bestand nur der hydrostatische 
Vulkanismus MALLer’s: Aufpressung von feurigflüssigen Theilen 
aus den Tiefen, eine Folge der Oontraction. Der Einwand, 


*) Warum Marter die ältere Form der plutonischen Action unter 
dem Meere noch jetzt fortgehen lässt (l. c. pag. 172) und nicht auch auf 
dem Festlande, ist nicht einzusehen. Die Sommagänge, die 1834 von 
Asıcn am Vesuv beobachteten Gänge, die Doleritgänge in Island in vul- 
kanischen Gesteinen u. s. w. zeigen, dass ‚ie hydrostatische Action‘ 
auch auf dem Festlande nach dem Beginn ‚der explosiven Action‘ fort- 
gedauert hat. 


dass in dieser ersten Zeit alle durch die Oontraction gelieferte 
Arbeit zur Hebung der Bergketten verwendet sei, ist nicht 
stichhaltig, denn in der Tertiärzeit, wo die Contraction nur 
noch sehr gering sein konnte, wurden mächtige Bergketten 
(Alpen, Pyrenäen, Anden) zu grossen Höhen gehoben und die 
Vulkane gebildet. 

Vergleicht man die Massen der älteren Eruptivgesteine 
mit der Masse der durch die Vulkane auf die Oberfläche ge- 
brachten Gesteine, so ist die letztere verschwindend klein. 
Die Wirkung der Contraction und damit die Masse des Auf- 
gepressten wird immer geringer; jetzt gelangt dieses auf die 
Oberfläche nur noch unter Mithülfe des Wasserdampfes, die 
Kruste ist zu dick und zu starr, um grössere Wirkungen zu 
gestatten. Selbst wenn explosive vulkanische Thätigkeit schon 


vor der Tertiärzeit sich nachweisen liesse, — ein Nachweis, 
der immer nur für einen Bruchtheil der damaligen Eruptiv- 
erscheinungen zu führen sein wird, — so liesse sich daraus 


für MauLer’s Theorie kein Gewinn ziehen: nach dieser müsste 
die explosive vulkanische Thätigkeit in den älteren Forma- 
tionen das Uebergewicht über die hydrostatische haben. 

Liegen nach MaLLET’s Theorie die Vulkane zunächst den 
Küsten und in der Nähe der grossen Gebirgsketten, weil dort 
die Linien und Ebenen des geringsten Widerstandes sich 
finden, so muss die durch Zerdruckung entstandene Wärme, 
deren Maximum wegen der Grösse des Widerstandes in den 
Centren der gehobenen Flächen zu suchen ist, sämmtlich an 
die Küsten geleitet werden, wenn sie für vulkanische Thätigkeit 
verwendet werden soll. Diese Annahme ist gewiss willkürlich 
genug. 

Die grösste gehobene Fläche der Erde, das hohe Inner- 
asien, hat keine thätigen Vulkane; zwischen den Ketten des 
Kokatau und des Terektagh liegt eine mit erloschenen Vul- 
kanen besetzte Hochfläche von etwa 12000 Fuss Höhe (Zeit- 
schrift d. d. geol. Ges. XXVII. pag. 241). Die erst in der 
Tertiärzeit gehebenen Alpen haben keine Vulkane; erst in 
ihrer Fortsetzung östlich der Donau im ungarischen Erzgebirge 
sind erloschene Vulkane vorhanden. Die eben so späte He- 
bung der Pyrenäen hätte nichts weiter an Vulkanen hervor- 
gebracht als die kleinen Vulkankegel bei Olot (Castel Follit). 


571 


Oder will man die Vulkane der Auvergne von der Hebung 
der Alpen und Pyrenäen ableiten? MaAruer berücksichtigt bei 
dem obigen Satze die erloschenen Vulkane nicht: Eifel, Rhön, 
der geringeren nicht zu gedenken. Sieht man ab von den 
gleichfalls erst in der Tertiärzeit gehobenen Anden und ihren 
Fortsetzungen, so werden die hohen Gebirge nicht von Vul- 
kanen begleitet; vielmehr liegt die Haupimenge der Vulkane 
— fast /, — auf niedrigen Inseln und Halbinseln. Dabei 
kann nur die Meereshohe der Basis, nicht die der Vulkan- 


_ kegel in Betracht kommen, denn diese bauen sich selbst ihre 


Kegel zu bedeutender Höhe auf. Scheint es nicht als habe 
die einseitige Inbetrachtnahme Amerikas und seiner Anhänge 
den Satz veranlasst, dass die Vulkane den grossen Gebirgs- 
ketten folgen und dass die grossen Gebirge an den Küsten 
aufsteigen ? 

Die Hebung der grossen Gebirgsketten in der Tertiärzeit 
und das Auftreten der Vulkane in derselben Epoche bezeichnen 
in der Geschichte der Erde einen merkwürdigen Abschnitt, 
dessen Erklärung auch durch die Theorie MALLET’s nicht ge- 
liefert wird. 

Auf anscheinend mehr gesichertem Boden stehen die Ver- 
suche MALLET’s über die Zusammenziehung der Silicatmassen 
bei dem Uebergange aus feurigem Fluss zu Festem. 

Längst ist nachgewiesen, dass amorphe Silicate und 
Silicatmassen ein grösseres Volumen einnehmen als dieselben 
Silicate und Silicatmassen im Krystallinischen Zustand. Wie 


sich ihr Volumen im feurigflüssigen Zustand zu dem Volumen 


des glasig und krystallinisch Erstarrten verhält, ist schwie- 
riger festzustellen. Nach MALLET zieht sich das auf der Tafel 
gewalzte, im zähweichen Zustande, also unter der Schmelz- 
temperatur gemessene Tafelglas bis zur Temperatur von etwa 
10° C. von 1000 Volumen auf 984,1 Volume zusammen. Er 
setzt voraus, dass die Contraction noch grösser sein würde, 
könnte man die Messung bei der Schmelztemperatur vor- 
nehmen. Ist Glas specifisch leichter als Krystallinisches und 
MaArLerT’s Ansicht begründet, so müssen sich auch die flüssigen 
Silicate zusammenziehen, wenn sie krystallinisch werden. Um 
wie viel— wird auch durch Marzer’s Versuche mit Schlacken 
nicht bewiesen. Nach seiner Beschreibung wird Niemand die 


572 


durch Erstarrung aus Hochofenschlacke erhaltene Masse ein 
„echtes krystallinisches Gestein“ nennen, sondern nur eine reich- 
lich mit Krystallinischem gemengte Glasmasse (S. 561). Die 
Beobachtung widerlegt auch den S. 560 angeführten Satz, „dass 
nach Bildung von Krystallen das übrig bleibende glasige 
Magma niemals krystallisiire oder höchstens nach langer 
Erhitzung entglast werde“. Die mikroskopische Untersuchung 
z. B. der Granite lchrt, dass nach Bildung kleiner Krystalle 
von Quarz, Feldspath und Glimmer der Rest fast gleichzeitig 
krystallisirte, wie Umschlüsse und Eindrücke der Krystalle 
aufeinander zeigen. Von Glas ist zwischen den Krystallen 
keine Spur vorhanden; nur in einzelnen schmalen Granit- 
gangen, deren Erstarrung rascher vor sich ging, lässt sich 
Glas nachweisen; sehr selten finden sich in den Quarzen der 
Granite Glaseinschlüsse, die dadurch ihre Bildung vor der 
der Quarze beweisen. Jenes von MALLET erwähnte Verhalten, 
Uebrigbleiben von mehr oder weniger Glasmasse, nachdem 
der übrige Theil der Masse krystallinisch geworden ist, 
kommt bei vielen Eruptivgesteinen vor und wird gewöhnlich 
aus ihnen bei Schmelzversuchen erhalten. Das Reaumur’sche 
Porzellan, d. h. krystallinisch gewordenes Glas der Hütten, 
ist bald durchaus krystallinisch, bald schliesst es amorphe 
Massen, bald sphärolithische Bildungen ein: es verhält sich 
durchaus wie die aus feurigem Fluss erstarrten Eruptiv- 
gesteine. 


MArLET’s Versuchen als richtig an, so können die von ihm 
angegebenen Grössen der Contraction nicht auf den Werth 
zwischen Schmelzfluss und Krystallisation bezogen werden, 
da ein Theil der erstarrten Schlacke glasig geblieben war. 
Die Contraction der feurigflüussigen Schlacke zur krystalli- 
sirten muss grösser sein als MALLET angiebt, wenngleich 
die von Bıscnor ermittelten Zahlen den Werth der Contraction 
zu gross angeben mögen. 

Fasst man Alles zusammen, so erscheint es weder be- 
wiesen, dass durch die Zerdrückung der Gesteine und durch 
die daraus vermittelst Umsetzung gewonnene Wärme die vul- 
kanische Thätigkeit bedingt werde, noch ist der Nachweis 
geliefert, dass die bisherigen Theorien so unzureichend seien, 


Nimmt man die Bestimmungen der Temperaturen in 


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974 


4, Ueber die Krystallform des Antimons. 


Von Herrn H. Laspevyr&es ın Aachen. 


Hierzu Tafel XIII—-XIV. 


I. Vorkommen von Antimonkrystallen. 


Krystalle von Antimon sind nicht nur in der Natur ge- 
funden, sondern auch mehrfach künstlich dargestellt worden, 
oder haben sich bei metallurgischen Prozessen zufällig gebildet. 
Die natürlichen Antimonkrystalle gehören zu den grössten 
Seltenheiten und sind bisher nur in wenigen Exemplaren bei 
Andreasberg im Harze von F. A. RoENER gefunden worden. 
„Sie erreichen eine Grösse von 8 Linien**). Das von anderen 
Fundorten bekannte Antimon sind krystallinisch - körnige 
Massen, an welchen man öfters die Spaltbarkeit gut studiren 
kann. 

Künstliche Krystalle erhält man nicht schwer, aber auch 
nie gross und schön, durch den Ausfluss halb- und langsam 
erstarrter Antimon-Schmelzmassen. Solche Krystalle hat 
Marx**) zuerst beschrieben; sie erreichten die Grösse von 
einer viertel bis zu einer halben Linie. Später hat ELsner***) 
auf dieselbe Weise noch bessere, --—1 Linie grosse Krystalle 
sich verschafft. Lässt man das Antimon, wie es gewöhnlich 
in den Handel gebracht wird, ohne Ausfluss langsam er- 
starren, so bekommt man derbe späthige Massen, an denen 
man — wie zuerst Havurf), später Marx**) u. A. — die in- 
teressanten Spaltungsbeobachtungen anstellen kann. 


*) N. Jahrb. f. Min. u. s. w. 1848, pag. 310 £. 
**) SCHWEIGGER - SEidet, Journal f. Chem. u. Phys. LIX. 1830 
pag. 211 ff. | | 
**#) Journ. f. pract. Chem. XX. 1840. pag. 71. 
7) Traite de Mineralogie II. ed. tom. IV. pag. 281. 1822. — Lehr- 
buch d. Mineralogie, übersetzt von Karsten und Weiss, 1810, Th. IV. 
pag. 342, 


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575 


Auch durch Abkühlung von Hartblei, welches mit Anti- 


mon gleichsam übersättigt worden ist, kann man sich Antimon- 


krystalle verschaffen, wie Versuche auf der Bleihütte Munster- 
busch bei Stolberg unweit Aachen kürzlich gezeigt haben. 
Das dort erzeugte und in schnell abkühlende Masseln gegos- 
sene, angeblich gegen 36 pCt. Antimon haltende Hartblei 
zeigt im Innern kleine Hohlräume, welche mit 1 bis 2 Mm. 
grossen, sehr rudimentär ausgebildeten Krystallen von Antimon 
bewandet sind. Etwas bessere und grössere Krystalle erhielt 
man auf derselben Hütte durch Umschmelzen grösserer Mengen 
Hartblei bei theilweisem Ausfliessenlassen und langsamer Er- 
kaltung.*) 

Ungleich schöner und grösser als die absichtlich dar- 
gestellten sind die durch Zufall bei metallurgischen Processen 
gebildeten Antimonkrystalle, welche in vielen Beziehungen 
sogar die natürlichen übertreffen. Die hübschen 4% Linien 
breiten und - Linie dicken Krystalle, welche HzsseL**) be- 
schrieben hat, dürften solche gewesen sein. 

Dieselben stehen aber an Grösse, Schönheit und krystallo- 
graphischem Interesse denjenigen bei Weitem nach, welche 
der günstigste Zufall durch Unvorsichtigkeit der Hüttenarbeiter 
im verflossenen Jahre auf der Bleihütte Müusterbusch bei 
Stolberg unweit Aachen gebildet hatte, und welche der General- 
director der Actiengesellschaft für Bergbau, Blei- und Zink- 
fabrication in Stolberg und in Westfalen, Herr E. LAnnsBErs, 
mir zu übergeben die Gefälligkeit hatte, 

Diese Krystalle haben nach einer vorläufigen Mitthei- 
lung*”*) zu dieser Abhandlung Veranlassung gegeben. In der 
vorläufigen Mittheilung besprach ich näher die wahrschein- 
lichen Bildungsumstände dieser Krystalle.e Beim Gewinnen 
von antimonreichem Hartblei aus antimonhaltigen Abfällen der 
Hütte floss durch Versehen aus dem Schlackenloche Metall in 
den mit flüssiger Schlacke gefüllten Schlackentopf und ge- 
langte dadurch hier sehr langsam in den festen Zustand. In 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874 pag. 326. — Journ, f. pract., 
Chem. IX. 1874 pag. 314. 


**) N. Jahrb. f. Mineral. u. s. w. 1833 pag. 56 £. 


**) Zeitschr. d. d, geol. Ges. 1874 pag. 318 fi. — Journ. f. pract. 
Chem. IX. 1874 pag. 305 ff, 


Zeits.d. D.geol. Ges, XXVII. 3. 38 


576 


dem erstarrenden Erzkuchen entstand -—- vermuthlich durch 


zufälligen Ausfluss aus der halb erstarrten Masse — ein 


grösserer Hohlraum, welcher ganz mit Antimonkrystallen dick 


bewandet war. Diese Krystalle haben sich aus zu antimon- 
reichem Hartblei, welches schliesslich die feurigflüssige Mutter- 
lauge bildete, langsam auskrystallisir. Ehe diese umhüllende 
Mutterlauge erstarren konnte, erhielt sie Gelegenheit, auszu- 
fliessen. Nur kleinere oder grössere Theilchen derselben blie- 
ben als Schmelzfluss durch Adhäsion auf den Krystallen 
zurück oder wurden eingeschlossen bei der Krystallisation, 
ohne der Schönheit und Form der Krystalle wesentlich Ab- 
bruch zu thun. | 


I. Krystallographische Kenntniss des Antimons. 


Bis zum Jahre 1324 hielt man das damals zur in spä- 
thigen Stucken bekannte Antimon allgemein für tesseral. Die 
Schuld an dieser auffallenden Thatsache sucht Marx”) in dem 
grossen Ansehen, welches Rou& pr L’IsLE unter den zeitge- 
nössischen und nachfolgenden Mineralogen genoss. Dieser 
hatte namlich den Satz ausgesprochen **), dass allen gedie- 
genen Metallen der Würfel und das Octa&äder als Grundform 
. zukommen. 

Höchst auffallend bleibt es, dass Hauy diesen Irrthum 
am Antimon nicht entdeckte, da er sich gerade ganz besonders 
eingehend mit der Spaltungsform dieses Metalles beschäftigt 
hat***),. Sollte auch Hauy durch das Ansehen von RoME DE 
LWIsLE befangen gewesen sein, wie Marx es vermuthet? 

An den künstlich dargestellten späthigen Stücken erkannte 
nämlich Havr 20 „sehr deutliche“ Blätterdurchgänge, also 
10 Spaltrichtungen, und führte sie zurück auf das Octaöder 
und Dodecaöder. 

1824 erkannte F. Monsf) zuerst die rhombo&drische 


*) SCHWEIGGEB-SEIDEL, Jahrbuch der Phys. u. Chem. LIX. 1830 


pag. 211. 
**) Cristallographie ou description etc. Paris 1783 vol. III. pag 2. 
*#*) Lehrbuch d. Mineral., übersetzt von Karsten u. Weiss 1810 
IV. pag. 342. — Traite de mineralogie II ed. 1822 IV. pag. 281. 
+) Grundriss der Mineral. 1824 II. pag. 479. — Anfangsgründe 
der Mineral. 1824. I. pag. 496.. — Treatise on Mineralogy by F. Mous 
translated by Haınincer, Edinburgh 1825. vol. Il. pag 426. fig. 127. 


N ech er Be ER 


977 


Krystallform des Antimons an den natürlichen körnigen Stücken 
‘von Allemont im Dauphine (Calanches Dpt. Isere) und beob- 
achtete wie Hauy 10 Spaltrichtungen nach oR, —+R, —2R, 
osP2*) Den Endkantenwinkel —;R bestimmte er zu ca. 
117° 15’; daraus berechnet sich Winkel —4R:oR = 
143° 3’, der Endkantenwinkel R= 87° 39”. 

1830 studirte Marx **) die leicht darstellbare Spaltungs- 
form des gewöhnlich im Handel vorkommenden Antimons, 
wobei der im Wesentlichen die Beobachtungen von Mons be- 
stätigte und die von Haur widerlegte, aber vermuthlich (siehe 
u. V.) durch eine irrthümliche Auslegung der Hauy’schen 
Beobachtungen, was erst in Folge der Ros#’schen Arbeit über 
das Antimon wahrscheinlich gemacht werden kann, in etwas 
zu herber Weise Hauy beurtheilt hat, welcher bekanntlich in 
dem Erkennen feiner physikalischer Differenzen an Mineralien 
und Krystallen mit den damaligen Hilfsmitteln von keinem 
Zeit- und Fachgenossen erreicht wird. 

Es gelang Marx ein schwachglänzendes Rhombo&der 
(—;R) herauszuspalten, welches vollkommene Spaltbarkeit 
zeigte, und an welchem mit Leichtigkeit die sehr vollkommen 
spaltbare Basis (oR) zu spalten war. Also nur & Spaltrich- 
tungen (3 + 1); die anderen, dagegen sehr untergeordneten 
von Havuy und Mons beobachteten Spaltrichtungen konnte 
Marx nicht auffinden und erklärt deshalb diese entweder für 
nicht vorhanden***), oder für vielleicht nur am natürlichen 
Antimon vorkommendf), oder für scheinbar. ff) 


*) Die Zeichen hier und im Folgenden beziehen sich auf die Stel- 
lung der Krystalle nach Rose s. u., welcher das Spaltungsrhomboöder 
zu —4R machte, während alle Vorgänger es als Hauptrhomboeder (R!) 
genommen hatten. 

**) SCHWEIGGER-SEIDEL, Jahrbuch der Phys. u. Chem. LIX. 1830. 
pag. 211. 

**#) ], c, pag. 235 Anm. „Jedoch möchte ich eher glauben, dass 
hier eine Conivenz (von Seiten Mous) gegen die Autorität Hauv’s statt- 
finde, der durchaus 20 Durchgangsrichtungen beobachtet haben will.“ 

7) l. e. pag. 215 Anm. „Ob sich diese (untergeordneten Spalt- 
flächen) wirklich an dem natürlich vorkommenden Metalle vorfinden, 
kaun ich aus Mangel eigener Untersuchung mit demselben nicht be- 
urtheilen.“ 

+r) l. e. pag. 214. „wenn sich mehrere zu zeigen scheinen, so 
rührt dieses entweder davon her, dass verschiedene Stücke des Metalles 


38* 


578 


Wie weit und unter welchen Umständen es gelingt, die 
Beobachtungen von Hauy, Mons und Marx in Uebereinstim- 
mung zn bringen, kann erst unten (V.) erörtert werden. 

An einem seiner Spaltungsstücke konnte Marx im Re- 
flexionsgoniometer den Winkel oR:— +R messen. Er fand 
bei Smaligem Repetiren 142° 5’, „wobei höchstens ein Irr- 
thum von 2 Minuten stattfinden durfte.* Daraus berechnet sich 
Endkantenwinkel — 3R = 116° 59’ und Endkante R = 87° 28’, 

In Folge dieser Beobachtungen stellte sich Marx durch 
Schmelzung (s. 0.1.) die künstlichen Krystalle dar. Sie warei 
„entweder isolirt für sich, oder symmetrisch an einander ge- 
reiht und gruppirt“, und zeigten nur das wuürfelähnliche Rhom- 
boöder R von 87° 28°, an welehem oR und —!R als Spalt- 
flächen (nie als Krystallfllächen) auftreten konnten. Diese 
Rhomboöder sind aber „selten vollständig ausgebildet, meist 
liegen — was auch schlecht und undeutlich abgebildet wird — 
eine Menge kleiner Individuen in paralleler Stellung den Kan- 
ten entlang aneinander.“ „Die Höhlungen im Antimonkuchen 
sind ganz mit einfach- oder doppelt-dreiseitigen Pyramiden 
bekleidet, welche an den Kanten eine treppenartige Aufschich- 
tung und in der Mitte der Flächen Vertiefungen und somit ein 
Skelett des Rhombo&ders zeigen.“ Das sind die sogen. ge- 
strickten Aggregate, aus deren näherer Beschreibung soviel 
deutlich hervorgeht, dass unter den Krystallen keine Zwillinge 
gewesen sein können, weil die Spaltbarkeit oR ungestört und 
parallel durch das oft verworrene Aggregat von z. Th. mikro- 
skopischen Individuen „als sicherer Leitstern* geht. 

1833 bestätigt HzsseL*) diese MAarx’schen Beobachtungen 
an seinen, wohl durch Zufall erzeugten Krystallen (s. o. 1.); 
denn auch er hat nur Spaltrichtungen nach oR und —-{R 
beobachten können. Diese Flächeıu werden zwar als Krystall- 
flächen angegeben und abgebildet, allein nach der Streifung 
dürften es wohl nur zufällig entstandene Spaltflächen sein 


(no HR Sl. 9 u 3.) 


beim Erstarren sich in besonderen, aber stets unregelmässigen Lagen 
und Ebenen zusammengesetzt haben, oder dass man beim Versuchen 
mit einem scharfen Messer an dem etwas milden und schneidbaren Anti- 
mon erst solche Flächen gewaltsam hervorbringt.‘“ 


*) N. Jahrbuch f. Min, ete. 1833. pag. 56 f£. 


ne 


579 


Die 1840 von ELSNER*) erwähnten künstlichen Antimon- 
krystalle sind nur Rhombodder (R), welche die Marx’schen 
Angaben ebenfalls bestätigen. 

1848 beschreibt F. A. RoEMER**) in einer kurzen brief- 
lichen Mittheilung an Bronn die ersten und bisher einzigen 
natürlichen Antimonkrystalle von Andreasberg und erläutert 
die Beschreibung mit einer Abbildung, Wenn alle Flächen 
der verschiedenen Krystalle, an einem Krystall zusammen- 
getragen werden, erscheint derselbe als ein Individuum mit 


10 
oR',R', —2R',AR'’, —!R', ooR', ©P2, nn (nach 
Rose = oR, —ZR, R, —2R, +R u. s. w.). Obwohl die 
Beschaffenheit der Flächen keine genaue Messung gestattete, 
liessen die ungefähren Messungen und die Beschaffenheit der 
Flächen Roemer schon richtig vermuthen, dass diese Krystalle 
nicht Individuen seien, sondern auf Zwillingsbildung beruhen, 
bei welcher die Individuen von oR, —-R.R.+R be- 
grenzt würden, was G. Rose schon bald darauf in seiner be- 
kannten, nur leider Wenigen zugänglichen Abhandlung „uber 
die Krystallform der rhomboädrischen Metalle, namentlich des 
Wismuths“ ***) bewies. 

Zu dieser Abhandlung wurden die künstlichen Kıystalle 
von ELSNER und die natürlichen aus Andreasberg von RoEMER 
G. Rose zur Disposition gestellt. 

Zunächst wird darin für alles Antimon die von Mous an- 
gegebene, später bestrittene Spaltbarkeit nach 10 Richtungen 
bestätigt. Da die natürlichen Krystalle keine Spiegelmessung 
erlaubten, versuchte Ross zur Ermittelung der noch zweifel- 
haften krystallographischen Elemente des Antimons die Mes- 
sung der künstlichen Krystalle, welche nur R zeigten, obgleich 
die Flächenbeschaffenheit, ihr geringer Glanz und ihre treppen- 
artige Vertiefung die Messung sehr erschwerten: „ihre Flächen 
sind nicht sehr glänzend, aber sie sind immer noch glänzender 


*) Journ. f, pract. Chemie XX. 1840. pag. 71. 
**) N. Jahrb. f. Miner. u. s. w. 1848. pag. 310. f 
*»*) Abhandlungen d. königl. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1849, 
pag. 73 ff., 2 Tafeln (1. Antimon pag. 73—82). — Auszüge in: Pocc. 
Ann. LXXVII. 1849. pag. 143 ff. — N. Jahrb. f. Min. u. s. w. 1849. 
pag. 566 ff. — Journ. f. pract. Chemie XLIX. 1850. pag. 158 fi. — 
Monatsberichte der Berl. Akad. 1849. pag. 137 ff. u. s. w. 


580 


als die dem Hauptrhombo&der (unser — + R) parallel gehen- 
den Spaltflächen, welche Marx gemessen hat, daher ich 


(G. Rose) es nicht für überflüssig hielt, sie auch zu messen.“ 
Der Supplementwinkel der Randkante eines Krystalls wurde 
6 Mal gemessen: 


Minimum a nee 
Maximum”. !. . 88 195 
Mittel 1 58 USB 8 
Randkantenwinkel 91 517*) 


Der Supplementwinkel der Endkante eines zweiten Krystalls 
wurde 6 Mal gemessen: 


Minimum . . ..92° 252’ 
Maximum . . . 92 28% 
Mittel ..0.. 200. 02.0192 2252 
Endkantenwinkel. 87 342 


„Die Mittel beider Messungen weichen demnach um 33’ 
von einander ab, da indessen der Krystall, welcher zur zwei- 
ten Messung gedient hatte, bessere Bilder reflectirte als der 
erstere, so ziehe ich (Rose) es vor, die erste Messung gänz- 
lich zu verwerfen, als aus beiden das Mittel zu nehmen.“ „Der 
somit gefundene Endkantenwinkel 87° 35’ liegt zwischen den 
Winkeln 87° 39’ und 87° 28°, die Mons und Marx erhalten 
haben, nähert sich aber mehr dem ersteren.“ „Obgleich er 
der Beschaffenheit der Flächen halber auch nicht 
für ganz genau zuhalten ist, so kann ich (Rose) ihn aus 
den angegebenen Gründen dem von Marx erhaltenen nicht nach- 
stellen, wenngleich derselbe anführt, dass seine Angabe einen 
Fehler von nur höchstens 2 Minuten einschliessen möchte.“ 

Im Gegensatze zu allen früheren Bearbeitern des Anti- 
mons, welche wie beim Kalkspathe das als Krystallform 
äusserst seltene Spaltungsrhombo@der zum Hauptrhombo&der 
wählten, hält es Rose für zweckmässig, das mit dem End- 
kantenwinkel von 87° 35° als Hauptrhombo&der anzunehmen, 
da es bei künstlichen Krystallen in der Regel allein vorkommt, 


*, Hier wie anderweitig sind bei den Zahlen Druckfehler in der 
Abhandlung. 


58 


und auch bei den übrigen rhombo&ädrischen Metallen in der 


Regel herrscht. Da meines Wissens alle Mineralogen dieser 


Annahme beigetreten sind, bin ich ihr gefolgt. 


Aus dem Endkantenwinkel von R = 87° 35’ berechnet 
G. Rose: 


ase = 1: 1.3068 .... 


= 1.1652. : 1 

Endkantenwinkel . . —2R = 69° 33 
2 ..—:3R=117 8 

S ... 4R= 144 24 
Combinationswinkel . R:oR = 123 32 
e —2R:oR = 108 2% 

5 —4R:oR = 142 58 

is +R:oR = 159 26 
Flächenwinkel von R = 81 03 
Endkante R:Axe c — u 


Von diesen Flächen sind am Antimon als Krystallflächen 
bekannt: 
1. an natürlichem :R, —}R, ;R, oR 
2. an kunstlichem :R, (Eusner, Marx, H&sseL) 
—-R (? HesseL) 
oR (?Hksser) 


Ebenso wie an den Präparaten von Marx sind auch nach 
G. Rose an den Stucken von ELSSER isolirt ausgebildete Kry- 
stalle viel seltener als solche in paralleler, vielfach aggregirter 
Stellung. Soviel man aus der wenig verständlichen Darstel- 
lung dieser Aggregate von Marx urtheilen kann, zeigen die 
Präparate von Marx und Euısner dieselbe Aggregation. Zum 
Vergleiche derselben mit der später zu beschreibenden von 
den mir vorliegenden Krystallen von Münsterbusch, welche 
davon abweicht, lasse ich die Rose’sche Beschreibung folgen, 
indem ich allerdings in Bezug auf die zugehörige Abbildung 
auf die Originalarbeit oder auf die Oopie in RAMMELSBERG, 
Handbuch der krystallographischen Chemie 1855 pag. 19, 
verweise: 

„Eine Reihe Rhomboöder (R) nämlich, nach oben stetig 
kleiner werdend, sitzen in paralleler Stellung mit ihren End- 
ecken aufeinander; jedes derselben ist aber mit Schalen von 


582 


Rhomboe&dern bedeckt, die aber bei den oberen in der Mitte 
der Flächen nicht mehr zusammenhängen und nach den Seiten- 
ecken zu immer kleiner werden. Gewöhnlich sind die Schalen 
in der Richtung der horizontalen Diagonalen der Flächen nicht 
ausgebildet; sie zerfallen nun nach den Seitenecken zu in 
immer kleiner werdende Rhomboöder, die in der oberen End- 
kante und den zwei unteren Seitenkanten der Seitenecken 
anliegen und besonders in der Richtung der horizontalen Dia- 
gonalen tiefe Rinnen bilden. Die nach einer Seitenecke aus- 
laufenden Rhombo&der bilden auf diese Weise dreikantige, in 
der Mitte der Flächen vertiefte Spitzen, von denen nun drei 
von einem Mittelpunkte sich so verbreiten, dass ihre Axen 
in einer und derselben Ebene liegen und unter Winkel von 
120° aufeinander stossen. Dergleichen dreistrahlige Gruppen 
liegen nun in verticaler Richtung aufeinander, werden nach 
oben immer kleiner und die ganze Gruppe erscheint so als 
die Endecke eines spitzen Rhombo&ders, das in der Richtung 
der schiefen Diagonalen eingesunken ist. Es ist also dieselbe 
Gruppirung, die so schon im regulären Krystallsystem, z. B. 
bei dem gediegenen Silber oder Speiskobalt vorkommt und 
die WERNER als besondere äussere Gestalt mit dem Namen 
der gesrickten bezeichnet hat.* 

Dass in diesen Aggregaten auch keine Zwillingsbildung 
zu beobachten ist, führt Rose speciell an. Künstliche Zwil- 
linge sind also bisher noch nicht gefunden worden. *) 

Zum Schlusse beschreibt Rose die natürlichen Antimon- 
krystalle von Andreasberg, welche niemals Individuen, sondern 
sehr interessante und complieirte Vierlinge und Sechslinge 
sind, wie es ROEMER schon vermuthet hatte. Schöne Abbil- 
dungen ergänzen die Beschreibung. 

Alle Krystalle sind Berührungszwillinge; Zwillingsebene 
ist —+R und die Zusammenwachsungsfläche von je zwei Indi- 
viduen aber ist eine Flache senkrecht zur Endkante von R 
(und zur Fläche —! R). Ihre Endkanten von R liegen also 
in ihrer gegenseitigen Verlängerung. **) 


*) Rose, Abhandl. der Berl. Akad. 1849. pag. 79. — Marx, 
SCHWEIGGER-SEIDEL, Journ. f. Chem. u. Phys. LIX. 1830. pag. 217 £. 

**) Das Zwillingsgesetz des Rothgiltizerzes (Mous, Haıınser), nur 
liegen hier die Endkanten —4R in gleicher Lage und die Zusammen- 
setzungsebene ist also senkrecht zu dieser Endkante, 


re 58 


An jedes Individuum können sich also 3 andere Indivi- 
duen in Zwillingsstellung heranlegen und an jedes der letzteren 
wieder zwei andere. 

Die Hauptaxen der Zwillings- gestellten Individuen bilden 
somit einen Winkel von 74° 4’ und ihre oR einen von 
2 92a — 1050.56. | 

G. Rose hat folgende Fälle beobachtet: 

I. Vierlinge. *) 


A. Um ein mittleres Individuum 
sind 3 gruppirt. Vergleiche den 
Holzschnitt No. 1, in welchem oR 
\ des mittleren Individuum Projections- 
ebeneist. oR!:oR!! = oR!:oR!!! 
—ORT:oR!N 21105% 96. 


B. Alle 4 Individuen sind 
ringförmig so aneinander ge- 
schlossen, dass sie eine Flache 
R gemeinsam haben. Im Holz- 
schnitte 2b ist diese Allen ge- 
meinsame Fläche die Projec- 
tionsebene ; im Holzschnitt No. 2a 
die Fläche oR! 

oR!:oR!!! = oR!:oRY" = 

oR!!!;oR!! = 105° 56’ 
oRr:oR!' —ı] 14% 26% 


*) Früher in Andreasberg vorgekommene Krystalle der Berliner 
Universität. 


584 


II. Sechslinge. *) 


Um einen Zwilling, dessen In- 
dividuen noch je 2 freie Endkan- 
ten R haben, als Mittelpunkt legen 
sich 4 andere Individuen herum. 
Im Holzschnitt No. 3 ist oR! die 
Projectionsebene. 

oR!:oR!Y =, oeR2:oRW _ 

oR!:oRll ZZ oRl,roRl 

oR'!:oRY® —,1052.56, 
oRY:oR!!! - on or, 

114°? 26”. 

1861 will J. Cooke jun. die noch nicht wieder bestätigte 
Beobachtung gemacht haben, dass das Antimon — wie das 
isomorphe Arsen — unzweifelhaft tesseral krystallisire 
(0.000 09.00 0.), wenn Antimonwasserstoff im Wasserstoff- 
strom gegluht wird, und leitet daraus die Dimorphie beider 
Metalle ab. **) 

1861 hat K. W. Zexger die letzte Mittheilung über die 
Krystallform des Antimons gemacht.***) Er mass neben an- 
deren rhombo&drischen und tesseralen Krystallen natürlich und 
künstlich krystallisirte Antimone unter dem Mikroskop in ihren 
Kantenlängen und berechnete daraus die Kantenwinkel. Er 
fand so den Endkantenwinkel von R an gediegenem Antimon 
im Mittel aus 6 Beobachtungen 87° 14’ 38” nnd bei Berück- 
sichtigung des Gewichts jeder Messung 87° 6’ 10,8”, an den 
künstlichen Krystallen im Mittel aus 2 Messungen = 87° 10° 
33” und bei Berücksichtigung des Gewichts der Beobachtungen 
87° 4’ 18”. Das Mittel der aus den Beobachtungen der na- 
tüurlichen und künstlichen Krystalle berechneten Winkel giebt 
im ersten Falle 87° 12’ 35,5”, im zweiten Falle 87° 5’ 14,4”. 

Die Resultate dieser Messungen weichen mithin um 14 
bis 34’ von den oben mitgetheilten ab. Diese Differenz er- 


*) Der von Rormer abgebildete und beschriebene Kıystall. 
**) SırLıman, The american Journal of science a. arts (2) XXXI. 
No. 92. 1861. pag. 191 ff. und Journ. f. pract. Chemie 1861. LXXXIV. 
pag. 479. 
*#*%) Sitzungsberichte d. math. naturw. Classe d. kais. Ak. d. Wiss, 
in Wien 1561. XLIV. (II) pag. 311 ff. 


589 


klärt ZENGER durch Beobachtungsfehler, welche bei Reflexions- 
goniometer - Messungen nicht kleiner sind als bei der von ihm 
angewandten Methode, und durch fremde Beimischungen. Das 
natürliche Antimon wurde nicht chemisch untersucht, das 
künstlich erzeugte enthielt einer qualitativen Analyse zufolge 
ziemlich viel Eisen und etwas Blei. 

Aus den Mittheilungen dieses Abschnitts geht hervor, 
dass trotz der zahlreichen Arbeiten über das Antimon von 
Seiten der ersten Mineralogen des letzten Säculum die Krystall- 
form dieses Metalles noch nicht so ermittelt werden konnte, 
als es wunschenswerth ist. 

Die Krystalle von Münsterbusch werden die Kenntniss 
dieser Form theils bestätigen, theils erweitern, theils berich- 
tigen und die Isomorphie mit den anderen rhombo&drischen 
Metallen noch inniger darstellen. 


II. Die Krystalle von Münsterbusch. 


$. 1. Die Individuen. 


Die Krystalle von Münsterbusch haben jede Grösse bis 
zu der maximalen Länge von 15 Mm. bei prismatischem Ha- 
bitus; durchschnittlich sind sie 3—5 Mm. gross. Je nach der 
Grösse haben sie sehr mannigfaltiges Aussehen durch nor- 
male oder abnorme Ausbildung der Flächen, durch Verschie- 
denheit der Combination, durch parallele Aggregation und 
durch Zwillingsbildung. Je kleiner die Krystalle sind, um so 
einfacher und normaler sind sie ausgebildet. 


1. Das Hauptrhomboäder R 


zeigen ohne Ausnahme alle Krystalle. Fast immer bedingt es 
durch sein Vorwalten den Habitus der Combinationen (Taf. XII. 
Fig. 2—6) und bei den kleinen Krystallen kommt es gar nicht 
selten selbstständig vor (Taf. XIII. Fig. 1). Von allen Krystall- 
flächen zeigt es die grösste Neigung zu treppenartig vertiefter 
Ausbildung und deshalb auch die meiste Anhäufung von Schmelz- 
fluss. Nur die kleinen Krystalle unter 2—3 Mm. Grösse ha- 
ben ebene Ausbildung der Flächen und die ganz kleinen sind 
normal und vollkommen spiegelnd. 


586 


2. Die Basis oR 


findet sich bei den meisten Krystallen als kleinere oder 
grössere, gleichseitig-dreieckige Abstumpfung der Endecke von 
R (Taf. XII. Fig. 2). In der Regel geht sie aber gerade 
durch die Randecken von R (Taf. XII. Fig. 3) und in ein- 
zelnen Fällen erscheinen die Krystalle, wie die Eisenglimmer, 
als hexagonale Tafeln (Taf. XIII. Fig. 3c, 3d Zwillinge). Der 
Basis folgt die erste Spaltbarkeit, sie erscheint deshalb oft 
nicht als Krystall-, sondern nur als Spaltfläche. Als Erstere 
ist sie, wenngleich recht gut, so doch niemals in dem Grade 
vollkommen ausgebildet wie als Letztere, so dass beide leicht 
zu unterscheiden sind. Als Spaltfläche bildet oR meist einen 
ununterbrochenen ebenen Spiegel ohne Makel und zeigt nur 
selten eine äusserst zarte trianguläre Streifung parallel den 
selten vorhandenen Combinationskrystallkanten mit —-R, 
weil letzterer Fläche die zweite Spaltbarkeit folgt. Als 
Krystalllläche ist sie stets besser, ebener und vollkommener 
ausgebildet als das Hauptrhomboäder, ist viel seltener, un- 
regelmässiger, nie so stark zur treppenartigen Vertiefung dis- 
ponirt, ist lebhafter glänzend und weniger mit Tröpfchen von 
Mutterlauge bedeckt. Manchmal erscheint sie auch buckelig 
und wellig. Das und die Spaltbarkeit orientirt rasch an den 
Krystallen namentlich an den Zwillingen. Ist die Treppung 
von oR zufällig sehr zart, so erscheint oR triangulär gestreift, 
aber die Streifen gehen den vorhandenen Combinationskanten 
mit den benachbarten Flächen R parallel zum Unterschiede 
von der gestreiften Spaltfläche oR. 

An künstlichen Krystallen durfte danach hier die Basis 
zuerst als Krystalllläche beobachtet worden sein, denn an den 
Krystallen von H&sseL (s. o. II.) ist es mir zweifelhaft, weil 
daran — 7R wegen der Streifung wohl nur Spaltfläche sein 
kann. 


2. Das erste stumpfere Rhombo&öder —+R 


erscheint an den beschädigten Krystallen sehr gerne wegen 
seiner vollkommenen Spaltbarkeit als schmalere oder breitere 
gerade Abstumpfung der Endkanten R (Taf. XIII. Fig. 4). 
Dass es Spaltflächen sind, sieht man an der horizontalen 
Streifung durch Oscillation mit der ersten Spaltfläche. Des- 
halb vermuthe ich, dass diese von HesseL (s. o. Il.) als 


587 


Krystallläche angegebene Fläche auch nur Spaltfläche ist. 


Alle anderen bisher beobachteten künstlichen Antimonkrystalle 


haben stets nur das Hauptrhomboöder gezeigt. An den na- 
türlichen Antimonkrystallen von Adreasberg hat Rose sie auch 
nicht als Krystallläche gefunden; er giebt nur an*), wo sie 
auftreten musste an dem Sechslinge. ROoEMER**) hat sie dort 
gezeichnet, weil er sie an einem Krystalle — aber nicht an 
dem abgebildeten und best erhaltenen — deutlich beobachtet 
hat, aber möglicher Weise auch nur als Abspaltung der Ecken, 
welche stets von 2 Individuen gebildet werden, 

An mehreren Krystallen von Münsterbusch tritt —{R 
aber auch ungestreift, glänzend (aber nicht so lebhaft als 
oR und R), z. Th. mit Schmelzfluss bedeckt, also unzweifel- 
haft als Krystallfläche auf, aber stets nur äusserst schmal 
(Taf. XIII. Fig. 6). Man kann sich im Goniometer davon 
überzeugen, dass sie gerade Abstumpfung der Endkante R ist, 
Das folgt aber auch aus der ihr folgenden Spaltbarkeit. 

Nicht selten erscheint diese Krystallfläche an den tafel- 
förmigen Krystallen (Taf. XIII. Fig. 3, 3c, 3d) als schmale 
Abstumpfung der scharfen Combinationskanten oR:R. 


4. Das Deuteroprisma &P2. 


An seltenen Krystallen, aber ganz unzweifelhaft, erscheint 
eine äusserst schmale gerade Abstumpfung der Randkanten 
von R, also das Deuteroprisma (Taf. XII. Fig. 6). Es ist 
als Krystallfläche für die rhombo&@drischen Metalle hier zuerst 
beobachtet. *”) An denselben Krystallen tritt auch —!R 
auf und 


5. das erste schärfere Rhombo&äder — 2R 


als kleine Abstumpfung der Randecken (Taf. XIII. F. 6, Taf. XIV. 
F. 10). Diese bisher nur am Wismuthf) und Tellurwismuth ff) 


*) Abhandl. d. Berl. Akad. 1849. pag. 81. 

**) N. Jahrb. f. Mineral. 1848. pag. 310 (h und d’). 

”**) Wenn man nicht das von Rose (l. c. pag. 95 ff.) zweifelhaft 
gelassene hexagonale Prisma des Zinks als »P 2 nimmt, oder wenn man 
nicht das Prisma des künstlich aus Tellurkalium dargestellte Tellur, wie 
Naumann (Mineralogr. 1874. pag. 576) es deutet, als Deuteroprisma auf- 
fasst (vergl, Rose, Abhandl. pag. 88. t. 1. f. 9.). 

7) Rose 1. c. pag. 78. Anmerkung. 

Tr) sRosenl a) 62, 1 


® 
u 


588 


bekannte Krystallfläche ist als solche fär Antimon neu. Dass 
sie wirklich —2R ist, nicht etwa das am Tellur, Osmi- 
ridium und Zink (?) beobachtete Protoprisma oder — mR, 
erkennt man an der ihr folgenden dritten Spaltbarkeit und 
konnte an einer grösseren, das Licht leidlich refleetirenden 
Fläche im Goniometer mittelst allgemeinen Lichtreflexes einer 
nahen Lichtquelle gemessen werden: 


Horizontaler Kantenwinkel — 2R:R 
gefunden 129° 20° 
berechnet 128° 41’ 17” 


Die Flächen sind eben und gut, nicht gestreift, aber 
auch nicht glänzend. 


6. Das Scalenoäöder —+R5. 


An einem kleinen, nur ein Kubikmillimeter grossen, aber 
gut ausgebildeten Krystalle (Zwilling wie Taf. XIII. Fig. 1b) 
fand sich eine schiefe Abstumpfung einer einzigen Endkante R, 
also eine Fläche eines Scalenoöders aus der Zone der End- 
kante des Hauptrhombo@der, Der Winkel zwischen dieser 
Fläche und R konnte mit Sicherheit nicht gemessen werden, 
denn, obwohl R jedes Signal reflectirte, gab es keins, wel- 
ches deutlich von der Scaleno@derfläche gespiegelt wurde. Ich 
versuchte deshalb, diese Kante, wie es WEBSKY und vom RATH 
für ganz dieselben Fälle beim Quarz gethan haben, durch 
Reflex einer dem (soniometer sehr genäherten hellen Licht- 
quelle zu messen. So ergaben alle Messungen ganz nahe um 
147° 10’ herum. Man kann diesen Winkel als Mittelwerth 
annehmen, wenn man sich nicht verhehlt, dass solche Mes- 
sungen Fehler bis zu einem Grade wohl begehen können. 
Allein selbst solche Messungen können zur Berechnung der in 
einfachem Verhältnisse stehenden Axenlängen mit Vorsicht 
benutzt werden. 

? ; mPn ; \ 

Aus diesem Winkel R: = 147° 10° berechnet sich 
der Endkantenwinkel vom Scaleno@der, welches die Endkante 
von R zuschärft = 152° 46° 50” und die andere Endkante 
zu 133° 39' 55”. Es ist also ein negatives Scaleno&der mit 
dem Randkantenwinkel = 77° 54’ 44”, also genau das Sca- 
lenoöder — 0,1547 R 3,976, also sehr nahe — —- RA, dessen 


589 


Endkantenwinkel 152° 42’ 26” und 133° 41’ 18” erheischen. 
Diese Formel ist aber nicht einfach und deshalb unwahr- 
scheinlich. Dem Ausdrucke — 0,1547 R 3,976 entspricht 


‘genau die Formel 


4,344 a:1,626 a: 2,598 a:c, welche dem Verhältnisse 
4a: 16 2:2:060.a:e oder 
ka ar 26 
gleich —2P2 = —2P% sehr nahe kommt. 
Dieser letzte Ausdruck entspricht genau der Naumann’schen 
Formel —+R5, 


Von diesem einfachen Scalenoöder berechnet sich 


der stumpfe Endkantenwinkel = 150° 32’ 17” 
„ sebarfe E —=’1o9 9 25 
Combinationswinkel mit R= 148 17 17 


während 147° 10” also 1° 7’ 17” weniger gemessen wurde, 
wie bei der Methode dieser Messung zu erwarten steht. Die- 
ses Scaleno&der ist das erste, welches an den rhomboödrischen 
Metallen beobachtet worden ist. In Fig. 5 Taf. XIII. ist es 
mit allen Flächen und mit R und oR combinirt dargestellt 
worden, 

Das vereinzelte Auftreten dieser Fläche erinnert lebhaft 
an dasjenige der entsprechenden Flächen am Quarze.*) Ohne 
aus diesem seltenen Falle irgend weitere Schlüsse ziehen zu 
wollen, muss man bei neuen Erfunden von Antimonkrystallen 
jene Beobachtung im Auge behalten, um zu erfahren, ob dieses 
Metall vielleicht tetarto@drisch krystallisirt. Ich wurde nicht 
wagen, diese vage Vermuthung auszusprechen, wenn sie nicht 
G. Rose**) für das isomorphe Tellur schon in Anregung ge- 
bracht hätte. Die aus Tellurkalium erhaltenen dunnen nadel- 
formigen Krystalle zeigen nämlich ein Prisma, welches Ross 
als Protoprisma annehmen zu müssen glaubt***) und eine 


*) Des CLoızeaux, Memoire sur la cristallisation du Quartz 1858. 
pag. 100 f. — G. vom Rats, Zeitschr, d. d. geol. Ges. XXII. 1870. 
pag. 023. — Wessky, N. Jahrb. f. Miner. u. s. w. 1871. pag. 901 ff. — 
Laspevags, Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874. XXVI. pag. 334. 

**) Abhandl. d. Berl. Akad. 1849. pag. 88 £. fg. 9. tf.1. und deren 
genannte Auszüge. 

***) Vergl. Naumann, Mineralogie 1874. pag. 576, wo das Prisma als 
@&P2 und die Zuspitzung als R genommen wird. 


Dr £ 
u RENT 


- > . ee a Fr 21 Fa a a N rn. 
{ x \ 5 & rn “ 4 ee: ng ef 


590 


dreiflächige Zuspitzung (Fläche gerade aufgesetzt auf die ab- 
wechselnden Prismenkanten), welche entweder dem Trigo- 


3 2P aber | 
noeder des Quarzes ne oder einem Rhomboäder in diago- 


- 


naler Zwischenstellung zwischen den positiven und negativen 


Rhomboödern *) entspricht. Bei der Kleinheit und Unvollstän- 
digkeit der Krystalle konnte Rose nicht bestimmen, ob am 
ausgebildeten unteren Ende die parallelen Flächen der oberen 
oder wie am Quarze die nichtparallelen vorkommen. Auch 
am Antimon ist bisher noch keine Andeutung zu finden, ob 
man in diesem Falle rhomboädrische oder trapezo@drische 
Tetarto@drie vor sich haben würde. 


7. Habitus der Individuen. 


Die Krystalle haben theils einen rhombo&@drischen Ha- 
bitus (Taf. XIII. Fig. 1— 6), theils sind sie — wenngleich 
selten — tafelformig nach oR, theils sind sie prismatisch 
durch Ausdehnung nach einer Kantenzone vom Hauptrhom- 
bo@der. Mit dieser Richtung sind die Krystalle dann auch in 
der Regel aufgewachsen und erscheinen dadurch monoklin 
(Taf XIV. Fig. 10). Sie zeigen also dieselbe Ausbildungs- 
weise wie die von &. Rose beobachteten künstlichen Krystalle 
des Wismuths. **) 


$. 2. Zwillinge. 


Während alle bis jetzt bekannten natürlichen Antimon- 
krystalle als Viellinge, alle künstlichen als isolirte oder parallel 
aggregirte Individuen sich erwiesen haben, sind, wie es scheint, 
alle Krystalle von Münsterbusch Zwillinge. Sie erscheinen 
nur manchmal als einfache Krystalle, wenn man sie von der 
Unterlage abgebrochen hat, weil diese von dem anderen Indi- 
viduum des Zwillings gebildet wird. Jedes Individuum steht 
zu einem benachbarten in Zwillingsstellung. 

Alle Zwillinge sind nach demselben Gesetze gebildet: 
Zwillingsebene, welche zugleich Zusammenwachsungsfläche ist, 
ist —;R. Die beiden Individuen haben —-+R gemein und 
sind um eine dazu senkrechte Zwillingsaxe um 180° gedreht. 


*) Rhomboöder zweiter Art von Naumann. 
**) Abhandl, d. Berl. Akad. 1849. pag. 9. 


591 


Es ist dieses das Gesetz der natürlichen Antimonkrystalle 
von Andreasberg nur in anderer (dazu senkrechter) Zusammen- 


wachsung der Individuen, wodurch die natürlichen und künst- 


lichen Zwillinge ganz verschiedenes Aussehen erhalten. _ 
Dasselbe Zwillingsgesetz mit demselben Aussehen der 
Krystalle ist an anderen rhomboe@drischen Mineralien, z. B. 
Kalkspath, bekannt. Am künstlichen Wismuth und Arsenik 
ist es schon früher von Ross*) genau so beobachtet worden 
und von v. ZepHarovich **) kürzlich am natürlichen Arsenik 


‘von Joachimsthal in Bohmen. 


Die Figuren la, 2a, 3a, 3c, 7a auf Tafel XIII. stellen 
diese meist hemitropen Juxtapositions - Zwillinge iu rhombo&- 
drischer Auskildungsweise und Stellung in den häufigsten Com- 
binationsformen dar. : 

Noch weit häufiger a's die Individuen sind diese Zwil- 
linge nicht rhombo&drisch , sondern prismatisch nach der 
Kantenzone des Hauptrhomboäders en‘wickelt und gestellt, in 
welcher auch die Contact- und Zwillingsebene liegt (Taf. XIII. 
Fig. 1b, 2b, 3b, 3d, 7b). Dadurch erscheinen die Krystalle 
rhombisch mit hemimorpher Ausbildung oben und unten. Sie 
bilden scheinbar rhombische, fast quadratische Prismen von 
ca. 87 und 93° ***), in deren brachydiagonalem Hauptschnitte 
die Zwillingsebene liegt. Die dritten Paare der Flächen R und 
R! bilden an diesem Prisma ein ganz stumpfes Doma von ca. 
171:° und zwar an dem einen Ende einspringend, am anderen 
ausspringend (Taf. XIII. Fig. la, 1b). 

Treten, wie meistens der Fall ist, die Basis an die Kry- 
stalle, sei es als Krystall-, sei es als Spaltfllächen, so bilden 
sie ebenfalls ein Brachydoma, aber ein viel schärferes, nämlich 


von ca. 742 °, denn die Hauptaxen der beiden Individuen bilden 


einen Winkel von ca. 105; ° miteinander. Dieses schärfere 
Doma ist an dem Ende des Prisma einspringend, wo das 
stumpfe (R:R!) ausspringend ist und umgekehrt (Taf. XII. 
Fig. 2a, 2b, 3a, 3b, 3c, 3d, 7a, 7b), weil das Hauptrhom- 
bo@der ein spitzes ist, 

Die Zwillinge sind nun bald mit dem einen, bald mit 


*) Abhandl. d. Berl. Akad. 1849. pag. 82 ff. u. 91. 
**) Loros, Zeitschr. f. Naturwissensch. XXIV. 1872. pag. 206. — 


- Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien 1875. LXXI. pag. 2 #. 


**#) Die genauen Winkel werden unten (IV.) angegeben. 
Zeits, d.D. geol. Ges. XXVIL, 3. 39 


a... 


dem anderen Ende aufgewachsen und zeigen danach sehr a 
schiedene Entwickelung und Ausbildung. 


Weit aus am häufigsten sind sie mit dem Ende aufge- AS 


wachsen, wo R und R! einspringende und oR und oR! aus- 
springende Winkel bilden (Taf. XIM. Fig. 1b, 2b, 3b, 3d), 
dann zeigen sie die Ausbildungsweise wie Fig. 13a. 13b. 12 
auf Taf. XIV. Wir wollen sie Zwillinge erster Ärt kurz- 
weg im Folgenden nennen. Unter den kleineren Krystallen 
finden sich auch Zwillinge ohne Aggregation und Treppung, 
allein sie sind immerhin selten (Taf. XIII. Fig. 1b, 2b, 3b, 3d). 

Viel seltener und deshalb erst später gefunden *) sind die 
Zwillinge zweiter Art, welche mit dem anderen Ende 


aufgewachsen sind; sie erscheinen oft genau so, wie in Fig. 7b 


Taf. XIII. dargestellt ist, ausgebildet, allein meist zeigen sie 
vielfach wiederholte parallele Aggregation (Fig. 9 Taf. XIV.) 
und die interessanten Durchkreuzungszwillinge (Taf. XI. 
Fig. 8, Taf. XIV. Fig. 9). An ihnen sind auffaliender Weise 
treppenartig vertiefte Ausbildung der Krystallflächen äusserst 
selten und niemals tief. 


$. 3. Durchkreuzungszwillinge. 


Dieselben erscheinen als Zwillinge zweiter Art, aus deren 
oberen, deshalb nur theilweise ausgebildeten Enden ein zweiter 
Zwilling in umgekehrter Stellung, also ein Zwilling erster Art 
herausragt (Taf. XIII. Fig, 8a, 8b, Taf. XIV. Fig.9). Wir haben 
aber keinen Doppelzwilling oder Vierling vor uns, weil bei dieser 
Stellung jedes Individuum des einen Zwillings einem des an- 
deren parallel steht. Es sind Durchkreuzungszwillinge, genau 
so wie sie bei monoklinen Substanzen z. B. Gyps bekannt 
sind. Wenn die einspringenden Winkel auswachsen, erschei- 
nen sie rhombisch ohne Hemimorphie, oben und unten also 
gleich. Es ist wohl interessant, wie eine rhombo&drische Form 
mit monoklinem Habitus auch die Zwillingserscheinungen dieses 
Krystallsystems sich aneignet. 

Ganz dieselben Durchkreuzungszwillinge, nur mit verschie- 
denem Habitus durch andere Ausdehnung und gleichzeitiges 
Anftreten von —ZR hat Rose“*) am Arsenik beobachtet. 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874. pag. 34. 
**) Abhandl. d. Berl. Akad. 1549. pag. 83. f.5.t. 1 


=. 
N - 


593 


Sieht man von der unter ca. 105+° resp. 74° gekreuzten 
ersten Spaltbarkeit ab, so verrathen sich die Durchkreuzungs- 
zwillinge durch die an den schärferen Kanten der rhombischen 


Prismen auftretenden Einkerbungen,, welche von den beider- 


seitigen Basis gebildet werden und mehr oder weniger tief 
sind. Die einspringenden Winkel zwischen oR und oR! rechts 
und links sind das Supplement von dem entsprechenden ein- 
springenden Winkel oben und unten, also gleich ca. 105#°. 
Betrachtet man den Durchkreuzungszwilling bei rhom- 
bischer Stellung (Taf. XIII. Fig. 8b) von rechts nach links, 


so ist —4R Zwillings- und Contactfläche, wie bei den Juxta- 


positionszwillingen von Münsterbusch; sieht man von oben 
nach unten, so ist eine Ebene senkrecht zu—-R, oder rich- 
tiger zur Endkante R die Zusammenwachsungslläche wie bei 
den natürlichen Antimonkrystallen von Andreasberg. 

Nicht immer sind die Durchkreuzungszwillinge so regel- 
mässig, wie in Fig. 8a, 8b Taf. XIII. dargestellt ist, allein 
sie kommen so vor (z. B. Abbildung Fig. 9 Taf. XIV. unten 
links), sondern sie erscheinen häufig so wie in derselben Ab- 
bildung oben rechts, d.h. als ein grösseres Individuum mit 
parasitisch, einseitig daran liegendem, kleinem Individuum in 
Zwillingsstellung. Dann erscheinen sie gleichsam als Drillinge, 
bei denen 1 und 2 in der Stellung von Münsterbusch, 2und 3. 
in derjenigen von Adreasberg, 1] und 3 dagegen in paralleler 
Stellung sich befinden. 

Die in Fig. 9 Taf. XIV. abgebildete Krystallgruppe macht 
es wahrscheinlich, dass alle Krystalle von Münsterbusch solche 


 Durehkreuzungszwillinge sind, nur dadurch versteckt, dass der 


Kreuzungspunkt meist unter der frei ausgebildeten Stelle, also 
in der Unterlage der aufgewachsenen Krystalle liegt. 
Bemerkenswerth bleibt es, dass diese Durchkreuzungs- 
zwillinge ganz besonders häufig parallele Aggregation zeigen 
(Taf. XIV. Fig. 9) und zwar vor Allem in der unteren Hälfte, 
soweit der Zwilling zweiter Art reicht. In diesem Theile sind 


_ die Flächen nur selten und dann stets wenig getreppt vertieft, 


während die obere Hälfte — Zwilling der ersten Art — meist 
ohne parallele Aggregation die Treppung der Flächen wie in 
Fig. 12, 13a, 13b Taf. XIV. zeigt. 


Vierlinge u. s. w. konnten nicht aufgefunden werden. 


389 * 


594 


$. 4. Parallele Aggregation. 


Wie alle bisher beobachteten künstlichen Antimonkrystalle | 


zeigen auch die von Münsterbusch eine besondere Neigung 
zur parallelen Aggregation, welche aber sowohl an den Indi- 
viduen als auch an den Zwillingen wesentlich abweicht von 
der von Marx und Ross (s. o. II.) beschriebenen Aggregation, 
durch welche das gestrickte Ansehen entsteht, welches ich bei 
den Krystallen von Münsterbusch nicht beobachtet habe. 

Ein individueller, aggregirter Krystall (Taf. XIV. Fig. 10) 
besteht aus Individuen, welche nach einer Kantenzone von R 
langgezogen und zugleich nach einem in derselben Zone lie- 
geuden Flächenpaare tafelformig sind. Diese lamellaren Indi- 
viduen liegen mit ihren Tafelflächen (R) so aufeinander ge- 
packt, dass sie, nach aussen immer kleiner werdend, in der 
Richtung der Normalen der gemeinsamen Rhombo&derfläche 
sich aufthürmen. Diese Aufschichtung erfolgt in den meisten 
Fällen nur nach einer der 6 Normalen des Rhomboöäders, d. h. 
die Aggregation ist auf eine einzige Rhomboäderfläche be- 
schränkt. Die parallelen Schalen umhüllen deshalb selten eine 
Kante, niemals die Ecken, wodurch eben, wie RosE gezeigt 
und gezeichnet hat, das gestrickte Aussehen hervorgerufen 
wird. 

Bilden nun zwei solche aggregirte Individuen einen Zwil- 
ling, so entstehen Aggregationsformen, wie sie in Fig. 9 
Taf. XIV. dargestellt sind. Die Schalen auf der einen Rhom- 
bo@derfläche des einen Individuum stossen an der Zwillings- 
grenze, also bei den scheinbaren rhombischen Prismen im 
brachydiagonalen Hauptschnitte an der stumpferen Prismen- 
kante, zusammen und bilden gemeinsam eine knieförmige 
Schale um diese Kante. Jede solcher Schalen hat rechts und 
links ihre scharfe Prismenkante (Endkante R) und diese ver- 
schiedenen, parallel nebeneinander liegenden, scharfen Kanten 
bilden sägenzahnartige Vorsprünge. 

Sehr eigenthümlich und mannigfaltig gestaltet. sich diese 
parallele Aggregation bei den Krystallen, deren Flächen ge- 
treppt vertieft sind (Taf. XIV. Fig. 11, 13a, 1öb). 


$. 5. Die treppenartige Vertiefung der Flächen 


zeigt sich bekanntlich fast immer, wo die Kıystallisation rasch 
von statten ging, gleichsam als ein plötzlich im Ausbau unter- 


595 


i brochener und zum Erliegen gekommener Krystallbau, nicht 


nur in der Natur, sondern viel schöner und tiefer an künstlich 
dargestellten Krystallen und deshalb ganz vorzugsweise gut 
an den schnell erstarrenden Metallen. Alle bisher erzeugten 
Antimonkrystalle zeigten diese Erscheinung, wie es Rose und 
Andere hervorheben.*) Schwerlich dürfte sie je schöner, 
regelmässiger und tiefer auftreten als ‘bei den Antimon- 
krystallen von Münsterbusch, welche dadurch namentlich ın 
Verbindung mit der parallelen Aggregation und mit der Zwil- 
lingsbildung oft ein ganz merkwuürdiges und entstelltes Ansehen 
bekommen. Unter diesen Umständen, ferner weil man jetzt 
immer mehr und allgemeiner die Aufmerksamkeit der Bauweise 
der Krystalle zuwendet, und um Worte zu sparen, welche die 
Sache doch nicht ganz klarstellen würden, habe ich diese 
Ausbildungsweise der Antimonkrystalle ganz naturgetreu in 
parallelperspectivischer Ansicht wiedergegeben, allerdings etwas 
vereinfacht in der Feinheit und Mannigfaltigkeit nicht nur der 
Treppung, sondern ganz besonders der immer wieder von 
Neuem die Treppung durchbrechenden parallelen Aggregation. 
Hätte ich das nicht gethan, so würden die Zeichnungen 
(Taf. XIV. Fig. 11, 12, 13a, 13b) durch das Gewirr der 
Linien ihre Klarheit und Verständlichkeit verloren haben. Zu 
den Zeichnungen ist der Maassstab doppelt so gross als zu 
den anderen Figuren genommen worden, auch sind deshalb 
alle seltenen Krystallflächen fortgelassen. Die Figuren zeigen 
nur R und oR und zwar letztere ohne Treppung und Aggre- 
gation theils zur besseren Örientirung und theils weil die 
Basis selten, nur wenig und unvollkommen getreppt vertieft 
ist. Die getreppten Flächen sind mithin alle Hauptrhomboöder- 
flächen. Die Treppung ist auf den verschiedenen Flächen R 
in den verschiedensten, von mir beobachteten Modalitäten zur 
Wiedergabe gekommen. 

Wenn die Basis Treppung zeigt, so gehen die Stufen 
meist auf der oberen (unteren) Basis den Combinationskanten 
mit den 5 oberen (unteren) Rhomboe@derflächen parallel, wer- 
den also durch Oscillation derselben mit oR gebildet. Nur 
manchmal folgen sie den selten vorhandenen Oombinations- 
kanten mit den 3 unteren (oberen) Rhombo&derflächen auf 


*) Abhandl. d. Berliner Akad. 1849. pag. 74. 


596 


der oberen (unteren) Basis, wie es die feinen Linien auf Er 
Taf. XIV. Fig. 11 andeuten. Der nie tiefe und stets rudi- 1 
mentäre, in seinem Ende durch ausgedehnte oR eben abge- 
schlossene Trichter ist also meist dreieckig, kann aber auch 
bis sechseckig werden. 

Die Rhombo&derflächen (R) sind meist sehr tief und mit 
grösster Regelmässigkeit getreppt. Manchmal gehen die da- 
durch gebildeten trichterartigen Einsenkungen der Flächen 
ganz spitz und fein dem Mittelpunkte der Krystalle nahe aus, 
so dass die Antimonwände, welche benachbarte Trichter von 
einander trennen, ganz dünn und dann wegen der Spaltbarkeit 
des Antimons um so zerbrechlicher sind. Bei den weniger 
tiefen und nur wenig gestuften Trichtern ist der Boden meist 
flach und eben, d. h. er wird durch eine Fläche R gebildet. 

Die Stufen werden hier meist durch Oseillation der be- 
treffenden Fläche mit den herumliegenden, sich mit ihr schnei- 
denden Flächen gebildet; d. bh. die Form des Trichters ist von 
dem Umrisse der vertieften Fläche abhängig. Im Allgemeinen 
kann mithin der Querschnitt des Trichters alle Formen an- 
nehmen, welche durch Combination und Verzerrung die Khom- 
bo&derflächen erhalten können. Dadurch, dass am häufigsten 
die Stufen nur durch die Flächen des Hauptrhombo&ders, in 
zweiter Linie erst durch diese und die Basis gebildet werden, 
verräth sich auch, wie durch die Selbstständigkeit oder das 
Herrschen des Hauptrhomboäders, das Bestreben des Anti- 
mons zur Bildung von R. 

Die Zwillinge der ersten Art werden am befremdendsten 
durch die treppenartige Vertiefung der beiden Rhombo&der- 
flächen, welche, an der Zwillingsebene zusammenstossend, bei 
rhombischer Stellung der Zwillinge am oberen Ende das 
stumpfe Brachydoma bilden. Nur äusserst selten zeigt sich 
hier die Vertiefung so regelmässig und wenig tief, als in 
Fig. 12 auf Taf. XIV. dargestellt ist, wo der Boden der rhom- 
bischen und ringsum geschlossenen Vertiefung noch deutlich 
das gebrochene Flächenpaar R R! zeigt. In den allermeisten 
Fällen ist die Vertiefung hier so stark wie auf keiner anderen 
Fläche, sie geht meist bis auf die Hälfte der Länge der Zwil- 
linge herunter und oft noch tiefer, wie es Fig. 13a in rhom- 
bo@drischer und Fig. 13b in rhombischer Stellung zeigt. 

Dadurch werden die Zwillinge mehr oder weniger hohl 


iin Innern. Dazu kommt nun noch, dass diese Treppung nicht 
allen 4 dort liegenden Randkanten von R folgt, sondern nur 
einer von jedem Individuum und zwar den beiden, welche an 
derselben stumpfen Kante des scheinbaren rhombischen Prisma, 
durch welche die Zwillingsebene geht, zusammenstossen. Die 
den beiden gegenuber liegenden Randkanten entsprechende 
Treppung wird nämlich in der Regel gleichsam fortgeschnitten 
durch die dort auftretenden Basis der beiden Individuen, welche 
bei gleicher Neigung zur Zwillingsebene den scharfen ein- 
springenden Winkel von ca. 74} ° zu einander bilden und an 
der zweiten (vorderen) stumpfen Prismenkante des Zwillings 
eine nach unten sich verengende, seitliche Scharte in dem 
Trichter bilden, welche ebenso tief ist als der Trichter und 
welche sich im Weiterverlauf dieser stumpfen Kante durch 
die vielfach wiederkehrende, parallele NSEIPERHON immer von 
Neuem wiederholt. 

Nehmen, was häufig ist, diese parallel aggregirten und 
bei rhombischer Stellung übereinander gebauten Zwillinge 
nach oben hin an Grösse regelmässig ab, so entstehen ganz 
eigenthümliche, zur Hälfte hehle, spiessige, bis 15 Mm. lange 
Krystalle. Die zwei Randkanten des tiefen Trichters, welchen 
die Treppen parallel gehen, sind durch diese Vertiefung 
äusserst scharf, fast schneidig und brechen deshalb leicht ab. 
Da diese Kanten Randkanten der beiden Hauptrhomboäder 
sind, welche durch so P2 gerade abgestumpft werden, gelingt 
es hier am leichtesten, die Spuren der vierten, von Mons nach- 
gewiesenen Spaltbarkeit zu entdecken (s. u. V.). 


8.6. Der Schmelzfluss auf den Krystallflächen. 


Die Kıystalle haben sich, wie mitgetheilt, aus bleihalti- 
gem Antimon oder antimonreichem Hartblei ausgebildet. Das- 
selbe bildete also die feurigflüssige Mutterlauge, welche nach 
der Bildung der Krystalle durch ebenso glücklichen als durch 
Beobachtung nicht ergründeten Zufall ausfliessen konnte. Dass 
an dem, die feste Kruste bewandenden Krystallgewirre der 
ausfliessende Schmelzfluss durch Adhäsion vielfach an der 
Oberfläche der Krystalle, namentlich in den rauhen Trichtern 
festgehalten wurde und darauf erstarrte, lässt sich von vorn- 
herein erwarten. Der Schmelzfluss überzieht entweder als 


dünne Haut ganz besonders die getreppten Rhomboederflächen 


598 


Ä 


oder haftet als ausgebreitete Tröfchen, welche man häufig nur 
unter der Lupe sieht, an den Krystallflächen. 

Dadurch wird die Schönheit der Flächenausbildung meist 
sehr beeinträchtigt, wenn auch die Haut nicht dick ist. Viele 
Krystalle haben aber auch die Mutterlauge gut abtropfen 
lassen, namentlich die kleinen, so dass man sie als vollkom- 
men ausgebildete bezeichnen kann. 

Da die Basis seltener und schwächer vertieft sind als die 
Rhombo£derflächen, zeigen erstere seltener Schmelzfluss, nie- 
mals als Häute, nur als Tröpfchen. 

Dass diese skelettartigen Krystallgebilde auch vielfach 
Mutterlauge eingeschlossen haben werden, lässt sich auch 
erwarten. Das zeigt sich denn auch an durchgespaltenen 
Krystallen im reflectirten Lichte unter Vergrösserung; die leb- 
haft glänzenden Spaltflächen zeigen zahlreiche, ebenso scharf 
als unregelmässig begrenzte matte Partieen. An schlechten 
Krystallen der grossen Krystalldruse liegt der Schmelzfluss 
dick auf dem Gewirre der Krystalle, so dass diese nur selten 
ihn durchragen. 

Soweit die Krystalle nicht mit Schmelzfluss bedeckt sind, 
zeigen sie den hohen Metallglanz und die zinnweisse Farbe 
des Antimons auch noch heute, nach einem Jahre. Wo aber 
Schmelzfluss sich findet, zeigen sie messing- bis goldgelbe, 
seltener bunte Anlauffarben, die sich im Laufe der Zeit in 
schmutzig gelbbraune umändern. Das kann doch nur durch 
Oxydation des Schmelzflusses an der Luft erfolgen. Deshalb 
kann der Schmelzfluss nicht reines Antimon sein, sondern nur 
Hartblei oder Blei. Die Spaltflächen der gleich nach dem 
Erkalten abgebrochenen Krystalle zeigen heute nach Jahres- 
frist keine Spur von Anlauffarben, ebensowenig späthige Stücke 
reinen Antimons, welche seit 2 Jahren in meinem Arbeits- 
zimmer liegen. Wenn also natürliches Antimen Anlauffarben 
zeigt, so sind daran die Verunreinigungen Schuld oder es 
haben sich in der Erde schon dünne Häute am Antimon — 
Verbindungen gebildet, was an der Luft wenigstens in kurzer 
Zeit nicht erfolgt, während’ sich Hartblei ziemlich rasch unter 
diesen Umständen oxydirt, 

Hie und da zeigt aber auch der Schmelzfluss keine An- 
lauffarben. 


599 


IV. Die krystallographischen Constanten des Antimons. 


Wie aus dem Mitgetheilten (s. o. II.) erhellt, haben die 
krystallographischen Constanten des Antimons noch niemals 
mit Sicherheit ermittelt werden können aus Mangel an geeig- 
neten Krystallen. Die verschiedenen Resultate der bisherigen 
Messungen, die eingestandene oder nachweisbare Unsicherheit 
derselben, ferner vorläufige Messungen der, Kantenwinkel an 
den Krystallen von Münsterbusch mit einem kleinen Wor- 
LASTON’schen Goniometer von Oertling, welche einen viel klei- 
neren Endkantenwinkel von R, als die besten Messungen von 
Rose ergaben, nämlich nur 87° 73’ bis 87° 13’*), machten 
es wunschenswerth, wenn irgend möglich, diese schonen Kry- 
stalle auch zur sicheren Ermittelung der krystallographischen 
Elemente des Antimons zu verwerthen. 

Die grösseren (uber 1—2 Mm.) Krystalle erwiesen sich 
wegen der vielfachen Fehlerhaftigkeit der Flächen als un- 
brauchbar zu allen Messungen. Die kleineren Krystalie mit 
ihrem lebhaften Reflexe und der glatten und ebenen Beschaffen- 
heit der Flächen, auf denen nur selten Schmelzfluss in isolirten 
Tröpfchen haftete, schienen alle ein Messen im grossen 
Reflexionsgoniometer mit Fernrohr zu gestatten, denn dem 
nahen unbewaffneten Auge gaben sie ein vollkommen 


deutliches Spiegelbild der Umgebung. Trotzdem konn- 


ten nur wenige sehr kleine Krystalle zu Messungen ge- 
nommen werden, weil die scheinbar guten Spiegelbilder 
meist nicht einmal, die schwache Vergrösserung und Licht- 
absorption des Goniometer-Fernrohres vertragen konnten. Bei 
diesen wenigen Krystallen mussten noch, um. ziemlich gute 
bis gute Spiegelbilder zu erhalten, sehr helle Signale **) 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874. pag. 822. — Journal f. pract. 
Chemie 1874. IX. pag. 309 

**) Als das beste Tagessignal erwies sich, und wurde deshalb immer 
benutzt, ein schmaleres oder breiteres ausgeschnittenes Kreuz an dem, 
soweit das Gesichtsfeld des Fernrohrs reicht, mit schwarzem Papier ver- 
klebten Fenster. Der eine Arm des Kreuzes ist genau vertical, der an- 
dere genau horizontal und parallel der Axe des Goniometers. Die Ein- 
stellung des schwarzen Fadenkreuzes im Fernrohre auf die Mitte der 
lichten Kreuzbalken ist eine leichte und genaue und erleichtert ausser- 


angewendet und alles diffuse Nebenlicht vom Krystalle ab- 


gehalten *) werden. 

Die Messungen wurden bei Anwendung von einem Beob- 
achtungsfernrohre sowohl bei Tage als auch Abends mit einem 
grossen NITscHErLicH schen Goniometer aus dem mechanischen 
Etablissement des Professors E. JÜNGER in Kopenhagen, aus- 
geführt. Sie dienten zugleich zur Prüfung des neuen Instru- 
mentes und wurden deshalb mit äusserster Genauigkeit aus- 
geführt, nachdem das Goniometer selber durch einen Spiegel- 
versuch mittelst planparalleler Platte und der genannten Sig- 
nale bei Drehung genau um 180° auf das Sorfältigste und 
wiederholt justirt war. Dass das Goniometer dieser Werk- 
stätte Nichts zu wünschen übrig lässt und dieselbe deshalb 
von mir allen Fachgenossen nicht warm genug empfohlen 
werden kann, werden die folgenden Messungen an Krystallen, 
welche in Bezug auf Spiegelung der Flächen noch Vieles zu 
wünschen übrig liessen, beweisen. 

Am besten Krystalle wurden zwei verschiedene Endkanten 
von R in 3 Versuchsreihen mit je 5— 7 Repetitionen einmal 
am Tage und zweimal am Abend gemessen. Die Mittel der 
gut unter sich stimmenden Äblesungen mit beiden Nonien sind: 


I. Tagesbeobachtung 87° 7’ 20” 
II. Abendbeobachtung 87° 6’ 51” J 
II. = 87° 6° 49” andere Kante 


dieselbe Kante 


ordentlich die Justirung des Instrumentes und des Krystalles an 
demselben. 

Als das geeignetste Abendsignal zeigte sich ein kleines kreisrundes 
Loch in einem Blechschirme von der Grösse des Gesichtsfeldes, hinter 
dem eine helle Gasflamme brannte. . 

Die Entfernung des Signales am Krystalle betrug in beiden Fällen 
6,75 Meter; eine grössere war nicht zu ermöglichen. Dieselbe ist auch 
völlig genügend bei einer guten Centrirung des Krystalles, wie sich bei 
der Justirung des Instrumentes ergeben hat. 

*) Die Abblendung erfolgt sehr gut durch eine camera obscura ohne 
Linse mit kleinem Eintrittsloche für die nur vom Signal kommenden 
Lichtstrahlen. Der seitliche Theilkreis liegt nicht mit in der Kammer 
behufs der Ablesung, wohl aber der Kopf des Beobachters. Es ist sehr 


merklich, wie durch diese Abblendung undeutliche Spiegelbilder deutlich 


und selbst gut und scharf erscheinen. Die Kammer behindert bei grossen 
Goniometern in keiner Weise weder den Gebrauch des Instrumentes noch 
die Einstelluug des Kıystalles,. 


s F 
m Ak 
) 


FFIRE SEE i 


601 


Da sich das Spiegelbild des Abendsignals viel schärfer erwies 


und sich deshalb viel sicherer einstellen liess, ferner da die 


Resultate der Abendbeobachtungen gut stimmen, nimmt man 
am besten nur das Mittel dieser und verwirft die Tages- 
beobachtungen: 


Endkantenwinkel R 87° 6,502 
Randkantenwinkel R= 92 553 10 


I 


Daraus berechnet sich 


das Axenverbältniss a:c = 1:1,3236 .... 
* = 019891... eaiih 
Neigung der geneigten Diagonalen 
der. Flache R:e = : 33% 11 48° 
Combinationskantenwinkel . . R:oR = 123 11 48%) 
Neigung; der! Endkante.. .. 9.2 Bee =: 15086. 49 
Ebener Winkel des Hauptschnittes von R 


(an der Endecke). . . = 189 48:37 
Ebener Winkel der Fläche R an der 

RKandecke, 2... we: =.294 1198 
Ebener Winkel der Fläche R an der 

iindeeker = 80.0.0099 

Endkantenwinkell . ...... -9R= 69 12% 

Is Sleeve 116.82 198 

u Le +R= 143 59 16 

Combinationskantenwinkel . gr. OR —,.108,.30.99 

. .„ —+R:oR = 142 36 49 

\ ; ahsoR 159.9. 19 


Obgleich sich an den Zwillingen der Winkel zwischen den 
Spaltungsflächen oR viel sicherer als die Krystallkanten messen 


”) An einem anderen. Krystalle konnte dieser Winkel ziemlich gut 
resp. gut gemessen werden: 


I. Versuch, Mittel aus 7 Wiederholungen 123° 10’ 19'’ 
II: u is un ; 1.23. .414:4,85 
II. a n ) ' 123 10 32 


Am zuverlässigsten ist der zweite Versuch, weil die dabei benutzte Kanten- 
stelle das beste Bild gab, er stimmt gut mit der Berechnung überein. 
Aus dem ersten Versuche berechnet sich dagegen: 

a:c = 1:1,32482; Endkantenwinkel R = 87° 5’ 5”, 


602 


lässt, wurde doch derselbe nicht, wie es Rose bei den glei- 
chen Zwillingen des Arseniks mit Erfolg gethan hat*) zum 
Ausgangspunkte der Berechnung der krystallographischen Con- 
stanten genommen, um jenen besser zu bestimmenden Winkel 
zur Controlle der ersten Messungen aufzusparen. 

Die oben (Ill. $.2 und $.3) nur annähernd angegebenen 
Winkel an den Zwillingen sind bei rhombischer Auffassung: 


Stumpfer Prismenwinkel (Randkante R) = 92° 53’ 10” 


Scharfer m (Endkante R). = 87. 0 
Stumpfes Brachydoma (RER) a N TE 
Scharfes ° (R:oR). 2... = JA a 
Combinationswinkel zwischen beiden Do- 

men (oR:B) a. us = .125. 11248 


Seitlicher einspringender Winkel bei en | 
Durchkreuzungs-Zwilingen . . .=105 13 38 
Neigung der Hauptaxen (ec!) zu einan- 
der in den Zwillingen erster und 


zweiter. Art... we Ma ei OR 


Der viertletzt berechnete Winkel lässt sich als Spaltungs- 
winkel mit grösster Schärfe messen und bietet dadurch, wie 
gesagt, die beste Controlle der anderen Winkelmessungen. 

In einem sehr warmen Zimmer gemessen betrug das Mittel 
aus 5 gut unter sich stimmenden Messungen — 74° 46’ 0” 
und an einem kuühleren Tage hatte dieselbe Kantenstelle genau 
74” 46’ 20” bei allen 3 Repetitionen. 

Diese Uebereinstimmung ist Bürge nicht nur für die Zu- 
_ verlässigkeit meiner Beobachtungen, sondern auch für die 
Vorzüglichkeit des Goniometers. **) 

Diese von mir festgestellten krystallographischen Elemente 
weichen nicht unbedeutend von den oben (Il.) mitgetheilten 
der älteren Beobachter ab, was sich am einfachsten im End- 
kantenwinkel von R ausdrückt: 


*) Abhandl d. Berl. Akad. 1849. pag. 83. 


**) Auch die in der vorletzten Anmerkung mitgetheilten Controll- 
messungen bestätigen die Richtigkeit meiner Messungen. 


603 
Differenz = 
nach MoHR Sy RR — 32’ 10" 
„ Rose —N80/.85 — 28 10 
„» Marx —"80:.28 — 21 10 
„es ZengeR 1.2.0 81 ..12 35" — 54 


„ Zuneer II, = 87° 5 14,4 > 11,38,6 


- 


Gut, unter Berücksichtigung des Gewichtes der ZENGER’- 
schen Messungen (II.) und der Methode desselben sehr gut, 
stimmen meine Messungen mit denen von ZENGER; von den 
übrigen weichen sie aber sehr ab. Bei den Messungen von 
Mons und Marx, welche an den Winkeln der gestreiften und 
deshalb ungeeigneten Spaltflächen von — -R gemacht wurden, 
hat die Differenz keine Bedeutung, obwohl Marx angiebt, dass 
.er sich höchstens nur um 2 Minuten vermessen haben könne. 

Allein den Messungen von G. Rose gegenüber, welcher 
eine solche Meisterschaft im Krystallmessen und im Beurtheilen 
des Werthes von nicht ganz guten Messungen gehabt hat, 
glaubte ich nicht so radical verfahren zu dürfen, obwohl Rose 
die Unsicherheit seiner Messungen, welche untereinander um 
33 Minuten (s. o. 1].) differiren, bespricht. 

Ich musste die Frage zuvor erwägen, ob innere, chemische 
oder physikalische Verhältnisse der beiden künstlichen Antimon- 
arten der Grund der Differenz sein könnten. 

Von physikalischen Verhältnissen kommt darin nur die 
Ausdehnung durch die Wärme in Betracht. Dass dieselbe nach 
den verschiedenen Richtungen beim Antimon sehr verschieden 
ist, geht aus den Resultaten meiner zuletzt mitgetheilten 
Winkelmessungen hervor (20 Secunden in einem doch höch- 
stens um 6° schwankenden geheizten Arbeitszimmer).*) Allein 
sie erklärt die grosse Differenz von 28 Minuten nicht, deshalb 
musste an die Chemie appellirt werden. 

Durch Verunreinigungen namentlich mit den isomorphen 
Metallen können die krystallographischen Elemente des Anti- 
mons bei derselben Temperatur grösseren Schwankungen unter- 
liegen. Bei der Seltenheit vieler dieser rhombo&@drischen Me- 


*) Ich hatte versäumt, beim kühleren Zimmer die Temperatur zu 
beobachten. 


6094 


talle kommen nur Arsenik (R:R = 85° 4’; Ross), Wismuth 
(87° 40’; Rose) und Zink (?) in Betracht. | 

Von den früher gemessenen künstlichen Antimonkrystallen 
fehlt jede Analyse, allein man darf wohl annehmen, dass die- 
selben, wenn auch nicht ganz, so doch wenigstens ziemlich 
reines Metall gewesen sein möchten. Für die mir gestellte 
Frage scheint es wenigstens ohne Bedeutung, weil nur Wis- 
muth den Endkantenwinkel vom Antimon zu vergrössern vermag, 
aber nur sehr wenig. So viel Wismuth kann man im An- 
timon von ELSNER und Rose nicht annehmen. Die von 
P. GrorTu an überchlor- und übermangansauren Salzen beob- 
achtete Thatsache*), dass die Winkel- und Axenverhältnisse 
isomorpber Mischungen nicht immer zwischen denen der Com- 
ponenten liegen, darf man, scheint mir, nicht so ohne Weiteres 
allgemeiner annehmen. Wenn GrorTa**) dieselbe für das dem 
Antimon isomorphe Tellurwismuth zur Geltung zu bringen ge- 
neigt ist, so darf man nicht vergessen, dass dabei nicht bloss 
der Schwefelgehalt des Letzteren, sondern auch die noch 
nicht ganz zweifellose Krystallform des Tellurs und Tellur- 
wismuths zur Vorsicht mahnen, 

Obwohl die qualitativen Analysen wiederholt nur kleine 
Mengen Blei, Spuren von Zink, Eisen, Schwefel, Arsenik, 
kein Zinn u. s. w. nachgewiesen hatten, hielt ich es trotzdem 
für meine Pflicht, eine quantitative Analyse der Krystalle von 
Münsterbusch auszuführen, schon zur Ermittelung des Ver- 
hältnisses von Blei zu Antimon. Zur Analyse***) wurden 
möglichst reine, von der Unterlage, so gut es ging, befreite 
Krystalle geopfert und zwar von 2 Stellen der grossen 
Druse. 


I. Zinnweisse Krystalle von der Stelle der gemessenen 
Krystalle. 
II. Gelbangelaufene Krystalle von einer entfernten Stelle. 


*) Poce. Ann. CXXXIV. 
**) Tabellarische Uebersicht der einfachen Mineralien u. s w. 
1874. pag. 73. 
**) Den Gang der Analyse findet man in A. Crassen, Grundriss 
der analytischen Chemie. Quantitative Analyse 1575. pag. 182 u. s. w. 


605 


Die Analysen ergaben *): 


| la. Ib. 11. 
\ Blei... 18.339 15,914 21,326 
N Risen... 0,996 0,289 0,474 
Zanlan....,2..10,282 0,580 0,338 
Arsen . .. 0,524 Ah 0,481 
Antimon . 82,184 N 79,429 
Schwefel . Spur Spur 


| 
| 
| 
| | 101,555 102,048 
Den kleinen Mengen Eisen, Zink, Arsen und Schwefel 
| kann man die grosse Abnahme des Endkantenwinkels der 
| Krystalle von Münsterbusch gegen die Rosr’schen nicht zu- 
| schreiben. Auffallend gegenuber den Schätzungen bei den qua- 
| litativen Analysen war die grosse Menge Blei. Das Volum 
Schwefelblei erscheint nämlich sehr klein gegen das flockige, 
stets mit Schwefel gemengte Schwefelantimon. 
Könnte nun diese Bleimenge die Verkleinerung der Winkel 
verursachen? Dann müssten offenbar Blei und Antimon iso- 
| dimorph sein, was ja von Vielen angenommen oder für wahr- 
scheinlich gehalten wird, wenigstens nicht unmöglich ist.**) 
| In diesem Falle müsste das rhombo&drische Blei einen sehr 
viel schärferen Endkantenwinkel als Antimon haben und die 
Folge davon wäre, dass Schwankungen im Bleigehalte von 
mehreren Procenten Schwankungen in den Minuten veran- 
lassen müssten und zwar bleihaltigere Krystalle müssten schär- 
fere Rhombo&der zeigen. 
| Die Sache lässt sich berechnen, wenn man ahnimmt, dass 
der Endkantenwinkel der isomorphen Mischung dem Blei- 
gehalte proportional sei, wofür ja z. B. unter den isomorphen 
Carbonaten der Dolomitspath spricht, und dass das von Rose 
gemessene Antimon ganz bleifrei und rein gewesen und richtig 
zu 87° 35’ gemessen worden sei. Die von mir gemessenen 
Krystalle (87° 6° 50”) enthalten nach der Analyse la. und Ib. 
| im Mittel 16,8 pCt. Blei und 83,2 pCt. Antimon; mithin 
| 
| 
| 


kb -—n 


*) Die kleinen angewandten Mengen veranlassten ein Plus in den 
Procenten. 


*#) G, Rose, Abhandl. der Berl. Akad. 1849. pag. 99. 


a 


>55 


606 


kommen sehr nahe, fast genau, auf ] Volum oder Molekül Blei 
8 Volum Antimon. Danach müsste der Endkantenwinkel des 
reinen rhombo&drischen Bleis 83° 21’ 30” sein. 

Die unter II. analysirten Krystalle bestehen dagegen aus 
1 Molekül Blei auf 6 Moleküle Antimon und ihr Endkanten- 
winkel müsste mithin 86° 58° 47”, also schon 8’ 3” kleiner 
als der oben gemessene sein. 

An diesen Zahlen ändert sich wenig, wenn nicht der 
mittlere Bleigehalt von Ia. und Ib. genommen wird als Aus- 
gangspunkt der Berechnung, sondern der eine oder der andere. 

Ein kleiner von der Stelle, woher das Material zur Ana- 
lyse II. genommen worden war, ausgebrochener Zwillings- 
krystall wurde zur Lösung der vorliegenden Frage nun in 
Bezug auf seine Neigung der Spaltfläcken oR:oR! ge- 
messen. 


I. Mittel aus 6 gutstimmenden Tagesmessungen 74° 44’ 27" 
Re) % Abendmessungen 74 44 12 


Nimmt man die bessere Abendmessung — 74° 44’ 12”, 
so berechnet sich a:c = 1:1,322727... und der Endkanten- 
winkel von R = 87° 8’ 7”. Derselbe ist also nicht kleiner 
als der des bleiärmeren, wie die Berechnung erfordert, son- 
dern etwas grösser. 

Dass die Spaltungswinkel oR:oR! bei den unter I.u. I. 
analysirten Krystallen nicht völlig gleich gefunden sind, son- 
dern, wenngleich nur wenig, um 74° 46 22” — 74° 44 12%” 
— 2’ 10”, differiren, dürfte zuerst auffallen, weil die Messun- 
gen derselben Kante unter sich gut stimmen, also der Beob- 
achtungsfehler nicht soviel ausmachen kann, ebensowenig die 
Schwankungen in der Beobachtungstemperatur. Allein man 
kann sich diese Differenz ganz gut durch die geringe Ge- 
schmeidigkeit des Antimons, verbunden mit der grossen Spalt- 
barkeit nach der gemessenen Kante erklären. Die zuerst ge- 
messenen Krystalle (Analyse I.) waren nämlich sehr klein und 
deshalb zufällig von ihrer Unterlage durch eine Erschütterung 
der ganzen Stufe abgefallen, nicht mit Gewalt abgespalten 
worden; sie gaben deshalb die richtige, dem Endkantenwinkel 
von 87° 6’ 50” entsprechende Neigung oR:oR!. Die grösse- 
ren, unter Il. analysirten und gemessenen Krystalle waren mit 
Absicht und Gewalt durch Hin- und Herbiegen abgebrochen 


RE I 


BRENNER 
’ 


worden. Dass hierbei eine kleine, durch die Geschmeidigkeit 
des Antimons bleibende Aufblätterung der einen Fläche der 
Kante, also eine Verkleinerung des Kantenwinkels eintreten 


konnte, ist wohl denkbar und wird dadurch mindestens wahr- 
scheinlich, dass von allen so gewaltsam präparirten Krystallen 
nur der Eine brauchbar zur Messung war, obwohl auch er den 
folgenden Fehler in sehr geringem Grade zeigte. Die anderen 


Krystalle gaben nämlich nur auf oR ein scharfes Spiegelbild 


der der Kante parallelen Visirlinie; dieselbe war auf der 
Fläche oR! durch deren Krümmung zu einer breiten Binde 
verwaschen, welche ein auf 5—10 Minuten genaues Einstellen 
des Fadenkreuzes nicht erlaubte, während auf beiden Flachen 


das Verticalsignal sehr scharf gespiegelt wurde. Die End- 


kantenwinkel dieser unter II. analysirten Krystalle konnten 
direct nicht genau gemessen werden. 

Ein fernerer Versuch, diese Frage durch Beobachtung mit 
aller Sicherheit zu entscheiden, nämlich durch Messung des 
Spaltwinkels o0R:— *R an chemisch reinem, küunstlichem An- 
timon, führte zu keinem befriedigenden Ziele, weil selbst die 


_ besten der herausgesuchten Spaltungsstücke durch die Strei- 


fung der Spaltfiächen — !R zahlreiche Reflexe gaben. 
"Befriedigen diese Beobachtungen und Untersuchungen auch 
nicht ganz, so geht aus ihnen doch hervor: 
1. dass der bis ca. 21 pCt. nachgewiesene Bleigehalt im 
Antimon von Münsterbusch ebensowenig als die Spuren der 
anderen Elemente von nachweisbarem Einfluss auf die Krystall- 


- form dieses Metalles sind, 


2. dass mithin die von mir ermittelten krystallographischen 
Constanten dem reinen Antimon zukommen, 

3. dass die Rose’schen Messungen, vorausgesetzt dass 
das Antimon rein war, wegen nachgewiesen schlechter Aus- 
bildung der Krystalle nicht ganz genau sind, 

4. dass eine Isodimorphie von Blei und Antimon un- 
wahrscheinlich geworden ist, denn in den Krystallen von 
Münsterbusch hätte das Blei die beste Gelegenheit gehabt, 
seine Dimorphie zu beweisen, 

5. dass der schwankende Bleigehalt in den Krystallen 
von Münsterbusch, welcher nur in Procenten, nicht in Mole- 
kulen so gross erscheint, weil das Atom- und Volumgewicht 


des Bleis fast noch einmal so gross als das des Antimons 


Zeits.d. D.geol. Ges. XXVIL 3. 40 


608 


ist, nur mechanisch am oder im Antimon sitzt (s. o. IH. 8. 6). = 
Die bleireicheren Krystalle zeigen auch deutlich mehr Schmelz- 


fluss als die bleiärmeren auf ihrer Oberfläche, 
Dass mechanische Einschlüsse selbst in weit grösserer 


Menge als hier das Blei die Krystallisation nicht hindern, ist. 


bekannt, vielleicht am auffallendsten ist darin der sogen. 
a Sandstein von Fontainebleau mit 2 Quarzsand 
und + Kalkspath.*) 


V. Die Spaltbarkeit des Antimons. 


Die Spaltbarkeit des Antimons ist nicht von allen Beob- 
achtern gleichgefunden worden. Es stehen sich die von Hessen 
bestätigten Beobachtungen von Marx mit 4 Spaltrichtungen den 
von Ross bestätigten Beobachtungen von MoHs mit 10 Spalt- 
richtungen gegenuber. Ebenso ist die Frage, wie hat Hauy 
aus den Spaltungsstüucken das tesserale ee ab- 
- leiten können, noch nicht gelöst worden. 

Die Antimone von Münsterbusch erweisen die Richtigkeit 


der Beobachtungen von NMonHs und Rose, wie bei so ausge- 


zeichneten Beobachtern zu erwarten stand. 


Das Antimon gehört zu den an Spaltungsrichtungen reich- 


sten Substanzen und die Richtungen sind vierlei Art mit 
recht verschiedenen Graden. Allein der Grad derselben Spalt- 
barkeit scheint z. Th. an verschiedenen Stücken von Antimon 
kleinen Schwankungen zu unterliegen, wodurch sich die Wider- 
spruche von MonHs und Marx erklären durften. 

Die erste Spaltbarkeit nach der Basis ist eine allgemein 
als sehr vollkommen bezeichnete; HESSEL nennt sie ebenso 
deutlich wie die deutlichste am Antimonglanze. Die Krystalle 
von Münsterbusch lassen sich fast so leicht als Gyps in die 
dünnsten Lamellen zertbeilen. Die Spaltflächen sind deshalb 


meist vollkommen eben und vollkommen spiegelnd mit dem 


lebhaftesten Metallglanze, so dass sich die Flächen am besten 
zu Messungen eignen. Nicht selten erscheinen sie aber durch 
Oscillation mit den folgenden Spaltflächen einfach oder gleich- 
seitig trigonal, äusserst fein gestreift parallel den Combina- 
tionskanten mit — + R.**) 


*) Quensteot, Mineralogie 1863. pag. 396. 
A) „ ” „ pag. 596, 


ia a Ya ra KA Fauna ae ae in a ea 


N u SE 


609 


Die zweite, ebenfalls allgemein anerkannte Spaltbarkeit 


: folgt —,R. Sie wird von Allen eine deutliche oder. vollkom- 


mene genannt. Obwohl die Spaltflächen stark metallglänzend 
sind, eignen sie sich nicht zu Reflexionsmessungen; nur eine 
Ausnahme beobachtete Marx und benutzte sie zu seinen Mes- 


; sungen. Die Flächen sind nämlich wegen der zahllosen 


oscillatorischen, feineren und gröberen Streifen, namentlich 


durch die erste aber auch durch die folgende Spaltbarkeit 


(—2R) nie vollkommen glatt und spiegelnd, sondern erschei- 
nen fein und grobfaserig, ähnlich wie die zweite Spaltbarkeit 
am Gyps, was HesseL schon hervorhebt. Dadurch spielt der 
Metallglanz in den Seidenglanz hinüber. Die Streifen und 
Fasern gehen natürlich den Streifen auf oR parallel. Trotz 


- des Herrschens der ersten Spaltbarkeit lässt sich diese zweite 


leicht ausführen *); das beweist schon ihr oscillatorisches Auf- 


treten auf oR. 


Die dritte Spaltbarkeit nach — 2R wird als wenig deut- 
lich oder unvollkommen von Mons und Ross angegeben, von 


Marx und Hessen geläugnet, wenigstens für den künstlichen 


Antimon. An den Krystallen von Munsterbusch lassen sich 
die Randecken von R ziemlich leicht abspalten. Die kleine 
dreieckige Fläche wird dabei durch die zweite Spaltbarkeit 
meist zu einem Trapez. Sie ist manchmal so eben und glän- 
zend, dass man im Goniometer ihre Neigung zu R annähernd 
messen kann, so dass kein Zweifel besteht, dass diese Spalt- 
barkeit der Richtung —2R folgt. An manchen Krystallen 


erscheint —2R ja auch als Krystallfläche, welche man durch 


Spalten beliebig vergrössern kann. Diese Spaltflächen ähneln 
in ihrer Beschaffenheit den zweiten, denn sie sind dicht ge- 
streift bis feinfaserig durch Oscillation mit den beiden ersten 
Spaltflächen, also parallel mit ihren horizontalen Combinations- 
kanten mit Rund —#R. Der Grad dieser Spaltbarkeit scheint 
nun zu variiren, da sie Marx und H#sseL nicht beobachten 
konnten, während derselbe an den mir vorliegenden Krystallen 
zwischen vollkommen und unvollkommen bezeichnet werden 
muss. x 

Die vierte Spaltbarkeit folgt oo P2; sie wird von Marx, 
Hessen und Anderen geläugnet, von Anderen „in Spuren‘ 


*) HesseL sagt weit leichter als der faserige Bruch des Gyps. 


40* 


610 


oder „in schwachen Spuren, die schwer wahrzunehmen sind“, 


angegeben. Ein Uebersehen dieser Spaltbarkeit ist bei dm 


etwas geschmeidigen Antimon sehr begreiflich. Dass sie aber 


= ; 
7 
R 


vorhanden ist, zeigen die Krystalle von Münsterbusch, ww 
diese Abstumpfungsfläche der Randkanten der Rhemboäder als 
schmale Krystall- und sehr undeutliche Spalifläche zu beob- 


achten ist, namentlieh an den tiefgetreppt ausgebildeten Kry- 
stallen (besonders Zwillingen), bei denen an diesen Kanten die 
Masse sehr dünn ist, und dashalb leicht unfreiwillige Ab- 


stossungen vorkommen, welche die vierte Spaltbarkeit am 


besten zeigen können. 

Die Vermuthung von Marx, in der Angabe oder Annahme 
von 10 Spaltrichtungen von Seiten Mous fände nur eine Coni- 
venz gegen die Autorität Haur’s statt, ist mithin thatsächlich 
unbegründet. 


Das führt mich zur Erörterung der Frage, ob die 10 Spalt- 


richtungen, welche Hauy am Antimon beobachtet hat, und aus 
denen er die Combination oO. 0, sowie das tesserale 
Krystallsystem des Metalls abgeleitet hat, dieselben sind, 
welche Mons beobachtete, um daraus das hexagonale Krystall- 
system abzuleiten. 

Diese Identificirung ist mehrfach — wenn nicht sogar all- 
gemein — als selbstverständlich angenommen worden. Sie 
erscheint mir aber durchaus unbegründet, namentlich einem 
so bervorragenden Entdecker der feinsten physikalischen Unter- 
schiede an Krystallen gegenüber. 

Die Identifieirung liegt allerdings sehr nahe, denn ein 
von allen 20 Spaltflächen begrenztes Stuck Antimon hat ab- 


gesehen von allen anderen Eigenschaften bloss in der Form 


grosse Aehnlichkeit mit der Combination © O und OÖ in 
sogen. rhomboödrischer Stellung, d. h. eine hexaädrische Axe 
vertical gestellt. 

Allein die Winkel stimmen nur theilweise überein, andere 
kommen sich nur nahe, noch andere differiren stärker. Legt 
man meine obigen Winkel zu Grunde, so sind: 


110° 47' 33" 
108 65 
69 12 27 


0:0 = 109° 28° ent- [ Randkante —2R 
sprechend \roR —2R 
0:0 = 70° 32’ entspr. Endkante —2R 


611 


EEE 
we; 
FR 


in 


| Endkante —ıR = 116° 32’ 58” 


entsprechend —;R:»P2 =121 45 31 

Kante © P2 = 4190. 

E R:—-4R = 142 36 49 
90. 31448 44: | 7 

_ entsprechend ih 2 19206 

—2R:»P2 =145 23 46 


"Formell wäre also dem nur mit dem Anlegegoniometer 
messenden Hauy kein Vorwurf zu machen, dass er sich in der 
Krystallform des Antimons getäuscht hat. Anders gestaltet 
sich aber das Urtheil, wenn man die physikalische Gleich- 
werthigkeit der Flächen mit berücksichtigt. Die den Flächen 
© entsprechenden Spaltungsflächen oR und — 2R sind physi- 
kalisch total verschieden, nicht minder die den Flächen oo OÖ 
entsprechenden —R und © P2. 

Wir können uns deshalb nicht denken, dass Hauy so 
verschiedene Spaltfllächen für gleichwerthige hat halten können, 
am allerwenigsten, wenn wir bei ihm lesen, dass die „Durch- 
gänge der Blätter‘ an den von ihm untersuchten Antimonen 
„sehr deutlich waren‘. *) / 

Ebensowenig hat die Autorität, in welcher RomE DE 
LIsLe auch bei Haur stehen musste, Letzteren so befangen 
machen können, um das Wahre und Unzweideutigste nicht zu 
sehen, wie hiArx vermuthet. 

Die Lösung dieses Widerspruches dürfte meines Erachtens 
am einfachsten durch die Annahme erfolgen, dass die von 
Hauy untersuchten Stücke Antimon einer Zwillingsbildung an- 
gehört haben, während spätere Untersucher, Individuen vor 
sich habend, die Wahrheit leichter entdecken konnten. 

Alles Antimon liebt, wie wir gesehen haben, die Bildung 
von Zwillingen u. s. w.; es ist deshalb wohl noch nie ein 
Antimonkuchen erzeugt worden, der aus einem Individuum 
bestand. Alle zeigen sich aus zahllosen, nicht parallelen, 
bald grossen bald kleinen Individuen, welche sich nicht nur 
möglicherweise sondern auch wahrscheinlich z. Th. in Zwil- 
lingsstellung befinden, zusammengesetzt. Der von Haur unter- 
‚suchte Antimonkuchen war auch ein solcher, denn er sagt: 


*) Lehrbuch der Mineralogie, übersetzt von Karsten und Weiss, 
1810, IV. pag. 342. 


612 


„obgleich die Durchgänge der Blätter sehr deutlich waren, 


so liess sich doch, da sie nach 20 verschiedenen Richtungen 3 


gingen, an einem durch das Abschlagen erhaltenen Stücke 
immer nur ein Theil dieser Durchgänge beobachten.‘‘*) 

Nach den von Rose an den natürlichen Krystallen beob- 
achteten Zwillingsbildungen sind die beiden Arten von Vier- 
lingen nur verschiedene, zur Entwickelung gelangte Theile des 
beschriebenen Sechslings (s. o. Il.), welcher aber noch nicht 
geschlossen ist, da er freie Endkanten von R besitzt, an 
welche sich fernere Individuen in Zwillingsstellung noch an- 
legen können.**) 

Was man für einen Vierling ableitet, gilt folglich auch 
für die anderen Viellinge.e Man nehme nun deshalb den regel- 
mässigsten und einfachsten Fall, nämlich einen Vierling der 
ersten Art (s. o. II. Holzschnitt 1) und denke sich das Ende 
mit den vielen einspringenden Kanten aufgewachsen und alle 
Lücken zwischen den 4 Individuen durch diese möglichst 
regelmässig ausgewachsen. Führt man ferner au allen nach 
oben und seitwärts gerichteten Flächen oR und —+R die 
Spaltung so aus, dass eine möglichst ideale, nur von diesen 
Spaltflächen und der Aufwachsstelle begrenzte Form entsteht, 
so wird dieselbe, vergleiche den 
Holzschnit No. 4, ebenfalls wie 
der einfache Krystall vorbin ganz 
ausserordentlich einer Combina- 
tion von oO und OÖ gleichen, 
welche mit einer hexa@drischen 
Axe so aufgewachsen ist, dass 
die drei dort Ecke bildenden 
Flächen oc O und die vier nach 
hierhin geneigten Flächen O nicht 
ausgebildet sind. 18 Flächen 
werden sich also zeigen, 4 gleich- 


*) Ebendaselbst und Journal f. Phys. u. Chem. LIX. 1830. p. 212. 

»*) An einem ringförmig gruppirten Vierling von Andreasberg (s. 0. Il. 
Holzschnitt 2a. u. 2b.) beobachtete Rose (Abhandl. d, Berl. Akad. 1849. 
pag. 82) zwischen dem II. und IV. Individuum des obigen Holzschnitts 
noch ein fünftes. Dasselbe stand .zu II. in Zwillingsstellung (d. h. 
oR!!:oRY — 105° 56’), aber nicht zu IV.; oRYwar zu oR!V unter 
dem sehr stumpfen einspringenden Winkel von 172° (bei zu Grunde- 


613 


 seitige Dreiecke mit der ersten Spaltbarkeit (oR), sie ent- 


sprechen den 4 nach oben gekehrten Flächen OÖ und 9 mit 


= der zweiten Spaltbarkeit (—+R). Diese entsprechen in der 


Lage den 3 nach oben und den 6 nach seitwärts gekehrten 
Flächen oo O nahe zu, weil nach dem obigen Zwillingsgesetze 
immer eine Fläche —+R der Individuen 2, 3, 4 mit einer 
von 1 vollkommen, auch in ihrer Streifungsrichtung zusammen- 
fällt. Es tritt also hier am Vierlinge der an der Spaltungs- 
form eines Individuum nicht mögliche Fall ein, dass die schein- 
bar gleichliegenden Flächen (einerseits O, andererseits oc O) 
auch physikalisch vollkommen gleichwerthig sind. 

Bis zu welchem Grade entsprechen sich in ihrer gegen- 
seitigen Lage die Flächen OÖ mit oR und © O mit —-R? 
Eine Winkeldifferenz ist vorbanden, sie ist aber gering, so 
dass der in diesem Falle von Haur begangene Irrthum be- 
sonders in Hinblick auf die damaligen Methoden der Winkel- 
messung wenig grösser ist und kaum anders beurtheilt werden 
darf als der Irrthum aller Mineralogen, welche den Leucit 
für tesseral hielten. 

Die Winkeldifferenzen betragen bei zur Grundlage meiner 
Messungen nämlich: 


zwischen den scheinbaren Flächen: 
OÖ statt 109° 28° — 105° 13’ 38” 
o0OuOQ „ 144 44 — 142 36 49 
x©0 „ 120 — 


a. die 3 an der oberen Endecke . . . . 116° 32’ 58” 
b. die 6 zwischen den scheinbaren Rand- 

BAREBONES ree| 
c. die 3 von den unteren scheinbaren Rand- 

eeken nach-unten hin... .. 27.2.2. 1107°32: 98 
d. die 3 von den oberen scheinbaren Rand- 

Peken vach unten hin... .. 0.329128. 59:.45 


Die sechs letztgenannten Flächen —+R bilden also nicht 
wie die 6 entsprechenden Flächen © O eine regulär - sechs- 


legung meiner Winkel = 169° 50’) geneigt. Wäre der Endkantenwinkel 
R = 90°, so würde ein Achtling geschlossen sein, d. h. keine freien 
Endkanten mehr haben; da er kleiner als 90° ist, bleibt der Vielling 
stets umgeschlossen, 


seitige Säule, sondern die untere Hälfte eines Scalenoeders, 
welches mit —+R die Randkanten gemein hat, also ein 


— ;Ron ist. n bekommt den Werth = 17,863. en 


die stumpfe Endkante Y = 123° 55’ 15” 
die scharfe Endkante X = 116 32 58 
die Randkante Z = 169 39 — 


Es ist ein Hauvr’sches metastatisches Scaleno@der, nach 
Naumann der zweiten Art*), denn es hat den scharfen End- 
kantenwinkel X gleich dem Endkantenwinkel des eingeschrie- 
benen (Randkanten-) Rhombo@der —-R und die stumpfen 


Flächenwinkel von —t+Rund —+R 17,863 sind gleich 108°. 


VI. Neues Zwillingsgesetz am Antimon. 


Bei den im Obigen mitgetheilten Beobachtungen wurde 
zum Vergleiche mehrmals chemisch-reines, spätbiges Antimon 
zur Hand genommen. Dasselbe hatte ich früher aus der 
chemischen Fabrik von TROMMSDORFF in Erfurt bezogen; es 
waren Stücke einer sehr grobspäthigen, fingerdicken Antimon- 
gussplatte. Mit Leichtigkeit konnte man sich daraus bis 
10 Mm. grosse Spaltungsstücke (—5R.oR) spalten, wie es 
schon Marx gethan hat. Dieselben zeigen (Taf. XIV. Fig. 15) 
auf der ersten Spaltungsflläche oR neben der oben (V.) er- 
wähnten Streifung parallel den Combinationskanten oR:— ;R 
durch Oscillation dieser beiden vorzüglichsten Spaltungsrich- 
tungen stets noch eine zweite viel feinere, kaum mit blossem 
Auge sichtbare Streifung, welche der ersteren parallel ist. 
Dieselbe wird aber nicht durch Oseillation ungleichwerthiger 
Spaltungsflächen gebildet; das sieht man sehr gut trotz der 
Feinheit der Streifen unter der Lupe. 

Man hat es also mit einer polysynthetischen Zwillings- 
streifung zu thun, wie bei den Plagioklasen, beim Kalkspath 
u. Ss. w., oder wie neuerdings SADEBECK entdeckt hat, beim 
Bleiglanze **) und Eisen. ***) Die Spaltfläche oR ist nämlich 


*) Lehrbuch der reinen und angewandten Krystallographie I. 1829. 
pag. 434. 

**%) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874. pag. 631 fi. 

***) Ebendaselbst pag. 638 und N. Jahrb. für Mineralogie u. Ss. w 
1875. pag. 44. 


5 N h a ‚ Ask x, 4 h N - Ya aa 4 u 
Be a Sara l amd m Sad na Z in. mh ab hucı au auzl DD 2 um a hl Bd Lu ae a 2 


615 


keine vollkommene Ebene, sondern erscheint durch eingescho- 
bene, äusserst feine Zwillingslamellen vielfach fein geknickt 
unter sehr stumpfen Winkeln. Diese die Streifung veranlas- 
senden Knickungen gehen nun stets allen Combinationskanten 


oR:—+R parallel, schneiden sich also auf oR unter 60° 
(120°). Die ersten Spaltflächken oR! der eingeschobenen 


Zwillingslamellen bilden mit oR einen sehr stumpfen Winkel 


und zwar immer so, dass sie mit der in derselben Zone lie- 
genden Fläche —+R gleichsinnig, aber nicht so stark geneigt 
sind; d. h. die Spaltflächen oR! der Lamellen haben zum 
herrschenden Individuum die Lage eines sehr stumpfen nega- 
tiven Rhomboäders. | 

Die Existenz dieser sehr feinen Zwilligslamellen verräth 
sich nur auf der äusserst vollkommen das Licht reflectirenden 
Fläche oR; man sieht durchaus keine Spur von ihnen auf den 
durch horizontale Streifung entstellten und im Lichtreflex da- 
durch sehr beeinträchtigten Spaltflächen —-R. Die Streifen, 
die sich dort häufig zeigen, sind Sprünge, welche den benach- 
barten Kanten von —-R parallel gehen und durch die Spalt- 
barkeit dieser benachbarten Flächen — ZR veranlasst werden. 
Sie stossen deshalb an der Kante oR:— +R mit einer oscil- 
latorischen Streifung durch —;R auf oR zusammen. 

Eine Ableitung des dieser polysynthetischen Zwillings- 
streifung- zu Grunde liegenden Gesetzes aus den ebenen Win- 
keln zwischen den Kanten der Spaltungsform und den Zwil- 
lingslamellen war somit unmöglich. Es wurde deshalb an den 
besten Spaltungsstucken der Versuch gemacht, die ein- und 
ausspringenden Winkel zwischen den breiten Flächenelementen 
oR und den haarfeinen oR! direct im grossen Reflexionsgonio- 
meter zu messen.*) Eine scharfe sichere Messung mit den 
gewöhnlichen linearen Signalen war dabei unmöglich. Als 
Signal diente der allgemeine Lichtreflex einer Oeffnung im 
entfernten Fensterladen am Tage oder einer ebenso weiten 
hellen Gasflamme am Abend. Der Lichtreflex wurde theils 
mit dem Fernrohre, theils mit dem aus diesem, durch Vorlage 


*) SaneEBEck (Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874. pag. 632) hat für die 
Ermittelung des analogen Gesetzes am Bleiglanze denselben Weg einge- 
schlagen, obwohl er die ebenen Winkel auf alle Flächen »O w messen 
konnte. 


Da... 


einer Linse gemachten Mikroskope beobachtet. In beiden 
Fällen fielen die leicht auffindbaren Maxima des Lichtreflexes 
stets zusammen. Die Kante oR:— ZR wurde cenirirt und 
justirt und der Lichtreflex der dieser Kante zunächst liegenden 
Zwillingslamelle (o RÜ) zur Messung benutzt. Gemessen wurde 
mit Repetition die Neigung oR:oR! und, um ein Urtheil 
über die Zuverlässigkeit dieser Messung mit allgemeinem 
Lichtreflexe zu gewinnen, auf dieselbe Weise oR:—+R, 
welcher Winkel nach Ross 142° 58’ nach mir 142° 36’ 49” 
beträgt. 


Am Tage erhielt ich im Mittel aus 4 Beobachtungen: 
oR:oR! = 176° 44’ und oR:— IR = 1422°48' 

am Abend im Mittel aus 3 Beobachtungen: 

oR:08 = 116° 5A undch. PB 1,9% 
Die Abendsignale waren für oR:oR!, die Tagessignale 


für oR:--{R besser. Da letztere Messung- bis auf einige 


2 
Minuten richtig ist, darf man erstere auch nahezu als richtig 
annehnen. 

Wenn oR:oR! 176° 54’ bilden, so bilden die Axen e:c’ 
3° 6’ miteinander und die Zwillings- und Contactebene ist 
eine mR-Fläche, deren geneigte Diagonale mit Axe ce 1° 33° 
bildet. Daraus bestimmt sich m = 24,18.*) Die Form 24R 
ist für die rhombo&ädrischen Metalle eine einfache und deshalb 
befriedigende und wahrscheinliche; sie ist nämlich die vierte 
schärfere von —;R und —ZR ist nach G. Rose**) am 
Arsenik eine sehr häufige Form. Dieser Widerspruch in den 
Vorzeichen liess mich nochmals auf das Sorgfältigste das spä- 
thige Antimon dahin beobachten, ob auch nicht — 24R die 
Zwillingsebene sein könnte, d. bh. ob am Hauptindividuum die 
Flächen oR! nicht die Richtung eines sehr stumpfen positiven 
Rhomboe&ders hätten; aber niemals zeigten das die Lamellen. 
Geht man bei der ferneren Besprechung dieses Zwillings- 
gesetzes von der Zwillings- und Contactfläche 24R aus, so 
bilden oR und oR! einen ein- und ausspringenden Winkel 
von 176° 52’ 38” und die beiden Hauptaxen 3° 7’ 22”. 


*) Geht man von der unsicheren Tagesmessung — 176° 44’ aus, so 
ist m — 23, also unwahrscheinlicher. 
*%) Abhandl. d. Berl. Akad, 1549. pag. 82, 


RN re 


WERLUN, FLENWIBGEZENNE WIE 


617 


Nach diesem Gesetze erhält man einen Zwilling (Taf. XIV. 


Fig. 16), wenn man ein Individuum (— ZR:oR) parallel mit 


einer Fläche von 24R durchschneidet und in der Schnittfäche 
die Hälften gegeneinander um 180° dreht. Die Drehungs- 
oder Zwillingsaxe hat ungefähr die Lage einer Endkante von 
—;R oder einer schiefen Diagonalen von — „;R; sie bildet 
mit der Hauptaxe e 88° 26° 19”, während die Endkante -— R 
nur 88° 26° 11” bildet. 

Die Zwillings- oder Contactebene ist ein symmetrisches 
Sechseck mit parallelen gegenuberliegenden Seiten. An den 
beiden langen, in der Basis parallel einer Kante mit — + 
liegenden Seiten liegen, die 4 Winkel von 146° 12’ 50” und 
zwischen den kurzen Seiten an den Randkanten von —-R 
die zwei Winkel von 67° 34’ 20”. Diese Zwillingsebene 
theilt das Individuum in 2 congruente Hälften und bildet mit 
oR 88° 26’ 19”, mit —+R 71° 1’ 35”. Am Zwillinge be- 
tragen also die ein- und ausspringenden Winkel 

oa .ohr: % 1100.92. 38 
—4+R:—ZR!= 142 5 10 


2 


Am ausspringenden Winkel haben die Flächen oR die 
Gestalt eines gleichseitigen Dreiecks, am einspringenden die 
eines symmetrischen Trapezes; —+R ist beim Zwilling am 
ausspringenden Winkel ein Trapezoid, am einspringenden ein 
ungleichseitiges Dreieck, wenn oR durch die Randecken von 
—„R geht. 

Die Zwillingsebene schneidet sich mit —;R so, dass 
sie auf —-+R mit deren Combinationskante mit oR oder mit 
deren horizontalen Diagonalen den ebenen Winkel von 113° 


43’ 46” (66° 16° 14”), mit deren geneigter Diagonalen 23° 


ee 


43’ 46” (156° 16’ 14”) bildet. Figur M7 auf Tafel XIV. zeigt 


einen solchen polysynthetischen Zwilling vergrössert und so 
dass nur nach der Richtung von einer Fläche von 24R die 
Zwillingsbildung erfolgt. Erfolgt sie aber, wie das immer 
der Fall ist, nach allen 3 Flächenrichtungen von 24R (Fig. 15 
Taf. XIV.), so verlaufen die Zwillingslamellen und Streifen, 


welche man in Wirklichkeit auf —+R nicht zu erkennen 
vermag, auf —4+R derartig, dass sie mit der Combina- 
tionskante oR: —{R (horizontale Diagonale von —zR) 


113° 43’ 46” (66° 16’ 14”) mit der geneigten Dia- 


gonalen von —+R 23° 43’46” (156° 16’ 14”), untereinander 


47° 27' 32” (132° 32° 23”), mit den Kanten von — R 77° 


43’ 46” (102° 16’ 14”) - oder 30° 16’ 14” (149° 43° 46°) 


bilden, weil die ebenen Winkel von —;R an den Endecken- 


108° betragen. 

Ich hebe nochmal hervor, dass sich alle diese Winkel- 
angaben auf die aus 24R berechneten Winkel und auf die 
Messungen an den Krystallen von Muünsterbusch beziehen. 

Wenn sich die Lamellen verschiedener Richtungen kreu- 
zen, so lenken sie sich am Kreuzungspunkte gegenseitig etwas 
ab in ihrem Verlaufe, aber niemals in ihrer Richtung; das 
Wieviel hängt von der Dicke der Lamellen ab. Sie erschei- 
nen am Kreuzungspunkte geknickt. Eine andere Unterbrechung 
und Ablenkung der Lamellen am Kreuzungspunkte mit den 
anderen Streifen auf oR, gebildet durch Oscillation der beiden 
vollkommenen Spaltflächen, ist nur eine scheinbare, weil auf 
beiden Seiten dieser letzteren Streifen die Flächen oR in 
etwas verschiedenem Niveau liegen. 

Meist gehen, wie es scheint, die eingeschobenen Lamellen 
ununterbrochen durch das ganze Hauptindividuum hindurch, 
sehr häufig sieht man sie aber auch mitten in demselben all- 
mählich sich auskeilen, oder sie hören am Kreuzungspunkte 
mit-einer durchgehenden anderen Lamelle auf. Die Verthei- 
lung und Breite der eingeschobenen Lamellen ist eine sehr 
ungleiche; bald liegen sie nahe zusammen, bald weit aus- 
einander, aber nie so nahe und regelmässig, das gestreifte 
Scheinflächen entstehen. Nie werden sie stärker als ein ganz 
feines Haar. 

Diese Zwillingsstreifung ist somit ganz analog der kürzlich 
von SADEBECK*) so eingehend beschriebenen Zwillingsbildung 
am Bleiglanze und der mehrfach namentlich von Ross**) und 
ReuscH***) bearbeiteten am Kalkspathe. Man darf deshalb 
bei solchen Antimonzwillingen wie im Bleiglanze wegen der 


Opacität der Substanz nicht sichtbare hohle Kanäle erwarten, 


welche Rosz beim Kalkspath beobachtet und beschrieben hat. 
Reusch hat diese polysynthetischen Zwillinge beim Kalk- 


*) Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874. pag. 634 ff, 
*#) Abhandl. d. Berl, Akad. d. Wiss. 1868, 
%**) Pocc. Ann. CXXXI. pag. 441. 


Er 


= 


Up’ re 
BR nn 


619 


= ik bekanntlich durch Druck nach bestimmten Richtungen 


ET EIER ER 


RE 


% 


künstlich dargestellt. Das gelang SapzBeck beim Bleiglanze 


nicht, vielleicht nur wegen dessen grosser Sprodigkeit bei 
seiner sehr vollkommenen Spaltbarkeit; der Bleiglanz zer- 
bröckelte bei jedem Drucke in kleine Hexaäder. Vielleicht 
gelingt es trotz der grossen Spaltbarkeit bei dem etwas ge- 
schmeidigen und zähen Antimon. Zu solehen Versuchen fehlte 
mir das geeignete Material. 

'Rosz ist deshalb sehr geneigt, diese polysynthetischen 
Zwillinge des Kalkspathes als Folge von, nach der Bildung 
erfahrenem, Druck aufzufassen. Das mag beim Kalkspath und 


beim Bleiglanz möglich sein, bei meinem Antimon — wie oben 


gesagt ein Stück einer fingerdicken Gussplatte — ist es un- 


_ wahrscheinlich. Dasselbe hat nämlich einen äusseren Druck 
nur beim Zerbrechen erfahren, ma musste also zu inneren 


Drucken beim Erstarren und Erkalten des Antimons seine Zu- 


_ flucht nehmen, die allerdings nicht unwahrscheinlich, bis jetzt 


aber noch ganz hypothetisch sind. Dieses Zukunftsgebiet. der 
feinsten physikalischen Untersuchungen können wir vorläufig 


nicht betreten. 


Zum Schlusse drängt sich noch die Frage auf, zeigen alles 


 Antimon und die anderen isomorphen Metalle diese oder eine 


analoge Zwillingsbildung? 
Zur Beantwortung dieser Frage fehlt mir vorläufig das 


_hinlängliche Beobachtungsmaterial. 


Für heute kann ich nur folgende vergleichende Beobach- 
tungen mittheilen: 

1. Alle Theile des genannten späthigen , chemisch-reinen 
Antimons zeigen unter der Lupe diese Zwillingsbildung schön 
und deutlich. 

2. Unter den Krystallen von Muünsterbusch zeigte mir 
bisher nur ein Zwilling zweiter Art diese eingeschobenen 
Zwillingslamellen genau in derselben Weise, aber so fein, dass 
nur in der grellsten Beleuchtung, aber dann deutlich und 
zweifellos, die Kniekungen in ihrer Richtung und Neigung 
wiederzuerkennen waren. 

3. Schlechte, nur feinspäthige und abgestossene Stucke 
von reinem Antimon im hiesigen chemischen Laboratorium 


zeigten dieselbe Erscheinung aber nicht gut. 


ap 


BR 9, 
En et 


620 


4. Das grobkörnige natürliche Antimon von Allemont im 
Dauphine zeigt dieselbe Bildung sehr fein und schön. | Ne 

5. Eine ganz analoge Zwillingsstreifung zeigt in fast 
gleicher Schönheit und Deutlichkeit auch das natürliche und 


künstliche Wismuth, welches mir vorliegt. Das Erstere sind 


späthige oder sehr grobkörnige Stücke von Altenberg in 
Sachsen und das Letztere ist ein Stück eines ebenfalls grob- 
körnigen Kuchens chemisch reinen Wismuths, welches ich 
früher von TROMMSDORFF in Erfurt bezogen habe. 


Von den anderen rhomboä@drischen Metallen habe ich 


weder natürliche noch künstliche Vorkommnisse in so grob- 
körnigen oder späthigen Stücken, um diese Beobachtung an- 
stellen zu können. Wenn nicht allgemein für alle rhombo&- 
drischen Metalle, so dürfte diese Zwillingsbildung wenigstens 
am Antimon und Wismuth eine sehr- gewöhnliche sein, und es 
ist interessant, dass sie am natürlichen und künstlichen Anti- 
mon und Wismuth scheinbar in ganz derselben Ausbildung 
vorkommt. 

Die früheren ausgezeichneten Beobachter dieser Metalle 
haben diese Streifung wohl nicht beobachtet, denn in der mir 
hier zugänglichen Literatur findet sich keine Andeutung dar- 
über. Ross*) sprieht zwar von der gleichseitig dreieckigen 
Streifung auf der Spaltfläche oR am Zink und QuEnsTeot **) 


von der gleichen am Antimon, aber Beide mit dem ausdrück- 


lichen Zusatze, dass diese Streifen durch Oseillation mit der 
anderen Spaltbarkeit entstehen. Vom Arsenik von Worlik 
sagt v. ZEPHAROVICH ***): „Die Zusammensetzungsstücke feder- 
artig gestreift‘‘; wie das zu verstehen ist, weiss ich nicht, 
weil mir die Arbeiten von ZıppE in den Verhandlungen der 
Gesellschaft des böhmischen Museums fehlen. 


*) Abhandl. d. Berl. Akad. 1549. pag. 96. 
**) Mineralogie 1803. pag. 590. 
»°°*) 'Mineralogisches Lexicon I. pag. 35° 


Aachen im März 1875. 


er ve 


Erklärung der Tafeln. 


Tafel XII 


Figur 1—6 einfache Krystalle von Antimon von Münsterbusch. 
1. R vergl. S. 585. 


2. BR,oR vergl. S. 586. 
(ws 3. R.oR im Gleichgewicht, vergl. S. 556. 
\ 4. R.oR.--AR als Spaltfläche, deshalb gestreift, vergl. 
| S. 586. 
£ 9. R.—4R5, vergl. S. 589. 
| 6..B.0oR.-2R.—- 1W.&B2, vergl. 597. 
N Figur la—da, deu. 7a Zwillinge von Antimon von m NN 
| in rhomboedrischer Stellung. 


\ la: R vergl. S. 591. 
2a. R.oR Zwillinge vergl S. 591. 
32. :R.oR I. Art vergl. S. 591. 


k 3c- oR.R vergl. S. 587, 591 
j 72 R.oR Zwilling U. Art, vergl. $. 59. 
\ Figur 1b—- 3b, 3d, 7b: Zwillinge von Antimon von Münsterbusch 
H in rhombischer Stellung, 
I IR es 8 385 501 u 50, 
Bo 2b. R.oR | Zwillinge vergl. S. 591 u. 59. 
8b, R.oR I. Art vergl. S. 591, u. 992. 
3d. oRC.R vergl, S. 587, 591 u. 592. 


7b. R.oR, Zwilling II. Art, vergl. S. 591 u. 592. 
Figur 8a. Durchkreuzungszwillig von Antimon von Münsterbusch 
in rhombo&drischer Stellung R.oR, vergl. S. 592 u. 593. 
Figur 8b. Derselbe in rhombischer Stellung, vergl. S. 592 u. 5%. 


Tafel XIV. 


Figur 9. Ausbildungsweise und parallele Aggregation der Zwillinge 
von Antimon von Münsterbusch. Aus einem Zwilling zweiter Art ragen 
zwei Durchkreuzungszwillinge oben heraus, vergl. S. 592 ff. in rhom- 
bischer Stellung. 

Figur 10. Ausbildungsweise und parallele Aggregation eines ein- 

- fachen Krystalls von Antimon von Münsterbusch in rhombo&drischer Stel- 
u = lung, vergl, S. 587, 590 u. 594. 

Figur 11. Ausbildungsweise, parallele Aggregation und treppenartige 
Vertiefung der Flächen R eines einfachen Kıystalles von Antimon von 
Münsterbusch in rhombo&drischer Stellung, vergl. S. 594. 

Fig. 12. Zwilling erster Art von Antimon von Münsterbusch in 
rhombischer Stellung mit den Anfängen der treppenartigen Vertiefung 
der Flächen R, vergl. S. 592 u. 59 ft. 


622 


Figur 13. Ausbildungsweise, parallele Aggregation und treppenartige = 
Vertiefung der Flächen R eines Zelnes erster Art von Antimon von 


Münsterbusch, vergl. S. 595. 
Figur 13a. In rhomboedrischer Stellung. 
Figur 15b. In rhombischer Stellung. 
Figur 14 -17. Spaltungsstücke (—4R.oR) ven reinem künstlichen 


Antimon mit Zwillingsstreifung nach dem Gesetz: Zwillingsebene und 


Contactfläche eine Fläche von 24R, vergl. S. 614 ff. 

Figur 14. Hauptschnitt durch einen polysynthetischen Zwilling; die 
Schraffirung zeigt die Spaltbarkeit von —zR senkrecht zum Haupt- 
schnitte. 

Figur 15. zeigt den Verlauf der Streifung auf oR und — +R nach 
allen Flächen von 24R. _ 

Figur 16. Hemitroper Zwilling nach diesem Gesetze. 

Figur 17 zeigt zwei nach einer Richtung von 24R eingeschobene 
Zwillingslamellen vergrössert in einem Hauptindividuum. 


623 


3. Rother Gneiss und Kalkstein im Wilischthal 
s im Erzgebirge. 


Von Herrn Ernst Karkowsky ın Leipzig. 


In der archäischen Formation des sächsischen Erzgebirges 
findet sich in weiter Verbreitung ein Gestein, welches als 
„rother Gneiss‘‘ von den übrigen Urgneissen abgesondert und 
von den Freiberger Geologen vielfach beschrieben worden ist. 
In der That erregt dieser rothe Gneiss bald die Aufmerksam- 
keit des wandernden Geologen, sei es durch seine Zusammen- 
setzung und Structur, in welcher letzteren er gewissermaassen 
die Mitte einhält zwischen Gneiss und Granit, sei es durch 
die Art seines Auftretens: es sollen zahlreiche Beobachtungen 
angestellt sein, nach denen der rothe Gneiss die anderen ge- 
schichteten Gesteine der archaischen Formation durchsetzt; 
es wurde in Folge dessen behauptet, dass der rothe Gneiss 
eruptiv sei.*) 

Unter solehen Umständen erregte es mein Interesse, als 
ich während meiner Thätigkeit als Sectionsgeolog der säch- 
sischen Landesuntersuchung auf der Halde eines Kalkwerkes 
Stücke von rothem Gneiss und von Kalkstein durcheinander 
_ liegend fand; es war zu vermuthen, dass sich hier genetisch 

wichtige Beobachtungen über das Verhältniss von rothem 
Gneiss zu Kalkstein anstellen liessen. 

Wenn man bei der Haltestelle Wilischthal oberhalb Zscho- 
pau die (hemnitz- Annaberger Eisenbahn verlässt, so gelangt 
man in etwa einer halben Stunde auf einer neuen Ohaussee 
in der Richtung auf Ehrenfriedersdorf zu an das Kalkwerk 
Griesbach, Das Kalklager daselbst wird schon über 200 Jahre 
ausgebeutet, und die unterirdischen Abbaue haben grosse 
Höhlungen erzeugt; bei der dort herrschenden Trockenheit 
kann man jedoch, obwohl das Werk gegenwärtig nicht in 


*) Cfr. MüLLes, Corra, SCHEERER, STELZNER’S Arbeiten. 
Zeits. d.D. geol. Ges. XX VII. 3. 41 


62. 


Betrieb ist, die Gruben bis zur Tiefe des Tiefen Leopold- 
Stollens bequem besuchen und in den Abbauen nnd Stollen 
die geognostischen Verhältnisse studiren. 

Die Kalklager von Griesbach, Venusberg und Herold 
liegen in einer Richtung neben einander in die Glimmer- 
schieferschiehten des Erzgebirges eingeschaltet; diese streichen 
dort im Allgemeinen NO-SW, das Einfallen in NW beträgt 
im Durchschnitt nur etwa 20 Grad. 

Der Glimmerschiefer der Umgegend von Griesbach be- 
steht aus grossen Blättern und Lamellen von graulichweissem. 
Glimmer und Quarz, nebst ziemlich vielen aber kleinen Körn- 
chen von Orthoklas, sodass das Gestein noch in Anbetracht 
der Verhältnisse des ganzen Schichtensystems in der weiteren 
Umgebung des Griesbacher Kalklagers als ein Gneiss-Glimmer- 
schiefer zu bezeichnen ist. Als accessorischer &emengtheil 
tritt häufig Granat in kleineren oder grösseren Rhombendode- 
ka@dern auf. Dieser Gneiss-Glimmerschiefer wird von rothem 
Gneiss, dem typischen rothen Gneisse des Erzgebirges con- 
cordant überlagert. Letzterer bildet jedoch, ehe er auf der 
Weiss Leithe zu machtigerer Entwickelung gelangt, noch drei 
Einlagerungen in den neiss-Glimmerschiefer, die ebenfalls 
vollkommen gleichmässig eingeschaltet sind, ein Verhältniss, 
wie es von den Freiberger Geologen schon oft beschrieben 
worden ist. Das unterste dieser drei Lager von rotbem 
Gneiss, die nur theilweise anstehend zu beobachten sind und 
sich auch nur auf kurze Strecken in Feldsteinen verfolgen 
lassen, liegt nun unmittelbar auf dem nordöstlichen Theil des 
Kalklagers, während sich im sudwestlichen Theil noch ein 
Lager eines drusigen kalkhaltigen Spatheisensteins zwischen 
Kalk und rothem Gneiss einschiebt, an dem es nicht gelang, 
besondere Contacterscheinungen zu beobachten. Unter dem 
Kalklager liegt eine Schicht von kalkhaltigem Glimmerschiefer, 
der bald in Gneiss- Glimmerschiefer übergeht, welcher dann 
nach dem Liegenden zu mit geringen Schwankungen in den 
wesentlichen und accessorischen Gemengtheilen auf weitere 
Entfernung hin herrscht. 

Diese Schichtenfolge giebt das nebenstehende Profil in 
Vosoo der natürlichen Grösse im natürlichen Verhältniss der 
Höhe und Länge nach der neuen Generalstabskarte des König- 
reichs Sachsen. A 


{ 
ef 
% 
v 
Dr 


= 


ee es I 


Abhang der. Ypsoo d. m. Gr. Lerchen- 

Weiss Leithe. \ berg. 
Wilischthal. 

Kalköten, 


5 & b a 


a rother Gneiss. b Glimmerschiefer ete. c Kalklager. 


Das Lager von rothem Gneiss auf der Weiss Leithe und 
die beiden am östlichen Abfalle derselben zeigen keine beson- 
deren bemerkenswerthen Eigenthümlichkeiten; sie sind eben 
typischer rother Gneiss, bestehend aus rothem Orthoklas, sehr 
wenig Plagioklas, Quarz und einem hellgrünen Muscovit; 
Granat findet sich hier nicht im rothen frneiss, ebensowenig 
&hlorit und Biotit, die dem Gneiss - Glimmerschiefer nicht 
gerade fremd sind. Der rothe Gmneiss ist geradschiefrig und 
meist dunnplattig, oft vielfach zerklüftet: diese Eigenschaften 
haben ihren Grund in der Ausbildung des Glimmers, der 
immer in einzelnen Schuppen und Blättern auftritt, nie zu- 
sammenhängende und verwachsene Häute bildet, wie der lichte 
Glimmer des Gneiss-Glimmerschiefers. An seiner Grenze nach 
dem Liegenden zu ist der rothe Gneiss vom Gipfel der Weiss 
Leithe bisweilen grobkrystallinisch, indem die intensiv gelb- 
grünen %limmerindividuen eine Grösse von 4 Quadr.-Ctm. bei 


entsprechender Dicke erreichen. Auch der Gneiss des dritten 


Lagers, das mit dem Kalkstein in Contact steht, ist vollkom- 
men typisch, wenngleich er glimmerärmer ist, als derjenige 
der anderen Lager. Vor der Schilderung des Contacts wird 
es jedoch nöthig sein, das Kalklager selbst etwas eingehender 
zu behandeln. 

Das Kalklager ist auf eine Strecke von ungefähr 300 M. 
abgebaut; es nimmt von oben nach unten an Mächtigkeit zu, 
denn während es in nur wenige Fuss breiten Nieren zu Tage 
ausgeht, soll es an den tiefsten Stellen der Grube ungefähr 
12 M. mächtig sein. 

ter Kalkstein ist nach zwei Analysen von Herrn Pro- 
fessor Dr. Wunper in Chemnitz fast reiner kohlensaurer 
Kalk (92,8 — 96,5 pCt.), kohlensaure Magnesia findet sich 

41 * 


626 


nur bis zu 2 püt.; der Rest sind Silicate und zwar wie g 
aus mikroskopischer und chemischer Untersuchung ergiebt, 
Quarz und lichter Glimmer, Die Masse des Kalksteins wird 
nun aber unterbrochen durch Einlagerungen von Silicatgestei- 
nen; diese, zum Theil mikrokrystallinisch, sind sämmtlich 
trotz eines verschiedenen Aeussern nur Abänderungen des 
Gneiss-Glimmerschiefers, der in der unmittelbaren Nähe des 
Kalklagers auftritt. Nach einer mikroskopischen Untersuchung 
sind die Gemengtheile dieser Einlagerungen Quarz, Muscovit 
(mehr dem des Gneiss-Glimmerschiefers ähnlich als dem des 
rothen Gneiss) Salit, Chlorit, Graphit, Pyrit. Diese Minera- 
lien sind in sehr verschiedenen Verhältnissen zu glimmer- 
schieferähnliehen Gesteinen aggregirt, aber alle. diese Gesteine 
enthalten auch Körner von Kalkspath, der als den anderen 
gleichwerthiger Gemengtheil auftritt, als “Gemengtheil, der 
gewiss mit dem Quarz und Glimmer zu gleicher Zeit in die 
Zusammensetzung der Einlagerungen eintrat. Bemerkenswerth 
sind nun die Verbandverhältnisse dieser Zwischenlager mit 
dem Kalkstein.*) Fast überall findet man nämlich, dass diese 
beiden Gesteine ohne allen Uebergang mit scharfen Grenzen 
aneinanderstossen : weder das bewaffnete Auge, noch die 
prüfende Stahlnadel vermag eine allmälige Mischung zu beob- 
achten. Ueberdies bilden diese quarzreichen Gesteine nicht 
etwa regelmässige, von ebenen Flächen begrenzte Einlagerun- 
gen, sondern sie treten meist in Form von verhältnissmässig 
kurzen Linsen auf, sie sind keilförmig und zackig mit dem 
Kalksteine verbunden, ja man kann bisweilen auf einer Bruch- 
fläche Bruchstücke von diesen grünlich grauen Gesteinen im 
schneeweissen Kalke zu sehen glauben. Dennoch unterliegt 
es keinem Zweifel, dass der Kalkstein und dieses glimmer- 
schieferartige Gestein demselben Bildungsacte ihr Entstehen 
verdanken. 

Wie die Verbindung zwischen Kalk und Einlagerungen 
meist nur dadurch sich offenbart, dass der Kalkstein Quarz 
und Glimmer und das Gestein der Einlagerungen Kalkspath 
enthält, so zeigt auch die Nachbarschaft des Contactes zwischen 
Kalkstein und rothem Gneiss dasselbe Verhältniss. Leider 


*) An und für sich als geognostische Erscheinungen enthalten diese 
Beobachtungen durchaus nichts Neues. 


627 


_ beschränken sich hier die Mittheilungen auf Beobachtungen 


an Stücken auf der Halde. Denkt man sich aus diesen das 
Kalklager reconstruirt, so kann man im Profil folgende Er- 
scheinungen beobachten. 

Das Lager rothen Gneisses ist im Tiefen Leopold-Stollen 
nur ca. 4 Meter mächtig und ziemlich typisch ausgebildet: 
nur wird der rothe Gneiss dicht am Kalk etwes körnig, indem 
zugleich der weisse Glimmer zu mikroskopisch kleinen Schüpp- 
chen herabsinkt. Die Grenze gegen den Kalkstein, eine un- 
regelmässig verlaufende Linie mit Aus- und Einbuchtungen 
ist ebenso scharf, wie die des Gesteins der Einlagerungen 
gegen denselben; man kann mit einer Nadelspitze die Stelle 
bezeichnen, wo der Gneiss aufhört und der Kalk anfängt. 
Scharfe Grenzen gegen das Nebengesteiun sind überhaupt für 
den rothen Gneiss ziemlich charakteristisch. Allein auf nur 
wenige Centimeter von der Grenze enthält der rothe Gneiss 
Kalkspath, sein Pulver braust ziemlich stark mit Säuren. Die 
mikroskopische Untersuchung erweist, dass der Kalkspath 
nicht etwa in kleinen Aederchen von secundärer Entstehung im 
rothen Gneiss enthalten ist; er nimmt vielmehr als ursprüng- 
licher Gemengtheil in Körnerform an der Constitution des 
Gneisses Theil; er ist ebenso innig mit den Quarzen, Feld- 
späthen und spärlichen Glimmerblättchen verwachsen, wie 
diese es untereinander sind. Dabei ist jedoch nicht zu ver- 
kennen, dass der Kalkspath es liebt, mehr in kleinen Aggre- 
gaten sich an der Zusammensetzung zu betheiligen, als in 
einzelnen Individuen. Uebrigens scheint der Kalkspath auf 
die nächste Nähe der Grenze beschränkt zu sein; wenigstens 
enthielt ein Stück rothen Gneisses, das in der Grube von der 
hangenden Grenzfläche des abgebauten Kalklagers geschlagen 
wurde, nur noch äusserst wenig Kalkspath. Es fanden sich 
aber auf der Halde auch Stücke von rothem Gneiss, die ganz 
von Kalkstein umgeben waren, und diese brausten mit 
Schwefelsäure noch viel mehr, als der rothe Gneiss von der 
Contactfläche. 

Im Kalkstein selbst treten nun die Gemengtheile des 
rothen Gneisses auf, entweder allein oder in der Nachbar- 
schaft und in Abwechslung mit kleinen dunkel grüngrauen 
Partieen des dichten glimmerschieferartigen Gesteins. Na- 
mentlich die Muscovite erreichen die bedeutende Grösse von 


628 


2 Quadr.-Cm. Sie gleichen vollkommen den grossen Glimmer-. ex 


blättern, die in dem grobkörnigen rotben Gneiss der Weiss 
Leithe erwähnt wurden; sie besitzen dieselbe intensiv hell- 
grüne Farbe und sind ebenso leieht schmelzbar wie jene, 
Neben dem Glimmer stecken feinkörnige dichte Semenge von 
Quarz und fleischrothem Orthoklas im Kaikstein: Quarz und 
Feldspath wurden jedoch auch einzeln in grösseren körnigen 
Partieen beobachtet. 


Die doppelte Verbindung von Kalkstein und rothem 
Gneiss durch die gegenseitige Aufnahme der iu ihnen unwe- 
sentlichen Gemengtheile lässt keine andere Deutung zu, als 
dass beide Gesteine relativ gleichaltrig sind. Nimmt man den 
rothen Gneiss als eruptiv an, so könnte man vielleicht seinen 
Kalkgehalt an der Grenze auf eine mechanische Aufnahme bei 
der Eruption zurückführen wollen; doch wäre wohl schon 
dieses eine individuelle Auffassung, der nicht jedermann bei- 
stimmen wird. Was nun aber die Gneissgemengtleile im 
Kalkstein anbelangt, so ist es nieht möglich, dieselben etwa 
für © ontactmineralien, ähnlich denen, die z. B. der Granit 
bisweilen erzeugt hat, zu halten: es sind ja keine besonderen 
kalkhaltigen Silicate, sondern eben nur die Gemengtheile des 
vermeintlichen Eruptivgesteins, die in dem Kalkstein an der 
Contactgrenze stecken. Andererseits ist es auch nicht zu- 
lässig, diese Anbäufungen von Glimmer, Quarz und Feldspath 
im Kalkstein für grobkörnige Apophysen zu halten; obwohl es 
nicht gelang, au den Stücken der Halde nachzuweisen, dass 
diese Partieen allseitig von Kalk umgeben sind, so sind 
doch ihre Aggregation mit Kalkspatk und mit dem glimmer- 
schieferartigen Einlagerungsgestein, sowie das Fehlen irgend 
welcher scharfen Grenzen deutliche Kennzeichen, dass diese 
Gemenge von grossen Glimmerblättern mit oft dichtem Quarz- 
Feldspath eher mit dem umgebenden Kalkstein gleichaltrig 
sind, als mit dem rothen Gneiss. 

Man muss nach dem Vorstehenden zu der Ueberzeugung 
gelangen, dass bei dem Kalklager von Griesbach der rothe 
Gneiss keineswegs diejenige Unabhängigkeit von 
seinem Nebengestein zeigt, die nöthig wäre, um 


i 
N 


629 


denselben als ein Eruptivgestein auffassen zu 


_ können. Will man aber trotzdem die Erklärung der vorge- 


führten Erscheinungen mit der beliebten Prämisse beginnen, 
„Ja es bewiesen ist, dass der rothe Gneiss eruptiv ist“, so 
kommt man zu dem Schluss, dass auch der Kalkstein von Gries- 
bach eruptiv ist, denn bei einer gleichzeitigen Eruption 
von Kalkstein und rothem Gneiss könnte man noch am ehesten 
eine Vermischung derselben für möglich halten. Die Möglich- 
keit der Eruptivität des Kalksteins lässt sich nach den mi- 
kroskopischen Untersuchungen von BEHRENS”) und neuestens 
von ZIRREL**) nicht bezweifeln. Ist nun aber der Griesbacher 
Kalkstein eruptiv, so muss auch der ihn umgebende Glimmer- 
schiefer und endlich die ganze archäische Formation des Erz- 
gebirges eruptiv sein. Zu einem ähnlichen Resultat gelangt 
STELZNER ***), weun er unter Voraussetzung der Eruptivität 
des rotheu Gneiss sagt, dass „nach den Beziehungen, welche 
zwischen den Lagerungs- und Structurverhältnissen des rothen 
3neiss und denen des “limmerschiefers bestehen“, „,‚die 
Schichtung der krystallinischen Schiefer nur eine Parallel- 
structur ist, die sehr wahrscheinlich nicht durch innere, d. b. 
durch ursprüngliche Ablagerungs- oder Bildungsverhältnisse 
beeründet, sondern als die Folge von Einwirkungen fremder 
Kräfte anzusehen ist.‘ 

Warum sollte man aber nicht dem oft falschen Schlusse 
von einem Theile auf das Ganze den immer richtigen Satz 
vorziehen, dass das, was vom Ganzen gilt, auch von seinen 
Theilen gilt? Es ist wahrlich kein Grund vorhanden, um die 
ganze archäische Formation, zunächst des Erzgebirges, für 
nicht sedimentär zu halten (abgesehen von etwaigem Metamor- 
phismus). Wenn man verschiedene Gesteinsarten in vielfachem 
W®chsel übereinander geschichtet sieht, so denkt man doch 
wohl zuerst an eine sedimentäre Formation. Freilich ist die 
älteste Formation von den jüngeren ausser der petrographischen 
Verschiedenheit auch architektonisch abweichend construirt; 


*) Beurens, Vorläufige Notiz über die mikroskopische Zusammen- 
setzung und Structur der Grünsteine im N. Jahrb. f. Min. 1871. p. 460. 
**) Nach einer gütigen Mittheilung meines verehrten Lehrers aus 
einer noch nicht veröffentlichten Abhandlung. 
%#%) SteLzner, Die Granite von Geyer und Ehrenfriedersdorf pag. 6 
in Heft I. der Beiträge zur geognostischen Kenntniss des Erzgebirges. 


630 


man wird wohl kaum irgendwo im Urgebirge Formationsglieder 
finden, die eine so stetige, ebene Ausdehnung besitzen, wie 
etwa die Sohlenhofener Plattenkalke oder der Mansfelder 
Kupferschiefer. Es sind hier vielmehr verhältnissmässig kurze, 
im Allgemeinen linsenförmige Massen, die, von verschiedener 
petrographischer Zusammensetzung nicht nur übereinander 
abgelagert sind, sondern auch nebeneinander. Diese ein- 
zelnen Massen gehen überall an ihren Rändern ineinander 
über durch Vermischung der “Gemengtheile, und die Ver- 
knüpfung geschieht ferner auch noch durch das wiederholte 
Auftreten eines Gesteins, dessen Hauptentwickelungszeit schon 
vorbei ist. 

Wo nun der Kalkstein in einem solchen linsenförmigen 
Lager auftritt, gleichwie man kleine, wenige Centimeter grosse 
Linsen und Knollen von Kalkspath accessorisch in Glimmer- 
schiefern und Gneissen findet, da ist zur Annahme einer 
Eruptivität desselben kein Grund vorhanden und folglich 
ebensowenig einer für die des rothen Gneiss, wenn derselbe 
mit dem Kalkstein durch Gemengtheile gegenseitig verbunden 
ist, und er sonst im Uebrigen, soweit man ihn verfolgen kann, 
in der Form eines regelmässigen Lagers auftritt. — 

Die Hauptmasse des rothen Gneiss der Weiss Leithe, die, 
wie oben im Profil angegeben wurde, auf den Griesbacher 
Kalkstein folgt, wird bald von Gesteinen überlagert, die zur 
Phyllitgruppe zu rechnen sind. Es bildet somit der rothe 
Gneiss in dieser Gegend das oberste Glied der Glimmer- 
schiefer-Abtheilung der archäischen Formation des Erzgebirges. 

Es kann nicht im Entferntesten meine Absicht sein, nach 
den hier niedergelegten Beobachtungen eine Kritik der Fälle 
vorzunehmen, wo man den rotben Gneiss in durchgreifender 
Lagerungsform aufgefunden hat; doch lässt sich vermuth®n, 
dass sich auch diese Vorkommnisse ohne Hilfe der Eruptivität 
werden deuten lassen. Der rothe Gneiss unterscheidet sich 
gewiss gar sehr, aber nicht gerade absolut, von den Gesteinen, 
unter denen er vorkommt, durch Zusammensetzung, Struetur, 
Art des Glimmers, Mangel an accessorischen Gemengtheilen : 
und alle diese Eigenthumlichkeiten zeigt der rothe Gneiss des 
_Wilischthals, aber eruptiv ist er nicht. 


mn m nn 


631 


6. Ein Beitrag zur Gliederung der österreichischen 
Neogenablagerungen, 


Von Herrn R. Horrnes ın Wien. 


Sobald die einzelnen Beobachtungen über die in verschie- 
denen Gegenden in verchiedener Art und Weise zur Ablage- 
rung gelangten Schichten einer Formation bis zu einer gewissen 
Grenze vorgeschritten sind, und Fauna und Flora derselben 
mehr oder weniger genau bekannt ist, werden immer Versuche 
gemacht werden, fur einen grösseren oder kleineren Terrain- 
abschnitt die Parallelisirung der einzelnen Schichtfolgen durch- 
zuführen. Es ist bekannt, dass dergleichen Bestrebungen in 
den jüngeren Ablagerungen meist relativ leichter sind als in 
den älteren, und doch kann man sagen, dass gerade in den 
jüngeren Etagen der Tertiärformation viel mehr Verwirrung 
diesbezüglich herrscht als in älteren Formationen. 

' Die Sucht, locale, mehr oder weniger genau bekannte 
Schichtfolgen einander schematisch gleichzustellen, hat schon 
zu sehr argen Missdeutungen Anlass gegeben, zumal man ein- 
gestehen muss, dass oft nicht eine eingehende Untersuchung 
des gleichen oder verschiedenen Alters angestrebt wurde, son- 
dern die Aufstellung einer an wohlklingenden Namen möglichst 
reichen schematischen Tabelle. 

Es muss von vornherein als ein schwieriges Beginnen 
bezeichnet werden, für alle bekannt gewordenen Terrains und 
für eine ganze Formation eine schematische Parallelisirung in 
der beliebten Form einer Tabelle vorzunehmen, da, wie die 
Thatsachen lehren, man leicht in die Versuchung kommt, um 
des Schemas willen den in der Natur gegebenen Verhältnissen 
Gewalt anzuthun. Vielfache Unzukömmlichkeiten, die bald 
zum Vorschein kommen, zwingen dann in sehr kurzer Zeit 
zum Verlassen des Schemas und zur Aufstellung einer neuen 
Tabelle, die ebenso schnell wieder unbrauchbar wird. 

Durch alle diese systematischen Versuche, Ordnung in 


632 


das Gewirre von Localnamen zu bringen, wird im Gegentheil 


meist nur die Verwirrung durch Aufstellung neuer, gänzlich 
unbrauchbarer Stufennamen vermehrt. 

Es kann daher nicht befremden, wenn in Folgendem 
versucht werden soll, für eine relativ kleine Epoche und für 
ein beschränktes Gebiet, nämlich für die österreichischen 
Neogengebilde, einen Beitrag zur Unterscheidung der Gleich- 
zeitigkeit und Ungleichzeitigkeit der bezuglichen Ablagerungen 
zu liefern. 

Es hat bekanntlich Herr Prof. Cu. v. Mayer für die 
Neogenablagerungen eine Gliederung in sechs Stufen aufge- 
stellt, er unterscheidet von unten nach oben die 1. aquitanische, 
2. langhische, 3. helvetische, 4. tortonische, 5. messinische 
und 6. astische Stufe. 

Die Art und Weise, in welcher CH. v. MAYER die öster- 
reichischen Schichtenfolgen in sein System zwängt, enthebt 
mich der ausführlichen Auseinandersetzung, warum das- 
selbe für die Österreichischen Neogenablagerungen keine An- 
wendung finden kann, ich erlaube mir bloss die hierauf be- 
zügliche Stelle in Haver’s Geologie pag. 554 zu eitiren, 
welche lautet: 

"4 Wie wenig aber diese Eintheilung überhaupt auf un- 
sere Vorkommen passt, ergiebt sich am deutlichsten aus der 
den directen Beobachtungen in keiner Weise entsprechenden 
Stellung, welche denselben in der ganzen Reihenfolge ange- 
wiesen wird. So wird beispielsweise der Leithakalk unserer 
Neogenablagerungen, der von Fuchs und KARRER, wie ich 
glaube mit vollem Rechte, als ein dem Badener Tegel gleich- 
"alteriges Faciesgebilde betrachtet wird, nach STUR aber an 
vielen Stellen unzweifelhaft über dem letzteren liegt, in die 
tiefere, helvetische Stufe, der Badener Tegel dagegen in die 
höhere, tortonische Stufe gestellt. —* 

Der grösste Theil der Neogenablagerungen ist im Wiener 
Becken in ausgezeichneter Weise vertreten und dort Gegenstand 
eines so genauen Studiums geworden, dass nunmehr über das 
relative Alter der einzelnen Schichten wenig Zweifel übrig 
bleiben, und die erheblichen Schwierigkeiten, welche sich den 
Untersuchungen in dieser Beziehung entgegenstellten, nun 
grösstentheils als überwunden betrachtet werden können. 

Als erstes und grösstes Hinderniss muss das Neben- 


’ 


einanderlaufen von lacustrer und mariner Entwickelung in fast 
allen Etagen der Neogenepoche angeschen werden. Es ist 
klar, dass wir z. B. in der böhmischen Braunkohle keine 
Gliederung analog jener, wie sie sich in den marinen Schichten 
des Wiener Beckens findet, vornehmen können, und uns be- 


. gnugen mussen auf (Grund der Flora des älteren Theiles der böh- 


mischen Braunkohle, diesen Theil für ungefähr gleichzeitig mit 
den steierischen Sotzkaschichten anzusehen. Im Allgemeinen 
ist man rucksichtlich der lacustren Ablagerungen auf die Flora 
angewiesen, deren Veränderungen jedoch so allmälig vor sich 
gegangen sind, dass keine so scharfen Abtheilungen gemacht 
werden können, als man dieses bei der Meeresfauna zu thun 
im Stande ist. So ist man gegenwärtig hauptsächlich durch 
die Untersuchungen Stur’s nur im Stande ]. eine Flora der 
Sotzkaschichten, 2. der Mediterranstufe (ohne Trennung in 
eine jüngere und ältere), und 3. der jüngeren Kohlenablage- 
rungen, namlich der sarmatischen und der pontischen Stufe 
zu unterscheiden, während die Gliederung der marinen Faunen 
ausserordentlich mannigfaltig ist. Es ist ferner bekannt, dass 
die Landfauna eine womöglich noch langsamere Veränderung 
erlitt; — dass, wie Suess nachgewiesen hat, die Säugethier- 
fauna seiner ersten Mediterranstufe nahezu unverändert waäh- 
rend der zweiten Mediterranstufe und der sarmatischen Etage 
fortlebte, um erst zur Zeit der Uongerienschichten einer neuen 
Fauna Platz zu machen, was um so bemerkenswerther ist, als 
abgesehen von den Veränderungen der Meeresfauna in den 
Mediterran-Epochen zwischen der zweiten Mediterranstufe und 
der sarmatischen Etage eine fast vollkommene Verdrängung 
der ‘alten Meeresbewohner und eine Einwanderung einer neuen 
Fauna von polarem Habitus stattfand. 

Noch mehr als die angeführten Verhältnisse waren die 
Facies - Verschiedenheiten in den marinen Ablagerungen im 
Stande, die Unterscheidung von wichtigen Horizonten zu er- 
schweren. Gleichzeitig gelangten in den Meeresbecken Schlamm 
(Tegel), Sand und Geröll (Conglomerate) und vorzugsweise 
durch die Thätigkeit der Lithothamnien Kalkmassen (Nulli- 
porenkalk) zur Ablagerung. Sowohl in der ersten als in der 
zweiten Mediterranstufe finden sich diese Faciesverhältnisse; 
— auch in der sarmatischen Stufe und selbst in den Con- 


\ 


634 


gerienschichten (wenn auch nicht in so ausgedehntem Maasse) 
begegnen wir ähnlichen Thatsachen. 

Man hat nun in früherer Zeit ‘alle diese diversen Abla- 
gerungen als zeitlich verschiedene Horizonte angesehen, — 
welcher Auffassung zuerst durch Suess entgegengetreten wurde, 
FucHas und KarRER haben dann durch die detaillirtesten Unter- 
suchungen im inner-alpinen Wiener Becken für die zweite 
Mediterranstufe die Gleichzeitigkeit der Schlamm-, Sand- und 
Kalkablagerungen, nämlich des Badner Tegels, des Pötzleins- 
dorfer Sandes und des Leithakalkes nachgewiesen, und es 
kann, trotzdem auch die gegentheilige Ansicht bis heute ver- 
theidigt wird, die „Leithakalkfrage* als erledigt betrachtet 
werden. 

Es scheint nun an der Zeit, auch für die übrigen Tertiär- 
stufen diese oder ähuliche Faciesverhältnisse nachzuweisen, 
wie es Fuchs in der That bereits für das vicentinische Oli- 
gocän gethan hat, und wie es in den folgenden Zeilen für 
Suzss’s erste Mediterranstufe versucht werden soll. — 


nn mn une nen 


Wir können in den österreichischen Neogen-Ablagerungen 
folgende Stufen unterscheiden: 

1. Sotzkaschichten, ungefähr dem entsprechend was 
man gewöhnlich als „Aquitanien“ MAyver’s betrachtet. 

2. Erste Mediterranstufe (Suess), nach Fucas den 
Faluns von Saucats und Leognau entsprechend. 

3. Zweite Mediterranstufe (ven entsprechend 
den oberen französischen Faluns. \ N 

4. Sarmatische Stufe (BARBOT DE MARNY et Suxss), 
deren weite Verbreitung nach Osten allgemein bekannt ist 
und deren Ablagerungen nun auch auf Sicilien und an den 
Küsten des ägäischen Meeres nachgewiesen sind. 

5. Pontische Stufe (SuwEss) — ausser den Üongerien- 
schichten, deren Erstreckung nach Westen erst in neuerer 
Zeit bekannt wurde, die Paludinenschichten , die jüngst durch 
Pau und NEUMAYR Gegenstand einer genauen Untersuchung 
wurden, umfassend. 

Wir wollen uns nun der Besprechung der einzelnen Stufen 
zuwenden, wobei auf die lacustren Ablagerungen, sowie auf 


RER 


mE Tun EEE EAUZEHELE url RE ADERTEN BEE 


ar 


635 


die in einzelnen Theilen der Monarchie auftretenden Eruptiv- 


gesteine und deren Tuffe nicht näher eingegangen zu werden 
braucht, da es sich vor allem um die Gliederung der marinen 
Sedimente handelt. 


1. Sotzkaschichten. 


Die Ablagerungen dieser Stufe wurden in Steiermark 
zuerst genauer untersucht, ZOLLIKOFER und StuRr haben sich 


in dieser Beziehung verdient gemacht. Sie zerfallen in eine 


marine und eine lacustre Ablagerung, zwischen welchen brac- 
kische Schichten häufig einen Uebergang herstellen. In der 


_ Regel bilden die lacustren Schichten mit einer reichen und 


charakteristischen Flora und oft sehr mächtigen Kohlenflötzen 
den unteren Theil, über welchem dann die marinen Schichten 
folgen; — es findet jedoch auch oft ein derartiger Wechsel 
von lacustren, brackischen und marinen Schichten statt, dass 
eine Trennung derselben nicht vorgenommen werden kann. 
Dies zeigt, dass es unpraktisch ist, wie man an anderen Orten 
gethan hat, die kohlenführenden Ablagerungen in’s Ober- 
oligocän zu stellen, die marinen aber als miocän zu betrachten. 
Die Sotzkaschichten , denen man oft, wie wir sehen werden 
mit Unrecht, die koblenführenden Ablagerungen von Eibis- 
wald, die offenbar bedeutend jünger sind, zugezählt hat, sind 
bei dem Vorhandensein sehr charakteristischer Petrefacte 
(Anthracotherium magnum, Cerithium margaritaceum, Cerithium 
plicatum, Cyrena semistriata, Cyrena lignitaria, Congeria stiriaca 
etc.) in fast allen Theilen Oesterreichs mit Sicherheit nach- 
gewiesen. Mit dem Vorkommen der Sotzkaschichten im Schyl- 
thal hat uns Horrmann bekannt gemacht, während C. M. Pau 
sie in Croatien näher untersucht hat. An mehreren Punkten 
wurden Sotzkaschichten am Sudrand der Nordkarpathen nach- 
gewiesen — sie finden sich ferner im oberen Donaubecken, 
bei Mölk, sowie im ausseralpinen Wiener Becken. Hier ge- 
hören die Schichten von Molt bei Horn von vorwaltend ma- 
rinem Habitus in diese Stufe. Es sind Sande und gelbgraue 
Tegelschichten, erfüllt mit charakteristischen Conchylien, in 
denen auch Braunkoblenspuren vorkommen, sowie Kalkbänke, 
die sich durch ein massenhaftes Vorkommen von Austern aus- 
zeichnen. Neben den Resten, die für die Sotzkastufe charak- 


636 


teristisch sind, kommen jedoch bei Molt auch viele Conchylien 
vor, die sich in den höheren Schichten wiederfinden — es 
bilden daher die Schichten von Molt in gewissem Sinne den 
Uebergang zur ersten Mediterranstufe. — In Böhmen entspricht 
den Scotzkaschichten der untere Theil der dortigen Braunkohlen- 
ablagerungen. Bekannt ist ferner, dass dieser Horizont vielfach 
auch in den angrenzenden Gebieten der österreichischen Mon- 
archie in ähnlicher Weise entwickelt vorkommt, es sei nur 
darauf hingewiesen, dass im vicentinischen Gebiete die Sotzka- 
schichten in ihrer lacustren Entwickelung unmittelbar auf den 


obersten Oligocan-Ablagerungen, den Gombertoschichten folgen 


(Kohle von Zovencedo). Es werden daselbst die kohlen- 
führenden Ablagerungen von einem lichten Sandstein über- 
lagert, der sich durch das häufige Vorkommen von Scutellen 
auszeichnet. Nach Fucas gehören diese „Seutellen- 
schichten von Schio* auch noch der Sotzkastufe an — 
ähnliche Sandsteine werden übrigens auch in Südsteiermark 
als Hangendes der Kohlenlager angegeben (Trifail). 

Fälschlich hat man den Sotzkaschichten auch die Kohlen- 
ablagerungen von Eibiswald, in Steiermark zugerechnet, es 
zeichnet sich dieser letztere Fundort durch seinen Reichthum 
an Wirbelthierresten aus, die von PETERS beschrieben wurden. 
Die Fauna von Eibiswald ist jedoch gänzlich von jener der 
Sotzkaschichten verschieden, es fehlen ihr die charakteristi- 
schen Arten derselben, an deren Stelle sich zahlreiche andere 
-finden, welche den mediterranen Schichten entsprechen, denen 
wir demnach auch die Eibiswalder Kohlenablagerungen pa- 
rallelisiren müssen. 


2. Mediterranstufe, 


Es wird zweckdienlich sein, den Auseinandersetzungen 
über diese Stufe eine Uebersicht der (rliederung vorauszu- 
schicken, welche Suzss, als er die Verschiedenheit der Tertiär- 
ablagerungen im inneralpinen und ausseralpinen Theile des 
Wiener Beckens nachwies, für die Neogenschichten des letz- 
teren Gebietes vornahm. 

Surss unterschied in dem nördlich von der Donau gele- 
genen Theile des Wiener Beckens folgende Schichtgruppen: 

a. Schichten von Molt, aus einem Wechsel von gel- 
bem Sand und Tegelschichten bestebeud, die zum Theil 


ae "U 5 m Du = U Zt Do 


A = 


637 


 brackisch sind und Braunkohlenspuren führen. Die charakte- 


ristischen Fossilien sind: Cerithium margaritaceum, Cer. plica- 
tum, Melanopsis aquensis, Ostrea fimbrioides. 

b. Schichten von Loibersdorf. Saude mit Cardium 

Kübecki, Pectunculus Fichteli, Mytilus Haidingeri etc. 
\ ec. Scebichten von Ganderndorf. Sande mit einge- 
schlossenen Sandstein - Coneretionen („Mugelsande*), welche 
äbnliche Formen (Tellinen, Psammobien u. s. w.), aber nicht 
dieselben Species beherbergen wie die Sande von Pötz- 
leinsdorf. 

d. Schichten von Eggenburg. Sandsteine und Li- 
thothamnien-, oder (wie sie gewöhnlich genannt werden) Nulli- 
poren-Kalken, welche ganz ähnlich den jüngeren Leithakalk- 
bildungen sind und auf analoge Weise wie die Korallenriffe 
entstanden. 

e. Schlier, Mergel und Sande mit Fischschuppen, die 
ziemlich arm an organischen Resten sind, an anderen Punkten 
aber, namentlich bei Ottnang in Ober-Oesterreich eine reiche 
und charakteristische Fauna enthalten, die im allgemeinen 
Habitus jener des Badener Tegels ähnlich, jedoch gänzlich 
von derselben, was die einzelnen Species anlangt, verschie- 
den ist. | 

f. Schichten der jüngeren Mediterranstufe. 


Wie wir bereits oben bei Besprechung der Sotzkaschichten 
gesehen haben, entsprechen die Schichten von Molt sammt 
den Ostreenbanken von Künring bei Horn den obersten Par- 
tieen der marinen Sotzkaschichten. Rucksichtlich der Glieder 
b. bis e. lässt sich eine Zweitheilung durchführen. Es reprä- 
sentiren nämlich die Schichten von Loibersdorf und Gan- 
derndorf einen etwas tieferen Horizont als die übrigen an- 
geführten Ablagerungen. Es entsprechen dieser älteren Ab- 
theilung der ersten Mediterranstufe, welche sich, wie es scheint, 
auch in vielen Theilen der Monarchie wird nachweisen lassen, 
die Schichten von Korod in Siebenbürgen, sowie jene von 
Tuüffer in Südsteiermark, 

Wenden wir uns nun zu der jüngeren Abtheilung der 
ersten Mediterranstufe, so sehen wir in derselben ganz ähn- 
liche Faciesverhältnisse, wie wir sie im inneralpinen Theil des 
Wiener Beckens in den Ablagerungen der zweiten Mediterran- 


638 


Etage wahrnehmen. Auch hier haben wir in den Eggenburger 
Schichten Kalk- und Sandablagerungen, die vollkommen analog 
sind dem Leithakalk uud Pötzleinsdorfer Sand in der jüngeren 
Mediterranstufe, und im Schlier sehen wir eine Vertretung des 
Badener Tegels in der ersten Mediterran -Etage. Nach den 
Untersuchungen Suzss’s und Fucas’s über die Fauna der Schich- 
ten von Eggenburg scheint es überflüssig, es näher zu erörtern, 
dass dieselbe, so ähnlich sie im allgemeinen Habitus jener der 
zweiten Mediterranstufe ist, mit derselben ausserordentlich 
wenige Arten gemeinsam besitzt, sondern vielmehr mit der 
Fauna der unteren Faluns Frankreichs übereinstimmt. Noch 
auffallender ist die Verschiedenheit der Fauna des Ottnanger 
Schliers von jener des Badener Tegels. Bei näherer Betrach- 
tung stellt sich nämlich die Schlierfauna, die bisher noch wenig 
untersucht wurde, nicht sowohl mit der äusserlich sehr ähn- 
lichen Fauna von Baden und Vöslau, als vielmehr mit jener 
der auch petrographisch sehr ähnlichen Ablagerungen von 
Turin ident heraus. Manche Arten zeigen noch eine grosse 
Verwandtschaft mit oligocanen Formen, eine ziemliche Anzahl 
von Arten, vorwaltend Pleurotomen, steigt auch in die jüngere 
Mediterranstufe auf, doch zeigt sich die grosse Mehrzahl der 
Formen, wie bereits bemerkt, als übereinstimmend mit den 
Vorkommnissen von Turin und (wie wir gleich bier bemerken 
wollen) mit den Oonchylien der galizischen Salzablagerungen 
von Wieliczka. Die Lagerungsverhältnisse des Schliers in der 
Gegend von Eggenburg stimmen mit den angeführten That- 
sachen dahin überein, dass wir in ihm die Tegelfacies der 
ersten Mediterranstufe zu suchen haben. Der Panopaeensand 
der Brunnstube von Eggenburg bildet sodann ein Analogon 
zu den Sanden der jüngeren Mediterranstufe — der Kalkstein 
von Zogelsdorf bei Eggenburg, der in früherer Zeit vielfach 
als Baustein in Wien verwendet wurde, vertritt die Facies der 
Lithothamnienbildungen oder des Leithakalkes. 

Wie bereits bemerkt, stimmt die Fauna der Salzablage- 
rungen von Wieliczka mit jener von Ottnang überein; in der 
ersten Bearbeitung der Wieliczkaer Fossilien wurde allerdings 
in Folge der unzulänglichen Vergleichung mit den Ottnanger 
Resten, trotzdem noch nie ein Pecten denudatus, das charakte- 
ristische Fossil des Wieliczkaer Salzthons, in den jüngeren 
Schichten gefunden wurde, und auch sonst die Uebereinstim- 


BEE N Wa le a a re 
- ni x Tu E y % ? 


639 


2 mung mit der Otinanger Fauna klar sein musste, eine Paral- 
lelisirung mit dem Leithakalkhorizont versucht. Es sei ferner 
erwähnt, dass die Ottnanger Fauna grosse Uebereinstimmung 
zeigt mit zahlreichen wohlerhaltenen Oonchylienresten, die in 
den Sammlungen unter der Bezeichnung „Radoboj-Croa- 
tien“ aufbewahrt werden; dass aber, wie aus den bezüglichen 
Untersuchungen PaurL’s hervorgeht, nicht, wie gewöhnlich an- 
genommen wird, die schwefelführenden Insectenmergel dem 
Schlierhorizont angehören. Es sind vielmehr die Schwefel- 
lager von Radoboj durch einen mächtigen Complex von Litho- 
-thamniumkalk (wahrscheinlich der zweiten Mediterranstufe 
angehörig) von den viel älteren sandigen Tegelschichten mit 
der Schlierfauna getrennt. Die Stellung der Insecten-führenden 
Mergel von Radoboj ist vielmehr in einer unteren Abtheilung 
der sarmatischen Stufe, den sogen. „weissen Mergeln* zu 
suchen. 

Die Bedeutung der Verbreitung der Ablagerungen der 
älteren Mediterranstufe im Wiener Becken, welche sich be- 
kanntlich nur auf den ausseralpinen Theil dieses Beckens er- 
streckt, sowie der Zusammenhang einer gewaltigen Storung 
im Alpensysteme und der Bildung der Thermalspalte bei Wien 
mit dem Einbruch der Gewässer der zweiten Mediterranstufe 
ins inneralpine Wiener Becken sind durch Suzss so dargelegt 
worden, dass hier nicht mehr näher darauf eingegangen zu 
werden braucht; es sei nur bemerkt, dass auch im Süden der 
ÖOstalpen sich eine Grenze, das Pachergebirge, findet, über 
welche die Ablagerungen der ersten Mediterranstufe nicht 
hinausreichen. 


3. Zweite Mediterranstufe. 


Die früber als zeitlich verschieden angesehenen Facies 
sind nunmehr, wie schon Eingangs erwähnt, als gleichzeitige 
Ablagerungen erkannt worden. Es scheint überflüssig, weiter 
auf dieses Thema einzugehen, doch sei angeführt, dass nach 
den Untersuchungen Fucas’s und Karker’s (des letzteren in 
dieser Richtung Ausschlag gebende Arbeit über die gelegent- 
lich des Baues der Wiener Wasserleitung gewonnenen Auf- 
schlüsse wird demnächst erscheinen) der Badener Tegel, der 
von den Gegnern der Faciestheorie als tiefstes Glied der 

Zeits. d. D. geol. Ges. XX VII. 3. 42 


640° 


Tertiärablagerungen des Wiener Beckens angesehen wurde, 


am Rande desselben überall auf dem Leithakalke lagert, wäh- 


rend gegen die Mitte des Beckens einestheils ein allmäliges 
Auskeilen in Zungen und Lappen des Kalkes gegen den über- 
handnehmenden Tegel stattfindet, andererseits ein Hinabsinken 
des Kalkes in Gestalt einer relativ wenig mächtigen Conglo- 
meratbank unter die gesammte Tegelmasse wahrscheinlich ist. 
Die Sandablagerungen spielen dabei eine ziemlich untergeord- 
nete Rolle — nur local erreichen sie grössere Entwicklung. 


Die Schichten der zweiten Mediterranstufe sind im gröss- 


ten Theile der österreichischen Monarchie in diesen charakte- 
ristischen Faciesverhältnissen verbreitet, so dass es unnöthig 
scheint, Beispiele für ihr Vorkommen anzuführen, 


4. Sarmatische Stufe. 


Diese Stufe, von welcher seit lange im Wiener Becken 
durch ihre eigenthumliche Fauna gekennzeichnete Ablagerungen 
unter dem Namen der „Üerithienschichten* gekannt waren, 
hat durch BArBoT DE Marny und Suess den bezeichnenden 
Namen der sarmatischen erhalten, da ihr Beginn durch einen 
Einbruch nordischer Gewässer in’s östliche Europa bezeichnet 
wurde. Der polare Habitus ihrer artenarmen Meeresfauna, 
sowie der Umstand, dass die Landfauna der sarmatischen 
Stufe sich nicht wesentlich von jener der mediterranen Stufen 
unterschied, dass also der durchgreifenden Aenderung in der 
Meeresbevölkerung keine Umwandlung der Landfauna ent- 
sprach, wurde bereits erwähnt. 

Für die Ablagerungen dieser Stufe im Wiener Becken 


führt Fucas im Weichbilde Wiens selbst folgende Gliederung 


(von unten nach oben) an: 

a. Unterer, sogen. Hernalser Tegel, gekennzeichnet durch 
häufiges Vorkommen von Rissoen und Armuth an anderen 
Conchylien. | 

b. Cerithiensand mit Cerithium disjunctum, Cer. pictum 
und Cer. rubiginosum | 

c. Oberer Tegel (Muscheltegel) mit Tapes gregaria, Er- 
vilia podolica, Cardium plicatum und Card. obsoletum. 

Die zweite der angeführten Schichten, welche das Wasser 
des artesischen Brunnens am Getreidemarkt lieferte, steht west- 


\ 
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lich von Wien, an der sogen. Türkenschanze, zu Tage und 
_ wird daselbst durch einen mächtigen Complex von Sandstein 
und Conglomerat gebildet. Auch anderwärts treten am Rande 
des Beckens feste Sandsteine und Conglomerate (seltener feine 
Sande) mit der Cerithienfauna in grösserer Masse auf, während 
- der Tegel in der Mitte des Beckens die grösste Mächtigkeit 


_ erlangt, so dass wir auch hier ähnlichen Verhältnissen be- 


gegnen, wie sie in den Ablagerungen der beiden Mediterran- 
stufen sich finden. 

Die weite Verbreitung, welche die Ablagerungen der sar- 
matischen Stufe nach Osten besitzen, ist- bekannt, in letzterer 
Zeit wurden Kalke mit den charakteristischen Pelecypoden 

- dieses Horizontes auch weiter im Süden Europas nachge- 
_ wiesen, als man bisher annahm. Fuchs hat sarmatische Matra- 
kalke auf Sieilien, bei Syracus, nachgewiesen, und auch die 
weitere Verbreitung der sarmatischen Ablagerungen an den 
Küsten des ägäischen Meeres constatirt. 

Abgesehen von dem häufigen Auftreten sarmatischer 


Schichten in den östlichen Theilen Oesterreichs, welche in 


- 


We 


gleicher Weise entwickelt sind, wie im Wiener Becken, muss 
an dieser Stelle eine eigenthümliche Facies der unteren sar- 


matischen Schichten, welche sicb im Wiener Becken nicht 
findet, näher betrachtet werden. In Croatien und Slavonien 
finden sich nämlich die unteren sarmatischen Schichten als 


weisse oder graue Mergel entwickelt, welche nicht die marine 


Conchylienfauna der Stufe, wie sie beispielsweise im Wiener 
Becken auftritt, enthalten, sondern nur Susswasserconchylien, 


_ namentlich Planorbis-Arten in meist sehr schlechter Erhaltung, 


und hie und da Fischreste, welche gleichfalls nicht zur ge- 


'_ naueren Bestimmung des Horizontes dienen konnten. Es war 


‚daher die Stellung dieser weissen Mergel lange Zeit zweifel- 
haft, da nur ihr Auftreten zwischen Ablagerungen der zweiten 


' Mediterranstufe und Congerienschichten bekannt war, und sie 


demnach mit eben demselben Rechte auch als Susswasser- 


bildung der mediterranen Epoche als auch als eigenthümlich 
_ entwickelte Congerienschichten hätten angesehen werden kön- 


nen. In letzter Zeit wurde jedoch die Stellung, welche zuerst 
Stur den weissen Mergeln als Ablagerungen der sarmatischen 
Stufe zuwies, bestätigt durch Paur’s Beobachtungen über die 
Insecten-führenden Mergel von Radobo;j. 


42* 


642 


PauL zeigte, dass die schwefelführenden Mergel von Bi i 


doboj mit ihrer reichen Arthropoden-Fauna nicht, wie bisher 
allgemein angenommen wurde, dem Schlier der ersten Medi- 
terranstufe, sondern vielmehr den weissen Mergeln der sar- 


matischen Stufe angehören. Damit war ein wichtiges Element 


zur Parallelisirung der weissen Mergel mit ähnlichen Gyps- 
und Schwefel - führenden Ablagerungen, welche so häufig in 
Italien in demselben Niveau auftreten, gegeben. Die bekannten 
Schwefelvorkommnisse von Sicilien gehören sicher demselben 
Horizont, namlich dem unteren Theile der sarmatischen Stufe 
an, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass auch die Schwefel- 
führenden Ablagerungen von Swoszowice in Galizien, deren 
Flora nach Stur sarmatischen Habitus aufweist, ebenfalls den 
Mergeln von Radoboj entsprechen. 


5... Ponftiısche Stufe 


Es wurde dieser Name von verschiedenen Autoren in ver- 
schiedenem Sinne gebraucht, ähnlich wie dies auch bei den 
Stufennamen „levantinisch, caspisch, thracisch* der Fall war. 
Zudem waren diese Namen theils für nicht streng von einan- 
der geschiedene Ablagerungen, theils auch für solche, die man 
momentan keinem bestimmten Horizont zuweisen konnte, ge- 
geben worden. Ich wurde den allgemein gebräuchlichen Na- 


men der Congerienschichten beibehalten haben, um der durch 


die angeführten Namen„möglichen Verwirrung aus dem Wege 
zu gehen, wenn nicht in letzter Zeit das Vorhandensein eines 


namentlich in den südöstlichen Theilen der österreichischen 


Monarchie auftretenden, durch massenhaftes Vorkommen von 
Paludinen charakterisirten Schichtencomplexes uber den eigent- 
lichen Congerienschichten bekannt geworden wäre. Es dürfte 


am besten scheinen, die angeführten Ablagerungen als „‚pon- 


tische Stufe‘ (unter Hinweglassung der beirrenden übrigen 


Gliederung in „‚caspisch, levantinisch und thracisch“) zu- 


sammenzufassen, deren untere Abtheilung durch die Oongerien- 
schichten und deren obere durch, die Paludinenschichten ge- 
bildet wird. 


Was die Gliederung der unteren Abtheilung, nämlich der i 


Congerienschichten anlangt, so unterscheidet Fuchs in der 


Tegelfacies derselben innerhalb des Wiener Beckens, im sogen, 
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643 


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_ Jurersdorfer Tegel, drei palaontologische Horizonte, deren 
_ unterster durch Congeria triangularis und Melanopsis impressa 
gekennzeichnet ist, während der zweite Congeria Partschi und 
- Melanopsis Martiniana und der dritte Congeria subglobosa und 
 spathulata, sowie Melanopsis vindobonensis und pygmaea be- 
herbergt. Es scheint, dass diese Gliederung mehr den that- 
sächlichen Verhältnissen entspricht als jene, welche Reuss 
aus paläontologischen Elementen: für diese Stufe ableiten 
_ wollte. Schon die angeführte Vergesellschaftung von Mela- 
nopsiden und Congerien in jeder der drei Etagen zeigt, dass 
die Reuss’sche Annahme eines von den Congerienschichten 
zeitlich verschiedenen, durch das massenbafte Vorkommen von 
Melanopsis gekennzeichneten Horizontes nicht mit den That- 
sachen übereinstimme. | 
Im Wiener Becken gehören den Oongerienschichten ausser 
der angeführten Ablagerung der Tegelfacies noch Sand- und 
Schotter-Ablagerungen an, von welchen die ersteren oft sehr 
reich an wohlerhaltenen Conchylien (vorzugsweise Melanopsis 
und Melania) sind, die letzteren aber die wohlhekanntenu 
Säugethierreste des Belvedere führen, — sowie mehr local 
entwickelte Kalkablagerungen, welche am Heinrichshof bei 
Mödling transgredirend über die älteren Tertiarbildungen direct 
auf mesozoischem Kalkstein (Lithodendronkalk der räthischen 
Formation) liegen, was den Beweis dafür liefert, dass die all- 
mälige Aussüssung des Tertiärmeeres seit Beginn der sarma- 
tischen Stufe nicht mit einer Verkleinerung des Umfanges 
der Gewässer zusammenhing. Ob der gleichfalls in der Nähe 
von Mödling, am Eichkogel, sowie bei Moosbrunn auftretende 
Susswasserkalk, der auf Congerientegel lagert, noch den Con- 
- gerienschichten angehört, oder aber schon als Aequivalent 
eines Theiles der Paludinenschichten zu betrachten ist, bleibt 
noch eine offene Frage. Auch das Verhältniss des Belveder- 
'Sehotters zu den Paludinenschichten ist noch nicht genügend 
festgestellt, wohl aber ist es sicher, dass die Säugethierfauna 
vom Belveder und jene von Pikermi bei Athen, trotzdem ver- 
hältnissmässig wenig Arten der reichen Fauna von Pikermi 
' bisher im Belveder - Schotter nachgewiesen wurden, einander 
entsprechen, ein Bindeglied derselben bilden die in sichere 
Congerienschichten eingebetteten Reste von Baltarär in 
"Ungarn, 


EEE EIER EETZWE NE hRA EEEENE  EEEEEN 


TEE EEE HE EDER 


En 


644 


Aelter als sämmtliche oben angeführte Bildungen ‚der Bi 


Congerienschichten im Wiener Becken ist ein durch das Vor- 
kommen einer sehr eigenthümlichen Gastropodengattung, der 
Valenciennesia, wohl charakterisirter Schichteneomplex, der 
zuerst in der Krim beobachtet, dann aber auch in den un- 
teren Donauländern, sowie in Ungarn und Croatien an vielen 
Punkten aufgefunden wurde, der aber, vie es scheint, nicht 
bis ins Wiener Becken hereinreicht — wenigstens wurde bis- 
her noch keine Valenciennesia oder eine der sie begleitenden 
charakteristischen Conchylienarten aus demselben bekannt. 

Was die Paludinenschichten anlangt, so haben die 
Herren ©. M. PauL und M. NEUMAYR für dieselben folgende 
Gliederung aufgestellt: 


a. Untere Paludinenschichten mit glatten Vivi- 


paren; charakterisirtt durch JZ’aludina (Vivipara) Neumayri, 
Fuchsi, Unio mazximus ete. 

b. Mittlere Paludinenschichten mit Paludina (Vii- 
para) bifarcinata, stricturata etc. 

c. Obere Paludinenschichten, bezeichnet durch 


das Vorkommen reich verzierter Viviparen als Vivipara Vuko- 


tinovichi, Zelebori, Hörnesi, Sturi. 

Abgesehen von anderen Umständen ist die Fauna der 
Paludinenschichten durch den an ihr möglichen directen Nach- 
weis der Giltigkeit der Darwın’schen Theorie für die in den 
aufeinanderfolgenden Schichten eingebetteten Conchylienreste 
von besonderem Interesse. Es ist meines Wissens das erste 
Mal, dass die Darwın’sche Theorie in so präciser Form als 


es durch NEUMAYR und PauL geschah, auf die paläontologische 


Forschung Anwendung fand. 


Seither hat Neumayr die Paludinenschichten auch auf der 
Insel Kos zum Gegenstand einer genauen Untersuchung ge- 


macht (vergl. Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1875 No. 10) 


und daselbst die Ueberlagerung dieser Schichten durch die 


marinen Pliocänbildungen beobachtet, was gegenüber dem Um- 


stand, dass man bereits versuchte die Paludinenschichten als 
Aequivalent der pliocänen Ablagerungen hinzustellen, von 


grosser Wichtigkeit ist. 


Oesterreich besitzt keine marin entwickelten Pliocänabla- | 
gerungen; es treten dieselben wohl noch in der Lombardei 
auf, reichen aber nicht in’s Gebiet der österreichischen Mon- 


ee 


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645 

archie hinein, in welchem sie wahrscheinlich durch terrestre 
und fluviatile Ablagerungen vertreten sind. So dürfte ein 
grosser Theil der Bildung der Terra rossa des Karstes in 
diese Zeit fallen und manche Geschiebeablagerungen, die bisher 
der Diluvialepoche zugeschrieben wurden, gehören wohl gleich- 
falls hierher. Es ist jedoch eine Unterscheidung dieser Schotter- 
und Sandablagerungen , von so grosser Wichtigkeit sie auch 
wäre, mit sehr bedeutenden Schwierigkeiten verknupft. — In 
den Pliocänablagerungen Italiens finden sich die Reste einer 
reichen Säugethierfauna, welche sich scharf von jener der 
_ Diluvialepoche und jener der Congerienschichten unterscheidet. 
Diese Fauna wird sich vielleicht auch in den österreichischen 
fluviatilen Pliocänbildungen nachweisen lassen, und ein Hilfs- 
mittel für die Unterscheidung der Schotterablagerungen der 
Congerienschichten, der Pliocänstufe und der Diluvialepoche 
abgeben. Spuren dieser Fauna sind wenigstens bereits im 
südlichen Theile Oesterreichs aufgefunden worden. 


7. Vorkommen des Apatit in Norwegen. 


Von Herrn W.C.Bröscser und Herrn H.H. Revscn. 


Hierzu Tafel XV—XIX. 


Die norwegischen Apatitvorkommnisse, unter denen meh- 
rere so bedeutend sind, dass sie Jahre hindurch mit gutem 


Erfolg abgebaut wurden, waren, als wir im Anfang April 1874 
dem akademischen Collegium unseren Reiseplan vorlegten, 
nur wenig untersucht. Vorhanden waren die Bestimmungen 
der „geologischen Untersuchung“*), die lehrreiche Ausstellung 
von Mineralien der Apatitvorkommnisse Snarum’s und Kra- 


gerö’s in der Mineraliensammlung der Universität, ferner einige 


kurze Bemerkungen über Vorkommnisse hei der Stadt „Kra- 
gerö‘“‘ und in der Nähe derselben, von Herrn JoH. DAHLL.**) 
Was hier vorgelegt wird, sind die Resultate einer sechs- 


wöchentlichen, auf Staatskosten im Laufe des Juli und August 


1874 ausgeführten Reise, deren Zweck es war, einigen der 
wichtigsten Apatitvorkommunissen eine mehr detaillirte Unter- 
suchung zu widmen. 

Der Apatit ist in Norwegen bis jetzt vorzüglich auf Gän- 
gen***) im Grundgebirge der südlichen Kuüstenstrecke zwischen 


*) Siehe auch: Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Christiania 
1561. XI. Tn. Kıervır og T. Danı: Om Jernertsernes Forekomst ved 
Arendal. Nas og Kragerö, und: Tu. KırkuLr, Stenriget og Fjeldlaren. 
Kristiania 1865. 

*%) Apatit aus norwegischen Vorkommnissen ist ausserdem gele- 
gentlich von verschiedenen Autoren erwähnt, z. B.: Archiv u. s. w. von 
Kınsten u. v. Decuen XXI. 1848. Beiträge zur topographischen Minera- 
logie Norwegens von P. C. Weıeye. — Zeitschr. d. d. geol. Ges. XI. 
1859. pag. 583. Bericht über eine geologische Reise nach Norwegen im 
Sommer 1859 von F. Rorwer, ebenda XIV, 1862. pag. 240. G. Rose, 
Apatit von Furuholmen. — Nyt Magazin for Naturvidenskaberne XI. 
1861. pag. 59. Mineralnotitser af Nic. Bans. MörLLer. 

**»*, Im Zirkonsyenite Norwegens kommt Cerapatit auf ganz ver- 
schiedene Art spärlich vor. 


647 


dem Langesundsfjord und der Stadt Arendal gefunden; ausser- 
dem auch an wenigen Punkten nördlich von der alten Berg- 
stadt Kongsberg, im Kirchspiele Snarum (Fig. 1). 

Indem wir zur Beschreibung der einzelnen, mehr als 
zwanzig von uns untersuchten Vorkommnisse übergehen, müssen 
wir bemerken, dass wir dieselben nach der Natur der ein- 
zelnen Gesteine ordnen wollen; es wird dadurch das merk- 
würdige Verhältniss, welches unserer Meinung nach zwischen 
dem Gabbro und den norwegischen Apatitvorkommnissen un- 
zweifelhaft besteht, schon sogleich dem Leser klar werden. 

Wir werden also zunächst die im Gabbro aufsetzenden 
Gänge beschreiben, darnach von den übrigen, welche krystal- 
linisch-schiefrige Gesteine des Grundgebirges oder zum Theil 
den Granit durehsetzen , zuerst diejenigen, welche in der un- 
mittelbaren Nähe von Gabbro auftreten. 


1. Vorkommnisse im Gabbro. 


Oedegärden (Kirchspiel Bamle). 


Dieses Vorkommen, das reichste der gegenwärtig im 
Betrieb stehenden, wurde im März 1872 entdeckt. Es hat 
wegen seines Reichthums grössere Handelsspeculationen ver- 
anlasst, wodurch auch der Preis mancher meist schon früher 
bekannter Vorkommnisse zu einer bisher ungeahnten Höhe 
getrieben, und in den Gegenden, innerhalb welcher der Apatit 
vorkommt, ein wahres Apatitfieber unter der Bevölkerung 
erzeugt wurde. Es waren als wir die Gruben besuchten (Juli 
1874), nach genauen Angaben des Grundbesitzers schon mehr 
als 8000 Tonnen producirt*), in einem ungefähren Werth von 
450,000 R.-M. oder 150,000 pr. Thir. Der Apatit wurde am 
meisten nach England und Deutschland, seit Kurzem auch 
nach Frankreich und Schweden ausgeführt. Man bezahlte ihn 
mit 6 Pfd. Sterl. 5 sh. bis 6 Pfd. Sterl. 6 sh. per Ton.**) 

Die Gänge Oedegärdens (s. Fig. 2) sind am Fusse eines 
niedrigen NO-SW streichenden Felsenrüuckens gelegen, welcher 
die eine Seite eines kleinen Thals, dessen Boden von einem 


*) Eine Tonne — eine norweg. Cubikelle. 
*) Ein Ton = 24 norweg. Tonnen, oder 200) Pfund. 


648 


schmalen Moore eingenommen wird, begrenzt. Der Rücken 


besteht (Fig. 3) aus Hornblendegesteinen in steilen nicht sehr 
‚deutlichen Straten, wesentlich Hornblendegneiss (der Plagio- 
klas weiss, mit Zwillingstreifung versehen), zum Theil sehr 
quarzarm. Zuweilen verschwindet der Quarz völlig und 
das Gestein wird zum Dioritschiefer der deutschen Petro- 
graphen. Jenseits des Moores finden sich dieselben Gesteine, 
mit gewöhnlichem Gneiss und Quarzit abwechselnd. Am Fusse 


des Ruückens kommt als eine schmale Zone ein lichtes Gestein 


ohne eine Spur von Schieferung oder Schichtung vor. Es ist 
dieses Gestein eine eigenthumliche "abbrovarietät, welche 
wir „‚gefleckten Gabbro‘“*) nennen werden. Dieses mittel- bis 
feinkörnige Gestein besteht in wechselnden Verhältnissen aus 
brauner glänzender Hornblende (deutlich nach den Flächen des 
Hornblende - Prisma’s spaltbar)**) und aus weissem bis grau- 
lichweissem Labrador. Dieses Mineral ist im „‚gefleckten 
Gabbro“ ohne Spaltungsrichtungen, dicht oder körnig, mit 
splittrigem Bruch, Glasglanz, bisweilen schwachem Feitglanz, 
in Splittern durchscheinend. Sein Aussehen erinnert beim 
ersten Anblick an Quarz oder an feuchten Schnee. Vor dem 
Löthrohr schmilzt es etwas leichter als gewöhnlicher Labrador 
zu einem wasserhellen oder milchweissen Glase. Härte 6, 
bisweilen etwas geringer. Eine von Hrn. Amanuensis S. 
WLEUGELL ausgeführte Analyse zeigt eine gewöhnliche Labrador- 
zusammensefzung, 


Kieselsäure . . aan. 00 GE 
Thonerde (und Se von Fe,0,) 24,13 „, 
Kalk... 2. a ae re Ta 
Magnesiat „>, wu 2 ln a u 
Gluhyerlust.. ml ae a IRSABRE, 


Das Alkali wurde nicht bestimmt. 


Das spec. Gewicht des „gefleckten‘‘ Gabbro ist des wech 
selnden Gemenges wegen etwas verschieden. Eine hell ge- 


*) Das Aussehen ist dem des deutschen Forellensteins sehr ähnlich. 

**) Bisweilen wird doch nur eine Spaltungsrichtung beobachtet, 

wobei auch die Härte geringer ist. Sollte das braune Mineral in diesen 
Fällen vielleicht Diallag sein ? 


649 


färbte, foliirte Varietät, dieselbe, welche das Material zur 
Analyse gab: 2,78. Eine dunklere, feinkörnige Varietät: 2,89 
(spec. Gew. des gewöhnlichen dunkelvioletten Gabbro von 
Hiäsen: 3,08). Das eigenthumliche Verhältniss, welches an 
mehreren Lagerstätten zwischen dem ‚„‚gefleckten‘‘ Gabbro und 
den apatitführenden Gängen besteht, wird unten näher be- 
handelt. 

Uebrigens findet sich bei Oedegärden auch der sonst ge- 
wöhnliche, dunkelviolette Gabbro an vier Punkten. (s. Fig. 2). 

Die schmale Zone des gefleckten Gabbro wird von zwei 
grosskörnigen Granitgängen durchschuitten, welche ihrem An- 
sehen nach den sonst nie ausserhalb des Grundgebirges ange- 
troffenen älteren Graniten angehören. Dieser Umstand spricht 
dafür, dass der Gabbro hier älter sein müsse als die in an- 
deren Gegenden unseres Landes die Sparagmit- und die Silur- 
formation durchsetzenden Gabbro-Massen. 

In dem „gefleckten‘*‘ Gabbro — keineswegs in den Schich- 
ten des Grundgebirges, noch in dem Granit, noch in den 
kleinen Partieen des gewöhnlichen dunklen Gabbro — kommen 
die für diese Localität charakteristischen, reichen Gänge vor. 
Sie können kurz als apatitfübrende Glimmergänge be- 
zeichnet werden. Ein brauner Magnesiaglimmer ist nämlich 
auf vielen Gängen fast das einzige Mineral, nur häufig von 
grünem Enstatit, nebst kleinen Apatitklumpen begleitet. Je 
nachdem die Menge des Glimmers abnimmt, und die des 
Apatit’s zunimmt, verändert sich der Charakter der Gänge, 
Die reicheren Gänge zeichnen sich dadurch aus, dass der 
Glimmer beinahe ausschliesslich die Seitenpartieen, reiner 
Apatit die Mitte derseiben einnimmt. In Bezug auf die gegen- 
seitige Lage der Gänge wird eine gewisse Regelmässigkeit 
wahrgenommen, indem sie fast alle schwach gegen den Höhen- 
rücken, nämlich gegen SSW, S und SO fallen. (Auf Fig. 2 
sind nur die grösseren Gänge bezeichnet.) 

Die Gänge sind sehr zahlreich und ausserdem so oft 
verzweigt und durch kleinere Queradern verbunden, dass das 
Vorkommniss im Grossen als ein Netz von Gängen erscheint, 
über eine Strecke von 1600 Meter verbreitet. 

Nach diesen kurzen vorläufigen Bemerkungen führen wir 
den Leser zn den grössten und interessantesten Gängen. 

Der erste Gang, welchen wir besuchen (Fig. 2, mit 1 


650 


bezeichnet) ist eine ungefähr 12’ mächtige, meistens feinschup- 


pige Glimmermasse, welche Krystalle eines graulichgrünen, 
wasserhaltigen Enstatits (s. unten pag. 683) und bis mehrere 
Fuss grosse Klumpen von Apatit einschliesst. Figur 4 stellt 
ihre westliche, stark zertrümmerte Partie dar; wie man sieht, 
führt der Glimmer auch hier Klumpen und Linsen von Apatit. 
Einige der feineren Adern bestehen, anstatt aus Glimmer, aus 
rabenschwarzer Hornblende. Das Nebenstein, der „gefleckte‘ 
Gabbro, ist hier grobschiefrig und enthält sehr kleine Rutil- 
körner, den übrigen Mineralien parallel angeordnet; diese Schie- 
ferung, die sich nicht nach dem Gangstreichen richtet, wird 
bei einem der Gangtruümmer allmälig undeutlicher, indem die 
Bergart in ein feinkörniges, fast dichtes, grünliches Gestein 
übergeht. Die von dem Gangnetz mitten in der Zeichnung 
eingeschlossenen Partieen des Nebengesteins sind zum Theil 
eine eigenthüumliche Varietät des „‚gefleckten‘‘ Gabbro, weiche 
ihres Aussehens wegen von den Arbeitern am Örte ganz 
treffend ,„Saudberg‘‘“ genannt wurde; sie ist dadurch ausge- 
zeichnet, dass der Labrador wie die Körner eines losen Sand- 
steins zwischen den Fingern zu sehr kleinen Körnern zerfällt, 
auch enthält diese Gesteinsvarietät oft statt der Hornblende 
oder des Diallags kleine Schuppen eines braunen Glimmer’s. 
Spec. Gewicht dieser sandsteinähnlichen Varietät ist 2,79. 
Auch östlich von der dargestellten Partie grenzt dieser „‚Sand- 
stein‘ an die Glimmermasse. E 
Weiter östlich von dem Gang war man nach Durchgra- 
bung des Thons, der den Fuss des Rückens überlagert, auf 
mehrere Glimmergänge gestossen; der grösste war mindestens 
25 Fuss mächtig, Noch weiter östlich hatte man, um nach 
Apatit zu suchen, den losen Erdboden mit einem langen 
Graben in der Richtung NW-SO durchschnitten und dabei 
nicht weniger als 12 Gänge angetroffen. Sie fielen alle 
schwach einwärts gegen den Höhenrücken, ungefähr parallel, 
der eine neben dem anderen; der grösste war 6 Fuss mächtig. 
Nur einer dieser Gänge schien eine grössere Menge von Apatit 
zu enthalten; die übrigen bestanden aus Phlogopit, spärlich 
Klumpen von Apatit und wasserhaltigem Enstatit einschliessend. 
No. 2 (s. auch Fig. 5) zeigt ein von den bisher beschrie- 
benen apatitarmen Glimmergängen ganz verschiedenes Aus- 
sehen, nämlich das eines sehr apatitreichen Ganges. Figur 5 


A A 


Be 


651 


stellt den östlichen Theil dar: man sieht im Hintergrund den 
waldigen Abhang, im Vordergrund den mächtigen, glänzend 
weissen Apatitgang. Der schwach — ungefähr 30° — gegen 
SO fallende Gang erstreckt sich (insofern es durch Aufschlüsse 
nachgewiesen war) im Streichen ungefähr 160 Fuss. 

Jene bei den reicheren Gängen dieses Vorkommnisses 
gewöhnliche Erscheinung einer bandförmigen Anordnung der 
Gangmineralien (indem nämlich die Seitenpartieen aus braunem 
Phlogopit mit geringer Mächtigkeit, die Mitte aber fast aus- 
schliesslich aus Apatit besteht), ist sehr deutlich ausgebildet. 
Die Mächtigkeit des reinen Apatit war in der Tiefe 7—8 Fuss, 
die grösste, die man überhaupt bei Oedegärden gefunden hat. 
— Die senkrechte Querader, ungefähr in der Mitte der Zeich- 
nung, bietet den einzigen uns von diesem Vorkommnisse be- 
kannten Fall, wo der Apatit dem Nebengestein unmittelbar 
angrenzt. 

No. 3 ist eine bis 6 Fuss mächtige, gegen Osten gega- 
belte und zertrümmerte, apatitführende Glimmermasse, ungefähr 
70 Fuss nach dem Streichen verfolgt. 

No. 4 verhält sich wie No. 2. 

No. 5. Ein grösserer und mehrere kleinere, nach ver- 
schiedenen Richtungen streichende Gänge sind hier dicht an- 
einander gereiht. Figur 6 stellt ein Profil von zwei der klei- 
neren Gänge dar: wie gewöhnlich besteht die mittlere Partie 
der Gänge aus Apatit, von dem Nebengestein durch braunen 
Phlogopit getrennt. Der obere Gang wird beiderseits von 
einer Zone des vorhin erwähnten ,„‚Sandsteins‘‘ umgeben, 
dessen Grenze gegen den gewöhnlichen „gefleckten‘‘ G@abbro 
ziemlich scharf ist. *) 


*) Das Frictions - Phänomen wird nicht selten in der Nähe der 
Gänge, ja selbst an ihrem Ausgehenden sehr deutlich beobachtet, so z. B. 
am oben stehenden Profil (Fig. 6), welches nach Hinwegschaffen des 
überliegenden Thons entblösst wurde: der Felsen ist völlig abgerundet, 
die Gänge mit ihrem „Sandstein‘“ scheinen durch das Scheuern mehr als 
das umgebende härtere Gestein gelitten zu haben. Wir können nicht 
unterlassen, ein in seiner Art vielleicht einziges Beispiel von einander 
kreuzenden Scheuerstreifen aus dem glänzenden polirten Ausgehenden 
des Glimmerganges No. 3 mitzutheilen; das in Figur 7 dargestellte Glim- 
merstück haben wir selbst aus dem festen Felsen, dessen Neigung hier 
ungefähr 40° war, abgehauen, Die weiche Phlogopitmasse scheint zur 


652 

In der Nähe findet sich ein kleiner, 8 Zoll mächtiger 
Gang, welcher sich durch seine Mineralführung von den ge- 
wöhnlichen Gängen Oedegärdens unterscheidet, indem nur seine 
westliche Partie wie gewöhnlich aus Phlogopit und Apatit be- 
steht, während im östlichen Theil der Phlogopit durch Hornblende 
ersetzt wird; die Hornblende ist, wo sie dem Nebengestein 
angrenzt, feinkörnig, indess gegen die vom Apatit eingenom- 
mene Mitte des Ganges hin grosskrystallinisch ausgebildet. 

Hornblende kommt übrigens auch bei mehreren Gängen 
Oedegärdens vor, theils den Phlogopit ersetzend, theils nebst 
diesem, bald rabenschwarz, feinkörnig, in den kleineren ‚Adern, 
bald braun und grosskrystallinisch auf den Gängen. 

No. 6, welcher die besten Exemplare des wasserhaltigen 
Enstatit dargeboten hat, und 

No. 7 sind beide schwach fallende Gänge von Phlogopit, 
Apatit und Enstatit, welche Mineralien wie gewöhnlich band- 
förmig angeordnet sind, 

Figur 8, welche eine 9 Zoll mächtige Querader des Gan- 
ges No. 6 darstellt, kann das Vorkommen des Phlögopit auf 
den Gängen Oedegärdens in seinen einzelnen Zügen veran- 
schaulichen: 

In den dem Nebengestein angrenzenden Partieen ist der 
Phlogopit immer feinschuppig und gern von kleinen Apatit- 
körnern durchspickt. Die einzelnen Schuppen sind gewöhnlich 
obne Ordnung gruppirt; bisweilen können indess Spuren einer 
Parallelstructur, deren Richtung im Verhältniss zu den Be- 
grenzungsflächen der. Gänge schräg gestellt ist, beobachtet 
werden. Gegen die Mitte der Gänge wird der Phlogopit 
immer grosskrystallinischer; wir haben Platten von mindestens 
+ Fuss im Quadrat gesehen. Nie letzteren sind öfters wellen- 
formig gekräuselt, gewunden und zerbrochen und kommen 
zum Theil auch ringsum von Apatit umgeben vor. 

No. 8 ist ein gewöhnlicher apatitführender Glimmergang, 
über Tage auf einer Strecke von 60 Fuss sichtbar; wo der 
Gang sich auskeilt, sieht man in seinem Fortsetzen gegen W 
eine 86 Fuss lange Zone von ‚‚Sandstein“, welche den Gang, 


Aufnahme der feinsten Streifen besonders geeignet zu sein. Dieselben 
wurden dann durch den auflagernden Thor bis zum heutigen Tage vor- 
twrefflich erhalten. 


9 


>. 


es. » n 5 Ba | 
_ der noch in die Tiefe fortsetzt — was man durch Oerter er- 


fahren hat —, repräsentirt. 
No. 9 hat von allen Gängen Oedegärdens bisher die 


grösste Menge von Apatit geliefert. Er wurde nach dem 


Streichen 300 Fuss, nach dem Fallen 120 Fuss verfolgt; der 
Winkel des Falleus oben 25°, in der Tiefe 30°. Ueber Tage 
ist der Gang auf einer Strecke von mehr als 60 Fuss ganz 
verschwunden, während in der Tiefe der Zusammenhang nach- 
gewiesen ist. — Unter allen Gängen verhielt sich dieser am 
regelmässigsten, indem der Apatit nur zum Theil in Klumpen, 
in der Regel aber plattenförmig, die Gangmitte einnehmend 
und von dem Nebengestein durch eine meistens dünne Zone 
von Phlogopit und wasserhaltigem Enstatit getrennt, aufgetreten 
ist. Die Mächtigkeit ist, wie beigefügtes Profil nach dem 
Fallen (Fig. 9) lehrt, ziemlich variabel gewesen. 

Ein Profil nach dem Streichen wurde bei diesen, wie bei 
den übrigen Gängen Oedegärdens ganz ähnlich aussehen. 

Zwischen diesem und dem folgenden Gange ist der „‚ge- 
fleckte‘‘ Gabbro auf eine kurze Strecke durch einen dichten, 
weissen Labradorfels ersetz;; im Labrador sind unzählige rothe 
Rutilpunkte eingewachsen. 

No. 10 bietet ganz interessante Verhältnisse dar. Bei- 
gefügtes Profil (Fig. 10) stellt die obersten-24 Fuss der west- 
lichen Wand des Schachtes dar. 

Die Gangmasse, welche aus Phlogopit mit hie und da 
eingestreuten Krystallen des wasserhaltigen Enstatit besteht, 
schliesst in ihrem oberen T'heil grosse linsenföormige Klumpen 
von dunkel apfelgrünem und braunem Kjerulfin ein.*) Weiter 
unten im Profile sind grosse Linsen des Nebengesteins (z. Th. 
„Sandstein‘‘) sammt Apatitlinsen von der Gangmasse um- 
geben. — In der Tiefe verhält sich der Gang ziemlich äbnlich, 
indem doch stellenweise Apatit zusammenhangend die Mitte 
einnimmt. — 

Ausser den bereits erwähnten Mineralien sind in den 


*) Diese eigenthümliche Varietät des Kjerulfin, welche sowohl durch 


ihr Aussehen, als durch ihre leichte Schmelzbarkeit (3) ohne Schwierig- 


keit von Apatit unterschieden wird, enthält zufolge einer vorläufigen 


Analyse Magnesium statt (wie der gewöhnliche Kjerulfin) Calcium in 
Verbindung mit Fluor, 


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651 


Gängen Oedegärdens noch beobachtet: Rutil, selten, z. Du 


in Krystallen; auf der Halde des Ganges No. 2 fanden wir 
Rutil und braunen Titanit mit grünem Kjerulfin. 

Kalkspath, Quarz, Pyrit und Kupferkies wurden auf Trüm- 
mern gefunden, Turmalin und Albit in einem Drusenraum 
(Gang No. 1). | 

Endlich kamen im Thon, der den Fuss des Felsenrückens 
überlagert, Punkte eines blauen, wesentlich aus Eisen und 
Phosphorsäure bestehenden Minerals, wahrscheinlich Vivianit, 
als secundäre Bildung vor. 


Als wir bereits mit den Vorbereitungen zu den dieser 
Arbeit zu Grunde liegenden Untersuchungen begonnen hatten, 
wurde von Hrn. A. Heuuann (Mai 1874) in „Geologiska Före- 
ningens i Stockholm Förhandlingar‘‘ eine kurze Beschreibung 
dieses Vorkommnisses: „‚Apatit, forekommende i rene Stokke 
og Gange i Bamle i Norge“, veröffentlicht. 

Eigene Untersuchung lehrte uns, dass die Darstellung des 
Hrn. HerLanp den natürlichen Verhältnissen nicht entspricht, 
indem er das Vorkommniss als reine Stöcke und Gänge in 
den Bergarten des Grundgebirges*) beschreibt, mit Apatit als 
einzigem Hauptmineral der Gänge**), welche öfters zwischen 
Glimmerschiefer im Liegenden und einem Gestein, „welches 
aus Hornblende und Quarz besteht‘, im Hangenden auftreten 
sollen.***) ,,Der Glimmerschiefer im Liegenden‘ ist wahr- 
scheinlich der braune Phlogopit der Gänge, welcher, wie oben 


*) l. c. pag. 149: ,„Ved Oedegaardens Apatitforekomster optr&der 
forskjellige Bergarter, der tilhörer Grundfjeldet; i disse forekommer Apa- 
titen i rene Stokke og Gange oftest med svagt nordostligt Fald om- 
kring 20°“, 

**) ]. c. pag. 149: „I selve Stokkene og Gangene er Apatit alene 
Hovedmineral.“ 

**) ]. c. pag. 149: „I det Liggende af Stokkene og Gangene op- 
treder ofte Glimmerskifer, medens der i det Hx»ngende ofte ligger en 
Bergart, som bestaar af kıystallinsk Hornblende og Kvarts, hvilken 
Bergart ikke synes at ligge i Lag ..... De vigtigste Stokke af Apatit 
paa Oedegaarden kommer frem i Dagen langs Foden af en liden Aas, 
i det de falde ind under denne med samme Strög og Fald som Glim- 
messkieferen i det Liggende.“ 


655 


theils das eigentliche Gangmineral derselben bildet, 
theils, wenn dies nicht der Fall ist, als Seitenpartieen der 
Gänge sowohl im Hangenden als im Liegenden erscheint (s. z. B. 
Fig. 5).*) Die „öfter im Hangenden auftretende Bergart von 
Hornblende und Quarz“ HeLLann’s kann nur unser gefleckter 
Gabbro sein, dessen Labrador mit Quarz verwechselt wurde; 
Quarz konuten wir auf dieser Lagerstätte niemals als Gemeng- 
theil weder der Gänge noch des Nebengesteins entdecken. 

Minder wesentlich ist es, dass wir einzelne Gänge bis zu 
90 Meter nach dem Streichen verfolgen konnten — HeLLann 
nur selten bis zu 20 oder 25 Meter — weshalb wir den Na- 
men Gänge gebraucht haben; ferner, dass wir die Länge der 
zusammenhangend apatitführenden Strecke zu 1600 Meter be- 
stimmten — HELLAND nur zu 800 Meter. — Wenn HELLAnD 
das Fallen der Gänge als „‚nordöstlich‘‘ angiebt, muss dies 
wohl ein Druckfehler sein. 


erwähnt, 


Oedegärdskjern (Fig. 2). 


Das schroffe nordwestliche Ufer des kleinen Sees, wenig 
SO von dem eben besprochenen Vorkommnisse besteht aus 
‘einer Bergart, welche dem „‚gefleckten‘“‘ Gabbro Oedegärdens . 
sehr ähnlich ist. 

Es wurden hier wesentlich drei grössere steilstehende 
Gänge, die z. Th. als „‚apatitführende Enstatitgänge‘‘ charakte- 
risirt werden können, abgebaut. Der westlichste derselben 
(a, Fig. 2) ist ein senkrechter bis zu 6 Fuss mächtiger Gang 
von körnigem, grünem Enstatit, z. Th. von Adern einer fast 
dichten blauschwarzen Varietät desselben durchwoben (Fig. 11). 
Nach dem See zu führt der Gang an seiner westlichen Seite 
viel Apatit, welcher weiter hinauf nebst etwas grünem Bronzit 
und Rutil sich als ein eigner Gang von der grossen Gang- 
masse trennt; beide Gänge sind von Quarztrümmern durch- 
setzt. — Dicht an dem grossen Gang sieht man auf der 
Zeichnung mehrere Adern theils von apatitführender Horn- 
blende, theils aus einem Gemenge von Rutil mit etwas Horn- 
blende und Kalkspath bestehend. 


*) Der Glimmer der Gänge wird nämlich nur folgendermassen er- 
wähnt, pag. 149. „I et Par Gange ved Oedegaarden findes dog ikke 


_  ganske smaa Moengder af Glimmer i Apatiten. 


ET FERIEN EBEN DT ANNE IB 
3 } E k 


Zeits. d.D,geol. Ges. XXVII, 3. 43 


066 


Weiter östlich ein steilstehender, NNW streichender Gang a 
-  (b, Fig. 2), welcher ungefähr 150 Tonnen Apatit geliefert hat, 
Er besteht in den Seiteupartieen aus Hornblende, in der 
Mitte aus Apatit und etwas Rutil. Kleine Bruchstücke des 


Nebengesteins (siehe unten) waren im Apatit eingeschlossen. 
Noch weiter östlich findet sich ein dritter steilstehender 
Gang von körnigem grünem, und dichtem blauschwarzem, 


wasserhaltigem Enstatit, z. Th. gegen die Gangmitte, welche 


von Apatit und Rutil eingenommen wird, in Krystallen aus- 
gebildet. In der Nähe kleinere Gänge von rothem Feldspath 


und Rutil, nebst solehen von dichtem rothen Feldspath, Rutil, 


Hornblende, Apatit und dem erwähnten grünen Enstatit, dem- 
selben, der auf Oedegärden und vielen anderen Vorkomm- 
nissen auftritt, und auf dessen unten folgende Beschreibung 
wir ein für alle Mal hinweisen. 


Fogne (Kirchspiel Gjerrestad). 


Dieses Vorkommniss ist bereits von Hrn. JoH. Danrı 
(l. e. pag. 171) erwähnt. Das Nebengestein ist ein gefleckter 
Gabbro, dem von Oedegärden ähnlich, doch öfter von grö- 
berem Korn und mehr schiefrig, Ein Gang besteht haupt- 
sächlich aus Magnetkies und Pyrit mit etwas Apatit (letzterer 
haufig in Krystallen); ein anderer mächtiger Gang besteht aus 
Rutil und grünem Pyroxen (beide z. Th. in Krystallen) nebst 
Apatit. 


Hiäsen (Kirchspiel Gjerrestad). 


Hiäsen ist eine kleine, über die umgebenden Schichten 


des Grundgebirges aufragende Gabbrokuppe. Das Vorkomm- 
niss kann kurz als Apatit-führende Hornblendegänge bezeichnet 
werden; sie wurden — in den Jahren 1858 — 1859 — mit 
recht gutem Erfolg betrieben. 


Asildsdal (Hiäsen). Das Gestein, in welchem die Gänge 
vorkommen, ist ein schwierig erkennbarer Gabbro; die Gänge 
sind mächtig, unregelmässig verzweigt und zertrümmert. Sie 
bestehen aus gewöhnlich grossstrahliger Hornblende, welche 
Apatit in Klumpen führt. An den Halden wurden ausserdem 
gefunden: Titaneisenerz, Eisenglanz, Feldspath, Quarz, Ska- 
polith, Turmalin und Kalkspath. In einem der Gesenke ging 


O 


EEE TE BIER 


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Ben A die rn art “ 


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(nach sütiger Mittheilunge des Hrn. Jon. DauLL). 
: guug 8 


Persdal (Hiäsen). Unregelmässig verzweigte, zum Theil 


_ mehr als 5 Fuss mächtige Gänge, aus grossstrahliger Horn- 
_ biende, theils mit, theils ohne Apatit in Klumpen bestehend; 
‚das Nebengestein ist ein „„gefleckter‘‘ Gabbro. Einige dieser 
Gänge führen ausserdem Magnetkies, welcher bisweilen das 
Hauptmineral darstell. Figur 12 kann als Beispiel dieser 


letzteren Gänge dienen. Rechts sieht man die grossstrahlige 


- Hornblende, deren Individuen senkrecht gegen die Grenz- 
_ flächen des Nebengesteins angeordnet sind; übrigens besteht 


die Gangmasse hauptsächlich aus Magnetkies, worin zahlreiche 
schmutzig gelbgrüne, an den Kanten und Ecken abgerundete 
und wie angeschmolzene Apatitkrystalle liegen. Zur rechten 
Hand der Zeichnung sieht man im Magnetkiese auch isolirte 
Hornblende - Bruchstücke. Eine andere kleine Ader in der 


Nähe besteht ausschliesslich aus grobkrystallinischen, senkrecht 


auf die Grenzflächen angeordnete Hornblendeprismen. 
Die oben erwähnte Thatsache, dass die im Magnetkies 


 eingeschlossenen Krystalle des Apatit’s an Kanten und Ecken 


abgerundet sind, haben wir auch an anderen Orten, wo Magnet- 
kies das hauptsächliche Gangmineral der Apatit - führenden 


Gänge ist, angetroffen. Auf Hiäsen sahen wir zum ersten 


Mal im Kleinen eine interessante Erscheinung, welche wir 


weiter unten bei der Beschreibung des folgenden Vorkomm- 


nisses naher erwähnen werden. In dem gewöhnlichen dunklen 


Gabbro fanden sich (Fig. 13) nämlich nahe an den Gängen 
ganz kleine, höchstens $ Zoll mächtige apatitführende Horn- 
_ blende-Adern, beiderseits von einer bis zu 3 Zoll breiten Zone 


eines ‚„‚gefleckten‘‘ Gabbro, — dem des Oedegärden ähnlich — 
umgeben. Wie schon erwähnt, kommen auch die oben be- 


schriebenen Gänge Hiäsen’s in einem „‚gefleckten‘‘ Gabbro, 


welcher dieselben beiderseits umgiebt, vor, während das Ge- 


stein Hiäsens sonst ein gewöhnlicher dunkler Gabbro ist. Der 


 „gefleckte‘‘ Gabbro erstreckt sich nicht gleich weit in beiden 


- Richtungen von den Gängen aus; während er nämlich in der 


einen Richtung weit hinauf gegen den Gipfel fortsetzt, braucht 
man in der anderen nur wenige Schritte zu gehen, um, wie 


erwähnt, den gewöhnlichen dunklen Gabbro anzutreffen. 


43.* 


658 
Regärdsheien und Ravn eberg (Kirchspiel Söndelöv). 


Regärdsheien und Ravneberg sind zwei Partien eines 
‘und desselben Felsenrückens, auf dessen schroffem, gegen den 
Söndelövsfjord geneigten Abhang die Apatitgänge auftreten, 


welche nächst denen des Oedegärden, gegenwärtig am meisten 
versprechen. Der Rücken besteht wesentlich, besonders der 


Gipfel, aus Gabbro, welcher die Straten des Grundgebirges 
durchsetzt; in dem Gabbro finden sich die Gänge. Schon im 
Vorüberreisen kann man vom Boote aus die Lage derselben 
beobachten, indem theils die unten aufgehäuften Halden ihren 
Ort andeuten, theils auch die reicben Gänge selbst sich als 
helle Streifen auf dem dunklen Felsen zeigen (Fig. 14, wo die 
Gänge mit schwarzen Linien angegeben sind). 

Auf Regärdsheien sieht man 5 grössere Gänge 150 bis 
200 Fuss lang, + bis 1+ Fuss mächtig. Die Gänge, welche 
sich wie gewöhnlich auskeilen, sind annähernd parallel, ein 
wenig schräg übereinander gelegen, vier mit schwachem (30°), 
der fünfte mit etwas steilerem Fallen einwärts gegen den Fels- 
rücken (Fig. 15). Sie senden in ihrem Verlauf zahlreiche 
kleinere Apophysen in das Nebengestein aus. Die Gänge be- 
stehen aus Apatit - führender Hornblende: die Seitenpartieen 
sind grossstrahlige Hornblende, die Mitte Apatit, dessen grösste 


Mächtigkeit 1 Fuss ist (Fig. 16). Die Hornblende ist oft voll 


brauner Glimmerschüuppchen; derselbe Glimmer kommt auch 
in grösseren Partieen vor, Bisweilen wird die ganze Breite 


der Gänge allein von Apatit oder allein von Hornblende ein- 


genommen. 

Auf Ravneberg finden sich drei Ganggruppen. Der 
senkrechte Gangstock der Gruppe in der Mitte der Zeichnung 
(die Gänge dieser Gruppe sind gegenseitig verbunden) besteht 
aus grosskrystallinischer Hornblende und Glimmer, beide mit 
Apatitklumpen und dem von Oedegärden erwähnten grünen 
Enstatit gemengt. Die übrigen Gänge dieser Gruppe sind 
regelmässig, fortsetzend, selten bis 1 Fuss mächtig; der eine 
fällt schwach gegen den Felsrücken ein, die anderen stehen 


steil; sie bestehen fast ausschliesslich aus röthlichem oder 


grünlichem Apatit, beiderseits gewöhnlich durch eine dünne 


Kruste des grünen Enstatit vom Nebengestein getrennt. Der 


659 


E: grune Enstatit wurde auch in grösseren Krystallen gefunden, 

& ‚theils rings von Apatit umgeben „ gewöhnlich aber vom Saal- 

band aus gegen diesen hineinragend. Auch Quarz wurde spär- 
lich beobachtet. \ 

Auf der im Sondelövsfjord (rechts auf der Zeichnung 
Fig. 14) hervorspringenden Spitze trifft man nahe der See 
eine auf der Zeichnung nicht sichtbare Gruppe von.sehr reinen 
Apatitgängen; nur an den Saalbändern derselbeu kommt auch 
Hornblende, Glimmer und Enstatit vor. Figur 17 stellt ein 
Profil der gegen Nord fallenden Gänge dar, so wie sie sich in 
dem eben aufgeschlossenen Bruche zeigten. Der Apatit ist 
gewöhnlich von heller Farbe, weiss oder grünlich; ziegelroth 
indess, wo er an die Hornblendekrystalle grenzt (vielleicht 
herrührend von den Eisenverbindungen derselben ?)*) 

In grösserer Höhe ü. M. kommt noch eine dritte Gruppe 
von Gängen vor, welche den oben beschriebenen sehr ähnlich 
sind (auch diese sind auf der Zeichnung, Fig. 14, nicht zu 
sehen). Der Abhang ist so schroff und steil, dass man nur 
mittelst Leitern zu den Brüchen heraufkleitern kann. 

Wir werden nun Regärdsheien besuchen. Was wir bei 
Hiäsen im Kleinen sahen, zeigt sich hier in grösseren und 
deutlicheren Zugen. Das Hauptgestein dieses Vorkommens 
ist, wie schon erwähnt, ein gewöhnlicher dunkler Gabbro (mit 
violettem, zwillingsgestreiftem Labrador). In der unmittelbaren 
Nähe der Gänge trifft man aber nicht diesen dunklen, sondern 


*) — In der Nähe dieser Gänge wird der Felsen über eine Strecke 
von 120 Fuss von einem mächtigen Gange eines eigenthümlichen Gesteins 
durchsetzt, welches aus folgenden zwei Mineralien besteht: bis „ Fuss 
grosse, ein wenig flach gedrückte Sphäroide von radial angeordneten, 
rabenschwarzen Hornblendestrahlen, dessen Zwischenräume ein weisser, 
fein- bis mittelkörniger triklinischer Feldspath, wahrscheinlich Oligoklas, 
einnimmt (Fig. 18). In der Hornblende, meist aber im Feldspath, sind 
unzählige äusserst kleine Körner, bisweilen auch deutliche Krystalle von 
Titaneisenerz eingestreut. Wenn das Gestein zerschlagen wird, fallen die 

einzelnen Plagioklas-Individuen oder -Körner, meist ohne sich nach den 
Spaltungsrichtungen zu theilen, auseinander; da die letzteren deshalb nur 
ausnahmsweise sichtbar sind, ist das Mineral beim ersten Anblick äusser- 
lich — auch in Farbe und 'Durchsichtigkeit — dem Quarz sehr ähnlich. 
Dies Gestein ist augenscheinlich ein durch seine Textur ausgezeichneter 
Oligoklas- Hornblende-Diorit, dessen Gefüge vielleicht durch das Neben- 
gestein der Gänge bedingt wurde, 


. 660 


den oben beschriebenen „‚gefleckten‘* Gabbro. Dieses Gestein 


umgiebt beiderseits als eine schmälere oder breitere Zone 
nicht nur die grösseren Gänge, sondern auch die kleinsten 
Trümmer und Verzweigungen derselben, ihre Contouren immer 
genau darstellend (Fig. 16, 13 u. s. w.). Dieses constante 
Verhältniss wird doch von gewissen Unregelmässigkeiten be- 
gleitet. Bisweilen ist die Zone breiter an der einen als an 


der andereu Seite der Gänge. Bei einem der grössten Gänge, 


welcher so zahlreiche Apophysen aussendet, dass diese zu- 
sammen gleichsam ein einhüllendes Netz bilden, kann man an 
den Punkten, wo dieses sehr dicht wird, folgendes beobachten: 
der „‚gefleckte‘ Gabbro, welcher sonst jede einzelne Verzwei- 
gung und Apophyse mit einer besonderen Zone umgiebt, bildet 
bier eine gemeinschaftliche grössere Zone um das ganze Gang- 
netz her, in welchem der dunkle Gabbro zwischen den Apophysen 
völlig verschwindet. Die schmäleren Gänge Ravnebergs (in 
der Mitte der Zeichnung Fig. 14) verhielten sich denen des 
Regärdsheien ähnlich. Die Zone des ‚„‚gefleckten‘‘ Gabbro ist 
hier in der Regel jederseits ungefähr 6 Zoll mächtig (die des 
erwähnten grösseren Gangstocks ist indess viel mächtiger). 
Wir beobachteten hier, dass kleine zum Theil nicht Apatit- 
führende Hornblende- Adern, deren Durchschnitt kaum 1 Cm, 
gefleckten‘‘ Labbro 


DO 
wie die grösseren Gänge umgeben waren. Jede der beiden 


'maass, von einer ebenso breiten Zone des 


anderen Ganggruppen Ravnebergs war von einer grösseren 
Partie des „‚gefleckten‘‘ Gabbro umgeben. Im Verfolge der 
Richtung mehrerer Ausläufer von den in Figur 17 gezeich- 
neten Gängen beobachteten wir schiefrigen „‚gefleckten‘‘ Gabbro, 
beiderseits von der gewöhnlichen körnigen Varietät umgeben. 

Die Art und Weise, wie der „gefleckte‘‘ Gabbro in den 
jetzt beschriebenen Vorkommnissen auftritt, bringt auch grössere 
Klarheit in das Vorkommen Oedegärdens. 

Wir haben dieses Gestein in enger Verbindung mit den 
Apatit-führenden Gängen kennen gelernt. Auf Oedegarden ist 
es nicht mehr jeder einzelne Gang, welcher von einer beson- 
deren Zone des ‚‚gefleckten‘‘ Gabbro umgeben ist. Das ganze 
Gangsystem Oedegärdens mit seinen. zahlreichen und mäch- 
tigen Gängen setzt hier durch einen schmalen Zug desselben 
Gabbro’s auf. Nur an ein paar Punkten (Fig. 2) konnten wir 
den sonst in dieser Gegend gewöhnlichen dunklen violetteu 


661 


Gabbro entdecken. Die Grenze zwischen diesen zwei Gabbro- 
varietäten ist immer ziemlich scharf: auf Regärdsheien schlu- 
gen wir Handstücke mittlerer Grösse, deren eine Hälfte aus 
gewöhnlichem dunklem, die andere dagegen aus „geflecktem‘ 
Gabbro bestand, während die Mitte derselben einen Ueber- 
gang zwischen beiden Varietäten zeigte. In Bezug auf das 
Verhältniss zwischen dem „‚gefleckten‘“ Gabbro und den an- 
deren angrenzenden Gesteinen beobachteten wir auf Oede- 
gärden, dass der weisse Labrador bisweilen, obwohl sehr selten, 
Spaltungsrichtungen mit Zwillingsstreifung zeigte; die Bergart 
ist in diesem Falle nur schwierig von dem angrenzenden 
quarzfreien (Oligoklas-) Hornblendegneiss zu scheiden, umso- 
mehr als die Schiefertextur desselben erst in einiger Ferne 
von der Grenze gegen den Gabbro deutlich erkennbar ist, 
Wir fassten daher auch selbst anfangs den „gefleckten* Gabbro 
Oedegärdens als eine durch die Gänge umgewandelte Partie 
des Gneisses auf, -—— was er doch durchaus nicht sein kann. 
Ausser den beschriebenen Vorkommnissen sind auch noch 
einige andere als in Gabbro auftretende bekannt, ohne dass 
wir indessen Gelegenheit hatten, sie selbst zu untersuchen. 


1I. Vorkommnisse, die nicht im Gabbro 
auftreten. 


Wie schon früher erwähnt, beschreiben wir hier zunächst 
diejenigen, welche in unmittelbarer Nähe des Gabbro be- 
legen sind. 

Kragerö. 

Dieses ehemals reichste Apatitvorkommen Norwegens ist 
(siehe oben) schon früher von Hrn, Jos. DauLL in Kürze 
beschrieben worden. Da ausserdem eine auf vieljährige Kennt- 

- niss gegründete ausführliche Beschreibung der Apatitgänge 
Kragerö’s von unsererem ausgezeichneten Geologen TELLEF 
DaAHLL erwartet werden kann, werden wir nur auf einige De- 
tails aufmerksam machen, welche auch für das Verständniss 
unserer übrigen Vorkommnisse von Interesse zu sein scheinen. 
Herr TEeLLEF DaaLL war uns ein erfahrener Führer. 

| Die Vorkommnisse Kragerö’s sind im Grossen als Gang- 
stöcke von Apatit - führender Hornblende aufzufassen. Sie 


662 


gaben in den Jahren 1854—1858 eine Ausbeute von ungefähr 
13000 Tonnen Apatit, was einem Werth von ungefähr 450000 M. 
(gleich 150000 pr. Thlr,) entspricht, indem der Preis des Apatit 
damals etwas niedriger war als jetzt. Es sind drei grössere, 
rings um den Fuss einer Kuppe liegende Gangstöcke gewesen. 
Der Gipfel der Kuppe besteht aus Gabbro, welcher von sämmt- 
lichen Gängen nur wenige Schritte entfernt ist. 

Fig. 19 zeigt eine Bergfeste von „Vuggens‘ Grube. Ein 
mehr als 7 Fuss mächtiger liegender Gang durchsetzt hier theils 
einen Granit, theils die Schichten des Grundgebirges. Die bei- 


den Seitenpartieen des Ganges bestehen aus einer ziemlich fein- 


körnigen Hornblende, worin kleine Klumpen von Apatit liegen. 

Die Mitte des Ganges wird von grossstrahliger Hornblende 
eingenommen, welche bis 2 Fuss grosse Klumpen von Apatit 
— theilweise mit deutlichem hexagonalem Durchschnitt — 


einschliesst. An der Grenze zwischen der feinkörnigen und 


der grossstrahligen Hornblende kommt, besonders im Liegenden, 
partieenweise Rutil nebst einem grünlichgrauen Speckstein 
und einem unvollkommen feinfaserigen, asbestähnlichen Mineral 
vor. Die beiden letzteren bilden zuweilen zusammen grosse 
gegen die Mitte des Ganges gerichtete strahlige Massen mit 
verworrener innerer Structur; in der Fortsetzung derselben 
tritt Hornblende in grossen Krystallen auf, deren Hauptaxe 
in derselben Richtung wie die Asbest-Specksteinstrahlen liegen 
(Fig. 30, s. u. pag. 681). In der grossstrahligen Hornblende 
der Gangmitte finden sich unregelmässige Drusenräume, worin 
die freien Enden der Hornblende - Individuen hineinragen, 
meistens von Quarz und Kalkspath bedeckt, von welchem der 
letztere die jüngste Bildung ist. Die Hornblendekrystalle sind 
bisweilen zerbrochen und wieder durch Quarz verkittet. 

Die zwei anderen Gangstöcke von Kragerö: Lykkens 
und Dybedals Gruben zeigten ähnliche Verhältnisse. Die Klum- 
pen des Apatits erreichten bisweilen eine ungeheure Grösse, 
Ausser den erwähnten Mineralien wurden auch Titaneisenerz, 
in jenen grossen beruhmten Krystallen, Titanit, Albit, Kalk- 
spath und wahrscheinlich noch mehrere andere Mineralien ge- 
funden als die Gruben abgebaut wurden. 

Die Gänge von Kragevö bilden mit ihrer rabenschwarzen 
Hornblende, dem rothen Apatit, den hellgrünen und grauen 
Asbest-Specksteinstrahlen, dem dunklen metallglänzenden Rutil 


663 


etc. ein so eigenthumliches Ganzes, dass der Mineralog gewiss 


nur selten Gelegenheit hat, sein Auge durch einen ähnlichen 


SEE EN BEREEGEB BEER 


Anblick zu erfreuen. Die Ausstellung der mineralogischen 
Sammlung der Universität zeigt schon seit 1859 unter ihren 
besonderen Mineral - Vorkommnissen diese prachtvolle Lager- 
stätte, 


Lofthus (Kirchspiel Snarum). 


Am östlichen Abhang eines niedrigen Gabbrofelsens ent- 


_ blösst die steile Wand das Profil eines ungefähr 15 Fuss 


hohen, 8 Fuss mächtigen (in einer grobkörnigen, Quarz- und 


 Glimmer-armen Granitmasse aufsetzenden) Gangstocks, welcher 


.aus einem hellgefärbten, feinfaserigen Mineral, anscheinend 
eine Talkvarietät, besteht. Diese Gangmasse führt spärlich 
rothen oder grünen Apatit, bisweilen in Krystallen, Rutil nebst 
einer grossstrahligen Hornblende (Anthophyllit?); in der Nähe 
war der Granit voll von demselben Talk, hellem Glimmer, 
Apatit und Rutil. 

Der Gabbro, welcher im nördlichen Theile des Gabbro- 
felsens in einiger Entfernung von dem Granit wie gewöhnlich 
dunkelviolet ist (wegen des violetten Labradors); führt in der 
Nähe desselben und überhaupt im südlichen Theil des Felsens 
weissen feinkörnigen Labrador, und ist hier von dem ,„,ge- 
fleckten‘‘ Gabbro Oedegärdens kaum zu unterscheiden. 


Oedegärden (Kirchspiel Bamle). 


Südöstlich von dem grössten der Oedegärden-Gänge, an 
der anderen Seite des Ruckens, an dessen Fusse die früher 
beschriebenen Apatitgäuge liegen, findet sich am Abhang ge- 
gegen Havredal (Fig. 2) ein unregelmässiger, 7—4 Fuss 
mächtiger Hornblendegang, dem Streichen nach ungefähr 
100 Fuss verfolgt, die steilstehenden Schichten eines quarz- 
armen Hornblendegneisses durchsetzend.. Der Gang besteht 
aus Hornblende und hornblendeähnlichen Minernlien, nebst 
‚etwas Quarz, braunem Glimmer, endlich Apatit und Rutil in 
Klumpen. Der Apatit ist roth, dem von Kragerö — an dessen 
Hornblendegänge das Vorkommniss überhaupt erinnert — 
ähnlich. — 


664 


An dem sogenannten Jungfernschurf*), nahe an Oede- 
gärdskjern (der kleine See, Fig. 2) findet sich in den krystal- 
linischen Schiefern eine kleine Partie eines grobkörnigen 
glimmerarmen Granits (Fig. 21), welche ein Diabasgang durch- 
setzt, den in der Silurformation des Christianiathals häufig 
aufsetzenden Gängen völlig gleich. Ein senkrecht stehender, 
1 Fuss mächtiger Gang von grauem und fleischrotbem Apatit, 
nebst etwas Hornblende und grünem Enstatit durchsetzt sowohl 
den Granit als die Schiefer; mehrere ähnliche Adern finden 
sich in dem Granit, in welchem auch Adern von grünem 
Enstatit schwärmen. 

Bei Rönholt, ein wenig nördlich von den, Seite 60 be- 
schriebenen Gängen bei Oedegärdskjern, trifft man ganz in- 
teressante Verhältnisse. Durch steile Schichten von Horn- 
blendeschiefer (Streichen ungefähr NO-SW) setzt ein grob- 


körniger Granit auf. Sowohl dieser als die Schiefer sind von 


Gängen durchwoben,, welche hauptsächlich aus einem grünen, 
magnesiareichen Pyroxen**) — zum Theil ein ausgezeichneter 
Malakolith, mit Absonderung nach oP —, aus Rutil, brauner 
grosskrystallinischer Hornblende***) und endlich aus Apatit 
besteht. Der Pyroxen, der Rutil und der Apatit kamen z. Th. 
in grossen Krystallen vor. Die Rutilkrystalle sind bisweilen 
gebogen und gewunden (Fig. 38b). Die Mächtigkeit eines der 
Gänge wurde zu 4 Fuss bestimmt; die Schiefer sind um diesen 
Gang herum gefaltet. Die Gänge senden zahlreiche Ausläufer 
in den Granit aus und schliessen selbst bisweilen Bruchstücke 
desselben ein, wodurch die Verhältnisse sehr verwickelt werden. 


Valeberg (bei Kragerö). 


Otterbaek. Ein steil stehender, ungefähr ] Fuss mäch- 
tiger Gang in einem undeutlich horizontal geschichteten Horn- 
blendegestein. Die Mineralien desselben waren: Hornblende, 
Magnetkies und Apatit, der letztere wie gewöhnlich bei den 


magnetkiesreichen Apatit- führenden Gängen, in abgerundeten 


*) Von Henıanpo als Vorkommniss bei „Fasetbakken‘‘ erwähnt. 
**) Der Winkel der zwei Spaltungsrichtungen wurde — 87° 23’ 
und 92° 39’ gemessen. 
***) Der Winkel der starkglänzenden Spaltungsrichtungen wurde zu 
124° 24° gemessen. 


665 


- Krystallen. Das Vorkommniss erinnert an den Gang auf 
 Hiasen Seite 656, Fig. 12. Gabbro findet sich in der Nähe. 


Landhaus Valeberg. Mit Herrn Bergmeister TELLEF 
DauLtL besuchten wir einen ganz kleinen, in den krystalli- 
nischen Schiefern aufsetzenden Gang. Er bestand aus gross- 
krystallinischem weissem Feldspath, grünem Glimmer, Rutil, 
hellrothem Apatit nebst dem gerade von dieser Gegend be- 
kannten Aspasiolit. In der Nähe ein kleiner Gang von Quarz 
mit grösseren Partieen von Titaneisenerz. 


Havredal (Kirchspiel Bamle). 


Wir können hier am besten die Kjerulfin - Vorkommnisse 
bei Havredal erwähnen (Fig. 2). Dicht an den Häusern des 
Hofes ragt eine kleine Bergkuppe von Glimmerschiefer empor 
(Fig. 22). Am nordwestlichen Abhang derselben kommen in 
einer schmalen Zone, über eine Strecke von 70 Schritten, 
mehrere bis 2 Fuss breite Adern oder längliche Klumpen vor; 
sie sind im Grossen der Scbiefertextur des Felsenus parallel 
gelegen und bestehen wesentlich aus einem hellgefärbten Albit, 
— dem von v. KoBELL beschriebenen und analysirten sogen. 
Tschermakit*) —, einer Titaneisenerzvarietät in grossen Kry- 
stallen, einem weissen Glimmer und einem noch unbestimmten 
Mineral nebst Quarz und Kjerulfin. Der letztere kam, als wir 
die Stelle besuchten, nur spärlich vor, in kleinen Klumpen, 
während die Hauptmasse der Gänge durch die übrigen Mine- 
ralien gebildet wurde; die durch Sprengung gewonnenen Stücke 
zeigten indess, dass der Kjerulfin auch in grösseren Partieen 
aufgetreten ist. Ausser diesen Kjerulfin-führenden Adern fan- 
den sich in derselben Felsmasse ähnliche Adern oder Klumpen 
aus Quarz, Feldspath oder Titaneisenerz bestehend. NNO von 
diesem besuchten wir ein anderes Vorkommniss. Die Bergart 


- ist hier schwierig zu bestimmen, ein undeutlich schiefriger 


*) Fr. v. KoseLt: „Ueber den Tschermakit. eine neue Mineralspecies 
aus der Gruppe der Feldspäthe‘“‘, Abhandl. der mathem.- physika!. Classe 
der königl. bayerischen Akad. der Wissensch. zu München 1873. — 
Vergl. indess Des Cıvızeaux, Comtes rend. seance du 8 fevr. 1875, und 
Neues Jahrb. d. Min. 1875, briefl. Mitth, von Hrn Des Cıoızeaux an 
G. vom Rare. 


666 


Gneiss oder ein Granit. Der Kjerulfin kommt auch hier mit 
Albit und Quarz, sowie Rutil und Titaneisenerz zusammen vor. 

Bei keinem der folgenden Vorkommnisse haben wir zu 
beobachten Gelegenheit gehabt, ob Gabbro in der Nähe der 
Gänge vorkomme, weil die Zeit uns gewöhnlich so knapp 
zugetheilt war, dass wir uns nur kurz auf jeder Stelle auf- 
halten konnten. Grössere und kleinere Gabbromassen sind 
übrigens in dieser Gegend überall sehr häufig. Keines der 
folgenden Vorkommnisse ist von besonderer praktischer Be- 
deutung gewesen. 


Svinland (Kirchspiel Bamle). 


Apatit-führende Hornblendegänge. In steilen 
NO-SW streichenden Straten von Hornblendeschiefer schwär- 
men mehrere unbedeutende, zum Theil gegabelte und zertrüm- 
inerte Gänge, in den Seitenpartieen aus Hornblende, in der 
Mitte aus graulichweissem oder gelblichem Apatit bestehend. 
Die Hornblende an der Grenze gegen das Nebengestein ist 
feinkörnig, gegen die Mitte der Gänge in grösseren Krystallen 
hineinragend; die letzteren finden sich auch von dem Apalit 
ringsum eingeschlossen. Kleine, nicht Apatit - führende Adern 
von Hornblende und Quarz werden in der Nähe beobachtet. 


Valäsen (in der Nähe von Melby, Kirchspiel Bamle). 


Apatit - führender grosskörniger Granitgang. 
In steilstehenden, O-W streichenden Schichten von Glimmer- 
schiefer windet sich einigermaassen, doch nicht völlig in der- 
selben Richtung ein unregelmässiger, bald mächtiger, bald 
verengter Gang ungefähr 50 Fuss im Streichen verfolgt. Die 
Gangmineralien sind: Qarz, Feldspath und grüner Glimmer, 
alle in grossen Partieen, hie und dort Apatit. Auf grössere 
Strecken wird die ganze Gangbreite, 3 — 4 Fuss, von Quarz 
eingenommen, andere Partieen bestehen besonders aus grünem 
Glimmer. Der Gang führt auch grosse Bruchstücke der um- 
gebenden Bergart. 


Rölandsäsen (Kirchspiel Bamle). 


Apatit - führende Hornblendegänge. Das Vor- 
komen ist von Heırann beschrieben (l..c. pag. 154). Ausser 


667 


den von ihm genannten Mineralien führten einige der Gänge 
_ auch Rutil, nebst einem hellrothen mikrokrystallinischen Feld- 
spathmineral in Skapolithform (efr. Scheerer’s Paläoalbit). 
Einen ähnlichen fleischrothen Feldspath haben wir auf meh- 
reren Vorkommnissen angetroffen. 


Oestre Kjörrestad (Kirchspiel Bamle). 


Eine unregelmässige, mächtige Quarzmasse setzt hier durch 
steilstehende Schichten von Hornblende- und Glimmerschiefer 
auf, welche, wie die Kartenskizze Figur 23 zeigt, um den 
Gang gefaltet sind. Der Quarz schliesst Krystalle von raben- 
schwarzer Hornblende, dunkelbraunem Glimmer in grossen, 
oft gebogenen und gekräuselten Tafeln, grosskrystallinischen 
Chlorit, Pyrit und endlich hellrothen Apatit ein. Der Apatit 
kommt in gewöhnlich ein paar Zoll grossen Krystallen vor, . 
welche bisweilen zerbrochen, gewunden und gebogen sind. 
Die Formen sind: oP, oP und P. Die Flächen der letzt- 
genannten Form (Dihexaöder) meistens nur wenig vorherr- 
schend; es war ungefähr eine Tonne dieser Krystalle von dem 
umgebenden Quarz ausgeschieden. 


Vestre Kjörrestad (Kirchspiel Bamle). 


Das Gestein dieser Lagerstätte ist theils Hornblende- 
schiefer, theils Glimmerschiefer mit einem Fallen von 75° 
SSO; das Streichen und Fallen der Apatit- führenden Gänge 
ist verschieden und wie gewöhnlich von dem der Schichten 
unabhängig. Die Grenzen der Gänge sind meistens, wie in 
der Regel bei den Apatit-führenden Gängen, scharf, zuweilen 
indess verwischt. Die Gänge, im Ganzen sechs, in einiger 
Ferne von einander gelegen, bestehen wesentlich aus Apatit- 
führender Hornblende. | 

Ein Gang mit schwachem OSO - Fallen besteht in einem 
Theil aus Hornblende als Hauptmineral, in der Fortsetzung 
aus einem braunen Glimmer, dem Phlogopit von Oedegärden 
ähnlich. 


Ein anderer Gang zeichnet sich dadurch aus, dass seine 


En Gemengtheile; Hornblende, ein weisser trikliner Feldspath, 


Apatit und Rutil, ganz ordnungslos gemengt sind, während 
man sonst, wie mehrfach erwähnt, bei den Apatit - führenden 


Hornblendegängen als Regel eine einigermaassen. symmetrisch 


bandförmige Anordnung der Mineralien antrifft, indem die 


Hornblende die Seitenpartieen, der Apatit die Mitte der Gänge 


einnimmt. 
Ein dritter steilstehender Gang, ungefähr 50 Fuss — NNO — 
verfolgt, ist nebst den Schichten des umgebenden Glimmer- 
schiefers von einem Diabasgang durchschnitten, welcher denen 
des Cbristianiathals völlig gleich ist. Die Apatit - führenden 
Gänge sind also älter als diese durch ihr Auftreten in den 
Schichten der Silurformation bezüglich ihres Alters bestimmten 
Diabasgänge. | 


Ein vierter Gang mit steilem N-W-Fallen, 20 Fuss nach 


dem Streichen verfolgt, ist durch seine Mineralien von beson- 
derem Interesse. Er besteht aus Hornblende, einem weissen 
triklinen Feldspath, Rutil, Magnetkies und Apatit, von wel- 


chem nur einige Tonnen gewonnen wurden. Der Apatit kommt 


theilweise in Kıystallen vor, welche in dem Magnetkies ein- 
gewachsen und von demselben durchwoben sind. Der Magnet- 


kies schliesst auch Krystalle eines blaugrünen triklinen Feld- 


spaths ein; sowohl diese Feldspathkrystalle als die Apatit- 
krystalle sind bäufig an den Kanten und Ecken abgerundet 
und wie angeschmolzen. 

Die grünen Feldspathkryställe ähneln den Krystallen der 
eigenthümlichen Anorthitvarietät Esmarkit, welche Des Cror- 
ZEAUX von dem ungefähr eine halbe Meile entfernten Bräkke 
in Bamle beschrieben hat.*) Ueber den Esmarkit siehe 
unten pag. 676. 

An dieser Oertlichkeit trafen wir ein anderes gewiss 
ziemlich alleinstebendes Vorkommen, nämlich einen mächtigen 
Gang, dessen Hauptmasse durch hellgefärbten, grünweissen 
Skapolith (in bis fussgrossen Individuen) nebst Rutil in kopf- 
grossen Klumpen (z. Th. in Krystallen) gebildet wurde; ein 
wenig Glimmer und Apatit gesellte sich zu diesen. 


Valle (Kirchspiel Bamle). 
Apatitführender Feldspathgang. Steile Schichten 
von Glimmerschiefer — SSO fallend — sind in der Richtung 


*) Annales de chimie et de physique (4), tome XIX. Paris 1870. 
pag 176. 


669 ; 


 SSO-NNW von einem steilstehenden 8 Fuss mächtigen Apatit- 


- führenden Gang durchschnitten. Dieser enthält in seinem süd- 


= östlichen Theil einen grosskörnigen triklinen Feldspath, Oli- 
goklas, als einzigen Bestandtheil, der nordwestliche Theil des 
_ Ganges besteht ausserdem aus Quarz, Hornblende und Titan- 


eisenerz nebst Apatit. Der Gang ist durch seine ganze Masse 


von Quarztrummern durchsetzt. 


Bagerovneie (Kirchspiel Bamle). 


In einem undeutlich geschichteten Hornblendegestein findet 
sich ein mehr als fussmächtiger Gang, in der Streichungs- 
richtung O-W ungefähr 30 Fuss verfolgt. Wir beobachteten 
hier — wie auch oben gelegentlich erwähnt —, dass ein und 
derselbe Gang in seinen verschiedenen Partieen ein ganz ver- 
schiedenes Mineralaggregat zeigen kann, indem zugleich die 
(semengtheile ohne bandförmige Anordnung durcheinander ge- 
mengt sind. Die westlichste Partie besteht aus Feldspath mit 
braunem Glimmer, Titaneisenerz und Apatit, die mittlere aus 
feinkörniger Hornblende mit etwas Quarz, die östliche Partie 
endlich fast ausschliesslich aus Quarz mit Pyrit und Kupferkies. 


Froste (Kirchspiel Bamle). 


Quarzreiche Apatitgänge in Quarzschiefer und Granit. 
In einem weissen grobkörnigen Granit und in dem Quarzschiefer 
des Grundgebirges setzen mehrere steilstehende, höchstens 
l Fuss mächtige Gänge auf; zwei kleinere durchschneiden 
sich. Die Gangmineralien sind Quarz, brauner Glimmer und 
Hornblende, nebst etwas Feldspath und einer nicht ganz un- 
bedeutenden Quantität von grünlichgelbem Apatit. 


Björdammen (Kirchspiel Bamle). 


Apatit-führende Hornblendegänge. Unbedeutende 

schwärmende Gänge von Hornblende mit rothem Apatit in 
- Klumpen und Schnüren inmitten der Gänge. Ein wenig Rutil, 
- Feldspath und Glimmer kommen auch vor. 


Hougen (Kirchspiel Bamle). 


ee Apatit-führender Hornblende-Magnetkiesgang. 
Ein kleiner ‘Gang setzt durch die Schichten eines Hornblende- 


670 


schiefers auf. Ein Theil des Ganges besteht aus gelbem, 
grünem und weissem Apatit nebst Hornblende; in der Fort- 


setzung des Ganges erscheint ein Gemenge von Apatit und. 
Magnetkies. Der Gang gabelt sich dann in zwei Aeste, aus 


Magnetkies und Pyrit bestehend. Der Kies ist mit Klümpchen 
und, an den Ecken abgerundeten, Krystallen von Apatit und 
mit Hornblendestücken gemengt; Hornblende kommt auch in 
den Seitenpartieen vor. 


Oedefjeld (Kirchspiel Sandökedal). 


Ganz kleine Adern durschwärmen ein Hornblendegestein; 
Gangmineralien: Quarz, Magneteisen, ein rother Feldspath, 
Pyrit, Apatit. 


Oesterholt (Kirchspiel Gjerrestad). 


Apatit-führende Hornblendegänge.. NNW-SSO 
streichende Straten eines flasrigen Hornblendegesteins werden 
von einem steilstehenden Gange, erfüllt mit einem Aggregat 
bräunlichschwarzer Hornblende, durchschnitten. Die Horn- 
blende führt gelben und grünlichen Apatit — in welchem 
zuweilen Hornblendebruchstücke eingewachsen sind — nebst 
rothem Feldspath. 


Skorstöl (Kirchspiel Gjerrestad). 


Ueber eine Strecke von 120 Fuss schwärmen in einem 


undeutlich geschichteten Hornblendegestein mehrere kleine 


Gänge, welche in ihren verschiedenen Partieen eine wech- 
selnde Mineralbeschaffenheit zeigen. Eine Partie bestand aus 
grünlichbraunem Apatit mit rothem mikrokrystallinischem Feld- 
spath — darin Hornblendepunkte (Fig. 24). — Eine andere 
Partie bestand fast nur aus dem, bei anderen Vorkommnissen 
erwähnten, grünen Enstatit. Auch Rutil kam vor. 


Akeland (Kirchspiel Sondelöv). 


Quarzgänge, welche theilweise Apatit - führend sind. 
Steile Schichten von Hornblendeschiefer sind hier von meh- 
reren schwärmenden Gängen und Adern von Quarz, welche 
Apatit und Hornblende führen, durchsetzt. Die Hornblende 
kommt theils zunächst den Saalbändern vor, theils ist sie im 


A A a 


671 . 


Quarze eingewachsen, welcher spärlich auch Krystalle von 
rothlichem und grünem Apatit enthält. Einige der Gänge be- 
stehen streckenweise aus grosskrystallinischem, braunem und 
grünem Glimmer nebst hellem Skapolith (bisweilen in grossen 
Krystallen) und Feldspatb. 

In der Nähe findet sich ein ungefähr 2 Fuss mächtiger 
Gang von hellrothem Apatit, etwas Feldspath, Quarz, brauner 
Hornblende und Glimmer. Der Gang, welcher in dem be- 
deckten Terrain nur über eine kurze Strecke verfolgt wurde, 
durchsetzte sowohl die Bergarten des Grundgebirges als Granit. 


Nestesväg (Kirchspiel Söndelöv). 


In einem glimmerführenden Quarzit setzt ein gegen W. 
fallender Gang auf; er war höchstens 6 Fuss mächtig, wurde 
über eine Strecke von 30 Fuss verfolgt, und bestand aus Quarz 
mit schwarzem, grossblättrigem Glimmer und grünblauem 
Moroxit in unvollkommenen, oft mindestens 3 Zoll dicken 
Krystallen, nebst etwas Feldspath. 


Oxoiekollen (Kirchspiel Snarum). 


Oxöikollen ist ein niedriger Felsenrücken, aus steilen 
N-S streichenden Straten eines Hornblendeschiefers mit Gra- 
naten gebildet, In seinem nördlichen Theil findet sich ein 
unregelmässig verzweigter Gang, dessen am meisten ent- 
blösste Partie auf dem beigefügten Profil (Fig. 25) dargestellt 
ist. Der Gang besteht in den dem Nebengestein argrenzenden 
Partieen meistens aus feinkörniger Hornblende, in der Mitte 
aus weissem Quarz und einem ziemlich unansehnlichen fein- 
körnigen Albit, alle in grossen Partieen; die grösste der Albit- 
partieen erreichte 6 Fuss und 3 Fuss in zwei aufeinander 
senkrechten Richtungen. Besonders im Quarze, aber auch in 
dem Albit sind grosse (oft mehr als 4 Zoll) Hornblende- 
krystalle nebst Krystallen von Apatit eingewachsen. Der 
Albit birgt auch bisweilen ziemlich grosse Drusenraume, welche 
mit kleinen stark glänzenden Albitkrystallen, Hornblende- 
krystallen und Apatitkrystallen ausgekleidet sind. Die letzteren 
sind gewöhnlich klein und, wie auch die Albitkrystalle, oft 
zerbrochen, gebogen und gewunden. Auch der Quarz kommt 
zum Theil in Krystallen mit bisweilen mehr als fussgrossen 
Flächen vor. Auch grüner Glimmer wird im Albit angetroffen. 

Zeits. d.D. geol. Ges. XXV11. 3. 44 


672 


Enden (Nordre Olafsby, Kirchspiel Snarum). 


Apatit-führender Enstatitgang. Im Gneiss des 


Grundgebirges kommen hier in einem untergeordnet auftreten- 
den ungeschichteten Gestein von feinkörnigem Feldspath (La- 
bradorfels?) mehrere kleine Apatit-führende Enstatitgänge vor, 
welche in jeder Hinsicht einzelnen der oben beschriebenen 
Vorkommnisse in Bamle ähnlich sind. Die Mitte der Gänge 
nimmt Apatit und ein wenig Rutil ein; die dem Nebengestein 
angrenzenden Partieen bestehen aus grünem Enstatit, fein- 
körnig an den Ganggrenzen, gegen die Mitte in grösseren 
Krystallen hineinragend. Auch in der Nähe der Gänge führte 
die Bergart Adern von feinkörnigem Enstatit. 


Wie aus den Beschreibungen der einzelnen Vorkommnisse 
hervorgeht, kommen auf den von uns untersuchten Apatit- 
führenden Gängen folgende Mineralien vor: 


Quarz, 

Apatit, 

Kjerulfin, 

Kalkspath, 

Talk (?), 

Orthoklas, 

Albit, 

Oligoklas (und Albit, sog. Tschermakit), 
Esmarkit (Anorthit?), 

Skapolith (und Paläo-Albit), 

Turmalin, 

Hornblende, 

Pyroxen, 

Enstatit, 

Phlogopit, und grüner Magnesiaglimmer, 
Chlorit, 

Aspasiolith, 

Titanit, 

Rutil, 


er 


Eisenglanz, 
Titaneisenerz, 
Maeneteisenerz, 
Kupferkies, 
Magnetkies, 
Pyrit. 


Wir haben bereits erwähnt, dass Apatit-führende Gänge 
noch weiter westlich bis nach Arendal gefunden sind; gerade 
von den bekannten arendalischen Gängen könnte wahrschein- 
lich eine nicht unbedeutende Anzahl ‘mit unseren Apatit - fuh- 
renden Gängen zusammengestellt werden, in welchem Falle 
das obige Verzeichniss wohl mit manchen Mineralien würde 
vermehrt werden können. Wir mussen uns indessen auf die 
beschriebenen Gänge beschränken und fügen deshalb nur in 
Bezug auf einzelne der schon aufgezählten Species einige 
kurze Bemerkungen hinzu. 


Apatit. 


Wie wir bereits oben geschildert, tritt. der Apatit ge- 
wöhnlich auf diesen Gängen nicht in Krystallen auf. Auf 
Oedegärden sahen wir einen einzelnen Krystall in der Gang- 
masse eingewachsen und ausserdem nur ganz kleine, ‚auf 
schwarzem Turmalin aufgewachsene Krystalle in einem Drusen- 
raum (Gang No. 1). Die Magnetkies-Hornblendegänge führten 
hingegen häufig Apatitkrystalle, welche, wenn sie in Magnet- 
kies eingewachsen waren, an den Ecken und Kanten eine Ab- 
rundung, wie von einer begonnenen Schmelzung, erlitten 
hatten. Bei Oestre Kjörrestad waren zahlreiche bis mehrere 


. Zoll grosse Krystalle in Quarz eingeschlossen, bisweilen von 


gewundener und gedrehter Form; Combination der Flächen: 
ooP, oP, P, die letztere meistens nur untergeordnet (Fig. 28). 
Die Apatitkrystalle vom Oexöiekollen (Snarum) sind schon 
längst bekannt; ausser der gewöhnlichen Combination, oP. 


 P.oP., findet sich auch ein Krystall von dieser Fundstätte im 
- Mineralien-Cabinet mit den Formen: «P.soP2.P.oP.2P2. 


Moroxit, welchen wir von mehreren durch uns nicht be- 
suchten Fundstellen kennen, trafen wir nur an einer Localität, 
Aestesvag, hier in grossen schönen Krystallen ohne End- 
flächen. 


44* 


ee 


An den meisten Fundorten tritt indess der Apatit nicht 


in Krystallen, sondern nur derb auf, bisweilen deutlich kry- 


stallinisch, oft scheinbar ganz dicht, ohne Spuren von den 
gewöhnlichen Spaltungsrichtungen. Der Fettglanz ist im 
Allgemeinen deutlich. Die Farbe ist sehr verschieden. Die 
vorherrschende Varietät auf Oedegärden ist weiss, wenig 
slänzend, undurchsichtig; auf einem und demselben Gang kön- 
nen übrigens mehrere Farbennuancen vorkommen: man findet 
hier gelben und braungelben, sehr durchsichtigen (ganz wie 
Candiszucker aussehenden), dort grauen, grünlichen, hell fleisch- 
rothen, dunkelrothen,, violetröthlichen Apatit. Der bekannte 
Apatit von den Gängen Kragerö’s ist oft ziegelroth. Bei 
Hougen fanden wir eine dunkelbraune, stark fettglänzende 
Varietät. 

Der Apatit auf Oedegärden ist bisweilen von so unzäh- 
ligen Rissen und Sprüngen durchsetzt, dass er zu ganz klei- 
nen Körnern zerfällt, ja er kommt in seltenen Fällen vollig 
erdeartig vor, was dann nicht unbedeutenden Verlust verur- 
sacht (z. B. Gang No. 1). Auf einem anderen Gang (No. 2) 
ist der grünlichweisse Apatit von einem Netz zahlloser, feiner, 
unregelmässiger, schwarzer Adern durchschwärmt, in dem 
Grade, dass man bisweilen in mehreren zollgrossen Klumpen 
selbst nicht mit Hülfe der Lupe die einzelnen Adern in dem 
völlig schwarzgefärbten Apatit unterscheiden kann; diese 
schwarzen Adern bestehen aus einer kohlenstoffhaltigen 
Substanz. *) | 

Folgende Analysen des Apatits von Oedegärden wurden 
uns gütigst vom Hrn. Prof. Waage zur Verfügung gestellt: 


Grünlichweisser Hellrother 
Apatit Apatit 
Unauflöslich . . 1,9 pCt. 0,8 pCt. 
EOS. 41,1 — 41,2 
LE RS Sn A 2 Se 1 5,8 
O0) A ee 51,0 
Glühverlust . .  —. 0,6 
339 


*), Eine kleine Menge dieses schwarzen Apatits wurde mit Salzsäure 
behandelt; das zurückbleibende unauflösliche schwarze Pulver verbrannte 
auf Platinblech mit Feuererscheinung; eine andere Portion des Pulvers 
wurde, mit Salpeter gemischt, erhitzt: nach Zusatz von Salzsäure, Brausen 
von Kohlensäure. 


Be N 


Kjerulfin. 


Indem wir auf die Beschreibung v. KoBELL’s hinweisen, 


_ können wir Folgendes der Kenntniss des von Herrn Ronpe 


zu Porsgrund aufgefundenen Kjerulfin’s hinzufügen. 

Er kommt in verschiedenen Farbenvarietäten vor; am 
östlichsten der beiden Fundorte bei Havredal besonders hell 
fleischroth bis bräunlich, am westlichsten dagegen gelb, un- 
gefähr weingelb (von Oedegärden erwähnten wir eine dunklere 
apfelgrüne und gelbbraune Varietät), Fettglanz, durchschei- 
nend bis durchsichtig in geringem Grade. Bruch splittrig. 
Spaltbarkeit sehr unvollkommen, in zwei Richtungen (nach 
v. KoseLL einen Winkel von 90° bildend), Der Kjerulfin 
lässt sich nur schwierig zerschlagen, und konnte schon da- 
durch von den Arbeitern von Apatit unterschieden werden. 
Ein Merkmal, welches ihn sehr leicht von Apatit unterscheidet, 
ist übrigens sein Schmelzgrad, welcher nur 2,5 —3 (nach 


v. Kopeıı’s Scala) beträgt. — Nach langem Suchen hatten 
wir das Glück, ein kleines Material von — früher nicht ge- 
kannten — Krystallen des Kjerulfin zu finden. Sie waren 


an der Grenze gegen Quarz oder Tschermakit-Albit ausgebildet 
und bestanden mit einer Ausnahme aus gelbem Kjerulfin des 
westlichsten Fundorts bei Havredal. 

Die gefundenen Krystalle sind sammtlich säulenförmig 
und ohne Endflächen, am öftesten mit mattweisser Oberfläche, 
scheinbar von einer äusserst dunnen, weissen Kruste, welche 
auch in Rissen und Sprüngen den derben Kjerulfin durchsetzt, 
bedeckt. Es wurden gefunden: ein Krystall mit 5 und einer 
mit 4 Flächen, beide klein und in Quarz eingewachsen, wes- 
halb wir ihre Winkel nicht mit einiger Genauigkeit messen 
konnten; 3 ungefähr } Zoll lange Individuen mit 3 Flächen, 
deren Winkel sehr gut mit dem Anlegegoniometer gemessen 
werden konnten, endlich 3 Exemplare mit 2 Flächen. Einer 
der letzteren wurde mittelst angeklebter Glimmerschuppen mit 
dem Reflexionsgoniometer gemessen; als Mittel von 5 Mes- 
sungen (nach 3 verschiedenen Einstellungen) wurde ein Winkel 
von 120° 3’ gefunden. Die Winkel der oben erwähnten drei 
Krystalle mit 3 Flächen wurden alle zu ungefähr 120°, — 


 theils etwas mehr, theils etwas minder — gemessen. Auch 


die weniger zuverlässigen Messungen an den übrigen Kıry- 


stallen gaben alle einen Wertb von ungefähr 120%. Ausser 


diesen Krystallen, welche von dem umgebenden Quarz oder 
Feldspath getrennt werden konnten, fanden wir auch mehrere 
Krystalldurchschnitte, welche gleichfalls sammtlich Winkel von 
ein wenig mehr oder minder als 120° zeigten. 

Die Krystalle haben einen rhombischen Typus, indem 
immer zwei parallel gegenüber liegende Flächen im Vergleich 
mit den übrigen nur wenig ausgebildet sind (Fig. 26). Die 
Untersuchung der optischen Verhältnisse bestätigt auch, dass 
der Kjerulfin rhombisch ist. Nach vieler Mühe gelang es 
endlich, drei gute Präparate in drei aufeinander senkrechten 
Richtungen darzustellen. Bei Prüfung unter dem NÖRREN- 
BER@G’schen Polarisations-Mikroskop zeigten zwei derselben die 
gewöhnliehen Erscheinungen rhombischer Mineralien, während 
das dritte kein Bild gab. Wenn wir die vier vorwaltenden 
Flächen der säulenförmigen Krystalle als Flächen von »P 
(Winkel ungefähr 120°), die zwei übrigen als Flächen des 
Brachypinakoids auffassen, so ist die Ebene der optischen 
Axen dem letzteren parallel gelegen; der optische Winkel ist 
ziemlich gross, liess sich aber nicht messen. Figur 26 stellt 
einen Durchschnitt eines Kjerulfinkrystalls dar. 

Der Kjerulfin ist durch den Fund dieser Krystalle, deren 
Typus und optisches Verhalten rbombisch ist, mit Sicherheit als 
ein eigenthüumliches Mineral charakterisirt, von dem Wagnerit 
mit seinen komplicirten monoklinen Formen verschieden, sich 
ferner von demselben unterscheidend durch etwas abweichende 
chemische Zusammensetzung, durch leichtere Schmelzbarkeit 
u. Ss. w. 


Esmarkit. 


Auf der Halde eines Apatit-führen Ganges bei Vestre 
Kjörrestad in Bamle wurde eine nicht ganz kleine Anzahl von 
Krystallen dieses auch früher gerade aus Bamle bekannten 
Feldspaths gefunden. Der Esmarkit wäre nach Ds CLoIzEAaux 


als eine Varietät des Anorthit anzusehen*); Krystalle desselben . 


waren vor unserem Fund nicht bekannt. 
Die Farbe der Krystalle ist auf Bruchflächen bläulichgrün. 


*) Annales de chimie et de physique (4) tome XIX, pag. 176, 
Paris 1870. 


f 
$ 


677. 


'Perlmutterglanz auf den Spaltungsflächen, auf den Bruchflächen 
Fettglanz. Bruch uneben bis muschelig. H. 6, Spec. Gew. 
2,66.*) Spaltbarkeit vollkommen nach oP, minder vollkommen 
nach ooP &, ganz unvollkommen nach ooP‘. 

Die Krystalle sind nicht Einzelindividuen, sondern poly- 
synthetische Zwillinge nach zwei verschiedenen Gesetzen. 
Indem in ein vorherrschendes Individ sehr zahlreiche Zwil- 
lingslamellen eingeschaltet sind, bewahren die Krystalle doch 
das allgemeine Ansehen von einfachen Gebilden. Die Kry- 
stalle besitzen eine unebene, gerunzelte, zuweilen an den 
Kanten und Ecken wie durch Schmelzung gerundete Ober- 
fläche, welche zudem von einer äusserst dunnen dunkel grün- 
lichsehwarzen, wenig glänzenden Kruste bedeckt ist. Diese 
matte dunkle Rinde, welche den Krystallen ein von den ge- 
wöhnlichen Feldspathen sehr abweichendes Ansehen giebt, 
sich aber genau so wiederfindet bei den Plagioklasen von 
Orijärfvi, Lojo und Bodenmais, verhindert eine genaue Mes- 
sung der Flächen. Indem wir jedoch versucht haben, die 
Krystalle in der zuerst von Ds ULo1zEaux vorgeschlagenen, 
später von 6. vom RaTu und Anderen angenommenen Weise, 
zufolge welcher die basische Fläche sich rechts hinabsenkt, 
zu stellen, glauben wir folgende Formen bestimmen zu können: 


a’P.oP’.o P3.oP'3.0P»s.oP. Pa&.2Pr,o. 


2. 0.P.D. 

An Shalkatieken wurden Messungen mit dem Reflections- 
goniometer versucht; und der Winkel zwischen der Basis und 
‚den Flächen des Brachypinakoids an einem guten Spaltungs- 
fragment gemessen zu: 


oP:oP% 
80 00 Da Dr 
2 "33 02 
867 93.0: 158 
86: 5 98.43199 
s6 11 9334,90 
86.4.9 99,....98 
Mittel 86 5% "93 542%) 


*) Dasselbe Gewicht fand Prof KyeruLr für Esmarkit aus Brakke 
in Bamle, von Herrn Pfarrer Esmark selbst dem Mineraliencabinet der 
Universität geschenkt. Nach Des Croızeaux beträgt das Gewicht des 
Esmarkit 2,737. 

**) Des Croizeaux fand 86° und 93° 51’, 


678 


Die Ausbildung ist etwas verschieden; viele Exemplare | 


sind einigermaassen tafelförmig durch Vorherrschen der Basis, 
einzelne sind prismatisch nach der Brachydiagonale verlängert, 


indem die Flächen von oP und ©P« nahe gleichmässig 
ausgebildet sind. Die Grösse ist recht ansehnlich; eines un- 
serer grössten tafelformigen Exemplare mass 70, 63 und 
28 Millimeter (Fig. 27a). Figur 27b stellt eine ideale Com- 
bination aller bestimmten Flächen dar. 

Die Krystalle sind, wie erwähnt, nach zwei Zwillings- 
gesetlzen zusammengesetzt: 

l. Das erste ist das bei den triklinen Feldspathen ge- 
wöhnliche: Zwillingsebene das Brachypinakoid; die Zwillings- 
streifung auf der basischen Fläche ist ausserordentlich fein. 

2. Ausser dieser kommt noch eine zweite ungemein 
feine Zwillingsstreifung nach einem anderen Gesetze vor; sie 


findet sich immer auf &Pc«o (auch auf Spaltflächen nach 
diesem Pinakoid), desgleichen sehr deutlich auf den Prismen- 
flächen, sowie undeutlich auf den übrigen Formen, aber 


nicht auf oP. Diese Streifung auf aPo (welche wir im 
Folgenden allein berücksichtigen) scheint beim ersten An- 


blick mit der Kante zwischen oP und ©Px» parallel zu 
sein, verhält sich aber in der That nicht so, indem sie viel- 
mehr(bei der oben erwähnten Stellung der Krystalle) sich nach 
vorn weniger neigt als jene Kante und sie unter einem sehr 
scharfen Winkel schneidet. Dieser Winkel wurde auf zehn 
Krystallen und Spaltstücken gemessen und ergab sich schwan- 
kend zwischen den Werthen 3° 21’ 59” und 6° 42’ 43”; in 
den meisten Fällen erreichte er eine mittlere Grösse von un- 
gefähr 4°. 

G. vom Rıra hat auf Anorthitkrystallen vom Vesuv ähn- 
liche Zwillingsstreifen nachgewiesen, welche — wenn die 
Krystalle auf die oben erwähnte Weise gestellt werden — doch 
bedeutend von den oben beschriebenen sich unterscheiden; sie 
senken sich nämlich nach vorn gegen den Beobachter stärker 


als die Kanten zwischen oP und Po, mit welchen sie 
einen Winkel von 16° 0° 53” bilden. Der Winkel zwischen den 
Zwillingsstreifen und der Kante oP:© P 0 ist demnach nicht 
nur viel grösser bei den vesuvischen Kıystallen als bei den 


679 


in Rede stehenden von Bamle, sondern die Convergenz liegt 
auch nach entgegengesetzten Seiten. 


G. von Ratu hat an den vesuvischen Krystallen diese 
Streifung durch eine Zwillingsbildung nach dem Gesetz: 


' Drehungsaxe die Makrodiagonale, erklärt. Dasselbe Gesetz 


er 


ist es aller Wahrscheinlichkeit nach auch, welches bei unsern 
Krystallen zur Ausbildung gekommen ist. 

Dies Gesetz bringt auch über die nach den unsicheren 
Messungen ziemlich unbestimmten Axenelemente des Esmarkit 


. eine gewissermaassen ungeahnte Aufklärung. 


Da es zu weitläufig wäre, die Erklärung und den Beweis 
für dies Gesetz hier zu wiederholen, können wir, indem wir 
den Leser auf die beiden vorzuglichen und erschöpfenden Ab- 
handlungen vom RArt#’s hinweisen*), nur anführen, dass, indem 
auch wir zur Erklärung der Streifung unserer Krystalle das 
Zwillingsgesetz der makrodiagonalen Axe als Drehungsaxe 


"annehmen, wir zu dem Resultat geführt werden, dass das 


Axenverhältniss des Esmarkits nicht dasselbe wie dasjenige 
des Anorthit vom Vesuv sein kann, vielmehr sich dem des 


Albit’s nähert. Es können nämlich — wenn die Senkung der 


Basis unverändert ist — im oberen rechten Oktanten nicht, 
wie bei dem Anorthit, lauter stumpfe ebene Axenwinkel liegen, 
sondern wie bei dem Albit sowohl stumpfe als scharfe Winkel. 
Da der Neigungswiukel der Streifen unserer Krystalle geringer 
ist als der, welcher zufolge desselben Gesetzes bei dem Albit 
entstehen wurde, mussen die Axenelemente des Esmarkits 
auch von denjenigen des Albits nicht unwesentlich abweichen. 
Die Axenelemente des Esmarkits genauer zu bestimmen, 
ist übrigens wegen der polysynthetischen Zusammensetzung 
unserer sämmtlichen Exemplare, und wegen ihrer rauhen 
Oberfläche, welche keine genaue Messungen gestattet, nicht 
ausführbar. Der Esmarkit darf also wohl als eine besondere 
Species anzusehen sein, charakterisirt durch ein eigenthüm- 
liches Axenverhältniss und zufolge der Analyse Pısanr’s auch 
durch eigenthumliche chemische Zusammensetzung. | 
Der Esmarkit kommt bei Kjörrestad mit Hornblende, 
Apatit und Magnetkies zusammen vor; Magnetkies begleitet 


*) Pose. Ann. 138. 1869: G. vom Rats, Mineral, Mittheil. pag. 449; 


ibid. 147. 1872. pag. 22. 


auch den von 'v. Koxscuarow beschriebenen Lepolith von 
Finnland, mit welchem unser Esmarkit viel gemein hat. 

Ausser bei Kjörrestad trafen wir den Esmarkit mit der- 
selben polysynthetischen Zusammensetzung, aber nicht in deut- 
lichen Krystallen als %emengtheil granitäbnlicher Adern mit 
schwarzem Glimmer und Quarz (Anorthit und Quarz!) in dem 
dunklen Gabbro von Mejnkjaer (Bamle). Das früher bekannte 
Vorkommniss bei Braekke in Bamle scheint, nach den dem 
Mineraliencabinet der Universität durch Herrn EsmaRrK ge- 
schenkten Stufen von dieser Localität zu urtheilen, ähnlich 
gewesen zu sein. | 


Hornblende 


in verschieden Varietäten ist eines der gewöhnlichsten Mine- 
ralien auf den Apatit-führenden Gängen. Eine braune stark 


glänzende Hornblende begleitet den Apatit bei Oedegärden 


und Rönholt. Die schwarze Hornblende Kragero s ist wohl 
bekannt. 
An mehreren Apatit-Fundstätten (Otterbaek, Oxöiekollen 


u. s. w.) waren Krystalle einer rabenschwarzen Hornblende 


mit einer vollkommenen Spaltung nach P und einer sehr 
deutlichen nach dem Orthopinakoid © P co (neben der gewöhn- 
lichen Spaltbarkeit parallel so P) gar keine seltene Erscheinung. 
Neben den von uns selbst gesammelten Krystallen konnten 
wir auch das ziemlich bedeutende (durch Hrn. Cand. min. 
Ta. Lassun zusammengebrachte) Material von Oxöiekollen in 
der Universitätssammlung durch die Güte des Hrn. Prof. 
KJERULF, welcher uns stets mit Rath und That unterstützte, 
benutzen. Die Krystalle sind mit ganz kleinen Albitkrystallen, 
welche genaue Messungen sehr erschweren, bedeckt; mehrere 
Exemplare sind zerbrochen, und ibre Bruchstücke wieder durch 
Albit verkitter. 

Der etwas eigenthümliche Habitus dieser Krystalle mit 
ihren stark ausgebildeten, gestreiften Flächenpaaren und ihren 
etwas ungewöhnlichen Combinationen der Endflächen wird am 
besten durch ein paar Figuren erläutert. Figur 28 stellt einen 
mit einem Apatitkrystall verwachsenen Hornblendekrystall vor, 
den letzteren mit den Endflächen + 2Po. + Po.-+ 3P3 
und (sich nach hinten neigend) oP. Figur 29a zeigt die 
häufigste Combination: — 2Ps und + P; dazu tritt an 


DER 


mehreren Individuen noch + 3P3. Der von dem Beobachter 


abgewendete Theil des Krystalls zeigt einspringende Kanten 
zwischen zwei Flächen von + P. An dem in Figur 29b dar- 


Ri" gestellten Exemplare treten am Ende nur + 3P3 und 2Po 


auf. An allen dargestellten Krystallen war das Ende deutlich 
ausgebildet. 


Die Asbest - Specksteinkrystalle 


aus Kragerö (s. oben pag. 662) wurden gewöhnlich zum 


. Pyroxen gestellt; die Säulenbruchstüucke, welche wir auf den 


Halden sammeln konnten, zeigen entweder die Winkel des 
Pyroxens oder der Hornblende. Vielleicht liegt hier eine 
Paramorphose vor, ohne dass doch unser Material uns ge- 
stattete, die Krystallform des ursprünglichen Paläominerals zu 
bestimmen. Die Mitte der Krystalle besteht aus Speckstein, 
welcher gewöhnlich von einer zusammenhängenden, unregel- 
mässig gewundenen Lage von Asbest umgeben ist, deren Fasern 
senkrecht zur Fläche stehen (Fig. 50.). In den äusseren Par- 
tieen der Krystalle sind die Asbestfasern theils ganz unregel- 
mässig, theils der supponirten Hauptaxe parallel angeordnet. 


Phlogopit. 


Der Glimmer von Oedegarden ist dunkel röthlichbraun, 
kommt indess auch mit helleren Farben vor. Glanz unge- 
wöhnlick stark, fast metallisch. Halbdurchsichtig in 1 Mm. 
dicken Lamellen; das Tageslicht wird mit schön rosenrother 
Farbe, durch dünnere Blätter mit gelber Farbe transmittirt. 
H. 2,5. Schmelzb. 2, indem die Probe ohne Löthrohrblasen am 
Saume eines Kerzenlichtes in ganz feinen Splittern schmilzt. 
Eine Analyse wurde von Herrn Amanuensis WLEUGEL gütigst 
ausgeführt. 


Kieselsäure . . . 40,24 pCt. 
Titansaure .. . . 0,56 
Thonerde . . . 12,92 
Kisenoxyd....in..,sul. 7,64 
Eisenoxydul. . . 2,15 
Balkan) 3202010540, 
Magnesia . . . 23,29 
Glühverlust. . . 0,68 


682 


Das Alkali wurde nicht direct bestimmt. Weder Lithion 
noch Fluor ist vorhanden. Optisch zweiaxig mit kleinem 


Axenwinkel.e. Dieser Glimmer wird wohl am besten zum 
Phlogopit gestellt. 

Dunkelgrüner Biotit kommt in mehreren Apatitgängen 
vor; Kaliglimmer haben wir dagegen nicht aufgefunden. 


Aspasiolith. 


Wir erwähnten dieses Mineral von der Lagerstätte Vale-- 


berg bei Kragerö6. Unsere Stufen stimmten in Härte, Auflös- 
lichkeit, Aussehen (und chemischem Gehalt, qualitativ unter- 
sucht) ganz mit Exemplaren dieses Minerals in dem Mineralien- 
cabinet überein. Beide zeigten sich indessen sehr leicht 
(3 nach der Skala v. KoseLı's) vor dem Löthrohr schmelzbar 
und waren nicht, wie es gewöhnlich von den Autoren ange- 
führt wird, unschmelzbar. | 

Der Aspasiolith wurde von mehreren Forschern als ein 
für gewisse Schichten des Grundgebirges charakteristisches 
Mineral erwähnt; wie man sieht, gehört er indessen nach un- 
serem Funde wohl nicht dem Nebengestein, sondern den 
Gängen an, wodurch jene ein bestimmtes Niveau charakteri- 
sirenden Aspasiolithschichten wegfallen, eine Thatsache, auf 
welche uns zuerst Herr Bergmeister TELLEF IAHLL, in dessen 
Gesellschaft wir dies Vorkommniss besuchten, aufmerksam 
machte. Schon Hausmann erwähnt, dass Aspasiolith mit Apatit 
u. Ss. w. zusammen vorkommt. 


Rutil. 


Schwarzer bis röthlicher Rutil ist einer der treuesten Be- 
gleiter des Apalit. Auf einzelnen der von uns besuchten 
Vorkommnisse ist er in so bedeutender Menge aufgetreten, dass 
dieses sonst nicht gewöhnliche Mineral, wenn es vielleicht 
einmal für irgend einen praktischen Zweck nutzbar wäre, 
gerade von unseren Apatit-führenden Gängen in hinreichender 
Quantität müsste producirt werden können. Rutil ist auch in 
zum Theil sehr schönen Krystallen vorgekommen; auf einem 
der Apatit-führenden Gänge Bamle’s fanden wir z. B. einen 
Krystall von 1140 Grammes Gewicht mit folgenden Formen: 
oaP»o.oP.P».P3.P; bei einem anderen Individ ist P3 
die überwiegende Zuspitzungslläche. 


683 


Umgewandelter Enstatit. 


Einer der am meisten ckarakteristischen Begleiter des 
Apatit ist das von vielen Vorkommnissen erwähnte, zuweilen 
in sehr grossen Krystallen auftretende wasserhaltige, grüne 
Magnesiasilicat, welches wir als „wasserhaltigen Eustatit* be- 
zeichnet haben. 

Farbe lauchgrün, bisweilen reines Grun, bläulichgrun oder 
grünlichgrau. Glanz fettartig. Kantendurchscheinend, selten 
durcehscheinend mit rein grüner Farbe. Härte (an vielen Exem- 
plaren geprüft) 2—3. Spec. Gew. 2,7— 2,8. Sehr schwierig 
in feinen Splittern schmelzbar zu einem schwarzen Glase. 
Zwei Analysen wurden von Hrn. Stud. C. Krarrrt ausgeführt: 


1. aus Oedegärden 2. aus Enden (Snarum)*) 


Kieselsäure . . 57,63 pCt. 59,51 pCt. 
Ahonuerue #7... ...1.02 0,97 
Magnesia . . . 30,37 30,89 
Eisenoxydul . . 4,99 | 2,95 
Kalkar 72.08 — 0,37 
Wasser hatt... 2] 6,01 
101,22 100,70 


Das Aussehen des Minerals, die geringe Härte, der 
Wassergehalt, ferner die Untersuchung von Dünnschliffen unter 
dem Mikroskop beweisen, dass hier keine ursprüngliche, un- 
veränderte Species vorliegt, während andererseits mehrere 
Umstände der Ansicht zu widersprechen scheinen, dass eine 
sehr durchgreifende Umwandlung stattgefunden habe. 

Wie die Analysen zeigen, ist der Thonerdegehalt sehr 
unbedeutend; wir schliessen aus diesem Umstande, dass das 
ursprüngliche Mineral ebenso thonerdearm gewesen ist.”*) 
Nun deutet die Krystallform auf eine monokline oder rhom- 
bische Species der Augitfamilie, und zwar auf eine thonerde- 


*) Zwei Analysen desselben Minerals wurden früher von Hrn. A. Her- 
ran in Poge. Ann, 1872. Bd. 145 unter dem Namen Pseudomorphosen 
von Speckstein nach Augit von Nordre Olafsby, Snarum publicirt. 

**) Siehe die ausführliche Abhandlung von Hrn. J. Roru: ‚Ueber 
den Serpentin und die genetischen Beziehungen desselben“, Abhandl. d. 
kgl. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1869, 


684 


arme Varietät. Bevor wir auf diese Frage eingehen, müssen 
wir indess erst die Krystallform näher untersuchen. 


Die Winkel der Krystalle, welche sämmtlich säulenföormig 


ausgebildet sind, stimmen so gut mit denen des Pyroxen 
überein, wie man es von Messungen, die mit dem Anlege- 
goniometer ausgeführt sind*), nur erwarten kann, weshalb 
wir es für überflüssig halten, die Messungen anzuführen. Der 
Habitus derselben ist aber nicht der gewöhnliche des Pyroxen, 
sondern ganz rhombisch, sehr symmetrisch. Wir werden des- 
halb vorläufig die Krystallform als eine rhombische Pyroxen- 
form betrachten. 

Indem wir das von v. KokscHarow für den Pyroxen als 
rhombisches Mineral berechnete Axenverhältniss a (Hauptaxe):b 
(Makrodiagonale): ce (Brachydiagonale) = 1: 3,57552 : 3,40014**) 


zu Grunde legen, haben wir folgende Formen beobachtet***): 


oP, co P», oPo,0oP, +Po, -_ Pa, 'Br2 


a9) HOP IP, ir», nebst einer Pyramide mPn, 


für welche aus den Messungen kein einfacheres Verhältniss 
als *2P- hervorgebt, endlich noch zwei Pyramiden, deren 
Winkel nicht gemessen werden konnten. Die Krystalle sind, 
wie erwähnt, säulenförmig, nach der Hauptaxe verlängert, 
‘indem die beiden Pinakoide, namentlich das Makropinakoid, 


vorwaltend ausgebildet sind. Sämmliche Exemplare zeigen 
die Formen: &P, oPx, oPo, 4:P oo‘, — Po; 50 


derselben, d. h. die meisten, ausserdem + 2P2 oder — 2P2 


oder (wenn das Ende völlig erhalten ist) beide Formen; dies 
ist also die gewöhnliche Combination (Fig. 31 u. 32). Bei 
mehr als 20 Individuen ist ausserdem oP zum Theil stark 
ausgebildet (Fig. 33 u. 34). 

Die Anordnung der Endflächen ist immer symmetrisch, Das 


Doma P&, die Pyramiden 2P2 und 2P sind immer, wenn 


*) Messungen mit dem Reflexionsgoniometer wurden mit Hülfe 
von angeklebten Glimmerlamellen versucht. 

**) v. Korscharow: „Monographie des russischen Pyroxens“. Me- 
moires de l’Academie des Sciences de Saint Petersbourg. VII serie, 
‚Vol. VII. 1865. 


**) Neben den krystallographischen Zeichen führen wir auch die 
Vorzeichen + und — an. 


RE REN ER SE 


Zn Sn 


EEE ERLERNT BER 


das Ende ganz bewahrt ist, sowobl an der + als an der 


— Seite ausgebildet.*) Die Basis bildet gern eine schmälere 
oder breitere Fläche zwischen den breiten Domenflächen 
+ Pound — Po (siehe Fig. 33 u. 34). 

Einige der genannten Formen sind, so viel wir wissen, 
nicht aus der Formenreihe des Pyroxen bekannt; wir werden 


deshalb, was diese betrifft, unsere Messungen anführen: 


1. 2P, (fie. 34 u. 35.) 


(remessen, Berechnet. 
2P:oPo = 117° 117° 9’ 42” 
2P:< Po = 116 115 44 25 
32P: Po = 14 149 20 23 


2. <Px; kam nur bei zwei Exemplaren vor. 
3Poo:aP = 157° 30’ 157° 14’ 28”. 


3. Die erwähnte mPn Pyramide trat nur bei einem 
Individ auf (Fig. 36). Sie wurde aus den gemessenen Werthen 


des Winkels mPn:«oP = 134° 45’ und des Flächenwinkels 
zwischen den Kantenlinien [mPn:@P]:[oPo:x=P] = 
112° 30’ bestimmt. Diese Messungen geben keine einfachere 
Formel als: 12 P22, indem m = 3,61428 und n = 2,30127 
berechnet E Der Winkel 2P2: 22 B 2 wurde aus diesen 


10 
Werthen für m und n zu 163° 56’ 55” berechnet; derselbe 
Winkel wurde zu 164° — 165° gemessen. Sie dürfte vielleicht 
einer einfacheren Form angehören, 

Die verschiedenen Combinationen sind aus den beige- 
fügten Figuren zu ersehen; Figur 37 stellt eine ideale Com- 
bination sämmtlicher bestimmter Formen dar. Die Krystalle 
sind öfters verzogen, gewunden und gebogen, theils auch ge- 
knickt und wieder durch Apatit verkittet (Fig. 38a). Sämmt- 
liche vertikale Flächen sind bisweilen deutlich gestreift. 

Aus dem oben in Bezug auf die ungewöhnlich symme- 
trische Ausbildung der Endflächen, das starke Vorwalten der 


3 Po und die erwähnte mPn Pyramide wurden an Krystallen, 
die nur eine Hälfte des Endes besassen, beobachtet Uebrigens muss hier 
bemerkt werden, dass kein einziges Individ unseres Materials die beiden 
Enden des Krystalls aufweist. 


686 


Basis u. s. w. Angeführten ergiebt sich, dass die Krystallform 
sehr wohl gestattet, das ursprüngliche Mineral als einen rhom- 
bischen Pyroxen aufzufassen. Von rhombischen Mineralien 
der Pyroxengruppe bieten sich der Hypersthen und der En- 
statit dar. Die Wahl wird bier durch die Beziehungen der 
Spaltbarkeit und der chemischen Zusammensetzung angezeigt. 

Unsere Krystalle besitzen namlich eine häufig sehr voll- 
kommene Spaltbarkeit nach der Brachydiagonale; ganz unter- 
geordnet kommt bei den am meisten ursprünglich aussehen- 
den ausserdem eine Spaltbarkeit nach @P vor. Diese Spal- 
tungsrichtungen sind gerade dieselben, welche an dem Enstatit 
auftreten. 

Auch die chemische Mischung ist genau dieselbe, wie die 
eines Enstatit, welcher etwas Wasser in seine Zusammen- 
setzung aufgenommen hat.*) Dass Härte, specifisches Ge- 
wicht durch Wasseraufnahme geringer geworden, ist nur der 
gewöhnliche Vorgang, wenn Enstatit oder andere Mineralien 
Wasser aufnehmen. 

Wenn man die Krystalle monoklin auffassen wurde, er- 
halten die Formen folgende Zeichen *): oP, Po, “Po, 
+4Po, +Pw, oP, +P, Po», ferner die wahrschein- 
lich neuen Formen: + 3P2**, —P2f), +:Poff) und 
—+Po.jff) — Man müsste also in diesem Falle von dem 
vollkommen rhombischen Typus völlig absehen. 

Noch könnte man vielleicht die Krystalle als monokline 
Zwillinge nach dem gewöhnlichen Gesetz des Pyroxen: „Zwil- 
lingsaxe die Hauptaxe, Zusammensetzungsfläche das Ortho- 
pinakoid“ betrachten. Es müsste aber bei solcher Auffassung 
nicht nur auffallen, dass keine markirte Zwillingslinie, kein 


*) Vergl. hier die zahlreichen Enstatit- und Bronzit-Analysen in 
der oben eitirten Abhandlung von Roru pag. 337 und 339. 

**) Wir haben hier wieder das von v. Kokscuarow berechnete mo- 
nokline Axenverhältniss des Pyroxen: a (Hauptaxe) :b (Klinodiagonale) 
: ce (Orthodiagonale) — 0,589456 : 1,095120 : 1 benutzt. 

%##) 2’:b’:c’ — 0,884084 : 1,095121 : 1,503005 berechnet; also 
m — 1,50301 oder sehr nahe = 3, und n = 1,503005 oder sehr nahe 5. 

+) a’: b’:ce’ = 0,58821 : 2,21303 : 1 berechnet, also n = 2,0245 
oder ungefähr 2. 

++) m = 1,24298 oder ungefähr 3 berechnet. 

+44) m = 0,241272 oder ungefähr 4 berechnet. 


687 


_ einspringender Winkel zu beobachten wäre, sondern auch ganz 
ausser Betracht gelassen werden, dass die betreffenden Kry- 


stalle sehr häufig nicht wie gewöhnliche Pyroxenzwillinge 
durch eine der Hauptaxe und der Orthodiagonale parallele 
Ebene in zwei symmetrische Hälften getheilt werden können 
(siehe Fig. 31 u. 32). 

Die chemische Zusammensetzung scheint indessen auch 
der Annahme eines monoklinen Pyroxen als ursprünglichen 
Minerals zu widersprechen; man würde hier nämlich haupt- 


'sächlich zwischen den thonerdearmen Varietäten, Diopsid und 


Sahlit zu wählen haben. Der Vorgang bei der Umwandlung 
des Sahlit zu Serpentin wurde von RoTH genau beschrieben. 
Damit aus einer normalen Sahlitzusammensetzung die chemische 
Constitution unserer Krystalle sich ergäbe, müsste zugleich 
mit der Wasseraufnahme namentlich viel Kalkerde und Kiesel- 
säure weggeführt sein, was eine ziemlich durchgreifende Meta- 
morphose voraussetzen würde. Solche durchgreifende Um- 
wandlung scheint aber nicht stattgefunden zu haben. 

Die Kıystalle kommen an zahlreichen Punkten mit völlig 
frischen, unzersetzten Mineralien zusammen vor, auf Oede- 
garden z. B. in frischem Apatit und Phlogopit, — ja zum 
Theil rings umber von Apatit eingeschlossen (Ravneberg) und 
selbst andere Mineralien einschliessend; die Krystalle Oede- 


gärdens z. B. schliessen sehr häufig frische Apatitkörner, Rutil- 
‘punkte, besonders aber zahlreiche der Spaltungsrichtung parallel 


angeordnete Phlogopitschuppen ein. Weshalb sollten nicht 
auch diese Mineralien einer so durchgreifenden Umwandlung 
unterlegen sein? Bei Rönholt fanden sich ferner deutlich 
monokline Krystalle eines völlig unzersetzten grünen durch- 
sichtigen Sahlit mit unseren Krystallen ohne Umwandlungsüber- 
gänge gemischt. 

Wenn wir uns nun die Frage stellen, ob hier ein sehr 
durchgreifend zersetzter Sahlit oder ein nur durch Wasserauf- 
nahme veränderter Enstatit vorliegt, können wir uns, nachdem 
wir das grosse, während mehrerer Jahre von Hrn. Professor 
KJERULF gesammelte Material, ebenso wie die zahlreichen von 
uns selbst mitgebrachten Krystalle sowohl an den Fundorten 
als zu Hause untersucht haben, nur zu der Ansicht entscheiden, 
dass die fraglichen Krystalle ehemals rhombischer Enstatit 


Zeits.d. D.geol. Ges, XXVIL. 3. 45 


EL FE 
' EN, N iM, 


688 


“ | 
waren, welcher Ansicht wir auch in der vorhergehenden Be- 


schreibung der Eundorte Ausdruck gegeben haben. | 
Ausser in frei ausgebildeten Krystallen kommt das Mineral 
auch von mehr körniger Zusammensetzung in (zuweilen mäch- 


tigen) Gängen vor (z. B. bei Oedegärdskjern). 


Die Gänge bei Enden (Snarum) fuhren ausser diesem 
umgewandelten Enstatit auch einen umgewandelten Skapolith, 
von welchem ziemlich gute Exemplare in dem Mineralien- 
cabinet der Universität aufbewahrt werden. Beim ersten An- 
blick dem Enstatit ähnlich, lasst eine nähere Untersuchung sie 
doch leicht an einer dunkleren Farbe, grösserer Durchsichtig- 
keit, namentlich aber durch die charakteristische Krystallform 
des Skapoliths unterscheiden; sie sind nicht analysirt. Auch 
die Art der Umwandlung ist eine andere, sie bestehen nam- 
lich im Innern aus Chlorit und etwas Kalkspath. 

Unsere Apatitvorkommnisse sind sämmtlich 
von identischer Bildung. Die Gänge zeigen namentlich 
mit Rücksicht auf ihren Mineralgehalt gegenseitig differente 
Verhältnisse; wir werden deshalb besonders in diesem Punkte 
Verbindungen und Uebergänge nachzuweisen versuchen. 

Wie aus den Beschreibungen hervorgeht, kommen bei 
Oedegärden fast reine Glimmergänge, Apatit-führende Glimmer- 
gänge, Glimmerhornblende- und Hornblendegänge unter vollig 
gleichen Verhältnissen vor; an vielen kleinen Hornblendevor- 
kommnissen und ebenso auf den mächtigen Hornblendegang- 
stöcken von Kragerö ist nicht Glimmer, sondern Hornblende 
das Hauptmineral. Die Gänge von Ravneberg, welche sehr viel 
an die des Oedegärden’s erinnern, bilden durch ihren steil- 
stehenden Hornblendeglimmer - Gangstock einen vollständigen 
Uebergang zu den Gangstöcken Kragerö’s. 

Die Apatit-führenden Hornblendegänge führen öfters Magnet- 
kies; man kann von dem einen Vorkommniss zu dem andern 
Uebergänge beobachten, wie dieser nach und nach überwie- 
gend wird; in Bamle sahen wir kleinere Gänge ausschliesslich 
aus Magnetkies bestehend; auch an einem und demselben Vor- 
kommniss (z. B. Hiäsen) tritt der Magnetkies bald nur acces- 
sorisch, bald als fast einziges Gangmineral auf. 


689 


Auf den Apatit-führenden Hornblendegängen trifft man 
nicht selten Feldspath oder Quarz, oder beide zusammen 


(z. B. Äsildsdal, Hiäsen). Man kann hier wieder durch meh- 
rere Vorkommnisse verfolgen, wie der Feldspath oder der 
Quarz an Menge zunimmt und überwiegend wird, wodurch die 
Bezeichnung „Apatit - führende Feldspathgänge* (Valle) oder 
Quarzgänge (Oestre Kjörrestad, Akeland u. s. w.) sich recht- 
fertigt. Wenn beide Mineralien gleichseitig überwiegen, indem 
auch Glimmer hinzutritt, kommt man zum Namen „Apatit- 
führende Granitgänge“ (Melby), welche mit Ausnahme von 'dem 
Apatitgehalt kaum von den in dieser Gegend sonst so häu- 
figen gewöhnlichen Granitgängnn zu scheiden sind. 


Skapolith tritt bald mehr accessorisch (Äsildsdal), bald. 
als wesentlicher Bestandtheil (Akeland zum Theil), an einem 
Vorkommniss als fast einziges Gangmineral (Vestre Kjörrestad) 
auf. Die häufig erwähnten Krystalle des grünen Enstatits 
kehren in ihrer ckarakteristischen Form und mit gleicher che- 
mischer* Mischung auf den verschiedenen Lagerstätten (Oede- 
gärden, Regardsheien, Kragerö, Skorstöl ete.) wieder und ver- 
binden. dieselben. Auch Enstatit kann bisweilen neben dem 
Apatit als fast einziges Gangmineral auftreten, sodass die 
Lagerstätten die Bezeichnung von „Apatit-füuhrenden Enstatit- 
sangen (Oedegärdskjernet, Enden) verdienen. 

. Ein ebenso häufiges und charakteristisches Mineral ist der 
Rutil. Auch dieser kann in seltenen Fällen als Gangmineral 
überwiegen. 

Erwägt man, wie sehr die Mineralführung und überhaupt 
der äussere Habitus der Apatit-führenden Gänge variiren kann, 


so kann auch weder die Lagerstätte von Äsildsdals mit ihrer 
Kalkspathmasse, noch diejenige vom ÖOxöiekollen mit ihrer 
überwiegenden Albitführung hinlängliche Gründe darbieten zu 
einer Trennung dieser Vorkommnisse von den anderen Apatit- 
führenden . Lagerstätten. Denn Kalkspath und Apatit sind 
auch auf mehreren anderen Lagerstätten gefunden; ebenso bie- 


‚ten in anderen Beziehungen Asildsdal und Oxöiekollen nichts 
Abnormes dar. | 

Auch der Umstand, dass an einzelnen Vorkommnissen ein 
und derselbe Gang in seinen verschiedenen Partieen zuweilen 
eine ganz verschiedene Mineralführung aufweist (Oedegärden, 


45 * 


g x ae Hr ae EEE RR, Kr x SEEN 
x Pk BE Ph e 
a: 


690 


Hougen, Bagerovneie), kann nur eine Stütze für die Auffas- 


sung der Gänge als identischer Bildungen sein. Die obigen 


Darstellungen haben gelehrt, dass sich zwischen solchen Lager- 
stätten, wo der Apatit spärlich, nur accessorisch auftritt, und 
anderen, wo er das Hauptmineral bildet, alle Uebergänge 


finden; dasselbe zeigt sich auch an einem und demselben Vor- 


kommnisse (Oedegärden). 

Auch in anderen Beziehungen , namentlich in der An- 
ordnung der Gangmineralien, in der Form der Gänge u. s. w. 
könnte eine ähnliche Uebergangsreihe als Beweis für die iden- 
tische Natur der Gänge nachgewiesen werden. 

Unsere Apatit-Lagerstätten sind Gänge. Aus 
mehreren Ländern ist Apatit als in Lagern vorkommend, zum 
Theil auch als eigene, wenig mächtige Schichten in sedimen- 
tären Gesteinen beschrieben. Aus Schweden“) wurde Apatit 
als mit den Eisenerzen des Grängesbergs verbunden und diese 
verunreinigend beschrieben; diese sollen „Lagen“ im Gneiss 
bilden. Auf eine ganz andere Weise kommt der Apatit auf 
unseren Gängen vor. 

Unsere Apatit - führenden Gänge treten ohne Unterschied 
sowohl in den eruptiven als in den stratificirten Gesteinen des 
Grundgebirges auf; im letzteren Falle zeigen sie sich von 
dem Streichen und Fallen der Straten völlig unabhängig mit 
Einer Ausnahme, nämlich dem Kjerulfin - Vorkommnisse bei 
Havredal, welches indessen, weil es sonst in allen übrigen 
Verhältnissen mit den Apatit-führenden Gängen übereinstimmt, 
durchaus nicht von den letzteren getrennt werden kann. Die 
Gänge durchsetzen Gabbro (Oedegärden u. s. w.), Granit 
(Oedegärdskjernet, Rönholt, Froste, Akeland, Lofthus, z. Th. 
auch Kragerö), Hornblendeschiefer und Hornblendegneiss (Svin- 
land, Skorstol, Kjörrestad u. s. w.), Glimmerschiefer (Rölands- 
äsen). Quarzit (Nestesväg, Froste, hier sowohl in Quarzit als 
in Granit). Die angedeutete Thatsache, dass ganz identische 
Gänge in verschiedenen Gesteinen vorkommen (z. B. die cha- 
rakteristischen Magnetkies- und Apatit-führenden Hornblende- 
gänge auf Hiäsen etc. in Gabbro, bei Hougen etc. in Horn- 
blendeschiefer, ferner Hornblendegänge theils in Granit, wie 


*) Underdänig berettelse af comitden för undersökning af inom riket 
föorekommande fosforsyrehaltiga mineralier ock bergarter. Stockholm 1879. 


y 
“ 
u 
3 


691 


bei Kragerö, theils in Hornblendegneiss wie bei Havredal etc.), 
scheint uns jene Auffassung der Gänge, welche sie als Aus- 
scheidungen aus den Nebengesteinen betrachtet (sowie z. B. 
ScHEERER die Bildung unserer grobkörnigen Granitgänge er- 
klärt hat*)), ganz auszuschliessen. Die erwähnten Granitgänge 
zeigen, gleich vielen unserer Apatit- führenden Gänge. bis- 
weilen eine symmetrisch bandförmige Anordnung ihrer Gemeng- 
theile, indem Feldspatb die Seitenpartieen einnimmt und gegen 
die Mitte, welche von Quarz erfüllt wird, in grossen Kry- 
stallen hineinragt. 

Eine ganz verschiedene Bildung ist von Sterky Hunr 
für die Apatit-führenden Gänge Canadas — welche, wie aus 
der Beschreibung hervorgeht, unseren Gängen vollkommen 
ähnlich sein müssen — angenommen. Er unterscheidet drei 


sy) 


verschiedene Arten der in der laurentischen Formation vor- 
kommenden Gänge: 1. Blei- führende Gänge, welche viel 
jünger als die zwei folgenden Arten sein sollen; 2. Granit- 
gänge, welche, wie es scheint, mit unseren gewöhnlichen 
grobkörnigen Granitgängen verglichen werden können, was 
auch SterrY Hunt z. B. mit Rücksicht auf die Gänge von 
Arendal selbst ausgesprochen hat; 3. Kalkspathgänge, welche 
im Allgemeinen in ihrem Vorkommen mit dem von STERRY 
Hunt für sedimentär gehaltenen eozoonführenden Kalksteine 
verknüpft sind. Diese dritte Gruppe von Gängen, welche in 
Canada häufig ist und zum Theil auch im nördlichen Theil 
der Vereinigten Staaten vorkommt, ist in der Regel reich an 
Kalkspath und entspricht unseren Apatit - führenden Gängen. 
Die Aehnlichkeit ist überraschend. 18 der auf unseren Gän- 
gen auftretenden Mineralien finden sich auch in dem Verzeich- 
nisse der Mineralien der canadischen Gänge wieder, nämlich: 
Quarz, Orthoklas, Oligoklas, Skapolith, Phlogopit (Magnesia- 
glimmer), Hornblende, Pyroxen, Turmalin, Titanit, Kalkspath, 
Apatit, Haematit, Magneteisenerz, Titaneisenerz, Rutil, Pyrit, 
Kupferkies und Magnetkies. Der Rest unserer Gangmineralien 
ist: Albit,. Esmarkit (Anorthit), Aspasiolith, Kjerulfin, die 
drei letzten nur aus dieser Gegend bekannt, nebst Enstatit 


*) N. Jahrb. für Min. Geologie u. Petrefactenkunde 1843. p. 631. 
*%) Exploration geologique du Canada. Rapport des operations de 
1865— 1866. Ottawa 1866. pag. 187—242. 


692 


und mehreren wasserhaltigen Magnesiasilicaten — welche auf 


den amerikanischen Gängen durch Serpentin, Talk, Pyrallolith 
vertreten werden — endlich Chlorit. Neben einer regellosen 
Anordnung der Gangmineralien wird auch eine symmetrische 
Anordnung derselben. als bisweilen sehr deutlich, erwähnt: 
„Ainsi, tandis que les murs peuvent &tre revetus de hornblende 
erystalline ou de phlogopite, le corps de la veine est rempli 
d’apatite ete.**) Es wurden auch Gänge, welche in ihren 
verschiedenen Partieen eine ganz unähnliche Mineralfübruug 
zeigen, erwähnt. Die Gänge sind, mit den grösseren nor- 
wegischen verglichen, im Allgemeinen von geringer Mächtig- 
keit; sie werden als unabhängig von dem Streichen und Fallen 
der Schichten beschrieben. 

SterrY Hust sucht sowohl die Bildung der Kalkspath- 
gänge als die der erwähnten Granitgänge (welche er von 
eruptiven Granitgängen unterscheidet) dadurch zu erklären, 
dass heisse Auflösungen mit den Bestandtheilen der stratifi- 
eirten Gesteine beladen, die gelösten Stoffe auf Gangspalten 
abgesetzt haben; er nennt die auf diese Weise gebildeten Gänge 
„endogene*. Seine Theorie sucht er vornehmlich dadurch zu 
begründen, dass fast sammtliche Gangmineralien auch in dem 
stratificirten Nebengestein vorkommen, sowie durch die That- 
sache, dass die Kalkspathgänge besonders in Kalkstein, die 
Granitgänge vorzüglich iu Gneiss und Glimmerschiefer vor- 
kommen. Diese Verhältnisse werden bei unseren Gängen 
nicht angetroffen. Es ist uns nie bekannt geworden, dass 
jemals Apatit oder andere phosphorsäurehaltige Mineralien in 
den Nebengesteinen der Gänge nachgewiesen wurden; dies 
gilt nicht allein von den phosphorsäurehaltigen Mineralien, 
sondern auch vom Rutil und vielen anderen der auf den 
Apatit - führenden Gängen auftretenden Mineralien. Auch in 
keiner anderen Beziehung konnten wir, obgleich unsere Auf- 
merksamkeit darauf gerichtet war, ein bestimmtes Verhältniss 
zwischen den Mineralien der Gäige und denen des Neben- 
gesteins beobachten. In einem Gestein von so constanter 
Zusammensetzung wie Gabbro, finden sich mächtige, fast reine 
Enstatitgänge (Oedegardskjern), Glimmergänge (Oedegärden), 
Hornblendeglimmer-Gangstöcke (Ravneberg), Apatitgänge etc. 


#)yl..0.nag. 194, 


693 


Die Apatit-fübrenden Gänge und, die zahlreichen Granitgänge 
kommen auch nebeneinander in denselben Gesteinen vor. Auf 
der anderen Seite könnte es nachgewiesen werden, dass Gänge 
mit ähnlicher Mineralführung in ganz verschiedenen Bergarten 
vorkommen können (siehe oben*)). 

Unsere Apatit-führenden Gänge sind von eru- 
ptiver Bildung. Wir werden zunächst ein Verhältniss be- 
rühren, welches einem eruptiven Ursprung könnte zu wider- 
sprechen scheinen. Auf vielen und zum Theil gerade den be- 
deutendsten Vorkommnissen findet sich, wie erwähnt, eine 
symmetrische Anordnung der Gangmineralien. So nimmt z.B. 
auf den Gängen von Oedegärden brauner Phlogopit und zu- 
weilen auch Krystalle von grünem Enstatit, auf vielen Horn- 
.blendevorkommnissen Hornblende, auf mehreren Apatit-führen- 
den Enstatitgängen (z. B. Enden) Enstatit die Seitenpartieen 
der Gänge ein, während ihre Mitte aus Apatit und sehr oft 
auch aus anderen Mineralien besteht. Diese bandförmige An- 
ordnung ‘konnte vielleicht auf ein gesetzmässiges allmäliges 
Absetzen der Mineralien aus wässerigen Auflösungen hinzu- 
deuten scheinen. Es kommen indessen selbst auf den regel- 
mässigsten Lagerstätten häufige Ausnahmen vor, in denen 
keine solche symmetrische Anordnung beobachtet wird. Theils 
sind nämlich die Gangmineralien über die ganze Ausdehnung 
der Gänge gleichmässig und ohne Ordnung miteinander ge- 
mengt (z. B. Vestre Kjörrestad u. s. w.), theils führen die 
Gänge in ihren verschiedenen Partieen nicht dieselben Mine- 
ralien (z. B. Melby, Hougen, Bagerovneie u. s. w.). Auf 
Gängen, welche wesentlich aus einem einzigen Mineral be- 
stehen, finden sich Apatit und andere Mineralien oft gleich- 
mässig durch die ganze Gangmasse vertheilt (z. B. Apatit- 
führende Quarzgänge, Oestre Kjörrestad, Akeland u. s. w.) 
Die symmetrische Anordnung unserer Gänge kann mit der- 


*) In der ganzen Gegend, wo die Apatit-führenden Gänge auftreten, 
kommt unseres Wissens Kalkstein sehr selten als Gestein vor. Ein sehr 
interessanter Kalkspathgang ist von Jos. Dan aus dem Gabbro der 
Nickelgruben Bamle’s beschrieben (Polyteknisk Tidsskrift 1864: Om Bamle 
og Mejnkjser Nikkelgruber). Eine kleine Dolomitmasse (eruptive?) sahen 
wir dicht am Hofe Söndelöv; der Dolomit war mit kleinen Magneteisen- 
körnern angefüllt. Ueber die Gänge Arendals siehe Kırrurr’s und 
T. Daurı’s oben eitirte Abhandlung. 


694 


jenigen, welche an, vielen Erzgängen so ausgezeichnet aus- 
gebildet ist, durchaus nicht in Bezug auf Regelmässigkeit ver- 
glichen werden. 

Die bandförmige Anordnung der Mineralien auf unseren 
Apatitgängen erklären wir uns durch die Annahme, dass aus 
dem hervorgepressten Magma unter günstigen Bedingungen 
zunächst die jetzt an den Seitenpartieen der Gänge vorkom- 
menden Mineralien (in den meisten Fällen Hornblende oder 
Glimmer) haben auskrystallisiren können. 

Die Gänge zeigen auch das auf eruptiven Gängen so 
häufig beobachtete Verhältniss, dass die Gangmineralien an 
den Grenzflächen gegen das Nebengestein feinkörnig, inmitten 
der Gänge indess in grösseren Krystallen ausgebildet sind. 

Auf den Gängen Oedegärdens ist übrigens sehr häufig 
der feinschuppige Glimmer an den Seitenpartieen mit kleinen 
Apatitkörnern durchspickt. Beide Mineralien müssen also zu- 
sammen auskrystallisirt sein, ehe aus der übrigen noch flus- 
sigen Gangmasse zunächst die grossen Glimmerkrystalle, 
welche in den Apatit hineinragen, und dann der die Mitte der 
Gänge einnehmende Apatit sich bildete. Der in Figur 19 ab- 
gebildete Gang von Krager6 zeigt noch deutlicher eine ähn- 
liche Erstarrungsfolge der Mineralien auf den Hornblende- 
gängen. Die Seitenpartieen bestehen aus einer Mischung von 
feinkörniger Hornblende mit Apatitkörnern; von dieser ziem- 
lich scharf begrenzten Zone ragen jene oben beschriebenen 
grossen Krystalle in die die Mitte einnehmende Gangmasse 
hinein. Wir erklären dies Verhältniss in der Weise, dass die 
Zone des feinkörnigen Gemenges erstarrte, während noch die 
Gangmasse in Bewegung war; beim Aufhören des Hervor- 
pressens erstarrten dann ausser dem Apatit zunächst die 
erwähnten grossen Krystalle und die in ihrer Fortsetzung auf 
tretende grossstrahlige Hornblende, nebst dem Rutil, zuletzt 


die übrige grossstrahlige Hornblende nebst dem mit ihr ge- 


mischten Apatit. 

Die grosskrystallinische Hornblende inmitten des abge- 
bildeten Ganges von Kragerö zeigt auch (ausserhalb der 
Zeichnung) eine andere Erscheinung, welche gegen eine all- 
mälige Absetzung der Mineralien aus Auflösungen zu sprechen 
scheint, nämlich grosse sphäroidisch angeordnete, aus einem 
inmitten des Ganges liegenden Centrum ausstrahlende Horn- 


ID LTUTV) U ee er 


695 


blendekrystalle; die Bildung dieser kann wohl durch die An- 


nahme erklärt werden, dass die Krystallisation der flussigen 
Gangmasse nicht nur an den Grenzen gegen das Nebengestein, 
sondern auch um Üentren inmitten des Magmas stattgefunden. 
Wir erinnern ferner daran, dass auf mehreren unserer Apatit- 
vorkommnisse inmitten der Gangmasse, und von derselbei 
rings umgeben, Gesteinsbruchstüucke vorkamen. Mehrere der 
Gänge Oedegärdens führten z. B. (siehe Fig. 10) bis mehr 
als 10 Fuss lange, linsenförmige, rings umher von Glimmer 
und Apatit eingeschlossene Bruchstücke des Nebengesteins; 
ähnliche Bruchstücke sahen wir bei Skorstöl (Fig. 24);. bei 
Melby ferner unregelmässige, grosse Bruchstücke inmitten der 
Gangmasse. Jon. DauHtL erwähnt (]. c.) von Lykkens Grube 
bei Kragerö, dass in grösserer Tiefe Gesteinsstücke in solcher 
Menge vorkamen, dass eine wahre Breccie entstand. Am 
Merkwuürdigsten unter diesen Beobachtungen ist der Fund von 
kleinen, ein paar Zoll grossen, eckigen, scharf begrenzten 
Gesteinsbruchstücken, welche in dem Apatit eines der Gänge 
Oedegärdskjerns eingeschlossen waren.*) Die Bergart dieser 
Bruchstücke besteht aus körnigem Quarz und etwas Horn- 
blende; das Nebengestein ist hier ein schwierig erkennbarer 
Gabbro, dem „gefleckten“ Gabbro Oedegärdens ähnlich. Da 
weder der Gang noch die umgebende Bergart übrigens Quarz 
enthalt und die Bruchstücke den Mineralaggregaten, welche 
wir sonst auf den Gängen angetroffen haben, in keiner Hin- 
sicht ähnlich sind, dagegen mehreren unserer gewöhn- 
lichen Quarziten gleichen: so können wir kaum bezweifeln, dass 
sie auch wahre Gesteinsbruchstücke sind, welche also zufolge 
ihrer Beschaffenheit von dem Nebengestein nicht herrühren 
können. Wir sind geneigt, sie als aus grösserer Tiefe los- 
gerissene und von der flüssigen Gangmasse an den Tag ge- 
brachte Gesteinsbruchstucke anzusehen. 

Eine Erscheinung, welche gleichfalls durch die Annahme 
der eruptiven Natur der Gänge am besten erklärlich scheint, 
sind die auf mehreren Vorkommnissen nicht seltenen gewun- 
denen und gebogenen Krystalle verschiedener Mineralien 


*) Um uns davon zu überzeugen, dass die Bruchstücke in der That 
auch von Apatit rings umgeben waren, wurden mehrere Handstücke 
mehrmals zerschlagen. 


6 ee 


(Fig. 38a und b). Auf den Gängen Oedegärdens kamen oft 
gebogene Krystalle des Enstatit vor. Noch häufiger sind die 


grossen Glimmerplatten auf Apatitgängen (Oestre Kjörrestad, 


Oedegärden u. s. w.) gekräuselt und gewunden. Bei Rönbholt 
fanden sich solche gebogene und gewundene Rutilkrystalle in 
den übrigen Gangmineralien eingewachsen (Fig. 30b). Höchst 
merkwürdig scheinen uns die bei Oestre Kjörrestad vorgefun- 
denen, ein paar Zoll langen, gebogenen und gewundenen 
Apatitkrystalle, welche — was man aus anderen an demselben 
Orte gefundenen Krystallen mit Recht schliessen darf — rings 
umher von einer homogenen Quarzmasse müssen umgeben 


gewesen sein. Es mögen wohl die zuerst ausgebildeten in 


der noch plastischen Quarzmasse vertheilten, in gewissem 
Grade biegsamen Apatitkrystalle während der Bewegung der 
Quarzmasse durch den aus verschiedenen Richtungen empfan- 
genen Druck ihre gedrehte und gewundene Form bekommen 
haben. 

Wir mussen ferner die zerbrochenen und wieder von 
Apatit verkitteten Krystalle von Oedegärden (Fig. 38a), sowie 
die auf den Hornblende-Magnetkies= Gängen bei Hiäsen und an- 
deren Localitäten häufigen, im Magnetkiese an den Saalbändern 
unregelmässig vertheilten Hornblendebruchstücke erwähnen. 
Beide Funde machen es wahrscheinlich, dass die ganze Gang- 
masse nicht vollkommen gleichzeitig erstarrte. Dies wird auch 
durch die bandförmig - symmetrische Anordnung angedeutet. 
Ferner wird es wahrscheinlich, dass der Apatit, resp. der 
Magnetkies noch eine plastische Masse bildete, als die den 
Saalbändern anhaftenden Mineralien bereits auskrystallisirt 
waren. Als diese letzteren nun in Folge der Bewegung der 
Gangmasse zerbrachen, konnten sie von dem Apatit verkittet 
und weggeschoben werden (Fig. 12). 

Wir dürfen hier auch an die an Kanten und Ecken ge- 
rundeten, gleichsam angeschmolzenen, im Magnetkies einge- 
betteten Krystalle erinnern. (Apatitkrystalle von Hougen, 
Otterbek, Hiasen, Vestre Kjörrestad, sowie aus dem letz- 
teren Vorkommnisse auch Esmarkitkrystalle.) 

Wie oben erwähnt, sind unsere Apatit-führenden Gänge, 
wo sie in Schichten auftreten, von dem Streichen und Fallen 
derselben völlig unabhängig; die Gänge zeigen in diesem 
Punkte die gewöhnlichen Verhältnisse eruptiver Gänge. Um 


697 


ein Beispiel zu nennen, können wir auf die Dislocationen der 
Schichten bei Oestre Kjörrestad hinweisen (Fig. 23): Aus der 
Kartenskizze ersieht man, wie die Schichten theils von dem 
Gange durchschnitten, tbeils um denselben gefaltet und ge- 

_ wunden sind. Wer am Orte die Verhältnisse studiren konnte, 
wird gewiss die Ueberzeugung gewonnen haben, dass die 
empordringende Gangmasse selbst diese Schichtenstörungen 
verursacht habe. 

Wir mussen noch einen Punkt hervorheben, worin unsere 
Gänge sich von gewöhnlichen Erzgängen unterscheiden, näm- 
lich den vollständigen Mangel an dem mit Krystallen ange- 
füllten leeren Raum, welcher diese oft so schön in zwei sym- 
metrische Hälften zertheilt. Auch gewöhnliche Drusenräume 
werden nur als seltene Erscheinungen in den Apatit-führenden 
Gängen angetroffen. Auf sämmtlichen Gängen Oedegärdens 
konnten wir nur einen einzigen kleinen Drusenraum entdecken; 
mehrere unregelmässige und den in eruptiven Gesteinen häufig 
vorkommenden sehr ähnliche Drusenräume wurden auf den 
Gängen von Kragero gefunden. Ausser bei diesen zwei Loca- 
litäten haben wir nur noch in einem Falle Drusenräume in 
den Apatit - führenden Gängen beobachtet, nämlich die oben 
besehriebenen in dem Albite vom ÖOxöiekollen. Der Albit 
kann hier keine secundäre, nach und nach aus Auflösungen 
abgesetzte Bildung sein; er kommt, wie erwähnt, in grossen 
Massen als Hauptgemengtheil des Ganges vor und schliesst 
die übrigen Gangmineralien, Hornblende, Apatit und Quarz, 
welche auch alle nebst dem Albite die Drusenräume auskleiden, 
in seiner Masse ein. Wir halten es fur wahrscheinlich, dass 

- das eruptive Magma selbst wasserhaltig gewesen und der Albit 

_ am spätesten auskrystallisirt sei. Deshalb kommen die Drusen- 
räume nur in dem Albite, nicht in den grösseren Partieen der 
übrigen Gangmineralien vor. 

Apatit als ein aus feurigflüssiger Masse auskrystallisirtes 
Mineral ist übrigens wohl schon längst bekannt. FORCHHAMMER 

stellte kleine Krystalle aus einer geschmolzenen Mischung von 
Kochsalz, Kreide und Knochen dar; kleine Nadeln von Apatit 
sind in den meisten Melaphyren der häufigste accessorische 
Bestandtheil (ZıRKEL) u. s. w. Es kann deshalb auch nicht 
überraschen, dass der Apatit auf eruptiven Gängen vorkommt. 


698 


Die Apatit-führenden Gänge stehen in einer 
gewissen Beziehung zum Gabbro. Herr Jou. DauıL 
hat in seiner öfters citirten kurzen Schilderung der Apatit- 
gänge zu Kragerö (1864) darauf aufmerksam gemacht und sich 
dafür sehr entschieden ausgesprochen, dass zwischen dem 
Apatit und dem Gabbro ein bestimmtes Verbhältniss stattfinde, 
welches er so aufgefasst hat, es seien die Gänge entweder 
Contactbildungen an der Grenze gegen den Gabbro, oder sie 
kämen jedenfalls in solcher Nähe desselben vor, dass man 
sich in grösserer Tiefe eine Verbindung zwischen beiden den- 
ken könne. JoH. Dann besass schon damals als praktischer 
Bergmann zehnjährige Erfahrungen von zahlreichen verschie- 
denen Vorkommnissen. 

KJERULF erwähnt*) unter Gabbro: „Apatit in Gängen von 
Hornblendegestein in der Nähe von Gabbromassen.* Dass 
das Vorkommen der Apatitgänge auf irgend eine Weise mit 
dem Gabbro in Verbindung steht, ist also eine schon früher 
ausgesprochene Ansicht. | 

Unter den von uns, untersuchten Vorkommnissen finden 
sich folgende im Gabbro: 


Oedegärden, nebst denen in der Nähe desselben 
bei Dedegärdskjern, 

Hiäsen, 

Regärdshejen und 

Ravneberg, 

Fogne, 

(Enden?) 


In unmittelbarer Nähe von Gabbro liegen folgende Vor- 
kommnisse: 


Krageroö, 


Ronholt, 

Oedegärdskjern (z. Th.), 
Otterbäk, 

Lofthus, — vielleicht noch mehrere. 


Wir müssen hier auch daran erinnern, dass die Apatit- 
führenden Gänge gerade in einer Gegend auftreten, wo Gabbro 


*) Stenriget og fjeldleeren, I. Ausgabe 1865, II. Ausgabe 1870, p. 242. 


699 


‚häufig die Schichten des Grundgebirges durchsetzt. Es muss 
sogleich in die Augen fallen, dass obenstehendes Verzeichniss 
gerade die reichsten Vorkommnisse umfasst. Keines der ubri- 
gen hat auch nur annähernd eine der den genannten ent- 
sprechende Bedeutung gehabt. 

Beim ersten Blick auf die Kartenskizze der Wockaime 
nisse bei Oedegärden, Oedegärdskjern u. s. w. (Fig. 2) muss 
es gleich als ein merkwurdiges Verhältniss auffallen, dass 
gerade die reichsten Gänge in einer Reihe innerhalb einer 
verhältnissmässig schmalen Zone von Gabbro belegen sind, 
was doch kaum dem Zufall zugeschrieben werden kann, Das 
durchweg eigenthümliche Aussehen, welches der Gabbro da 
zeigt, wo er an die Apatitgänge angrenzt, scheint auch für 
ein näheres Verhältniss zwischen beiden zu sprechen. Da der 
Gabbro in höherem Grade als die anderen Gesteine durch- 
greifende Umwandlungen durch das Empordringen der Apatit- 
gänge erlitten hat, so ist vielleicht die Annahme gerechtfertigt, 
dass das Gabbrogestein vielleicht noch nicht völlig erstarrt 
war, als die Gangmassen empordrangen. 

Die Eruption der Apatit-führenden Gänge hat 
demnach unserer Meinung nach gleichzeitig oder 
unmittelbar nach dem Ausbruche der erwähnten 
Gabbromassen stattgefunden. 

Mehrere Beobachtungen scheinen dafür zu sprechen, dass 
die Gangmassen bei ihrem Empordringen wasserhaltig und 
von Lösungen und Gasen begleitet gewesen sind. Die Drusen- 
räume in dem Albit auf Oxöiekollen sind schon oben erwähnt. 
Wir müssen hier nochmals an einige Eigenthümlichkeiten der 
durch die Gangmasse erzeugten Veränderungen des Gabbro 
erinnern. In der Beschreibung der einzelnen Vorkommnisse 
wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die kleineren Adern 
auf Regardsheien und Ravneberg bisweilen von einer eben so brei- 
ten Zone des „gefleckten* Gabbro als die der grösseren Gänge 
umgeben sind, sowie auch, dass in einzelnen Fällen diese Zone 
an der einen Seite der Gänge breiter ist als an der anderen; 
ferner dass die Richtung sich auskeilender, kleiner Apophysen 
fortgesetzt wird durch Adern und Trümmer eines schiefrigen 
Gabbro innerhalb der körnigen „gefleckten* Varietät. Endlich 
wurde auch beruhrt, wie auf mehreren Vorkommnissen der 
„gefleckte* Gabbro sich sehr weit von den Gängen erstreckt 


700 


Werden diese Verhältnisse in Betracht gezogen, so scheint es 
nahe zu liegen, dass die Umwandlung des Gabbro nur zum 
geringen Theil der Hitze von den feuerflüssigen Gängen zuge- 
schrieben werden könne, sondern eher den die Eruption der 
Gänge begleitenden Wasserdämpfen u. s. w., welche in grösserer 
Ferne von den Ganggrenzen wirken konnten, 

Auf Oedegärden beobachteten wir eine weitere Stufe in 
der Umwandlung des Gabbro, nämlich den aus dieser Loca- 
lität beschriebenen „Sandberg*. Derselbe kann nicht ein bloss 
verwitterter „gefleckter* Gabbro sein, was man vielleicht beim 
ersten Anblick zu glauben geneigt wäre; das charakteristische 
Auftreten*) dieser Varietät, ferner ihre oft von der des ge- 
wöhnlichen „gefleckten* Gabbro verschiedene Mineralführung 
(indem sie nämlich als zweiten Gemengtheil einen braunen 
Glimmer enthält), scheint jene Annahme zu widerlegen, 


F 


Das praktische Resultat unserer Untersuchung ist in Kürze 
dieses, dass man mit Grund hoffen kann, den Apatit in und 
in der Nähe von Gabbro zu finden, besonders wenn man auch 
einen oder mehrere seiner charakteristischen Begleiter, na-, 
mentlich Rutil oder die häufig erwähnten Krystalle des grünen 
Enstatit finden sollte. Was die Ausbeute unserer Apatitvor- 
kommnisse betrifft, so hat es sich bisher gezeigt, dass nur 
die in unmittelbarer Nähe von Gabbro betriebenen Vorkomm- 
nisse einen ansehnlichen Ertrag gegeben haben. 


*) Wie erwähnt, kam dieser „Sandberg“, welcher natürlich kein 
klastisches Gestein ist, bisweilen in grösserer Verbreitung eben da vor, 
wo man nach den Verhältnissen in der Tiefe der Gänge anstatt seiner 
hätte erwarten sollen, gerade das Ausgehende des Ganges anzutreffen. 


701 


‘ Erklärung der Tafeln. 


Tafel XV— XIX. 


Figur 1. Apatitvorkommnisse zwischen den Städten Langesund und 
Risör. 
1. Oedegärden (Rönholt u. s. w.) 9. Valle, in der Nähe Bagerov- 


2. Fogne, neie, 
3. Hiäsen, 10. Froste, 
4. Regärdsheien u. Ravneberg, 11. Björdammen und Hougen, 
5. Kragerö (in der Nähe Vale- 12. Oedefjeld, 
berg und Otterbak), 13. Oesterholt, 
6. Svinland, 14. Skorstöl, 
7. Rölandsäsen, 15. Akeland, 


8. „Östre“- u. „Westre-Kjörre- 16. Nestesvag. 
stad‘“‘ (zwischen denselben und 
. Svinland liegt Valäsen), 

Figur 2.. Kartenskizze der Apatitvorkommnisse von Oedegärden. 

Figur 3. Profil von Björnäsen nach Meinkjar. 

Figur 4. Die westliche Partie des Ganges No. 1. Oedegärden. 

Der Phlogopit ist schwarz, der Apatit weiss, der gefleckte 
Gabbro schraffirt bezeichnet. 

Fig. 5. Apatitgang (No. 2 Fig. 2). Oedegärden. 

Der Apatit ist weiss, der Phlogopit schwarz bezeichnet. In 
der Mitte der Zeichnung, sowie an beiden Seiten Tagesöffnungen 
der Grube. 

Figur 6. Profil von Apatitgängen (No. 5 Fig. 2). Oedegärden. 

Figur 7. Sich kreuzende Scheuerstreifen auf der polirten Oberfläche 
von Phlogopit von einem Apatitgang (No. 3 Fig. 2). Oedegarden. 

Figur 8. 9 Zoll mächtige Apatit-führende Phlogopitader mit Kry- 
stallen von Enstatit. Oedegärden. 

Figur 9. Profil nach dem Fallen von Gang No. 9 Fig. 2. Oede- 
gärden. 

Figur 10. Profil der obersten Partie eines Apatit- und Kjerulfin- 
führenden Phlogopitganges (No. 10 Fig. 2). Oedegärden. 

Figur 11. Profil von Gängen bei Oedegärdskjern. 

Figur 12. Hornblende - Magnetkiesader mit Krystallen von Apatit, 
Hiasen. Der Apatit ist weiss, der Magnetkies hell schraffirt, die Horn- 
bleude dunkel schraffirt. 

Figur 13. Hornblendeadern in dunklem Gabbro von einer Zone ge- 
fleckten Gabbro’s umgeben. (1 Quadr.-Fuss). Hiäsen. 

Figur 14. Ansicht von Regärdsheien und Ravneberg. 

Figur 15. Profil der Apatit-führenden Gänge von Regärdsheien. 

Die Gänge, die in dunklem Gabbro aufsetzen, sind alle von 
einer Zone gefleckten Gabbro’s umgeben. 


702 


Figur 16. Apatit-führender Gang von Regärdsheien. Profil, um 


die Zone von geflecktem Gabbro zu zeigen. 
Figur 17. Profil von den Gängen an der Spitze Ravnebergs. 


Das Nebengestein ist in der Fortsetzung der Apoplıyzen 


foliirt. 

Figur 18. 1 Quadr.-Fuss Gestein von a N und 
körnigem Felpspath. Ravneberg. 

Figur 19. Profil aus „Vuggens Grube“. Kragerö. 

Figur 20. Aus Vuggens Grube. Kragerö. ‚Asbest - Speckstein- 
krystalle“. 

Figur 21. Kartenskizze der Apatit- führenden Gänge, westlich von 
Oedegärdskjern. 

Figur 22. Kjerulfinvorkommniss bei Havredal. Profil, 


Figur 23. Kartenskizze eines Apatit-führenden Quarzgangs. Oestre- 


Kjörrestad. 

Figur 24. Profil eines Apatit-führenden Ganges von Skorstöl. 

Figur 25. Profil eines Apatit-führenden Ganges von Oxöiekollen. 

Figur 26. Durchschnitt (nach oP) eines Kjerulfinkrystalls. 

Figur 27a u. b. Esmarkitkrystalle. a. Seitenprojection; b. ideale 
Combination. 

Figur 28, 29a und 29b, Hornblendekrystalle aus Oxöiekollen. 

Figur 30- Asbest-Specksteinkrystall von Kragerö (von oben gesehen). 

Figur 31—37. Krystalle von grünem, wasserhaltigem Entstatit von 
Oedegärden. Figur 36. von unbekannter Localität gehört Herrn Prof. 
Waace. Figur 37. ideale Combination. 

Figur 38. Gewundene und zerbrochene Krystalle aus Apatitgängen. 
a. Enstatitkrystalle durch Apatit verkittet, von Odegärden. b. Rutilkry- 
stalle von Rönholt. 


703 


B. Briefliche Mittheilungen. 


1. Herr H. TrautscnoLp an Herrn G. vom Rarn. 


Moskau, 20. October 1875. 


Von meiner Uralreise seit länger als einen Monat zuruck- 
gekehrt, will ich nicht länger zögern, Ihnen einen kleinen 
Bericht abzustatten. | 

Die Landreise nahm in Perm (bis dahin benutzte ich das 
Dampfboot) ihren Anfang, von dort begab ich mich nach 
Kuschwa, dann nach Tagil, Katharinenburg und Mijass.. Von 
Mijass machte ich einen Abstecher uber Slatauss nach Kussa, 
ging zuruck nach Mijass, besuchte dann das Quellgebiet der 
Bjelaja mit der Hütte Bjeloräzk und fuhr dann über Werchen- 
Uralsk nach dem Magnetberge der Steppe. Nachdem ich 
diesen besichtigt, ging ich wieder nach dem Ural zuruck und 
folgte seinem geradlinigen Zuge auf dem alten Orenburger 
Wege (nicht über Orsk) nach Orenburg. Ich verliess den 
13. Juli neuen Styls Perm und reiste den 25. August von 
Orenburg nach Ssamara, habe also ungefähr anderthalb Monate 
auf die eigentliche Uralreise verwandt. Ich kann diese Zeit 
des Jahres sehr für eine Bereisung des Ural empfehlen, denn 
ich bin im Allgemeinen von der Witterung begünstigt gewesen 
und habe die Fahrt trotz herzlich schlechter Wege, mangel- 
haften Nachtlagers und spärlicher Nahrung ohne Nachtheil für 
meine Gesundheit ausgehalten. 

Da Ihr verewigter Schwiegervater in seinem klassischen 
Werke über den Ural schon die mineralischen Reichthümer 
dieses Gebirgszuges so gründlich beschrieben hat, dass seinen 
Nachfolgern nur eine schwache Nachlese übrig bleibt, so will 
ich nur auf die hauptsächlichsten Veränderungen, die dort seit 

Zeits. d.D. geol. Ges. XXVIL, 3. 46 


Pe 
SR 


704 = 


seinem Besuche vor sich gegangen sind, mit einigen Worten 
hinweisen und einige Notizen hinzufügen, welche für Sie von 
Interesse sein könnten. Vor allen Dingen wird es Sie freuen, 
zu hören, dass ein Katharinenburger fleissiger Gelehrter, Herr 
Tscaupin, sich an die Uebersetzung des Werkes von G. Rose: 
„Reise nach dem Ural etc.“ gemacht hat. Er war so freund- 
lich, mir die erste Lieferung dieser russischen Uebersetzung 
einzuhändigen. Von Neuigkeiten, die den Besitzwechsel be- 
treffen, sind die wichtigsten, dass das Kupferbergwerk Bogos- 
lowsk für 2,200,000 Rubel aus den Händen der Regierung in 
die einer Actien-Gesellschaft übergegangen ist, und dass eine 
andere Gesellschaft die ersoffenen Goldgruben von Berösowsk 
für 100,000 Rubel an sich gebracht hat. Die letztgenannten 
Gruben hofft man durch mächtige Dampfpumpen vom Wasser 
zu befreien. 

Bei Tagil hat man ein grosses Mauganitlager entdeckt, 
welches für die Bereitung von Bessemer Eisen grossen Werth 
hat. Der Manganit ist derb, hat l- Meter Mächtigkeit, und 
hat zum Hangenden Lehm, zum Liegenden paläozoischen 
Kalk. In der Fabrication von Eisenblech vervollkommnet man 
sich; ich habe in Tagil papierdünnes Blech gesehen, das 
geschmeidig ist und sich auch wie Papier falten lässt. Die 
Tagil’schen Platinwäschen sind jetzt die einzigen im Ural. In 
den Aurorawäschen (am Bache Martjan) hat man in diesem 
Sommer die jetzt in den Goldwäschen überall angewendete 
Komarınzer’sche Maschine eingeführt. Sie wird durch Dampf 
in Bewegung gesetzt, wirkt sehr kräftig und wäscht in 
10 Stnnden 12,000 Pfund Platinlehm, aus welchem Quantum 
4: Pfund Platin gewonnen werden. Das erbeutete Platin 
wandert alles nach London, dem einzigen Ort, wo jetzt Platin 
verarbeitet wird. 

Das Thal der Taschkutarganke bei Mijass, das gleich 
nach der Entdeckung des dortigen Goldes im Anfang der zwan- 
ziger Jahre so reichen Ertrag geliefert hatte, ist durch schwung- 
hafteren Betrieb von neuem ergiebig geworden, da seit 1869 
22 Dampfmaschinen in den Goldwäschen von Mijass arbeiten. 
Es werden dort täglich 8— 10 Pfund “Gold gewonnen. Ver- 
mittelst der Komarınzei'schen Maschine werden bei zehnstün- 
diger Arbeit aus 15,000 Pfund goldführenden Sandes 75 So- 
lotnik Gold ausgewaschen. Die alten Halden werden noch 


4 
ENT REN 


705 


einmal durchgewaschen und liefern lohnenden Ertrag, ihr Sand 


ist so nachlässig verwaschen gewesen, dass man unlängst noch 
ein 1+ Pfund schweres Stück Gold darin gefunden hat. 

‚Im Ilmengebirge habe ich einige Tage auf die dort vor- 
kommenden selteneren Mineralien arbeiten lassen, auch eine 
ziemlich gute Ausbeute an Aeschynit, Ssamarskit, Malakon, 
Monazit, Pyrochlor und Zirkon gehabt, von Topas habe ich 
auch einige recht hübsche, wenn auch kleine Krystalle heim- 
gebracht, die Phenakite sind noch seltener. Den Miaseit muss 
man an Ort und Stelle sehen, um einen richtigen Begriff 
davon zu bekommen, besonders interressirten mich die gross- 
krystallinischen Varietäten, deren Krystalloide mehrere Quadrat- 
fuss gross sind und in denen der weisse Feldspath und der 
ebenfalls weissliche Eläolith von fussbreiten Bändern pech- 
schwarzen Glimmers durchzogen werden. 

Von Kussa aus besuchte ich die Perowskitgruben von 
Achmatowsk ; die Ausbeute war dort nicht sehr bedeutend, da 
von den Halden natürlich das Beste abgelesen ist, und län- 
gere Arbeit mit der Keilhaue erforderlich ist, um zu reicheren 
Fundstätten vorzudringen. Der liebenswürdige Hüttendirector 
von Kussa, W. REDIKORZEV, entschädigte mich indessen durch 
sehr hübsche Sachen aus seiner Sammlung, die reich ist an 
Mineralien dieser Localität. Nas Gestein des Magnetberges 
der Steppe ist Feldspathporphyr. HELMERSEN und HorMmann 
sprechen in ihrer Beschreibung dieses Berges auch von Grun- 
stein, den ich nicht gefunden. Da der ganze Berg mit Rasen 
bedeckt ist, kann es leicht sein, dass mir das Gestein ent- 
gangen ist. Sehr bemerklich machen sich grosse Orthoklas- 
krystalle, die oft mehrere Kubikfuss gross sind, und namentlich 
die Spitze des grossen Magnetberges krönen. Das Erz giebt 
77 — 80 pCt. Gusseisen und wird auf der Hütte Bjeloräzk 
verschmolzen. Grosse, mehrere Kubikfaden haltende Blöcke 
‚zeigen deutlichen polaren Magnetismus. 

In der Umgebung von Orenburg besuchte ich die Kupfer- 
gruben von Kargala, die sich seit 1870 im Besitz einer eng- 
lischen Gesellschaft befinden. Der dortige permische Sand- 
stein ist von Kupfersalzen durchzogen und giebt 4 pCt. Kupfer. 
Auf den Halden der Alexandergrube sammelte ich zahlreiche 
Pflanzenabdrucke,, habe aber dort keine Spur von der an an- 
deren Orten so stark vertretenen Nöggerathia gefunden. 


46 * 


706 


Auf der Rückreise besuchte ich den Bergkalk bei Ssysran, 2 
der von Asphalt durchdrungen ist, und jetzt als Material für 


Asphaltpflasterung gebrochen wird. Die Hohlräume der Fusu- 
linenschalen sind ganz von Harz ausgefüllt, ebenso die Cya- 
thophyllen. Dieses Vorkommen macht es mir immer wahr- 
scheinlicher, dass die Naphta nur das Product der Zersetzung 
von Seethieren ist. Das Vorkommen in den tertiären Muschel- 
kalkablagerungen der Halbinsel Apscheron und Taman und 
der Abhänge des Kaukasus spricht auch sehr dafür. 

Der Ural wird nach Verlauf von zwei Jahren zugäng- 
licher sein als jetzt, da fleissig an den Eisenbahnen zwischen 


Orenburg und Ssamara, und zwischen Katharinenburg, Tagil, 


Kuschwa, Perm gebaut wird. 


2. Herr v. Könen an Herrn Dames. 


Marburg, 21. November 1875. 


Zur Ergänzung der im August d. J. in München von 
mir mitgetheilten Notiz habe ich Ihnen noch Folgendes zu 
melden: 

Die Muschelkalk- und Keuper-Partie bei Lauterbach, nord- 
westlich Fulda, liegt in einem Graben, beiderseits durch Ver- 
werfungen vom mittleren bunten Sandstein getrennt. Der 
Keuper scheint in allen seinen Gliedern vorhanden zu sein. 
Der Gypskeuper ist namentlich südwestlich von Angersbach 
in einem Wasserrisse in grosser Mächtigkeit schön aufge- 
schlossen. Steinmergelartige Gesteine stehen am Wege von 
Lauterbach nach Angersbach dicht hinter der Ziegelei zu Tage, 
und der obere (Räth-) Keuper ist in allen Hohlwegen süd- 
östlich von Angersbach zu sehen, sowie auch die Platten mit 
Taeniodon Ewaldi nordwestlich von Angersbach, etwa 800 M. 
von den letzten Häusern von Angersbach am Waldrande, wo 
dieser sich nach Suden umbiegt. Unmittelbar südlich von 
dieser letzten Stelle fand ich dunkle Thonschiefer in tieferen 
Ackerfurchen, und auf den Feldern und an Rainen schwärzliche, 
hellrostbraun verwitternde Kalke mit zahlreichen Ammoniten- 
resten, 


707 


' Am häufigsten ist hier Amm. Johnstoni (psilonotus pli- 
catus) bis zu 50 Mm. gross, doch ist nur die Schlusswindung 
resp. Wohnkammer gut erhalten; die früheren Windungen sind 
mit Kalkspath erfüllt und lassen sich nicht vom Gestein tren- 
nen. Daneben finden sich Bruchstücke von Plagiostoma gi- 
ganteum und von Pecten und selten von grossen Exemplaren 
von Amm. angulatus. Es sind also die beiden untersten Zonen 
des Lias hier vorhanden. Auf der Lupwie’schen geologischen 
Karte ist dort Keuper angegeben. Wie es scheint, streichen 
die Schichten von hier nach dem südwestlichen Theile von 
Angersbach hin. 

Die von Herrn v. Haypen gefundenen Stücke von Amm. 
angulatus stammen aus Schieferthonblöcken, welche nach einem 
Wolkenbruche in dem durch Angersbach laufenden Fluthgraben 
liegen geblieben waren. In einem solchen Schieferthonblock 
fand ich auch einige ganz verdrückte glatte Ammoniten, bis zu 
20 Mm. im Durchmesser, welche zu Amm. planorbis (pilonotus 
laevis) oder Amm. Hagenowü gehören könnten. Anstehend 
sah ich schwärzliche Schieferthone in dem Fluthgraben, an dem 
sudwestlichen Ende von Angersbach, während nach Angabe 
des Bürgermeisters das ganze Dorf auf derartigen Schiefer- 
thonen steht, welche freilich auch dem unteren oder oberen 
Keuper angehören könnten. Weiter aufwärts in dem Fluth- 
graben folgt dann auf dem Kopfe stehender Muschelkalk und 
darüber bunter Sandstein. 

Mit Beginn des Frühjahrs denke ich diese Gegend noch- 
mal zu besuchen und namentlich nördlich von Lauterbach und 
Maar nach weiteren von Lupwıg übersehenen Liaspunkten zu 
suchen. 


3. Herr Fern. Rormer an Herrn Dames. 


Breslau, 24. November 1875. 


Es wird vielleicht von Interesse fur Sie sein, zu erfahren, 
dass die von Ihnen in Band XXV. 1873 pag. 66 ff. und 
Band XXVI. 1874 pag. 761 ff. aus der Gegend von Bromberg 
beschriebenen cenomanen Diluvial-Geschiebe sich auch bei 


708 


Danzig gefunden haben. In einer Sammlung von Diluvial- 


Geschieben sedimentärer Gesteine, welche ein eifriger Zuhörer 


von mir, Herr Conwentz aus Danzig, in einer bei Langenau, 
2 Meilen südlich von Danzig, hart an der Eisenbahn gelegenen 
Kiesgrube gesammelt hat und welche er mir vor einigen Ta- 
gen vorlegte, befand sich ein kopfgrosser, mit Versteinerungen 
dicht erfüllter Block, in welchem ich sofort das von Ihnen 
beschriebene Gestein erkannte. Unverkennbar machte sich 
namlich unter den eingeschlossenen Versteinerungen gleich auf 
den ersten Blick Ammonites Coupei in mehreren Exemplaren 
bemerkbar. Häufig ist auch der von Ihnen als Pecien orbi- 


cularis Sow. aufgeführte glatte Pectn. Bemerkenswerth ist 


ferner ein schön erhaltenes Exemplar von Trigonia spinosa 
PARK., einer Art, welche in cenomanen Schichten am Berge 
Sainte - Catherine bei Rouen, hei Le Mans und an anderen 
Orten vorkommt und also gut zu den anderen cenomanen 
Arten passt. Ausserdem enthält der Block eine Anzahl noch 
näher zu bestimmender Gastropoden und Acephalen. Das 
Gestein des Blocks ist ein mit vielen dunkelgrünen, feinen 
Glaukonitkörnern erfullter fester, kieseliger, grauer Kalkstein, 
in welchem die Oberfläche der eingeschlossenen Steinkerne 
und Abdrücke der Üonchylien gewöhnlich durch Eisenoxyd- 
hydrat gelbbraun gefärbt ist. Das Vorkommen dieser ceno- 
manen Geschiebe bei Danzig weist noch bestimmter auf das 
von Ihnen vermuthete Ursprungsgebiet im Norden hin, als 
dasjenige bei Bromberg.*) 


*) Der Mittheilung des Herrn Ferv. Rormer möchte ich noch hinzu- 
fügen, dass Herr Struckmann cenomane Geschiebe im Kreise Preussisch- 
Stargardt, etwa 3—4 Meilen von Danzig, und ebenso Herr JentzscH 
solche in der Königsberger Umgegend aufgefunden hat. W. Danes. 


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709 


C. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der Julı- Sitzung. 


Verhandelt Berlin, den 7. Juli 1875. 


Vorsitzender: Herr BEYRICH. 

Das Protokoll der Juni - Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten; 

Herr Dr. ©. Fricke, Lehrer an der Realschule in Malchin, 

Mecklenburg, und 
Herr Dr. W. CasparY, Lehrer an der Landwirthschafts- 
schule zu Hildesheim, 
beide vorgeschlagen durch die Herren K. v. SeE- 
BACH, Max BaAvER und W. Danmzs; 

Herr KLErte, Kreisgerichtsratb in Schmjedeberg i. Schl., 
vorgeschlagen durch die Herren WEssky, BEYRIcH 
und Rora; 

Herr FRIiEDRICH von OEYNHAUSEN, Gutsbesitzer zu Gre- 

venberg, Kreis Höxter, 
vorgeschlagen durch die Herren Lasarp, BEYRICH 
und Danuss; 

Herr Dr. WaAunscHArrE zu Berlin, Assistent am Labo- 

ratorium der geologischen Landesanstalt, 
vorgeschlagen durch die Herren Ortu, LAUFER 
und DuLk. 

Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bücher und Karten vor und gab dann 
Kenntniss von einer brieflichen Mittheilung des Herrn Lossen 
über einen Graptolithenfund bei Thale (vergl. briefl. Mittheilun- 
gen in diesem Bande pag. 448). 


LASER 


710 


Herr RexeLt vervollständigte seine in der vorhergehenden _ 
Sitzung (s. pag. 481) gemachten Mittheilungen über Diluvial- 


Vorkommnisse in einer Steingrube” bi Heegermühle 
und zeigte von diesem Fundort eine Anzahl von Geschieben, 
sowie ein weiteres, seitdem gefundenes Knochenfragment von 
Elephas primigenius, einen Mittelfussknochen, vor. 

Derselbe Redner berichtete sodann über das Auftreten 
einer diluvialen Bernstein -füuhrenden Schicht in- 
mitten des oberen Geschiebemergels bei Neustadt-Eberswalde, 
unter Vorlegung von Proben dieser Schicht, sowie von darin 
gefundenen Bernsteinstücken und nordischen Geschieben. Es 


besteht dieselbe aus einem glaukonitischen, kalkreichen und 


etwas thonhaltigen Sand, der in Aussehen und Zusammen- 
setzung dem marinen Grünsande des Unteroligocän, welcher 
im ostpreussischen Samlande als die eigentliche Bernsteinerde 
erkannt wurde, sehr ähnlich ist und ebenso wie letztere den 
Bernstein in bedeutenden Quantitäten und ganz gleichmässig 
"eingelagert enthält. 

Endlich besprach der Vortragende die Auffindung von 
Ueberresten von Ursus spelaeus, Cervus alces und Cervus elaphus 
in einem moorigen Alluvialabsatz der nämlichen Gegend; 
das aufgefundene Fragment von Ursus spelaeus, ein sehr gut 
erhaltener Unterkiefer, wurde vorgelegt. 

Das Nähere über diese Gegenstände wird ein Aufsatz im 
nächsten Heft der Zeitschrift bringen. 

Herr Beyrıch bemerkte zu dem Vortrage des Hrn. RENELE, 
dass der Bernstein-führende, glaukonitische Sand im Diluvial- 
mergel bei Neustadt-Eberswalde jedenfalls tertiär sei und dass 
man die Erscheinung vergleichen könne mit dem lagerartigen. 
Einschluss der mächtigen Scholle von Schreibkreide im Dilu- 
vium bei Stettin. 

Herr Weiss referirte über den Jahresbericht der Handels- 
kammer in Halle a. S. pro 1874, ‘soweit der Inhalt die Pro- 
‚duetion mineralischer Stoffe betrifft. 

Derselbe erläuterte an vorgelegten Stücken das Vorkom- 
men kleiner Schalenreste aus dem unteren Buntsandstein 
von Dürrenberg, Provinz Sachsen. Nach Grösse und Ge- 
stalt gleichen sie der Estheria Germari Beyr. und kommen 
auch zusammen mit dieser vor, unterscheiden sich aber von 
ihr durch eine gewisse Anzahl radialer Rippen, welche vom 


711 


‘Wirbel ausstrahlen, und bilden so einen ausgezeichneten Typus. 
Schon Giesen hat unter dem Namen Posidonomya Wengensis 
und nodoso - costata von Dürrenberg 2 Arten beschrieben, 
welche mit den vorgelegten vielleicht identisch sind. Die 
letztere stammte aus einem Bohrloche, obige Funde dagegen 
wurden in anstehenden Schichten (Schieferletten, zwischen 
Sandsteinbanken) an der Saale in den Promenaden oberhalb 
des Salzamtes von Herrn Dir. METZser und dem Vortragenden 
gemacht. Bei mangelhafter Erhaltung verschwinden die Rip- 
pen leicht in der Nähe des Wirbels oder des Vorder- und 
Hinterrandes, am Bauchrande sind sie am stärksten und blei- 
ben am deutlichsten. Bei guter Erhaltung lassen sich sehr 
leicht 2 Formen der Berippung erkennen. Die eine wird nur 
‘durch 12 oder kaum mehr Rippen gebildet, von denen die 
mittlerer (6— 10) sehr scharf liniirt und abgesetzt hervor- 
treten, auf der convexen Seite erhaben, auf der concaven 
(Innen-) Seite vertieft. Hier liegen die Rippen wie Leistchen 
verhältnissmässig weit auseinander und zwischen ihnen befinden 
sich glatte, nur durch concentrische Runzeln unterbrochene 
Felder. Diese Form mag der P. nodoso - cositata GIEBEL ent- 
sprechen, welche aber nur 7 Rippen haben soll. — Die 
andere Art*) zeigt sehr viel zahlreichere Rippen, die na- 
mentlich am Vorder- und Bauchrande dicht gedrängt erschei- 
nen; diese sind weniger scharf abgesetzt und ziemlich gleich 
breit mit den Feldern zwischen ihnen. An besonders gut 
erhaltenen Exemplaren wurden etwa 30, an anderen 20 ge- 
zahlt; doch ist zu bemerken, dass man kaum jemals die An- 
zahl genau bestimmen kann, sich daher bei der Unterschei- 
dung der beiden Formen an die angegebenen Merkmale halten 
muss. Diese zweite Art ist wohl die Wengensis GiEBEL. 
R. Jones, der Monograph der Gattung Estheria, kennt nur un- 
gerippte, concentrisch runzlige Arten und trennt Leaia, als 
mit 2 radialen Rippen versehen, generisch von jener. Danach 
kann man geneigt sein, auch in unserem Falle eine neue Gat- 
tung zu erblicken; es dürfte aber bei der grossen Aehnlich- 
keit des ganzen Habitus mit Estheria schon genügen, die 


*) Der Vortragende benannte die erstere Art Estheriella lineala, 
die letztere E. costata; jedoch muss, wie er glaubt, bis zum Nachweis 
der wirklichen Verschiedenheit beider von den GieseL’schen Species die 
Namengebung zurückgezogen werden. 


712 


Dürrenberger radial gerippten Schalen nur in = Subgenus 


mit der Benennung Estheriella zu stellen. Nach einigen Mes- 
sungen an besonders guten Exemplaren ergab sich 
für die Form mit etwa 12 leistenförmigen Rippen 
die Höhe zur Breite = 2,8:4,3 Mm. = 1:1,5 
AR: a hr 
PA Er Re en. 
für die Form mit über 20 gewölbten Rippen und Furchen 
die Höhe zur Breite = 2,5:3,8 Mm. = 1:1,5 
2.189, ee 
ee 1:15 
22:31. „re 


Es mag noch die Bemerkung hinzugefügt werden, dass 
bei Durrenberg mehrere Estherien - Horizonte existiren. Im 
Bohrloch fanden sie sich bei etwa 200 M. Tiefe; anstehend 
beim kgl. Salzamtsgebäude, sehr kleine ungerippte Estherien 
fand der Vortragende auch am linken Ufer der Saale, wenige 
Fusse unter den ersten groben weissen Sandsteinbänken des 
mittleren Buntsandsteins am Abhang zwischen Graslau und 
Leina bei Corbetha. 

Herr WesskY referirte über den Inhalt des Lehrbuchs der 
Petrographie von v. LAsAuLx. 

Herr HALFAR sprach im Anschluss an den in voriger 
Sitzung gehaltenen Vortrag über Kieselschiefer von Rohmker- 
Hall. 

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 

v, w. 0. 
BEYRICH. Weiss. Dans. 


2. Protokoll der August - Sitzung. 


Verhandelt Berlin. den 4. August 1875. 


Vorsitzender: Herr Beyrich. 
Das Protokoll der Juli - Sitzung wurde vorgelesen und 


genehmigt. 
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 


schaft eingegangenen Bücher und Karten vor. 


an en 


Herr Fr. Scumipr aus Petersburg sprack über den jetzi- 
gen Standpunkt der Kenntrisse von den Sedimentärformationen 
in Ost-Sibirien. Es sind über diesen Gegenstand schon früher 
Zusammenstellungen gemacht worden, zuerst von A. ERMAN 
zu Anfang der vierziger Jahre und dann von MIDDENDORFF in 
seiner Uebersicht der Geologie Sibiriens im 4. Bande seines 
Reisewerkes (1860). Seitdem sind nun eine Menge Materialien 
hinzugekommen, die vorzugsweise auf den Reisen von ÜZEka- 
NOWSKI, LoPATIN und mir zusammengebracht worden sind. 
Meine eigenen Reisen brachten mich in den Jahren 1859 bis 
1863 nach Transbaikalien, an den Amur und seine Neben- 
flüsse Buteja, Amgun und Ussuri, in das mandschurische Küsten- 
gebiet und auf die Insel Sachalin. Im Jahre 1866 hatte ich 
Gelegenheit auf meiner Mammuth - Expedition den unteren 
Jenissei und die angrenzenden Tundren zu untersuchen. 
Loparın, damals Bergingenieur, jetzt Goldwäscher am Jenissei, 
hat in den verschiedensten Gebieten Ost-Sibiriens — am 
Amur, auf Sachalin und am Jenissei beobachtet und gesam- 
melt. Seine Sammlungen sind grösstentheils in meinen Hän- 
den im mineralogischen Museum der Petersburger Akademie der 
Wissenschaften. ÜCZEKANOWSKI untersuchte in den Jahren 
1868—1872 das Gouvernement Irkutsk, im Jahre 1873 ging er 
die untere Tunguska hinab bis zur Mündung in den Jenissei, 
1874 ging er schon auf Winterwegen an die nämliche untere 
Tunguska, um von hier in das Quellgebiet des Olenek zu ge- 
langen, den er dann zu Wasser hinabfuhr bis seiner Fahrt 
durch den eintretenden Eisgang Halt geboten wurde. Noch 
auf der Rückfahrt machte er im November bei Werchojansk 
schöne Beobachtungen. Jetzt ist er wiederum an die untere 
Lena und den unteren Olenek abgegangen, vorzugsweise um 
die Lagerstätte der schon von MIDDENDORFF mitgebrachten 
Ceratiten zu erkunden, über die er im vorigen Jahr noch im 
Unklaren geblieben war. ÜzEKAnowskı's Reisen wurden vor- 
zugsweise im Auftrage der kaiserlichen geographischen Ge- 
sellschaft gemacht. Seine Sammlungen befinden sich ebenfalls 
im mineralogischen Museum der Akademie der Wissenschaften, 
in dem ich nach Möglichkeit alles paläontologische Material, 
das in Ost - Sibirien zu Tage gefördert wird, zusammen zu 
bringen suche. 

Die Silurformation hat eine mächtige Ausdehnung in 


714 


der Mitte Ost-Sibiriens und zwar sind es Kalke mit Pentamerus 
oblongus (in besonderer Localform) und den gewöhnlichen 
obersilurischen Korallen Calamopora gotlandica, Catenipora 
labyrinthica u. Ss. w., die deu grössten Raum einnehmen. Die 
reichhaltigsten Fundstätten hat CzERANOwSKI am unteren Lauf 
der unteren Tunguska und auf der Wasserscheide zwischen 
Wilui und Olenek (besonders an den Quellflüssen des letz- 
teren) aufgedeckt. Ein ähnliches Lager wurde in der Nähe, 
noch im Quellgebiet der Wiluizuflusse von Maar schon 1854 
aufgefunden. Die beiden letztgenannten Localitäten schliessen 
sich ganz auffallend nahe an die tiefsten obersilurischen 


Schichten Estlands (meine Jöordensche Zone 4) an durch das. 


häufige Vorkommen der charakteristischen Atrypa? Duboysii 
Vers. Am Olenek selbst standen versteinerungsleere Mergel 
an, aber im Uferkies fanden sich zahlreiche silurische Korallen, 
aus den Nebenflüssen herabgeflösst, die gegenwärtig, wie alle 
mir zugänglichen sibirischen silurischen Korallen zur Bear- 
beitung an Hrn. Dr. Lıspström nach Wisby gesandt sind. Eben- 
falls kommen silurische Korallen am unteren Jenissei in der 
Gegend der Kureikamüundung vor, wo solche von LoPatın 
gesammelt sind. Ein höheres Glied der Silurformation scheint 
bei Padun am mittleren Lauf der Angara anzustehen, wo 
OZEKANoWSKI Stücke eines eigenthümlichen Eurypterus ge- 
funden hat. Ebenfalls sind Eurypterenbruchstücke und eigen- 
thümliche Orthis an der Tschona, einem rechten Nebenfluss 
des Wilui von den Herren MaAıeL und PawLowskI gefunden 
worden. Welchem Niveau die von ERMAN mitgebrachten und 
. von GıRARD beschriebenen (Eruan’s Archiv 1843) Orthis lenaica 
u. a. angehören, kann ich nicht genau bestimmen, da die be- 
treffende Localität, Kriwolutzk an der oberen Lena, später 
nicht mehr untersucht worden ist. Von untersilurischen Petre- 
facten haben wir bisher nur eine einzelne Probe: ein Geschiebe 
mit deutlichen Agnosius vom Ufer des unteren Olenek, durch 
CZEKANOWSKI eingesandt. 

Auffallend ist, dass, während die ostsibirischen Silurlager sich 
so nahe an unsere baltischen anschliessen, mit denen sie durch 
die von Graf KEYSERLInG an der Waschkina unfern der Petschora- 
mündung entdeckten gleichaltrigen Lager mit Pentamerus samo- 
jedicus und Leperditia marginata noch naher verbunden werden, 
— die altaisch-uralischen Schichten einen ganz anderen Cha- 


715 


rakter darbieten. Sie ähneln z. Th. den böhmischen Ober- 
 silurschichten, wie v. GRÜNEWALDT nachgewiesen hat, z. Th. 

gehören sie wohl schon zum devonischen System und zeigen 

Verbindungsglieder zum rheinischen Devon. 

Die devonischen Schichten Ost - Sibiriens sind noch sehr 
unklar. Am oberen Lauf der unteren Tunguska stehen Kalk- 
sandsteine an, in denen ÜZEKANOWSKI viel gesammelt hat. Es 
sind meist Brachiopoden, unter denen Herr Duront aus Brüssel, 
der im vorigen Sommer in Petersburg war, die Leptaena Duteririü 
zu erkennen glaubte. Ausserdem kommen wahrscheinlich devo- 
nische Fischreste in rothen Sandsteinen bei Krasnojarsk am 
Jenissei vor. Der Bergkalk wird von MzcuıtTzkı an der Lena 
oberhalb Jakutsk angegeben, doch habe ich die einschlägigen 
Sammlungen nicht ausfindig machen können. Eine reiche 
Steinkohlenflora, die mit Kohlen und Gräphit am mittleren 
Lauf der unteren Tunguska vorkommt, hat wiederum ÜzEkA- 
NOWSKI ausfindig gemacht. Am Jenissei, oberhalb Krasnojarsk, 
hat Lorartın zahlreiche Lepidodendrenstämme in Sandstein 
nachgewiesen. Von der permischen Formation können wir 
noch nichts aus Sibirien berichten, dagegen erregt die dortige 
Trias unsere ganze Aufmerksamkeit. 

- Sehon MiDDENDORFF hatte im Jahre 1845 aus Jakutsk 
schöne Exemplare von Ceratiten mitgebracht, die von Graf 
KryserLing beschrieben wurden und damals das grösste In- 
teresse erregten. Sie sollten vom Olenek herstammen. Eben- 
‘ falls einen Ceratiten hat EıcawarLp von den Neu - Sibirischen 
Inseln beschrieben. Die Lagerstätte dieser Olenek - Ceratiten 
aufzuklären, war eine Hauptaufgabe der Expedition ÜZERA- 
NOWSKIs, der in den Jahren 1873 und 1874 im Auftrage der 
russischen geographischen Gesellschaft die untere Tunguska 
und den Olenek erforschte. Leider konnte er wegen vorge- 
rüuckter Jahreszeit den unteren Lauf des Olenek im vorigen 
Jahre nicht mehr genau untersuchen. Er musste sich begnu- 
gen, zu Schlitten die Olenekmüundung zu erreichen, und dann 
über Werchojansk und Jakutsk nach Irkutsk heimkehren. 
Sonderbarerweise konnte er am Olenek nichts Bestimmtes über 
die erwähnten Ceratiten erfahren. Sie waren den Bewohnern 
nicht ganz unbekannt, aber man wies ihn weiter nach Westen 
an den Anabar. Und doch hatten nach MIDDENDORFF noch 
STUBENDORFF nnd der Erzbischof NıL Ceratiten in Jakutsk von 


716 


Kaufleuten erhalten, die wiederum vom Olenek herstammen 
sollten. Um die Frage endlich aufzuklären, ist CZEKANOWSKI 


im Mai dieses Jahres wiederum die Lena hinabgegangen, um 


auch den unteren Lauf des Olenek genauer zu erforschen. 
Zu Weihnachten hoffen wir auf Nachrichten von ihm. Das 
Vorkommen von Ceratiten in anstehender Trias scheint um 
so wahrscheinlicher, als es CÜZEKANoOwSKI geglückt ist, auf der 
Rückreise im Winter bei Werchojansk einen Schieferthon auf- 
zufinden, der ganz von Monotis salinaria erfüllt war, die 
vollkommen mit der Spitzbergischen übereinstimmt. Dort auf 
Spitzbergen kommen mit den Monotis-Lagern Knollen mit Ce- 
ratiten, den sibirischen ähnlich, vor, die Linpström beschrieben 
hat, und von denen uoch reicheres Material aus neueren Ex- 
peditionen unbearbeitet im Stockholmer Museum liegt. Es ist 
also zu erwarten, dass auch die Olenek?- ÜCeratiten den Mo- 
notis-Lagern von Werchojansk eingelagert sind. Graf KrysEr- 
LING beschrieb, ebenfalls aus der MIDDENDORFF’ schen Samm- 
lung, eine Avicula ochotica vom Öchotskischen Meer, in der 
Nähe von Udskoi, die einen schwarzen Schiefer erfüllt. Diese 
Muschel gebört ebenfalls zu Monotis salinaria, die ja auch in 
Aljaska gefunden ist, von wo die Petersburger Museen Exem- 
plare besitzen und von wo auch Piınarr sie nach Paris mit- 
gebracht hat. Die Monotisschichten scheinen also eine gar 
weite Verbreitung zu haben. 

Von der Juraformation sind marine Lager ebenfalls 
am Olenek nach Graf Kevseruine’s Bestimmung vorhanden. 
Die Stücke wurden mit den Ceratiten zusammen ebenfalls von 
MiDDENDORFF aus Jakutsk mitgebracht. Sie zeigen grosse 
Aehnlichkeit mit dem Jura des Petschoralandes durch häufiges 
Vorkommen des Ammonites polyptychus Keys. Auch von die- 
sen Juraschichten hat CzERanowskı nichts am Olenek gefunden, 
doch ist ihr anstehendes Vorkommen am Anabar nach Stücken, 
die STUBENDORFF eingesandt hat, constatirt. Möchte ÜZERA- 
NOWSKI auch diese Frage aufklären. Am unteren Jenissei 
kommen zahlreiche Geschiebe vor, die ich in der Bearbeitung 
meiner Mammuthreise z. Th. mit dem Jura der Petschora 
vergleiche, z. Th. schon der unteren Kreide zuweise, für die 
namentlich ein so charakteristisches Fossil wie Micrabacia 
coronula spricht, die isolirt am unteren Jenissei von LOPATIN 


gefunden wurde. Die einzigen einschlagenden anstehenden 


ehiscnanne ke 


717 


Schichten (von grünsandartigem Aussehen) hat ebenfalls Lo- 


parın nahe der Jenisseimündung gefunden — sie enthielten 


nur grosse Inoceramen, die ich zunächst mit In. Geinitzianus 
Stor. vergleichen zu können glaubte und daher auch der 
Kreide zurechnete. Ganz unzweifelhafte Kreideschichten sind 
nur auf der jetzt auch zu Ost-Sibirien gehörenden Insel Sa- 
chalin nachgewiesen, die ich ausführlich in den Memoiren 
unserer Akademie der Wissenschaften beschrieben habe. Das 
Berliner Museum besitzt von dort eine schöne Suite, unter 
der ein grosser Ammonit enthalten ist, der nicht zu den von 
mir beschriebenen zu passen schien. Gegenwärtig glaube ich, 
dass er dennoch zu dem A. Sacya Fors. gehört, da er ganz 
die nämliche Oberflächenzeichnung wie dieser zeigt. Auch die 
Windungen nehmen beim A. Sacya ebenso schnell zu, wie beim 
Berliner Exemplar, und es käme nur darauf an, die Ueberein- 
stimmung der inneren dicht gedrängten Windungen, die beim 
Berliner Exemplar vom Gestein verdeckt sind, durch Präpa- 
ration nachzuweisen. 

Sind unsere Kenntnisse von mariner Juraformation in 
Sibirien auch sehr dürftig, so ist dagegen eine sehr reichhal- 
tige Landbildung dieser Formation mit zahlreichen wohlerhal- 
tenen Pflanzenresten, Fischen und Insecten vorhanden, die 
am oberen Lauf des Amur und seiner Nebenflüsse Seja und 
Bureja, sowie an der Angara unterhalb Irkutsk nachgewiesen 
sind. Die reichen Pflanzensammlungen, die von ÜZEKANOWSKI 
an der Angara und von mir und GLEHN am Amur gemacht 
worden sind, bearbeitet gegenwärtig Prof. HrEr in Zürich, der 
auch die Insecten übernommen hat. Die schön erhaltenen, 
aber nicht artenreichen Fische sind bisher noch unbestimmt, 
doch stimmt eine Form, die ÜZEKANOWSKI mit jurassischen 
Pflanzen an der Angara gefunden hat, vollkommen mit der 
Lycoptera Middendorffiü J. MürL. aus der Onon-Steppe überein, 
die schon MIDDENDORFF mitgebracht und JoH. MÜLLER zur Be- 


stimmung übergeben hatte. J. MoüLter hat sie im 1. Bande 


von MiDDENDORFF’s Reisewerk beschrieben und ist geneigt, sie 
für tertiär zu halten, macht aber schon darauf aufmerksam, 
dass Graf KEYSERLING auf die Aehnlichkeit mit der Ganoiden- 
gattung Thrissops hingewiesen habe. Nach Ansicht zahl- 
reicher Exemplare mit wohlerhaltenen Schuppen muss ich mich 
ebenfalls für die Ganoidennatur der ZLycoptera erklären. Zu- 


718 


gleich mit ihr kommt an der Turga, einem Nebenfluss des 
Onon, die Estheria (Limnadia) Middendorffü Joses in Massen 
vor, die auch an der Angara mit den Jurapfanzen, die in 
Daurien fehlen, von CZEKANowsKI nachgewiesen ist, 


Die Tertiarformation nimmt im Amurgebiet und auf der. 


Insel Sachalin einen grossen Raum ein. Namentlich sind es 
Schieferthone mit miocanen Pflanzenabdrucken, die am mittleren 


Amur, an der unteren Bureja, an der Grenze von Korea, an 


der mandschurischen Küste, am Kengka-See im oberen Ussuri- 
gebiet und an mehreren Stellen von Sachalin, wo noch reiche 
Koblenlager in ihnen vorkommen, sowie in Kamtschatka weit 
verbreitet sind. Diese miocänen Pflanzen befinden sich gegen- 
wärtig zur Bearbeitung ebenfalls bei Prof. HER. 

Was marine Tertiärlager anbetrifft, so fehlen solche im 
eigentlichen Festlande Sibiriens vollständig; es zieht sich aber 
eine pliocäne marine Ablagerung über Sachalin, Kamtschatka, 
die Aleuten bis nach Oregon und Californien, in welchen letz- 
teren Landstrichen sie von GABB schon vollständig bearbeitet 
ist. Die ersten Proben dieser Pliocanformation von den Küsten 
des nördlichen Stillen Oceans hat schon A. ERMAN mitge- 
bracht; es sind die von GıRARD in ErMmAN’s Archiv 1843 ver- 
öffentlichten Nucula Ermani und Cardium aleuticum. Später 
hat GrewiseKk daruber in den Verhandlungen der St. Peters- 
burger mineralogischen Gesellschaft, 1849, nach den Samm- 
lungen von WOoSnEssEnskı, die vorzüglich auf Kadjak angelegt 
waren, geschrieben. Grosse Vorräthe sind später durch 
W. MiDDENDORFF in Kadjak, C. v. Dırmar in Kamtschatka bei 
Tigil, sowie von Lopatın, GLEHs und mir auf Sachalin zu- 
sammengebracht worden, die sich alle in den Petersburger 
Museen befinden; auch nach Stockholm kamen durch Furn- 
HJELM Sammlungen von Kadjak und Sachalin, die ich im ver- 
flossenen Sommer angesehen habe, die jedoch keine neuen Ma- 
terialien mehr enthalten. Ich habe die genannten Sammlungen 
ziemlich vollständig durchgearbeitet. Noch im verflossenen 
Sommer habe ich manche Aufklärungen erhalten im Berliner 
Museum durch Herrn v. MArTEns, in Mecklenburg durch die 
reiche Sammlung des Herrn v. MaLTzan- FEDEROW und im 
britischen Museum. Ich zähle im Ganzen etwa 80 Arten Conu- 
chylien, von denen etwa 60 noch gegenwärtig im Stillen Ocean 


leben, 12 Arten sind neu, und 6 habe ich in den Werken über 


719 


die Tertiärfauna von Californien und Oregon wiedergefunden, 
darunter die Vertreter von zwei eigenthumlichen Gattungen, 
Cenchocele und Pseudocardium, die von GABB ausführlich be- 
schrieben sind. | 

Als Ouriosität muss ich bier noch anführen, dass EıcH- 
_ wa eine Sammlung dieser Tertiärconchylien, die der Oberst 
DoroscHin ihm von Kadjak und den Aleuten mitgebracht, als 
zur Turon-Kreide gehörig beschrieben hat. (Siehe geognostisch- 
paläontologische Bemerkungen von der Halbinsel Aljaska und 
Mangischlak, St. Petersburg 1872.) Er kann keine einzige 
charakteristische Kreideform nachweisen, zwingt aber die 
Tertiäreonchylien in die Abbildungen von D’OrBıenY’s terr. 
cret, per fas et nefas hinein. Ein Hauptgrund für ihn, die 
Tertiärformation auszuschliessen, ist die bisweilen grosse Härte 
und Festigkeit der Sandsteine, in denen die Conchylien vor- 
kommen. Die weichen Thone, die vielleicht noch verbreiteter 
sind, liefern eben meist zerbröckelte Eacmlarc. die sich 
schwer transportiren lassen. 

Noch erlaube ich mir zum Schluss ein paar Worte uber 
die Diluvialbildungen Ost-Sibiriens. Die zahlreichen Knochen 
von Mammuth, Rhinoceros, Bos primigenius u. Ss. w. Kommen 
meist in isolirten Susswasserbecken vor, wie ich mich selbst 
in der Tundra des unteren Jenissei überzeugt habe, wo solche 
in marinen Diluvialschichten mit lauter lebenden arktischen 
Conchylien eingebettet sind, die einige Hundert Werst von der 
Küste landeinwärts reichen, wo keine Gebirge näher an die 
Nordküste heranrücken. Hierbei möchte ich noch auf die 
Susswasser-Diluvialbildungen in der Steppe bei Omsk in West- 
Sibirien hinweisen, deren Conchylien neuerdings von ÜCzErskı 
ausgebeutet und von Prof. v. Martens beschrieben sind. In 
einem früher russisch geschriebenen Artikel, der in den Schriften 
der sibirischen Abtheilung der kaiserl. geographischen Gesell- 
schaft im Jahre 1872 erschien, hatte Herr Üzerski die er- 
wähnten Lager beschrieben. Aus diesem Artikel hatte ich 
einen kurzen Auszug Hrn. v. MARTENS mitgetheilt, der sehr 
ungenügend ausfallen musste, da ich in dem Artikel keine” 
sicheren Hinweise darauf fand, welche Conchylien in den 
oberen, welche in den unteren Schichten vorkommen, zumal, 
da auch die Sammlung, als sie mir in die Hände kam, 
grösstentheils ohne Fundortsangaben war. Sobald Hr. Czerskı 

Zeits. d.D. geol. Ges. XXVII, 3. 47 


we 


e 


Adürch mich den Artikel von Prof. v. MARTENS (Zeitschr. 1874 00 
pag. 741) erhalten hatte, telegraphirte er au mich die ge- 
naueren Angaben über die Vertheilung der wichtigsten Mu- 22 


scheln in einer oberen und einer unteren Schicht. Den Inbalt 
dieses Telegramms theilte ich Prof. v. MARTENS mit und diese 
Mittheilung ist gegenwärtig auch schon gedruckt. Zugleich 
publieirte aber Herr Üzerskı noch einen nachträglichen Artikel 
in den Schriften der geographischen Gesellschaft zu Irkutsk, 
in dem er die nöthigen Angaben über das Vorkommen der 
Conchylien macht, zugleich aber auch seine grosse Unzu- 
friedenbeit mit den vou mir mitgetheilten Angaben über die 
Lagerungsverhältnisse ausspricht. Einen Artikel ähnlichen In- 
halts nebst Karte hat er, wie er schreibt, nach Berlin an 
Prof. v. Martens gesandt. Ich habe im Obigen nur eine Er- 
klärung betreffend meiner erwähnten ungenügenden Angaben 
geben wollen. 

Herr Dauzs sprach über 2 neue Echiniden-Wattungen aus 
den vicentinischen Tertiärbildungen, Ooelypeus und Jlarionia. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


V. W . [0) e 
BEYRICH. WEBSKY. DamEs. 


3. Dreiundzwanzigste allgemeine Versammlung der 
Deutschen geologischen Gesellschaft zu München. 


Protokoll der Sitzung vom 12. August 1875. 


Die Sitzung wurde durch den Geschäftsführer Herrn GUMBEL 
eröffnet, welcher die Versammlung willkommen hiess und be- 
sonders betonte, dass München, welches, auf die Schwelle der 
alpinen und ausseralpinen Gebiete gestellt, schon durch seine 
Süd und Nord vermittelnde Lage hauptsächlich geeignet er- 
scheint, der wissenschaftlichen Discussion eine neutrale Stätte 
zu gewähren. 

Hierauf begrüsste Herr Ministerialdirector v. WOLFANGER 
die Gesellschaft im Namen der königl. bayerischen Staats- 
regierung mit warmen Worten. 


721 


Bei der darauf vorgenommenen Vorstandswahl wurde 
Herr v. Decuen durch Acelamation zum Vorsitzenden gewählt. 
 Derselbe übernahm für diesen Tag den Vorsitz und schlug 
für den folgenden Tag Herrn GumBEL, für den dritten Ver- 
sammlungstag Herrn F, v. Hauer zur Uebernahme des Prä- 
 sidiums vor, was von der Gesellschaft einstimmig angenom- 


men wurde. 


Zu Schriftführern wurden die Herren W. Dames aus Berlin, 
L. v. Ammon aus München und C. DoELTER Y ÜISTERICH aus 
Wien erwählt. 

Herr GüuBEL machte hierauf einige Vorschläge für die 
nach Beendigung der Sitzungen vorzunehmende Excursion in 
die Alpen und sprach seinen Dank der kgl. bayer. Staats- _ 
regierung aus, welche zu diesem Zwecke freie Fahrt auf der 
Bahnstrecke Müunchen-Miesbach gewährt hatte. 

Herr Beyrıch übergab den Rechnungsabschluss für das 
Jahr 1874 unter Verlesung folgenden Schreibens des Schatz- 
meisters der Gesellschaft, Herrn LaAsArp: 


Berlin, den 27. Juli 1875. 
An 
den Vorstand der Deutschen geologischen Gesellschaft hier. 


„Die im Jahre 1871 definitiv beschlossene Erhöhung der 
Beiträge vom Jahre 1872 ab um 15 Sgr. war nicht geeignet, 
den Bedürfnissen der Gesellschaft zu genügen, seitdem eines- 
theils an den Umfang und die Ausstattung der Zeitschriften 
bedeutend gesteigerte Ansprüche gestellt, anderentheils aber die 
Herstellungskosten der Zeitschrift so enorm gestiegen sind, dass 
der dafür zu zahlende Preis denjenigen von 1872 um fast 75 pCt. 
übersteigt. — Bis zum 2. Heft des XXIV. Bandes ward 1872 
— dem Zeitpunkte, an dem die früher beschlossene Erhöhung 
des Beitrages um 15 Sgr. in Wirksamkeit trat — dem Buch- 
druckereibesitzer STARCKE für den Bogen 8°/,, von da an 
11'/, Thlr. und schon vom XXV. Band Heft 2. an, 14'/, Thlr. 
gezahlt, so dass ein Heft, welches bis dahin an Buchdrucker- 
kosten 200—240 Thlr. gekostet, jetzt nicht unter 340 Thlr. 
herzustellen ist. Ein Blick auf den der Generalversammlung 
in München vorzulegenden Rechnungsabschluss von 1874 zeigt 
die Unzulänglichkeit der Einnahmen. Es sind in jenem Jahre 
ca. 1850 Thlr. ausgegeben , trotzdem nur drei Hefte bezahlt 

47* 


worden sind. Nehmen wir nun an, dass bei Vermeidung kost- 


spieliger Tafeln und zu starker Hefte die jährlichen Ausgaben 
auf 1800 bis 2000 Thaler zu beschränken sind, so reichen 
auch hierzu die gegenwärtigen Einnahmen in keiner Weise aus. 
Mit Ausnahme eines durch die Gegenleistung der Anfer- 

tigung des Registers von Beiträgen überhaupt befreiten und 
der durch einmaligen Beitrag losgekauften Mitglieder zählt die 
Gesellschaft 

255 auswärtige, 

39 Berliner Mitglieder. 


Die von ersteren zu vereinnahmenden Beiträge machen 


a4 Thlr. 15 Ser. 2... % , Ph 1147 1a >m Saas 
die von letzteren & 6 Thlr. . a 210 — =, 630 
- Tklr. 1357 15 - NR 
Auf diese Einnahmen sind 
aber mindestens rückständig 
bleibende Beiträge ausländischer 
Mücleder „2... zen 200 — „. 600 — 
in Abzug zu bringen, 
so dass von Mitgliedern in Wirk- 
lichkeit nur eingingen . . . Thlr. 1157 15 
Dazu die durch die BEssEr’- 
sche Buchhandlung verkaufte 
Zeitschrift 75 Bde. & 2'/, Thlr. „ 187.15, =>3:5 96258 
|  -Thlr: 1545 — = m. a0ss 


welche als Gesammtsumme der Einnahmen zu betrachten sind. 


\ 


N 
‘l 


M. 3472 50 


Es liegt auf der Hand, dass diese Einnahmen nicht aus- 
reichen, um die Ausgaben zu decken und dass wir bis zur 
statutenmässig erlaubten Erhöhung im Jahre 1877 mit einem 
Defieit zu rechnen haben werden. 

Ich würde mir vorzuschlagen erlauben, den Beitrag der 
auswärtigen Mitglieder auf 20 Mark, den der Berliner auf 
25 Mark festzusetzen. 

Den nicht wahrscheinlichen Fall angenommen, dass die 
Mitgliederzahl sich durch diese Massregel auf 220 auswärtige 
und 30 Berliner Mitglieder verminderte, betrugen dann die 
Einnahmen 


22 ee 


2 
x 
5 

Bi. 


UT le U U nie mr 


723 


220 2 20 Mark... 22%. Mi 4400 
30° 099. Marke’... 2092 2577.030 
verkaufte Bände der Zeitschrift 
Ta bdera 2 A Thlr. = 71/,M. 5562.50 
1250250: 
Selbstredend muss aber der Ladenpreis der Zeitschrift 
angemessen erhöht werden und zwar mindestens von 6 auf 
8 Thlr., weil ohne diese Erhöhung die Zeitschrift durch den 
Buchhandel zu beziehen vortheilhafter erscheinen dürfte, als 
die Mitgliedschaft der Gesellschaf. Wenn wir einen Blick 
auf andere Zeitschriften ähnlichen Umfanges, z. B. die der 
deutschen chemischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Erd- 
kunde oder der ethnographischen Gesellschaft werfen, so hat 
unsere Gesellschaft den Vergleich auch bei einer Erhöhung in 
keiner Weise zu scheuen, indem sie bei 8 Thlr. oder 24 Mark 
stets noch ein weit umfangreicheres und durch die Tafeln in 
der Herstellung - kostspieligeres Material bietet, als jene Ge- 
sellschaften. 
Diese Erhöhung des Preises der Zeitschrift von 6 auf 
8 Thlr. würde selbstredend der Gesellschaft und nicht dem Buch- 
händler zu Gute kommen und weitere 150 Thlr. oder 450 Mark 
abwerfen, so dass sich die Einnahmen zuzählend obiger 5712 M. 
50 Pf. auf 6162 M. 50 Pf. beliefen, was dem ungefähr vorhin 
genannten Geldbedürfnisse der Gesellschaft genügen würde. 
Es gehören nur einige Jahre der weisesten Sparsamkeit 
und Vorsicht Seitens des Vorstandes bei Herausgabe der Zeit- 


‘ schrift dazu, um das gegenwärtige, durch die Unmöglichkeit 


der sofortigen Erhöhung nothwendig entstehende Deficit zu 
decken und die Finanzen der Gesellschaft in gutem Gleich- 
gewicht zu erhalten. 

Zu meinem Bedauern bin ich durch eine anderweitige 
Reise verhindert, die hier geltend gemachten Gesichtspunkte 
persönlich in der Generalversammlung zu München zu ent- 
wickeln und ersuche ich deshalb die dort anwesenden Herren 
Collegen des Vorstandes, diese Angelegenheit in der gedachten 
Richtung vertreten zu wollen.“ 

Der Schatzmeister der Deutschen geologischen Gesellschaft. 
Dr. Lasar». 

Zu Rechnungsrevisoren wurden die Herren v. SUTNER 

und BoRNEMANN erwählt, 


724 


Der Antrag des Herrn Lasarnp auf Erhöhung der Mit- 


gliederbeiträge wurde nach einer Debatte, an welcher sich die 


Herren v. DecHEn, LASPEYRES, Daumses, BeYrıch, v. Hauer 


und RicHTER betheiligten, einstimmig angenommen und wird 
der nächsten allgemeinen Versammlung zur Beschlussnahme 
vorgelegt werden. 

Herr LASPEYRES stellte den Antrag, die den Autoren ge- 
währten Freiexemplare ihrer Aufsätze in der Zeitschrift nach 


Genehmigung des Lasarp’schen Antrages von 25 auf 50 zu 


erhöhen. Bei der Abstimmung wurde dieser Antrag einstim- 
mig angenommen, | 
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 
Herr RuDoLPH ÜREDNER, stud. phil. in Halle a. d. S. 
vorgeschlagen durch die Herren v. FRrirtsch, 
HEInR. OREDNER und HERM. CREDNER. 
Herr LausE sprach unter Vorlage der betreffenden 


Stücke über Säugethier-Ueberreste in Böhmen, welche im dilu- 


vialen Löss in der Nähe von Aussig aufgefunden worden sind. 
Unter den vielen Knochen, worunter Elephas primigenius, Ursus 
spelaeus, Bos primigenius und hauptsächlich Rhinoceros tichor- 
rhinus constatirt werden konnten, verdienen zwei Reste eines 
ursprünglich für ziegenartig gehaltenen Thieres eine besondere 
Beachtung. Dieselben erwiesen sich namlich bei genauerer 
Untersuchung als dem Steinbock zugehörig. 

Bei der daran sich anschliessenden Debatte bemerkte 
Herr v. Hıver, dass in einer Höhle von Croatien ein ganz 
ähnlicher Schädel gefunden worden sei, welcher sich mit 
grosser Wahrscheinlichkeit gleichfalls auf den Steinbock be- 
ziehen lasse. 

Herr LASPRYRES wies auf einen in der Münchener paläon- 
tologischen Sammlung liegenden Zapfen vom Steinbock aus 
dem Starnberger See hin und forderte zur Vergleichung des- 
selben mit den vorliegenden Resten auf. 

Herr v. SEEBACH erinnerte daran , dass ein fossiler Stein- 
bock bereits aus Frankreich von GErRvAIS als Iber Cebennarum 
beschrieben worden sei. 

Herr M. NEumAyR aus Wien legte eine von ihm gemein- 
sam mit Herrn Bergrath PauL verfasste Arbeit uber die jung- 
tertiären Süsswasserablagerungen Westslavoniens vor und be- 
sprach die Folgerungen, welche sich aus diesen Studien in 


ae 7 


Beziehung auf eine alte Festlandsverbindung zwischen Asien 


und Amerika ableiten lassen, sowie die Formenreihen, welche 
innerhalb der Gattungen Vivipara, Melanopsis u. s. w. beob- 
achtet werden konnten. 

Herr BaLtzer aus Zurich berichtete über eine neue Gruppe 
vulcanischer Aschen. Nimmt man in einer Solfatara eine 
grosse Anzahl von Verbindungswegen oder Schloten an, welche 
den Krater mit dem ihm zugehörigen Heerd verbinden, so ist 
es einleuchtend, dass durch chemische Einwirkung der Fuma- 
rolengase auf die Oberflächen der Schlotwandungen nach 
langen Zeiträumen grössere Mengen von Reactionsproducten 
sich ansammeln, welche die Canäle nach und nach verstopfen. 
Die Summe der so gelieferten Producte wird entsprechen der 
Gesammtgrösse der der Einwirkung der Dämpfe sich darbie- 
tenden Oberflächen. Die erste kräftige Explosion wirft nun 
die so gebildeten Massen in Form ven vulcanischer Asche 
heraus. 

Ein solche Solfatara mit vielen Schloten ist die der 
Insel Vulcano. Darauf weist die grosse Anzahl von äusserlich 
im Krater sichtbaren Fumarolenöffnungen hin, welche z. Th. 
ganz verschiedenartige Producte liefern. 

Nach einer Ruheperiode von 87 Jahren ist diese Solfa- 
tara wieder in eine Phase erhöhter Thätigkeit getreten. In 
diesem Zwischenraum hatten sich durch Einwirkung von HC], 
SO,, H,S, H,O auf die Schlotwandungen verschiedenartige 
Zersetzungsproducte angesammelt. Sie wurden gleich im An- 
fang der Erup:ion als weisser, die Luft verfinsternder Aschen- 
regen ausgeschleudert, dessen Menge (Schicht von 3—4 Cm. 
bei der Fabrik; Verbreitungsbezirk über den grösseren Theil 
der Insel bis in's Meer hinaus) die Ansicht nicht aufkommen 
lässt, als handle es sich hier nur um eine geringfügige Erschei- 
nung und keinen eigentlichen Aschenfall. Eher möchte man 
wegen der grossen Menge der Asche den Schluss zu ziehen 
geneigt sein, dass ein Theil der Lava selbst im Heerd zersetzt 
worden sei, zum Mindesten derjenige, welcher beim Auf- und 
Niederwogen des Magmas die Wandungen des Heerdes und 
der Schlote benetzte. 

Die eine dieser Aschen besteht aus tridymitischer Kiesel- 
saure und wurde bereits beschrieben (Zeitschr. d. d. geolog, 
Ges. 1875. Heft 1). Zwar scheint der Mangel an nachweis- 


baren Krystallflächen der Annahme, dass Tridymit vorliege, 


zu widersprechen, doch ist zu berücksichtigen, dass der Tri- 


dymit hier aus amorpher Kieselsäure auf trockenem Wege bei 
höherer Temperatur entstanden ist. Die ubrigen Eigenschaften 
der weissen Kieselsäureasche (niederes spec. Gewicht, Unlös- 
lichkeit in Alkalien, doppelte Brechung) können in ihrer Ge- 
sammtheit nur mit Tridymit in Zusammenhang gebracht wer- 
den. Auch hat G. Ross nachgewiesen, dass Tridymit aus 
amorpher Kieselsäure bei höherer Temperatur entsteht; seine 
Bildung in Vulcanen ist also schon a priori mit ziemlicher 
Sicherheit anzunehmen. 

Eine zweite weisse Asche, die nach dem Zeugniss des 
Herrn Fabrikdirector Pıcose auf Vulcano, der sie mir über- 
sandte, bei derselben Eruption (7. September 1873), doch nicht 
ganz gleichzeitig ausgeworfen wurde, hat eine ganz andere 
Zusammensetzung. Sie enthält in 100 Theilen gegluhter 
Substanz 


Kieselsäure . . en 
Eisenoxyd + Thronards ee 
Kalkan nn are ae 
Magnesia . . RE RRREE SRUN, 
Schwefelsäure (ale so, ber.) . 53,36 
Alkalien a. d. Differenz . . . 5,20 


Der Gewichtsverlust beim Giühen beträgt 18,18 pCt. Die 
Alkalien wurden nur qualitativ bestimmt. Natrium waltet vor 
und wurde in Gestalt von Chiornatriumwürfeln nachgewiesen, 
Nach obiger Analyse besteht diese Asche wesentlich aus Gyps. 

Auffällig sind bei dieser Asche viele kleine schwarze 
Splitterchen einer anscheinend organischen, auf Platinblech 
verglimmenden Substanz. Auch die erwähnte tridymitische 
Asche enthält Spuren organischer Materie. Stammen obige 
kohlige Theilchen vielleicht von Meerpflanzen, die mit dem 
Meerwasser in den vulcanischen Heerd gelangten ? 

Gestutzt auf die Untersuchung dieser beiden Aschen 
schlägt der Vortragende folgende Eintheilung der vulcanischen 
Aschen vor: 

l. Gewöhnliche normale Aschen (durch Zerstäubung oder 
Zerreibung entstandenes Lavapulver). 

2. Aschen, welche durch mechanische Sonderung (Auf- 


727 


» 


_ bereitung), die ausserhalb oder schon innerhalb des Schlotes 
erfolgte, entstanden sind. (Leucit- Augit - Labrador - Asche.) 

3. Chemisch erzeugte Aschen, welche als Reactions- 
producte der Fumarolengase auf die Schlotwandungen der 
Solfataren zu betrachten sind (Tridymit- und Gypsasche). 
PFıre Entstehung scheint an die Solfatarenthätigkeit geknüpft 
zu sein, man könnte sie daher auch Solfatarenaschen nennen. 

Im Verlauf der Discussion darüber, wies Herr v. SEEBAcCH 
auf die Wahrscheinlichkeit der Aschenentstehung durch Zer- 
kleinerung des Lavamagmas hin. 

Herr v. Fritsch theilte mit, dass an einem Krater auf 
Teneriffa eine Zersetzung von Gesteinen in der Weise beob- 
achtet worden sei, dass auf der einen Seite des Kraters grosse 
Opalmassen sich gebildet, an den anderen Stellen desselben 
schwefelsaure Salze sich abgesetzt hätten. Ferner deutete 
derselbe auf die Irrthümer hin, welche bei der Schätzung der 
Mächtigkeit eines Aschenfalles mit unterlaufen können. 

Herr Kosmann glaubte aus dem optischen Verhalten der 
Asche nichts Entscheidendes für die Annahme einer tridymi- 
tischen Substanz ziehen zu dürfen. 

Herr Pratz machte über die Gewichtsbestimmung der 
Asche Mittheilung. 

Herr Beyrıc# hielt eine Vortrag uber das - Vorkommen 
von Ammoniten in der vicentinischen Trias. Redner gab 
zuerst eine Uebersicht über die, noch sehr der Ergänzung be- 
durftige Literatur der geologischen Verhältnisse vom vicenti- 
nischen Gebiet und verglich sodann die Triasgebilde von Vi- 
cenza mit denen der Nordalpen. Darauf wurden mehrere 
eigenthumliche Cephalopoden aus den Triasschichten von 
Schio und Recoaro besprochen und vorgezeigt. 

Herr GuümseL bemerkte zu dem Vortrage, dass die von 
ihm als Gyroporella triassica beschriebene Versteinerung, nicht 
aus den bekannten Brachiopoden-führenden Muschelkalkschichten 
von Recoaro, sondern aus einem uber dem Muschelkalk be- 
findlichen Niveau (unterer Keuperkalk) der dortigen Gegend 
stamme. s 

Herr STELZNER wies Stucke von Braunkohlenholz vor, wel- 
ches der Tischler Ernst KAstser in Kamenz zu Fournirarbeiten 
verwendet hat. Das Holz, bisher noch nicht zu derartigen Zwecken 
verarbeitet, zeichnet sich durch grosse Farbeuschönheit aus. Der 


Te Ken 2 un a ne Ze 
” nd x 
; 


728 


bezugliche Stamm wurde 1863 in dem Braunkohlenwerke des 
Gutsbesitzers WENKE zu’ Wendisch - Basslitz bei Kamenz in 


Sachsen gefunden, hatte einen Durchmesser von 4-5 M. und 


stand aufrecht. 


Auf eine Frage Herrn v. DxcHen’s entgegnete Herr 


STELZNER, dass dasselbe wegen der deutlich beobachteten 
Tüpfeln zu den Coniferen gestellt werden müsse. - 

Herr Lernnann trug über die Lagerung des @'ordierit- 
gneisses von Lunzenau im Granulitgebirge Sachsens Folgendes 
vor: Die aus grossen lentieulär zusammengefügten Linsen 
bestehenden Massen von Üordieritgneiss lassen im Grossen 


eine bestimmte Schichtenstellung erkennen, während an localen 


Anschwellungen sehr bedeutende Abweichungen von der Haupt- 
richtung vorkommen. Die Gneisspartie von Lunzenau hat von 
° Göhren bei Rochsburg eine nordsüdliche Richtung mit einem 
mittleren Fallen von 45° in W,., und ändert diese im weiteren 
Verlaufe bei Chursdorf in eine dem Schieferwall des Granulit- 
gebirges mehr parallele, sodass sie von SW nach NO streicht. 
Der Zusammenhang des Gneisses von Chursdorf, welcher auf 
der Naumann’schen Karte isolirt gezeichnet ist, lässt sich in 
einem Thälchen durch anstehende Felsen und Bruchstücke auf 
den Feldern deutlich nachweisen. An zwei Stellen der Cor- 
dieritgneissmasse von Lunzenau haben Bahneinschnitte eine 
concordante Lagerung des Cordieritgneisses und des Granu- 
lites erkennen lassen. Die Grenze wird durch glimmerreiche 
Granulitvarietäten und Einlagerung von Granatgneisslinsen 
vermittelt. An der Göhrener Brücke auf der rechten Mulde- 
seite sab man den Granulit den ('ordieritgneiss unterteufen 
und sich dem mit stumpfer Spitze auskeilenden Gneiss an- 
schmiegen, während bei Rochsburg der Granulit den Gneiss 
überlagert. Alle senkrecht auf die Richtung der Gneisspartie 
eingeschnittenen Thäler, namentlich das von Elzdorf, lassen 
einerseits die Ueberlagerung, andererseits die Unterlagerung 
des Granulites erkennen. Locale Abweichung, wie in der 
Hoiersdorfer Schlucht, dem sogen. Brauseloche, erklären sich 
durch einen mächtigen Granitgang, welcher hier an der Grenze 
verläuft und in beide Gesteine Apophysen sendet. Somit 
muss der Cordieritgneiss von Lunzenau als eine Einlagerung 
in dem Schichtensysteme des Granulitgebirges angesehen wer- 
den. Der von Naumann gezeichnete Zusammenhang des Cor- 


e dia 4 . P 
a a ac und a .ir.. 


729 


£ dieritgneisses mit dem Schieferwall bei Schlaisdorf und Göhren 


ist thatsächlich nicht vorhanden, was durch kleine Thalein- 


 schnitte erwiesen wird, wo überall Granulit dazwischen tritt. 


Iamit muss auch die Anschauung von Naumann, nach welcher 
diese Gneisspartie eine bis zum höchsten Grade durch den 
Granulit metamorphosirte Thonschieferzunge sei, fallen. 

Herr GrorH glaubte ähnliche Verhältnisse, wie die soeben 
geschilderten, bei Markirch im Elsass erkannt zu haben. 

Herr Herm. CREDxER sprach über den Verlauf der süd- 
lichen Küste des Diluvialmeeres soweit dieselbe Sachsen be- 
rubrt. Von der Sudgrenze des Diluviums findet man auch bei 


neueren Autoren angegeben, dass sie sich von Görlitz über 


Bautzen und Dresden bis in die Gegend von Wurzen bei 
Leipzig und von bier aus nach Altenburg zu ziehe. Diese 
Angabe ist irrig. Die wirkliche Grenzlinie verläuft vielmehr 
vom Fusse des Isergebirges über Reichenbach an der Neisse, 
südlich von Zittau vorüber, über Warnsdorf, Rumburg nach 
Dresden und von hier am Fusse des Erzgebirges, südlich von 
Chemnitz und Zwickau auf Werdau zu. Es ergiebt sich daraus, 
dass die Südküste des Diluvialsees 10 bis 12 d. Meilen süd- 
licher zu suchen ist, als bisher angenommen, und dass das 
ganze sudlausitzer Plateau, das gesammte Granulitgebiet und 
das erzgebirgische Rothliegende-Terrain von nordischem Dilu- 
vium bedeckt ist. Am uüberraschendsten aber ist die Erschei- 
nung, dass sich von Dresden aus eine Diluvialbucht über die 
sächsische Schweiz nach Nordböhmen hinein erstreckt und 
das Thal des bei Tetschen in die Elbe mündenden Polzen 
ausgefüllt hat. Der Beweis hierfür liegt in dem Vorkommen 
von skandinavischen Geschieben und zahlreichen Feuersteinen, 
welche sich bei Pankratz, Gabel, Böhmisch Leipa, Sandau 
und Tetschen in den quartären Kies- und Lehmablagerungen 
Nordböhmens finden. 

Herr v. Fritsch erwähnte eine merkwürdige Ausnahme 
von der Gliederung der Diluvialgebilde, wie sie von Herrn 
LASPEYRES für die Umgegend von Halle ermittelt worden ist, 
die er als richtig anerkannte. Diese Ausnahme findet sich 
in der Nähe des Salzigen Sees nahe bei einer grossen Ver- 
werfung. Auf der einen Seite liegt Bänderthon, 1 bis 2 M. 
stark, auf dem Grundgebirge, darüber Lehm mit nordischen 
Geschieben, welche häufig Gletscherstreifung zeigen, dann Kies 


730 


und Lehm in der regelmässigen Folge. Auf der anderen Seite 
dagegen 12 M. Kies, verschwemmte Braunkohlentheile, eine 
Art von Breccie, auch Schweife von Braunkohle, auch Feuer- 
steinstückchen. In dem Kies, und zwar oft in der Nähe 
grösserer Stücke, findet sich Cyrena (Corbicula) consobrina 
Cave. mit Lymnaeen, Susswasser- und Landschnecken, Knochen- 
reste von Elephas primigenius, Rhinoceros tichorrhinus, Cervus 
etc. Der limnische Charakter dieser Diluvialgebilde ist also 
sehr entschieden ausgesprochen. Ausserdem legte derselbe 
einen Quarzzwilling, aus Japan von Kimposan in der Provinz 
Kai, nördlich vom Fusi-no-jama, Nippon, stammend, vor. 

Im Anschluss an die Mittheilungen des Herrn v. Fritsch 
wies Herr E. E. ScHmip darauf hin, dass sich das Diluvium 
des östlichen Thüringen ebenfalls durchaus als ein Absatz aus 
sussem Wasser ausweist. Auch die tertiären Schichten, auf 
welchen das Diluvium am östlichen Rande des Thüringer 
Beckens aufgelagert sind, tragen denselben Ckarakter östlich 
bis zwischen Osterfeld und Zeitz. Hier zeigt sich zum ersten 
Male in dem Braunkoblen - Quarzit als freilich sehr seltenes 
und örtlich beschränktes Vorkommen ein Brack- oder Salz- 
wasser-Bewohner, der Limulus Decheni, und von hier aus ent- 
wickelt sich mehr und mehr ein marines Tertiär. | 

Herr v. DEcHEN rechtfertigte seine auf der Section Wetzlar 
der geologischen Karte der Rheinprovinz und der Provinz 
Westfalen zum Ausdruck gebrachte Ansicht über die carbo- 
nische Stellung des Quarzits von Greiffenstein gegen die von 
Herrn F. RoEMER in einem Aufsatze in der Zeitschr. der Ge- 
sellschaft Band XXV]. pag. 752 fi. 1874 niedergelegte Ansicht, - 
welcher diesen Quarzit wegen des darin vorkommenden Penta- 
merus rhenanus dem Silur zurechnet. Ein Quarzitzug, der 
bisber keine Versteinerungen geliefert hat, erstreckt sich von 
einer Schlucht bei Edingen im Dillthale, nördlich an Greiffen- 
stein vorbei bis in das Ulmthal.e. Die umgebenden Schichten 
gehören dem (ulm an, welcher in einer grabenartigen Schlucht 
mit allen seinen bezeichnenden Gebirgsarten, Kieselschiefer, 
Alaunschiefer und Plattenkalk blosgelegt ist. Der Pentamerus 
rhenanus war bisher nur in Quarzitblöcken bekannt, die aber 
weiter gegen Sud zerstreut liegen, sich aber von einem hier 
anstehenden zweiten Lager herrührend erwiesen haben. Auch 
dieses Lager fällt in die Zone echter Culmschichten. Da der 


” < 
Er 


ey 


731 


Pentamerus rhenanus an keiner anderen Stelle als bei Greiffen- 


stein bekannt ist, und das Genus bestimmt bis in das Ober- 


devon reicht, so scheint kein zwingender Grund vorzuliegen, 
um dieses Vorkommens wegen die betreffenden Schichten, 


_ welche in einem ganz regelmässigen Verbande liegen, von den 


Culmschichten zu trennen und dem Silur zuzutheilen. So 
lange nicht die Lagerung dieser tieferen Formation bestimmt 
nachgewiesen ist, wurde der Pentamerus rhenanus für ein car- 


 bonisches Fossil zu halten sein. In demselben Aufsatze hat 
Herr F. Rormer die bekannten Wissenbacher Schiefer für 


älter als das gewöhnliche Coblenzer Unterdevon erklärt. Den 


Lagerungsverhältnissen nach befinden sich dieselben zwischen 
dem deutlich charakterisirten Unterdevon und einem gleich- 


’förmig darüberliegenden NMiabaslager, dem am Sudwest - Ende 


 Schalstein, mitteldevonischer (Stringocephalen-) Kalk und dann 


Oberdevon folgt. Dieselben sind mithin für eine obere Ab- 
theilung des Unterdevon oder ein Mittelglied zwischen Unter- 
und Mitteldevon zu halten. 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 


v. Decuen. Dames. v. Ammon. DÖLTER Y CISTERICH. 


Protokoll der Sitzung vom 13. August 1875. 


Vorsitzender: Herr GünmBEL.. 


Nach Erledigung einiger geschäftlicher Mittheilungen Sei- 
tens des Vorsitzenden erwiederte Herr Fern. RoEMER auf den 
Vortrag des Herrn v. DEcHEN in der letzten Sitzung, dass er 
die von ihm aufgestellte Ansicht von dem höheren Alter der 
Quarzite mit Pentamerus rhenanus bei-Greiffenstein allerdings 
lediglich auf die bisher in Betreff der verticalen Verbreitung 
der Gattung Pentamerus bekannten Thatsachen gestützt habe. 
Diese palaeontologische Beweisführung erhalte übrigens durch 
eine ihm so eben bekannt gewordene Thatsache eine uner- 
wartete Verstärkung, Der in der Sitzung anwesende Herr 


732 


Fr. MAURER aus Darmstadt habe nämlich in einem kleinen - 


ganz in der Nähe des Pentamerus-führenden Quarzits gelegenen 
Schurfe eine Anzahl von Versteinerungen aufgefunden, unter _ 
denen einige Arten, namentlich Trilobiten der Gattung Phacops, 
nach Ansicht des Vortragenden mit solchen der obersilurischen 
Schichten Böhmens (Barranpe’s Etagen E. und F.) überein- 
stimmen. & 

Bei dem Vorhandensein solcher entschieden silurischer 
Gesteine ganz in der Nähe des Pentamerus-führenden Quarzits 
stehe denn auch dieser letztere mit seinem höheren, allen an- 
deren Gesteinen des rheinischen Schiefergebirges vorangehen- 
den Alter nicht mehr vereinzelt da, 

Herr Berrich bemerkte, dass es eine höchst wichtige all- 


gemeine Frage sei, ob in dem weitverbreiteten Rheinisch- 


Westfälischen Unterdevon nicht verschiedene paläontologische 
Horizonte festgestellt werden könnten, da die stratigraphische 
Entwickelung dieses Gebirges bei den überaus verwickelten 


Lagerungsverhältnissen dieser Unterstützung dringend bedürfe, 


und namentlich, ob darin vordevonische Schichten nachzu- 
weisen seien. Die Fauna aus den bekannten Dachschiefern 
von Bundenbach, welche Trilobiten aus dem silurischen Genus 
Dalmanites enthalte, trage ganz ein obersilurisches Gepräge, 
Im Harz sei das Obersilur bestimmt nachgewiesen WORBeNE 
nachdem es lange Zeit verkannt gewesen. 

Nachdem Herr ©. KocH aus Wiesbaden sich ausführlich 
über den paläontologischen Inhalt der Wissenbacher Schiefer 
'geäussert, welcher viele Analogien mit den Schichten F. G. H. 
BARRANDE in Böhmen zeigt, auch Prof. LausE aus Prag über 
die Verhältnisse des Böhmischen Silur und über deren neueste 
Auffassung gesprochen, schliesst Herr v. Decuen diese Dis- 
cussion mit der Bemerkung, dass ihm der Kalkstein, worin 
Herr Strenge und Herr Maurer die Trilobiten aufgefunden ha- 
ben, bekannt sei; er habe in demselben ausser sehr häufigen 
Stielgliedern von Crinoiden nur unbestimmte fossile Reste ge- 
funden, dass er diesen Kalkstein ebensowohl, wie den zwischen 
Edingen und Greiffenstein vorkommenden, für oberdevonisch 
halte. Die nähere Bestimmung der darin auftretenden fossilen 
Reste bleibe abzuwarten. 

Die Herren BoRNEMANN und von SuTNerR übergaben den 
revidirten Rechenschaftsbericht. Ersterer machte einige Vor- 


| 


a 


733 


schläge bezüglich einer anderen Aufstellung des Rechnungs- 
abschlusses, die die Gesellschaft einstimmig annahm und den 
_ Berliner Vorstand mit der Ausführung beauftragte. — Hierauf 
wurde demselben Decharge ertheilt und dem Schatzmeister, 
Herrn Lasarn, fur seine Mühewaltung der za der Gesell- 
schaft votirt. 

Herr GünssL verlas sodann einen Brief von Herrn Porn) 
GRINO STROBEL aus Parma und legte einige von demselben 
verfasste und der Gesellschaft geschenkte Publicationen*) vor; 
ferner wurde vom Vorsitzenden das jüngst vollständig erschie- 
nene Werk: Das Elbthalgebirge von H. B. Geinitz, welches 
Herr Verlagsbuchhändler Fischer in Cassel eingesandt hatte, 
den Anwesenden zur Besichtigung vorgelegt. 

Herr Prarr aus Erlangen sprach über die Bewegung des Firns 
nach Beobachtungen, die er auf dem Aletschgletscher in der Ab- 
sicht angestellt hat, um eine wichtige Lücke auszufüllen, welche 
sich bisher in den Beobachtungen uber die Gletscherbewegung 
gefunden hat, indem dieselben ausschliesslich auf die abwärts- 
gehende Bewegung des Gletschereises selbst, nicht aber auf 
die Bewegung des jährlich sich erneuernden Firns gerichtet 
worden waren. Die Beobachtungen sind in einer Meereshöhe 
von 9000 Fuss und an zwei mit genauen Skalen versehenen 
Blechröhren,, die unten geschlossen waren und in 600 und 
300 M. Entfernung vom Rande des Firns eingesenkt wurden, 
mit doppelten Fernröhren auf einem Stativ und einem Ver- 
sicherungsfernrohre, welches auf einen Festpunkt an der gegen- 
überliegenden Felswand gerichtet war, angestellt worden. Der 
Firn hat danach eine horizontale, abwärts gerichtete Bewegung 
und eine verticale von oben nach unten. Dieselbe ist nach 
stündlichen Beobachtungen sehr complicirt, bald schnell, bald 
langsam, bald stillstehend in der Axenlinie des Firns und nur 
lateral. In vier Tagen war die vom Rande entferntere Röhre 
in horizontaler Richtung 104 Cm. fortgerückt und 82 Cm. ge- 
sunken, während die Oberflächenneigung nur 12 Cm. betrug; 
die dem Rande nähere Röhre resp. 41,5 Cm., 85 Um. bei 
8 Cm. Oberflächenneigung. Es ergiebt sich daraus, dass der 
Firu — eben wie auch der Gletscher — in der Mitte schneller 


*) cfr. das Verzeichniss der im Jahre 1875 eingegangenen Schriften 
am Ende dieses Bandes. 


734 


vorrückt, als am Rande, und eine Bewegung vom Rande nach 
der Mitte hin besitzt. Die Erscheinungen, welche TyxpaLL 
und HELMHoLTZ am Eise nachgewiesen haben, werden bei ge- 
ringem Drucke in längerer Zeit hervorgebracht. So wurde 
bei dem Drucke von 0,78 Atmosphäre Firn in 4 Tagen in Eis 
verwandelt. Die Veränderung, welche das Eis in seiner 
Gestalt erleidet, ist abhängig vom Drucke und von der Tem- 
peratur. Bei — 10 Grad bringt ein Druck von 8 Atmosphären 
diese Veränderung in 24 Stunden hervor, bei O0 Srad Tempe- 
ratur genügt bereits ein Druck von !/,, Atmosphäre. 

Herr GroTH frug, wie es sich mit der Krystallachse bei 
dem aus dem Firn entstehenden Eise verhalte. | 

Herr Prarr hatte die Eiscylinder in dieser Beziehung bisher 
noch nicht untersucht; er erinnerte daran, dass die optische 
Achse des Gletschereises nach SonnKkLAR in der Richtung 
seiner Bewegung liege. 

Herr LauBE sprach über die Erscheinung an jungem 
Meereis auf der Nordpol-Expedition, an der er Theil genom- 
men hat. 

Herr Bautzer erwähnt, dass in dem Firnkessel im Roth- 
thale zwischen 9400 bis 9600 Fuss Meereshöhe, welcher sich 
durch seine geringe Neigung auszeichnet, ein grosser Gesteins- 
block auf der Schweizer Generalstabskarte sehr genau ange- 
geben sei und sich daher dazu eignen würde, die abwärts- 
gehende Bewegung genau nachzuweisen. 

Herr Kosmann hob hervor, wie die Beobachtungen einzu- 
richten seien, um die mathematischen Elemente der Bewegung 
von Marken im Firn genau zu erhalten. 

Herr E. E. ScHuip erinnerte an seine älteren Beobachtun- 
gen über die Lage der Krystallachse in dem Eise, welches 
aus Schollen bei einem Eisgange der Saale bei Jena stammt, 
die, auf das Ufer geworfen, bei nachher eingetretener kalter 
Witterung während drei Wochen sich erhalten haben. Es sei 
dabei ein Umkrystallisiren des Eises eingetreten und eine 
Rhombo&derfläche habe der Oberfläche der Scholle parallel 
gelegen, während die Achsen also eine geneigte Lage gegen 
dieselbe eingenommen haben. 

Herr Streng aus Giessen legte eine Reihe von Schiefer- 
porphbyroiden mit Abdrücken von Petrefacten aus der Um- 
gegend des Hausberges im östlichen Taunus vor, welche 


135 


zwischen unveränderten Grauwackegesteinen eingelagert sind 
und mit keinem krystallinischen Massengesteine in Verbindung 
gebracht werden können, da weit und breit ein solches nicht 
zu finden ist. ae 

Herr v. LasauLx hob im Anschluss daran hervor, dass 
auch am westlichen Abhang des rheinischen Schiefergebirges 
Schieferporphyroide vorkämen, welche Herr Renarp in Loewen 
in grosser Ausdehnung in den Ardennen in Belgien aufge- 
funden hat und binnen Kurzem namentlich ihrer mikrosko- 
_ pischen Beschaffenheit nach beschreiben wird. - 

Herr ÜRREDNER bezeichnete die Gesteine als „feldspathfüh- 
rende Phyllite* und frug nach der Lagerung. 

Herr ©. Koch bemerkte, dass am südlichen Rande des 
-Unterdevon im Sieger- Lande in der Struth ganz gleiche Ge- 
steine sehr häufig auftreten und überhaupt in dem Unterdevon 
an verschiedenen Stellen vorkämen; so habe er noch ganz 
kürzlich ein solches Gestein wenig unterhalb St. Goar beob- 
achtet. 

Herr RıcHTEr erinnerte an die Porphyre und Porphyrecide 
in der Gegend von Saalfeld, Herr v. Dzonzn an die schiefrigen 
Porphyre der Lennegegenden im Unter-, grösstentheils in der 
unteren Abtheilung des Mittel-Devon (Lenneschiefer). 

Herr GümBkL hob die wesentlichen Unterschiede hervor, 
welche bei den echten Porphyroiden oder porphyroidartigen Ge- 
steinen stattfinden, und wies auf die grosse Aehnlichkeit der 
vorliegenden und der Gesteine von Trübenreuth hin. 

Ferner zeigte Herr STRENG ein neues Vorkommen von 
Desmin von Auerbach, sowie merkwürdige Krystalle von 
Magnetkies vor, welche neuerdings mit Rothgültigerz bei 
Andreasberg gefunden worden sind und auf den ersten Blick 
rhombischen Krystallen von Markasit sehr ähnlich sind. — 
Endlich legte derselbe prachtvolle Krystalle von gediegen 
Kupfer vom oberen See vor, welche vollkommen und regel- 
mässig ausgebildete Pyramidenwürfel bilden. 

Herr LeumAnn sprach über vulcanische Quarze, insbeson- 
dere über solche mit Geradendfläche von der Hannebacher Ley. 

Der Streit über die Frage, ob der Quarz nur auf wässe- 
rigem Wege sich bilden oder auch aus dem Schmelzflusse 


_ seine Entstehung nehmen könne, welcher die Geologen einst 


in zwei Parteien spaltete, wurde durch mikroskopische Unter- 
Zeits. d.D. geol. Ges. XXVIl.3. 48 


736 


suchungen dahin beigelegt, dass für die Quarze in den älteren 
Eruptivgesteinen, Felsitporphyren und Trachyten, eine Aus- 
scheidung aus dem Magma angenommen werden muss, was 
durch vom Quarz umschlossene Glaspartikel bewiesen wird. 
Für die Felsitporphyre nimmt man mit Recht eine starke 
Durchwässerung bei der Eruption an; Trachytausbrüche waren 
den jüngeren Lavenergiessungen bereits ähnlicher, welche letz- 
tere in unzweifelhaft gluthflüssigem Zustande sich befanden. 
In den Laven wurde Quarz als Neubildung zuerst von dem 
Redner im vorigen Jabre gefunden und darüber Beobachtungen 
publieirt. Die Laven enthalten den Quarz freilich nicht in der 
Grundmasse, sondern in Drusen, welche durch Einschmelzung 
von Gesteinseinschlüussen hervorgingen. Es war vom Redner 
überhaupt die Einschmelzung der sehr verschiedenen Ein- 
schlüsse in den Laven des Laacher Seegebiets genauer unter- 
sucht und konnte das interessante Resultat veröffentlicht wer- 
den, dass die verschiedenen Einschlüsse durch Schmelzung und 
Entwieckelung von Dämpfen zur Bildung von Drusen Veran- 
lassung gegeben haben. Quarzstücke, welche in dieser Weise 
von dem Magma eingeschmolzen und gerundet wurden, sind 
stets von Hohlraäaumen umgeben, in denen sich nur grüne 
Augite oft mit beim Herablaufen erstarrten Glaströpfchen fin- 
den, und tragen einen Glasüberzug. Nur in den durch Ein- 
schmelzung quarzführender Gesteine entstandenen Drusen haben 
sich Quarzkryställeben gebildet. Dieselben haben dihexa&- 
drische Ausbildung und stimmen darin mit den Quarzen der 
Porphyre überein. Neben ihnen kommt stets grüner Augit, 
seltener Tridymit, Feldspath, ein spinellartiges, in weissen 
Octa@dern auftretendes Mineral u. a. vor. Das Vorkommen 
von Quarzen in den Drusen ist kein seltenes, dagegen ist ein 
Fund aus den Schlacken der Hannebacher Ley ein vereinzelter. 
Ein Grauwackensandstein von Faustgrösse ist derart verglast, 
dass eine gelbliche Glasur ibn überzieht, und die einzelnen 
Körner in einer an Neubildungen reichen Glasmasse liegen. 
An einer Seite sitzt eine Lage von milchweissem Quarz, wel- 
cher gegen die Oberfläche des Stückes hin, sowie in Spalten 
krystallinisch erscheint. Die Untersuchung eines Schliffes 
hiervon unter dem Mikroskop lehrt, dass die durch Gasporen 
getrübte Quarzmasse sich gleichsam aufblättert, die Lamellen 
klarer werden und aus parallel geordneten Quarzdihexaädern 


x 


737 


bestehen, welche näher dem Rande ihren Zusammenhang ver- 
lieren und einzeln in einer an rundlichen Dampfporen reichen 
Glasmasse schwimmen. Die Bildung aus dem Schmelzflusse 
heraus kann hier nicht bezweifelt werden, ebensowenig dass 
hier wirklich Quarze vorliegen. Da wo sie grösser vorkom- 
men, bilden sie einen krystallinischen Ueberzug auf dem 
Stücke und können jedweder Untersuchung unterzogen werden. 
Ihr physikalisches und chemisches Verhalten kennzeichnet sie 
als Quarz, sowie auch die Messung ihrer Kantenwinkel. Letz- 


- tere wurde an zahlreichen Kryställchen vorgenommen und liess 


das gewöhnliche und das zweifach höhere Rhomboäder mit 
den Gegenrhombo&@dern in vollflächig dihexaäödrischer Ausbil- 
dung erkennen. Das Prisma konnte nur einmal als schmale 
Abstumpfung der Seitenkanten beobachtet werden; dagegen 
fand sich die merkwurdige Thatsache, dass eine grosse Zahl 
der Kryställchen anstatt in eine Spitze zu endigen, durch eine 
_ Geradendfläche abgestumpft wurde. Die Betrachtung unter 
dem Mikroskop bei auffallendem Licht liess deutlich die scharf- 
begrenzte und glänzende Geradendfläche erkennen und über- 
zeugte, dass hier an Scheinflächen oder Gegenwachsungsflächen, 
welche so oft getäuscht haben, nicht gedacht werden könne. 
Zudem beweisen die zahlreichen Messungen des Kantenwin- 
kels von der Endfläche und den verschiedenen Flächen des 
‚gewöhnlichen Rhomboöders, dass eine geradaufgesetzte Fläche 
vorliege und die Winkel nur auf Quarz bezogen werden 
können. 

Herr DöLTer y Cisterich aus Wien berichtete über seine 
neue Untersuchung der pontinischen Inseln, südwestlich von 
(saeta. Er unterschied zwei Gruppen, von denen die westliche 
die Inseln Ponza, Palmarola und Zanone umfasst. Das älteste 
Gestein derselben ist eine trachytische Breccie mit Brocken 
von Sanidin - Trachyt, welche von Trachytgängen durchsetzt 
wird. Dieselben laufen radial von zwei ÜÖentren aus, deren 
eines der Hafen von Ponza bildet. Ein grosser Lavastrom 
besteht aus Sanidin-Plagioklas-Trachyt, mit Hornblende, Augit 
und Magnetit. Unter den Gangmassen zeichnen sich Rhyolithe 
mit Quarzkrystallen aus, deren Pechstein - Salbänder durch 
Schmelzung der Trachyt - Breceie entstanden, sind. Das Zu- 
 sammenvorkommen von Quarz und Tridymit wird dabei hervor- 
gehoben. Palmarola zeigt Obsidian und Perlstein und besitzt 


48* 


738 


viele Aehnlichkeit mit der Umgegend von Tokay in Ungarn. 


Zanone wird nur theilweise von einem Strome von Rhyolith : 


gebildet, während der übrige Theil der Insel aus sedimentären 
Kalken und Thonen besteht, welche der Carbon- oder Silur- 
formation angehören und auf einen Zusammenhang mit den 
Ligurischen Alpen und Calabrien hinweisen. Die östliche 
Gruppe Vandolena und S. Stefano ist der Insel Procida und 
den phlegräischen Feldern, theils auch den Tuffvulcanen des 
Albaner Gebirges verwandt, als Ueberrest eines der Pliocän- 
zeit angehörenden Vulcans. 


Herr BornEMANN sen. machte einige Bemerkungen über 
sogen. Coniferenhölzer aus dem Rothliegenden. Durch genaue 


Untersuchung solcher Hölzer von Mittelbach bei Chemnitz und 
von Lungwitz gelangte Redner zur Ansicht, dass dieselben den 
Nöggerathien zuzurechnen sind. Ferner besprach derselbe die sog, 
mineralische Holzkohle aus dem sächsischen Kohlengebirge. 

Herr v. LasAauLx legte Quarzkrystalle von Lizzo bei Bo- 
relli in Italien vor. Dieselben zeigen eine ähnliche Kanten- 
furchung wie gewisse Amethystkrystalle von Idar, dürfen aber 
nicht, wie es für letztere geschah, als Zwillingsbildungen 
aufgefasst werden. Ihre Kantenfurchung muss lediglich als 
das Resultat einer treppenförmig nach aussen zu Stande ge- 
kommenen Ueberrindung betrachtet werden. 

Herr Reınsch aus Erlangen hielt einen eigentlich für die 
vorausgegangene Versammlung der deutschen anthropologischen 
Gesellschaft bestimmten Vortrag über eine zahlreiche Samm- 
lung von Gesteinsstücken, welche derselbe für Werkzeuge und 
Waffen aus der ältesten Steinzeit hält. Dieselben haben sich 
im Reichsforst zwischen Nürnberg und Erlangen gefunden, 
dessen Oberfläche aus Keupersandstein besteht. Das Fund- 
gebiet hat eine Länge von 4,5 Kilom., bei einer Breite von 
3 Kilom.; in demselben finden sich alte Monumente, Tumuli 
aus Felsblöcken, auch sind einige grosse Thongefässe in dem- 
selben gefunden worden. Die Werkzeuge, von denen gegen 
500 Stück gesammelt worden sind, bestehen aus grobem Quarz- 
sandstein mit einem eisenschüssigen oder Limonit - Bindemittel, 
nur wenige, die für Speerspitzen gehalten sind, aus einem 
feinkörnigen Sandstein, der schon dem Lias zugerechnet wird, 
Redner legte Gewicht darauf, dass ausserhalb dieses Gebietes 
nur sebr wenige ähnliche Stücke gefunden worden seien. 


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739 


Herr ZırteL bemerkte hierauf, duss er diesen Fund als 
 prähistorisch nicht anzuerkennen vermöge, wenngleich er die 
Möglichkeit zugab, dass einzelne der vielen ausgestellten 
Stücke eine Bearbeitung durch Menschenhand erfahren haben 
könnten. 

Herr Desor erklärte, dass er sich bereits fruher mit 
diesem Gegenstande beschäftigt habe, da Herr Reınsch ihm 
viele Zeichnungen der vorgelegten Stücke zugeschickt habe; er 
sei über die Bedeutung derselben aber so zweifelhaft gewesen, 
dass er keine Antwort darauf gegeben; nach Prüfung der 
Stücke selbst sei er jedoch zu der Ueberzeugung gelangt, dass 
dieselben keine Artefacten seien, sondern natürliche Abson- 
derungs- und Zerklüftungsstüucke des dem Keuper entstammen- 
den Sandsteins; der Redner hält den Irrthum, in welchen 
Herr Reınsch verfallen, für ein warnendes Beispiel und für 
eine Aufforderung, bei der Prüfung zweifelhafter Gegenstände 
mit grösster Genauigkeit und Umsicht zu verfahren. 

Herr v. Sersach stimmte der Ansicht des Herrn Desor 
vollkommen bei, ebenso Herr LAuBE, welcher besonders auf 
die wechselnde und schwankende Gestalt aufmerksam machte, 
welche die einzelnen Kategorien dieser Stucke zeigen. 

Herr ReınscH vertheidigte seine Ansicht besonders mit 
Hinweis auf die beschränkte Fundstelle der Werkzeuge, wo- 
nach Herr GümgeL diese Discussion mit der Bemerkung 
schloss, dass die vorliegenden Stücke einer oder einigen 
Sandsteinlagen im rothen Keuper angehören, welche in ähn- 
liche Formen an der Oberfläche zerfallen und sich überall in 
dem fränkischen Keupergebiete da finden, wo diese Schichten 
zu Tage ausgehen; eine Beschränkung solcher Stücke auf die 
bezeichnete Fundstelle finde nicht statt. 

Herr F. Posepny aus Wien sprach über die Tektonik der 
Tauern. Das Innere dieses Gneissmassivs ist sehr zugänglich, 
durch treffliche Karten illustrirt, durch die Thäler des Pinz- 
gau, von Rauris, Gastein, Zirknitz und der Trau aufgeschlossen. 
Auf dem Kamme liegen die Schichten horizontal; dem Gneisse 
folgen in regelmässiger Lage die krystallinischen Schiefer, 
stellenweise mit widersinnigem Einfallen, wodurch die Ordnung 
umgekehrt erscheint. 

Die zweite Mittheilung desselben Redners bezog sich auf 
die verschiedenen Erzlagerstätten, welche derselbe, unter Ver- 


740 


werfung der gewöhnlichen Eintheilung in Gänge, Lager und 
Stöcke, unter gemeinsamen Gesichtspunkten betrachtete und 


den secundären Ursprung der Schwefelverbindungen hervor- 
hob; wie er dies in mehreren Publicationen, über den Berg- 
baudistriect von Mies in Böhmen, Dislocationen im Pribramer 
Erzreviere, die Blei- und Galmei-Erzlagerstätten in Raibl nach- 
gewiesen hat. Er wendete dieselben Betrachtungen auf das 
Kupferschieferflötz von Mansfeld u. s. w. an, welches er einer 
eingehenden Untersuchung unterworfen hat. 

Darauf übergab derselbe der Gesellschaft einige seiner 
Publicationen.*) 


Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


V. W. O. 
GumgeL. Dames. v. Ammon. DOLTER Y CISTERICH. 


Protokoll der Sitzung vom 14. August 1875. 


Vorsitzender: Herr Fr. v. HAUER. 


Für Herrn Damzs, welcher verhindert war, als Schrift- 
führer zu fungiren, wurde Herr Lrumann aus Leipzig ge- 
wählt. 

Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: 

Herr Dr. G. Houzser, Professor der Naturwissen- 
schaften an der landwirthbschaftlichen Centralschule 
zu Weihenstephan bei Freising, 

vorgeschlagen durch die Herren BEYRICH, ZITTEL 
und v. Frıtscn. 

Herr GümBEL brachte einige Mittheilungen, welche die 
nach Beendigung der Sitzungen vorzunehmende dreitägige Ex- 
cursion betrafen, vor. 

Herr GroTH aus Strassburg theilt die Versuche mit, welche 
er über die Elastieität regulärer Krystalle nach verschiedenen 
Richtungen hin angestellt hat. Die Versuche, welche Dr. VoIGT 


*) Vergl. das Verzeichniss der im Jahre 1875 eingegangenen Schrif- 
ten am Ende dieses Bandes. 


4 
| 


741 


in Königsberg auf Veranlassung von NEUMANN durch Bestim- 
mung der Festigkeit in dieser Beziehung angestellt hat, sind 
mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Derselbe stellte das 
Verhältniss zwischen Minimum und Maximum wie 1:1,22 fest. 
Die Fortpflanzung des Schalles in festen Körpern ist von 
deren Blastieität abhängig, und so bestimmte der Redner die- 
selbe durch Klangfiguren an Stäbchen von Steinsalz von 
80 Mm. Länge und 2 Mm. Dicke und gelangte dabei zu dem 
Resultate, dass das Verhältniss zwischen Minimum und Maxi- 
mum 1:1,19 sei. Die nahe Uebereinstimmung mit dem von 
Dr. VoısT auf einem gänzlich verschiedenen Wege gefundenen 
wurde besonders hervorgehoben undals ein Beweis für die der 
"Wahrheit nahekommende Richtigkeit des Zahlenwerthes be- 
trachtet. Der Unterschied zwischen dem Zustande regulärer 
Krystalle und amorpher Körper ist danach in die Augen fallend. 

Herr STELZNER sprach über die Geologie der argenti- 
nischen Republik und erklärte eine von ihm hergestellte geo- 
logische Karte der beschriebenen Gegenden. 

Herr v. SEEBACH aus Göttingen zeigte ein von KLINKER- 
FUES gefertigtes neues Haar-Hygrometer vor. 

Herr BORNEMASN jun. referirte uber seine mikroskopischen 
Untersuchungen fossiler, aus der Liasformation stammender 
Ophiuren- und Asterienreste, zufolge deren die genannten 
Skeletttheile eine mikroskopische Structur besitzen, welche der 
von lebenden Thieren her bekannten vollständig gleicht und 
sich trotz der Fossilisation auf. das Vollkommenste erhalten 
hat, wie dies bereits fruher in ähnlicher Weise durch JoH. 
MüLLER und STELZNER für fossile Crinoiden und Echiniden 
nachgewiesen worden ist. Zugleich bemerkte der Vortragende, 
dass die von Terqguem und Brauns unter dem Namen Sidero- 
lina liasina, bezüglich Siderolites Schloenbachü als Foramini- 
feren des mittleren Lias beschriebenen und von TERQUEN spä- 
ter als Bryozoen (Neuroporen) angesprochenen Gebilde auf 
Grund eingehender Untersuchung als Hautskeletttheile fossiler 
Asterien zu deuten seien. 

Herr Laspryres aus Aachen legte einen Theil einer 
Druse aus dem Melaphyr von Idar bei Oberstein vor, worin 
sich ein grosser, anfänglich für Kalkspath gehaltener Krystall, 
sechsseitiges Prisma und Geradeendfläche, mit einer Rinde von 
Cacholong überzogen, befindet, Die Substanz des Krystalls 


742 


wurde jedoch als Arragonit erkannt, und so schien es eine 


Pseudomorphose von Arragonit nach Kalkspath zu sein. Der 
eine Kantenwinkel des Prisma’s von 116 Grad zeigte jedoch, 
dass auch die Krystallgestalt dem Arragonit angehört. Vieser 


Fund bat insofern Interesse, als bisher der Arragonit in Drusen 


des Melaphyrs im Nahe-Gebiet nicht bekannt gewesen ist. 
Derselbe Redner legte sehr schöne Krystalle einer Ver- 
bindung von Nickel und Schwefel mit Spuren von Kobalt, 
Arsen, Antimon, Zinn und Wismuth vor. Der geringe Gehalt 
von Eisen mag der Unterlage der Krystalle zugeschrieben 
werden, welche aus Eisenspath besteht. Auf 5 Atome Nickel 


kommen 2 Atome Eisen. Das Mineral wird mit Beyrichit, 


Millerit, Horbachit Knor, Eisen - Nickelkies SCHEERER ver- 
glichen. Der Fundort ist unbekannt. | 

Herr v. Kornen theilte mit, dass bei Lauterbach im Vogels- 
berge die Schichten mit Taeniodon Ewaldi und ausserdem ein 
schwarzer Schiefer mit Ammoniten (wahrscheinlich Ammonites 
angulatus) gefunden worden seien. 

Herr C. DörLter y Cısterich besprach den geologischen 
Bau des Monzonigebirges in Tyrol unter Vorlegung seiner im 
Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt (XXV. Band 2 Heft) 
daruber erschienenen Publication. 

Bei der Debatte hierüber äusserte Herr v. Frırsch den 
Wunsch, dass die Feldspäthe in den Monzonigesteinen einmal 
analysirt werden möchten. 

Herr DöLTER Y CIsTErich erwiederte darauf, dass dies 
neuerdings von Herrn vom RATH zum grösseren Theil schon ge- 
schehen sei und versprach, selbst späterhin einige Analysen 
derselben auszuführen. 

Herr Stöur aus München hielt folgenden Vortrag über die 
sieilische Schwefelformation: Ein fast 5jähriger Aufenthalt 
in der Provinz Girgenti in Sicilien hat mir Gelegenheit geboten, 
nicht allein die dortige Schwefelformation zu studiren, sondern 
auch reiches Material zu sammeln, mit dessen Verarbeitung 
ich eben beschäftigt bin. Dabei unterstützen mich einige 
Freunde, und hat Herr Prof. GEMELLARO in Palermo die Unter- 
suchung der Fische übernommen, Herr Dr. v. Heypen in 
Frankfurt hat bereits die Insecten bestimmt, und Herr Dr. 
GEYLER, ebenfalls in Frankfurt, die Bearbeitung der Pflanzen- 


ER 7 


743 . 


er abdrücke vollendet. Hier gebe ich nun als vorläufige Notiz 
die Resultate der Untersuchungen dieser beiden Herren, 


Die Schwefelformation Sieiliens erstreckt sich in einer 
breiten Zone, von Centuripe im Osten bis über Cattolica im 


Westen , durch die Insel in einer Ausdehnung von über 


160 Kilom. Länge und über 80 Kilom. Breite... An 250 Gru- 
ben beuten heute die Schwefellager aus, und gewinnt man 


‚jährlich an 6 Millionen Centner Schwefel. Die Schwefelabla- 


gerungen befinden sich in sehr zerrissenem, bergigem Terrain, 
und bilden sie bald Flötze, bald stockförmige Lager, haupt- 


‚sächlich aber linsenformige Ablagerungen und kommen in 


allen Neigungen gegen den Horizont vor, von horizontaler 
bis verticaler Lage. Nicht selten liegen mehrere Lager über- 
einander, und schwankt deren Mächtigkeit von 4, bis zu 
8 Metern. Der Schwefel kommt gediegen, mehr oder minder 
fein eingesprengt vor, in einer bald mergeligen, bald kalkigen, 
bald gypsigen Grundmasse. Die Schwefellager sind sedimen- 
täre Bildungen, die sich in einer Menge vereinzelter, nicht 
zusammenhängender Becken abgelagert haben; die Vulcan- 
thätigkeit des Aetna hat nichts damit zu thun. Das herum- 
gegebene Stuck zeigt deutlich, dass die Bildung nur auf wäs- 
serigem Wege erfolgt ist, indem tropfsteinartige Kalkspathzacken 
auf ihrer Spitze Schwefeloctaäder tragen. Diese unzweifelhaft 
wässerige Bildung schliesst aber nicht aus, dass bei der Ab- 
lagerung Solfatarenthätigkeit mitgewirkt haben kann, es ist 
dies sogar das wahrscheinlichste. Diese Ablagerungen bilden 
einen Theil der Tertiärformation Siciliens und sind obertertiär. 

Abgesehen von den Nummuliten - Gebilden, besteht die 
Tertiärformation Siciliens aus folgenden Schichten. Zu oberst 


liegen Pliocängebilde, dem Astien angehörend, aus mehr oder 


weniger mächtigen Muschelbreceienbänken und solchen von 
blauen Subapenninenthonen bestehend. Diese Schichten sind 
nicht überall erhalten, sondern fehlen häufig in dem gestörten 
und zerrissenen Terrain. Darunter befinden sich die Gebilde 
der eigentlichen Schwefelformation, aus einer Reihe zusammen- 
hängender Schichten bestehend. 

Die obersten dieser Schichten sind die Trubi superiori: 
weisse, mehr oder weniger feste, kalkige Mergel, voller Fora- 
miniferen, so dass man sie als Foraminiferenmergel bezeichnen 


744 


kann; ausserdem enthalten sie selten Reste von Meeres- 
eonchylien. Es ist dies somit eine marine Bildung. 

Darunter folgen mächtige Gypsmassen, bald krystalli- 
nisch massig, bald in plattenförmigen Schichten. Diese Gypse 
erreichen oft bedeutende Mächtigkeit und sind die eigent- 
lichen schwefelführenden Gebilde, da in ihnen meist die 
Schwefellager liegen, in Dach und Sohle von thonigen Sehich- 
ten begleitet. Die Gypse sammt den Schwefelerzlagern sind 
meist Susswasserbildungen, wie die vielfachen Abdrücke von 
Süsswasserfischen beweisen, den Gattungen Lebias und Gobio 
angehörend, von denen Lebias crassicauda Acıss. am häu- 
figsten vorkommt. Es sind Ablagerungen in Susswasserbecken 
entstanden; doch finden sich auch, jedoch selten, vereinzelte 
Reste von Meeresthieren, wie Zähne von Squalus etc., woraus 
sich ergiebt, dass diese Süsswasserbecken manchmal mit dem 
Meere in Verbindung gestanden haben müssen. 

Unter den Gypsen treten wieder kalkig-mergelige, sowie 
thonige Schichten auf, die Trubi inferiori, die ähnlich wie die 
Trubi superiori beschaffen und ebenfalls marine Bildungen sind. 
Auch sie sind voller Foraminiferen und habe ich ausserdem 
darin Reste von Turritella, Trochus, Buccinuu, Pecten, Ostrea 
gefunden, meist nur in Steinkernen, sogar Korallen, wie Cera- 
trochus und Delbocyathus. 

Unter ihnen liegen weisse, blättrige Polirschiefer, die 
Tripoli, welche ausser den Infusorienpanzern, aus denen sie 
so zu sagen bestehen, noch Abdrücke, meist von Fischen, ent- 
halten. Es sind Susswasser- und Meeresfische, und von einer 
sehr reichen Localität, von Licata, hat Sauvace die dort vor- 
kommenden Fische beschrieben. 

Unter den Polirschiefern befinden sich löcherige, feste 
Kalke, die, hoch aufragend, nicht selten pittoreske Felskamme 
bilden. Bis jetzt kennt man noch keine Petrefacten aus ihnen. 
Mir scheinen sie Riffbildungen zu sein, welche die einzelnen 
Becken, in denen sich die Schichten der Schwefelformation 
absetzten, begrenzen. 

Die von den Herren v. HEyYDEn und GEYLER untersuchten 
Insecten- und Pflanzenabdrücke stammen fast alle aus einem 
nördlich von den Städten Racalmato und Grotte befindlichen 
Hügelzuge, der von Ost nach West sich hinzieht, genannt 
Canatone, und mit dem Monte Pernice bis zu 590 Meter 


£ 


745 


über dem Meere sich erhebt. Die Schichten fallen im Ganzen 
30 Grad gegen Nord und haben ein Hauptstreichen von SW 
nach NO, mit vielfachen Localstörungen jedoch. Zu oberst 
liegen dort, wenig entwickelt, Trubi superiori, darunter folgen 
50—70 Meter mächtige, oft plattenförmig abgesonderte Gyps- 
massen, zwei Schwefelerzlager (Vanelle nach sizilianischer 
Benennung) einschliessend.. Auf den Gypsplatten, sowie in 
den Schwefellagern selbst, finden sich Abdrücke von Suüss- 
wasserfischen und der untersuchten Insecten und Pflanzen. 
Die Schwefelerzlager baut man in einer ganzen Reihe von 
Gruben ab; das obere Lager führt arme Erze, die zugleich 
viel Bitumen enthalten; das untere hat sehr reiche, bitumen- 
freie. Unter der Gypsmasse erscheinen, wenig entwickelt, die 
Trubi inferiori, und darunter die Tripoli, die ihrerseits auf den 
löcherigen Riffkalken ruhen. 

Die von Herrn Dr. v. Heyden bestimmten Insecten finden 
sich in Abdrüucken auf den Gypsplatten, selten in den Schwefel- 
lagern selbst. Dieses Vorkommen ist überhaupt ein sehr sel- 
tenes und nur in der Contrada Oanatone kommen diese Ab- 
drucke massenhaft vor, sodass auf einem Quadratfuss Fläche 
oft mebr wie hundert Abdrucke sich finden. Es sind Larven 
von Libellula-Arten, in allen Altersstufen, und gehören nur 
zwei Arten an, Libellula Doris Hrer und Libellula Eurynome 
Heer. Lib. Doris ist weitaus am häufigsten, und trotz des 
massenhaften Materials, das zur Untersuchung vorlag, konnte 
Herr v. HrYDEen nur auf zwei Handstucken die beiden Arten 
miteinander vorkommend finden. Diese Insecienlarven sind 
ganz dieselben, wie sie Hrer von Oeningen beschreibt, und 
deuten auf gleiche Verhältnisse wie dort, auf stillstehende 
Gewässer, in deuen sich die Schichten absetzten, welche zur 
Oeninger Stufe gerechnet werden müssen. 

Die von Herrn Dr. GeYLErR bestimmten Pflanzenabdrücke 
sind sehr grosse Seltenheiten. Es fanden sich Juglans vetusta 
Heer, Caesalpinia Townshendi aff. Hzer, Diospyros brachysepala 
Ar. Br., Cinamomum polymorphum AL. Br., Robinia Regeli Hrer, 
Acacia Parschlugiana Ung., Alnus Gastaldi aff. Mass. 

Alle diese Pflanzen sind schon theils von Oeningen be- 
kannt, tbeile von Sinigaglia, Parschlug und Häring, und ge- 
hören der Oeninger Stufe an. Es bestätigen somit die Pflan- 
zen, wie die Insecten, dass die eigentliche Schwefelformation 


746 


Sieiliens mit Oeningen gleichzeitig ist, und ist unzweifelhaft . == 
deren geologische Stellung festgestellt, in der Art, dass sie 


an der Basis des Pliocän befindlich anzusehen ist, dem Me- 
ninien von KırL MAYER angehörend (nicht zu verwechseln 
mit dem Zancleano von SEGUENZA, das als solches nicht be- 
steht). Die sicilianische Schwefelformation ist dann auch 
gleichaltrig mit den Süsswasserschichten von Castellina mari- 
tima, denen von Sinigaglia und denen von Reggio und Modena. 

Als ungemeine Seltenheit lag ausserdem aus den Tripoli 
von Canatone ein Pflanzenabdruck vor, den Herr Dr. GEYLER 
als Myrica salicina Ung. bestimmte. Diese Pflanze ist bis 


jetzt aus der Oeninger Stufe nicht bekannt, sondern nur aus 


dem Mayencien und Helvetien, oder noch älteren Bildungen. 
Ob dieser ganz vereinzelte Fund auf ein grösseres Alter der 
Polirschiefer schliessen lässt, ist sehr unwahrscheinlich; die 
Entscheidung darüber muss vorläufig ausgesetzt werden, bis 
zur Beendigung der Untersuchung der mitvorkommenden Fisch- 
abdrücke. 2 

Herr TuEopor FucHs hat neuerdings in seiner Arbeit: 
Die Gliederung der Tertiärbildungen am Nordabhange der 
Apenninen von Ancona bis Bologna, bezüglich der oben er- 
wähnten Bildungen des Apennin zu beweisen gesucht, dass 
sie, im Gegensatz zu der Ansicht, als gehörten sie dem Tor- 
tonien an, über dem Tortonien liegen und mit dem Pliocän 
aufs innigste verbunden seien. Ich schliesse mich dieser An- 
sicht umsomehr an, als ich schon 1869 in meiner kleinen 
Arbeit: Intorno agli strate terziarii superiori di Monte Gibio 
darauf hinwies, dass die Susswasserschichten im Modene- 
sischen die Melania curvirostra, Melanopsis Bonelli, Neritina 
‚mutinensis, Neritina Doderleini enthalten, und in denen auch 
Bruchstücke von Susswassercardien, Aemicardium pectinatum 
und telibergense vorkommen, in das Meninien Karı MAYeERr’s 
zu stellen seien, und zwar in das obere, während die Gypse 
von Vignola in das mittlere gehören. In das mittlere Meninien 
gehören dann auch die schwefelführenden Gypse von Sini- 
gaglia, Cesena etc., und ebenso die Schwefelformation Sici- 
liens. In Sieilien kann man auch dort, wo keine localen Stö- 
rungen vorhanden sind und die Schichten des Astien nicht 
fehlen, häufig diese Schichten mit denen der Schwefelformation 
concordant abgelagert beobachten. 


Ms hr nn a ut 


i) 


747 


Schliesslich die Bemerkung, dass die mächtigen Salz- 
ablagerungen Sieiliens sich meist in unmittelbarster Nähe der 
Schwefelformation finden. MOoTTURA in seiner grossen Arbeit 
über die sieilianische Schwefelformation, sieht diese Salzlager 
als ältere tertiare Bildungen an. Mir dagegen scheint es, als 
seien sie gleichzeitig mit der Schwefelformation selbst, mit 
dem Unterschiede, dass die Schwefelablagerungen in Süss- 
_ wasserseeen sich bildeten, die Salzablagerungen im Meere, Ob 
diese Ansicht die richtige ist, mussen weitere Untersuchungen 
zeigen. 

Darauf wurde zur Wahl des nächstjährigen Versammlungs- 
ortes geschritten. An der Debatte darüber betheiligten sich die, 
Herren Brykıcn, Kosmann, ScHMID, v. Hauer und Herm. 
Crepner. Die Wahl fiel schliesslich auf Jena und wurde 
Herr E. E. Scumip zum Geschäftsführer ernannt. 
Herr GomsEL legte seine der diesjährigen allgemeinen 
Versammlung der deutschen Geologen gewidmete Festschrift: 
Abriss der geologischen Verhältnisse der Tertiärschichten bei 
Miesbach und des Alpengebiets zwischen Tegernsee und Wendel- 
stein mit zwei Karten (Geognostische Karte des Leitzach- 
Tbales mit Querprofil durch dasselbe und geognostische Aus- 
fiugskarte in dem bayerischen Alpengebirge zwischen Tegern- 
see und Wendelstein, Maassstab 1:50000) vor und erläuterte 
in detaillirter Weise die einzelnen, innerhalb dieses Gebietes 
auftretenden Formationsglieder unter Vorzeigung der einschla- 
gigen Handstücke und der bemerkenswertheren Fossilien daraus. 

Herr PrarTz aus Karlsruhe berichtet über den Stand der 
geologischen Kartenaufnahme im Grossherzogthum Baden. Diese 
Arbeit hat seit nahe 20 Jahren geruht, nachdem Prof. Sanp- 
BERGER mehrere Sectionen im Maassstabe von 1:50000 be- 
arbeitet und mit geologischen Heften begleitet hat. Die Auf- 
nahme soll gegenwärtig im Maassstabe von 1:25000, ähnlich 
wie in Preussen, bewirkt werden, und wird gehofft, diese 
Arbeit in 8 bis 10 Jahren vollenden zu können. 

Derselbe Redner hält die ältere Ansicht, dass das Rbein- 
thal von Basel bis Mainz durch die Hebung des Schwarzwaldes 
und der Vogesen gebildet worden sei, gegen die dagegen laut 
gewordenen Einwendungen aufrecht. Das Rheinthal vom 
Bodensee bis Basel verdanke der Erosion seine Entstehung 


748 


und unterscheide sich daher auch wesentlich von dem unterhalb 
liegenden Thalabschnitte. 
Herr KocH aus Wiesbaden legte ein Stück von der Ober- 
fläche des Quarzganges Grauer Stein bei Naurod unfern Wies- 
baden vor, der mauerartig als Fels aus dem Boden hervor- 
ragt, welches eine eigenthumliche Glättung zeigt. Hiernach 
kann dieselbe weder auf Gletscherwirkung (Rundhöckerbildung), 
noch auf Sandwehen bezogen werden. Es scheint, als wenn 
nur die Reibung von Thieren übrig bleibe, um diese Erschei- 
nung zu erklären, welche noch gegenwärtig in ähnlicher Weise 


sich seheuern. Möglich, dass bereits die grossen diluvialen 


Pachydermen hierbei den Anfang gemacht haben. 

Herr v. DscHen erinnerte dabei an ähnliche Erscheinungen 
an Höhlen; Herr ZırTeL wies auf die Verschiedenheit der 
auf die soeben erwähnte Art verursachten Felsglättung gegen- 
über der durch Sandwehen entstandenen (wie er sie z. B. in 
grossartigster Weise während seiner heise durch die libysche 
Wüste beobachten konnte) hin. 

Herr Lies sprach über das Alter der Tentaculiten- 
schichten in Thüringen: Die „Tentaculitenformation* (ein pro- 
visorischer Name) besteht in einem Complex von unten lich- 
teren und oben dunkleren zusammengehörigen Schiefern 
mit unzähligen Tentaculiten, die sich nach unten mehr und 
mehr häufen, aber auch bis zur oberen Grenze noch aushalten, 
und verschieden sind von den oberdevonischen. Darin sind 
eingelagert 1) Kootenkalke, immer tief unten, aber nicht 
immer als Unterstes, bald stärker, bald recht schwach ent- 
wickelt; 2) Kalkgrauwacken, Sandsteine, deren kalkiges Binde- 
mittel viel Mangan enthält; 3) Schiefer, kalkig durch erhaltene 
Tentaculitenschalen; 4) Quarzitschwarten, meist gewunden, mit 
den Nereograpsen (Nereitenquarzite). Letztere nehmen nach oben 
hin an Zahl und Dicke der Lagen ab. Es lagert die Forma- 
tion auf einer über 8 Meilen langen Linie im östlichsten Thü- 
ringen auf, am häufigsten auf altsilurischem Schiefer, fast 
ebenso häufig auf den unteren Graptolithenschiefern (Kiesel- 
schiefern), seltener auf Diabasen, welche dem älteren Silur an 
der Grenze der Phykodesschiefer angehören, und ebenso selten 
auf Graptolithenkalk; am seltensten auf dem oberen Grapto- 
lithenschiefer (Alaunschiefer). Dagegen ist die ganze Abthei- 
lung, einige wenige durch Verwerfung leicht zu erklärende 


749 


Fälle abgerechnet, von dem mittleren Devon concordant über- 
lagert, so dass sie im Äusstreichen ein schönes Band bildet. 
Discordante Auflagerung auf Graptolithenkalk und auf dem 
ganzen Graptolithensystem kommt auch vor. Die Lagerung 
ist (nach L.) so zu erklären, dass nach Absatz des mittleren 
und vielleicht jüngeren mittleren Silurs vor der Ablagerung 
des Tentaculitencomplexes ein Zeitraum existirte, in welchem 
die Silurschichten theilweise fortgeführt werden konnten. Die- 
ser Zeitraum kann nur der jüngeren Silurzeit angehören. 
Mithin muss die Tentaculitenformation mehr devonisch als 
silurisch sein. Redner hält sie für ein zwischen Silur und 
mittlerem Devon vermittelndes System, welches aber mehr dem 
Devon angehört. 

Herr GüUNBEL meinte, man könne die unteren Kalkknoten-füh- 
renden Schichten dem Silur und die anderen dem Devon zuzählen. 

Herr RıcHuTEer bemerkte dagegen, dass in Thüringen zu- 
nächst der ganze Complex, den er seither als obersilurisch 
zusammengefasst habe, durchaus concordant gelagert sei, da- 
gegen (bei dem Fehlen des Unterdevon) das Mitteldevon dis- 
cordant dem Obersilur aufliege (besonders deutlich bei Laasen). 
Dass er seither nicht blos die Graptolithenhorizonte nebst den 
dazwischen liegenden Kalken mit Cardiola interrupta Bron., 
sondern auch die Tentaculitenschichten (Geinıtz), die Nereiten- 
schichten, die Tentaculitenschiefer und die dunkeln Grenz- 
schiefer für obersilurisch halte, beruhe theils auf der erwähn- 
ten Lagerung, theils darauf, dass in den Nereitenschichten ein 
unbezweifelter Graptolith und in den Tentaeculitenschiefern 
ein Dalmanites vorkomme, der nach Barrınpe’s Eintheilung 
sicher ein älterer, also silurischer sei. Uebrigens habe er in 
seinen bezüglichen Publicationen selbst darauf hingewiesen, 
dass alle übrigen Petrefacten ausser den beiden genannten, 
eine Entscheidung uber das relative Alter der fraglichen Schich- 
ten nicht herbeiführen könnten, man also recht gut an Schichten 
denken könne, die einen Uebergang aus dem Silur in das 
Devon vermitteln. 

Herr A. WıcHmann aus Leipzig berichtet über mikrosko- 
pische Untersuchungen, die er an Dünnschliffen vom „‚‚derben 
Granat“ (Allochroit) angestellt hat. Danach ergiebt sich, 
dass die Granatsubstanz darin einer verschiedenen Ausbildung 
fähig ist. Die Substanz kann nicht individualisirt sein, wie 


dies in den Vorkommnissen von Wierum bei Drammen, von 
Bayreuth u. s. w. der Fall ist. Ferner kann die Substanz 
individualisirt sein, und ist dieselbe dann in Gestalt unregel- 


mässig begrenzter Körner oder in Form deutlicher Krystalle 
ausgebildet. Die einzelnen Körnchen oder Krystalle sind zu- 
meist in Kalkspath oder Quarz eingebettet. Namentlich schon 
entwickelt sind die Vorkommnisse von Berggiesshübel und 
vom Teufelstein bei Schwarzenberg in Sachsen. Während die 
Körner durch nichts Besonderes ausgezeichnet sind, weisen 
die Krystalle, die meist in regelmässig sechsseitigen Durch- 


schnitten auftreten, einen prächtigen schalenförmigen Aufbau 


auf. Bei Betrachtung derartiger Krystalldurchschnitte im pola- 
risirten Lichte gewahrt man eine eigenthümliche Erscheinung. 
Der innere Krystallkern wird nämlich vollständig dunkel, 
während die umgebenden Krystallschalen die schönsten Pola- 
risationsfarben "aufweisen und zwar erscheinen die abwechseln- 
den Zonen verschieden gefärbt. Eine fernere Eigenthumlich- 
keit der Erscheinung ist, dass nicht die einzelnen Schalen im 
Umkreise gleiche Farben erkennen lassen, was der Fall sein 
müsste, wollte man das Phänomen als durch Lamellarpolari- 
sation hervorgerufen erklären, sondern je zwei gegenüberlie- 
gende Systeme weisen immer gleiche Polarisationserscheinun- 
gen auf. Dass diese Krystallschalen ihrer Substanz nach 
auch wirklich Granat sind, ergiebt sich daraus, dass eine der- 
artige Ausbildung auch an und innerhalb der unregelmässig 
begrenzten Körner bemerkt wird. Bei gekreuzten Nicols 
leuchten auch hier diese Zonen mit lebhaften Farben hervor, 
während das Granatkorn selbst absolut dunkel erscheint. 

In den Vorkommnissen des „derben Granats* von Berg- 
giesshübel gewahrt man auch solche, in denen sich das Granat- 
Individuum selbst als doppelbrechend erweist. Diese zeigen 
einen nur wenig entwickelten schalenförmigen Aufbau. Bei 
Anwendung des polarisirten Lichts zerfällt der sechsseitige 
Durebschnitt in sechs gleiche, scharf begrenzte Felder, von 
denen je zwei gegenüberliegende gleiche Farben aufweisen. 

Es gelang nicht, eine genügende Erklärung für diese am 
Granat gewahrten Doppelbrechungs - Erscheinungen nachzu- 
weisen, zumal sich durchaus keine Analogie mit derartigen in 
anderen regulären Körpern beobachteten Erscheinungen wahr- 


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nehmen lasst. Im Uebrigen erkannte schon Des CLoIzEAux, 
dass der Grossular doppelbrechend sei. 


Schliesslich machte Redner noch darauf aufmerksam, dass, 
_ trotzdem BrEıtHaupT schon 1847 beklagte, dass der Kolophonit 


in den meisten Sammlungen als ein dem Granat zugehöriges 


Mineral aufbewahrt würde, dies auch noch heutigen Tages 

zum allergrössten Theile der Fall sei. Die Ansicht Breim- 

Haupr’s, dass der grösste Theil der Kolophonite dem Vesuvian 

angehört (namentlich der typische von Arendal), ist angestell- 

ten optischen Untersuchungen zufolge nur zu bestätigen. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 


Ve W, O. 
v. Haver. v. Ammon. DÖLTER Y ÜIsTERIicH. LEHMANN. 


Bericht 


über die nach der allgemeinen Versammluug der Deut- 

schen geologischen Gesellschaft in München unternom- 

mene Excursion in die bayerischen Alpen am 15., 16. und 
17. August 1875. 


Im Auftrage des Geschäftsführers Herrn GünBEL erstattet 
von Herrn von Ammon. 


Gemäss des im Jahre 1873 gefassten Beschlusses, mit den 
allgemeinen Versammlungen der Deutschen geologischen Ge- 
sellschaft einen gemeinsamen Ausflug zu verbinden, war auch 
für die diesjährige Münchener Versammlung im Programm eine 
Excursion und zwar auf drei Tage festgesetzt. Als Excur- 
sionsgebiet wurde die in geologischer Beziehung äusserst loh- 
nende Hochgebirgsgegend um den Wendelstein sammt einem 
Theile des nördlich daran sich anschliessenden tertiären Vor- 


‘ landes gewählt. Der Geschäftsführer Herr GümsBEL hatte zu 


dem Zwecke eine detaillirte Publication der geognostischen 

Verhältnisse dieses Gebietes vorbereitet und dieselbe den Theil- 

nehmern an der Münchener Versammlung als Festschrift ge- 

widmet. Dieser Broschure, betitelt: Abriss der geognostischen 

Verhältnisse der Tertiärschichten bei Miesbach und des Alpen- 

gebiets zwischen Tegernsee und Wendelstein, sind zwei Karten 
Zeits.d. D. geol.Ges. XX VII. 3. 49 


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792 


beigegeben, eine geognostische Karte der miocänen und oligo- 
cänen Molasseschichten im Leitzachthale bei Miesbach (Maass- 
stab 1:10000) und eine geognostische Ausflugskarte in dem 
bayerischen Alpengebirge zwischen Tegernsee und Wendel- 
stein (1:50000). Obwohl das auf letzterer Karte dargestellte 
Gebiet schon auf dem seit längerer Zeit publicirten Blatte 
Miesbach der geognostischen Karte des Königreichs Bayern 
(Maassstab 1:100000) enthalten ist, deshalb bereits früher 
ausführlich untersucht worden war, so erforderte doch die Kar- 
tirung des so sehr verwickelten Wendeisteinstockes in einem 
so grossen Maassstab an mehrfachen Stellen eine neue Be- 
gehung des Terrains. Hierbei wurde Herr GuümBEL von den 
Assistenten des geognostischen Büreaus, Herrn LorETZ und 
dem Berichterstatter, unterstützt. | 

Am Morgen des 15. August versammelten sich etwa 
40 Mitglieder der Gesellschaft am Münchener Bahnhof und 
gelangten nach kurzer Fahrt nach dem freundlich gelegenen 
Miesbach. Von hier aus wurde in östlicher Richtung das dilu- 
viale Plateau überschritten, um die tertiären Aufschlüusse 
im Leitzachthale in Augenschein zu nehmen. 

Das Tertiär gliedert sich in der Miesbacher Gegend von 
oben nach unten folgendermaassen : obere Meeresmolasse 
(miocan), brackische Molasse mit Pechkohlen (Cyrenenschich- 
ten, oberoligocän), untere Meeresmolasse ( mitteloligocän ). 
Diese Schichten befinden sich im Leitzachthale, wie dies über- 
haupt für die Sedimentgebilde der Nordalpen gilt, in über- 
gekippter Lage. Ausserdem ist das ganze Schichtensystem 
stark gefaltet und dadurch, dass die älteren Lagen (hier die 
ältere Meeresmolasse an der Leitzachmühle) sattelformig, sich 
aufbiegen, haben sich zwei grosse Mulden im Complex der 
oberoligocänen Schichten (Cyrenenmergel) gebildet. 

Der von den Mitgliedern besuchte Theil des auch land- 
schaftlich sehr anmuthigen Leitzachthales umfasste die Strecke 
von der Leitzachmuhle bis südlich über Drachenthal hinaus, 
reichte also von dem erwähnten Sattel der unteren Meeres- 
molasse durch die ganze südliche Hauptmulde der Cyrenen- 
schichten bis zur südlichen Randzone der älteren Molasse. 
Weiter südlich schliesst sich daran bis zum Kalkmassiv, mit 
Ausnahme einiger Kreidepartieen, nur mehr noch Flysch. 

Die untere Meeresmolasse zeigte sich in den grossen 


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Steinbrüchen an der Leitzachmühle ;aus plattigem , festem 


Sandstein mit einzelnen feinkörnigen Conglomeratbänken zu- 


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 sammengesetzt; obwohl sie sonst stellenweise reich an orga- 


nischen Einschlüssen ist, bemerkte man hier nur wenige 


Et ‚Pflanzenreste. Dagegen fand sich in denselben Schichten beim 
'  Abrutsch am Leitzachufer oberhalb Drachenthal die charakte- 


ristische Oyprina rotundata in mehreren Exemplaren. Gegen 
den Üyrenenmergel besitzt die untere Meeresmolasse keine 
scharfe Grenze. 

Die meiste Aufmerksamkeit widmete man den Üyrenen- 


"schiehten, welche in diesem Gebiete mindestens über 1000 Meter 


mächtig sind und durch die Einlagerung von glänzend schwarzer, 
der Steinkohle ähnlicher Braunkohle (Pechkohle) eine erhöhte 
Bedeutung gewinnen. Die Kohle vertheilt sich auf drei 
grössere Flötzgruppen, die im Ganzen aus 26 deutlich unter- 
scheidbaren Flötzen bestehen. Die mächtigeren davon werden 
in grossartigem Maassstab bergmännisch abgebaut. 

Da manche Lagen des Cyrenenmergels von Versteine- 
rungen (theils Brackwasser-, theils Susswasserformen) voll- 
ständig erfüllt sind, war reichliche Gelegenheit zum Sammeln 
geboten. Besonders gab die Halde am Sulzgrabenstollen eine 
sehr günstige Ausbeute. Sodann besichtigte man einen ver- 
einzelten eocanen Nummulitenkalkblock sudlich von Drachen- 
tbkal. Während hierauf ein Theil der Mitglieder in das Mies- 
bacher „Steinkoblen“-Bergwerk zur näheren Einsichtnahme 
desselben einfuhr, setzte die grössere Partie der Gesellschaft 
nach kurzer Rast an der Wöhrnsmuühle ihren Weg über den 
Peinberg nach Schliersee fort. Eine herrliche Aussicht auf 
die Hochgebirgskette lohnte diese Wanderung. Schliesslich 
wurden beim Herabsteigen in das Schlierachthal nördlich von 
Schliersee grössere Kiesablagerungen mit gekritzten Geröllen 
(Glacialsehutt) beobachtet. Aehnliche Schottermassen, nur 
nicht so ausgedehnt, gewahrte man bereits am Anfang der 
Exeursion östlich von Parsberg, oberhalb des Leitzachthales. 
Abends kehrte man nach Miesbach zurück. 

Der zweite Excursionstag (16. August) galt dem Besuche 
des Wendelsteinstockes, eines der complicirtesten,, aber 
deshalb für den Geognosten um so interessanteren Gebirgs- 
stockes. Gewissermaassen das Gerippe dieser gewaltigen Berg- 
gruppe wird von dem blendendweissen, dichten Wettersteinkalk 


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154 


(unteren alpinen Keuper) gebildet, der ursprünglich von jün- 
geren Schichten überlagert, bei dem Hebungsacte, welcher der 
ganzen Bergkette ihre jetzige Gestaltung verlieh, am meisten 
in die Höhe geschoben ‘wurde und so die beiden grotesken 
Hauptgipfel des Gebirges, den Breitenstein und Wendelstein 
zusammensetzt, während die jüngeren Schichten theils den 
Wettersteinkalk mantelförmig umlagern, theils zwischen dessen 
mächtigen Rippen auf mannigfache Art gebogen und gefaltet 
liegen, die älteren Bildungen aber (wie der Muschelkalk), die 
den Wettersteinkalk einst unterteuft haben mussten, von unten 
heraufgepresst und in jenes complieirte System von Faltungen 
mit hineingequetscht worden sind. 

Schon am früben Morgen brachten mehrere Wagen die 
Mitglieder von Miesbach nach Birkenstein, welcher Ort an der 
westlichen Seite des Wendelsteingebirges liegt. Hier konnten 
noch innerhalb des Dorfes die Flyschschichten in unmittelbarer 
Nachbarschaft mit dem Hauptdolomit constatirt werden. Ueber 
dem Hauptdolomit und Lias erhebt sich östlich von Birken- 
stein in mächtigen Felsen der Wettersteinkalk. Während der- 
selbe nördlich der oberhalb des Ortes gelegenen beiden Alpen, 
der Kessel- und Kothalpe, in den massigen Breitenstein aus- 
läuft, bildet er in seiner südlichen Verlängerung die Kirch- 
wand, biegt dann in östlicher Richtung um und setzt in die 
Weisswände und in den eigentlichen Wendelstein fort. Die 
zwischen diesem Wettersteinkalkgerüste befindlichen Schichten 
gliedern sich, den Wettersteinkalk als wahres Liegende ge- 
nommen, nach oben in unteren Muschelkeuper oder obere 
Carditaschichten (Raibler Schichten), Rauchwacke, Haupt- 
dolomit mit Plattenkalk (mittlerer Keuper), oberen Muschel- 
keuper (Kössener Schichten mit Avieula contorta) und Dach- 
steinkalk (rbätische Schichten), Lias und Jura. An einigen 
von der Gesellschaft nicht berührten Stellen kommen ferner 
noch Neocomgebilde vor. Ausserdem ist von den älteren 
Schichten alpiner Lettenkeuper (untere Carditaschichten, Part- 
nachschichten) und Muschelkalk vorhanden. Was die Lage- 
rung dieser Schichten betrifit, so schliessen sich dieselben im 
Ganzen dem Verlauf des Wettersteinkalkes in ihrem Streichen 
an, sind aber gegem die Mitte der grossartigen Verwerfungs- 
mulde stark gequetscht, gefaltet, theilweise sogar zerrissen 
und verschoben. Ein prägnantes Beispiel dieser Zusammen- 


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755 


 pressung bietet die Doppelschlinge vom Dachsteinkalk, der 


sich vom Schweinsberg quer durch das ganze Jenbachthal bis 


. zur Reindleralpe fortzieht. 


Nachdem die Gesellschaft von Birkenstein über die erste 
steile Wand des Wettersteinkalkes bis zur Kesselalpe empor- 
gestiegen war, wurde ein wichtiges Profil in den oberen Car- 
ditaschichten, die hier mit Corbis Mellingi anstehen, beschen. 
Darauf setzte man den Weg zur Kothalpe fort. Unterhalb 
derselben sind die räthischen Schichten (Contortazone) durch 
mehrere tiefe Wasserrisse günstig entblösst und liefern an 
diesem Punkte eine besonders reiche Auswahl an Versteine- 
rungen. Insbesondere überraschen hier die sonst nicht sehr 
häufig auftretenden Korallen, die in den zierlichsten Formen 
in den Gräben ausgewittert liegen. Von der Kothalpe erhebt 
sich östlich das hohe Dachsteinriff des Schweinsberges, auf 
der Höhe noch mit Lias gekrönt. In den heruntergestürzten 
Blöcken liessen sich die Leitfossilien dieser Bildung — die 
Dachsteinbivalve Megalodon triqueter und die stark wuchernde 
Koralle Rhabdophyllia clathrata — ohne besondere Mühe auf- 
finden. An der Kothalpschneid gegen die Kirchwand zu 
zeigte der in regelmässigen Bänken abgesonderte Plattenkalk, 
zur Gruppe des Hauptdolomits gehörig, seine typische Ent- 
wickelung. Hierauf wandte man sich östlich der Ellbacher- 
alpe zu, wo ein grauer Kalk mit Hornsteinen und den charakte- 
ristischen Brachiopoden Terebratula vulgaris, angusta, Rhyn- 
chonella decurtata unzweifelhaft seine Muschelkalknatur be- 
wies, Als Seltenheit ist aus diesem Kalk die nugarische Art 
Spiriferina Koeveskalliensis anzuführen. 

Von da aus begaben sich einige Mitglieder auf den Gipfel 
des Wendelsteins (1850 M.), der ihnen eine prachtvolle Fern- 
sicht gewährte, Der grössere Theil der Mitglieder folgte dem 
Steig zur Reindleralpe, wo die beiden östlichen Flügel des 
oben erwähnten Dachsteinzuges zusammenlaufen. Dieser Dach- 
steinkalk wurde noch dadurch merkwürdig befunden, dass er 
hier eine rein weisse Farbe wie der Wettersteinkalk und ausser- 
dem eine stark oolithische Structur zeigt. Wie am Schweins- 
berg bedeckt auch hier der Lias (gelbe Pentacrinitenbrececie) 
das obere Räth. Darauf wurde der Rückweg nach Birken- 
stein angetreten, von wo aus man nach dem Standquartier 
Miesbach zurückfuhr. 


An diesem wie an dem vorhergegangenen Tage hatte die 
Bergwerksgesellschaft von Miesbach das Müglichste aufgeboten, 


um den Mitgliedern bei der Excursion behilflich zu sein. Es 


sei daher erlaubt, an dieser Stelle derselben, insbesondere 
ihrem Director Herrn Four, den Dank der Gesellschaft aus- 
zudrücken. 

Der dritte Excursionstag (17. August) erstreckte sich auf 
die Berge um den Spitzingsee mit dem südlich daran 
sich schliessenden Valepper Gebirge. Dieses Gebiet ist 
von dem Wendelsteinstock durch das Fehlen des Wetterstein- 
kalkes ausgezeichnet und geoteetonisch vom letzteren durch 
viel einfacheren Schichtenaufbau unterschieden. Das Haupt- 


massiv bildet mit dem Plattenkalk der einförmige Hauptdolomit, 


der ansehnliche Berge zusammensetzt. Dazwischen hat sich 


eine frühere grosse Hauptmulde von jüngeren Schichten, die 


im Allgemeinen den gleichen Charakter wie am Wendelstein 
an sich tragen, faltenförmig eingelagert, so zwar, dass die 
Falten mehrfach sich wiederholen und ihre Flügel abwechselnd 
bald zu den höchsten Gipfeln ansteigen, bald bis zur Thal- 
sohle sich herabsenken. 

Die Gesellschaft verliess gleichfalls wie am Tage vorher 
sehr frühzeitig das Standquartier. Nachdem die Strecke von 
Miesbach bis nach Max Josephsthal mittelst Wagen zurückgelegt 
worden war, stieg man vom letzteren Orte die Strasse zum 
Spitzingsee hinauf. Zu beiden Seiten des Weges thurmt sich 
der Hauptdolomit, das allein hier anstehende Gestein, zu 
beträchtlichen Höhen empor, von welchen vor Allem die 
Brecherspitze (1647 M.) und der Jägerkamp (1743 M.), welche 
die Hauptcontouren des malerischen Hintergrundes vom Schlier- 
see bilden, genannt zu werden verdienen. Sehr schön konnte 
vom Wege aus die starke Neigung und locale Fältelung der 
einzelnen Lagen des Hauptdolomits beobachtet werden. 

Nach Ueberschreitung der Wasserscheide betrat man am 
Spitzingsee das eben erwähnte Faltensystem, welches seiner 
ganzen Breite nach durchquert wurde. Während die Lias- 
schichten in diesem Gebiete wenig Auszeichnendes besitzen, 
auch die Kössenerschichten meist nur durch ihre Eigenschaft, 
lettig zu verwittern, erkannt werden können, lässt sich der 
Dachsteinkalk in seinen scharf markirten Zugen am sichersten 


757 
stimmen und dient somit am besten zur Orientirung in dem 
steten Wechsel der Formationen. 
Bei der Wurzelhutte schied ein Theil der Mitglieder von 
den übrigen und bestieg von da aus die Rothwand. Dieser 
yon den Touristen wegen der herrlichen Rundschau häufig 
besuchte Berg (1890 M.) besteht aus einer grossen, von Dach- 
steinriffen eingefassten Liasmulde. Gegen den Gipfel nimmt 
das Liasgestein eine eigenthumliche Beschaffenheit an und 
geht durch Zunahme der Kieselsäure in eine rothe Hornstein- 
breceie über. Der andere Theil der Mitglieder setzte den 
Marsch in südlicher Richtung durch das anmuthige Valepper 
Thal fort. Unterhalb der beiden Hofener Alpen gelangte man 
> wieder in den Hauptdolomit, der von hier aus bis über die 
Grenze nach Tyrol hinaus, abgesehen von quartären Absätzen, 
das alleinige Gesteinsmaterial ausmacht. Die spitzigen Berg- 
formen mit den scharf herunterlaufenden Kanten und den 
mächtigen Schuttkegeln von zertrümmertem Dolomit dazwischen 
liessen den Charakter der Dolomitberge unserer Nordalpen in 
typischer Weise erkennen. Nachdem man noch am Gehänge 
der beiden Thalseiten einige ausgedehnte Schotterablagerungen, 
die sich unverkennbar als alte Moränen erwiesen, besehen 
hatte, wurde am Valepper Forsthause (Kaiserklause) Halt ge- 
macht und dann über den Spitzingsee wieder zurückgekehrt. 
In Schliersee fanden sich alle Theilnebmer der Partie wieder 
zusammen und damit war das Ende der Excursion erreicht. 
| Mögen die Theilnehmer an diesem Ausflug den baye- 
- rischen Bergen eine frohe Erinnerung wahren! 


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Rechnungsablage 
Debet. ? 
Thlr. Sg. Pf. 
1574. An Cassa: 

1. Januar. | Bestand vom Jahre 18739) . . . »......}1112] 8110 | 
14. 3 Besser’sche Buchhandlung E.-B. No. 1. | 192]12| 9 | 
14. N Krause ad 4191 — 

28. Februar. | Postvorschuss $ „..2.] 178 9 — | 
28. = Beiträge etc. " ». >21, 24198 
31. März. Johnstrup 5 ar: 4113| 5 
19. April. Barbot de Marny etc. s »„ 5.1] 101-|1- 
14. Juli. Besser’sche Buchhandlung er >. 0.1451 278 
30. Octbr. dto. für verkaufte Bände % »„ .7.] 6419 —— 

7. Novembr.| Dr. v. Tribolet R Pc 3 

31. Decembr,| Für abgesetzte herabgesetzte Zeit- 
schriften > »..29.] 188[20| 6 
2484 


Ar 


Am 1. Januar 1875 Cassa-Bestand Thlr. 6897 24 7 = M. 1913,46. 


Der uns vorgelegte Rechnungs-Abschluss der deutschen geologischen 
befunden worden. 
München, den 13 August 1875 


G. v. SUTTNER. 


*) Cassa-Bestand des IV. Hefts vorjähriger Zeitschrift. 


759 


pro 1874. 
Credit. 
Thlr. Sg. Pf. 
1874. Per Cassa: 
10. Januar. | Auslage für Bewirthung des 
Druckers A-BE No. 51201 — 
11.2.5 An Richter 5 a 3/16 — 
ae; „ Schneider 5 ae 7211 
11. Er „  dto. „ ae — 29/— 
Er „sdto. 8 ea 1—— 
15. 5. »» Wechsel für Kupfertafeln „, *>.b: 27110, — 
Ihe, Bolt! = NOIR 26 20,— 
Dh. 7, „ J. C. Schmidt 35 ine: 17 —— 
28. Februar. | „ Richter 2 MEN 10° = 
13. März. „» Schneider 5 >10: 6 4— 
See „  Laue = 51 
19. April. „ Schmidt 5 re 52110 — 
7. Juli. „ Schneider = ee De 
Da; » Weiss Porto >= ER 6125| 6 
Drau „ Carl Kühn & Söhne = EN HR 422 6 
6. August. „ Königl. Staatsdruckerei “ 5218: 3i—|— 
6. = „ J. F. Starcke 2% a se 
6. October. „ Schneider ss et 79 
BR, „ 9. F. Starcke a ne 2 997 42,6 
19.2, an dio, = » 20. | 338115) — 
WISR; „. H.-B; Geinitz = „a 20110) — 
27. x „ Porto f. Einzahlung an Geinitz 
(Postschein) > „21. | — | 3 — 
7. Novembr.! „ Richter ,; De. 4 dh — 
Bee Ale. \.dio, are 
7& = „ Linke 2 Rau 5 —|— 
2 2 „ Friedrich “ „ 2. 45|—|— 
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14, 55 „ Laue 5 ».27, | 262 —)— 
28. 5 „ Schmidt Y „28. 3310 — 
15. Decembr.| ,„ Schneider 2 REN] 3114) 6 
31. Pr Webenirar ad IST. nd er er 2 0 092124177 


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Gesellschaft pro 1874 ist von uns revidirt und ziffermässig richtig 


Dr. H, BorneEnann. 


Druck von J. F.Starcke in Berlin. 


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ABER = Kr Tel 


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die Bessersche ee zu bewirken. 


Inhalt des 11. Heftes. 
A. Aufsätze. ns | 


in Strassburg (Hierm Tafel 2 
2. Ueber die Serpentine von Zöblitz, Greifendorf und Waldheim. 
Von Herrn J..Leunese in Dorpat -—. 7.28 Des 
3. Ueber die neue Theorie des Vulkanismus des Herrn R. Mauter, h 
Von Am J. Rot in Sen RL ER 


gerungen. Von Herrn R. Hokenne in :Wien'„:. 22 


7. Vorkommen des Apatit in Norwegen. Von Herrn w. 
Bröccer und Herrn H.H. Reusch. (Hierzu Tafel X 
be. xIıX). umso a 


B. Briefliche Mittheilungen 


der Herren H. TaautsckoLn, v. Könen und Fern. Rormer k 


C: Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der Juli-Sitzung, vom 7. Juli 18755 . . 
2. Freokoll der ‚August- Ann vom 4. August 1875 


geologischen Gesellschaft in München . . . .. 


Einsendungen für die Bibliothek der Gesellschaft, Beiträg 
die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die Versendun 
Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte, sowie A 
etwaiger Veränderungen des Wohnortes sind an Dr. Dames (C. 
garten No. 6.) zu richten. Die Beiträge sind pränumerando an 
Bessersche Buchhandlung (N.W. Marienstrasse 10.) einzureich 
Die Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht al ER 
händlerischem Wege, sondern durch direete Uebersend 


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Zeitschrift 


der 


Deutschen geologischen Gesellschaft, 
4. Heft (October, November und December 1875). 


A. Aufsätze, 


1. Ueber den Quarzit bei Greifenstein im Kreise Wetzlar. 
Von Herrn H. von Decnen ın Bonn. 


Ferv. RoEMER hat im 26. Bande der Zeitschrift der deut- 
schen geologischen Gesellschaft 1874 pag. 752 eine Notiz über 
die bei Greifenstein im Kreise Wetzlar vorkommenden Quar- 
zite mit Steinkernen und Abdrucken von Pentamerus Rhenanus 
bekannt gemacht. Der Verfasser bezeichnet dieselben als 
Schichten von entschieden höherem Alter als die Coblenzer 
Grauwacke (Spiriferen - Sandstein Sanne., Unterdevon) und 
schliesst unbedenklich aus dem Vorkommen des Pentamerus 
auf deren silurisches Alter. 

Auf der Section Wetzlar der geologischen Karte der Khein- 
provinz und Westfalens im Maassstabe von 1:80000, welche 
als eine der letzten dieser Karte 1865 erschienen ist (Verh. 
d. naturh. Vereins, Jahrg. 22. 1865, Corresp.-Bl. No. 2 pag. 63), 
sind die Quarzite von Greifenstein dem Culm, der unteren 
Abtheilung des Carbon zwischen Kohlenkalk und Flötzleerem, 
zugerechnet. Dieser Culmzug erstreckt sich von Greifenstein 
gegen SW nach dem Ulmbach bei Wallendorf und Beilstein, 
tritt nach einer Ueberdeckung durch basaltische Gesteine noch- 
mals im Kallenbergsbach zwischen Arborn und Nenderoth auf, 
um nach dieser Richtung hin unter den basaltischen Gesteinen 
des Westerwaldes gänzlich zu verschwinden. Auf der rechten 
Seite des Thales unterhalb Arborn sind diese Schichten als 

Zeits. d. D. geol. Ges. XXVIL. 4. 50 


762 


Dachschiefer benutzt worden, wie denn der Culm dieser Ge- 
gend mehrfach so feste, spaltbare Schiefer enthält, dass sie 
in dieser Weise verwendet werden. In nordöstlicher Richtung 
wird derselbe Culmzug bei Edingen von der Dill, bei Offen- 
bach von der Ahrdt, bei Weidenhausen von der Salzboede, bei 
Sinkershausen von der Alna durchbrochen, erreicht die Lahn 
bei Caldern und erstreckt sich von deren rechten Seite bis zum 
Eisenberge oberhalb Gossfelden. Dieser letztere Culmzug ist 
grösstentheils auf der bereits 1863 erschienenen Section Laasphe 


der Karte dargestellt. Diese Section, sowie Wetzlar habe ich 


in Gemeinschaft mit Herrn Dr. C. Koch und Bergmeister 
Rısmann bearbeitet. Obgleich ich nach mehrfachen Begehungen 
der Gegend von Greifenstein in den Jahren 1846 bis 1863 
vollständig überzeugt war, dass die Quarzite von Greifenstein 
zwischen deutlichen Oulmschichten: schwarzen dünnblättrigen 
Schiefern , Kieselschiefern (Lyditen), Alaunschiefern und 
Plattenkalken gleichförmig eingelagert sind und diesem Schicht- 
verbande angehören, veranlasste mich doch der entschiedene 
Widerspruch eines so hoch angesehenen Geologen und Paläon- 
tologen, wie Fern. ROEMER, zu einer nochmaligen Prüfung 
meiner früheren Beobachtungen und Ansichten an Ort und 
Stelle. Ich hatte dabei den Vorzug, die Begleitung der Herren 
Prof. SCHLÜTER und Bergmeister RIEMANN zu geniessen. Von 
dem Bahnhofe Sinn der Deutz-Giessener Eisenbahn wurde der 
Weg bis in die Nähe von Edingen und von da an dem linken 
Abhange der Schlucht verfolgt, welche sich hier gegen das 
Dillthal öffnet und von der Höhe nördlich des Basaltberges 
Hinstein herabkommt, der westlich von Greifenstein gelegen 
ist. Hier steht dünnblättriger schwarzer Schiefer an in St. 
11'/, mit 75 Grad gegen S. fallend, der durch einen kleinen 
Steinbruch in Basalt entblösst ist. Gegenüber auf der rechten 
Seite der Schlucht fallen dieselben Schichten in St. 9'/, bis 10 
mit 70 Grad gegen SO. Weiter aufwärts findet sich derselbe 
schwarze Schiefer, und an dem steilen Abhange der Schlucht 
treten Blöcke von weissem und lichtgrauem Quarzit mit weissen 
Glimmerblättchen auf, die auf ein anstehendes Vorkommen 
dieses Gesteins an dem höheren Theile des Abhanges hin- 
weisen. An dem oberen Rande des Waldes gegen das Feld 
sind diese Blöcke so häufig, dass hier der Quarzit wohl ganz 
in der Nähe anstehen dürfte. In gleicher Weise finden sich 


763 


die Quarzitblöcke bis gegen den Weg von Herborn nach 
Greifenstein. Ganz in der Nähe dieses Ortes WNW von dem 
Schlosse und der Ruine ist Quarzit in einer langen Reihe von 
Steinbrüchen deutlich geschichtet, in St. 11 mit 50 Grad gegen 
S. einfallend aufgeschlossen. Die blosgelegten Schichten 
mögen einer Mächtigkeit von 4 bis 5 M. entsprechen. Nahe 
im Hangenden derselben steht schwarzer dünnblättriger Schiefer 
an. Im südwestlichen Fortstreichen schliessen sich alte ver- 
schüttete Steinbrüche an, welche die Fortsetzung des Quar- 
zites nach dieser Richtung erkennen lassen. Weiterhin auf 
der Westseite des Weges nach dem Elgershäuserhofe erheben 
sich in dem Forstdistriette Buchschirm grosse Felsen von 
Quarzit zu einer Höhe von 5 bis 7 M. über den umgebenden 
Boden. Dieselben zeigen ausser einer regelmässigen winkel- 
rechten Zerkluftung ein deutliches Einfallen in St. 10%), mit 
50 Grad gegen SSO. Das Gestein, aus dem dieselben bestehen, 
unterscheidet sich in keiner Weise von dem vorhergehend be- 
merkten. Auffallend sind einige runde Aushöhlungen an die- 
sem Felsen. Die grösste von etwa 0,5 bis 0,6 M. Durch- 
messer und einer Tiefe von 0,5 M. zeichnet sich dadurch aus, 
dass sie von unten nach oben geht, sich also kuppelförmig 
schliesst. 

Die Entfernung dieser Felsen im Buchschirm von dem 
zuerst beendeten Auftreten der Quarzitblöcke beträgt 1,5 Km. 
und die dazwischen liegenden Stellen weichen nur wenig oder 
gar nicht von der geraden Linie ab, welche die Endpunkte mit 
einander verbindet. Von dem gedachten Felsen verbreiten sich 
Quarzitblöcke besonders über die wenig gegen S. geneigte 


 Haidefläche östlich des Weges nach dem Elgershäuserhofe, 


vielfach mit Basaltblöcken gemengt, welche wohl besonders 
vom Hinsteine, weniger vom Greifensteiner Schlossberge her- 
rühren. Früher habe ich es für wahrscheinlich gehalten, 
dass diese Quarzitblöcke nur von dem nördlichen Lager stam- 
men, theils weil mir ähnliche weite Verbreitungen von Blöcken 
solcher unzerstörbaren Gesteine, namentlich auch von Quarzit, 
bekannt waren, theils weil ihre Untermengung mit den Ba- 
salten des Hinsteins dafür zu sprechen scheint. Inzwischen 
möchten sie doch wohl theilweise einem zweiten oder einigen 
südlicher gelegenen Quarzitlagern ihren Ursprung verdanken. 
Für die vorliegende Frage: ob diese Quarzite ein untergeord- 


50* 


764 


netes Glied der hier verbreiteten Culmbildung sind, oder einem 
viel tieferen und sonst innerhalb des ganzen devonischen und 
carbonischen Gebietes der rechten Rheinseite gänzlich unbe- 
kannten Gebirgsgliede angehören, ist es ohne Bedeutung, ob 
hier nur ein Quarzitlager oder mehrere auftreten. 


Es ist zu bemerken, dass wenn auch die Unterlage dieser 


Blockverbreitung grösstentheils unbekannt ist, doch 250 M. 
westlich des Schlosses an der Krümmung des Weges graue 
feste Schiefer und 560 M. weiter gegen S. an dem Waldrande 
des Wolfsgalgen schwarzgrauer Kieselschiefer mit schmalen 
Lagen von Quarzit in einigen Schürfen aufgedeckt ist und die 
Blöcke noch weiter gegen S. reichen. Die Blöcke, worin die 
Pentameren gefunden werden, liegen SSW etwa 500 M. von 
jenen Schürfen entfernt. Der von RoEMER (pag. 755) ange- 
führte, auf wenigstens 8 Cub.-F. geschätzte Block, scheint nach 
der vom Bergmeister RiEMAnN auf meine Bitte vorgenommenen 
Untersuchung nur die oberste, aus dem Boden hervorragende 
Spitze eines anstehenden Quarzitlagers zu sein. Damit wurde 
die Thatsache in Uebereinstimmung sein, dass sich früher die 
nach und nach besonders durch Mineralienhändler beseitigten 
versteinerungsreichen Blöcke in der Streichungslinie der Schich- 
ten in St. 4/, auf eine Länge von 160 M. gefunden haben. 
Von dem Felsen im Buchschirm ist der Quarzit übrigens 
noch weiter im südwestlichen Fortstreichen zu verfolgen. Der- 
selbe findet sich am Wege von frreifenstein nach Wallendorf 
in einer Schlucht anstehend und am Abhange in vielen 
Blöcken, endlich im Ulmbachthale auf der rechten Seite unter- 
halb Wallendorf in Felsen. Hier unterscheidet er sich von 
dem vorhergehenden nur durch eine etwas graue Färbung, 
sonst ist er demselben gleich, ebenso mit Adern von milch- 
weissem, fettglänzendem Quarz durchzogen. Zwischen Wallen- 
dorf und Beilstein auf der linken Seite des Ulmbachs stehen 
die gewöhnlichen schwärzlich grauen Culmschiefer an. Die 
Entfernung des zuletzt erwähnten Quarzits von dem Felsen im 


Bucbschirm beträgt 1,5 Klm., so dass derselbe überhaupt auf 


eine streichende Länge von 5 Klm. im Hangenden und Lie- 


genden von gleichfallenden Culmschichten begleitet bekannt ist. 


In der südwestlichen Fortsetzung des Kieselschiefers vom 
Wolfsgalgen zieht eine grabenartige Schlucht nach dem Ulm- 
bach. In derselben sind die Schichten theils natürlich entblosst, 


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765 


theils durch Schüurfe aufgeschlossen. Dieselben fallen in St. 11 
mit 55 Grad gegen S. und bestehen aus dünnblättrigen, 
schwarzen Schiefern, die zum Theil so fest sind, dass sie sich 
zu Dachschiefern eignen durften, aus Alaunschiefer mit vielem 
Eisenkies (Pyrit) in Schnuren und Nieren, sehr kohlehaltig, 
aus grauem und schwarzem Kieselschiefer (Lydit) mit feinen 
Adern von weissem Quarz, auch aus Plattenkalk, der auch 
nierenförmig im Schiefer auftritt, und endlich aus einzelnen 
Sandsteinlagen, die den Uebergang des Culm in den Flötz- 
leeren vermitteln. Diese Schichtenfolge ist recht charakte- 
ristischer Culm und liegt im Hangenden des Quarzitlagers im 
Buchschirm und, wenn das Pentamerus-führende Lager da an- 
steht, wo die Blöcke liegen, in dessen Liegenden. 

Aus früheren Begehungen ergiebt sich, dass im Wege von 
der Sinnerhütte nach Fleisbach milder, graugrüner, glänzender 
Schiefer ansteht, demjenigen gleich, welcher auf der linken 
Seite des Dillthales häufig im Culmzuge auftritt, dass am Ab- 
hange östlich von Fleisbach milder grauer, an der Oberfläche 
leicht zerfallender Schiefer vorkommt und bei dem Orte selbst 
grunlich grauer, schwarzer, weisser und röthlicher Kiesel- 
schiefer, wie er in dieser Gegend ausschliesslich im Culm vor- 
kommt. Diese Schichtenfolge erstreckt sich in ihrem südwest- 
lichen Fortstreichen ganz entschieden in das Liegende des 
Quarzitlagers nördlich von Greifenstein. 

Ausser dem Quarzitvorkommen im Culm bei Greifenstein 
ist noch ein zweites ähnliches am Schalsberg, nordwestlich 


"von Obercleen, ebenfalls im Kreise Wetzlar, an dem Rücken 


zwischen dem Cleebach und dem Schwingbach bekannt. Das- 
selbe gehört dem Culmzuge auf der Südseite der grossen, mit 
Flötzleerem erfüllten Mulde zwischen dem Solmsbach und der 
Lahn an. An dem Wege von Obercleen nach Vollnkirchen 
findet sich am unteren Theile des Ablanges Kieselschiefer, 
dem schwarze, dünnblättrige Schiefer mit einzelnen Kalklagen 
folgen, wieder Kieselschiefer, theilweise schwarz (Lydit) mit 


. weissen Quarzadern durchzogen. Etwas höher am Abhange 


liegen viele Blöcke von grauem Quarzit, die das Ausgehende 
eines solchen Lagers bezeichnen, da sie weiter aufwärts am 
Abhange nicht mehr vorkommen. Dieselben lassen sich über 
1 Kim. weit in südwestlicher Richtung am Abhange, also in 
der Streichungslinie der Schichten verfolgen. Auf dem Rücken 


766 


des Schalsberg steht wieder Kieselschiefer an, so dass das 
‚Quarzitlager, dessen Vorhandensein zahlreiche Blöcke bekun- 
den, auf beiden Seiten von charakteristischen Culmschichten 
begleitet wird. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, dass das- 
selbe hier ein, dem Culm untergeordnetes regelmässiges Lager 
bildet. 

In dem mit Recht berühmten Werke ‚‚das Rheinische 
Uebergangsgebirge‘‘ 1344. hat F. RoEueR den Peniamerus von 
Greifenstein als sp. indet. (?) pag. 85 bezeichnet, auf pag. 76 
und 77 aber seine Aehnlichkeit mit Pentamerus galeatus, einer 
dem Eifelkalk (Mitteldevon) angehörenden Art, und seine Ver- 
schiedenheit von Pentamerus Knightü Sow., mit dem er früher 
von GOLDFUSS und VERNEUIL verglichen worden war, hervor- 
gehoben und dieser Art Lethaea geogn. II? pag. 349 den Na- 
men Pent. Rhenanus beigelegt. Es scheint, dass seit jener 
Zeit diese Species an keiner anderen Stelle aufgefunden wor- 
den ist; ihr einziger Fundort war damals Greifenstein und ist 
es auch noch heut. Die Bemerkung (l. c. pag. 55) „der von 
Ilsenburg im Harze aufgeführte ent. Knightiü kann für sich 
allein das Vorhandensein des Aymestry-Kalkes nicht darthun, 
denn abgesehen davon, dass keine specifische Identität mit der 


englischen Art besteht, so kommt er ja auch in der rhei- 


nischen Grauwacke (bei Greifenstein) an einem Punkte vor, 
wo von einer silurischen Kalkbildung nicht die Rede sein 
kann“, dürfte wohl kaum die Bedeutung haben, dass Penta- 
merus Rhenanus mit der Art von Ilsenburg ident sei. Nicht 
ganz im Einklange mit der früheren Ansicht des Verfassers 
ist die Aeusserung in der vorliegenden Notiz pag. 757, „dass 
die Aehnlichkeit des Pent. Rhenanus mit Pent. Knightü, mit 
welcher Art sie von früheren Autoren meistens vereinigt 
wurde, sehr gross ist.* Wie dem nun aber auch sein mag, 
ob Pent. Rhenanus mehr Aehnlichkeit mit einer silurischen oder 
mit einer mitteldevonischen Art besitzen mag, scheint es mir 
hierauf bei der Entscheidung der Frage: ob der Quarzit von 
Greifenstein silurisch oder einem älteren Gliede des Unter- 
devon als die Rheinische (Coblenzer) Grauwacke zuzurechnen, 
oder ob derselbe carbonisch ist, gar nicht anzukommen. Dieser 
Quarzit enthält eben nur eine einzige bestimmbare Versteine- 
rung, welche sonst an keiner anderen Stelle bekannt ist, und 


767 
also auch für keine bestimmte Formation als unmittelbarer 
Beweis gelten kann. 

Die Möglichkeit, dass das Eins Peniamerus, welches aus 
dem Silur noch in mehreren Arten bis in das Mitteldevon und 
noch bis an das Oberdevon reicht, auch noch bis in die un- 
teren Glieder des Carbon sich in einer sonst nicht weiter be- 
kannten Species, wenn auch in vielen Exemplaren, erhalten 
habe, wird aus allgemeinen Gründen gewiss nicht bestritten 
werden können. Nur die Lagerung der Schicht, welche den 
Pent. Rhenanus einschliesst, kann über dessen Stellung in der 
Altersreihe der Fossilien entscheiden und danach ist derselbe 
entschieden für eine carbonische Art zu halten. Wenn Fear». 
RoEMER ferner bemerkt: „Die Lagerungsverhältnisse der Pen- 
tamerus-führenden Quarzite gegen die Grauwacke, ebenso wie 
die etwaige weitere Verbreitung derselben werden durch spe- 
cielle Aufnahmen an Ort und Stelle näher festzustellen sein“, 
so räumt er dadurch selbst ein, dass er die Beweisfuhrung, 
diese Quarzite seien silurisch, schuldig geblieben ist. Die Be- 
merkung, „diese Quarzite mussen älter sein, als die Coblenzer 
Grauwacke, denn im anderen Falle müssten sie sich auch 
anderwärts in oder über dieser haben nachweisen lassen“ kann 
wohl kaum für eine solche gehalten werden. 

Es mögen hier nur noch zwei Bemerkungen Platz finden. 
l. Fzrp. RosmeER beschreibt „steil aufgerichtete Thenschiefer 
mit Quarzschnuren nahe westlich von Greifenstein, aber nicht 
von der Beschaffenheit der Culmschiefer, sondern fest und 
halb krystallinisch und augenscheinlich zur Coblenzer Grau- 
wacke gehörend.* Diese sandigen und glimmerreichen Ge- 
steine bilden aber nur dünne Lagen in gewöhnlichen schwarzen 
dunnblättrigen Culmschiefern, ausserdem sind aber bereits im 
Vorhergehenden mehrfach ähnliche Gesteine aus dem Culm 
dieser Gegend angeführt worden. Sie finden sich namentlich 
in der nordöstlichen Fortsetzung dieses Zuges an vielen Stellen. 
Dagegen besteht das Unterdevon, welches sich in diesem Be- 
zirke zwischen Aslar und Niedernbiel, bei Waldgirmes, zwi- 
schen Stockhausen und Biskirchen , bei Steindorf und nördlich 
von Braunfels zeigt, aus wechselnden Sandstein- und Schiefer- 
schichten mit Uebergängen in sandige Schiefer von grünlich 
grauer und in der Verwitterung gelber Farbe und enthält 
keine feste und halbkrystallinische Schiefer. Die Durchtrü- 


768 


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merung mit Quarzschnüren dürfte aber gerade in dieser Ge- 
gend um so weniger als ein Merkmal des Unterdevon ange- 
führt werden, als diese Erscheinung beim Flötzleeren am 
stärksten und verbreitetsten hervortritt. 

2. Das Oberdevon ist in dieser Gegend zwischen Fleis- 
' bach, Edingen und Greifenstein sehr verbreitet, und bildet mit 
Schalstein, Diabas und Mandelstein verbunden die unmittelbare 
Unterlage der Culmschichten bier, wie in dem ganzen Bezirke. 
Bei den Angaben über das locale Auftreten der Schichten ist 
dasselbe zur Vereinfachung der Marstellung bisher unberück- 


sichtigt geblieben, doch ist es von Wichtigkeit, Folgendes hier 


zu bemerken. Bei der Begehung der Gegend machte Herr 
Bergmeister RıEmans auf einen älteren verlassenen Eisenstein- 
schurf, nahe südlich von der Stelle aufmerksam, wo sich die 
Quarzitblöcke mit Peniamerus finden, in dem ein röthlicher 
und hell weisslichgrauer Kalkstein entblösst ist. Derselbe 
enthält Stielglieder von Crinoiden, einige wenige Corallen und 
undeutliche Muschelreste und konnte nach dem sonst in der 
Gegend bekannten Vorkommen nur für Oberdevon (Kramenzel- 
Kalkstein) gehalten werden. Aus diesem Kalkstein war es 
indessen Herrn Prof. Strenge und Herrn MAURER aus Darm- 
stadt gelungen, einige Trilobiten zu erhalten, die sie in Mün- 
chen bei der Versammlung der deutschen geologischen Gesell- 
schaft (im August d. J.) Herrn Geh. Rath Fern. RoEMER mit- 
theilten und die für obersilurische Formen erkannt wurden, 
wenn auch dort eine sofortige definitive Bestimmung nicht 
möglich war. Dieser Fund, für die dortige Gegend von so 
hervorragender Wichtigkeit, gab Veranlassung, dass Herr Berg- 
meister RIEMANN diesen Schurf von Neuem aufräumen liess, 
wobei sich denn mehrere Trilobitenreste fanden, die vorzugs- 
weise dem Genus /roetus und Bronteus angehören, denen 
Professor SchLüter nachstehende Bemerkungen hinzuzufügen 
die Freundlichkeit hatte. „Beide Genera haben ihre Hauptent- 
wickelung im Öbersilur, sind aber noch reichlich bis ins 
Mitteldevon vertreten, wo sie plötzlich zu erlöschen scheinen. 
Die naheliegende Vermuthung, dass sich diese Exemplare auf 
bekannte Arten der Eifel möchten zurückführen lassen, hat 
sich nicht bestätigt. . Es liegen wenigstens zwei Proetus-Arten 
vor, von denen nach den Glabellen keine mit einer der drei 
Eifel-Arten übereinstimmt. Die eine ist durchaus abweichend, 


769 


die andere kommt zwar dem Pr. Cuvieri der Eifel nahe, unter- 
scheidet sich aber bestimmt durch anders gebaute Stirn, tiefe 
scharfe Hinterfurche und Fehlen der Tuberkel. Aehnliche vom 
Nackenringe sich ablösende Tuberkel haben nur Pr. Bohemicus 
CrnD. und Pr. orbitatus Barr., beide aus mittlerem Obersilur 
F. von Konieprus. Die vorliegenden Stücke kommen dem 
Pr. Bohemicus am nächsten und würde über deren Identität 
kein Zweifel sein, wenn die böhmischen Exemplare die ge- 
nannten Tuberkeln nicht deutlicher zeigten. Die zweite Art 
ist von dem böhmischen Proetus complanatus BARR., ebenfalls 
aus Obersilur F. wohl nicht verschieden. Die Pygidien gehören 
ebenfalls wenigstens zwei Arten an, sind von denen der Eifel 
verschieden, lassen sich aber auch nicht mit gleicher Wahr- 
scheinlichkeit auf bekannte böhmische Arten zurückführen. 
Die Mehrzahl steht dem gewöhnlichen Proetus Ouvieri der Eifel 
nahe, ist aber davon verschieden und nimmt etwa die Mitte 
ein zwischen Pr. Bohemicus und Pr. orbitatus BaRR. aus dem 
Obersilur F. von Konieprus. Bei anderen nicht gut erhaltenen 
ist an Proetus oder Lichas zu denken und an Formen wie 
Proetus 'planicauda Barr. oder solche, die zwischen Lichas 
palmata und L. heteroclyta BArR. stehen. Von den Pygidien 
der Bronteus- Arten sind besonders diejenigen mit gezähneltem 
Rande hervorzuheben. Es giebt deren nur zwei. Die vor- 
liegenden unterscheiden sich von Dr. thysanopeltis BARR. durch 
einen verschiedenen Umriss und verhältnissmässig etwas 
grössere Spindel, von Br. acanthopeltis SCHNUR aus der 
Eifel durch die nur halb so grosse Anzahl der Spitzen 
am Rande des Pygidiums.. Die anderen Pygidien, welche 
Bronteus-Arten zuzurechnen sind, können ihrer mangelhaften 
Erhaltung wegen nicht näher bestimmt werden. Endlich ist 
noch ein Pygidium vorgekommen, welches einem Phacops an- 
gehört, ob aber dem gewöhnlichen Phacops latifrons der Eifel 
oder dem obersilurischen Phacops breviceps BArR, von Konie- 
prus dürfte kaum zu entscheiden sein.“ 

Wenn nun auch hiernach kein entscheidendes Urtheil über 
die Stellung und das Alter dieses Kalksteins gefällt werden 
mag, so ist dessen Fauna doch von der Art, dass derselbe 
zunächst für obersilurisch zu halten wäre und dass hierin eine 
dringende Aufforderung liegt, diese Gegend einer wiederholten, 
sehr genauen Untersuchung zu unterwerfen. Gewiss sehr mit 


770 


Recht hob Professor BerrıcH auf der Versammlung in Mün- 
chen hervor, dass die Bestimmung der auf einander folgenden 
Etagen des rheinischen Devons eine brennende Frage ge- 
worden sei. Die Schwierigkeit dieses Unternehmens ist bei 
den verwickelten Lagerungsverhältnissen und bei der mangel- 
haften Kenntniss der Fundpunkte von Versteinerungen überaus 
gross. Den Versuch, den A. Dumont vor 30 Jahren gemacht 
hat, kann ich, soweit meine Kenntniss reicht, nur für verfehlt 
halten. 
Inzwischen möchte ich einstweilen die Ansicht, dass der 


hier in Frage stebende Kalkstein südlich von Greifenstein, 


ungeachtet des Widerspruchs der Versteinerungen, doch dem 
Oberdevon angehöre, nicht aufgeben. Möglich ist es immer, 
dass sich eine genauere Kenntniss der ganzen Fauna dieser 
Abtheilung in ihren verschiedenen Etagen dieser Ansicht künftig 
besser anschliessen wird, als es gegenwärtig der Fall ist. 
Wenn das Vorkommen des Pentamerus Rhenanus im Culm 
sehr auffallend erscheinen und zu neuen Zweifeln über die 
Altersbestimmung des Quarzites bei Greifenstein Veranlassung 


geben möchte, so ist doch an einige Fälle ähnlicher Art zu 


erinnern, in denen sich paläontologische Schlusse sehr geändert 
haben. Fern. RoEMER nennt (Rhein. Uebergangsgeb. pag. 14) 
das Pleurodietyum problematicum den räthselhaftesten und 
zugleich bezeichnendsten unter den fossilen Körpern 
der Grauwacke (Coblenzschichten). A. Dumont schloss aus 
dem Vorkommen desselbeu bei Constantinopel auf das unter- 
devonische Alter der dortigen Schichten. FERD. RoEMER bil- 
dete 1863 daraus eine neue Species Pleur. Constantinopolitense 
und theilte sie dem Mitteldevon zu. Dr. R. Ste fand das 
Pleur. problematicum in den COalceolaschiefern (Lenneschiefern) 
am Fusse des Briloner Eisenbergs, also in der unteren Ab- 
theilung des Mitteldevon. Dr. E. Kayser hob 1871 das Fehlen 
des Pleur. problematicum in den Vichter Schichten, der obersten 
Abtheilung des Unterdevon, hervor und erkannte dagegen 1873 
(Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. 25. pag. 671) nach den Beob- 
achtungen von GOSSELET in Frankreich und Belgien das Vor- 
kommen desselben bis an die obere Grenze des Unterdevon, 
bis in den körnigen Rotheisenstein mit Spirifer cultrijugatus 
hinauf an. Diese Bestimmungen sind erfolgt, nachdem 1850 


ein ‚Fossil im Kieselschiefer des unzweifelhaften Culm gefunden 


771 


' war, welches Aehnliehkeit mit Pleurodietyum besitzt, wenn es 
gleich von Pleur. problematicum specifisch verschieden ist. 
(Verh. d. naturhist. Ver. 1850 Jahrg. 7. pag. 201.) 

-Aus anderen Formationen sei nur erwähnt, dass lange 
Zeit das Genus Belemnites als mit der Kreide erloschen be- 
trachtet wurde, bis U. ScHLöNBACH dasselbe im Tertiär Ober- 
Italiens im Belemnites rugifer und ZırteL kürzlich im Tertiär 
Afrika’s auffand. Das Genus Ceratodus hat lange Zeit als 
leitend für Lettenkohle (Trias) gegolten, bis der merkwürdige 
Ceratodus Forsteri lebend in Australien und Ceratodus Bar- 
randei 1874 in dem Carbon Böhmens in den Gasschiefern des 
Rakonitzer Beckens gefunden wurde. 

Die Notiz von Ferp. RoeMErR enthält noch eine Aeusse- 
rung über das Alter der Wissenbacher Schiefer. Der Ver- 
fasser stimmt der Ansicht bei, die Dr. C. Koch in den Verh. 
 d. naturh. Vereins 1872 Jahrg. 29. Corresp.-Bl. pag. 84 auf- 
gestellt hat, nach welcher dieselben älter als die Coblenzer 
Grauwacke sein sollen, und ist der Meinung, dass diese An- 
sicht bei genauerer Prüfung der Lagerungsverhältnisse sich 
auch stratigraphisch wird erweisen lassen. Er schreibt den- 
selben jedoch kein silurisches Alter zu, findet es vielmehr an- 
gemessen, die Grenze so zu ziehen, dass diese Goniatiten- 
führenden Wissenbacher Schiefer noch in das Bereich der 
devonischen Formation fallen. Ich theile dagegen die Ansicht | 
der Herren SANDBERGER (die Verstein. des Rhein. Schichten- 
systems in Nassau pag. 481 fi.), dass die Wissenbacher 
Schiefer einer oberen Stufe der Coblenzer Schichten angehören, 
dass ihnen eine Stelle zwischen dem Unterdevon ' und dem 
mitteldevonischen Eifelkalkstein zukommt. Genauer lässt sich 
die Stellung dieser Schiefer deshalb nicht angeben, weil in 
ihrer Umgebung das oberste Glied des Unterdevon (Vichter 
Schichten E. Kayser) und das unterste Glied des Mitteldevon 
Calceola- und Lenne - Schiefer nicht nachgewiesen ist. Dr. 
©. Koch hat, um seine damalige Ansicht über das höhere 
Alter der Wissenbacher Schiefer, an der er aber, soweit mir 
bekannt ist, gegenwärtig nicht mehr festhält, mit den Lage- 
rungsverhältnissen in Uebereinstimmung zu bringen, angenom- 
men, dass dieselben durch die an ihrer Grenze auftretenden 
Eruptiv - Gesteine gehoben und überstürzt seien. Diese An- 
nahme scheint mir mit den thatsächlichen Verhältnissen in 


772 


Widerspruch zu stehen. Das Diabaslager, welches die Wissen- 
bacher Schiefer auf ihrer Südseite, im Hangenden auf eine 
Längenerstreckung von 27,5 Klm. von Langenaubach bis 


Quotshausen regelmässig, ohne Unterbrechung begleitet und 


ebenso gleichförmig erst von Schalstein und dann beim Ver- 
schwinden desselben in der Gegend von Lixfeld von Schichten 
des Oberdevon überlagert wird, ist zweifellos gleichzeitig mit 
den umgebenden sedimentären Schichten gehoben worden und 
kann mithin die Hebung der letzteren nicht veranlasst haben. 
Eine regelmässige Schichtenfolge setzt am Südwestrande der 
Wissenbacher Schiefer, wo sie unter den basaltischen Gestei- 


nen des Westerwaldes hervortreten, von dem Unterdevon bei 


Niederdresselndorf durch diese Schiefer, das Diabaslager, Schal- 
stein bis in die obere Abtheilung des Eifelkalksteins, den Strin- 
gocephalenkalk (E. Kayser) fort. Der hier vorkommende 
Schalstein mag wohl für den Vertreter der unteren Abtheilung 


des Mitteldevon anzusprechen sein. Weiter gegen Nordost, in 


der Gegend von Simmersbach und Lixfeld ist die Stellung der 
Wis$enbacher Schiefer weniger bestimmt. Sie liegen auf dem 
Unterdevon, werden von demselben Diabaslager, wie vorher 
bedeckt, dieses aber unmittelbar von Oberdevon, über welchem 
Culm folgt. Die regelmässige Lagerung der Wissenbacher 
Schiefer zwischen Unterdevon und Mitteldevon, dann zwischen 
Unterdevon und ÖOberdevon ist von Niederdresselndorf an bis 
auf die linke Seite der Lahn zwischen Wallau und Biedenkopf 
auf eine Länge von 41 Klm. zu verfolgen. Die Hauptfund- 
stelle der bekannten, diese Schichtengruppe auszeichnenden 
Versteinerungen, welche nur durch den Betrieb der Dach- 
schiefergruben aufgefunden worden sind, liegt in dieser Zone 
und ist der Zusammenhang derselben nach beiden Seiten hin 
unzweifelhaft. Innerhalb der Wissenbacher Schiefer treten 
Eruptivgesteine auf, welche von C. Koc# und R. Lupwie als 
Diorit bezeichnet worden sind. Ich habe dieselben auf der 
Section Laasphe der geol. Karte der Rheinprovinz als „Grün- 
steine von nicht näher bekannter mineralogischer Beschaffen- 
heit“ aufgeführt. Eine nähere mineralogische Bestimmung der- 
selben ist mir auch bisher nicht bekannt. Diese Gesteine 
bilden in den Schiefern stellenweise schichtförmige Einlage- 
rungen, die sich zwar ziemlich regelmässig aneinander reihen, 
aber doch nicht in der Art unmittelbar zusammenhängen, wie 


7173 


das oben erwähnte Diabaslager. Dr. C. Kock fuhrt in seiner 
vortrefflichen Abhandlung „Paläozoische Schichten und Grün- 
steine in den Aemtern Dillenburg und Herborn 1858 pag. 36“ 
an, dass die sedimentären Schichten in der Nähe der Diorite 
gestört seien, dass sich in der scharfen Begrenzung der letz- 
teren Kieselschiefer-ähnliche Contactgesteine in schmalen Bän- 


dern zeigen und dass in deren Nähe Quarzgänge häufig seien. 


Bei der Regelmässigkeit der Lagerung im Hangenden und 
Liegendeu der Diorite wird denselben aber kaum ein wesent- 
licher Einfluss auf das räumliche Verhalten der umgebenden 
Schichten einzuräumen sein. Wenn auch der intrusive Cha- 
rakter der Diorite festgehalten wird, kann doch die Folgerung 
nicht abgewiesen werden: dass die Wissenbacher Schiefer zwi- 
schen dem Unterdevon und einer der höheren Abtheilungen 
des Mitteldevon abgelagert worden sind. Das Hervorschieben 
einer regelmässigen Schichtenzone zwischen zwei anderen 
ebenfalls regelmässigen Zonen mit gleichen Fallwinkeln durch 
eruptive Massen, sei es innerhalb der ersteren oder an einer 
ihrer Grenzen, würde immerhin grosse Störungen auf der 
Scheide des Unterdevons oder des Mitteldevons bedingen, von 
denen aber in der ganzen Längenerstreckung dieses Zuges der 
Wissenbacher Schiefer nichts wahrzunehmen ist. 

Das zweite Vorkommen dieser Schiefer, viel weniger aus- 
gedehnt, liegt an der Lahn bei Balduinstein und in südwest- 
licher Fortsetzung über Cramberg, Steinsberg bis gegen Brem- 
berg, zwischen den beiden letzteren Orten vom Ruppbach 
durchschnitten. Die Längenerstreckung dieser Schiefer über- 
steigt nicht 6 Klm. Bei Balduinstein liegen dieselben zwischen 
Coblenzschichten, Stringocephalenkalk (obere Abtheilung des 
Eifelkalks) und Schalstein, Dieser letztere ist gegen SW nicht 
über Steinsberg hinaus bekannt, und dann erscheinen die 
Wissenbacher Schiefer als eine schmale Mulde im Unterdevon. 
Eine andere Auffassung der Lagerungsverhältnisse ist nach dem 
Auftreten des Eifelkalksteins und des Schalsteins nicht wohl 
zulässig. Auf der Strecke Steinsberg gegenüber und von der 
Lahn durchschnitten liegt ein Diabaslager auf der Scheide des 
Unterdevon und der Wissenbacher Schiefer, welches auf der 
Section Coblenz der geolog. Karte der Rheinprovinz den mi- 
neralogisch unbestimmten Grünsteinen zugerechnet worden ist. 
Die Lagerung stimmt hiernach mit dem Zuge bei Wissenbach 


x 


774 


überein und entspricht nicht der Ansicht von C©. Koch, dass 


diese Schiefer hier steil aufsteigende Sättel bilden, welche 
unter den Coblenz - Schichten (Spiriferen -Sandstein) bervor- 
treten. SANDBERGER |. c. pag, 482 führt auch noch die Dach- 
schiefer von Langhecke, südöstlich von Aumenau als hierher 
gehörend an. Da sie aber ungeachtet des langanhaltenden und 
bedeutenden Betriebes, so weit mir bekannt, keine Versteine- 
rungen geliefert haben, so mag es dahingestellt sein, ob sie 
hierher zu ziehen sind. Die Lagerungsverhältnisse würden 
dieser Ansicht nicht entgegenstehen. 


Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass Herr GRANDJEAN, 


dem die Wissenbacher Schiefer wohl bekannt sind, vor Kur- 
zem bei Olkenbach am Alfbach in der Eifel, inmitten der 
Coblenzschichten (des Unterdevon) und zwar in der sudwest- 
lichen Verlängerung des zwischen Uest und Alf sich erstrecken- 
den Condelwaldes Versteinerungen des Wissenbacher Schiefers 
in petrographisch gleichen Schiefern in demselben in Pyrit 
vererzten Zustande wie bei Wissenbach aufgefunden hat. Sie 
gehören den dort gewöhnlichen Arten an; nach der Bestim- 
mung von C©. Koch sind es folgende: 


Goniatites circumflezifer, 


; lateseptatus, 
> compressus, 
Bactrites graeilis, 
5 carinatus, 


Orthoceras regulare SDBGR. (gracile RoEM.), 
Bactrites subconicus SDBGR. 
Pleurotomaria sp. 


Das ist allerdings nur eine geringe Zahl gegen 63 Species, 
welche SAnDBERGER |. c. pag. 482 bereits 1856 aufgeführt 
hat. Seit dieser Zeit hat C. KocH noch viele neue Species 
bei Wissenbach aufgefunden, bisher aber noch nicht bekannt 
gemacht. So lange die Localität von Olkenbach nicht näher 
untersucht ist, dürften aus diesem Vorkommen keine weiteren 
Schlüsse über die Stellung zu ziehen sein, welche die Wissen- 
bacher Fauna in der Reihenfolge der devonischen Versteine- 
rungen einnimmt. Wenn nun dieselbe eine gewisse Annähe- 
rung an obersilurische Formen zeigt und daraus der Schluss 
gezogen worden ist, dass diese Schiefer eine Stelle zwischen 


a 775 


Obersilur und Unterdevon, oder an der unteren Grenze dieser 
letzteren Formation einnehmen, so möchte dabei wohl unbe- 
rücksichtigt geblieben sein, dass über diese Stellung nicht der 
bisher bekannte Üharakter der Versteinerungen, sondern nur 
das Lagerungsverhältniss entscheiden kann. Dies zeigt aber, 
dass Formen, welche im Obersilur beginnen, sich in ähnlicher 
Weise bis zur obersten Grenze des Unterdevon gegen das 
Mitteldevon erhalten haben, wenn sie auch bisher in den da- 
zwischen liegenden Schichten nicht aufgefunden worden sind, 
was, wie die Entdeckung des Herrn GRANDJEAN zeigt, doch 
wohl noch geschehen könnte. 


2, Ueber die Bırumes’sche Gattung Pasceoius und 
ihre Verbreitung in paläozeischen Ablagerungen. 


Von Herrn Emanuer Kayser ın Berlin. 
Hierzu Tafel XX. 


Im Laufe dieses Früuhjahrs wurde mir von Professor vom 
Rıta in Bonn das Tafel XX. abgebildete, aus dem Mittel- 


devon der Eifel stammende Fossil zur Bestimmung übersandt. 


Dasselbe stellt einen kurzbirnförmigen Körper dar, dessen mit 
Gesteinsmasse erfüllter Innenraum von einer höchstens 2 Mm. 
dicken Schale umschlossen wird, welche aus flach convexen, 
hexagonalen, in gerade Reihen geordneten Plättchen zusammen- 


gesetzt ist. Der Umstand, dass die letzteren nicht aus spä- 


thigen, sondern — worauf Herr vom RATH mich aufmerksam 
machte — aus dichtem Kalk von schwach durchschimmernder 
Beschaffenheit und hornähnlichem Ansehen bestehen, sprach 
für mich sog’eich gegen die Deutung des Petrefactes als Pro- 
boseis eines Crinoiden. Derselbe Umstand setzte sich aber 
auch der Zurechnung des Körpers zu der Ordnung der Cysti- 
deen entgegen, die sich übrigens schon dadurch zu verbieten 
schien, dass trotz der vortreflichen Erhaltung der Oberfläche 
keine Spur von den für jene so charakteristischen sogen, 
Kelchporen wahrzunehmen war. Dagegen brachte mir die 
allgemeine Gestalt des Restes und die Art seiner Platten- 
bekleidung bald ähnliche von BıLLings unter der generischen 
Bezeichnung Pasceolus beschriebene Körper aus nordamerika- 
nischem Silur in Erinnerung. *) BiLLınes weist denselben keine 
bestimmte Stellung im zoologischen System an, deutet indess 
bereits auf eine mögliche Verwandtschaft mit EıchwaLp’s Cyelo- 
crinus aus russischem Silur**), sowie besonders mit dem von 


*), BırLınes, Report geol. Survey of Canada (1857) pag. 342; Pa- 
läozoic fossils (1865) pag. 390; Catal. Silur: fossils of Anticosti (1866) 
pag. 69. 

**) EıcuwaLp, Lethäa Rossica vol. L, pag. 637 t. 32. f. 20. 21. 


TEN - 
Paıtuips als Sphäronites tesselatus aus . englischem Devon *) 
 beschriebenem Fossil hin. Die Beziehung der nordamerika- 
nischen Formen zur genannten EıcuwaALp’schen Gattung lässt 
sich bei der grossen bis jetzt über dieselbe herrschende Un- 
_ klarheit nicht mit: Sicherheit feststellen; die Uebereinstimmung 
mit dem englischen Devonfossil aber ist so gross, dass an 
ihrer Zusammengehörigkeit kaum zu zweifeln sein dürfte. Mit 
der fraglichen englischen Form stimmt nun weiter eine im 
mitteldevonischen Kalk von Vilmar vorkommende Art, von der 
ich in Figur 2. ein schon vor langen Jahren von Professor 
Buyrıca aufgefundenes, mir für vorliegende Arbeit gütigst 
überlassenes Exemplar habe abbilden lassen, auf das Voll- 
ständigste überein. Diese Uebereinstimmung ist übrigens schon 
längst von F. Roemer erkannt worden, der das mir vorliegende 
Stuck in BerrıcH’s Sammlung gesehen hatte und es in seinem 
„Rheinischen Uebergangsgebirge* als ‚Sphäronites tesselatus 
Paıtt. beschreibt.**) Weiter gehört wahrscheinlich auch der 
auch schon vor langer Zeit durch VERNEUIL aus dem russischen 
_ Devon bekannt gewordene Sphäronites tesselatus hierher***), 
der zwar schwerlich specifisch mit der englischen Art zu ver- 
einigen, aber wohl auch zu Pasceolus zu rechnen sein wird. 
Endlich hat in neuester Zeit SALTER auch aus englischen 
Obersilurschichten zwei hierher gehörige Arten bekannt ge- 
macht.f) 

All’ die genannten Körper zeichnen sich durch ihre im 
Allgemeinen kugelige, bald mehr der Birn- oder Ballonform, 
- bald mehr der Trichterform genäherte, nach unten zu oft stiel- 
formig, verlängerte Gestalt aus. Nur eine Art (7. globosus 
BitL.) hat gewöhnlich eine halbkugelförmige Gestalt mit brei- 


=) PnıLuips, Paläozoic fossils ete, pag 135. t. 59. 

*#) ], ec. pag. 64. — Auch die Brüder Sanperser erwähnen das 
Fossil von Vilmar in ihrem bekannten Werke über nassauische Devon- 
versteinerungen und geben davon (pag. 384 u. 385) zwei Abbildungen. 
Von diesen stellt die letztere ein auffallend kugeliges, kurzgestieltes, die 
erstere ein schlankeres, am unteren (?) Ende umgebogenes Exemplar dar. 
In der Form der Tafeln scheinen beide vollständig mit dem mir vorlie- 
genden Stücke. übereinzustimmen. 

**#) Murch., Vern., Keyseke., Geol. Russ. vol. II. pag. 381. t. 27. f.7. 

+) Bısessy, Thesaurus Siluricus, pag. 192; Sauter, Catal. Cambr. 
and Silur. fossils Geol. Mus. Univers, Cambridge pag. 175. 

Zeits. d. D. geol. Ges. XXVII. 4. 5 51 


778 
ter, flacher Unterseite. Indess scheint dieselbe nur durch Ver- 
drückung bedingt zu sein, da man an demselben Fundorte 
neben den halbkugligen auch nahezu vollständig kuglige Exem- 
plare findet. All’ die so gestalteten Körper sind mit einem 
aus einer einfachen Lage hexagonaler Plättchen zusammen- 
gesetzten Integument bekleidet. Dass diese Plattendecke die 
äussere Schale des Thierkörpers bildete und nicht etwa nur 
der inneren Lage eines aus einer doppelten Plattendecke be- 
stehenden Integumentes (ähnlich dem von Receptaculites) ent- 
spricht, wird aus meiner Figur lb deutlich, wo man Serpeln 
direct auf der Schale aufgewachsen findet. Die Täfelchen 
sind gewöhnlich von sechsseitiger Gestalt und in gerade, senk- 
rechte Reiben geordnet. Zuweilen schieben sich indessen in. 
unregelmässiger Weise einzelne Plättchen oder auch ganze 
Plattenreihen ein und dadurch kann die Regelmässigkeit ihrer 
Form und Anordnung sehr beeinträchtigt werden. Ein Beispiel 
für die regellose Einschiebung einzelner Plättchen bietet Bır- 
ıınas’s Figur 366. (l. c.), während die Einschiebung ganzer 
Plattenreihen - durch meine Figur 1b veranschaulicht wird, 
Während hier die Plattenreihen im Uebrigen in regelmässiger 
Weise nebeneinander liegen, so wird an einer einzigen Stelle 
— da wo der Buchstabe x steht — ein Täfelchen sozusagen 
axillar und trägt zwei Plattenreihen, zwischen die sich weiter 
aufwärts noch eine dritte einschiebt. Nach unten zu pflegen 
die Täfelchen an Grösse abzunehmen, was darauf hinweist, 
dass das untere Ende den Ausgangspunkt des Wachsthums 
bildet. Vielleicht war das Thier mit jenem Ende auf anderen 
Gegenständen festgewachsen; doch hat sich bis jetzt noch an 
keinem Exemplare eine Ansatzstelle erkennen lassen, ‚so dass 
es wahrscheinlicher ist, dass dasselbe frei im Meeresschlamme 
steckte. Die nordamerikanischen Formen sind fast immer nur 
als Steinkerne erhalten. Nur an einem Exemplare konnte 
Bıruınss einen kleinen noch erhaltenen Rest des ursprüng- 
lichen Integuments erkennen. Er beschreibt dasselbe als 
„of a translucent, horny color“ und diese Charakteristik ent- 
spricht so sehr der oben erwähnten Beschaffenheit meiner 
beiden rheinischen Stucke, besonders des Eifler, dass man die 
dichte Beschaffenheit der Kalkschale vielleicht als charakte- 
ristisch für alle hierher gehörigen Formen ansehen darf. Bei 
allen Pasceolus - Arten haben weiter die Täfelchen eine flach 


| convexe Gestalt. Wenn Bırnınas von P. globosus angiebt, dass 
die Täfelchen manchmal flach oder auch concav seien, so 
rührt diese Form wahrscheinlich ebenso wie die meist halb- 
 kugelförmige Gestalt jener Art von der leichten Verdrückbar- 
_ keit des dünnwandigen Körpers her. Bei den beiden rhei- 
nischen Formen und ebenso bei dem englischen tragen die 
_ Täfelehen in der Mitte eine wenn auch nur schwache, so doch 
bei guter Erhaltung mit Hilfe der Lupe stets wahrnehmbare 
kleine knopfförmige Erhebung. Ausserdem konnte BıLLınas 


nach den Seiten der Tafeln hinstrahlende Erhebungen beob- 
achten. Aehnliche, indess sehr undeutliche Sculpturen glaubte 
ich hie und da auf den Täfelchen meines nassauischen Stückes 
wahrzunehmen. Recht deutlich sind dagegen an dem Eifler 
Stück den Seiten der Hexagone parallel verlaufende, einer 
Anwachsstreifung vergleichbare Zeichnungen. Bei den beiden 
letztgenannten Stücken endlich erheben sich über den Nähten 
des Sechsecks mehrfach kleine Leisten, die aus dem näm- 
lichen dichten Kalk bestehen, wie die Täfelchen. Vermuth- 
lich besassen alle hierher gehörigen Formen eine oder meh- 
rere Oeffnungen in der Schale. An meinen rheinischen 
Stücken sind solche bei ihrer Unvollständigkeit nicht beobacht- 
bar; bei den vollständigen amerikanischen Steinkernen konnte 
BirLings eine oder auch mehrere (3 bis 4) seitliche Oeffnungen 
im mittleren Theile der Schale beobachten (vergl. Paläoz. 
foss. f. 366; Silur. Foss. Anticosti pag. 71). Ob auch Oeff- 
nungen in der Scheitelregion vorkommen, ist noch ungewiss. 
Das Vorhandensein derartiger Oeffnungen überhaupt wird um 
so wahrscheinlicher, als man bis jetzt keine Spur von Durch- 
bohrung der Täfelchen, noch von im Innern derselben ver- 
laufenden Kanälen wahrgenommen hat. 

Nach Obigem lassen sich die Charaktere der Gattung 
folgendermaassen kurz zusammenfassen: 


Genus Pasceolus Bisuinas. 


Kuglige bis birnförmige Körper mit einem aus dichter 
Kalkmasse gebildeten Integument, welches aus flach convexen, 
gewöhnlich hexagonalen und in geradlinige Reihen geordneten 
Plättchen besteht. Eine oder mehrere Oeffnungen in der 
Schale sind beobachtet worden. — Bis jetzt aus nordameri- 


51l* 


kanischem und europäischem Silur und aus europäischem 


Devon bekannt, und zwar mit folgenden Arten: 


P. globosus BıLL. — Untersilur von Ottawa, Canada, 

„ Halli Bıuz. — Mittelsilur von Anticosti, C'anada, 

= gregarıys Dil. 1, = >= = 

„ intermedius BILL. — ,; en = 5 

„ sp. ind.*) Bun. — „ = “ 2 

„ Goughü Saut. — Obersilur von Benson Knott, England, 
„ Sedgwickii Saur. — Obersilur von Kendal (Westmore- 


land), England, 
tesselatus Pitt. sp. — Mitteldevon von Plymouth, Engl., 
und von Vilmar, u 
Rathi n. sp. — Mitteldevon der Eifel, 
9 sp. (tesselatus VERS.) — Devon von Bogoslowsk, Ural. 


Wie obige Artenaufzählung zeigt, ist die Gattung in den 
älteren paläozoischen Ablagerungen recht verbreitet, und es ist 
nicht unwahrscheinlich, dass die Zahl der bekannten Arten 
durch weitere Entdeckungen noch beträchtlich wachsen wird. 

MERK hat auch Owen’s Lunulites dactylioides aus dem Ober- 
silur von Illinois fraglich zu Pasceolus gestellt.**) Es ist das 
ein halbkugliger, auf der Unterseite flacher, mit concaven 


Hexagonen bedeckter Körper. Allein sowohl dieses letztere 


Merkmal als auch die centrale Durchbohrung der Sechsecke 
auf der gewölbten Seite spricht wohl mit Bestimmtheit gegen 
diese Classification. Dennoch ist eine gewisse Verwandtschaft 
mit Pasceolus nicht unwahrscheinlich. Näher möchten vielleicht 


die Beziehungen zu EıcHwaLp’s Cyclocrinus aus dem russischen 


Orthoceraskalk sein. Nach der nicht sehr klaren Beschreibung 
EıchwALp’s hätte man unter Cyclocrinus kleine kuglige, mit 
hexagonalen oder pentagonalen Plättchen bedeckte und mit 
zwei kleinen Oeffnungen versehene Körper zu verstehen. Die 


Plättchen sollen einen centralen Knopf und undeutliche, von 


dem letzteren nach den Seiten ausstrahlende Rippen tragen. 
Diese Beschreibung würde recht gut mit den Merkmalen von 
Pasceolus übereinstimmen; allein die von EICHwALD gegebenen 
Abbildungen passen so wenig zu seiner Beschreibung, und 


*) Bıcspv, Thesaur. Silur. pag. 192. 
*”*) Geolog. Surv. Illinois, vol: III. pag. 345. t. 5. f. 2. 


erinnern z. Th. so sehr an Korallen (von M. Epwarp’s und 
Hame wurde die Gattung in der That zu jenen gerechnet, 
während EıcHwALn selbst sie bei den Cystideen unterbringt), 
dass man an der Zurechnung zu Pasceolus Bedenken tragen 
muss. Es scheint fast, als ob Eıcahwarnn’s Abbildungen ver- 
schiedenes nicht Zusammengehörige darstellen, — Weiter ist 
zu erwähnen, dass Bigspy in seinem Thesaurus silurieus*) die 
Sırter’sche Gattung Sphärospongia mit Pasceolus vereinigt. 
Ob dies mit Recht geschieht, darüber kann ich nicht urtheilen, 
da mir die Quellen, welche die Beschreibung dieser im Unter- 
silur Englands: und Indiens auftretenden Gattung enthalten, 
nicht zugänglich sind.**) Ich kann nur sagen, dass SALTER 
selbst seine Gattung auch nach dem Erscheinen von Bıcsgy’s 
Thesaurus als selbstständig angesehen hat, da er noch 1878 
sie und Pasceolus getrennt auffuhrt.***) \ 

Auch in postpaläozoischen Zeiten scheint Pasceolus ent- 
' ferntere Verwandte gehabt zu haben. So bietet die jurassische 
Gattung Goniolina mit ihrem eiförmigen, mit hexagonalen Kalk- 
täfelchen bekleideten, aber abweichend von FPasceolus von 
einem langen Stiele getragenen Körper manche Analogie.) 
Ferner als alle genannten steht der Gattung Pasceolus das be- 
kannte paläozoische Genus AReceptaculites, welches ein aus 
einer doppelten Plattendecke zusammengesetztes 
Integument besitzt. In einem weiteren Sinne mögen freilich 
alle diese Formen, deren wahrscheinlich aus einer einfachen 
Sarkodesubstanz bestehender Körper von einer kugligen, ge- 
täfelten Schale umschlossen wurde, miteinander verwandt sein. 

Die schliesslich noch aufzuwerfende Frage nach der syste- 
matischen Stellung von Pasceolus kann leider nicht befriedigend 
beantwortet werden. Soviel scheint indess sicher zu sein, 
dass die Gattung nicht zu den Cystideen zu stellen sei, eine 
Classification, die früher von PuıLLırs und VERNEUIL vorge- 
„schlagen und in neuerer Zeit von den Herren VERRIL und 


Zjel.res pages 192. 
%%) Transact. Woolhope Nat. Club No. 4 pag. 25. — BLanDFORD 
and Sauter, Paläont. of Niti, Himalaya 1865. — Strachey, Geol. of India. 
#*#) Catal. Cambr. and Silur. foss. Mus. Cambridge pag. 40 u. 175. 
+) v. Sersacu, Hannov. Jura pag. 87. t. 2. f. 1. Der von Quen- 
steor, Petrefactenk., 2. Aufl. pag. 757 t.78. f.25 als Sphärites regularis 
beschriebene Körper gehört wohl hierher. 


Nies vertheidigt worden ist, der aber Bıruınes mit Recht ent- 


schieden entgegen tritt.*) Die echten Öystideen zeigen ge- 
wöhnlich 2 oder 3 Oeffnungen, eine kleinere im Scheitel und 
eine oder 2 grössere seitliche, die oft durch eine aus kleinen 
Plättchen zusammengesetzte Pyramide bedeckt sind. Bei 
Pasceolus dagegen hat BıLLınss- selbst an sehr vollständig er- 
haltenen Exemplaren nie eine Scheitelöffnung beobachtet, wohl 


aber zuweilen 3 oder gar 4 seitliche Oefinungen, von denen 


aber keine einer Ovarialpyramide vergleichbar war. Ebenso- 
wenig hat aber derselbe Forscher jemals eine Spur von Am- 
bulakralgruben und Armen oder von einer gegliederten Säule 
beobachtet. Wenn man weiter erwägt, dass'sich weder an 
den amerikanischen noch an meinen rheinischen Stücken je 
auch nur die geringste Andeutung von einer Durchbohrung der 
Täfelchen gezeigt hat, und dass die Substanz der letzteren aus 
dichtem und nicht, wie es bei den Cystideen immer der Fall 
ist, aus späthigem Kalk besteht, dann wird man die Unzu- 
lässigkeit der Verriv’schen Ansicht zugeben mussen. Auf die 
dichte Beschaffenbeit der Schale lege ich ein um so grösseres 
Gewicht, als BıLLinss sie auch bei den amerikanischen Stücken 
beobachtet hat. Dieser Umstand allein scheint mir hinreichend, 
um auch die Annahme der Brüder SANDBERGER, nach denen 
Pasceolus tesselatus von Vilmar als Proboseis eines unbe- 
kannten Crinoiden zu deuten wäre, zu erschüttern, ganz ab- 
gesehen von den für eine Proboseis ganz ungeheuerlichen Di- 
mensionen des fraglichen Körpers besonders in der Breite. **) 
Darf nun Pasceolus weder als Crinoidenprobisceis angesehen, 
noch zu den Cystideen gestellt werden, so könnte man zu- 
nächst an seine Unterbringung bei den Spongien denken. 
Indess wird auch diese dadurch unwahrscheinlich, dass die 
mikroskopische Prüfung meiner beiden rheinischen Stücke 


*) Fossils Anticosti pag. 71. 

*#) Wie der l. c. pag. 384 gegebene Holzschnitt der beiden Autoren 
zu deuten sei, der einen im Allgemeinen meiner Figur 2 entsprechenden 
Körper darstellt, nur dass derselbe am Ende hakenförmig umgebogen und 
an der Spitze mit einer von 4 verdickten Täfelchen eingefassten Oeff- 
nung versehen ist, kann ich umsoweniger entscheiden, als ich nicht ein- 
mal weiss, ob die abweichende Gestalt des Fossils eine Folge von Ver- 
drückung ist, 


782 eh 


5 


: © feine Spur von Nadelgebilden in der Schale hat erkennen 


lassen. So scheint denn nur die Olassification bei den Fora- 
miniferen übrig zu bleiben. Dieselbe ergiebt sich für die 
verwandte Gattung Receptaculites aus GÜMBEL’s neuester Unter- 
suchung”) mit ziemlicher Gewissheit; für Pasceolus aber bleibt 
sie unsicher, da es bis jetzt noch nicht gelungen ist, Kanäle 
im Innern der Schale nachzuweisen. 


Erklärung der Abbildungen. 
Figur 1a, 1b. Pasceolus Rathi n. sp. aus dem Mitteldevon der Eifel 
(Original im Bonner Museum). 
ic. Ein Stück der Oberfläche desselben vergrössert. 
Figur 2a, 2b. Pasceolus tesselatus PnıLL. sp. aus dem Mitteldevon 
von Vilmar (Original im Berliner Museum). 
2c. Ein Stück der Oberfläche desselben vergrössert. 


*) Abhandl. d. Baier. Akad. Bd. XII. Abth. I. 


3 Einige Petrefacten der alpinen Trias 
aus den Südalpen. 


Von Herrn H. Lorerz in München. 
Hierzu Tafel XXI-—- XXI. 


Im Anschluss an meine geognostische Beschreibung des 
Sud-Tyroler und Venetianischen Gebietes in der Gegend von 
Ampezzo (diese Zeitschr. 1874 pag. 377—516) und als zu- 
gehörige Ergänzung folgt hier die beschreibende Aufzählung 
der von mir fast ausschliesslich in diesem Gebiete ge- 
sammelten Versteinerungen. 

Die schon bekannten Arten sind mit den nöthigen Bemer- 
kungen über kleine Abweichungen, den Erbaltungszustand, 
die Art des Vorkommens etc. begleitet; die als neu erkannten 
Arten sind beschrieben und das Meiste davon abgebildet 
worden. 

Es wurde nicht für üuberfussig erachtet, auch dasjenige 
Material zu besprechen, welches nicht vollkommen, nur frag- 
mentarisch oder als Steinkern erhalten ist, soweit dasselbe 
überhaupt noch kenntlich oder für die betreffenden Schichten 
bezeichnend, oder neu. ist. Es geschah dies in der Absicht, 
für die Vergleichung dieser Gebiete mit. anderen alpinen 
Distrieten möglichst viele Anhaltspunkte zu bieten; wie auch 
Denjenigen, welche demnächst diese, jetzt mehr als sonst be- 
suchten Gebiete durchstreifen sollten, eine Uebersisht dessen 
zu geben, was von dort bis jetzt sicher bekannt oder aber 
durch bessere Funde noch genauer festzustellen ist. 

In dieser Hinsicht ist auch die hauptsächliche geologische 
und paläontologische Literatur angeführt worden, welche sich 
auf das sudtyroler Triasgebiet bezieht, umsomehr, da sie das 
Wenige, was hier auf Grund eigener Sammlung behandelt wer- 
den kann, nach so vielen Richtungen hin ergänzen muss; 


785 


nicht minder sind in den Anmerkungen auch anderweitige 
Stellen der Fachliteratur bezeichnet worden, welche von hierher 
gehörigen oder in einigen benachbarten Gebieten vorkommen- 
den Petrefacten handeln. 

Das hier zu besprechende Material an Versteinerungen kam 
erst nach wiederholten Exeursionen zusammen; obgleich in der 
That gut erhaltene Sachen in dortiger Gegend im Allgemeinen 
selten sind, so zweifle ich nicht, dass das folgende Verzeich- 
' niss durch fortgesetzte Aufsammlungen, namentlich an ein- 
zelnen Localitäten, welche beachtenswerthe Ausnahmen von 
jener Regel bilden, sich noch erheblich werde vervollstän- 
digen lassen. 

Mehrfach ist bei vorliegender kleiner Arbeit der Fall ein- 
getreten, dass Formen, welche nur in einem oder wenigen 
Exemplaren vorlagen, als neu angeführt werden mussten, da 
sie einerseits mit den bekannten in keiner Weise zu vereinigen 
waren, andererseits nicht übergangen werden konnten. Auf 
diese Weise sind einige, wie ich hoffe, hinlänglich begründete 
neue Art-Namen entstanden, öfters aber auch wurde ein solches 
Vorkommniss nur als Sp. nov. aufgeführt. Beim Identifiziren 
mit bekannten und beschriebenen Formen war ich bemüht, mit 
der gebotenen Vorsicht zu verfahren. 

Herrn Oberbergrath Dr. GümßBeL und Herrn Prof. Dr. ZıtTEL 
verdanke ich manche werthvolle Notiz; beiden Herren bleibe 
ich zu bestem Danke verbunden. 

Die Aufzählung der Petrefacten möge zum Anschluss an 
_ meine frühere geognostische Darstellung nebst Karte, in der 
Reihenfolge der Schichten, wie sie dort eingehalten wurde, 
erfolgen. An einigen Stellen habe ich mir erlaubt, bei dieser 
Gelegenheit einige Bemerkungen uber die Stellung jener 
Schichten - Complexe nachzutragen. 


In der Sandsteinbildung, die wir bei der früheren geo- 
gnostischen Darstellung als alpinen Bunt-Sandstein be- 
schrieben, beschränken sich die organischen Reste auf un- 
bestimmbare, koblige Pflanzentrümmer. — Aus den darauf 


786 


folgenden , a. a. O. als alpine Röthgruppe betrachteten > : 


Schichten wäre zunächst das Auftreten der ersten Muschel- 
kalkformen (ähnlich wie im ausseralpinen Röth) hervorzuheben, 
nämlich nach GünseL (die in Anm, pag. 789 cit. Schrift pag. 34) 


aus der Gegend von Bozen: dGervillia mytiloides SCHLOTH., 


Gervillia costata SCHLOTH., Mwyophoria laevigata var. elongata ; 
mit diesen: Myophoria costala ZENK. sp. Ausserdem finden sich 
Spuren von Crinoiden, und in gewissen Lagen massenhafte 
Foraminiferen (nebst Ostracoden und Bryozoen), von welchen 
indess bis jetzt nur sehr wenig isolirt und beschrieben werden 


konnte. Die in Anm. pag. 789 ceit. Schrift pag. 57 f.; mein 


Aufsatz pag. 390.) 

Diese Schichten und ihre Fauna bilden die Einleitung zu 
der sich nach oben eng anschliessenden Re Gruppe, 
welche wir a. a. O. beschrieben als: 


Erste (unterste) Stufe des alpinen Muschelkalkes. 
(Seisser und Campiler Schichten.) 


Meine eigenen, nur sehr geringen Aufsammlungen be- 
stimmbaren Materials aus diesen Schichten bestehen in Fol- 
gendem: 


Ceratites sp. nov.*) Taf. XXU. Fig. 1. 


Dieser kleine Ceratiten-Steinkern unterscheidet sich da- 
durch wesentlich von den bisher aus gleichem Niveau bekann- 


ten Ceratitenformen (Ceratites Cassianus u. Ss. w.)**), dass die 


Lobenlinie auf den Seiten bis zur Nath eine grössere Zahl 
von Loben erkennen lässt, als bei jenen. Der einzige Ceratit, 
welchem er sich in dieser Beziehung nähern wurde, wäre der 
Ceratites Liccanus Hav. ]l. ec. T. IH., von welchem er indess 
in verschiedener Beziehung erheblich abweicht. 


*) Hier und im Folgenden ist „‚Ceratites“ in dem bekannten, nur 
die Gestalt der Loben bezeichnenden Sinn gebraucht. 
*%) v. Hauer: „Die Cephalopoden der unteren Trias der Alpen,“ 
Sitzungsber. d. math.-nat. Classe d. kais. Akad. d. Wiss. Wien 1865 
Bd. 52. Abth. 1. 


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| Die Lobenlinie zeigt einen ersten und zweiten Lateral- 
lobus, die Zacken im Lobengrunde sind, des ungünstigen 
Materials und Erhaltungszustandes wegen, kaum mehr zu er- 


kennen; sodann den Anfang eines Auxiliarlobus, der weitere 


Verlauf ist nicht zu erkennen. Der Siphonallobus scheint ziem- 
lich schmal und grösstentheils auf die schmale, abgeflachte, 
durch ziemlich markirte Kanten von den Seiten abgesetzte 
Aussenfläche zu fallen; so etwa, dass seine Seitenlappen auf 


dieser Kante liegen. 
Der Seitentheil ist sanft gewölbt, sanft und ohne Nabel- 


kante bis zur Naht ziehend; die Nabelweite gering. Auf dem 
grössten Theil der Windung, der keine Loben mehr hat, er- 
kennt man Spuren von Falten, die in einiger Entfernung von 
einander stehen. 

Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1874 pag. 516 führte ich 
bereits diese Form an, „als wahrscheinlichen Vorläufer von 
Ammonites binodosus und antecedens“. Allerdings zeigt unsere 
Form bezüglich der Lobenlinie grössere Aehnlichkeit mit die- 
sen Arten als mit den meisten aus dem Niveau des (eratites 
Cassianus. Es ist indess zu bemerken, dass auch ausserhalb 
der Formenreihe des binodosus und antecedens stehende Muschel- 
kalk - Ammoniten einen ähnlichen Lobenverlauf zeigen, und 
dass ausserdem der Mangel an deutlichen Rippen und die 
sehr geringe Nabelweite unserer Form nicht für jene Ver- 
muthung sprechen. 

Dimensionen: Durchmesser 55 Mm.; Nabelweite 5 Mm.; 
Höhe der Windung 16 Mm.; Breite derselben 7 Mm. 

Vorkommen: In rothen, ‚glimmerig-sandigen Schiefern am 
Weg von Caprile nach Alleghe. *) 


Turbo gregarius GOLDF. 


Syn. Natica gregaria Scnuoru. bei Brneke (Ueber ein. Muschelkalk- 
Ablag. d. Alp., geognost.-pal. Beitr. Bd. 2 Heft 1 pag. 18—22). 

Rissoa dubia var. gregaria v. Scuaurora (Schalthierreste der Letten- 
kohlenformation d. Grossh. Coburg, Z, d. d. geol. Ges. 1857). 


Aus schiefrigem Kalkmergel des Rothwandbergs bei Sexten. 


*) Diese Schiefer, ein eonstantes Gestein unserer ersten (untersten) 
Stufe des alpinen Muschelkalks sind der Erhaltung organischer Reste 
sehr ungünstig und liefern meist nur rohe, leicht abwitternde Steinkerne; 
so auch im vorliegenden Fall. Ich habe daher, zumal nur f{ Exemplar 


188 


Rissoa (Natica) Gaillardoti Lerr. sp. 

v. SCHAUROTH, krit. Verz. ete, (l. c. Anm. 8) = Natica turbilina id. 

Uebersicht etc, 1 c. Anm. 8. = Rissna dubia var, Gaillardoti id. 
Lettenkohlenform. Coburg, Z. d d geol Ges. 1857. 


In rothen Schiefern des Thals Ausserprags. 
Holopella sp. sp. 


v. Scuaurora, Krit. Verz. etc. t. 93. 
BENERE ]..c. Anm. be: 1.1, fort 


In Kalkschichten bei Auronzo. 
Posidonomya Clarai Emnmr. 
Nach v. Scuaurotn, Krit. Verz. und v.Mossısoyics l.c. Anm. pag.865 

eine Monotis. 

Sie liegt mir ganz in der Form, wie sie bei v. HAuER 
l. e. auf S. 789 u. t. 3. f. 1. abgebildet ist, ziemlich gross, mit 
starken concentrischen Runzeln, vor: aus der Pufler Schlucht, 
und von anstehenden, schiefrig kalkigen Schichten am Weg 
von Dont nach Forno di Zoldo. 


Gervillia sp. (efr. mytiloides SCHLOTA.). 
In rothen Schiefern, hinter dem Kreuzberg, an der italie- 
nischen Grenze. | 
Myophoria ovata. 
Benecke, ]. c. auf S. 789, pag. 12 nebst Fig. 
In rothen Schiefern, am östlichen Hang des Fischelein- 
thales bei Sexten. 


cfr. Myophoria ovata BENECKE. 
In röthlichen Schiefern, oberhalb Wildbad Innichen. 


cir. Myophoria orbicularis BRronn. 
BeEnECcKE |. c. . 


Von,derselben Localität. 


Verschiedene andere gesammelte Petrefacten, darunter 
die sogen. Myaciten, von denen manche auf den bekannten 
Myacites fassaensis Wıssu. hinauskommen mögen, übergehe ich, 
da der unvollkommene Erhaltungszustand (Steinkern in leicht 
abwitterndem Gestein) eine sichere Bestimmung nicht zulässt. 


vorhanden ist, davon abstrahirt einen Speciesnamen aufzustellen, jedoch 
die Form, da noch keine damit zu identifieirende ammonitische Form 
aus gleichem Niveau beschrieben ist, nicht übergehen zu dürfen geglaubt, 
und sie vorderhand als spec. nov. hier aufgeführt. — Das Exemplar 
wurde mir von dem Finder, Herrn Dr. ZıesLer in Frankfurt a. M., freund- 
lichst mitgetheilt. 


189 

5 Zur weiteren Kenntnissnahme der aus diesen Schichten 

‚ im Bereich des Gebiets von Bozen bis Ampezzo etc. be- 
kannt gewordenen Versteinerungen habe ich zu verweisen auf 
die Arbeiten von v. RıcHTHoren*) (pag. 52 f.), Wıssmann **) 
(pag. 9), BEneck£***) (pag. 10—13), Guusenf}) (pag. 30, 31). 
— Auch mag, etwas entferntere Gegenden betreffend, noch 
verglichen werden: BENEcKE |. c. pag. 18 — 22 (Petrefacten 
derselben Schichten am Mt. Zacon); id. 1. ce, pag. 26, 28 

_ (Recoaro). Ferner die Schriften von v. Schauroru über Re- 
coaro ff) Endlich gehört ein Theil der von v. Hauer fff) 
namhaft gemachten Versteinerungen hierher. 

Es sei gestattet, hier noch einige Bemerkungen über die 
Stellung dieser ganzen Schichtenreihe über dem Sandstein, an 
der Basis der alpinen Trias, anuzuknupfen; umsomehr, als die 
bei meiner früheren Betrachtung und Kartendarstellung”f) für 
dieselbe gewählte Bezeichnung keine allgemein angenommene 
ist, und die damals. in dieser Beziehung gegebenen Bemerkun- 
gen (l. c. pag. 387, 393 fi.) meine Ansicht wohl nicht gründ- 
lich genug darlegen. 

Die Fauna der von mir als „alpiner Muschelkalk, erste 

- Stufe“ bezeichneten Schichten enthält, wie sie von den ver- 


'*) v. RıiCcHTBOFEN, „Geognost. Beschreibung der Umgegend von 
Predazzo, St. Cassian und der Seisser Alpe in Süd-Tyrol.“ Gotha 18bV. 
**) „Beiträge zur Geognosie und Petrefactenkunde des südöstlichen 
Tyrols, vorzüglich der Schichten von St. Cassian“ von Dr. Wissuann 
und Graf Münster. Bayreuth 1841. 
##®) BEeNECKE, „Ueber einige Muschelkalkablagerungen der Alpen‘; 
geognost.-paläontol. Beiträge Bd. II. Heft 1. 1868. 
+) GünseL, „Geognostische Mittheilungen aus den Alpen, I., das 
Mendel- und Schlerngebirge“, Sitzungsber. d. math.-phys. Classe d. bayr. 
Akad. d. Wiss. München 1879. 
++) v. ScHauroTH, „Uebersicht der geognostischen Verhältnisse der 
Gegend von Recoaro im Vicentinischen“. Sitzungsber. der math.-nat. 
Classe der k. k. Akad. d. Wiss. Bd. 17. Wien 1855. — Y. SCHAUROTH, 
 „Kritisches Verzeichniss der Versteinerungen der Trias im Vicentinischen“. 
Sitzungsber. der math,-nat. Classe d k.k. Akad. d. Wiss, Bd. 34. Wien 
1859. 
tr) v. Hauer, „Ueber die von Bergrath Fuchs in den Venetianischen 
= Alpen gesammelten Fossilien“. Denkschriften der math.-nat. Classe d. 
k. k. Akad. d. Wiss. 2. Bd. Wien 1850. 
*+) „Das Tyrol - Venetianische Grenzgebiet der Gegend von Am- 
pezzo“ von H. Lorerz, Zeitschr, d. d, geol. Ges. 1874. pag. 377 £. 


790 


schiedenen Autoren angegeben wird, eine Reihe von Formen, 
welche den alpinen Gebieten eigenthumlich sind; und eine 


zweite Reihe, welche den alpinen und ausseralpinen Gebieten 
gemeinschaftlich sind (nach den eit. Schriften beiläufig 15 Arten), 
von denen folgende, bei Benecke l. c. pag. 10 — 13 aufge- 
führte, aus Seisser und Campiler Schichten am Fuss der 
Mendola bei Kaltern gesammelten Arten genannt werden mö- 


gen: Mwyophoria ovata Brown (GoLDF.), Myophoria vulgaris 


SCHLOTH. Sp., Gervillia costata SCHLOTH., @ervillia socialis 
SCHLOTH. Sp., Myoconcha Thielaui STROMB. sp., Hyalina cfr. 
vetusta GOLDF., Natica Gaillardoti LEFR.; dazu noch aus der 


Bozener Gegend, nach Güugen 1. c. pag. 30, 31: Mwyophoria 


laevigata SCHLOTH., Myophoria elegams Dunk., FPecten discites 
SCHLOTH. 

Aus den bekannten Zusammenstellungen über das Auf- 
treten und die Vertheilung der Petrefacten in den verschie- 
denen Stufen der ausseralpinen Trias (s. z. B. die Tabellen 
bei SANDBERGER*) und Auserrı**)) erhellt, dass jene, sowohl 
alpin als ausseralpin vorkommenden Formen im Allgemeinen 
Muschelkalkformen sind, d. h., dass sie grösstentheils 
aus sehr tiefer Lage — z. B. unterster Wellenkalk, z. Th. 
auch Röthdolomit — durch den Wellenkalk bis in den oberen 
Muschelkalk (Kalk von Friedrichshall) hinaufreichen, in welch 
letzterem sie z. Th. noch häufig sind; dass mithin ihre Haupt- 
masse in solchen Schichten liegt, welche man nach altem 
Herkommen zur Formation des Muschelkalks (Schichten- 
reihe vom untersten Wellenkalk bis an die Lettenkohle) 
rechnet. 

Wollen wir nun von Vergleichungen zwischen alpinen 
und ausseralpinen Schichtensystemen nicht ganz absehen, so 
erscheint es uns naturgemäss, den alpinen Schichtencomplex, 
in welchem jene organischen Formen vertheilt sind, und wel- 
cher sich nach der Natur seiner Schichtenelemente, nach dem 
Charakter seiner Petrefactenführung und nach seinem Auf- 
treten im Gebirge als eine grössere geognostische Einheit dar- 
stellt, — die Seisser und Campiler Schichten namlich — zu- 


*) F. Sınpgenger, „Die Gliederung der Würzburger Trias und ihre 
Aequivalente.“ Würzburger naturw. Zeitschr. Bd. 6. 1866—1807. 
**) F, v. Ausenti, „Ueberblick über die Trias“ ete, Stuttgart 1864. 


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791 
: nächst ausseralpinem Muschelkalk überhaupt gegenüberzustellen; 
eben weil die gemeinschaftlichen organischen Formen nicht 


sowohl dem ausseralpinen Roth, oder einer bestimmten Ab- 
theilung des Wellenkalks u. s. f. angehören, sondern überhaupt 


Muschelkalkformen sind. 


Das Auftreten von Muschelkalk - Petrefacten beschränkt 


sich im alpinen Gebiet nicht auf den erwähnten Schichten- 


complex: über demselben folgen weitere Schichtensysteme, 
welche ebenfalls noch solche Petrefacten (Acephalen, Brachio- 


= poden, Öephalopoden) führen, die identisch oder nahe ver- 


wandt theils in Wellenkalk, theils in oberem Muschelkalk 
ausserhalb der Alpen liegen. 

Es scheint uns nach Obigem der Sachlage vollkommen 
entsprechend, die Gruppe der Seisser und Campiler Schichten 
als die erste oder unterste Stufe der ganzen grossen Schichten- 
reihe aufzufassen und zu bezeichnen, die in diesen Alpen- 
gegenden sich durch ihre Petrefactenführung mit derjenigen 


_—— Schichtenreihe vergleichen lässt, welche ausserhalb der Alpen 


als Muschelkalkformation bezeichnet wird. In diesem, nun- 
mehr deutlich bezeichneten Sinn wird der Ausdruck „Alpiner 
Muschelkalk, erste Stufe* bei der Beschreibung und Karten- 
darstellung jener Gegend von mir gebraucht; und ich glaube 
ein Missverständniss dabei nicht befürchten zu müssen. 

Wer von Vergleichung alpiner und ausseralpiner Schicht- 
gebilde absieht, wird die Bezeichnungen „Seisser Schichten* 
_ und „Campiler Schichten“ vorziehen ; oder vielleicht die Namen 
„Schichten der Posidonomya Clarai* und „Schichten des Ceratites 
Cassianus* wählen, wodurch der oben als grössere Einheit 
betrachtete Complex in die beiden Gruppen getheilt wird, in 


welche er sich — wie die bisherigen Beobachtungen ziemlich 
übereinstimmend zu ergeben scheinen — paläontologisch noch 


= 


abtheilen lässt. 

An der Basis des besprochenen ganzen Complexes liegt 
eine Schichtengruppe, welche bei meiner früheren Darstellung 
als alpine Röthgruppe*) besonders ausgeschieden und be- 


*) Die wichtigen, von anderer Seite gemachten Bemerkungen über 
die neuerdings gefundenen organischen Formen, die eine andere Auf- 
fassung des Alters dieser Schichten veranlassen, waren mir beim Nieder- 
schreiben obiger Zeilen noch nicht bekannt. S. u. a. Strache, Verh. d. 


__Kk. k. geol. Reichsanst. 1874 pag. 369; Hönnes, ib. pag. 347, 


792 


trachtet wurde; sie enthält in dolomitischen Lagen die weiter 


oben aufgeführten Petrefacten. Die Ausscheidung dieser 


Schichtengruppe ist keine allgemein angenommene. In der 


That, siebt man von den Foraminiferen etc. ab, deren massen- 


haftes Auftreten in diesem Horizont übrigens hervorgehoben 
zu werden verdient, so ist, paläontologisch betrachtet, kein 
Grund vorhanden, diese relativ wenig mächtige Gruppe von 
der aufruhenden zu trennen: jene Petrefacten wiederholen sich 
weiter aufwärts, sind den untersten Schichten nicht eigen- 
thümlich. Dagegen sind diese Schichten, petrographisch be- 
trachtet, z. Th. aus besonderen Gesteinen gebildet, die von 


den aufruhenden und unterlagernden sehr abstechen und die 


Gruppe hervortreten lassen, wie dies in der früheren Dar- 
stellung näher angegeben ist; es dürfte dies ein genugender 
Grund sein, namentlich in einer Localbeschreibung und -Karte, 
diesen Schichtenzug auszuzeichnen. Zugleich tritt bei dem- 
selben eine unverkennbare Analogie ausseralpiner und alpiner 
Verhältnisse hervor: es kommen hier zuerst über der unter- 
lagernden Sandsteinbildung solche organische Formen vor, 
welche (in dem oben bezeichneten Sinn) Muschelkalkpetre- 
facten sind und weiter aufwärts fortsetzen; in ähnlicher Weise, 
wie im ausseralpinen, fränkischen, oberschlesischen ete. „Röth* 
über der Buntsandsteinbildung (z. Th. in dolomitischen Lagen, 
ganz wie im alpinen Gebiet) schon Formen vorkommen, die 
aufwärts im Muschelkalk sich wiederholen. Die Bezeichnung 
„Alpine Röthgruppe* wird ihre Berechtigung hauptsächlich in 
dieser Analogie ausseralpiner und alpiner Verhältnisse in 
dieser Region finden , weniger wohl wird man durch sie eine 
genauere zeitliche Parallele ausdrücken wollen. 

Während sich nun in den dolomitischen Schichten, welche 
wir bei unserer früheren Darstellung als „alpinen Muschel- 
kalk, 2. Stufe“ bezeichneten, die Petrefactenführung nach 
unseren Beobachtungen auf unbestimmbare und nur sporadisch 
auftretende Reste kleiner Gastropoden und Bivalven beschränkt, 
neben welchen etwas häufiger Crinoidenreste, massenhaft da- 


gegen eigenthümliche Foraminiferen (Gyroporellen) vorkommen*), 


*) Einige nähere Angaben in meiner früheren Arbeit pag. 400 f. — 
v. Rıcutuoren |. c. pag. bl ff. — Näheres über die den unteren Schich- 
ten dieses Complexes wahrscheinlich entsprechenden Brachiopodenbänke 
von Recoaro und ihre Fauna, s. bei Bexecke l.c. pag. 37 ff. 


können wir aus den aufwärts zunächst folgenden Schichten 
(„alpiner Muschelkalk, 3. Stufe“) eine Reihe selbst gesam- 
 melter Maschelkalkförinen anführen. 


Petrefacten aus alpinem Muschelkalk, 3. Stufe. 


Ammonites cefr. Ottonis Buch. 


Fragmente kleiner, wohl nicht ausgewachsener Exem- 
plare, welche bezüglich der Loben, Knoten und des Windungs- 
querschnitts nahezu mit Ammonites Ottonis*) stimmen. Die 
Lateralknoten stehen nicht ganz in der Seitenmitte, wie bei 
 Amm. Ottonis, sondern etwas nach der Seite der Umbilikal- 
knoten. Von der Lobenlinie stimmt der Lateraltheil bis nahe 
zur Naht mit der des Amm. Ottonis I. c.; nur machen sich 
vor der Naht, ohne indess einen eigentlichen Auxiliarlobus zu 
bilden, zwei kleine Wellen oder Zäckchen bemerkbar; der 
Verlauf auf der Siphonalseite ist nicht zu sehen. 

Vorkommen und Fundort: in mergeligem dunklem Kalk- 
stein des alpinen Muschelkalks auf dem Golser Berg bei Bad 
Prags, in Gemeinschaft mit Terebratula angusta, Spiriferina, 
Lima lineata. 


Ammonites (Ceratites) nov. sp. 


Abgewittertes Bruchstück einer äusseren Windung. Quer- 
‚schnitt schmal und hoch. Die gleich weit von einander ab- 
‘ stehenden Rippen haben ungefähr den Verlauf wie beim Amm. 
binodosus Hauv.; ihr innerer Theil geht vom Umbilicalrand 
ziemlich geradlinig in der Richtung nach vorwärts aus, dann 
setzt sich der grössere äussere Theil schwach sichelförmig 
gebogen an. Vielleicht bestand eine Reihe Umbilical-, Lateral- 
und Externknoten; bei dem abgewitterten Zustand sind nur 
mehr die letzteren in Form stark vorwärts gezogener Ver- 
_ diekungen der Rippen so eben noch wahrzunehmen. Die 
Lobenlinie lässt erkennen , zunächst einen Siphonal- oder 
Externlobus, dessen Seitenlappen in die Linie der Extern- 
knoten fällt, dann einen ersten und zweiten Laterallobus, 


*) Siehe die Figur bei Beyrıcu, „Ueber einige Cephalopoden aus 
dem Muschelkalk der Alpen“, Abhandl. der phys. Classe d. königl. Ak, 
Berlin 1866, 


Zeits. d.D, geol. Ges. XXVIJ, 4. 52 


welche durch einen breiten Lateralsattel getrennt sind, und 


einen Auxiliarlobus, der bis zur Naht reicht. Die Loben 


haben im Grunde die Ceratitenzähne. Hohe der Windung (am 
Ende) von der Naht ab: 32 Mm., Breite 16 Mm. 

Die Beschaffenheit der Rippen, die etwas kantiger endende 
Siphonalseite und der breite Lateralsattel unterscheiden diese 
Form von Amm. binodosus und antecedens. 

Vorkommen und Fundort wie bei der vorigen Art. 1 Ex. 


Ammonites (Trachyceras) cfr. Taramellii v. Moss.*) 


Bruchstücke, welche der citirten Form sehr nahe stehen; 
sie unterscheiden sich durch eine etwas weniger regelmässige 
Disposition der Rippen, die weniger regelmässig stark und 
schwach alterniren und in mehr geradlinigem Verlauf die Rich- 
tung nach vorwärts verfolgen, Umbilical- und Lateralknoten 
weniger deutlich hervortreten lassen, dagegen deutliche Extern- 
knoten zeigen. Hierbei muss indess sehr berücksichtigt wer- 
den, dass diese Bruchstücke z. Th. stark abgewittert sind und 
ausserdem etwas grössere Windungsdimensionen baben als die 
Figur ].c. 

Vorkommen und Fundort wie oben. 


Ammonites (Trachyceras) Balatonicus v. Moss.**) 
Vergl. Ammonites Ottonis.***) 


Zu der von Herrn v. Mossısovics gegebenen Beschreibung 
babe ich folgende, auf mein Exemplar bezügliche Zusätze zu 
machen. | ’ 

Der Seitentheil ist sehr flach'gewölbt; er verläuft in einer 
sehr schräg gestellten, schwach gewölbten Nahtfläche zur Naht, 
ohne dass sich eine eigentliche Nabelkante bildet. 

Die schwach vorwärts gekrummten, an der Naht schon 


sehr schwach einsetzenden und gegen den Aussenrand an 


Breite und Dicke zunehmenden Hauptrippen tragen die 3 Haupt- 
knoten -Spiralreihen, eine am Umbilicalrand, eine in der Mitte 


*) v. Mossısovics, „Ueber einige Triasversteinerungen aus den Süd- 
alpen.‘“ Jahrb. d. k. k. geol. R. 1873. pag. 428. t. 13. f. 2. 


**) v. Mossisovics, 1. c. pag. 426. t. 13. f. 3, 4. 
“*) Beyrica 1. c, t. 4 £. 1, 


und eine am Aussenrand, wie in der Beschreibung und Figur 
 J. ce. angegeben. Es trifft zu, dass die Knoten der Aussen- 
reihe in der Spirallinie etwas ausgezogen sind, wie auch bei 
Ammonites Ottonis l. c. Auch von den beiden schwächeren 
Knotenreihen, sowohl zwischen der Mitte und dem Aussen- 
 rand, als namentlich zwischen der Mitte und dem Innenrand 
finden sich deutliche Spuren. 

| Bezüglich der Vertheilung der Rippen weicht das mir vor- 
liegende Exemplar insofern von dem ]. c. t. 13 f. 3. darge- 
stellten ab, als schon die Hauptrippen ungleich, stellenweise 
abwechselnd stark und mit etwas ungleichen Zwischenräumen 
erscheinen, Die intermediären Rippen dagegen treten kaum 
hervor und machen sich bloss da, wo die Hauptrippen breitere 
Zwischenräume lassen, in dem äusseren Theil derselben be- 
merklich. Das vorliegende Exemplar hat in dieser Beziehung 
sehr grosse Aehnlichkeit mit dem Ammonites Ottonis (s, a. a. O.), 
dem es auch in der Grösse entspricht; ob die Rippen der inne- 
ren Windungen mehr mit T. Balatonieum oder A. Ottonis stim- 
men, lässt sich nicht erkennen. Bezüglich des Querschnitts 
der Windungsröhre ist die Uebereinstimmung etwas grösser 
mit 7. Balatonicum. Die Beschaffenheit der Siphonalseite und 
das Verhältniss der Evolution stimmt mit den beiden eitirten 
Formen, welchen -mir vorliegendes Exemplar gleich nahe zu 
stehen scheint. 

Dimensionen: 


Grösster Durchmesser . . . . . ..103 Mm. 
Nabelvetene nie nenne AU, 
Höhe der Windungsröhre am Ende von 

dem Naht ab 2 nu ao. 


Meszi., Dicke daselbst, 1 20. 912 141° ..249,201, 75 
Vorkommen und Fundort: In grauem etwas mergeligem 
Kalkstein, in der Nähe von Bad Neuprags im Thal Ausser- 
prags; alpiner Muschelkalk, nicht weit von der Uebergangs- 
region zu den Schichten der Sedimentärtuffe mit Daonella 
Lommeli. 


Ammonites (Ceratites) cfr. binodosus v. Hav. 
et antecedens BRyR. 


(S. Fig. Beyrich ]. ec.) — Bruchstüuck einer Windung. Man 
bemerkt Hauptrippen, welche je einen Seiten- und einen äusseren 


b2.* 


796 


Knoten tragen und auch in der Art gerichtet, resp. schwach 
geschwungen sind, wie bei den cit. Arten; Umbilicalknoten 


kaum wahrnehmbar, wohl nur wegen mangelhafter Erhaltung. 
Dazwischen Nebenrippen, die sich nicht mit den Hauptrippen 


verbinden, und nur den äusseren Knoten, gleich den Haupt- 


rippen tragen. 

Ein markirter Aussenrand zwischen Seiten- und Siphonal- 
fläche ist nicht zu bemerken, und die äussere Knotenreihe 
steht, in der Hauptansicht, etwas weit von der Peripherie 
weg; es wäre das ein Unterschied gegen die eitirten Arten. — 
Lobenlinie nicht zu sehen. 


Vorkommen und Fundort: in mergeligem, feinen Glimmer 


enthaltendem Kalk, bei Neuprags, wie oben. 1 Ex. 


Ammonites (Ceratites) Pragsensis nov. Sp. 
Taf. XXI. Fig. 2. 


Die Windungsröhre ist von hoher und flacher Form, der 
Nabelraum ziemlich weit. Vom Innenrand (Nabelkante), der 
mit der Naht durch einen kurzen, steilen Abfall (Nahtfläche) 
verbunden ist, ziehen über den flachen und breiten Seitentheil 
Falten zum Aussenrand; sie sind ein kurzes Stück, etwa !/, 
der Seitenbreite radial oder ein wenig rückwärts gerichtet, 
verlaufen von da sehr schwach gebogen und vorwärts ge- 
richtet und nehmen nahe dem Aussenrand eine nochmalige, 
stärkere Umbiegung von vorn an. Die erwähnten Falten er- 
scheinen von Strecke zu Strecke als stärkere, schmale Ein- 
schnürungen, zwischen diesen aber nur als seichte, breitere 
Furchen; die zwischenfallenden Erhöhungen markiren sich 
kaum als Rippen. Längs dem Aussenrand treten dicht auf- 
einanderfolgende schmale Falten und Rippen in der erwähnten 
stärkeren Richtung nach vorwärts auf. Der Verlauf derselben 
über die Siphonalseite ist bei vorliegendem Exemplar, welches 
nur einseitig aus dem Gestein ausgewittert ist, nicht zu er- 
kennen. Längs dem Innenrand bemerkt man auf den An- 
schwellungen zwischen den Einfaltungen stellenweise Knötchen. 

Die beschriebene Oberflächenbeschaffenheit bezieht sich 
übrigens auf die Wohnkammer, insofern sie fast nur für diese 
bei vorliegendem Exemplar zu erkennen ist. 

Von der Lobenlinie bemerkt man deutlich einen ersten 
und zweiten Laterallobus; es folgt ein Auxiliarlobus, der zum 


_ grössten Theil noch gerade vor dem Umbilicalrand zu liegen 
kommt, der weitere Verlauf der Nath ist nicht zu sehen. Die 
genannten Loben nehmen an Höhe und Breite regelmässig ab, 
ihre correspondirenden Theile liegen ziemlich auf denselben 
_ Radien. Vom Siphonallobus kommt der Seitenlappen auf die 
Aussenkante und noch etwas darüber hinaus, auf den Beginn 
der Seitenfläche zu liegen. Die Loben sind im Grunde mit 
den Zähnen der Ceratitenloben versehen. 
Dimensionen: 
Durchmesser . . a 9 31.001, Mimn: 
Höhe der letzten Windens 4.920 
i Dicke desgl., nicht zu messen, gering. 
Nabelweite. . . WERE A I: N: 
Höhe der Nathweite cal; Mm. 
Auf die nahe Verwandtschaft, möglicherweise Identität, 
der hier beschriebenen Form mit Trachyceras Cuccense v. MoJ. 
(l. e. pag. 429. t. 13. f. 1) hat schon Herr von Mossisovics 
aufmerksam gemacht; sollte sich durch weitere Funde Iden- 
tität ergeben, so wäre der hier gegebene Speciesname gegen 
jenen zu. streichen. | 
Vorkommen und Fundort wie bei der vorigen Art. 1 Ex. 


” 


Ammonites (degoceras) nov. sp.? 


Ein zu näherer Bestimmung ungenugendes Fragment, 
welches auf sehr evolute Form schliessen lässt. 
Vorkommen und Fundort wie oben. 


Ammonites (Arcestes) aff. rugifer Opr.*) 


Verkieseltes Fragment. Die Dimensionsverhältnisse stim- 
men zwar gut mit denen des Arcestes Studeri v. Hau., wie 
sie von von HAver**) und Beyrica (l. c.) angegeben wer- 
den, weniger mit denen des mehr kuglig aufgeblähten Ar- 
cesies rugifer Opr.; allein der trichterformig eingesenkte Nabel 
und die Lobenlinie, soweit sie sich überblicken lässt, nahern 
die Form mehr dem letzteren. Auf den inneren Windungen 


*) Orper, „Paläont Mitth. a. d. Mus. d. bayr. Staats,“ 1862. p. 29. 
et 89. 1,2, 9 N 

**) v. Hauer, „Paläont. Notizen“, Sitzungsber. der math.-nat. Ciasse 
d. Ak. d. Wiss. Wien 1857, Bd. 24. 


798 


bemerkt man Rippen, welche denen des Amm. cochleatus Opp. 
(l. e., dem Arc. rugifer nachstehend) gleichen. 

Vorkommen und Fundort: Auf der Höhe vor dem Sarn- 
kofel bei Toblach in Hornstein-haltigen Schichten des alpinen 
Muschelkalks. 1 Ex. 


Lima lineata SCHLOTH. 


Ziemlich flach gewölbte Varietät, von geringer bis mitt- 
lerer Grösse. | 

In grauem, etwas mergeligem Kalk (Muschelkalk) auf dem 
Golserberg bei Prags, nicht selten. 


Pecten discites SCHLOTH. Sp. 


Schlosswinkel etwas verschieden, und danach mehr kreis- 
formiger oder mehr eiförmiger Umriss. Glatte, dünne Schale, 
z. Th. erhalten, welche unter der Lupe die radialfaserige, wie 
die concentrische Anordnung ihrer Elemente erkennen lasst. 
Grösstes Ex. 38 Mm. lang, 40 Mm. hoch (rechte Klappe). 

In dunklem Kalkstein des alpinen Muschelkalks, auf dem 
Bergrücken zwischen Ausserprags und Pusterthal, nicht selten. 
— Bei Bad Neuprags mit den oben genannten Ammoniten, 


Pecten cfr. inaequistriatus GOLDF. 
GieBeL , Verstein. im Muschelk. v. Lieskau, Abh. d. naturw. Vereins 
für Sachs. u. Thür. 1. Bd. 1856. pag. 21. 


Kleine, flachgewölbte Formen mit abwechselnd stärkeren 
und schwächeren Radialrippen und dichtstehenden feinen 
Wachsthumslinien, über Rippen und Zwischenräume weglau- 
fend, in letzteren deutlicher bemerkbar; Fragmente. 

Bergrücken zwischen Ausserprags und Pusterthal, wie 
oben; scheint nicht selten. 


Ostrea cfr. multicostata Münst. (GoLDF.) 


Ziemlich gross. — Vorkommen wie bei der vorigen 
Ari. l’Bx. 


Gervillia sp. 


Nicht näher bestimmbar. Golserberg, wie oben, 


? Myacites elongatus SCHLOTH. 
Golserberg , wie oben.*) 


Terebratula vulgaris SCHLOTH. 


Im Allgemeinen längliche, gestreckte Formen; die grosse 
und kleine Klappe hochgewölbt, bezüglich der Breite etwas 
variirend. Der Figur bei Quessteor, Brachiopoden, t. 50. f. 77. 
sind einige Exemplare ähnlich, doch etwas grösser und ein 
wenig flacher. 

Auf dem Bergrücken zwischen Ausserprags und Puster- 
thal, mehrfach vorkommend. 


Terebraiula angusta SCHLOTH. 
rien, die Fig. Quansteor, Brachiopoden t. 47. f. 84, von Tarnowitz, 


Die vorliegenden alpinen Formen laufen etwas we- 
niger spitz an der Stirn aus und haben eine weniger flache 
Einsenkung der kleinen Klappe an der Stirn als die eitirte 

Figur. 
| Sehr haufig, in einzelnen Lagen dicht gedrängt, neben den 
Ammoniten, Lima lineata ete. im Muschelkalk auf dem Golser- 
berg bei Prags. 

Ausserdem liegt mir diese Art, in 1 Ex., nahezu in der 
Gestalt, wie sie v. ScHAUROTH, Krit. Verz, t.1. f.15. abbildet, 
von der Localität zwischen Ausserprags und Pusterthal vor. 


Ehynchonella Toblachensis nov. sp., Taf. XXI. Fig. 5. 


Die grosse Klappe ist nur gegen den Schnabel zu, in der 
Mitte etwas erhoht, nach dem Rand verläuft sie sehr sanft 
geneigt; an der Stirn ist sie in continuirlicher Krummung stark 
umgebogen in einen ziemlich breiten und hohen Sinus. 

Die Randkanten sind vom Schnabel zur Stirn kreisbogen- 
formig geschwungen, ihre Fortsetzung im Sinus steht recht- 
winklig dazu. Der Schnabel steht äusserst wenig vor, eine 
Oeffnung ist nicht sichtbar. 

Die kleine Klappe steigt vom Schnabel steil auf, ihre 


*) Von Gastropoden habe ich nur wenig, meist unbestimmbare F rag- 
mente, ? Chemnitzia sp., gefunden. — Ein Foraminiferen-Vorkommen in 
diesen Schichten wird in meiner früheren Darstellung (pag. 416) erwähnt, 


800 


Gestalt ist im Uebrigen durch die der grossen Klappe bedingt. 
In der Bucht des Sinus, und beiderseits in den Ecken des 
Seitenrandes, ehe er sich in den Sinusrand umbiegt, machen 
sich je zwei radial gerichtete, aber nur ganz schwach ange- 
deutete Falten bemerklich. Im Uebrigen ist die Schale glatt. 

Länge 13'/, Mm., Breite 15 Mm., Dicke 8 Mm. 

Vorkommen und Fundort: In Mergelschichten (wenig 
unter dem Hornstein-führenden Kalk mit Arcestes aff. rugifer) 
auf der Höhe vor dem Sarnkofel bei Toblach. 1 Ex. 

Ich hatte diese Form in meinen früheren Artikein (Neues 
Jahrb. f. Min. 1873 pag. 279; Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1874 
pag. 413) als Rhynchonella cfr. semiplecta Münst. angeführt. 
Es stützte sich das auf die Aehnlichkeit, welche Rh. semipl. 
in ihrer Abbildung bei Lause (Fauna d. Sch. von St. Cassian 
t. 14. f. 1.) mit oben beschriebener Form hat, wozu noch 
kommt, dass eine Jhynchonella cfr. semiplecta mehrfach aus 
alpinem Muschelkalk angeführt wird. Eine Vergleichung des 
oben beschriebenen Exemplars mit den hier befindlichen Ori- 
ginal- Exemplaren der Terebratula semiplecta MünstT. von St. 
Cassian ergab jedoch, dass beiderlei Formen viel zu weit 
auseinander gehen, um durch cfr. verbunden werden zu 
können, und ziehe ich daher vor, jene Muschelkalkform hier 
unter einem besonderen Namen aufzuführen, umsomehr, als 
sich auch bei näherer Prüfung von der erwähnten Abbildung 
bei Lauge merkliche Unterschiede ergeben, und das Niveau 
des Vorkommens für beiderlei Formen ein ganz anderes ist. 

Mehr als an Terebratula semiplecta Münst. könnte die oben 
beschriebene Form noch an Terebr. subacuta Musst. von St. 
Cassian erinnern, unterscheidet sich aber auch von dieser we- 
sentlich durch viel weniger spitz vorgezogenen Schnabel und, 
besonders an seinem Beginn, breiteren, sowie auch etwas 
flacheren Sinus, abgesehen von der bedeutenderen Grösse und 
dem verschiedenen Niveau. 


Rhynchonella tetractis n. sp., Taf. XXI. Fig. 4. 


Die grosse Klappe bildet an der Stirn einen Sinus, an 
welchen sich in continuirlicher Krümmung eine markirte 
Medianfurche schliesst, welche bis in die Schnabelspitze ver- 
läuft. Begrenzt wird die Medianfurche beiderseits von markirt 
vorspringenden Rippen. Ueber die beiden Seitentheile der- 


BT 801 


selben Klappe zieht nochmals je eine ebenso markirt vor- 
'springende Radialrippe, so dass im Ganzen 4 Radialrippen 
auftreten, mit 3 ungefähr gleich breiten Furchen dazwischen. 
Die 4 Rippen lassen sich einerseits bis in die Schnabelspitze, 
andererseits bis an den Rand verfolgen. 

Auf der kleiven Klappe strahlen ebenfulls vom Wirbel 
4 Rippen aus, welche denen der grossen Klappe ganz glei- 
chen und mit ihnen vollig correspondiren, so dass sie mit 
jenen, sowohl am Schnabel, als am Stirnrand zusammen- 
treffen und 3 entsprechende Furchen zwischen sich fassen. 
Ein Medianwulst macht sich demzufolge auf dieser Klappe 
nicht bemerklich. 

Der Schnabel der grossen Klappe ist um- und eingebogen, 
so dass die Spitze nicht hervortritt und keine Oeffnung sicht- 
bar wird. Die Spitzen beider Klappen liegen hart aufeinander. 
—- Schlosskante und Seitenkante bilden eine bogenförmige 
Rundung; die grösste Breite liegt etwa im unteren Drittel der 
Länge. — Ausser den Rippen zeigt die Schale keine Strei- 
fung und erscheint ziemlich glatt. 

Länge von der Stirn zum 


Schnabel. . . . .. 14 Mm. Beie. and. Ex. 12 Mm. 
Grosser Breite ae LOL N ne 
Dicke. erlernen hen) . I „ 9.9 8 b) 


Vorkommen und Fundort: Mit den Seinen (s. u.) 
auf dem Bergrücken zwischen Ausserprags und Pusterthal; 
nicht so häufig als jene. — 2 Ex. und einige Fragm. 

Eine schon beschriebene, nahe stehende Form ist mir 
nicht bekannt geworden. 

Ueber die Beschaffenheit des inneren Gerüustes konnten 
bei dieser und der vorigen Form wegen Mangel an Material 
keine Untersuchungen angestellt werden, die Zutheilung zu 
Rhynchonella ist daher nicht völlig sicher. 


Spiriferina fragilis SCHLOTH. sp. 
Einzelne Klappen; durchaus mit Exemplaren aus dem 
frankischen Muschelkalk stimmend. Punktirung der Schale 
sehr deutlich. 

In dunklen krystallinischen, sowie in mergligen Muschel- 
kalkbänken, auf dem Bergrücken zwischen Ausserprags und 
Pusterthal; nicht so häufig wie die folgenden. 


802 


Aus den Alpen wird Sp. fragilis erwähnt: v. SCHAUROTH, 
Uebers. d. geogn. Verh. d. Gegend von Recoaro pag. 506; 
ferner Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1857 pag. 796 (Vor- 
kommen zwischen Reutte und Pass Ehrenberg). 


Spiriferina paläo-typus n. sp. Var, lineolata. 
Taf. XXI. Fig. 1. 


In der Nähe des Wirbels erscheinen die Klappen ziemlich 
glatt, weiterhin tritt die von den Wirbeln radial aussirahlende 
Streifung deutlicher hervor und bildet gegen den Rand zu 
noch aneinander liegende, gerundete Fältchen, die jedoch immer 
schwach bleiben. Die concentrische. Anwachsstreifung tritt 
ebenfalls in der Nähe des Randes am deutlichsten hervor und 
kreuzt sich hier gitterförmig mit der ersten Art von Streifung; 
Wulst und Sinus verhalten sich in dieser Beziehung wie die 
übrigen Theile der Schale. 

Die grosse Klappe ist an der Stirn in einen Sinus ausge- 
zogen, derselbe ist bei den verschiedenen Individuen etwas 
veränderlich, meist nur kurz, gegen die Seitentheile nicht scharf 
abgesetzt, wenig vertieft und von mässiger Breite. Derselbe 
verläuft gegen den Schnabel in continuirlicher Krümmung in 
einer leicht eingesenkten, von den Seitentheilen nicht scharf 
abgesetzten Furche. — Der mittlere Theil der kleinen Klappe 
hebt sich zu einem, bei den verschiedenen Individuen, ent- 
sprechend dem veränderlichen Sinus, verschieden starken Wulst 
heraus, der in die Seitentheile in sanftem Uebergang abfällt. 

Schlosslinie um vieles kürzer als die grösste Breite der 
Klappen, und mit den Seitenkanten einen deutlichen stumpfen 
Winkel bildend. Arealfläche gekrümmt und mit der anstossen- 
den Schaalenpartie meist deutliche Kanten bildend. 

Länge von der Schnabelspitze 
bis zum Stirnraud . . . 1) 25 Mm. 2) 22!/, Mm. 


Grösste Breite HUREN HD TV SO 26 er 
Grösste Dicke. . ... .. IT 15 2 
Länge der Schlosslinie. . . I6:.asıl, 14 ö 


Vorkommen und Fundort: In dunklen Kalk- und Mergel- 
bänken des alpinen Muschelkalks (3. Stufe) auf dem Berg- 
rucken zwischen Ausserprags und Pusterthal; in manchen 


803 


Bänken sehr zahlreich, gut ausgewitterte Exemplare indess 
nicht sehr reichlich. 

Ueber die Verwandtschaft und sonstigen Beziehungen 
dieser Art siehe unten. | 


Spiriferina paläo-typus n. sp. Var. acrorhyncha. 
Taf. XXI. Fig 2. 

Der Sinus, den die grosse Klappe bildet, ist nur wenig 
lang und breit; er ist gegen die Seitentheile nur sehr wenig, 
fast gar nicht eingesenkt, und die zugehörige Medianfurche auf 
der grossen Klappe tritt kaum hervor. Etwas deutlicher macht 
sich der Medianwulst auf der kleinen Klappe geltend. Radiale 
und concentrische Streifung der Klappen nur schwach hervor- 
tretend. 

Die grosse Klappe ist gegen den Schnabel hoch heraus- 
gewölbt und in starker Krümmung nach vorn in den recht 
spitzen Schnabel umgebogen. Arealfläche gekrummt, und von 
der anstossenden Schaalenpartie nicht durch scharfe Kanten 
getrennt. Schlosslinie und Randkante in einander übergehend, 
kaum einen Winkel bildend.. 

Länge vom vorspringendsten Theil 

des Schnabels bis dito des Sinus 1) 18 Mm. 2) 16 Mm. 
Grösste ‚breite... 2...) 2%.» 184%; 17 
cken ea He la 

Manche Exemplare erreichen noch etwas grössere Di- 
mensionen. Vorkommen und Fundort: Mit der vorigen Form 
zusammen, ebenso zahlreich. 


29 


Spiriferina palao-iypus n. sp. Var. media. 
Taf. XXI. Fig. 3. 

Diese Form steht den beiden vorigen gleich nahe; sie 
nähert sich durch grössere Breite und merkliche Medianfurche 
auf der grossen Klappe der ersten, andererseits durch hoch 
herausgewölbte, stark in den spitzen Schnabel umgekrümmte 
grosse Klappe wieder mehr der zweiten Form, und stellt so 
eine Mittelform zwischen beiden dar. 

Vorkommen und Fundort: zusammen mit den beiden vo- 
rigen. *) 

*) Nach wenigen, aber deutlichen Fragmenten zu schliessen, kommen 


Spiriferinen (wohl die beschriebenen) neben Terebratula angusta, doch 
viel seltener, auch anf dem Golserberg bei Prags vor. 


a a a 
a a Sara an 


804 


Bemerkung zu den drei letzten Spiriferina - Formen. 
Obwohl Spirferina paläo - typus, Var. lineolata« und Var. acror- 
hyncha verschieden genug aussehen, fehlt es nicht an zahlreichen 
Exemplaren, welche den Uebergang zwischen beiden vermitteln, 
Jene beiden sind nur Extreme einer etwas veränderlichen 
Form, deren mittlere Gestalt etwa durch Var, media reprä- 
sentirt ist. Alle diese Exemplare kommen durcheinander in 
denselben Schichten vor. Ich hielt es für zweckmässig und 
richtig, sie als Varietäten mit gemeinsamem Artnamen auf- 
zuführen. 

Beim Anschleifen des Schnabels der grossen Klappe kom- 
men die zwei Zahnstützen und die Medianleiste zum Vorschein. 
Dagegen ist die Schalenstructur bei diesen Spiriferiner nicht 
deutlich punktirt. 

Bemerkenswerth ist die Verwandtschaft mit Formen aus 
älteren und jüngeren Formationen, zunächst mit solchen aus 
dem Bergkalk. Tu. Davınson ‚‚A monograph of British Car- 
boniferous Brachiopoda, Palaeont. Society 1858, bildet auf 
Taf. 11 und 12 mehrere: der Spirifera ylabra MARTIN ange- 
hörige Exemplare ab, die sehr viel Aehnlichkeit mit unserer 
Var. lineolata und auch mit Var. media haben; der Schnabel 
steht bei diesen ähnlichen Formen meist etwas mehr vor. 
T. 12. f. 6. l. c. (Spirifera rhomboidea M. ’Coy) tritt obiger 
Var. acrorhyncha nahe, hat indess eine tiefer eingesenkte 
Furche auf der grossen Klappe und höher aufsteigenden Sinus. 
— Zu vergleichen auch Quenstept; Brachiop. t. 54., Berg- 
kalkformen von Wetton und von Viset. 

Aus der permischen Formation wies die mir zugängliche 
Literatur diesen Spiriferinen - Typus nicht auf; auch aus dem 
Muschelkalk scheint derselbe noch nicht bekannt geworden 
zu sein. 

Von den Formen aus den rhätischen Schichten durfte 
Spirifer Emmrichi Suess (Denkschr. d. k. k. Akad. d. Wiss., 
math,-nat. Cl., Bd. 7. 1854 Wien, Abth. 2. pag. 52. t.2. f.7.) 
am nächsten stehen. 

Im Lias wiederholt sich derselbe Typus. Siehe Spirifer 
rostratus bei Davınson „A monograph of Brit. Ool. and Lias. 
Brach.‘“ Part 3., Pal. soc. 1851. t. 2. f. 7. 8., welche unserer 
ersten Varietät sehr nahe tritt und sich fast nur durch etwas 
breitere, deutlichere Falten und stärker entwickelten Schnabel 


unterscheidet. — Ebendahin gehören gewisse Formen aus dem 


Verwandtschaftskreis des Spirifer tumidus, verrucosus, rostratus. 


Siehe QuENSTEDT, Brachiop. t. 54. 


Schliesslich habe ich aus diesen Schichten des alpinen 


| Muschelkalks 


Entrochus cfr. Encrinus liliiformis 


anzuführen, Stielglieder, welche ziemlich haufig mit den obigen 
Brachiopoden etc. an derselben Localität vorkommen. 


-Petrefacten aus den Uebergangsschichten vom alpinen 
Muschelkalk zur Sedimentärtuff- Gruppe. 


Die dunkeln, z. Th. mehr kalkigen, z. Th. mehr kiese- 
ligen Schiefer, welche in dieser Region aufzutreten pflegen, 
führen nicht selten mehr oder minder deutliche Abdrücke der 
alpinen Trias-Gattung Daonella v. Moss., von welcher ich fol- 
gende Arten sammelte: 


Daonella tyrolensis v. Moss. *) 
IN € Par. 144%: 8,10: 


Etwas grösser als die Original - Abbildung, 67 Mm. lang. 
Anwachsrunzelung merklich. 

In schwarzen, etwas streifigen, kieseligen Tuffschiefern 
an der Strasse zwischen Venas und Peajo. — Dieselbe, frag- 
mentarisch, im Bachgerölle bei Neuprags. 


Daonella badiotica v. Moss. 
x pas. 15.6 1. 


In schwarzen Tuffschiefern, die oberhalb Andraz (Buchen- 
stein) am Bach anstehen. Sie gehören vermuthlich einer dis- 
locirten Partie an, die, dem Gestein nach, hierher zu ziehen 
sein durfte. 


#) Das Nähere über die früher nicht geschiedenen Gattungen Dao- 
nella und Halobia, ihre Unterscheidung, ihr Vorkommen und die bis jetzt 
bekannten Arten, s. in: v. Mossısovics „Ueber die triadischen Pelecy- 
poden-Gattungen Daonella und Halobia‘, Abh. d. k. k. geol. Reichsanst. 
Bd. VII. Heft 2. 1874, nebst Tafeln. Daselbst werden für die oben ge- 
nannten Arten einige andere Fundpunkte des südtyroler Gebiets be- 
zeichnet, und auch die übrigen von dort bekannten Species, mit Angabe 
des Niveaus, beschrieben. 


806 


2 Daonella Taramellii v. Moss. 
l. c. pag. 18. t. 2. f. 10—12. 


Die Uebereinstimmung meiner Exemplare mit dieser Spe- 
cies ist wahrscheinlich, soweit bei dem nicht erhaltenen 
Schlossrand zu beurtheilen. 

In schwarzen und streifigen, kieseligen Tufischiefern, am 
Wege von Caprile thalabwärts, längs dem Cordevole. — Wohl 
dieselbe Art ist es, die mir aus der Pufler Schlucht in schwar- 
zen Tuffschiefern vorliegt, welche zwischen Hornsteinkalken 
(Buchensteinerkalk) liegen. 


? Daonella sp. 


Nicht wohl zu identificirende Abdrücke; sie zeichnen sich 
aus durch sehr breite, fast immer nur einmal getheilte Rippen 
auf dem mittleren Theil der Schaale, während von einer ge- 
wissen Linie an seitwärts vielfache Theilung erfolgt; die An- 
wachsstreifung tritt sehr hervor. 

An derselben Localität wie D. badiotica. 


Petrefacten aus der Gruppe der Sedimentärtuffe. 


Phylloceras Jarbas Münsrt. sp. 


Lause, Fauna d. Schicht. v. St. Cassian, Abth. 5. pag. 37. t. 41. £ 11, 
(Ceratites Jarbas Münsr.) 


Ein kleines Exemplar von nur 20 Mm. Durchmesser; 
Uebereinstimmung der Form mit den Abbildungen gut; Schale 
nicht erhalten; Lobenlinie so eben noch theilweise zu erkennen; 
sie verläuft etwas einfacher als die Zeichnung Fig. 11 bei LAuBE 
angiebt (Sattel seitlich weniger gefingert), was wohl in der 
Jugend des Exemplars begründet ist. 

Vorkommen und Fundort: In echtem, grünlich grauem, 
körnigem Tuffgestein (doleritischem Sandstein), auf der Gipfel- 
fläche des Pizzo del Corvo (zwischen Fiorentina und Ampezzo), 
in unmittelbarer Nachbarschaft der Daonella Lommeli und nahe 
an den ,,St. Cassian - artigen Schichten“, welche wenig im 
Hangenden am Fuss der Schlerndolomitwände hinziehen. *) 


*) Es ist mir nicht bekannt, ob der St. Cassian - Ammonit Phyll. 
Jarbas sonst schon aus dem Bereich der eigentlichen Sedimentärtuffe, wie 
hier, angegeben wird. Uebrigens ist, wie bemerkt, die Fundstelle in den 


en 807 


Daonella Lommeli Wiıssn. sp. 


Ä evap 3 Mo. fll. (Halobia Lommeli), 
. Mossısovics 1. c. pag. 19. £. 13. 14. 


In zahlreichen, z. Th. nur wenig beschädigten, sehr deut- 
lichen Exemplaren von sehr verschiedener Grösse (das grösste 
von mir gesammelte mochte ca. 100 Mm. Länge, 60 Mm. 
Höhe haben) als Abdruck, ohne Schale, in röthlichen , fein- 
erdigen Tuffschieferplatten auf der Gipfelfläche des Pizzo del 
Corvo, in der Nachbarschaft des Phylloceras Jarbas. Schlecht 
erhaltene Fragmente derselben Daonella kommen auch nebst 
Avicula globulus Wıssm. in demselben grauen, stark verwitterten, 
rauhen Tuffgestein vor, wie jener Ammonit. 

Dieselbe Art, ein nicht vollständiges, doch deutliches 
Exemplar, in schwarzem, aphanitischem Tuffgestein, auf der 
Nordseite des Badkofels bei Prags. 

Dieselbe Art, Fragmente, in schwarzgrünlichen,, aphani- 
tischen Tuffschichten, an der Strasse langs dem Piavefluss, 
unterhalb S. Stefano. | 

Auch in Geschieben eines graugrüunlichen, aphanitischen 
Tuffgesteins im Pragser Bach fand ich Fragmente dieser Art. 


Posidonomya Wengensis Wıssm. 


Wissmann 1. e. pag. 23. t. 16. f. 12. 
Laupe 1. c. Abth. 2. pag. 76. t. 16. f. 12. 


| In rothlich verwitterndem, dichtem Tuffschiefer, neben 
Daonella Lommeli, auf dem Pizzo del Corvo. 
In braun verwitternden Tuffschiefern, auf der Höhe zwi- 
schen Sarnkofel und Dürrenstein, näher dem letzteren, zahl- 
reich, nicht sehr gut erhalten. 


höchsten Schichten dieses Complexes gelegen, und es ist wohl denkbar, 
dass diese höchsten Schichten mit Theilen der eigentlichen St. Cassian- 
schichten zwischen St. Cassian und Livinallongo zeitlich zusammenfallen. 
Dann würde allerdings D. Lommehi, welche fast in gleicher Schicht ge- 
funden wurde, an dieser zeitlichen Gleichheit Theil nehmen. Von den 
sonst aus dem Bereich der Sedimentärtuffgruppe, resp. „Schichten der 
Daonella Lommeli“ bekannt gewordenen Ammoniten Trachyceras Arche- 
laus, Arcestes Tridentinus, Lytoceras Wengense (nach v. Mossısovics, 
Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1873, pag. 433) fand ich auf meinen. 
Excursionen kein Exemplar. 


808 


In schwärzlichem, concentrisch schalig abgesondertem 
Tuffgestein, eine Strecke unter et Wänden des Herstein bei 
Neuprags. 

Endlich in Bachgeschieben bei Neuprags. 


Avicula globulus Wıssm. 
1.Ne. Pag: 28. 1.10.7010} 


Zahlreich in grauem, echtem Tuffgestein, neben Phylloceras 
Jarbas und Daonella Lommeli auf dem Pizzo del Corvo. \ 

Dieselbe nebst Pos. Wengensis in Bachgeschieben bei 
Neuprags. 


In den Schichten, welche ich bei meiner früheren Dar- 


stellung nebst zugehöriger Karte als „St. Cassian - artige 
Schichten“ bezeichnete — ihre Hauptmasse tritt als Hangendes 
der eigentlichen Sedimentärtuffe und als Liegendes des Schlern- 
dolomits auf, während Vorläufer derselben local oder strich- 
weise schon im Bereich der Tuffe vorkommen können — fand 
ich nur unbestimmbare organische Reste und Trummer von: 
Schwämmen, Corallen, Echiniden, Crinoiden, auch wohl Bi- 
valven und Gastropoden; unter günstigeren Verwitterungsver- 
hältnissen würden gewiss auch in jenen Gegenden gar manche 
mit St. Cassian-Arten zu identifizirende sich herausstellen. *) 

Es sind nur wenige Arten, die ich oben als von mir 
selbst gesammelte aus der grossen Schichtenreihe von der 
oberen Grenze des Muschelkalkes bis an den Schlerndolomit 
anführen konnte; umsomehr glaube ich die hauptsächlichste 
Literatur anführen zu sollen, welche sich auf die bis jetzt 
bekannt gewordenen organischen Formen dieser Schichten in 
Sud-Tyrol bezieht. **) 


*) Aus den eigentlichen St. Cassianschichten der Prelungei-Wiesen, 
zwischen St. Cassian und Livinallongo gelang es mir bei einem einmaligen 


Gang über dieselben nur folgendes wenige zu sammeln: Ammon. Eryx _ 


Münsr., Schaalentheile. Holopella sp., Pachypoma calcar Münst. sp. (s b. 
LaugE), Cardita crenata Goıor., ?Cassianella (Avicula) gryphäata 
Münsrt., Cidaris dorsata Braun. 

**) Wıssmann, 1. c. pag. 21 fl. — v. Münster, pag. 25 E. -—- von 
Kuırstein, „Beiträge zur geolog. Kenntn. d. östl. Alpen‘, Giessen 1843 
pag- 101 ff, — v. Rıcutuoren, 1. c. pag. 66 ff., pag. 71—83. — Lause, 
„Die Fauna der Schichten von St. Cassian.“ (Aus den Denkschriften der 
math.-nat. Cl. d. k.k. Akad d. Wiss. Wien 1865-69, 5 Abtheilungen. 
(Zu beachten die stratigraphisch geordnete Aufzählung einiger Formen, 


809 


Organische Reste aus dem Schlerndolomit. *) 
Chemnitzia? sp. 


Innig mit dem Gestein verwachsen, nicht zu isoliren, ge- 
 wöhnlich als Durchschnitte mit auskrystallisirten Hohlräumen 
sichtbar werdend, von sehr verschiedener, manchmal ansehn- 

licher Grösse, nicht selten, an den verschiedensten Orten. 


Cidaris sp. 
Fragmente von Schalen und Stacheln. 


Einzeln und nicht häufig: Rauchkofel am Pragser Wildsee, 
Passhöhe zwischen Enneberg und Pragser Wildsee. 


Encrinus sp. 


Ein Säulenstück, 4 Mm. diek und mit 1 Mm. hohen Glie- 
dern, die mit feingezähneltem Rand ineinander greifen, ähnlich 
Encrinus granulosus Münst. (Aehnlich auch Sroppanı, Paleont. 
Lomb. 1. Ser. P£&tr. d’Esino. pl. 28. f. 5. 6.) — Aus dem 
Schlerndolomit am Südvorsprung des Set Sass. — Ausserdem 
nicht selten, an dieser und vielen anderen Localitäten, in Form 
ausgewitterter oder noch mit Bitterspathkrystallen ausgeklei- 
deter Röhren, die bis 10, 15 Mm. Durchmesser haben, 


Petrefacten aus den Schlernplateau-Schichten, **) 


Nautilus Ampezzanus n. sp. Taf. XXI. Fig. 1. 


Es liegt nur ein Bruchstück einer äusseren nebst an- 
schliessender innerer Windung vor, an dem sich indess die 
hauptsächlichen Eigenschaften der Form erkennen lassen. 


am Schluss pag. 48 ff.) — Stun: „Eine Excursion in die Umgegend von 
St. Cassian“, Jahrb, d. k. k. geol. Reichsanst. 1868 pag. 563, 564, 565. 
— v. Mossısovics, „Ueber einige Triasversteinerungen aus den Südalpen“, 
Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1873 pag. A431, 432, 435, 430. — 
v. Mossısoyics, 1. c., ausser den oben angeführten Daonella-Arten noch 
 Daonella elongata, D. Cassiana, D. fluxa. (S. dessen Abh. üb. d, Daonellen.) 

*) Zur Ergänzung Folgendes: Ammonitenreste mit auskrystal- 
lisirten Kammern werden mehrfach von v. RıcHtnoren erwähnt. Ich habe 
von solchen nur sehr mangelhaftes unter meinem Material. — Korallen 
erwähnt Wissmannl. ec. pag. 14; Srur 1. c, pag. 542; Günser 1. c, pag. 73. 
— Foraminiferen (Gyroporellen) erwähnt Güuser 1, ce. pag. 49, 74. 

*) Mit dem Namen ‚„Schlernplateau - Schichten“ wurde in meiner 
früheren Darstellung der Schichten-Complex bezeichnet, der in Süd-Tyrol 


Zeits. d. D.geol. Ges, XXVLIJ. 4. 53 


sid 


Die Seitenfläche der Windung verläuft flach und ist mit 
dicht aufeinander folgenden gleichbreiten Furchen und Rippen 


als Liegendes des Hauptdolomits und fast immer als Hangendes des 
Schlerndolomits auftritt (ausnahmsweise oder strichweise aber auch, nach 
meiner Auffassung, als Hangendes nicht dolomitischer Schichten auftreten 
kann, deren Bildungsabschluss mit dem Abschluss der Bildung des be- 
nachbarten Schlerndolomits zeitlich zusammenfallend gedacht werden 
kann). Der Schichtencomplex dieser „Schlernplateau-Schichten“ ist local 
verschieden mächtig und verhält sich local nach petrographischer und 
paläontologischer Hinsicht verschieden. Wir dürfen in dieser Verschieden- 
artigkeit zunächst wohl verschiedene Facies derselben Bildung erblicken ; 
ob zu der Verschiedenheit, namentlich der Mächtigkeit, aueh Zeitunter- 
schiede beitrugen, in der Art, dass der Abschluss der Schlerndolomit- 
und Beginn der Hauptdolomit-Bildung nicht durchweg gleichzeitig Platz 
griff, lassen wir dahingestellt sein. 

Die von uns gewählte Bezeichnung „Schlernplateau-Schichten‘ 
macht keinen Anspruch darauf, ein bleibender Name für diesen Complex 
der südtyroler Trias sein zu wollen. Es hätte nahe gelegen, nach dem 
Vorgang Herrn v. Rıcntuorrn’s die Bezeichnung „Raibler Schichten“ 
zu wählen ; ich glaubte dies aus dem Grunde nicht thun zu sollen, weil 
mir die Verhältnisse bei Raibl aus eigener Anschauung nicht bekannt 
sind, und erlaubte mir lieber, den Ausdruck „Schlernplateau-Schichten“, 
der allerdings zunächst nur diejenige Entwickelung des in Rede stehenden 
Complexes bezeichnet, die man auf dem Schlernberg findet, auf den gan- 
zen Schichtenzug des Complexes auszudehnen, und so durch den Namen 
zugleich die Bezugnahme auf das nächstliegende, bekannte Hauptprofil 
am Schlern hervortreten zu lassen. 

Von den in der Folge namhaft gemachten, von mir selbst gesam- 


melten Petrefacten, — welche alle, nach meiner Anschauung, aus eigent- 
lichen Schlernplateau - Schichten, die erst nach Abschluss der Schlern- 
dolomitbildung zum Absatz kamen, stammen — steht manches St. 


Cassianformen, wie sie aus den Werken von v. Münster, v. KripsTein 
und Lausr bekannt sind, sehr nahe, oder ist mit solchen identisch. Nach 
der, wie ich glaube, begründeten Ansicht, dass die höheren und obersten 
St. Cassianschichten stratigraphisch mit höherem und oberstem Schlern- 
dolomit gleichstehen könnten, hat dies auch nichts Befremdendes. — Zu 
beachten bleibt, dass bei den „von St. Cassian“ beschriebenen Formen 
möglicherweise einzelne sein können, die nicht aus den eigentlichen St. 
Cassianschichten, sondern aus „Schlernplateau - Schichten“ („Oberen St. 
Cassianschichten“) stammen, wenn nicht die ausdrückliche Angabe des 
Fundorts diese Möglichkeit ausschliesst. 

Zur weiteren Kenntnissnahme der Fauna des in Rede stehenden 
Schichtencomplexes in Südtyrol habe ich zu verweisen auf: v. RiCHTHOFEN 
l. ec. pag. 97 #.; auch pag. 99 „Heiligkreuz - Schichten“, -- Srur ]. c. 
pag. 557 — 560. -—— Gümssu 1. c. pag. 758 fe. — Auch Wıssmann ]. c. 
pag. 19 — 21. 


i sıl 


 verschen, deren auf die halbe Windung je circa 18 bis 19 


kommen; sie reichen von der Nabelkante bis an den Beginn 


der Wolbung, welche die Seitenfläche mit der Aussenfläche 
verbindet. Die Rippen sind in ihrer grössten Länge radial 
‚gerichtet, in der Nähe der Nabelkante jedoch sind sie etwas 
abgeleukt und nehmen eine Richtung vorwärts an. 

Mit der Naht ist die Seitenfläche durch eine ziemlich steil 
abfallende, anscheinend glatte Nahtfläche verbunden; zwischen 
beiden Flächen ist eine markirte Nabelkante.e Die Aussen- 
fläche der Windung ist sehr breit, gegen die Mitte zu nur sehr 
leicht eingesenkt, ohne Rippen und Furchen, und mit den 
Seitenflächen, zu denen sie rechtwinklig steht, durch eine con- 
tinuirliche Wölbung verbunden, so dass sich keine Aussen- 
kante bildet. — Die Schale ist in der Mitte der Aussenfläche 
der Windung nur dunn, wird nach den Seitenflächen zu stärker 


und ist auf letzteren von beträchtlicher Dicke. 


Die Lobenlinie bildet auf der Mitte der Seitenfläche, sowie 
‚auf der Mitte der Aussenfläche eine sanft nach rückwärts ge- 
schwungene Bucht. Etwa die Hälfte des vorliegenden Stückes 
ist Wohnkammer; nur die beiden letzten Lobenlinien konnten 
beobachtet werden, sie stehen auf der Mitte der Äussenfläche 
eirca 11 Mm. von einander ab. — Der Sipho liegt der con- 
caven Seite der Windungsröhre nahe (S. d. Fig. 1e.). 


Aeusserer Durchmesser . . . 2 .2..2..110 Mm. 
Durchmesser des Nabelraumes . . . ...4 „ 
Höhe der Nabel- (Naht) fläche. . .*. 12-13 ,„ 
Breite (Querdurchmesser) der Windung am 
Bode a. een un 20 en 
Hohe derselben in der Medianebene . . . 35 , 
= » »  Parallelebene durch 
BEN aht aus ei, Dre wen ss nA, 


Stammt aus festem, kalkig- oder dolomitisch - mergeligem 


Gestein, nicht weit unterhalb der untersten Dolomitwände an 
der Tofana im Ampezzothal.*) 


79 


*) Die mir zugängliche Literatur wies aus den St. Cassian-, Hall- 
stätter- und Raibler Schichten keine sehr nahestehende Nautilus-Art auf. 
Nautilus superbus v. Moss. (siehe dessen „Gebirge um Hallstadt‘“) hat 
auf den ersten Blick einige Aehnlichkeit, weicht jedoch mehrfach ab. 
Auch Nautilus Cornaliae Sropranı (Petrif, d’Esino) ist abweichend. — 


95° 


812 


Ammonites sp. 


Schalentheile kleiner Formen (noch Perlmutterglanz zei- : 


gend), die ich mit keiner aus den St. Cassian- und Hall- 
stätter Schichten beschriebenen Art zu identificiren vermochte, 
— In bräunlichem , St. Cassian - artigem Gestein der Stolla- 
Alm am Dürrenstein.*) 


Fusus? n. sp. Taf. XXI. Fig. 3 
Wenige Windungen, von denen die letzte die bei weitem 


höchste und grösste ist. Umgänge von treppenförmigem Um- 
riss; sie sind mit rippenförmig vorspringenden Spiralstreifen 


verziert, welche im Allgemeinen alternirend stärker und 


schwächer sind und durch noch etwas breitere Zwischenräume 
getrennt werden. In letzteren sind ober auf der letzten Win- 
dung noch 1, 2 schwächere Spiralstreifehen zu bemerken. 


Eine der Spiralrippen kommt auf die vorspringende Kante zu 


liegen. Anwachsstreifung zurücktretend, auf dem oberen Theil 
jeder Windung indess bemerkbar. 

Die letzte Windung ist nicht ganz erhalten und die Be- 
schaffenheit des Aussenrandes und der Spindel daher nicht 
anzugeben. Höhe 24 Mm. — 1 Ex., etwas: verdrückt. 

Fundort: Seeland-Alpe, hinter dem Dürrenstein.**) 


Natica sp. div. 
Von mangelhafter Erhaltung. Ebendaselbst. 


In „Beiträge zur Kenntniss der Fauna der Raibler Schichten“ von 
v. Hıver pag. 8 wird das Bruchstück eines Nautilus von quadratischem 
Querschnitt aus den Schichten mit Myophoria Kefersteini vom Canal di 
Socchieve erwähnt, eine Abbildung desselben ist mir nicht bekannt ge- 
worden. 

=) Ausserdem fand ich einen kleinen, ebenfalls nicht mit Sicherheit 
zu identifizirenden Ammoniten in den Trümmern St. Cassian - artiger 
Gesteine hinter dem Dürrenstein; der Ursprung, ob aus unterem oder 
oberem St. Cassian ist in diesem Fall nicht mit Sicherheit zu ermitteln. 

**) Die ziemlich zahlreichen Petrefacten kommen an dieser Localität 
in einem frisch sehr festen, dunkeln, gelblich verwitternden, zuletzt einen 
braunen Boden gebenden, zahllose Trümmer von Organismen einschlie- 
ssenden, öfters nur aus solchen verkitteten Kalkstein, oder mergeligen 
Kalkstein, vor, welches Gestein in Massen von Blöcken über die Weide 
zerstreut ist. Die eingeschlossenen Organismen wittern häufig mit der 
grössten Feinheit aus (besonders an Korallen und Schwämmen auffallend!), 
doch sind sehr viele derselben schon als Trümmer eingeschlossen, andere 
durch Abstossung oder allzulange Verwitterung beschädigt. 


813 


Chemnitzia cfr. Dunkeri Kuipst. sp. 
Vergl. Lause 1. ce. t. 23. £. 16. 


Vorkommen und Fundort: Auf der Grenze zwischen Ko- 
 rallenkalk und aufruhenden Mergelschichten; auf der dislocirten 
 Schlerndolomitpartie vor dem Südvorsprung des Set Sass. — 
3 Ex., fragmentarisch. 


? Chemnitzia sp. Sp. 


Fundort: An der Falzargostrasse, ca. 1 Stunde von 
Cortina d’Ampezzo.*) 


Holopella sp. 2. 


Klein; die eine mit glatten, die andere mit knotigen 
Umgängen ; fragmentarisch. — Seeland-Alp. 


Pleurotomaria aff. nodosa Münst. sp. 
Vergl. Münster 1, c. pag. 113. t. 12. f. 14. 


Das Mvnsrer’sche Original - Exemplar ist schlecht ausge- 
wittert. Das viel grössere vorliegende Exemplar (es hat un- 
gefähr die Grösse der vergrösserten Figur bei MÜNSTER) zeigt 
‚ mit jenem viel Analogie, ohne sicher identificirt werden zu 
können, es ist zwar gut, doch nur theilweise aus dem Gestein 
ausgewittert. — Seeland-Alp. 


; Pleurotomaria canalifera Münsr. 


Münster 1. c. pag, 111. t. 12. f. 4. 
Lauge 1. c, Abth. III. pag. 53. t. 27. f. 4. 


Gut mit dem Mvxsrter’schen Original- Exemplar in Mun- 
chen **) stimmend. — Von der eitirten Form bei LAUBE nur 
dadurch etwas abweichend, dass die Grundfläche schwach und 
nicht stark spiral gestreift ist (sowie vielleicht durch eine 
wenig schmälere Hohlrinne unter dem Spaltkiel). — Höhe 
eines Exemplars 11 Mm. Dicke 6°%/, Mm. — 7 Ex. — 
Seeland- Alpe. 


*) An dieser Stelle kommen die Petrefacten in einem durch Ver- 
witterung dunkel eisenoxydrothen, kalkigsandigen Trümmergestein (mit- 
unter fast muschelbreccienartig) vor, welches aus dem Schichtenverbande 
gerissen erscheint. Sie sind auch hier meist mit der Schale erhalten. 

*%*) Die in der paläont. Staatssammlung in München vorfindlichen 
Münster’schen Orig.-Exemplare wurden bei den betr. Arten verglichen, 


814 


Pleurotomaria sp. 


Exemplare nicht völlig ausgewittert. — Misurina-Wiesen. 


Neritopsis ornata MÜNnSsT. sp. 
Naticella ornata Münsr. 1. ec. pag. 101. t. 10. f. 14. 
Tamer |. ©. 1.81.83. micht 1.2). 

Oberer Theil der letzten grossen Windung etwas stärker 
herausspringend, anliegende Naht etwas tiefer, und Summe 
der oberen Windungen relativ ein wenig niedriger, als beim 
Münster’schen Original-Exemplar. — Seeland-Alpe. — 1 Ex. 


Turbo Epaphoides n. sp. Taf. XXIM. Fig. 2. 
Vergl. Turbo Epaphus, Lause 1]. c. Abth. IV. pag. 25. t. 32. f. 6. 


Den: Turbo Epaphus LaAuBE sehr nahestehend ; unter- 
scheidet sich von diesem nur dadurch, dass zwischen die bei- 
den Knoten-tragenden Spiralreifen, die langs dem oberen und. 
unteren Rand der Umgänge laufen, sich noch ein dritter ein- 
schaltet und zwar dicht unter den oberen jener beiden; dieser 
dritte Spiralstreifen ist wohl markirt, aber viel schmäler als 
jene, und seine feinen, scharfen Knötchen stehen dicht unter 
den Knoten des oberen Spiralstreifens. — Auf der Basis be- 
merkt man ca. 10 fein und scharf verlaufende Spiralstreifen, 
während bei 7. Epaphus 7 angegeben werden. — Rildet viel- 
leicht nur eine Varietät zu letzterer Art. 

Fundort: Seeland-Alpe. — Diese kleine, dort nicht gerade 
seltene Form pflegt sehr zierlich, öfters bis in die äusserste 
Spitze erhalten, aus dem festen Trümmergestein auszuwittern, 
gegen dessen gelbe Verwitterungsrinde ihre weisse Schale und 
feine Ornamentik dann sehr absticht. 


Monodonta nodosa Münst. 


Münster 1. c. pag. 114. t. 12. f. 19. 
Dxupe. ke... 346 AR 


Die Münsrter’schen Original-Exemplare haben theils einen 
ein wenig spitzeren, theils ein wenig stumpferen Winkel an 
der Spitze. Mit letzteren stimmt vorliegendes Exemplar sonst 
gut. — Höhe 6 Mm. Dicke unten 6°/, Mm. 

Fundort: Auf der Grenze zwischen Korallenkalk und auf- 
gelagerten Mergelschichten auf der dislocirten Partie am Sud- 
vorsprung des Set Sass. 1 Ex. 


4 815 


? Emarginula cfr. Münsteri Pıcr. 


Sehr zierliche Ornamentik, nach Art der eitirten Species 
(bei LAUBE); nur fragmentarisch erhalten. — Seeland-Alpe. 


Dentalium sp. 


Gegen das dunne Ende fein gegittert. — Diese Art wird 
von Münster, KLipSTEin und LaAuße nicht aufgeführt. — Mi- 
surinawiesen. Auch aus den Trümmern St. Cassian - artiger 
Gesteine am Durrenstein.*) 


?Solen sp. 


Solen-artige, langgestreckte Formen; sie kommen nicht 
allzu selten vor, sind meist beschädigt. — Seeland-Alpe. — 
An der Falzargostrasse. 


(?) Corbula Rosthorni Bous. 


Eine rechte Klappe, fast ringsum frei ausgewittert, und 
soweit vollig mit der citirten Species**) übereinstimmend. 
Da nur ein Exemplar vorliegt, und die andere Klappe fehlt, 
setze ich bei dieser für wichtig geltenden Raibler Form zur 
Vorsicht ein (?) bei. — Seeland-Alpe. 


Megalodon sp. Taf. XX1U. Fig. 8. 


Kleine Steinkerne in gelbem, mergeligem Gestein. Sie 
zeigen im Einzelnen dieselben Species - Kennzeichen, wie die 
Steinkerne von Megalodon triqueter und M. complanatus, ohne 
indess mit einer dieser Arten ganz zusammen zu fallen. Die 
vordere Seite (von den Wirbeln bis zur vorderen Muskelspur) 
ist kurz, ähnlich wie bei M. complanatus, dabei ist der Stein- 
kern jedoch relativ dicker. Die von den Wirbeln zur hinteren 


*) Ausser den oben namhaft gemachten enthält mein Material noch 
verschiedene Gastropodenformen, die sich wegen des Erhaltungszustandes 
oder unvollkommener Auswitterung nicht sicher bestimmen lassen. Ich 
bemerke davon: Chemnitzia sp. div. Kleine Formen von verschiedenen 
Orten. ? Macrochilus Sandbergeri Lause. Hinter dem Dürrenstein. 
? Turbo sp. nov. Grössere Form, mit Knoten-tragenden Umgängen; 
Ampezzothal. Patella (2costulata Münst.). Wiesen, in der Nähe der 
Falzargostrasse. 

*®%) „Beitrag zur Kenntniss der Raibler Schichten“ von F. Ritter 
v. Haver (Sitzungsber. d. k. k, Akad. d. Wiss,, math.-nat. Cl. Bd. 24. 
pag 537 ff. 1857. Wien). 


816 


unteren Ecke verlaufenden Kanten mit den Längsdepressionen 
davor und die hinteren Flächen sind ähnlich wie bei M. iri- 


queter, doch mit weniger scharfen Winkeln. Die Median- 


lamelle vorn zwischen den Wirbeln ähnlich gebogen wie bei 
M. triqueter. Die rechte Hälfte der Steinkerne zeigt sich 
durchweg schwächer entwickelt als die linke, wie das auch 
häufig bei M. triqueter vorkommt. Beispielsweise 21 Mm. lang, 
18. Mm. hoch, 13 Mm. dick, und kleiner, auch wohl etwas 
grösser. 

Zahlreich am Campo Rutorto, südlich vom Pelmo.*) 


(2) Modiola obtusa Eıcaw.**) 


Eine ziemlich grosse Klappe, welche bis auf die Partie 
am Wirbel ausgewittert ist und, soweit sichtbar, mit der citirten 
Species übereinstimmt. Länge circa 65 Mm. Grösste Breite 
36 Mm. — Seeland-Alpe. 


Myoconcha sp. 


Nicht genau bestimmbar, scheint verschieden von Myo- 
concha Maximiliani Kııpst. sp. — Seeland-Alpe. 


Avicula ?@ea D’ORB. 


Die Exemplare sind nicht ganz vollständig erhalten, doch 
soweit gleichen sie in der Gestalt der übrigens weit kleineren, 
von LAusE abgebildeten Form der Avicula Gea. Ebenso stim- 
men sie in der Gestalt mit dem, ebenfalls viel kleineren, 


*) Es seien beiläufig aus dem Complex der „Schlernplateau-Schich- 
ten“ noch einige andere ?/Megalodon-Vorkommnisse erwähnt. Unter dem 
südlichen Gehänge der Tofana tritt eine kleine Folge von Bänken auf, 
welche höchst zahlreiche Durchschnitte einer Megalodon-ähnlichen Form 
zeigen; ein Fragment, welches ich weiter gegen Ampezzo zu mit an- 
deren Petrefacten fand, scheint mir damit identisch. Bis bessere Funde 
eine sichere Bestimmung gestatten, möge diese Form einstweilen hier als 
Megalodon? sp. verzeichnet werden. Wirbel stark eingerollt; Seite 
hochgewölbt;, keine scharfe Kante zwischen Seite und hinterer Fläche. 

Aus den bunten Steinmergeln, welche ein so häufig wiederkehrendes 
Schichtenglied dieses Complexes bilden, habe ich ebenfalls schlecht erhal- 
tene, unbestimmbare Steinkerne einer Megalodon sp. zu erwähnen. Ich 
fand solche an der eben erwähnteu Localität und auf dem Set Sass. 


*°) EıchwaLp, „Geognostischer Ausflug nach Tyrol“ pag. 129. t 1. 


f, 8. (Mem, de la soc. d. natural. d. Moscou IX.) 


817 


Original - Exemplar der Avicula ceratophaga MünsT. von St. 
Cassian (= Avicula Gea D’OrB. nach LAUBE). 
An der Falzargostrasse. 


Cassianella gryphäata Münst. sp. 
Avicula gr. Münsr. 1. e. pag. 75. t. 7. £. 7. 
Lıuse 1. c. Abth. I. pag. 46. t. 17. £. 1. 

Exemplare etwa halb so gross als Fig. 1a bis 1d bei 
LAuBe. Die Flügel meist nicht erhalten, ebenso die rechte 
Klappe. Rücken der linken Klappe sehr hoch gewolbt, gegen 
den Wirbel zu kielartig, nach hinten steil abfallend. 

Mit den Müunster’schen Original - Exemplaren der Avicula 
gryphäata übereinstimmend befunden. 

Vorkommen und Fundort: An der Falzargostrasse, wie 
oben. Circa 10 Ex. 

Dieselbe Art mit weniger hoch und schmal gewölbtem 
Rücken der linken Klappe, in der Gestalt und Grösse der 
Fig. Te. l. c. bei Münster, in 1 Ex., von der sogen. Stoller 
Alm hinter dem Dürrenstein. 


Cassianella sp. 


Mit Cassianella gryphäata zusammen (möglicherweise nur 
eine Varietät dazu bildend) kommen an derselben Localität 
(Falzargostrasse) Exemplare vor, die sich durch weniger hoch 
und schmal gewölbten Rucken und weniger scharf von dem- 
selben abgetrennte Seitenflügel von jener Art unterscheiden. 


Monotis n. sp. Taf. XXN. Fig. 4, 5. 


Es liegen nur einige linke Valven, mehr oder minder be- 
schädigt, vor. Vom kleinen, ziemlich spitzen Wirbel, der in 
der Schlosslinie liegt und kaum vorsteht, strahlen radiale, 
dicht aneinander liegende, gewölbte, breitere und schmälere 
Rippen aus, die in nicht ganz regelmässiger Weise miteinander 
alterniren. Feine concentrische Streifung nur sehr schwach, 
auf den Seitentheilen etwas merklicher. Der grösste, mittlere 
Theil der Schale ist regelmässig, vom Wirbel auf gewölbt, in 
der Mitte am höchsten. — Nach hinten schliesst sich an diesen 
Theil der Schale ein deutliches Ohr an, welches eine kleine 
Wölbung für sich, bis auf den Schlossrand hinab, bildet. Nach 

vorn endigt der mittlere Schalentheil so, dass sein concav ge- 


818 


bogener Vorderrand etwa rechtwinklig zum Schlossrand liegt; 
daran legt sich, durch einen tiefen, treppenförmigen und etwas 
ausgehöhlten Absatz getrennt, noch ein schmales, kürzeres, 
vorderes Ohr. 

Fundorte: Seeland-Alpe; Uebergang zwischen Misurina 
und Rimbianco; St. Cassiantrümmer im hinteren Pragser Thal 
(hier nicht auf ursprünglicher Lagerstelle). 


Daonella Richthofeni v. Moss. 
v. Mossısovics 1. c. pag. i0. t. 1. £. 11. 12, 


Abdrüucke in kalkig mergeligem Gestein, im Ampezzothal, 
nordöstlich von Cortina. 


Myophoria decussata Münst. sp. 


Lauer 1. c. Abth. II. pag. 58. t. 18. f. 6. 
Cardita decussata Münsrt. 1. c. pag. 86. t. 8. f. 20. 


Stimmt mit dem Mvnster’schen Original- Exemplar, nur 
grösser. Länge, über den Kiel gemessen 17 Mm. — Fundort: 
An der Falzargostrasse. 1 Ex, 


Myophoria Kefersteini MünsT. sp. 
v. Haven 1. c. pag. 550. t. 4. f. 1—6. 


Kommt in ziemlich zahlreichen Exemplaren von etwas 
variirender Beschaffenheit am Campo Rutorto, südlich vom 
Pelmo vor. 


? Myophoria sp. 


Kleine Steinkerne, in denselben Schichten wie die kleinen 
Megalodon- Kerne am Campo Rutorto. 


Arca cfr. impressa Münst. 


(Münst. 1. c. pag. 82. t. 8. f. 4.) 
Cuculläa impressa Läuse 1. c. Abth. II. pag. 60. t. 18. £. 9. 


Das Monster’sche Original - Exemplar hat einen etwas 
längeren rhomboidalen Umriss und die untere Ecke hinten ist 
etwas spitzer. Grösser ist die Uebereinstimmung mit der Ab- 
bildung hei LAUBR. 

Fundort: Misurinathal. 1 Ex. 


819 
Nucula sp. 


Nur ein Exemplar, welches ich nicht mit Sicherheit mit 
einer der Münster’schen Arten zu vereinigen vermag. Viel- 
leicht eine Varietät von Nucula subcuneata D’ORB. (bei LAUBR). 
— Seeland-Alpe. 

Leda complanata. 
Sropranı, Paleont. Lomb., Couches & Avicula contorta pag. 62. t. 8. 

he 2. 

non Nucula complanata GoLDr., Zirten, Lethaea. 

Die Uebereinstimmung mit der von Stoppanı abgebildeten 
Form ist gut, obschon diese einem höheren Horizont angehört. 
Auch bei meinem Exemplar ist die Spitze abgebrochen, wie 

in der citirten Abbildung. 
Fundort: Ampezzothal, Gehänge nordwestlich von Cor- 
tina. — 1 Ex. 

Dieses Petrefact wurde N. Jahrb. f. Min. 1863 pag. 364 
von mir als Leda cfr. sulcellata Wıssm. angeführt; das nun- 
mehr verglichene Original - Exemplar der Nucula sulcellata 
Wıssm. stimmt jedoch keineswegs mit der Form von Cortina. 


Pecten sp. (?aff. decoratus Kuırsr.) 


Der Abdruck einer linken Valve: ziemlich ungleichseitig, 
hoch und schmal (25 Mm. und 17 Mm.), ziemlich stark ge- 
wölbt. Markirte, in einiger Entfernung von einander folgende, 
concentrische Ringe, die Zwischenräume zwischen denselben 
sind fein radial gestreift. Die Ornamentirung ist etwa so wie 
bei Pecten decoratus Kuirst (l. e. t. 16. f. 9.) — Fundort: 
an der Falzargostrasse. 


Lima sp. 
Aehnlich der Lima vulgatissima Stopranı (Pal. Lomb. 
1 Ser. Petr. d’Esino t.19. f. 13. 17., t. 20. f. 7.), doch etwas 


kürzer; Ohren nicht erhalten. — Fundort: In der Nähe von 
Cortina. 
Ostrea sp. 
Fragmentarisch. — An der Falzargostrasse. 


Eine zweite Art (?afl. montis Caprilis Kumst.), nicht 
ganz ausgewittert, an der Stolla Alm.*) 


*) Noch erwähne ich von Bivalven: Perna ?Bouei Hau. Bestim- 
mung des fragmentarischen Zustandes wegen unsicher bleibend, In der 


820 


Thecidium tyrolense n. sp. Taf. XXI. Fig. 6—8. 


Unterscheidet sich von Thecidium concentricum MUNST. sp. 
(s. LauBe 1. c. Abth. II. pag. 11. t. 12. f. 1.) durch niedri- 
geres Schlossfeld und Abwesenheit der radialen Linien und 
Knötchenreihen auf den Klappen, sowie durch grössere Di- 
mensionen. Durch letztere wie auch durch deutlicher ausge- 
sprochenen Schnabel, Abwesenheit der groben concentrischen 
Falten der Schale auch von Th. Lachesis 1. c. f. 2. (Thecidea 
Haidingeri, Suss, aus den Kossener Schichten, scheint, nach 
der Beschreibung, ebenfalls von vorliegender Form verschieden). 


— Die grosse Klappe nur vorn am Schnabel angewachsen; 


Schlosslinie und Randkanten stossen winklig zusammen, — 
Höhe von der Stirn bis zum Schlossrand über die kleine 
Klappe 9'/, Mm. Grösste Breite 13 Mm. ? 

Ein zweites Exemplar, bei dem diese Dimensionen bez. 
7'/, und 10'/, Mm. sind, hat etwas niedrigere und schmälere, 
weniger ausgebildete Area, die Schlosslinie verläuft ohne schar- 
fen Winkel in die Randkanten; von dem grösseren schwerlich 
specifisch verschieden. 

Das Innere der kleinen Klappe konnte nicht ermittelt 
werden. Eine ausgewitterte grosse Klappe, welche ich der- 
selben Art zuschreibe, zeigt im Innern nicht die drei gewöhn- 
lichen Septa der Thecidien (wie sie z. B. Quenstept, Brachiop. 
t. 61. f. 109. 122. 126. 136. 149. darstellt. Es scheint in 


dieser Beziehung von den typischen, späteren Thecidien hier _ 


eine ähnliche Abweichung stattzufinden, wie bei der Innenseite 
der kleinen Klappe von Thecidium concentricum MünsT. sp. 
(Lause |]. c. t. 12. f. 1b.; Quessteon, Brachiop. pag. 703 
t. 61. f. 167... Man bemerkt am unteren Rande der Area 
der ausgewitterten grossen Klappe die beiden normalen Schloss- 
zähne, der untere Theil des Pseudodeltidiums ist zerstört und 
in der Mitte wird der abgebrochene, stecken gebliebene Schnabel- 
fortsatz der kleinen Klappe sichtbar. — Die Höhlung der 
grossen Klappe hat eine körnig-grubige Beschaffenheit, der 
vorspringende Aussenrand ist etwas weniger rauh und einwärts 
geneigt. In der Schnabelhöhlung bemerkt man zwei grössere, 


Nähe der Falzargostrasse. Arca sp. (? strigilata Münst.), ebendaher. 
Pecten sp. Ziemlich gleichseitig, fachgewölbt, glatt, oder sehr fein con- 
centrisch gestreift. (Falzargostrasse.) 


2. 08 


‚grubenförmige Eindrücke (ähnlich, wie sie die Schnabelpartie 
der kleinen Klappe von T’hecidium concentricum zeigt), welche 
durch eine schmälere, höhere Partie, die in der Mitte nochmals 


_ mit einer schmäleren Längsrippe versehen ist, getrennt werden. 


Es dürfte hierdurch eine Verwandtschaft mit gewissen älteren 
Brachiopodenformen angedeutet sein. 

Schaalenstructur eher fasrig als punktirt. 

Fundort: Seeland-Alpe. 


Spirigera Wissmanni Münst. sp. 
Münster 1. c. pagn64. t. 6. f. 18. 
Eause 1. c. Abth. II. pag. 15. t. 12. 2. 5..2..Th. 

Es lassen sich an den mir vorliegenden Exemplaren zwei 
Varietäten unterscheiden: | 

l. Umriss dadurch, dass die grösste Breite fast erst bei ?/, 
der Länge vom Schnabel ab erreicht wird, fast etwas fünf- 
seitig; oder bei mehr Abrundung queroval. Es ist das die 
eigentliche Spirigera Wissmanni Münst. sp. Die Exemplare 
stimmen mit den verglichenen Original- Exemplaren der Tere- 
‚bratula Wissmanni Münst. von St. Cassian; und in der quer- 
ovalen Gestalt auch mit den beiden ersten Abbildungen der 
‘ Figur 5 l. c. bei LaAuBk. 

2. Umriss der Länge nach oval: Spir. Wissmanni Münst. 
Var. elongata könnte man sie nennen. Diese letztere Form 
steht der anderen im Ganzen betrachtet so nah, dass ich sie 
nicht für eine eigene Art, sondern nur für eine zugehörige 
Varietät halten möchte. 

Der Schlosskantenwinkel ist in allen Fällen stumpf, doch 
etwas veränderlich. Die grosse Klappe zeigt in allen Fällen 
nur geringe Neigung, einen Sinus zu bilden; bei der länglich 
ovalen Varietät ist ein solcher so gut wie nicht vorhanden. 
Bei der länglichen Varietät lauft der Schnabel ein wenig 
schmäler und spitzer zu als beider anderen, steht indess kaum 
mehr vor. Furchen oder Einsenkungen in der Mittellinie der 
einen oder anderen Klappe fehlen bei meinen Exemplaren 
ganz. Rand scharf. Bezüglich der Schnabels, Foramens, Del- 
tidiums gilt das, was LAuBE anführt. 

Var. elongata zeigt sich hinsichtlich der Dicke: 

a. flacher: die Valven sind im ersten Drittel der Länge 
nur mässig aufgetrieben, bei solchen Exemplaren bildet der 


822 FR 


Schalenrand öfters einen ganz flachen Rand nach Art der 
Fig. 5. No. 5. ]. c. bei LAuBE, oder Quexstept, Brachiop. 
AR | 

b. dicker, indem beide Klappen im ersten Drittel der 
Länge stark aufgetrieben sind und vom Schloss weg hoch auf- 
steigen, der Schlosskantenwinkel erscheint in diesem Fall 
weniger stumpf als sonst. 

Dimensionen: 1) Grösstes Exemplar: Länge 12 Mm,, 
Breite 12 Mm., Dicke 7 Mm. 2) Eins der kleinsten Exem- 
plare: Länge 6°/, Mm., Breite 6°/, Mm., Dicke 3'/, Mm. 

Fundort: Seeland-Alpe. — Ca. 20 Ex. 


Retzia Sp. 


Grosse Valve nach Art der Retzia Arara LAußge l.c. t. 13. 
f. 2. kegelformig und etwas gebogen verlängert. Die Art 
stimmt nicht ganz mit der namhaft gemachten, und noch we- 
niger mit Retzia Iyrata und R. procerrima ]. c., sie ist ausser- 
dem grösser (Länge 14 Mm.). — 1 Ex., nicht ganz aus dem 
Gestein ausgewittert. — Seeland-Alpe. | 


Rhynchonella subacuta Müsst. sp. 
Münster ]. ec. pag. 59. t. 6. f. 1. 
Lause ]. ec. Abth. II. pag. 25. t. 14. f. 2b. 

Uebereinstimmung mit der Abbildung und Beschreibung 
Lause’s gut; nur macht sich, als Unterschied, beiderseits, 
dicht neben dem Sinus, am Seitenrand eine Randfaltung be- 
merklich, bei den verschiedenen Exemplaren jedoch in ver- 
schiedenem Grade. 

Die Exemplare stimmen auch mit dem verglichenen 
Original - Exemplar der Terebratula subacuta MünsT. von St. 
Cassian im Allgemeinen überein, nur sind sie etwas grösser, 
der Schnabel ist ein wenig schlanker und weiter vorgezogen, 
und ausserdem macht sich an ihnen die erwähnte Randfaltung 
bemerklich, die bei dem Monster’schen Original fehlt. 

Dimensionen eines Exemplars : Länge vom Schnabel 
zum Sinus 7'/, Mm., grösste Breite 12 Mm., Höhe des Sinus 
7'/, Mm., Breite des Sinus 7'/, Mm. | 

Fundort: Seeland-Alpe. 6 Ex. 


Rhynchonella sp. 
cfr, semiöplecta Lause 1, c. t. 14. £. 1. z. Th. 


Vier Zickzackfalten im breiten Sinus, schwächer ent- 
wickelte Randfalten zu beiden Seiten desselben. Schloss- 
kantenwinkel noch spitzer als 1. c. f. 1. oberste Reihe. Die 
grösste Breite fällt nicht weit von der Stirn, und die Rand- 
kanten verlaufen von dem Schnabel weg fast geradlinig, in 
der Art, dass der Gesammtumriss ziemlich dreieckig wird, was 
die Form von dem Original - Exemplar der Terebratula semi- 
plecta Münst. (Münster ]. c. pag. 55. t. 6. f. 2.) abweichend 
erscheinen lässt. Ausserdem ist der Sinus tiefer eingesenkt 
als bei 7. semiplecta Munst. Länge 12, Breite 15 Mm. 

Fundort: Seelandalpe. — Nur 1 Ex. von mässiger Er- 
haltung. 

| Rhynchonella semicostata Münst. sp. 
Lause 1. c. Abth. II. pag. 26. t. 14. f. 3. (Figur links). 

Das vorliegende Exemplar stimmt mit der eitirten Abbil- 
dung und Beschreibung, ist jedoch kleiner. Länge 8 Mm, 
Breite 7!/, Mm. 

Fundort: Kalkmergelschichten auf der dislocirten Partie 
vor der Südseite des Set Sass. — 1 Ex. 


Rhynchonella sp. afl. quadriplecta. 
Lause 1. c. Abth. II. pag. 26. t. 14. f. A. 


Weicht von der citirten Species darin ab, dass die 
beiden Wülste, welche die Medianfurche auf der grossen 
Klappe einfassen, im mittleren bis unteren Theil der Klappe 
besonders hervortreten, weniger an dem Stirn- und Schnabel- 
Ende. Die grosse Klappe ist bei einigen Exemplaren beson- 
ders stark herausgewölbt und zeigt dabei sehr dicke Schale. 

Der Sinus, den die grosse Klappe an der Stirn bildet, 
ist nur ganz schwach. Kleine Klappe sehr flach, bis einge- 
drückt, mit nur schwachem Medianwulst. Schnabel wenig vor- 
ragend. Länge 12 Mm., Breite 13 Mm.; an einem anderen 
. Exemplar 15 und 14!/, Mm. 

Die Exemplare von nur mässiger Erhaltung stammen von 
dem Fundort an der Falzargostrasse. *) 


*) Bei dem Original-Exemplar der Terebratula quadriplecta Münsr. 
(Münster 1. c. pag. 58. t. 6. f. 10.) ist, abgesehen von seiner geringeren 


Von den an sehr vielen Localitäten sich wiederholenden. Be 
Crinoiden - und Cidariten - Resten (von letzteren sind ganz 
vorzugsweise die Radioli vertreten), welche von Münster und 
LaußBE beschrieben und abgebildet werden, habe ich folgendes 
Bestimmbare anzuführen: ; 


Encrinus granulosus Müsst. 


Säulenstück. — Oben auf der Korallenkalklage auf der 
disloeirten Partie vor der Sudseite des Set Sass. 


Pentacrinus sp.*) 
Stielglieder. — Stolla-Alm u. a. Orten. 


Cidaris sp. 
Schalenfragmente einer kleinen Art. — Seeland - Alpe. 
(Auch aus den St. Cassiantrümmern am Dürrenstein.) 


Cidaris dorsata Braun. - | 
Am Set Sass. Misurinathal. Ampezzothal. — (Auch aus 
den St. Cassiantrümmern am Dürrenstein.) 


Cidaris alata Äc. 
Am Set Sass. 


Cidaris lönearis Münst. 
Misurinathal. 


Cidaris Hausmanni Wıssm. | 
In der Nähe der Falzargostrasse. (Auch am Dürrenstein.) 


Cidaris Braunii Desor. 
Seeland - Alpe. 


Cidaris semicos tata Münst. 
Seeland - Alpe. 


Grösse, die Partie der grossen Klappe zunächst am Schnabel höher 
heräus gewölbt, und der Theil gegen die Stirn zu weniger hoch, umge- 
kehrt wie bei vorliegenden Exemplaren; der Umriss ist in beiden Fällen 
fünfseitig. Das Original- Exemplar zu l. c. t. 6. f. 9. weicht noch mehr 
ab und hat eine gewölbte kleine Klappe. 


*) Pentracrinus tyrolensis Laupe und Pentacrinus cfr. Fuchsii LAuBE 
in dem St. Cassian-Schutt hinter dem Dürrenstein. 

Sollte bei der Genus - Bestimmung der im Folgenden aufgezählten 
Korallen ein Irrthum vorgekommen sein, so möge dies bei der Schwie- 
rigkeit des Gegenstandes mit Nachsicht beurtheilt werden. 


u 


Montlivaultia? n. sp. Taf. XXU. Fig. 9. 


Gestalt flach kegelförmig, etwas unregelmässig, unten in 
einen kurzen Stiel ausgehend; der Umriss des Kelches ist 
‚Jäanglich rundlich, seine Oberfläche flach, mit schwachen De- 

 pressionen in der Nähe des Randes; in der Mitte eine etwas 

stärker vertiefte Kelchgrube. Epithek stark, sehr starke Ring- 
falten bildend, dazwischen feinere; sie geht bis an den 

Kelchrand. 

Die Septa ragen weder seitlich noch nach oben über den 
Kelchrand; sie verlaufen etwas hin und her gebogen und die 
älteren lassen sich bis in die Kelchgrube verfolgen. Man be- 
merkt keine Columella, zwischen den inneren Enden der Septa 
zeigt sich nur Gesteinsmasse. Die Septa sind sämmtlich, so- 
wohl in ihrer Erstreckung vom Rand bis in die Kelchgrube, 
als alle unter sich gleich stark und durchweg gekörnelt. Der 
Eindruck ist der, dass sie anastomosiren, bei genauerer Be- 
trachtung sieht man indess, wie sie sich nach aussen durch 
Einschaltung vermehren, und erkennt auch meistens die Enden 
der jüngeren zwischen den älteren, Sie stehen dicht an- 
einander, so dass die Zwischenräume sehr schmal werden und 
sind äusserst zablreich; ich zählte an der Peripherie 455 Septa, 
in der Kelchgrube etwa 40— 50. An einzelnen von Epithek 
entblössten Stellen der Aussenseite machen sich sehr zahlreiche 
Querverbindungen zwischen den Septen bemerklich. 

Durchmesser des Kelches 23—26 Mm, Höhe 15 Mm. 

Fundort: Auf der Grenze zwischen Korallenkalk und auf- 
ruhenden Mergeln, über dem Schlerndolomit der dislocirten 

Partie am Süudvorsprung des Set Sass. — 1 Ex. 

| Ueber die Zutheilung dieser Form zu Montlivaultia bin ich 

nicht ganz sicher, obwohl unter den St. Cassian-Sachen schon 

Aehnliches angeführt wird (vergl. z. B. Montlivaultia granulata 

Müsst. sp., sowie die dem Genus Omphalophyllia zugetheilten 

Formen, bei LAUBE), abgesehen von jüngeren formähnlichen 

Montlivaultien. — (Da das Innere des vorliegenden Petrefacts 

ganz versteinert ist, liess sich kaum ausmachen, ob Traversen 

oder Synaptikel vorliegen. Sollte letzteres der Fall sein, so 
käme Cyclolites in Frage, von welchem Genus neuerdings, 

Palaeont. Sotiety, Monogr. of Brit. corals, 2 Ser. P. 3. 1872, 

zwei gestielte Arten schon aus Unter-Oolith angeführt werden.) 

Zeits. d.D.geol.Ges. XX VII. 4. 54 


826 | e% 


?Montlivaultia pygmäa Müsst. 
Münster 1. e. t. 2. f. 14b. 


Das Mounster’sche Original - Exemplar ist an der Kelch- 
flache nicht gut erhalten, andererseits ist mein Exemplar nicht 
ganz frei ausgewittert; soweit sichtbar, ist aber Uebereinstim- 
mung vorhanden. — Misurina-Wiesen. 


Azosmilia alpina n. sp. Taf. XXII. Fig. 10. 


Der Querschnitt der Koralle ist rundlich bis oval; die 
Gestalt konisch, von oben nach unten zusammengezogen (oben 


z. B. 11 und 13, oder 7 und 10 Mm. breit, 12 —13 Mm. 


hoch), mit einer ziemlich breiten Basis aufsitzend. 

Die Wand ist ziemlich stark. Ihre Aussenseite ist mit 
einer Epithek bekleidet, die (nicht sehr starke) Ringfalten 
zeigt. Die Columelle ist stark, rundlich oder oval im Quer- 
schnitt, analog dem des Ganzen. Die Kelchöffnung ist bei 
keinem der wenigen vorliegenden Exemplare unbeschädigt 
erhalten, es scheint, dass sie trichterförmig vom Rand. nach 
innen eingesenkt ist. 

Septa zählt man .in die vierzig, nah an 4 Üyclen; sie 
sind gerade, aussen am stärksten, nach innen sich verschmä- 
lernd. Circa die Hälfte, das ist die drei ersten Cyclen, erreichen 
die Säule, mit der sie sich durch warzenförmige Knöpfchen 
verbinden, die übrigen Septen sind kürzer. Die Seiten der 
Septen sind mit nach innen etwas schräg abwärts gerichteten, 
ziemlich langen, geraden, nicht sehr zahlreichen Querleisten 
besetzt. Ä 

Die angeführten Daten stimmen, wie mir scheint, voll- 
kommen mit der Charakteristik des Genus Azosmilia, von 
welchem bis jetzt nur wenige Arten, davon eine aus dem 
Lias, erwähnt werden. Aus der Trias wird, soviel mir be- 
kannt, Azxosmilia noch nicht erwähnt, dagegen führt LAUBE 
einen Repräsentanten der nahestehenden Gattung Peplosmilia 
von St. Cassian an (l. e. t. 3. f. 14.). 

Fundort: Seeland- Alpe. 


Thecosmilia sp. (afl. rugosa LAUBE). 


Ausgewitterte Kelchröhren von Polypenstöcken, nach Art 
der Thecosmilia rugosa LAuBE (l. c. t. d. f. 4.), welch letztere 


827 


sich von vorliegender Form durch geringere Dimensionen und 
weniger zahlreiche Septa (vielleicht auch durch eine noch 
stärkere Epithek), unterscheidet. — Querschnitt der Kelche 
oval oder seitlich zusammengedrückt und verzogen; Zahl der 
Septa mehr als 4 Cyelen, ihre inneren Enden biegen sich 
öfters winklig um. -— Seeland-Alpe. 


Thecosmilia n. sp. 


Die Kelchröhren theilen sich dichotom und trichotom, 
und dies wiederholt sich oft, daher häufige Einschnürungen 
und keine bedeutende Länge der freien Stücke. Querschnitt 
rund, rundlich. Durchmesser 20 Mm., öfters mehr, bis circa 
25 Mm., auch weniger, bis circa 15 Mm. 

Septa über 4 Cyclen, meist 4'/, bis 5 Oyclen. Sie sind 
an der Peripherie am stärksten, sind gerade und verschmälern 
sich nach der Mitte; die ältesten, etwa 2 Cyclen, sind ein 
wenig stärker als die jüngeren, doch nicht dick; sie reichen 
bis in die Nähe des Mittelpunktes, wo sie sich ausspitzen, 
ohne zu interferiren oder eine falsche Säule zu bilden. Die 
Septa der jüngeren Ordnungen bleiben um so kürzer, je jünger 
sie sind. Die Beschaffenheit des Kelches konnte an dem vor- 
liegenden Stuck nicht ermittelt werden. 

Die Epithek (an den meisten Stellen abgewittert) zeigt 
‚sich faltig, von mässiger Dicke. Zahlreiche Traversen; sie 
sind, im Schnitt durch die Axe gesehen, bogenformig, gegen 
die Axe abwärts geneigt und bilden zwischen den Septen ein 
bläattriges Gewebe. 

Diese Koralle hat Aehnlichkeit mit Thecosmilia Omboni 
Stoppanı (Monogr. des foss. de ’Azzarola, Pal&ontologie Lom- 
barde, 3e ser. pag. 103. pl. 22. f. 7.); bei dieser zählt Stor- 
Panı jedoch nur A5—50 Septa, die dunn sind und in der Mitte 
eine falsche Columella bilden. 

Dagegeu wäre es möglich, dass unsere Form mit der 
 Thecosmilia Buonamici Stoppant (l. c. pag. 104. pl. 22. f. 6.) 
übereinstimmt. Die kurze Beschreibung des, wie es im Text 
heisst, schlecht erhaltenen Exemplars lässt dies nicht sicher 
stellen. | 

Die übrigen, aus der alpinen Trias und den Rhätischen 
Schichten beschriebenen Thecosmilien (s. bei LAuBE |]. c. und 
Reuss, Ueber einige Anthozoen der Kössener Schichten und 

94 * 


Br % 


der alpinen Trias, Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wiss. math.- 


nat. Cl. Wien, Bd. 50. 1865) sind von unserer Form spe- 
cifisch verschieden, besonders haben sie kleinere Dimensionen. 

Noch sei bemerkt, dass unsere Koralle mit der juras- 
sischen T'hecosmilia annularis M. Epw. e. H. Aehnlichkeit hat. 


‚Cladophyllia septanectens n. sp. Taf. XXI. Fig. 3. 


Kelchröhren sehr lang, dichotomiren unter sehr spitzem 
Winkel, verlaufen ziemlich gerade und erfüllen so das Gestein, 
Sie berühren einander, wie es scheint, seltener, als dass sie 
durch Zwischenräume von einigen Millimetern und mehr ge- 
trennt bleiben. Der Querschnitt ist rundlich oder oval bis 
nnregelmässig rundlich, der Durchmesser beträgt 4, 5, 5Y,, 
öfters auch nur 3 Mm. | | 

Septa 4 Cyclen und mehr, meist in die 60. Die älteren 
Cyclen reichen bis zum Öentrum und bilden hier öfters, indem 
sie mit einander verfliessen, eine Art falscher Säule, die nicht 
compact und rund wird, sondern durchbrochen erscheint. Die 
Septa sind alle fast gleich stark, kaum dass die jüngsten in 
der Dicke etwas zurückbleiben; die jüngeren verwachsen an 
ihren Enden mit den älteren, so dass von innen nach aussen 
sich das Bild einer Verzweigung der Septa ergiebt. 

Auf den Seitenflächen sind die Septa gekörnelt. Tra- 
versen ziemlich zahlreich, klein. Kelch in der Mitte etwas 
vertieft; höchste Stelle des Oberrandes der Septa etwas ein- 
wärts vom Kelchrand gelegen. Epithek dunn, quergeringelt, 
meist abgewittert. 

Die bei Laug& ]. c. angeführten 3 Arten Cladophyllia von 
St. Cassian unterscheiden sich von unserer Art in mehrfacher 
Hinsicht, am meisten unter ihnen nähert sich Ol. subdichotoma 
Musst. sp., bei welcher jedoch der Querschnitt ein anderes 
Bild der Septa ergiebt. 

Obwohl die Zahl der Septa 4 Cyclen übersteigt, wird 
unsere Form mit Berücksichtigung des geringen Durchmessers 
und der Epithek zu Cladophyllia zu stellen sein. Es verhält 
sich hier ähnlich, wie bei der etwa ebensoviel Septa besitzen- 
den, ceitirten Münster’schen Species Lithodendron subdichoto- 
mum (Calamophyllia und Rhabdophyllia subd. M. Epw. e. H.), 


829 


welche von Reuss (s. 0.) und von LAuBE zu Cladophyllia ge- 
stellt wird. 


Fundort: Seeland-Alpe. Misurina. 


Isastraea cefr. Haueri LAUßBe. 
Lausz 1. c. Abth. I. pag. 49. 1. 7 f. 1. 


Das vorliegende Exemplar steht der /sastraea Haueri nahe 


und unterscheidet sich von derselben nur durch kleinere Di- 
mensionen des Polypenstockes und der Kelche. Der Stock 


ist flach gewölbt, oben ca. 30 und 20 Mm. breit, nach unten 
etwas zusammengezogen; die Keiche messen nur ca. ] bis 
l'/;, Mm. und haben entsprechend auch weniger Septa als bei 
I. Haueri. Sie sind unregelmässig vielseitig, öfters mit aus- 
und einspringenden Winkeln; die Septen benachbarter Kelche 
sind durch eine dünne, gerade oder etwas zickzacklaufende 
Wand getrennt, an abgewitterten Stellen scheinen sie ineinan- 
der zu verfliessen; sie sind deutlich gezähnt. 
Fundort: An der Falzargostrasse. 


Isastraea cfr. Gümbeli? LAUBE. 


Die Kelche sind polygonal, öfters fünfseitig, wenig tief 
und durch wohl markirte, ziemlich gerade und ziemlich breite 
Wände getrennt. Septa dünn, merklich gesägt; sie zählen 
34/; — 4 Cyelen, und die ältereu vereinigen sich in der Mitte 
zu einer Art schwammigen Columella. Zwischen den grösseren 
Kelchen sind jungere, kleinere, durch randliche Knospung 
entstandene eingeschoben. Der kleine, nur ca. 15 Mm. breite 
Stock ist stark gewölbt und unten mit einer faltigen Epithek 
umgeben. 

Diese Koralle hat, namentlich in der gewölbten Gestalt 
der Oberseite, der die Unterseite einhüllenden Epithek und 
im Aussehen der Kelche und Septa Aehnlichkeit mit der 
Isastraea Gümbeli LaugE (l. c. Abth. I. pag. 43. t. T. f. 2.); 
letztere hat dagegen weniger breite Kelchränder und keine 
schwammige Columella. Beide Formen stehen vielleicht als 
Varietäten nebeneinander. — Seeland- Alpe. 


Thamnastraea n. Sp. 


Septa etwas mehr als 12, dick, etwas gebogen und mit 
denen der benachbarten Kelche verfliessend. Die Mittelpunkte 


83V 
benachbarter Kelche stehen etwa 2 Mm., auch wohl nur 
1'/,;, Mm. von einander entfernt; die Kelche haben warzen- 


formige Säulchen. (Untergattung Synastraea FROMENTEL.) Stock 


klein, mit unregelmässig gerundeter Oberfläche. Von Epitbek 
nichts wahrzunehmen. 

Die von St. Cassian angeführte Thamnastraea Goldfussi 
Kumrst. sp. (Kuipsmei 1. ec. t. 20. f. 10.) ist von obiger Art 
wesentlich verschieden. Letztere unterscheidet sich auch von 
den übrigen aus der Alpen-Trias und den Rhätischen Schich- 
ten angeführten Thamnastreen, Th. rhätica Güme., Th. Meriani 
Stopp. und den beiden von v. ScHAUROTH (Krit. Verz. etc.) 
aus unterer Trias erwähnten Arten. 


Phyllocoenia sp. 


Stock flach gewulbt, Kelchröhren in Längen über 40 Mm. 
‘erhalten. Kelche 2 Mm. im Durchmesser, kreisrund, mit wohl- 
begrenztem Rand, der über die Oberfläche des Stockes kaum 
vorsteht. Die Zwischenräume zwischen den Kelchen, betragen 
circa halb so viel als deren Durchmesser. Kelche stark ver- 
tieft, Kelchwand sehr deutlich entwickelt und etwas über die 
Septa vorstehend. Septa 16, (14—17), unter einander gleich, 
nach innen sich zuspitzend und einen beträchtlichen Kreis um 
das Centrum frei lassend. 

Die Septa gehen nach aussen in Rippen uber, wobei 
jedoch die Kelchwand deutlich bleibt; die Rippen benachbarter 
Kelche fliessen theils ziemlich geradlinig ineinander, theils 
krümmen sie sich so, dass eine Art zickzacklaufende Scheide- 
wand entsteht. 

Diese Koralle steht der Phyllocoenia decipiens LAUBE (]. c. 
Abth. I. pag. 44. t. 6. f. 1.) von St. Cassian sehr nahe. Bei 
letzterer werden einige Septa mehr angegeben, was wohl kei- 
nen specifischen Unterschied bedingen würde, ausserdem aber 
wird bemerkt, dass die Kelchwand kaum merklich sei, wäh- 
rend sie bei unserer Form deutlich hervortritt, vielleicht sind 
beide durch Uebergänge verbunden. 

Fundort: Localität am Set Sass. 


N a a Br = #1 RER TEN Ll 9 
ER VAN Tut de Ey 
PB 


831 


Astrocoenia Oppelii Lause (?). 
=> pen A...0).1.0.02.2. 
Das vorliegende Exemplar bildet einen im Querschnitt 


etwa ovalen, nach oben sich etwas erweiternden, ca. 65 Mm. 
und 45 Mm. breiten Polypenstock, das untere Ende fehlt. 


- , Obere Fläche wenig gewölbt. Ringsum ist der Stock mit 


einer runzelige Falten bildenden Epithek versehen. 

Die Kelche sind nicht tief, etwas unregelmässig polygonal, 
5, 6, 7 seitig, im Durchmesser 3 — 4 Mm., sie stossen dicht 
-aneinander, die Kelchränder sind sowohl auf der freien Ober- 
fläche des Stockes als im Querschnitt wohl markirt. 

Septa 38 bis 4 Cyclen, je nach der Grösse des Kelches. 
Etwa die 2 bis 3 ersten Oyclen sind gleich stark und zwar 
ziemlich derb und gehen bis zur Mitte, die jüngeren sind 
dünner und kleiner. Die Septa benachbarter Kelche stossen 
voreinander ab, manchmal gehen sie wohl auch ineinander 
über. Auf dem Längsbruch erscheinen die inneren Ränder 
der Septal-Lamellen unregelmässig kerbig und gezähnt; ihre 
Seiten sind mit nach innen schräg abwärts gestellten, geraden 
Traversen besetzt. Man bemerkt auf dem der Verwitterung 
ausgesetzt gewesenen Längsbruch an einigen Stellen deutlich 
die Reste einer Columelle. Dieselbe kommt auch sehr deut- 
lich auf dem Querbruch zum Vorschein, tritt dagegen in den 
Kelchen meistens, wohl .nur durch Abwitterung , nicht deutlich 
hervor. 

Die beschriebene Koralle ist wahrscheinlich mit Astro- 
coenia Oppeliü LAuBE (l. c. Abtheil. I. pag. 44. t. 6. f. 2.) 
identisch. In der Beschreibung derselben wird allerdings die 
Zahl der Septa nur auf 20 angegeben; dagegen ist die zuge- 
hörige Fig. 2a., welche eine grössere Anzahl Septa zeigt, 
meinem Exemplar sehr ähnlich, mit Ausnahme der deutlich 
vorragenden Columelle. Ausserdem wird 1. c. angegeben, dass 
die Kelche tief seien, während sie bei meinem Exemplar eher 
seicht sind. 

Fundort: Seeland - Alpe. 

Zu derselben Art dürfte ein anderes Exemplar, von 
der Falzargostrasse, zu stellen sein; bei diesem bildet eine 
nur geringe Anzahl Kelche einen kleinen, mit einer faltigen 
Epithek umhüllten Stock, welcher (durch Kelchknospung ent- 


832 


standen) zu seiner Basis die Oberfläche eines alten Stockes 
hat; ein nahe daneben auf derselben Grundlage entsprosster 
ähnlicher kleiner Stock ist abgebrochen. | 


Epeudea? sp. n.*) 

Die Centralröhre des walzenförmigen, bis ca. 20 Mm. 
dicken Schwammkörpers ist durch Scheidewände in eine An- 
zahl paralleler Röhrchen aufgelöst, ähnlich wie bei Eudea 
gracilis Müunst. sp. Die Aussenseite zeigt Reste von Epithek 
und die Mundungen zahlreicher Poren und Osculen. Spuren 
von Ast-Ansätzen. — Seeland - Alpe. 


Siphonocoelia sp. n. 


Walzenförmig, dabei mit ringformigen Wulsten und Ein- 
schnurungen, mit einer dunnen Epithek bekleidet, in der Mitte 
ein eylindrisch durchgehender Canal; Spongiengewebe gleich- 
mässig, gegen die Aussen- und Innenwandung etwas dichter. 
Aeusserer Durchmesser an den vorliegenden Exemplaren bis 
16 Mm., der der Centralröhre dabei 4 Mm. — Seeland- Alpe 


Epiiheles capitata MünsT. sp. 


Unvollkommen ausgewitterte Exemplare. Von den Loca- 
litäten am Set Sass und an der Falzargostrasse. 


Verrucospongia armata KLiıpst. sp. 
Seeland - Alpe. 


Verrucospongia polymorpha KLipst. sp. 
Ebendaher. 


Colospongia dubia Münst. sp. 
Sehr klein. — Ebendaher. 


? Stellispongia Manon Müsnst. sp. 
Ebendaher. 


*) Was die Schwämme betrifft, so musste ich mich darauf beschrän-, 
ken, das aufgefundene Material möglichst nach den Tafeln und Beschrei- 
bungen Hın. Lavse's zu bestimmen und einiges dort nicht verzeichnete 
nach dem auch dort befolgten Frementer’schen Systeme anzureihen. Der 
grossen Schwierigkeit des Gegenstandes wegen musste einiges Neue un- 
berücksichtigt bleiben. — Auch die Korallen, welche sich nebst Schwäm- 
men auf der Seeland-Alpe ziemlich reichlich finden, sind mit obiger Auf- 
zählung nicht erschöpft, es werden sich daselbst sicher noch andere be- 
kannte und neue Sachen finden. 


833 


Tremospongia sp. n. 

\ Kuglig gewölbt. Die Oberseite zeigt ein feines Gewebe, 
dessen Maschen auf dem Querbruch vorwiegend feine, röhren- 
förmige Anordnung nach aussen erkennen lassen. Kleine 
Oscularröhren, immer mehrere zusammengruppirt, münden hie 
und da auf der Oberseite. Die Unterseite hat eine Epithek. 
— Seeland-Alpe. 


Leiofungia radiciformis MÜnsT. sp. 
Seeland - Alpe. 


? Leiofungia afl. Orbignyana KLipst. sp. 
Ebendaher. 


Leiofungia efr. reticularis MünsT. sp. 
Ebendaher. 


Leiofungia verrucosa MünsT. sp. 
Ebendaher. 


? Actinofungia astroites Münst. sp. 
Ebendaher. 


Stromatopora sp. div. 


Ueberrinden ästige Schwämme, Korallen und sich selbst 
gegenseitig in concentrischen Schichten. 


? Amorphofungia voluta Wiss. sp. 
Seeland- Alpe. 


? Amorphofungia granulosa MünsT. sp. 
Ebendaher. 


Petrefacten aus dem Hauptdolomit. 


Turbo solitarius BENECKE. 


Meist Hohlräume, nach Auswitterung der Steinkerne,. Bei 
meinen Exemplaren, die aus dem Hauptdolomit auf der Men- 
dola stammen, sind die Umgänge im Grundriss ein wenig 
schmäler, als bei der Figur von Benxecke (Trias und Jura in 
den Südalpen t. 2. f. 4. 5.).. Noch mehr ist dies bei einem 
kleinen Exemplar aus dem Hauptdolomit der Malcoira der Fall, 
welches aber doch noch dieser Form zuzurechnen sein dürfte. 

Ein anderes sehr ähnliches Vorkommen vor der Mendola 
möchte ich noch eher zu Neritopsis?Oldae Stoppani (Paleont. 
 Lombarde 3e Ser. foss. de l’Azzarola t. 2. f. 6— 8.) stellen. 


834 


Turbo? sp. div. 

Im Hauptdolomit der Malcoira, an der Strasse von Cor- 
tina nach S. Vito finden sich verschiedene, vielleicht anf Turbo 
zu beziehende Formen von charakteristischem Gepräge (bei- 
laufig in der Art wie sie Stoppası in der Pal&ont. Lombarde 
3e Ser. t. 35. 59. giebt); es kommen kantige und gewölbte 
Umgänge, mit Ornamentirung versehen, vor. Das überaus 
spröde Gestein gestattet in der Regel nur Fragmente zu 
sammeln. ; \ 
Chemnitzia sp. div. 

Als Hohlräume und Steinkerne im dichten Hauptdolomit. 
Die Abdrücke zeigen zum Theil Turritellen - artig schlanke 
Formen, ähnlich einigen , die STOPPANI auf den ersten Tafeln 
der Paleont. Lomb. le Ser. abbildet. Mitunter sind Schalen- 
fragmente mit Spiralstreifung erhalten. Die Vorkommnisse 
lassen zum Theil auf beträchtliche Grösse der Gastropoden 
schliessen, vieles ist aber auch von geringen Dimensionen. | 

Hauptdolomit der Malcoira zwischen Cortina und Venas. 
— Hauptdolomit auf dem Set Sass. 


Phasianella? sp. 


Kuürzere Formen mit gewölbten Umgängen, von denen 
der letzte stärker anwächst als die vorhergehenden; sie glei- 
chen im Allgemeinen einigen von Srtoppaxı in der Paleont. 
Lomb. le Ser. unter demselben Genus- Namen abgebildeten 
Formen. — Vorkommen wie oben. 


Hemicardium dolomiticum n. sp. Taf. XX1. Fig. 7. 


Steinkern einer rechten Valve. Vom Wirbel aus verläuft 
nach der unteren Ecke ein scharfer, etwas gebogener Kiel, der 
mehr und mehr in eine schmale, hohe Rippe übergeht. Die 
sehr kurze Vorderseite fällt von ihm steil ab; die viel breitere 
Hinterseite verläuft in der Wirbelgegend schwach abfallend 
zum Hinterrand, nimmt aber weiterhin eine steilere Neigung 
an, so dass sie windschief gewölbt erscheint. Der Umriss 
des Ganzen ist dreieeckig. 

Ein Wachsabdruck lässt unter dem Wirbel eine dreieckige 
Zahngrube und dicht daneben nach hinten einen schwachen 
schrägen Zahn erkennen, ausserdem zeigt sich ein starker, gera- 
der und langer, bis in die Wirbelgegend reichender Seitenzahn. 


835 


Diese Form gehört in die Gruppe der Hemicardien und 
findet ihre späteren Analoga in den eocänen Formen, wie sie 
2. B. Desnayzs (Deser. des Coqu. foss. des envir. d. Paris, 


ae. 116 M, t. 29.5. Deser.. ‚des anım. s., vert. .ete. T. 1. 


pag. 576.) beschreibt und abbildet. Unter den drei ]. c. ange- 
‚führten Arten zeigt wohl (Hemi-) Cardium emarginatum Desn. 
in der Gestalt, in der kurzen Vorderseite und im Zahnbau noch 
am meisten Analogie. *) 

Aus dem Hauptdolomit der Croda da Lago bei Cortina 
d’Ampezzo. 


Trigonodus superior n. sp. Taf. XXN. Fig. 6. 


Steinkern. Entspricht in der allgemeinen Gestalt und in 
den Einzelnheiten dem Trigonodus Sandbergeri v. ALB., welcher 
ebenfalls als Steinkern im sogen. Trigonodus - Dolomit vor- 
kommt, der in gewissen Gegenden die oberste Partie des 
ausseralpinen Muschelkalks unter der Lettenkohle bildet (Vgl. 
v. ÄLBERTI, Ueberblick über die Trias 1864 t. 2. f. 10.). Länge 
28 Mm., Höhe 18 Mm. | 

Aus dem Hauptdolomit auf der Mendola. 


Pecten sp. 


Steinkerne. Ziemlich schief, ungleichseitig; beiläufig ähn- 
lich einigen Formen, wie sie Stoppanı, Paleont. Lomb. I. Ser. 
t. 21. abbildet. 

Hauptdolomit auf der Mendola. 

Ausserdem noch anderweitige Steinkerne kleiner Bivalven 
zweifelhafter Gattung: Mendola, Malcoira. 


Megalodon triqueter. 


Ziemlich verbreitet im Hauptdolomit dieser Gegend, und 
wenn auch nicht allenthalben , doch stellenweise in desto 
grösserer Häufigkeit wiederkehrend.. Immer als Steinkern 
vorkommend. Es lassen sich hier hauptsächlich zwei Varie- 
taten unterscheiden. 


*) Auch ist auf die Verwandtschaft mit gewissen paläozoischen Cardium- 
Formen, Cardium alaeforme Sow. und hibernicum Sow. (Conocardium 
Bronn) hinzuweisen. Die Aehnlichkeit im Zahnbau vorliegender Trias- 
Art mit ©. emarginatum ist grösser als die mit C, hibernicum. 


836 


l. Dickere Varietät. Scheint die verbreitetere zu sein. 
Die hierher gehörigen Steinkerne gleichen unter den in Hrn. 
Günzer’s Abhandlung über die Dachsteinbivalven abge- 
bildeten am meisten denen auf t. 3 f. 4—-6, von Matarello 
(Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wiss. math. - nat. Cl., Wien, 
Bd. 45. 1862). In der Ansicht von vorn und von hinten 
bleibt bei ihnen die Breite nicht viel hinter der Höhe zurück; 
die Seiten sind stark herausgewölbt. Die Dimension von vorn 
nach hinten ist dagegen kurz, so dass in der Ansicht auf die 
Seitenfläche die Höhe erheblich grösser wird als die Breite. 
Die Hörner, d. i. die oberen Enden der beiden Hälften des 
Steinkerns sind dabei bald mehr bald weniger zusammen-, 
sowie nach vorn umgebogen und verlängert, spitz oder stumpf, 
und im Zusammenhang damit ist die Gestalt der Höhlung 
zwischen dem vorderen Ende der Unterkante und den Hoör- 
nern auch veränderlich, breiter und schmäler, tiefer und fiacher, 
ohne dass dadurch der Habitus des Ganzen wesentlich ge- 
ändert wurde. | 

Etwas mehr wird derselbe dadurch modifieirt, dass sich 
auch die vom Wirbel zur hinteren unteren Ecke gehende Kante 
und die von derselben begrenzte hintere Fläche sehr verän- 
derlich zeigen. Die Kante ist sehr verschieden scharf, die 
hintere Fläche sehr verschieden breit und verschieden steil ab- 
fallend, so dass der von den beiden hinteren Flächen gebildete 
Winkel sehr variabel ausfällt. Manchmal ist derselbe ziem- 
lich spitz, wobei die Kanten scharf und stark gebogen und 
die hinteren Flächen wohl etwas concav sind (etwa wie |. c. 
t. 3. f. 6.). Andererseits wird jener Winkel mitunter sehr 
stumpf, so dass die beiden hinteren Flächen fast in eine zu- 
sammenfallen; sind sie dabei zugleich ziemlich breit, so nimmt 
der Steinkern ein besonderes Ansehen an, welches sich von 
dem der Normalform entfernt und vielleicht auch eine beson- 
dere Varietät der beschaalten Form voraussetzt. 

Fast durchgehends macht sich an diesen Steinkernen die 
Erscheinung geltend, dass die rechte Seite schwächer ist als 
die linke, es tritt das besonders in der Ansicht von hinten 
hervor. Die Dicke der Hälfte rechts erscheint dann öfters 
geringer als links, die Wölbung rechts etwas schwächer, und 
namentlich das obere hornartige Ende schwächer, niedriger 
und weniger nach vorn verlängert als links. Diese Ungleich- 


Br ..08 


‚seitigkeit erstreckt sich öfters auch auf die hinteren Flächen, 
zwischen Kante und Hinterrand. 

Bezüglich der Längsimpression vor der Kante, der Spur 
des Mantelsaumes und der Muskelstellen verhalten sich die 
 Steinkerne normal; die hin und her gebogene Mittellamelle 
oben auf der vorderen Seite ist gewöhnlich stark beschädigt. 
— Auch von der l. c. pag. 368. m. erwähnten eigenthümlich 
leistenartigen Rippe finden sich bei dieser und der folgenden 
Varietät Andeutungen. 

Die Grösse ist ziemlich variabel, bis faustgross, gewöhn- 
lich aber etwa in der Grösse der l.c. abgebildeten Steinkerne. 

2. Flachere Varietät. Die hierher gehörigen Steinkerne 
unterscheiden sich von den vorigen bei gleicher Grösse deut- 
lich durch viel flacher gewölbte Seiten, so dass die Dimension 
rechtwinklig auf die Median-Ebene relativ viel geringer ist, 
als bei der vorigen Varietät. Sie gleichen beiläufig den Fig. 6 
bis 8. t. 1. l.c. und sind öfters noch flacher. Das Ver- 
hältniss der vorderen Bogenlinie (von der Wirbelspitze bis 
- zur vorderen Ecke) zu der unteren ist dabei etwas veränderlich, 
wie auch bei der vorigen Varietaät. 

Der Gestalt nach hierher gehörige Steinkerne, die ich 
aus dem Hauptdolomit des Set Sass sammelte, zeichnen sich 
durch eine rinnenartige Einkerbung aus, welche auf den bin- 
teren Flächen, ungefähr in der Ricktung der Kante und nahe 
hinter ihr verläuft. 


?Megalodon complanatus Güms. 


Die hervorstechenden Eigenschaften dieser Form, der ab- 
gerundete von vorn nach hinten längliche Umriss, die Kürze 
der vorderen Seite und die flach comprimirte Gestalt (geringe 
Dicke) finden sich an einigen von mir gesammelten kleinen 
Steinkernen. Eben weil sie klein sind, lassen sie sich aber 
nicht mit Sicherheit zu dieser Art stellen; man könnte auch 
in ihnen Jugendformen von M. triqueter vermuthen. 

Von den Megalodon - Steinkernen, die theils schon im 
Bereich der Schlernplateau - Schichten, theils in Zwischen- 
schichten des Hauptdolomits im Steinmergel - Material vor- 
kommen, lasst sich ihres schlechten, oft verdrückten Zu- 
standes wegen keine sichere Bestimmung geben. 


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838 


Cidaris sp. 


Cylindrisch geformte Cidaritenstacheln; sie scheinen be- 
sonders in den untersten Partieen des Hauptdolomits vorzu- 
kommen. — Set Sass. Pelmo. 


Wir führen zum Schluss das Wenige an, was sich in 
dem dem Hauptdolomit aufgelagerten, den Rhätischen Schich- 
ten zuzurechnenden Dachsteinkalk vorfand.*) In diesem 
sind die Petrefacten in der Regel mit der Schaale erhalten, die 
Sprödigkeit des Gesteins erschwert aber auch hier die Ge- 
winnung ganzer Exemplare gar sehr. Ausser dem hier nam- 
haft gemachten sind auch Spuren von Ammoniten, Terebrateln 
und Bivalven zu erwähnen. 


Chemnitzia sp. 
Malcoira, Dachsteinkalk. 


Natica? sp. 

Kleine, glatte, fast Pirula-artige Form, im Charakter der 
doppelt so grossen Natica sp. Stopp. (Paleont. Lomb. Petrific. 
d’Esino pl. 15. f. 9. 10.). — Von der Forcella grande, Dach- 
steinkalk. 

Phasianella? sp. Turbo? sp. 


Kleine Formen, einigen in dem eben citirten Werke ab- 
gebildeten ähnlich. — Malcoira, Dachsteinkalk. 


Myophoria? sp. 
Dürfte zur Gruppe der M. laevigata und der Myophoria 


bicarinata Stopr. (Petr. d’Esino pl. 17. f. 10 — 14.) gehören. 
Malcoira, Dachsteinkalk. 


Megalodon (triqueter ÄUT.) 


Vielfach im Dachsteinkalk dieser Gegenden, wenn auch 
oft nur in Durchschnitten bemerkbar. Grösse sehr verschie- 


*, Zur weiteren Kenntniss des Inhalts an organischen Formen in den 
höheren Triasschichten und Rhätischen Schichten der Südalpen vergl. 
Benecke, Ueber Trias u. Jura i. d. Südalpen (Geogn.-paläont. Beiträge 
Ba. I. 1868 München) pag. 195 ff. t.2. — Auch Srorranı, Paleonto- 
logie Lombarde. 


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859 


5 den, faustgross und doppelt so viel, aber auch viel kleiner. 


Die Gestalt des Ganzen und des Steinkerns stimmen im All- 
gemeinen mit Megalodon triqueter WuLr. sp. überein. Schaale 
fein gestreift, dick. Die Kante zwischen Seiten- und hinterer 
Fläche, besonders an den Steinkernen, ziemlich normal, mit 
der vor derselben herablaufenden Längsimpression und der 
hinter ihr zum Hinterrand ziemlich steil abfallenden Fläche; 
doch macht sich eine gewisse Veränderlichkeit geltend, indem 


mitunter statt eines scharfen ein stark abgerundeter Kiel vor- 


handen ist. Die Steinkerne im Hauptdolomit verhalten sich 
indess in diesem Punkte ähnlich. 

An zwei Exemplaren konnte die Lunula beobachtet wer- 
den, sie ist hier ziemlich flach und nicht sehr scharf begrenzt; 
es ist das eine Abweichung vom Normaltypus des Megalodon 
triqueter. 


? Evinospongia. 


Eigenthumliche, unregelmässig knollige und höckerige, 

concentrisch schalige Kalkmassen zwischen diehtem Dach- 
steinkalk. Sie umhüllen Partieen des letzteren und werden 
von solchen umhullt; die einzelnen Lamellen der Schale, deren 
viele übereinander liegen,, sind in der Regel einige Millimeter 
dick und besitzen eine auf der unregelmässig gewölbten Ober- 
fläche senkrechte, krystallintsche Faserstructur, welche diese 
Körper von dem eingehüllten und einhüllenden Kalk sofort 
unterscheidet. Die parallelen Durchschuittscurven, welche die 
Schaalen auf Bruchflächen erzeugen, zeichnen sich meistens mit 
Eisenoxyd imprägnirt von der Fasermasse ab. Die in unregel- 
mässiger Weise gewölbte und höckerige Oberfläche der ein- 
zelnen Schaalen (sie wird durch Bruch und Schlag oft stück- 
weise freigelegt) besitzt eine rauhe, gekörnte Beschaffenheit. 
‘\ Das Ganze erinnert an Evinospongia, Stoppanı (Paleont. 
Lombarde, I. Ser. Petr. d’Esino pag. 126 ff.), ohne dass mit 
Sicherheit Uebereinstimmung, oder selbst organischer Ursprung 
behauptet werden könnte. Die Evinospongia cerea STopr. 
soll bedeutende Massen bilden. Dies ist bei unserem Vor- 
kommniss nicht der Fall; dasselbe fand sich mehrfach, in 
kleinen Massen , in Sturzblöcken des Dachsteinkalkes der 
Malcoira. 


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840 


Erklärung der Tafeln. 


Tafel XXI. 


Figur 1. Spiriferina paläotypus n. sp. Var. lineolata. Ein grösseres 
Exemplar. Aus Kalk- und Kalkmergelbänken des alpinen Muschelkalkes 
auf dem Bergrücken zwischen dem Pusterthal und dem Thal Ausser- 
Prags. — Natürl. Grösse. 

Figur 2. Spiriferina paläotypus n. sp. Var. acrorhyncha. Mit der 


vorigen zusammen vorkommend. — Nat. Grösse. 

Figur 3. Spiriferina paläotypus n.sp. Var. media. Mit den vorigen 
zusammen, ebendaselbst. — Nat. Grösse. 

Figur 4. Rhynchonella (?) tetractis n. sp. — Nat. Grösse. — Mit 


den genannten Spiriferinen zusammen vorkommend, ebendaselbst. 

Figur 5. ARhynchonella (?) Toblachensis n. sp. Nat. Grösse. — In 
Schichten des alpinen Muschelkalks, in der Nachbarschaft von Ammonites 
aff. rugifer, auf dem Kopf vor der Steilwand des Sarnkofels bei Toblach, 
Pusterthal. 

Figur 6-8. Thecidium tyrolense n.sp. Aus Schlernplateau-Schich- 
ten (Raibler Schichten), auf den Seeland-Alp-Wiesen, in der Nähe von 
Schluderbach, Ampezzaner Strasse. 

Figur 6. Eine einzelne, beschädigte, grosse Klappe. 
Figur 7. Ein grösseres Exemplar. 
Figur 8. Ein kleineres Exemplar. 

Alle drei in nat. Grösse. 


Tafel XXH. 


Figur fa. Ceratites n.sp. Abgewitterter Steinkern aus rothen Schie- 
fern der untersten alpinen Muschelkalk-Schichten (,„Campiler Schichten“), 
am Weg von Caprile nach Alleghe. 

Figur 1b. Derselbe; Querschnitt der Windung am vorderen Ende. 
— Beide Figuren in nat. Grösse. 

Figur 2. Ceratites Pragsensis n. sp. Nat. Grösse. — In dunklem, 
etwas mergeligem Kalkstein des alpinen Muschelkalkes, in der Nähe von 
Bad Neu-Prags im Thal Ausser-Prags. 

Figur 3. Fusus? n. sp. Nat. Grösse. — Aus den Schlernplateau- 
Schichten der Seeland-Alp, in der Nähe von Schluderbach, Ampezzaner 
Strasse. 

Figur 4 u.5. Monotis n. sp. Ebendaher. 2 Exemplare in natürl. 
Grösse, und ein Stück der Schaalenoberfläche vergrössert. 

Figur 6. Trigonodus superior n. sp. Steinkern, im Hauptdolomit 
auf der Mendola. — Nat. Grösse, 

Figur 7. Hemicardium dolomiticum n. sp. Steinkern, im Haupt- 
dolomit der Croda da Lago, südwestlich von Cortina d’Ampezzo. — 
Nat. Grösse. — Die kleine Figur darüber giebt einen Durchschnitt des 
Steinkerns, etwa in der Mitte. 

Figur 8. Megalodon sp. Steinkern, zahlreich in Schlernplateau- 
Schichten am Campo Rutorto, am Mt. Pelmo. — Nat. Grösse, 


41 


Figur 9. Montlivaultia? n. sp. Ansicht von der Seite und von 
oben, in natürl. Grösse; ein Stück der Kelehfläche vergrössert. — Aus 
 Schlernplateau-Schichten, auf der Grenze zwischen Korallenkalk und auf- 
© ‘. ruhenden Mergeln, über dem Schlerndolomit der disloeirten Partie am 
-  Südvorsprung des Set Sass. 

Figur 10. 4xosmilia alpina n. sp. Beschädigtes Exemplar, der 
‚Bruch geht schräg durch den Kelch und lässt Septa, Säule, Querleisten, 
Epithek wohl erkennen. 

Figur 10a. Auf das Doppelte vergrössert. 

Figur 10b. Natürliche Grösse; an der Basis ein zweites, noch klei- 
nes Exemplar entsprossend. 

Figur 10c. Stück eines Septums, vor welchem das nächste Septum 
grösstentheils weggebrochen ist, um die Querleisten zu zeigen; stärker 
vergrössert. 

Aus den Schlernplateau-Schichten der Seeland-Alp bei Schluderbach. 


Tafel XXIM. 


Figur 1. Nautilus Ampezzanus n. sp. Aus Schichten des westlichen 
Thalgehänges des Ampezzothales („Schlernplateau-Schichten‘“), unterhalb 
der Hauptdolomitwände, die zur Tofana gehören. 

a. Ansicht von der Seite. 
b. Ein Theil der Ansicht von der entgegengesetzten Seite; zeigt 
‚den Steinkern mit den Linien der zwei letzten Kammer-Scheidewände. 
c. Querschnitt der Windung am vorderen Ende. 
d. Theil der Ansicht auf die äussere Wölbung; wo die Schaale 
fehlt. wird der Steinkern mit den Schnitten der zwei letzten Kammer- 
_ Scheidewände sichtbar. 
e. Ansicht auf eine Kammer-Scheidewand mit der Lage des Sipho. 
Alle Figuren in nat Grösse. 
Figur 2. Turbo Epaphoides n. sp. 
a. Natürl. Grösse. 
b. Ein Stück vergrössert mit der Sculptur. 
Aus den Schlernplateau-Schichten der Seeland-Alp. 

Figur 3. Cladophyllia septanectens n. sp. 

a. Ein Gesteinsstück mit der Koralle durchwachsen. — Nat. Grösse, 

b. Ein freies Ende mit dem Kelch — Nat. Grösse. 

c. Ein stark vergrösserter Querschnitt; zeigt die Art der Ver- 
wachsung der Septa. 

 d. Ein vergrössertes Stück Oberfläche der Kelchröhre; die Epithek 

z. Th. abgewittert. 
Aus den Schlernplateau-Schichten der Seeland - Alp. 


Zeits.d. D. geol.Ges. XX VII. 4. 55 


842 


4. LÜeber die Absonderung des Kalksteins von 
Elliehausen bei 6öttingen. 


Von Herrn Heına. Orro Lane in Götlingen. 
Hierzu Tafel XXIV. 


Vom dichten Kalksteine wird in den Lehrbüchern der 
Gesteinskunde zwar seine häufige Zerklüftung erwähnt, die oft 
auch parallelepipedische, quaderförmige oder unregelmässig 
poly&drische Formen resultiren lässt; bis jetzt ist aber meines 
Wissens noch nirgends eine säulenförmige Absonderung vom 
Kalksteine gefunden oder beschrieben worden und erscheint 
es mir daher geboten, die säulenförmige Absonderung des 
Kalksteins der Ceratiten - Schichten von Elliehausen bei Göt- 
tingen in ihren Verhältnissen näher darzulegen. 

Mit Stylolithen oder sogen. Stängelkalke, an die bei Er- 
wähnung säulenförmig abgesonderten Kalksteins gedacht wer- 
den könnte, haben die zu beschreibenden Säulen in ihren 
Formverhältnissen weiter nichts gemein, als das Vorwalten 
der Längen-Dimension über die beiden anderen. 

Die durch die Absonderung resultirten Säulen des Kalk- 


steins sind zwar im Verhältnisse zu denen eruptiver Gesteine 


von winzigen Dimensionen, stehen aber in morphologischer 
Beziehung, d. h. betreffs der Glätte ihrer Flächen und betreffs 
der Proportion der Dimensionen, ibrer Schlankheit, denselben 
näher, als den bei thonigen Concretionen bekannten Septarien. 
Sie erscheinen mit allen ihren Unregelmässigkeiten wie Basalt- 
säulen en miniature; wenigstens sind sie den etwas unregel- 
mässig ausgebildeten Basalt- Säulen vom Hohenhagen bei 
Dransfeld sehr ähnlich, wenn auch in verjungtem Massstabe. 

Ihre Dimensionen schwanken zwischen 10 Cm. in der 
Länge bei circa 13 Mm. grösstem Durchmesser bis weniger 
als 3 Cm. Länge und weniger als 3 Mm. Durchmesser. 

Als Mittel der Dimensionsverhältnisse lässt sich 1:6 an- 
nehmen, so dass die Länge dem 6fachen Durchmesser ent- 


ni 


. spricht. Der Querschnitt ist z. Th. sehr unregelmässig und 
wechselnd, es kommen 6- und 7seitige Säulen vor; die Mehr- 


zahl derselben ist jedoch 4seitig und zwar bei einem deut- 


lichen Streben nach Rechteckigkeit des Querschnitts oder we- 


nigstens nach Parallelität der Seiten. So unregelmässig wie 


- nun auch andere, von diesem 4seitigen Typus abweichende 
Säulen sein mögen, so sind doch die Abweichungen keine an- 


deren, als sie von einem bestimmten localen Typus auch bei 
Basalt-Säulen gefunden werden. 

Die Säulenflächen sind eben oder gebogen; auf deuselben 
ist meist Eisenoxydhydrat, der dunklen Färbung nach zu 
urtheilen z. Th. auch Manganoxyd (Dendriten), und durch 
jenes gefärbte thonige Masse abgelagert; diese Ablagerungen, 
wahrscheinlich secundäre Infiltrationen, sind nicht gleichmässig 
über die Flächen vertheilt, sondern auf einzelne Partieen be- 
schränkt und da in zur Längsrichtung der Säule senkrecht 
verlaufenden, z. Th. etwas gebogenen, z. Th. auch netzförmig 


- mit einander verbundenen, oft äusserst feinen Wülsten und 


Querlinien abgelagert; dieselben bedingen stellenweise eine 
deutliche Querstreifung der Säulen. Diese Querstreifung hat 


aber ihren Grund weniger in einer Intermittenz bei der Infil- 
tration, als vielmehr in einer feinen Querrunzelung der Säulen 


selbst; estreten stellenweise in regelmässigen, 1 Mm. und darüber 


_ weiten Abständen auf ihren Seitenflächen feine erhabene Quer- 
'wülste hervor; diese Querwuülste verlaufen nicht continuirlich 
um die ganze Säule, sondern meist nur auf kurze Strecken, 


indem sie dann von anderen etwas höher oder niedriger ste- 
henden abgelöst werden; diese gegenseitige Ablösung der 
Wülste findet auf den Seitenflächen, meist in der Mitte der- 
selben statt; um die Kanten gehen sie continuirlich herum. 
Ausser dieser Querwulstung zeigen manche Säulen auch 


_ eine Gliederung durch z. Th. unregelmässig verlaufende Quer- 


klüfte; diese Quergliederung ist verhältnissmässig selten; in 


Figur 1 ist sie nach der Natur dargestellt; ob dieselbe einer 


verhullten Schieferung des Kalksteins entspreche, ist zweifel- 


haft; an demselben Handstucke des Kalksteins namlich, und 
_ zwar an dem grösseren, hier nicht mit abgebildeten Theile 
desselben sind an Stelle von Querklüften Querwuülste beobacht- 
‚bar, die allerdings wohl von einer Einlagerung thoniger Masse 
 herrühren könnten. 


99 * 


344 


Mit den Säulen der Basalt-Decken haben diese Kalkstein- 
Säulchen die Anordnung gemein; sie stehen alle einander 
parallel und zwar senkrecht auf den Schichtungsflächen. Seit- 
lich schliessen sie meist dicht aneinander an und lassen nicht 
etwa, wie die Septarien, bedeutende und unregelmässig ge- 
formte Zwischenräume erkennen; oft sind sie nur mit Anwen- 
dung verhältnissmässig bedeutender Gewalt von einander zu 
trennen, selbst wenn eine Fuge die Lage ihrer Seitenflächen 
andeutet. Auf den Schichtungsflächen zeigen sie entweder 
eine gemeinsame, ebene oder wellig gebogene Oberfläche, auf 
der das System der Säulenflächen als ein Fugennetz mehr 
oder weniger fein eingegraben ist, oder eine jede Säule zeigt 
eine eigene, gewöhnlich von den benachbarten im Niveau ver- 
schiedene, meist convex gerundete Endfläche; concave End- 
flächen, wie sie bei Basalten öfters vorkommen, sind nicht 
erkennbar. Diese individuelle in Figur 1 dargestellte Endi- 
gung findet sich dann nur auf der einen Schichtfläche, wäh- 
rend die andere die überhaupt häufigere Endigung der Säulen 
in einer gemeinsamen Schichtfläche zeig. Das dann vor- 
handene Netzwerk auf der Schichtfläche (Fig. la. und b.) ist 
zuweilen das einzige Kennzeichen vorhandener Absonderung; 
einzelne Stücke von Kalkstein nämlich zeigen die Absonderung 
nicht mehr durch den ganzen Stein, durch die ganze Schicht 
hindurch, sondern nur noch nahe £iner Schichtfläche, d.h. sie 
spalten nicht durch die ganze Schicht den Absonderungsklüften 
nach, sondern zum grösseren oder geringeren Theile muschlig- 
splittrig, wie es der dichte Kalkstein gewöhnlich thut; einen 
dergleichen Fall stellt Figur 2 dar, wo nach der unteren 
Fläche hin der Stein Absonderung zeigt, nach oben aber 
muschlig-splittrigen Bruch. Zwischen in lauter dünne Säulen 
zerfallendem und gewöhnlichem dichten Kalkstein lässt sich so 
ein vollständiger Uebergang finden und man darf behaupten, 
dass ein auf der Schichtfläche beobachtbares Netz von Abson- 
derungsfugen die erste Spur vorhandener Absonderung ist. Der- 
gleichen Netze von Absonderungs-Fugen, die nur die einzigen 
Anzeigen von Absonderung am betreffenden Kalksteinstüucke 
sind, sind z. Th. auch sehr feinmaschig, indem der Abstand 
der Klüfte theilweise bis zu 1,5 und 2,0 Mm. herabsinkt. 

Das Gesteins-Material ist der gewöhnliche dichte, 


845 


a graue Kalkstein der Schichten mit Ammonites (Ceratites) nodosus 


und semipartitus, der sogen. Thonplatten. 

Diese Thonplatten finden sich im SW von Elliehausen, 
auf dem dem Ochsenberge vorgelagerten Höhenzuge; da dieses 
Terrain grösstentheils in Cultur genommen ist, so bieten sich 


nur wenige Aufschlüsse über die näheren Lagerungsverhält- 
nisse. Nach den auf den Feldern umherliegenden und an den 


Feldrändern zusammengehäuften Steinen zu urtheilen, bilden 
die Thonplatten die ganze Oberfläche dieses Höhenzuges; nach 
denselben Steinen zu urtheilen, ist das Vorkommen von abgeson- 
dertem Kalkstein auf eine Partie beschränkt, welche die östliche 


Abdachung des Hügels oder vielmehr die Oberfläche eines nach 


Osten strebenden Hugelvorsprungs darstellt, auf welcher der 
Weg Elliehausen - Barterode ansteigt; diese Partie ist durch 
den Weg mit seinen Gräben, der auf den Kalkplatten wie auf 
einer natürlichen Pflasterung ansteigt, sowie durch Wildwasser- 
rinnen südlich des Weges aufgeschlossen; es zeigt dieselbe in 
ihrem Haupttheile, der sich in west-östlicher Richtung über 


‘200 Schritt verfolgen lässt, ein etwas variables Streichen von 


NW nach SO (hor. 8, in der oberen Partie hor. 7, in der 


"unteren hor. 10) bei eirca 8° Einfallen nach NO. 


Die erwähnten Wasserrinnen ziehen sich ziemlich auf dem 
Kamme dieses vom Haupthügelzuge nach Osten hervortreten- 
den und sich abdachenden Vorsprungs hin; ziemlich im Strei- 
chen der Schichten und nicht weit von dem Kamme des Vor- 
sprungs entfernt steigt der Weg an; der südliche wie der nörd- 
liche Abhang des Hügelvorsprungs sind unter Cultur und geben 
keinen weiteren Aufschluss über den Schichtenbau. Der 


‚ Qulturboden ist wesentlich thonig und führt Kalk-Schotter aus 


diesen Schichten; am Nordost-Fusse dieses Hugelvorsprungs, 
also in der Fallrichtung der betreffenden Schichten liegt das 
Dorf Elliehausen auf Keuper-Boden. In der Thal-Mulde, zu 
welcher der Sud-Abhang abfällt, befindet sich ebenfalls ein Wild- 
wasser-Riss; in demselben finden sich die Thonplatten wieder, 
wenn auch ohne Absonderung; sie zeigen aber entgegen- 
gesetztes Fallen, nämlich mit 25° nach SW (Str. hor. 7); daraus 
geht hervor, dass ersterwähnte Schichten mit diesen einen Sattel 


bilden, der ziemlich OW streicht; die Sattellinie ist dabei etwas 
nach Ost geneigt und entspricht dem Kamme des erwähnten Hügel- 


Vorsprungs. Oestlich von den abgesonderten Kalkstein führen- 


2 346 


den Schichten, also dem Falle des Hugels folgend, und unter 


gleichen Verhältnissen wie jene aufgeschlossen, lassen sich 


die Thonplatten noch auf circa 80 Schritt längs dem erwähnten 
Wasserrisse und Wege verfolgen; diese letztere Partie zeigt 
aber im Einzelnen verschiedenes Fallen und scheint der 
Schichtencomplex hier nur noch in Schollen vorhanden zu sein. 
Säulenförmige Absonderung wurde dabei hier nicht anstehend 
beobachtet. Diese letztere Partie wird wiederum östlich (berg- 
abwärts) begrenzt oder abgeschnitten durch NS streichende 
und fast senkrecht stehende (80° nach Ost. fallende) Schich- 
ten grauen, äusserst dunn geschichteten Schiefermergels, der 
einzelne dünne Kalkplatten in sich einschliesst, und der 
wohl auch noch zu den Thonplatten gerechnet werden muss. 
Diese Schiefermergel sind in ungefährer Mächtigkeit von 1 M. 
aufgeschlossen; ihr unmittelbarer Contact mit den weniger 
geneigten Thonplatten lasst sich nicht beobachten; in dem 
Graben südlich des chaussirten Weges sind die Thonplatten 
erst 12 Schritt von den Schiefern anstehend zu beobachten 
(mit einer Gervillien-Bank), nördlich der Strasse beträgt die 
Entfernung zwischen beiden anstehenden discordanten Schichten 
nur 1 M.; bei weiterem Abwärtssteigen in der Wasserrinne 
findet man sandig - merglige und thonige Lettenkoblen- und 
Keuperschichten auf mehr als 50 Schritt westöstlicher Er- 
streckung hin in Schollen von verschiedener Lagerung, meist 
horizontal gelagert; an ihrer westlichen Endigung, gegen die 
Thonplatten zu, biegen sie sich etwas in die Höhe (Streichen 
hor. 8, Fallen 20° nach NO); durch die ziemlich horizontale 
Lagerung der Keuperschichten ist eine Terrasse gebildet, die 
nach Osten hin dann steiler abfällt und von der die Strasse 
nach Elliehausen in nördlicher Richtung (mit einem Knie) und 
als Hohlweg abbiegt. Es sind von diesen Schichten beobacht- 
bar: die Lettenkohlenthone mit eingeschalteten, z. Th. sehr 
mächtigen und stark verwitterten ockergelben Kalksteinbänken; 
darauf der hellfarbige Lettenkohlensandstein und zu oberst 
bunte Keupermergel. Im Ganzen bietet das Terrain den An- 
blick, als ob die betreffenden Schichten nur in Schollen vor- 
handen seien. Am östlichen Abhange der Terrasse stürzen 
diese Schichten nach Osten ein (hor. 11 streichend), anfangs 
‚20°, bald aber über 60° Fall zeigend; sie stellen den Flügel 
einer von Schotter und Humus überkleideten Mulde dar, deren 


 Muldenlinie ziemlich nordsüdlich verläuft; die Breite dieser 
Mulde beträgt ungefähr !/, Meile, indem sich an dem Gipfel 
des zwischen Elliehausen und Grone hinziehenden Hügel- 


rückens (dem sogen. „Galbeutel*) ein entsprechender Sattel 


beobachten lässt, aufgeschlossen in den Encriniten - Kalken. 


(Streichen hor. 11, Fallen einerseits mit 61— 65° nach W., 
andererseits mit 45° nach O.) 

Wie aus vorstehender Schilderung hervorgeht, müssen die 
Thonplatten-Schichten, innerhalb deren sich die säulenförmige 
Absonderung zeigt, mehrseitigen mechanischen Einwirkungen 
ausgesetzt gewesen sein; unter diesen Druckrichtungen mussen 
die Streichungsrichtungen der Sattellinie des Thonplatten- 
Systems und der Muldenlinie der letztgenannten Nachbarschich- 
ten, oder auch die Normalen zu diesen Linien besonders im 
Auge behalten werden. 

Die den abgesonderten Kalkstein führende Thonplatten- 
Partie stellt einen Schiechten- Complex von wenig mehr 
als 2 M. Mächtigkeit dar, bedeckt von Schotter in geringer 


' Maächtigkeit; das unterste und mächtigste (anstehende) Glied 


dieses Complexes ist eine Bank von welligem, anscheinend 
aus lauter rundlichen Concretionen zusammengesetztem Kalk- 
stein; z. Th. ist ihre Oberfläche, wenigstens stellenweise 
mit Schaaren gleichartiger Petrefacten (Gervillien, Trigonien) 
besetzt. Diese circa 10 Cm. mächtige Bank ist stellen- 
weise in 2 dis 5 dünnere Platten gespalten und ruht auf 
einem anscheinend mehrere Decimeter mächtigen Complex 
von Schieferthon - Schichten. Auf dieser Bank ruhen nun 
in Wechsellagerung dünne, höchstens bis 10 Cm. mäch- 


tige Kalksteinplatten und Schieferthon-Schichten; die einzelnen 


Schichten zeigen dabei wenig Constanz in ihrer Mächtigkeit 
und Ausbildung. Der Kalkstein erscheint vielfach in concre- 
tionären, flach linsenformigen Gestalten, die ihre Bildung viel- 
leicht verwesenden Ammoniten verdanken; dieselben sind den 
plattigen Kalkschichten gewohnlich aufgelagert, oder ober- 
flächlich eingelagert; in gleicher Weise sind die an diesem 
Punkte häufig vorkommenden noch conservirten Ammoniten 
den Schichten aufgelagert. 

Die etwas stärkeren Schichten des Kalksteins sind wie 
gewöhnlich nur in Tafeln vertical zerklüftet und laufen die 
Kluftrichtungen bei einer hor. 10 streichenden Kalkbank der 


848 


Basis: hor. 4 und hor. 10, wobei stellenweise durch die in gerin- 
gen Abständen verlaufenden und auf längere Erstreckung verfolg- 
baren Klüfte in der Richtung hor. 4 eine transversal - platten- 
förmige Absonderung resultirt; bei einer anderen (im oberen 
westlichen Theile erschlossenen) hor. 7 streichenden Kalkstein- 
schicht laufen die Klüfte hor. 3 und hor. 7°®/,. Die säulen- 
förmige Absonderung ist auf die weniger mächtigen Schichten 
beschränkt; aber es zeigen nicht alle Kalkschichten von ge- 
ringer Mächtigkeit diese Absonderung und diejenigen, welche 
sie besitzen, zeigen sie nicht allerwärts oder wenigstens nicht 
überall in derselben Ausbildung. Es sind gewöhnlich Systeme 
von 2—3 durch dünne Schieferthon-Schichten getrennten Kalk- 
stein - Schichten, die dergleichen Absonderung zeigen; solche 
Schichtensysteme, welche Gesammt-Mächtigkeiten von 10 bis 
120m. besitzen, haben als Liegendes und Hangendes meist 
gleichmächtige Schieferthon-Schichten. 

Häufiger als die säuleuformige Absonderung zeigen aber 
dieselben Schichten eine (transversal-) plattenföormige Abson- 
derung, die bewirkt wird durch lauter senkrecht zur Schicht- 
fläche und in geringen Abständen unter sich parallel laufende 
Klüfte oder Fugen; zahlreiche Uebergänge lehren, dass die 
säaulenföormige Absonderung nur eine Modification 
der transyversal-plattigen ist. 

Zwischen beiderlei Absonderungs - Formen lassen sich 
zweierlei Uebergänge beobachten; der eine stellt sich so dar, 
dass gewöhnlich ziemlich rechtwinklig zu den Absonderungs- 
Fugen der Tafeln ein zweites System von Absonderungs-Fugen 
verläuft; auf diese Weise resultiren dann die Säulen mit recht- 
eckigem Querschnitte, deren Ausbildung als die vollkommenste 
angesehen werden darf; meist zeigt aber das zweite System 
von Absonderungs-Fugen Unregelmässigkeiten in seinem Ver- 
lauf, indem die Fugen nicht ganz geradlinig verlaufen; auch 
spalten meist die Kalksteine nach der einen Richtung besser 
als nach der anderen. (Siehe Fig. la. und b.) Solche Stücke 
nun, bei denen das zweite System von Absonderung nur in 
Spuren vorhanden ist, stellen sich als Vermittelungsglieder 
der beiden Absonderungs-Formen dar. 

Auf anderem Wege resultirt eine unregelmässig säulen- 
formige Absonderung dadurch, dass die Absonderungs - Fugen 
der Platten in ihrer Parallelität gestört sind, etwas conver- 


849 


'giren und so auf der Schichtfläche ein breitmaschiges Netz 
darstellen, wie es Figur 5 darstellt. Die Form der abgeson- 
derten Gesteinsstüucke wird sich dabei umsomehr der Säule 
nähern, je enger die Maschen werden. Es sind gewöhnlich 
Concretionen, die eine derartige Absonderung zeigen und bieten 
dieselben, in Anbetracht der convex-rundlichen Endflächen der 
Absonderungsplatten, das Bild einer durch seitlichen Druck 
versuchten unvollkommenen Fältelung dar. Figur 3 versucht 
im Abriss ein derartiges Absonderungsfugen-Netz darzustellen. 

‚ Betreffs der Frage nach der Ursache der säulenför- 
migen Absonderung ist zuerst zu. constatiren, dass sich 
nicht erweisen lässt, dass die Absonderung ihren Grund in 
besonderen Bildungs-Verhältnissen des Gesteins habe. Aller- 
dings scheint der Umstand, dass viele der Concretionen und 
Petrefacten, die der Schichtfläche der abgesonderten Kalksteine 
aufsitzen, nicht mit an der Absonderung theilnehmen, gegen 
eine spätere Absonderung der Schichten, nach ihrer Gesteins- 
bildung, zu sprechen; dieser Einwand wird aber hinfällig, wenn 
man wiederum andere, gewöhnlich grössere Concretionen 
(Fig. 2 u. 3 stellen Stücke solcher dar) an der Absonderung 
theilnehmen sieht; man wird vielmehr annehmen müssen, dass 
erstere ın Folge ihrer Form, geringen Grösse und ihrer La- 
gerungsweise (zum grösseren Theil von Thon umgeben) gegen 
die Kräfte mehr geschützt geweseu seien, welche die Abson- 
derung bewirkt haben. Es ergiebt sich also daraus keine 
Stütze für die Contractions - Theorie, die nach Analogie der 
Verhältnisse bei den Septarien die Absonderung durch ein 
Schwinden an Volumen, durch eine Austrocknung erklären will, 
demnach auf die Bildungs-Verhältnisse des Gesteins hinweist. 
Die Annahme einer solchen Ursache dieser säulenförmigen 
Absonderung wird auch sehr fraglich in Anbetracht der nahen 
morphologischen Verwandtschaft zwischen ihr und der trans- 
versal-plattigen Absonderung, welche letztere in ihrer Erschei- 
nung ähnliche Ursachen zu fordern scheint, wie die trans- 
versale Schieferung. 

Jene Annahme verbietet sich aber sogar in Berücksich- 
tigung des Umstandes, dass die säulenförmige Absonderung an 
den Unterflächen der Schichten gewöhnlich nicht minder voll- 
kommen ausgebildet erscheint, als an den Oberflächen, welche 
letztere nach jener Theorie die grösste Klaffung zeigen müssten. 


850 


Ja es findet sogar nicht selten der umgekehrte Fall statt. Bei den 
erwähnten Schichten - Systemen von zwei bis drei abgesonder- 
ten Schichten zeigt allerdings zuweilen die oberste Schicht an 
ihrer Oberfläche hochgradigere Absonderung als an ihrer Unter- 
fläche; bei der unteren Schicht, sowie oft auch bei isolirten 
Schichten , ist das Umgekehrte der Fall, welchen auch die 
Abbildungen 1 u. 2 darstellen: in Figur 1 sieht man deutlich, 
dass an der Unterfläche die Saulen in isolirten, convex abge- 
rundeten Flächen endigen, an der Oberfläche in einer ihnen 
gemeinsamen, auf der nur das in Figur 1b. dargestellte Fugen- 
netz beobachtbar ist; letztere Erscheinung ist der ersteren 
gegenüber wohl sicher als eine weniger vollkommene Ausbil- 
dung der betreffenden Structur zu betrachten; in Figur 2 zeigt 
die obere Partie gar keine Absonderung, während die untere 
Spuren davon aufweist. Es weisen aber diese Erscheinungen, 
die der Austrocknungs-Theorie entschieden widerstreiten, darauf 
hin, dass eine vollkommene Ausbildung der Absonderung nach 
derjenigen Seite (Aussen - Seite des Schichten - Complexes) bin 
stattgefunden habe, an welcher die betreffende Schieht durch ein 
verhältnissmässig mächtigeres plastisches Thonlager begrenzt 
wurde. 

Von bedeutender Wichtigkeit für die Frage nach der Ursache 
der säulenformigen Absonderung ist, wie schon erwähnt, die 
morphologische Verwandtschaft mit der transversal - plattigen 
Absonderung, die sich auch darin offenbart, dass die mehr 
oder weniger vollkommenen Ausbildungs-Stadien derselben in 
gleicher Weise auf die Schichiflächen vertheilt sind, wie bei 
jener; diese Verwandtschaft wird noch augenfälliger, in An- 
betracht der Concordanz in der Richtung der Absonderungs- 
fugen dieser mit den durch vollkommnere Ausbildung, nämlich 
geradlinige Erstreckung und deutlichere Kluftung hervorgeho- 
benen Haupt - Absonderungsfugen der säulenformigen Abson- 
derung; alle Beobachtungen zeigen namlich ein gem ein- 
sames Ost-West-Streichen dieser Fugen. 

Diese Uebereinstimmung in den wichtigsten Eigenschaften 
lässt es zweifellos erscheinen, dass die Ursachen der beiderlei 
Absonderungsformen gleichartige sind, dass dieselben Kräfte, 
die die transversal - plattige Absonderung bewirkt haben, bei 
der Bildung der säulenförmigen wesentlich und hauptsächlich 
mitgewirkt haben, 


ur Sa u m an ” 


DE ee Mae in 


ee a ne Hl + ee 


851 


Als Ursache der ersteren muss man aber, in Anbetracht 


.der Formähnlichkeit, analoge Verhältnisse annehmen, wie für 
die einer transversalen Schieferung, also die Einwirkung eines 


Druckes. Wir werden folgerichtig gezwungen, fur die Bil- 
dung der säulenförmigen Absonderung ebenfalls mechanischen 


Druck als Ursache anzunehmen; dabei genugt zur Erklärung 


der letzteren nicht die Annahme eines einseitigen Druckes, 
sondern es wird ein mehrseitiger, seitlicher verlangt; diesem 
Erforderniss aber bietet die Betrachtung der verworrenen La- 
gerungs- Verhältnisse, welche von heftigen Schichtenstörungen 
zeugen, zwanglos Genüge; es wird vor Allem der Sattelbildung 
an dem betreffenden Hugel selbst und der jene kreuzenden 
Muldenbildung des benachbarten Systems der Haupteinfluss bei 
der Bildung der säulenförmigen Absonderung zugeschrieben 
werden mussen. Die westöstliche Richtung der Haupt-Abson- 


. derungs-Fugen lässt für den mechanischen Process verschiedene 


Annahmen zu. Nimmt man an, dass die Absonderungs-Fugen 
resultirt seien in Folge eines auf ihrer Richtung rechtwinklig 
stehenden Druckes, in ähnlicher Weise, wie nach SorBY’s 
Versuch (ZiRkEL, Petrogr. I. pag. 118) in plastischen Ge- 
mengen tafelförmige Bestandtheile durch Druck gelagert wer- 
den, so dürfte es am wahrscheinlichsten sein, dass bei Gelegen- 
heit der Sattelbildung der seitliche Druck die Absonderung 
bewirkt habe. Die den Sattel aufbauenden Schichten mögen 
dabei ursprünglich ein reines OW-Streichen besessen haben 
und erst durch eine spätere Senkung der Sattellinie nach 
Osten in die jetzige Lage gekommen sein. Diese Senkung 
kann, ebenso wie die Ausbildung der untergeordneten Abson- 
derungs-Fugen als durch die benachbarte Muldenbildung ver- 
aulasst angesehen werden. Andere Annahmen für den mecha- 
nischen Vorgang sind zwar nicht auszuschliessen, erscheinen 
mir aber weniger wahrscheinlich. 

Ein ferneres Erforderniss fur die Absonderung scheint 
einerseits ein gewisses Maass von Consistenz der Kalkstein- 
schichten zu sein, welche die Einwirkung des Druckes über das 
Ganze fortpflanzt; andererseits die Einbettung der betreffenden 
Schichten in ein hinreichend mächtiges plastisches Thonlager, 
die gewissermassen dem Kalksteine selbst Plasticität nach 
dieser Richtung hin giebt und dem einfachen Zerklüften 


vorbeugt, 


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852 


Wir kommen also zu der Annahme, dass die Gründurearhe 
der Absonderung des Kalksteins seitliche Compression 
ist und wir finden hier im einzelnen Falle dieselbe Ursache, 
die schon nach L. v. Buc#’s Ansicht die allgemeine Ursache 
aller, auch an plutonischen Gesteinen beobachtbarer Abson- 
derung ist. Mag bei dem einen abgesonderten Gesteine der 
Druck von Aussen einwirken, bei dem andern aber erst nach 
Aussen wirkender Druck zurückwirken, Druck bleibt es doch 
immer und ist nach der von mir mehrfach dargelegten („Bil- 
dung der Erdkruste* 1873 und württemb. naturw. Jahreshefte 
1875) und auch in diesem Falle bestätigten Hypothese*) der 


*) Nach derselben ist die Bedingung der Absonderung bei pluto- 
nischen Gesteinen der lxpansionsdruck des sich verfestigenden Gesteins; 
die Grund - Annahme ist die, dass bei der Bildung dieser Gesteine ein 
Moment eintrete, wo sie ebenso wie Wasser und Eisen bei ihrer Fest- 
werdung grösseren. Volumens bedürfen als vorher. Dieser Grund-Hypo- 
these scheinen allerdings die bis jetzt experimentell gewonnenen Er- 
fahrungen an erstarrenden Silicaten zu widersprechen. Zwar glaube ich 
die Ungenauigkeit, Mangelhaftiskeit und daher Bedeutungslosigkeit der 
diesbezüglichen Bıscnor’schen Experimente schon genügend in der „Bil- 
dung der Erdkruste“ III, Anm. 8 u. 11 dargelegt zu haben; neuerdings 
hat aber Marrer („Ueber vulcanische Kraft‘, übers. von v. Lasauıx) den 
Biscuor’schen ähnliche Experimente angestellt und wenn die Resultate 
derselben auch für eine bedeutend geringere Contraction bei der Fest- 
werdung geschmolzener Silicate sprechen, so sprechen sie doch überhaupt 
für eine stattfindende Contraction und erscheinen erdrückend für meine 
Hypothese. Wenn ich nun trotzdem an derselben festhalte, so geschieht 
es desshalb : 1. weil die Verhältnisse bei der Erstarrung der zu den Ex- 
perimenten verwandten Silicatmassen nicht getreu diejenigen Verhältnisse 
widerspiegeln, die wir als bei der Bildung plutonischer, krystallinischer 
Gesteine vorhanden annehmen müssen. Es ist vor Allem keine Sicher- 
heit gegeben, dass das Magma nicht bei der Erstarrung an die Um- 
gebung (Form oder atmosphärische Luft) an seiner ursprünglichen 
chemischen oder mechanischen Zusammensetzung. betheiligte Stoffe (z. B 
Gase) abgebe und so auch an Masse verliere. — Dabei will ich gern die 
Möglichkeit zugestehen, dass die von mir auf Grund allgemein geolo- 
gischer Phänomene für die Bildung krystallinischer Gesteine be- 
hauptete Erscheinung nicht auch bei der Erstarrung zu Glasflüssen 
eintrete. 2. Das wichtigere Experiment Msurer’s mit Barrow-Schlacken 
giebt einerseits das Volumen zu einer dem Erstarrungspunkte der 
äusseren glasigen Kruste nahen Zeit und andererseits dasjenige bei 
gewöhnlicher Beobachtungs- Temperatur; ob nun die gefundene geringe 
Contraction sich auf alle zwischeninne liegenden Temperaturgrade gleich 
vertheile, ob nicht vielmehr die Contraction innerhalb dieser Temperatur- 


853 


seitliche Druck das wesentliche Erforderniss einer 
jeden Absonderungserscheinung. 


reihe ungleichmässig stattfinde, ob nicht der Erstarrungspunkt selbst ein 
Punkt des Stillstandes in der Contraction oder sogar der einer Expan- 
sion sei, ist damit gar nicht erwiesen. Die geringe Contraction, die 
eben erlaubte, dass die eiserne Form von dem Schlacken - Kegel leicht 
abgehoben werden konnte, kann ebenso gut erst nach der Festwerdung 
ihren Anfang genommen haben. Dabei giebt die a. a. O. 160. pag. 93 
angeführte Thatsache doch sehr zu denken, dass nämlich beim Auf- 
brechen der Schlacken-Kegel sich die inneren Theile nicht etwa durch 
„irgend bedeutende“ Hohlräume von der zuerst erstarrten’Glaskruste ge- 
trennt zeigten, welche als ihre Gussform betrachtet werden kann, son- 
dern sich als eine nach der Mitte zu immer mehr krystallinisch ent- 
glaste, den Raum continuirlich erfüllende Masse erwiesen. — Diese 
angeführten Gründe bewegen mich, den erwähnten Experimenten die 
Beweiskraft abzusprechen und haben mich dieselben auch abgehalten, 
selbst derartige Versuche anzustellen. 


Tafelerklärung. 


Tafel XXIV. 


Abgesonderter Kalkstein von Elliehausen 
bei Göttingen, 


Figur 1, Säulenförmig abgesonderter Kalkstein, nach der Natur ge- 
zeichnet von Piress. 

Figur 1a. Riss der Unterfläche desselben Stückes, von dem Fig. 1 
einen Theil (ED) darstellt; die stärkeren Linien entsprechen den tie- 
feren Fugen und Klüften. 

Figur 1b. Riss der Oberfläche desselben Stücke. ABC ent- 
sprechen den gleichbenannten Punkten von Fig. 1. 

Figur 2. Unvollkommen abgesonderter Kalkstein; Bruchstück einer 
Coneretion; nach der Natur gezeichnet von P&Ters. 

Figur 3. Riss der Schichtungsfläche von einem Bruchstück einer 
Coneretion ( Ammoniten- Wohnkammer?); unregelmässige, transversal- 
plattige Absonderung, 


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= 


d. Die Ammoniten der Kreide und die Systematik 
der Ammonitiden. *) 


Von Herrn M. Neumayr in Wien. 


Einleitung. 


‘ In der ganzen Zoologie und Palaeontologie existirt kein 
zweites so ausgedehntes Formengebiet, welches lange fast ohne 
alle generische Gliederung geblieben ist, als dasjenige, welches 
bis vor Kurzem allgemein und vielfach noch jetzt unter dem 
Namen Ammonites zusammengefasst wird. Es ist dies dasselbe 
Verhältniss, wie wenn man eine einzige Gattung Trilobites 
festhalten, oder alle Seeigel in fünf oder sechs Genera ein- 
theilen wurde. Wohl der Hauptgrund dafür, dass sich selbst 
in einer so viel bearbeiteten Abtheilung wie bei den Ammo- 
niten dieser Zustand erhalten konnte, ist in dem Umstande zn 
suchen, dass bei dem gewöhnlichen Erhaltungszustande der- 
selben die systematisch wichtigsten Oharactere in der Regel 
nicht erhalten sind; dadurch wird das Studium der natürlichen 
Verwandtschafts-Verhältnisse auf einen weiten Umweg gedrängt, 
und auch jetzt, nachdem auf einem solchen eine Annäherung an 
dieses Ziel erreicht ist, bietet eine scharfe Charakterisirung 
der als zusammengehörig erkannten Abtheilungen die grössten 
Schwierigkeiten. 

Die Anregung zu einer rationellen Unterabtheilung der 
Ammonitiden ist vor etwa 10 Jahren von SUESS ausgegangen, 
und durch seine Arbeiten, sowie durch diejenigen von LAUBE, 
MoJsısovics, WAAGEN und ZITTEL sind heute die Formen aus 


*) Die Beschreibungen der neuen Kreidegattungen habe ich auch in 
den Sitzungsberichten der Wiener Akademie mitgetheilt und sie sind dort 
etwas früher erschienen; in dieser Zeitschrift habe ich mich entschlossen, die 
Gattung Acanthoceras von Hoplites zu trennen, was dann auch die Los- 
lösung von Hoplites dispar und seine Einreihung bei Stoliczkaia mit 
sich brachte. 


=) 


Trias und Jura in kleinere Gattungen eingetheilt, während für 
die palaeozoischen und cretacischen Arten noch nicht viel 
mehr als die ersten Anfänge vorliegen. Für das letztere Ge- 
biet will ich hier die noch vorhandene Lücke auszufüllen ver- 
suchen, indem ich hierbei die kurze Skizze ausführe und in 
einzelnen Punkten berichtige, welche ich bei einer früheren 
Gelegenheit über die Fortsetzung und Entwickelung einiger 
jurassischer Typen in der Kreidezeit gegeben habe.*) | 

Einer an mich gerichteten Aufforderung folgend, habe ich 
die vorliegende Arbeit über diese ursprünglich beabsichtigte 
Grenze hinaus erweitert, indem ich eine Uebersicht der in den 
letzten Jahren in der Eintheilung der Ammonitiden überhaupt 
gemachten Fortschritte und eine Darlegung der hierbei leitenden 
Principien beifüge. Die Arbeiten in dieser Richtung sind noch 
weit von einem Abschlusse entfernt, und bei den eigenthüm- 
lichen Schwierigkeiten, welche namentlich der Erhaltungs- 
zustand bietet, sind manche Punkte noch nicht als endgültig 
festgestellt zu betrachten: stellenweise können wir schon jetzt 
nothwendige Aenderungen andeuten, wenn auch noch nicht 
vornehmen, so namentlich in der gegenseitigen Abgrenzung der 
Gattungen Arietites, Aegoceras und Harpoceras, in der syste- 


matischen Stellung der Macrocephalen u. s. w. 


Wenn ich mich trotz dieses provisorischen Zustandes zu 
einer Zusammenstellung der bis jetzt erzielten Resultate ent- 
schliesse, so geschieht dies deswegen, weil die etwas zer- 
streute Literatur, namentlich aber der Mangel grösserer Ver- 
zeichnisse der zu jeder Gattung gehörigen Formen die Orien- 
tirung sehr erschwert; wenn daher auch manches in verhält- 
nissmässig kurzer Zeit umgestaltet werden wird, so wird doch 
eine derartige Uebersicht über den gegenwärtigen Stand solchen, 
welche nicht Specialisten auf diesem Gebiete sind, den Ueber- 
blick erleichtern und daher wenigstens vorübergehend einigen 
Werth haben. 

Die triadischen Vorkommnisse werden gegenwärtig von 
meinem Freunde, Herrn Dr. v. Mossısovics, bearbeitet, und 
derselbe hatte die Güte, die Abschnitte über die ausschliesslich 


*) Die Fauna der Schichten mit Aspidoceras acanthicum im öst- 
lichen Theile der mediterranen Provinz, Abhandl. der geol. Reichsanst. 


1873 Bd. V. 


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856 


triadischen Gattungen abzufassen, und auch über die noch un- 
puüblicirten neuen Genera, welche er sich aufzustellen ver- 
anlasst sieht, vorläufige Angaben zu machen, soweit es der 
Stand seiner noch nicht ganz abgeschlossenen Studien ge- 
stattet; der ganze Absatz über die Arcestiden mit Ausschluss 
der Gattungen Amaltheus und Schloenbachia, ferner derjenige 
über die Trachyceratiden rührt von ihm her, und ich erlaube 
mir ihm hier meinen besten Dank auszusprechen. 

Es sind daher verschiedene ziemlich heterogene Elemente 
in der vorliegenden Arbeit zu unterscheiden; was auf tria- 
dische Formen Bezug hat, ist ausschliesslich geistiges Eigen- 
thum des Herrn Dr. v. Mossısovics; der allgemeine Theil 
und die Abschnitte über die Arten der Kreide sind neu von 
mir bearbeitet, die Discussionen der jurassischen Vorkomm- 
nisse ist bis auf den grössten Theil der Artenverzeichnisse 
und einige selbstständige Aenderungen und Bemerkungen, be- 
sonders über genetische Verhältnisse, lediglich Compilation 
aus früheren Arbeiten, namentlich aus denjenigen von WAAGEN. 

Das Material für meine Studien über Kreide - Ammoniten 
lieferte zunächst eine sehr reiche Suite norddeutscher Neocom- 
cephalopoden, welche Herr A. ScHLoENBACH in Salzgitter 
mir anzuvertrauen die Güte hatte; zur Vervollständigung der 
erhaltenen Resultate begab ich mich dann auf einige Zeit nach 
Genf, um die Pıcrer’sche Sammlung zu studiren, welche jetzt 
dem Genfer naturwissenschaftlichen Museum angehört, und 
deren uneingeschränkte Benutzung mir Herr P. v. LorıoL in 
der liebenswurdigsten Weise gestattetee und in jeder Be- 
ziehung erleichterte. Ich ergreife hier die Gelegenheit, Herrn 
A. SCHLOENBACH und Herrn P. v. LorioL meinen besten Dank 
auszusprechen. 

Zu grossem Danke bin ich ferner Herrn L. v. SursEer in 
München verbunden, welcher mir über eine Reihe wichtiger 
Punkte interessante Mitthbeilungen und Angaben machte und 
mich durch seine sehr eingehende Kenntniss der Ammonitiden 
und ihrer Verwandtschaftsverhältnisse wesentlich unterstützte. 


EFT 


Era Te ee = 2 


Allgemeiner Theil. 


Die ältesten Versuche einer Eintheilung der Ammonitiden, 
welche schon aus sehr früher Zeit stammen jund die Gat- 


tungen ZEllipsolithes, Planulites u. s. w. zu Tage förderten, 
stehen auf so wenig wissenschaftlicher Basis, und die Genera 


fassen so durchaus heterogene Dinge zusammen, dass mit 


Ausnahme von Amaltheus keiner der damals gegebenen Namen 


beibehalten werden konnte; eine Discussion dieser Gattungen 
ist daher wohl überflussig. 

Spätere Classificationen stützen ihre Unterabtheilungen nur 
auf drei Merkmale, nämlich auf die grössere oder geringere 
Complication der Lobenlinie (Goniatiten -, Ceratiten-, Ammo- 
niten-Loben), ferner auf die Form der Spirale, endlich auf die 
Richtung der Siphonaldute.e. Von diesen drei Charakteren ist 
der zuletzt genannte durchaus unbrauchbar, da er nicht nur 
überaus schwer zu beobachten ist, sondern die hierbei ent- 
scheidenden Thatsachen nicht einmal ganz sicher stehen und 
mindestens deren Verallgemeinerung unrichtig ist. Auch die 


grössere oder geringere Complication der Lobenlinie liefert 


keine brauchbaren Resultate, und es ist von mehreren Seiten 
betont und namentlich von Beyrich*) nachgewiesen worden, 
dass die nach diesem Kriterium unterschiedenen Gattungen 
Goniatites, Ceratites und Ammonites unhaltbar und unnatürlich 
sind; wir finden bei der allmäligen Abänderung der Ammoni- 
tiden innerhalb der grossen Mehrzahl aller Formenreihen eine 
mehr und mehr fortschreitende Spaltung und Zerschlitzung 
der Loben und jeder Ammonit mit rings gezackten Suturen 
durchläuft in seiner Jugend das Goniatiten- und Ceratiten- 
stadium; man fasst daher zu den drei genannteu Gattungen 
nicht natürliche Gruppen, sondern die einander analogen Ent- 
wickelungsstadien der allerheterogensten Familien zusammen. 
Nach der Form der Spirale ist eine grosse Anzahl von 


‚verschiedenen Gattungen aufgestellt worden, welche ziemlich 
allgemein angenommen sind; ihre Zahl beträgt 16: 


*) Ueber einige Cephalopoden aus dem Muschelkalke der Alpen, 
Abhandlungen der Berliner Akademie. 1866. 


Zeits d.D. geol. Ges. XXVL. 4. 56 


858 

Ancyloceras ORB. Hamulina OR». 
Anisoceras ORB. Helicoceras ORB. 
Baculina OR. Heteroceras Onß. 
Baculites Lam. Ptychoceras ORB. 
Choristoceras HAVU. Rhabdoceras Hav. 
Cochloceras Hav. Scaphites PARK. 
Crioceras LEv. Toxoceras ORB. 
Hamites Park. Turrilites Lam. 


Wenn man sich zu einer Zertheilung von Ammonites ent- 
schliesst, so liefern die Krümmungsverhältnisse der Spirale 


ein in vielen Fällen brauchbares Merkmal, aber sie können 


nur als einer unter vielen Charakteren betrachtet werden, die 
unter einander ziemlich gleichwerthig sind; jedenfalls ist es 
ganz unzulässig, nur nach diesem einen Gesichtspunkte Schnitte 
anzubringen, auf jede noch so geringfügige Abweichung in der 
Spirale ein Genus zu gründen und alle übrigen noch so weit 
von einander verschiedenen Formen vereinigt zu lassen, wie 
dies QUENSTEDT schon vor langer Zeit bemerkt hat.*) In der 
That kann es keinen grösseren Contrast geben, als denjenigen 
zwischen der riesigen Gattung Ammonites und den winzigen 
Formgebieten, welche wenigstens ein T'heil dieser evoluten 
Genera umfasst; selbst heute, nachdem die Ammoniten mit 
geschlossener Spirale in eine bedeutende Anzahl von Sippen 
gespalten sind, ist die grosse Mehrzahl dieser an Formwerth 
jenen überlegen, welche unter den evoluten Ammoneen auf- 
gestellt sind; wir werden uns genöthigt sehen, eine ziemliche 
Anzahl solcher überflüssiger Gattungen, welche für cretacische 
Vorkommnisse aufgestellt sind, zu beseitigen. 

Dieser widernatürlicher und mit allen Fehlern einer rein 
künstlichen Eintheilung behafteten Classification gegenüber hat 
sich in neuerer Zeit das Bestreben geltend gemacht, eine An- 
ordnung nach der natürlichen Verwandtschaft und unter Be- 
rüucksichtigung aller uns zugänglicher Merkmale durchzuführen. 
Den Anstoss hierzu gab die bekannte wichtige Schrift von 
Surss „über Ammoniten“, welche diesen neuen Weg zuerst 
einschlug und bahnbrechend wirkte**); Suess hob hier die 

*) Cephalopoden pag. 273. 


*%) Ueber Ammoniten, erste Abth., Sitzungsber. der nat.-wiss. Classe 
der Wiener Akademie, 1865 Ba. 52, Abth. I. 


859 


! 

i _  Nothwendigkeit der Berücksichtigung aller Charaktere und des 
| Studiums der Beziehungen der einzelnen Theile der Schale 
| zum Thiere hervor. Mundrand und Wohnkammer sind es zu- 
.nachst, welche in Betracht gezogen werden; die Form des 
’ Mundrandes und die Länge der Wohnkammer, denen bisher 
| sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden war, finden hier 
| © die gebührende Würdigung, und die eigenthümlichen Ohren 
[ oder Myolaben nach der Bezeichnung von SUESS, sowie der 
| Verlauf der Anwachslinien auf den Flanken geben Anlass zu 
einer Discussion über die Ansatzstelle des Haitmuskels. Nach 
den hierbei gewonnenen Anhaltspunkten trennte Susss die 
drei Gattungen Arcestes, Lytoceras und P’hylloceras von Ammo- 
nites ab. 

Eine fünf Jahre später erschienene Fortsetzung dieser 
Arbeit”) ist der Zusammensetzung der spiralen Schale gewidmet 
und namentlich von grosser Bedeutung wegen der Parallele 
zwischen Argonauta und den Ammoniten; doch liegt der Inhalt 
dieser Schrift hier ferner, da die Systematik nicht berührt wird. 

In der hier eingeschlagenen Richtung arbeitete WAAGEN 
weiter*”); neben den von SuESS hervorgehobenen Merkmalen 
machte er namentlich auf die Wichtigkeit des Vorhandenseins 
oder Fehlens und der Beschaffenheit von Aptychus und Ana- 
h ptychus hin, Charaktere, denen er wohl mit Recht sehr 
grosse Bedeutung zuschreibt und die er zur Grundlage seiner 
ganzen Eintheilung macht. Die %attungen, welche WAAGEN 
aufstellt, beziehen sich auf jurassische Formen; es sind Arie- 
tites, Aegoceras, Harpoceras, Oppelia, Oecotraustes, Stephano- 
ceras, Cosmoceras und Perisphinctes. Von besonderer Wichtig- 
keit ist, dass WaAAGEN hier zuerst das genetische Prineip in 
die Olassification einführte, indem er einerseits auf das Ab- 
zweigen, die Abstammung einiger Gattungen von anderen hin- 
wies, andererseits innerhalb der Gattungen allmälig sich ent- 
wickelnde Formenreihen aufstellte, eine Neuerung, welche von 
der grössten Tragweite und deren Verfolgung der Angelpunkt 
aller palaeontologischen Detailforschungen zu werden be- 
stimmt ist. 


I 
| 
15 


EEE Sa m ud u u DU EU uuatudll 270 _ 2, 00 Zn u m 2 


*, Ueber Ammoniten, 2. Abth., Sitzungsber. der math.-nat. Classe 
der Wiener Akad. 1870 Bd. 61. Abth. 1. 

**) Die Formenreihe des Ammonites subradiatus, BEnEcKke’s geogn.- 
palaeont. Beiträge Bd. II. 1869. 


56 * 


860 


In demselben Jahre stellte LAuBE für die obertriadische 
Gruppe des Ammonites Aon die Gattung Trachyceras auf*), 
welche später durch Mossısovics sehr erweitert wurde, nach- 
dem namentlich die Auffindung vermittelnder Typen in der 
Trias des Bakonyer Waldes durch BöckH**) den genetischen 
Zusammenhang der Aonen mit der Gruppe des Ammonites 
(Ceratites) binodosus, nodosus, semipartitus und Cassianus er- 
wiesen hatte. ***) | | 

Eine bedeutende Erweiterung erhielt die neue Ülassifica- 
tion durch die Arbeiten von ZiTTEL über die Cephalopoden 
des obersten Jura; er stellte in seinem grossen Werke über 
die Faunen des Tithon 3 Gattungen auf, in welchen die bis 
dahin noch nicht untergebrachten Formen des Jura Platz finden, 
so dass hiermit wenigstens für einen Abschnitt des’ meso- 
zoischen Zeitalters die Eintheilung aller Amrmoneen in die 
engeren Gattungen erreicht ist; die Gattungen, welche er auf- 
stellte, sind Aspidoceras, Haploceras und Simoceras.f) 

In der ersten, schon besprochenen Arbeit von WAAGEN war 
die Bedeutung des Aptychus und Anaptychus als systematisches 
Merkmal hervorgehoben, aber die Rolle desselben in der Or- 
ganisation nur kurz berührt; diese Lücke füllte derselbe Autor 
in einem späteren Werke ausff) und spricht mit ausführlicher 
Begründung diese Harttheile nach dem Vorgange von KErER- 
stein als die Deckel der Nidamentaldrüse des Weibchens an.TTf) 


*) Ueber Ammonites Aon und dessen Verwandte, Sitzungsber. der 
math-naturw. Classe der Wiener Akad. 1869. Bd. 59. Abth. I. 

**) BöckH, die geol. Verhältnisse im südl. Theile des Bakonyer 
Waldes. Jahrbuch der ungar. geol. Anstalt in Pest 1872. 

***) Nachdem Amm.nodosus, der Typus der Gattung Ceratites, in diese 
Abtheilung gehört, müsste vielleicht nach stricten Prioritätsgrundsätzen 
der Name Ceratites statt Trachyceras in Anwendung kommen; die De- 
finition von Ceratites und deren Umfang ist aber von Anfang an ein 
ganz anderer, und eine derartige gewaltsame Aenderung der Bedeutung 
und Uebertragung hätte unfehlbar eine Menge von Verwirrung im Ge- 
folge, weshalb ich ein solches Vorgehen für höchst unzweckmässig hal- 
ten würde. 

+) Die Fauna der älteren Cephalopoden-führenden Tithonbildungen. 
++) Die Ansatzstelle des Haftmuskels bei Nautilus und bei den 
Ammoniden. 1870, Palaeontographica Bd. 17. 

+rt7) In neuester Zeit hat Lersius (Beiträge zur Kenntniss der Jura- 

formation im Elsass, Leipzig 1875) wieder die Ansicht vertreten, dass 


De ee nn 


861 


Ausserdem ist die Lage der Ansatzstelle von Haftmuskel und 
Annulus an die Schale der Gegenstand eingehender Unter- 
suchung, wobei WaAGENn zu Resultaten gelangt, welche von 


‚denjenigen von SuEss in manchen Punkten ziemlich wesentlich 


abweichen, eine Controverse, welche übrigens die hier zunächst 
in Betracht kommenden systematischen Fragen nur wenig 
berührt. 

Endlich hat Waagen später abermals eine neue Gattung, 
Peltoceras, aufgestellt für Formen, welche bisher theils zu 
Perisphinctes, theils zu Aspidoceras gestellt worden. ”) 

Während so die jurassischen Formen in ziemlich aus- 
reichender Vollständigkeit behandelt sind, hat v. Mossısovics 
dieselbe Aufgabe fur die Trias in Angriff genommen, für deren 
interessante Ammonitiden er bis jetzt die Gattungen Pinacoceras 
und Sageceras aufgestellt hat**), denen ın nächster Zeit noch 
eine Reihe weiterer folgen werden, nämlich Tropites, Lobites, 
Didymites und Ptychites, welche unten sämmtlich angeführt 
und von v. Mossısovics kurz characterisirt sind. 

Endlich habe ich selbst einige kritische Bemerkungen 
über die Abgrenzung und Üharakterisirung der bisher aufge- 
stellten jurassischen Gattungen gemacht und meine Anschauun- 
gen über deren Fortsetzung in der Kreidezeit und über die 
Prineipien, die bei der Classification in Anwendung kommen 
müssen, ausgesprochen.*”*) | 

Einen ganz anderen Weg, als den von Suzss und seinen 
Nachfolgern eingeschlagenen , ergriff Hyatt bei der systema- 
tischen Unterabtheilung der Liasammoniten; hier finden wir 


die Aptychen als Deckel aufzufassen seien; manche der von ihm erho- 
benen Einwände gegen die Deutung als Nidamentaldrüsendeckel sind von 
grosser Bedeutung, andererseits ist es nicht gelungen, die der Deutung 
als Deckel entgegenstehenden Gründe zu entkräften; die Frage bleibt 
noch eine offene. 

*%) Abstract of the results of examination of the Ammonite fauna 
of Kutch. Records of the geological Survey of India 1871. 

”*) Das Gebirge um Hallstatt. Abhandl. der geolog. Reichsanst. 
Ba. VI. 

***) Die Pbylloceraten des Dogger und Malm. Jahrb. der geol. 
Reichsanst. 1871 Bd. XXI. — Die Vertretung der Oxfordgruppe im 


. östl. Theil der mediterr. Provinz. Ebenda. — Die Fauna der Schichten 


mit Aspidoceras acanthicum. Abh. der geol. Reichsanst. 1873. Bd. V. 


862 


nach rein äusserlichen Merkmalen, subsidiär nach den Loben, 

eine Menge von Gattungsschablonen aufgestellt, welche den 
wirklichen Verwandtschaftsverhältnissen vielfach durchaus 
widersprechen. Nach dem, was über diesen Punkt schon ge- 
sagt worden ist, halte ich eine eingehende Widerlegung hier 
für überflüssig; die von ihm aufgestellten Gattungen können, 
da sie mit natürlichen Gruppen nicht zusammenfallen, schwer- 
lich zur Anwendung kommen; man könnte nur bei Discoceras 
— Arietites WAAGEN in Zweifel sein. 

Abgesehen von den verschiedenen generischen Trennungen, 
hat das Bedürfniss einer Uebersicht über die ungeheure Formen- 
menge der Ammoniten zur Aufstellung von Gruppen geführt, 
welche zuerst von L. v. BucH begründet, später von BEYRICH, 
GIEBEL, OPPEL, D’ORBIGNY, PICTET, QUENSTEDT und v. SEEBACH 
vermehrt wurden. Es wäre ziemlich schwer, einen eingehen- 
den Vergleich derselben mit den neuen Gattungen durchzu- 
führen, die dasselbe Formengebiet umfassen, da bei der Auf- 
stellung der Gruppen nie nach einem einheitlichen Princip 
verfahren wurde und deren Zahl und Fassung fast bei jedem 
Autor eine andere ist; ursprünglich war es vor Allem, die 
Gestalt der Externseite und nächstdem diejenige der Loben, 
welche entscheidend war, und dieses künstliche System musste 
theilweise unnaturliche Trennungen liefern; so ist namentlich 
die Gruppe der Ligaten in der gewöhnlichen Fassung ein Ge- 
mengsel von Formen, welche heute unter die Gattungen 
Haploceras, Lytoceras, Perisphinctes, Aspidoceras, Hoplites und 
Olcostephanus vertheilt werden müssen; im Gegensatz dazu 
fallen die Gruppen der Arieten, Heterophyllen, Fimbriaten, 
Cristaten fast genau mit den Gattungen Arietites, Phylloceras, 
Lytoceras und Schloenbachia zusammen. Die übrigen Gruppen 
fassen theils zwei nicht zusammengehorige Abtheilungen zu- 
sammen, theils sind einem natürlichen Formengebiete einzelne 
ganz heterogene Elemente beigemischt. 

Neben diesen grossen sind namentlich durch BEYRich, 
OPPEL und v. SEEBACH sehr wenig umfassende Gruppen auf- 
gestellt “worden, die fast durchgehends den natürlichen Ver- 
wandtschaftsverhältnissen Ausdruck geben und ungefähr etwas 


*) The fossil Cephalopode of the Museum of comp. Zoölogy. Bulle- 
tins of the mus. of comp. zool. 1868. 


N | 88 


‚erweiterten Formenreihen entsprechen; diese können auch 
innerbalb der neuen Gattungen beibehalten werden, nicht aber 
dieselben ersetzen. Es wäre dem Wesen der Sache nach 
allerdings gleichgültig, ob man alle Ammonitiden als Ammonites 
zusammenfasst und innerhalb dieses Gebietes dann Gruppen 
nach der wirklichen Verwandtschaft unterscheidet, oder ob man 
die Hauptabschnitte mit Genusnamen belegt; formell aber ist 
es unzulässig für dieses Gebiet, . eine andere Methode der 
Systematik in Anwendung zu bringen, als die innerhalb der 
ganzen ubrigen Zoologie und Palaeontologie angenommene. 


I 


Die von Suess, WAAGEN u. 8. w. vorgeschlagene Methode 
‘ der Classification nach denjenigen Merkmalen, welche mit der 
Organisation des Thieres im innigsten Zusammenhange stehen 
und daher die wichtigsten sind, ist offenbar im Princip eine 
sehr gute, trifft aber in der Ausführung in Folge des Erhal- 
tungszustandes der Ammoniten auf grosse Schwierigkeiten; 
man wird sicher unter 1000 Exemplaren im Durchschnitt 
noch nicht eines finden, an welchem Form des Mundrandes und 
Länge der Wohnkammer, also zwei der fundamentalsten Merk- 
male zu erkennen sind, und noch viel ungünstiger gestalten 
sich diese Verhältnisse für den Apiychus. Nimmt man die 
einzige Gattung Arcestes aus, so sind bei allen übrigen die 
Arten, bei welchen diese Charaktere bekannt sind, sehr in der 
Minderzahl; so ist bei Phylloceras, Lytoceras, Trachyceras, 
Aegoceras, Arietites, Amaliheus der Mundrand und damit die 
Länge der Wobnkammer nur bei je 1—3 Arten beobachtet; 
bei Harpoceras, Oppelia, Stephanoceras , Perisphinctes, Aspido- 
ceras, Simoceras und Cosmoceras ist das Verhältniss zwar 
etwas günstiger, aber immerhin nicht um sehr vieles; der 
Aptychus ist endlich nur in vereinzelten Fällen ermittelt worden. 


=) Es ist schr sonderbar, dass bei geologisch jüngeren Formen der 
Erhaltungszustand viel ungünstiger ist als bei denälteren; in der Trias sind 
Formen mit erbaltenem Mundrand durchaus nicht selten; im Jura sind 
deren schon viel weniger, wenn auch die Zahl noch eine ziemlich be- 
trächtliche ist; in der Kreide gehören Mundränder zu den allergrössten 
Seltenheiten, und ich habe in einer der reichsten Sammlung von Kreide- 
Ammoniten, derjenigen des Genfer Museums, nur 3 oder 4 Exemplare 
mit Mundrand gesehen, 


864 


Wenn trotzdem die Formenkreise, welche nach dieser 
Methode zu Gattungen vereinigt wurden, als natürlich begrenzte 
bezeichnet werden können, so rührt dies daher, dass dieselben 
nach einem anderen Princip zusammengestellt sind, ‚und als 
Diagnose der fertigen Gruppe Merkmale nachträglich angeführt 
wurden, welche bisweilen nur an einer einzigen Form, ja einem 
Exemplar beobachtet sind, eine Uebertragung, welche auf der 
zwar sehr wahrscheinlichen, aber doch nicht strenge bewie- 
senen Annahme beruht, dass die in ihrem ganzen Habitus und 
in den geringfügigen Charakteren übereinstimmenden Typen 
auch in den wichtigsten und im Allgemeinen mindest variablen 
Kennzeichen übereinstimmen werden. Der bisher stillschwei- 
gend bei der Gruppirung der Formen zu Gattungen vor Allem 
als maassgebend betrachtete und behandelte Factor ist der ge- 
netische Zusammenhang der Formen, und die Anordnung nach 
diesem müssen wir als erstes Princip an die Spitze stellen. 

Wir können das Hervorgehen einer Form aus der anderen 
nicht oft direct constatiren, da vollständige Uebergangsreihen 
zwischen ziemlich weit von einander entfernten Arten nicht 
häufig sind; wo dieses directe Mittel zur Feststellung des ge- 
netischen Zusammenhanges fehlt, ist es allerdings nur die 
morphologische Aehnlichkeit, welche leitet, gerade wie auch 
bei allen celassificatorischen Arbeiten, welche nicht die gene- 
tischen Beziehungen als Hauptmoment annehmen, und ein 
wesentlicher Unterschied besteht nur in der Art und Weise, 
in welcher wir den systematischen Werth einzelner Merkmale 
und des gesammten Habitus beurtheilen. Es muss dies in der 
Weise geschehen, dass wir in den Fällen, in welchen voll- 
ständige Uebergänge bei grösseren Reihen vorliegen, genau 
die Art und Weise der Abänderung beobachten und daraus 
weiter schliessen, in welchen Fällen morphologische Ueberein- 
stimmung gemeinsamer Abstammung ihren Ursprung verdankt 
und in welchem nicht. | 

Die vollständigsten Reihen , die bisher bekannt geworden 
sind, sind wohl die an den miocänen Süsswassergastropoden 
Slavoniens, aus den Gattungen Vivipara und Melanopsis beob- 
achteten*); hier und in allen ähnlichen Fällen sehen wir, dass 


*) Vergl. Neumayn und Pau, Congerien- und Paludinenschichten 
in Westslavonien. Abhandl. der geol. Reichsanst. Bd. VII. Wien 1875. 


a 


durch eine Serie von Ablagerungen hindurch eine Anzahl von 


Formen oder Arten auftreten, die durch allmälige Uebergänge 


miteinander verbunden sind und von denen jede von der 
vorhergehenden immer nach derselben Richtung hin abweicht; 


von dieser Regel kennen wir bis jetzt nur eine Art von Aus- 
nahme, nämlich den Rückschlag, die vollständige Umkehr der 
' Variationsrichtung, wodurch jedoch keine vollständige Rück- 


kehr zur Stammform, sondern nur eine Annäherung an die- 
selbe erzielt wird; innerhalb dieser recurrenten Reihen wird 
jedoch die rückläufige Varietätsrichtung mit derselben Zähig- 
keit festgehalten. Diese Fälle sind in einer Weise durch 
Thatsachen belegt, dass an deren Wirklichkeit ein Zweifel 
nicht möglich ist. 

An diese erste schliesst sich eine zweite, weit häufigere 
Kategorie von Thatsachen an; wir kennen eine bedeutende 
Anzahl von Formenreihen, welche man intermittirende nennen 
kann, bei denen das Verhalten einzelner einander sehr nahe 
stehender Formen dasselbe ist, wie wir es bei der ersten Art 


- der Reihen kennen gelernt haben, indem streng nach einer 


Varietätsrichtung die einzelnen Mutationen aufeinander folgen, 


„und ein Unterschied ist nur insofern zu bemerken, als die 


allmäligen Uebergangsglieder zwischen den einzelnen Ab- 
änderungen nicht vorhanden sind. Es kann auch hier 
kaum ein Zweifel am genetischen Zusammenhange existiren 
und die Uebergangsglieder zwischen den einzelnen, sehr nahe 
stehenden Formen sind uns nur durch die Unvollständigkeit 
der geologischen Ueberlieferung, vielleicht nur durch diejenige 
unserer Sammlungen unbekannt geblieben, eine an sich sehr 
wahrscheinliche Annahme , welche durch die folgenden Be- 
trachtungen zur Gewissheit gemacht wird. Vielleicht nicht 
allgemein, aber in allen bisher genau untersuchten Fällen 
finden wir, dass auch in den vollständigen Reihen einzelne 
häufige, relativ constante Formen auftreten, welche durch sel- 
tene Mittelglieder miteinander verbunden sind, zu deren Auf- 
findung in der Regel riesiges Material erforderlich ist, und wo 
dies fehlt, fehlen dann auch die Zwischenformen, d. h. treten 
intermittirende Reihen auf. Die Vollständigkeit derselben steht 
mit der Anzahl der untersuchten Individuen in geradem arith- 
metischem Verhältniss, wenn diese auch nicht der einzige 


866 


Factor ist. Eine zweite Thatsache, welche für die Richtigkeit 
unserer Annahme spricht, besteht darin, dass die vollständigen 
Formenreihen der Mehrzahl nach aus Süsswasserablagerungen, 
die intermittirenden aus marinen Bildungen stammen; in klei- 
nen Binnenbecken können wir die Gesammtheit der Entwicke- 
lung leichter überblicken, während wir stets nur einen ausser- 
ordentlich kleinen Theil eines marinen Formengebiets vor uns 
haben, so dass wir in diesem die ganze Oontinuität der Reihen 
zu sehen, von vornherein gar nicht erwarten können. 


Bei dem Studium aller dieser Fälle, vollständiger wie 


intermittirender Formenreihen, ist es vor Allem ein Punkt, der 
uns auffällt, das strenge, gesetzmässige Festbalten an der 
Variationsrichtung, dessen allgemeine theoretische Bedeutung 
hier zu erörtern nicht der Platz ist, das wir nur soweit be- 
rücksichtigen, als es für die systematische Gruppirung der 
Ammonitiden von Bedeutung ist. Betrachten -wir eine Formen- 
reihe, so finden wir, dass nur ein Theil der Merkmale nach 
bestimmter Richtung abändert, während andere wenigen un- 
regelmässigen Schwankungen unterworfen sind oder durch 
lange Zeiträume gleich bleiben. Verfolgen wir z. B. die 
Formenreihe des Phylloceras heterophyllum von der Stamm- 
form des oberen Lias bis zu den Vertretern in der mittleren 
Kreide, so finden wir, dass die Gestalt, die Sculptur, Zahl 
und Stellung der Loben, der elliptische Umriss der Sattel- 
blätter sich wenig ändern, dass aber mit strengster Gesetz- 
mässigkeit eine immer stärkere Zerschlitzung der Loben, eine 
Vermehrung der Sattelblätter eintritt. . Welche Uharaktere sich 
in der einen oder in der anderen Weise sich verhalten, muss 
in jedem einzelnen Falle, für jede Reihe empirisch festgestellt 
werden. Ist dieses Verhalten bekannt, so wird es gestattet 
sein, selbst morphologisch weit abstehende Typen einer Formen- 
reihe anzuschliessen, wenn die vielleicht ziemlich bedeutende 
Abweichung ganz oder fast ganz in der Fortsetzung der Varia- 
tionsrichtung dieser Reihe liegt. 

Der Grad von Zähigkeit, mit welcher die eingeschlagene 
Varietätsrichtung festgehalten und ausgebildet wird, scheint in 
nächster Beziehung zu der Zeit zu stehen, seit welcher die- 
selbe eingeschlagen worden ist; ich sage mit Absicht „es 
scheint“, da eine ganz sichere Entscheidung einer so schwie- 
rigen Frage mehr Thatsachen erfordert als mir bis jetzt zu 


867 


Gebote stehen. Fängt ein Merkmal in einer Formengruppe 
abzuändern an, so zeigen dessen Variationen Anfangs noch 
etwas schwankendes und unbestimmtes, es finden noch Ruück- 
bildungen häufig statt und durch längere Zeit können sich 
Formen erhalten, welche die neue Abänderung nicht oder nur 
wenig ausbilden, während andere allmälig beginnen, sich in 
der neuen Variationsrichtung stetig fortzubewegen; Vertreter 
der ersteren Kategorie bilden demnach oft durch ansehnliche 
'Schichtenecomplexe hindurch Zwischenformen zwischen aus- 
einandergehenden Reihen, wie sich dies z. B. bei der Abzwei- 
gung von Ärietites aus degoceras, von Hoplites aus Perisphinctes, 
bei der Differenzirung von Hoplites und Acanthoceras und in 
manchen anderen Fällen zeigt. Immerhin erhalten sich der- 
artige Zwischenglieder viel kürzer als die divergirenden, mit 
sich fortbildender Varietätsrichtung ausgestatteten Reihen, eine 
Erscheinung, die gut in Einkiang steht mit dem von Darwin 
so sehr betonten Prineip der Divergenz der Charaktere, und 
auf welche wir die von ihm gegebenen Erklärungen anwenden 
konnen. 

Weit schwieriger ist es, sich eine Vorstellung von den 
Ursachen der zähen Festhaltung der Variationsrichtung zu 
machen, und es kann hier nicht meine Aufgabe sein, eine so 
schwierige und wichtige Frage nebenbei abzuhandeln; ich be- 
schränke mich daher darauf, kurz zu erwähnen, dass strati- 
graphisch-palaeontologische Detail-Untersuchungen der directen 
Einwirkung äusserer Verhältnisse eine viel grössere Thätigkeit 
in der Formveränderung zuweisen, als dies von Darwin an- 
genommen wurde, und wir daher der fortgesetzten Einwirkung 
gleicher äusserer Verhältnisse in manchen Fällen die Gleichheit 
der Variationsrichtung zuschreiben können, sicher aber reicht 
diese Erklärung nur in der Minderzahl der Fälle aus und ist 
namentlich bei den atavistischen Reihen kaum anwendbar; 
vielleicht wird eine durch Züchtungsversuche bekannt gewor- 
dene Kategorie von Thatsachen mit den hier besprochenen 
Erscheinungen in Zusammenhang gebracht werden konnen, 
dass nämlich oft von zwei nach einer Richtung extrem ausge- 
bildeten Aeltern Junge erzeugt werden, welche die stark aus- 
geprägte Abänderung nicht nur in gleichem, sondern noch in 
verstärktem Maasse zeigen.*) 


*) Darwın, das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustand der 
Domestication. Deutsch von Carus. 1868. Bd. II. pag. 29. pag. 320. 


868 


Ein anderes Mittel, welches für die Erkennung der gene- 
tischen Beziehungen von grösster Bedeutung ist, bildet die 
Untersuchung der individuellen Entwickelung der Ammoneen- 
schalen, die wir an den inneren Windungen derselben erkennen. 
Es wäre überflüssig, auf die Bedeutung der Embryologie für 
die Stammesgeschichte hinzuweisen; speciell für die Ammo- 
neen hat zuerst WURTTEMBERGER*) gezeigt, dass Veränderungen 
zunächst an den letzten Windungen sich zeigen und erst im 
Verlaufe der Generationen sich weiter und weiter nach rück- 
wärts an der Schale verbreiten, sodass ausserodentliche Zeit- 
räume erforderlich sind, bis auch die Jugendzustände von der- 
selben ergriffen werden; in Folge dessen kann man aus der 
Gestalt der inneren Windungen die Stammform erkennen. Es 
ist dies allerdings nicht in allgemeiner Ausdehnung gultig, 
indem vielfach die Veränderungen nicht am letzten Umgang 
zuerst auftreten, wie ich das in einer Reihe von Fällen nach- 
gewiesen habe, ja bisweilen scheinen die Abänderungen vor- 
wiegend die innersten Theile der Schale betroffen zu haben, 
wie bei Cosmoceras verrucosum ORB., es tritt hier nach Fritz 
MoüLuer’s Ausdruck eine Fälschung der Entwicklungsgeschichte 
ein.**) Kommen aber auch viele Ausnahmen vor, so ist doch 
bei der grossen Mehrzahl der Formen der Gang so, wie er 
oben geschildert wurde, und in einer Reihe schwieriger Fälle 
werden uns die inneren Windungen mit voller Sicherheit leiten. 

Durch die Verfolgung der Formenreihen und der inneren 
Windungen können wir auch erst die Bedeutung einzelner 
Merkmale erkennen, welche uns unverständlich bleiben, so 
lange wir nicht ihre Entstehung, die Elemente, aus denen sie 
sich gebildet haben, kennen; scheinbar ganz gleiche Theile 
bei verschiedenen Formen können durch gleichmässige Ab- 
anderung ganz heterogener Dinge entstanden sein und sind 
dann trotz der äusseren Aehnlichkeit vollständig ungleich- 
werthig: so stimmen die über die Externseite weglaufenden 
Rippen von sSchloenbachia varicosa ORB. nahe mit denjenigen 
mancher Hopliten überein, sie sind aber in dem einen Falle 
durch Ueberwucherung eines hervorragenden Kieles, im an- 
deren Falle durch Ueberdeckung einer Externfurche entstanden. 

*) „Ausland‘‘ 1873. 

**) Für Darwin. Leipzig 1864. pag. 77. 


en 869 


Manche atavistische Amaltheen (vergl. unten) stimmen in der 


Lobenzahl mit viellobigen Hopliten überein, trotzdem aber 
sind in dem einen Falle die zwei normalen Lateralloben durch 
Verflachung in mehrere selbstständige Loben zerfallen, an welche 
sich eine geringere Zahl von Auxiliaren anschliesst, während 
im anderen Falle an die zwei normalen Laterale sich eine 
grossere Anzahl von Auxiliaren ansetzt. Ein wesentlicher 
Unterschied zwischen Zytoceras und Perisphinctes besteht darin, 
dass bei ersterem der Antisiphonallobus zweispitzig, bei letz: 
terem einspitzig ist; auch bei den evolut werdenden ZLytoceras 
und Perisphinctes, bei Hamites und Crioceras bleibt sich die 
Sache anfangs gleich; bei gewissen Hamiten, deren Spirale 
aus einer Ebene heraustritt, ist der Antisiphonal noch zwei- 
spitzig (Anisoceras alternatum, Saussureanum , pseudoelegans), 


_ allmälig aber wird Hand in Hand mit der Verzerrung der 


Spirale auch die eine Spitze des Antisiphonal starker vorge- 
zogen (z. B. bei Anisoceras armatum) und ragt über die andere 
Spitze hervor, so dass der einspitzige Antisiphonallobus hier 


von zwei Formengruppen auf ganz verschiedenem Wege er- 


reicht wird. 

Die Zahl der Beispiele, in welchen nur die Bekanntschaft 
mit Abstammung und Entstehung den Werth der Charaktere 
kennen lehrt und die blosse Betrachtung des fertigen Gebildes 
irre fuhren würde, liesse sich leicht bedeutend vermehren, 
ebenso wie es nicht schwierig wäre, aus der Systematik Fälle 
zu citiren, in welchen die Vernachlässigung dieser Beziehungen 
zu naturwidrigen Zusammenstellungen heterogener Elemente 
geführt hat; nur die oft ziemlich schwierige Verfolgung der- 
selben ermöglicht den Erfolg einer Ulassification. 

Es scheint nun ziemlich einfach nach den hier besproche- 
nen Grundsätzen eine Classification der Ammoneen auf gene- 
tischer Basis durchzuführen, und es wäre nur das eine noch 
fraglich, ob das vorhandene Material für einen solchen Ver- 
such ausreicht. Es zeigt sich jedoch bei der practischen 
Durchführung eine Schwierigkeit, für deren Würdigung und 
Ueberblickung ich erst in neuerer Zeit eine grössere Reihe 
von Thatsachen erhalten habe. Diese Schwierigkeit besteht in 


dem ausserordentlichen Parallelismus verschiedener Formen- 


reihen und in der gleichartigen Abänderung, welchen verschie- 
dene, theils nahe miteinander verwandte, theils weiter von- 


870 


einander entfernte Organismen unterworfen sind. Für den 
letzteren Fall der übereinstimmenden Variation ziemlich hete- 
rogener Formen sind schon manche Fälle bekannt geworden, 
und dieselben sind für unseren Zweck von geringerer Bedeu- 
tung, weshalb ich nur einige derselben kurz erwähnen will; 
so finden wir einander ganz parallele Abtheilungen unter den 
Placental- und unter den Beutelthieren; für die Ungulaten hat 
KowaALkwskyY*) sehr klar gezeigt, dass verschiedene Reihen 
derselben in derselben oder einander sehr ähnlicher Weise 
den Bau ihrer Zehen modificiren und reduciren; die Ausbil- 
dung pneumatischer Knochen findet sich übereinstimmend bei 
Vögeln und bei Flugsauriern; unter den Fischen schreitet die 
Verknöcherung der Wirbelsäule bei verschiedenen Gruppen der 
Ganoiden in derselben Weise vor, und es liessen sich noch 
zahlreiche derartige Fälle aus den verschiedensten Gebieten 
anführen.**) Auch bei den Ammoneen lassen sich solche Bei- 
spiele citiren; das bekannteste derselben ist die fortschreitende 
Complication der Lobenlinie (bei allen Reihen derselben mit 
Ausnahme von Havzr’s Clydoniten) in der palaeozoischen und 
im grösseren unteren Theile der mesozoischen Schichtfolge. 
Aehnliche Verhältnisse haben in Beziehung auf den Aptychus 
statt; es treten eintheilige hornige Anaptychen bei zwei ganz 
verschiedenen Gruppen von Ammoneen, bei Aegoceras und bei 
Amaltheus, auf; von der Gattung Aegoceras zweigen sich an 
zwei differenten Stellen grosse Seitenäste, Stephanoceras und 
Harpoceras, ab, welche durch sehr danne, zweitheilige Aptychen 
eharakterisirt sind, und diese wandeln sich in jedem der beiden 
Gebiete bei einem Theile der Angehörigen in dicke, schwere 
Kalkschilder um (Oppelia und Aspidoceras). Das Auftreten 
evoluter, frei aufgerollter Formen findet bei den allerverschie- 
densten Gruppen der Ammoneen statt, so bei Trachyceras in 
der oberen Trias (Choristoceras) ***), bei Stephanoceras im 


*) Monographie der Gatthung Anthracotherium. Palaeontogra- 
phica Bd. 22. 1873. 

*%) Aus diesen Verhältnissen geht hervor, dass das Auftreten einer 
Chorda dorsalis bei Tunicatenlarven keinen ganz strengen Beweis für 
deren genetische Verwandtschaft mit Amphioxus und den Vertebraten 
liefert; es liegt hier eine Fehlerquelle für die Ableitung von Folgerungen 
für die Stammesgeschichte aus der Embyologie, die noch nicht genug 
berücksichtigt ist. 

*#**) Nach freundlicher Mittheilung von Bergrath v. Mossısovics. 


* 


3 nz -i 
ö Be: R & 


| 


871 


mittleren Jura (Ancyloceras annulatum u. Ss. w.), bei Lytoceras, 
Olcostephanus und Acanthoceras in der Kreide (vergl. unten). 

All diese ebenerwähnten Fälle bieten jedoch bei unserer 
Classification keine nennenswerthen Schwierigkeiten, da schon 
die der gleichartigen Veränderung unterliegenden Stammformen 
weit von einander verschieden sind und nur Parallelismus, 
nicht Couvergenz der Reihen stattfindet. Von ungleich grö- 
sserer Bedeutung für unseren Zweck ist eine zweite, von der 
ersteren in der Natur selbstverständlich nicht scharf getrennte 
Kategorie von sehr häufig auftretenden Erscheinungen, dass 
namlich einige zunächst miteinander verwandte Formen voll- 
ständig oder nahezu gleichzeitig dieselben Veränderungen 
erleiden und parallelen einander sehr nahe stehenden Formen- 
reihen Ursprung geben. Einen interessanten Fall dieser Art 
konnten PauL und ich vor Kurzem aus den slavonischen Palu- 
dinen-Schichten mittheilen *), in denen drei sehr nahe mit- 
einander verwandte Formen von Vivipara gleichzeitig zuerst 
stumpfe, dann scharfe Kiele auf den Windungen, und endlich 
Knoten auf den Kielen erhalten. Diese Reihen sind so nahe 
miteinander verwandt, dass die einander entsprechenden Glieder 
derselben bisweilen nur nach der Form der Embryonalwin- 


‚dungen mit Sicherheit zu unterscheiden sind. Die Endglieder 


dieser Reiheu stehen einer jetzt lebenden nordamerikanischen 


Schnecke ausserordentlich nahe, für welche eine eigene Gat- 


tung, Tulotoma, gegründet worden ist, in welche die slavo- 
nischen Tertiärformen eingereiht werden können, sodass also 
diese Gattung mindestens einen triphyletischen Ursprung hat, 


_ und ganz übereinstimmende Erscheinungen treten sehr vielfach 


auf. Auch unter den Ammoniten finden sich häufig derartige 
Fälle, und ich will hier nur auf den prägnantesten unter ihnen 
aufmerksam machen, nämlich auf das Auftreten einer Siphonal- 
furche bei einer sehr grossen Anzahl von Perisphincten des 
oberen Jura.”*) Die Annahme, dass gleiche äussere Verhält- 
nisse gleiche morphologische Veränderungen hervorgebracht 
haben, genügt hier ebensowenig zur Erklärung, als diejenige 


*) Congerien- und Paludinenschichten in Westslavonien. Abhandl. 
der geol. Reichsanst. 1875 Bd. V1I. 


**, Neumayr, Schichten mit Aspidoc. acanthicum. , Ebenda. 1873. 
Band V, 


872 


einer übereinstimmenden Anpassung und dasselbe gilt von 
allen anderen bisher vorliegenden Versuchen in dieser Rich- 
tung. Eine eingehende Discussion dieser Frage ist übrigens 
hier nicht am Platze, da für uns nur der eine Punkt zunächst 
von Wichtigkeit ist, dass unter diesen Verhältnissen der mono- 
phyletische Ursprung der Gattungen als natürliche Grundlage 
der Systematik nicht festgehalten werden kann; wir finden in 
vielen Fällen als die Träger einer neuen Variationsrichtung, 
welche zur Aufstellung einer neuen Gattung veranlasst, ein 
Bündel nächstverwandter Formen, die gleichzeitig nach der- 
selben Richtung abändern, ohne dass es zweckmässig oder 
auch nur möglich erschiene, diese einzelnen Reihen generisch 
von einander zu trennen. 

Das Vorhandensein polyphyletisch entstandener Gattungen 
oder deren Möglichkeit ist bis jetzt noch wenig berücksichtigt 
worden und meines Wissens ist es nur ASKENASY, welcher 
sıch damit. eingehend befasst und auf deductivem Wege deren 
Existenz wahrscheinlich gemacht hat*); seine Anschauungen 
finden in den von der Palaeontologie beigebrachten That- 
sachen eine glänzende Bestätigung. 

Eine Schwierigkeit für die Durchführung der Classification 
ergiebt sich aus den besprochenen Verhältnissen nur in einer 
Richtung; bei dem vollständigen Verschwimmen und Ueber- 
gehen der Gattungen ineinander ist die Grenze zwischen den- 
selben immer eine willkurliche, da beim ersten noch schwachen 
Auftreten neuer Merkmale stets einzelne Formen vorkommen, 
die man ebenso gut auf die eine wie auf die andere Seite 
stellen kann, und diese zweifelhaften Arten werden durch das 
Vorhandensein mehrerer paralleler Formenreihen beträchtlich 
vermehrt. Als ein Beispiel führe ich die Abzweigung der 
Gattung Hoplitess von Perisphinctes an; hier zeigen sich die 
Merkmale der neuen Gattung allmälig bei Per. subinvolutus, 
Eudozus, pseudo-mutobilis und abscissus, und ich musste hier 
eine willküurliche Grenze ziehen und zwar in der Weise, dass 
ich die erste unter den genannten Arten zu Rerisphinctes, die 
anderen zu Hoplites stellte; nun erscheint aber das wesent- 
lichste unter den neuen Merkmalen, die Siphonalfurche der 


*) Askenasy, Beiträge zur Kritik der Darwın’schen Lehre. Leipzig 
1872. 


873 


| z Hopliten, ausserdem noch bei einer Reihe anderer Vorkomm- 
| nisse, wie Per. transitorius, senex, Callisto, Privasensis, eudicho- 
 tomus, carpaticus, und es ist dadurch die Absonderung bedeutend 
erschwert; in derselben Weise gestaltet sich auch die syste- 
matische Stellung der Formenreihe des Per. microcantus — ra- 
_ diatus zu den Hopliten zweifelhaft. 

Eine sehr interessante Frage schliesst sich hier an, näm- 
lich die, ob unter den geschilderten Verhältnissen die Einheit 
der geographischen Gattungscentra wird festgehalten werden 
können; es liegen für die Entscheidung derselben noch nicht 
genügende Daten vor, doch sind mir in neuester Zeit einige 
Thatsachen über die Verbreitung beginnender Gattungstypen 
in den jungtertiären Süsswasserablagerungen von Süd-Frank- 
reich, Slavonien, Siebenbürgen und Kleinasien bekannt ge- 
worden, welche wenig für eine solche Einheit zu sprechen 
scheinen. Ich werde bei einer anderen Gelegenheit auf diesen 
Punkt zurückkommen. 

Nach dem bisher Gesagten bildet die Grundlage der Ein- 
theilung die Formenreihe, deren genetischer Zusammenhang 
entweder direct oder durch eine der angegebenen indirecten 
Methoden nachgewiesen ist, oder wenigstens einen hohen 
Grad wissenschaftlichber Wahrscheinlichkeit erlangt hat; zu 
einer Gattung fassen wir eine einzelne oder mehrere mit 
paralleler oder wenig divergenter Variationsrichtung aus- 
gestattete Formenreihen zusammen. Tritt innerhalb einer 
Formenreihe eine starke Divergenz ein, so wird eine gene- 
rische Spaltung in der Weise vorgenommen: werden mussen, 
dass die mit neuer, von der bisherigen abweichender Varietäts- 
richtung ausgestatteten Theile als neue Gattung abgetrennt 
werden; die Grenze, bis zu einem gewissen Grade willkürlich, 
wird am besten da gezogen werden, wo die neue Varietäts- 
richtung zuerst deutlich, wenn auch noch schwach ausge- 
sprochen, auftritt. Dagegen wird es stets zu vermeiden sein, 
generische Abtheilungen auf graduelle Abstufungen innerhalb 
der sich gleichbleibenden Variationsrichtung zu gründen, oder 
nach in dieser Richtung gelegenen Charakteren von einander 
abzuscheiden; ein Grundsatz, der namentlich fur die evoluten 
Ammoneen von Wichtigkeit sein wird. 

Es wird vielleicht als ein Mangel des hier vorliegenden 
systematischen Versuches bezeichnet werden, dass die meisten 

Zeits. d. D.geol, Ges. XX VII. 4. Da 


874 


Gattungen ineinander übergehen und dass in sehr vielen Fällen 
eine scharfe Diagnose nicht gegeben werden konnte; der erstere 
Mangel ist lediglich die Folge des grossen Formenreichthums 
und des grossen vorhandenen Materials, und wird sich überall 
wiederfinden, wo ein ausgedehntes Formengebiet einigermaassen 
vollständig bekannt wird; scharfe Gattungen sind lediglich 
durch bedeutende Lücken begrenzte, abgerissene Stücke von 
Formenreihen. Das Fehlen scharfer Diagnosen ist wesentlich 
eine Folge des Erhaltungszustandes der Ammoneen, durch 
welchen die Theile meist verloren gegangen sind, von welchen 
hierfür die besten Anhaltspunkte hergenommen werden könnten. 
Uebrigens wird man sich in der Palaeontologie mehr und mehr 
daran gewöhnen mussen, die präcisen Diagnosen der Gattun- 

gen durch deren Entwickelungsgeschichte ersetzt zu sehen. | 

Ich habe in ziemlicher Ausfuührlichkeit die Principien dar- 
gestellt, welche in der vorliegenden Arbeit befolgt sind und 
nach meiner Ansicht in analogen Fällen maassgebend sein 
müssen. Die Spaltung der Gattuug Ammonites in viele klei- 
nere generische Abschnitte ist an sich noch kein grosser Fort- 
schritt, wenn auch die Gleichartigkeit der Behandlung verschie- 
dener Ääbtheilungen des Thierreichs dieselbe fordert, da in der 
ganzen Zoologie kein zweites Riesengebiet von demselben 
Umfang in einer Gattung zusammengefasst ist. Einen wirk- 
lichen Fortschritt wird diese Eintheilung nur dann darstellen, 
wenn damit eine bessere Kenntniss der Verwandtschafts - Ver- 
hältnisse erzielt und zum Ausdruck gebracht wird, als sie in 
der bisherigen “liederung in Familien gegeben war; dass dies 
durch die von Surss angebahnte Olassification der Ammoneen 
geschieht, ist meine Ueberzeugung, und ich habe daher hier 
meinen Beitrag zu derselben leisten zu sollen geglaubt, umso- 
mehr als deren allgemeine Annahme erst dann möglich ist, 
wenn sie gleichmässig auf das ganze Formengebiet der Ammo- 
neen ausgedehnt ist. 

Es ist noch ein anderer, nach meiner Ansicht wichtigerer 
Gesichtspunkt, welcher mich zu dieser mühevollen Arbeit ge- 
trieben hat; die naturgemäass anfangs nur auf einzelne Gebiete 
und Reihen von Thatsachen gestützte Descendenztheorie wird, 
wie dies namentlich FrıTz MÜLLER in seiner ausgezeichneten 
Schrift „Für DArwın“ auseinandersetzt, am besten durch eine 
möglichst in’s Einzelne gehende Anwendung auf bestimmte 


Erscheinungsgruppen geprüft, und es giebt vielleicht keine 


 schärfere Probe in dieser Beziehung, als die Anwendung auf 


die historisehe Entwickelung einer ausgedehnten Abtheilung 
des Thhier- oder Pflanzenreiches in fruheren Perioden. Wenn 


"wir hier sehen, dass die ganze Entwickelung und Ausbreitung 


einer solcher grossen Gruppe, in unserem Falle der Ammo- 
neen, bis auf wenige, nicht widersprechende, sondern nur aus 
Mangel an Material noch unerklärliche Punkte mit den Voraus- 
'setzungen der Descendenztheorie übereinstimmt, so erhalten wir 
den schwerwiegendsten Beweis für deren Richtigkeit, wenn es 


eines solchen überhaupt noch bedarf. 


Systematischer Theil. 


Beim Auftreten der Ammoniten in der Trias erscheinen 
vier Hauptgruppen, über deren Beziehungen in palaeozoischer 
Zeit wir noch wenig wissen, und als deren Typen wir die vier 
Gattungen Arcestes, Aegoceras, Lytoceras und Trachyceras nen- 
nen können. 

Was zuerst die Arcestiden betrifft, so treten sie uns sofort 
in vier wohlgeschiedenen Gattungen entgegen, die wir alle 
schon aus palaeozoischen Ablagerungen kennen, nämlich Ar- 


 cestes, Lobites, Pinacoceras und Sageceras*); können wir auch 
die Abstammung derselben von gemeinsamer Wurzel nicht 


sicher nachweisen, so wird dieselbe doch durch das gemein- 
same Auftreten einer Runzelschicht, die allen anderen Ammo- 
niten fehlt, und bedeutende Analogieen im Lobenbau in hohem 
Grade wahrscheinlich gemacht. Pinacoceras und Sayeceras, 
sowie die Genera Lobites, Piychites und Didymites sterben in 
der Trias aus, Arcestes reicht nur in vereinzelten Nachzuglern 
bis in den Lias; dagegen erhält sich bis in die obersten 
Kreideschichten hinauf ein Stamm, der sich von der Gruppe 
des Ptychites Studeri im Muschelkalk ablöst, nämlich Amal- 
theus, dessen ältester Vertreter, Am. megalodiscus, nach den 
‚Untersuchungen von Herrn v. Surtxer in München unmittelbar 


“an Ptych. Studeri sich anschliesst. Während der Zeit der 


oberen Trias verschwinden die Amaltheen nach v. MoJsısovics 


*%), Vergl. E. v. Mossısovics, das Gebirge um Hallstatt. 
%*) Ebenda. 


876 


fast ganz aus Europa*), kehren aber im unteren Lias dorthin 
zurück und bilden den Ausgangspunkt für eine Anzahl creta- 
cischer Formen. . 

Die Lytoceratiden umfassen die’ Gattungen Lytoceras und 
Phylloceras, welche, wie v. Mossısovics gezeigt hat, auf die 
gemeinsame Wurzel der monophyllischen Lytoceraten zurück- 
gehen **); beide erhalten sich durch Trias und Jura hindurch 
als wenig getheilte Stämme, welche hauptsächlich das Medi- 
terrangebiet bewohnen und sich beide in die Kreidezeit fort- 
setzen, wo Lytoceras eine ausgezeichnete Formenmannigfaltig- 
keit entwickelt. 

Der wichtigste Stamm in Jura und Kreide ist jedenfalls 


derjenige der Aegoceratiden; segoceras selbst stirbt zwar in 


seinen typischen Vertretern schon im Lias aus, ebenso wie 
die davon abgeleiteten Arietiten, dafür gehört die Mehrzahl 


der jurassischen und cretacischen Ammoneen zu Gattungen, 


die von Aegoceras abstammen und von welchen Harpoceras, 


Oppelia und Haploceras einen, Stephanoceras, Simoceras, Cosmo- 


ceras, Perisphinctes, Aspidoceras und Peltoceras einen zweiten 


Hauptast bilden. Von diesen letztgenaunten Gruppen sterben 


vor Beginn der Kreidezeit Harpoceras, Oppelia, Stephanoceras, 
Simoceras und Peltoceras ganz aus, Cosmoceras und Aspidoceras 
setzen sich in wenigen Vertretern in’s Neoeom fort, während 
Perisphinctes und Haploceras sich mächtig entwickeln. 

Die Trachyceraten sterben vor Schluss der Trias aus und 
kommen für uns daher nicht weiter in Betracht. 

In kurzen Zügen habe ich das, was über die Entwicke- 


lung der Ammoneen in Trias und Jera bisher bekannt ist, 


zusammengestellt, um zu zeigen, welches Material uns zu Ge- 
bote steht, um daraus die Ammoneenfauna der Kreidezeit her- 
zuleiten. Wir werden sehen, dass die Herstellung genetischer 
Beziehungen nicht in allen Fällen gelungen ist; zunächst war 
mir das nicht möglich bei den vielen Formen, die nur aus 
ungenügenden Abbildungen oder Diagnosen „bekannt sind; 
ferner bei einigen Formen, welche so isolirt dastehen, dass 
ich trotz Untersuchung von guten Exemplaren oder trotz guter 


*) Faunengebiete und Faciesgebilde der Triasperiode in den Ost- 
alpen. Jahrb. der geol. Reichsanst. 1874. 


=*) Das Gebirge um Hallstatt. 


877 


Zeichnungen keine Vorstellung über deren Beziehungen habe; 


- ich nenne bier namentlich drei Arten, nämlich Ammonites sca- 


phitoides SCHLUT., Mosensis OrB. und Goupilianus ORB.; endlich 
kann ich die ganze Gattung Schloenbachia (Gruppe der Cristati) 
nicht mit voller Sicherheit, sondern nur mit grosser Wahr- 
scheinlichkeit an eine jurassische Formenreihe anfügen. 

Ehe ich auf die Einzeldarstellung der Gruppirung der 
Kreide-Ammoneen eingehe, möchte ich noch einige Worte über 
deren zoogeographische Beziehungen vorausschicken, wobei 
ich mich natürlich auf das uns allein etwas näher bekannte 
mitteleuropäische und mediterrane Gebiet beschränke. In der 
Zeit, in welche wir den Abschnitt zwischen Jura und Kreide 
verlegen, fanden bedeutende Niveauveränderungen in Europa 


‚statt; von den drei grossen Meeresprovinzen, welche wir für 


die damalige Zeit in Europa unterscheiden, wurde die mittel- 
europäische theils trocken gelegt, theils in eine Reihe von 
Seen mit sussem oder schwach brackischem Wasser verwandelt, 
nur die mediterrane und die boreale Provinz blieben offenes 


-— Meer, und in ihnen entwickelte sich die pelagische Fauna 
weiter. 


Während Mitteleuropa trocken lag, bildeten sich im Medi- 
terrangebiete die Schichten von Stramberg als oberste Zone 
des Jura und die Schichten von Berrias und diejenigen mit 
Belemnites latus als tiefste Glieder der Kreide, welche dem 
mitteleuropäischen Becken in mariner Ausbildung fehlen. In 
diesen Ablagerungen entwickelte sich nun ein Theil der ere- 
tacischen Fauna und zwar einige echte Perisphinceten, ferner 
Phylloceras, Lytoceras, Haploceras, Hoplites, Crioceras, Hamites 


_ und die wenigen Ueberreste von Aspidoceras und Cosmoceras. 


Dazu kommt noch die Gruppe des Olcostephanus Astierianus, 
die im Horizonte von Stramberg zuerst auftritt und sich dann 
weiter entwickelt; es ist aber dies keine autochthone Form, 
sondern ein Einwanderer, dessen Verwandte und‘ Vorläufer 
wir nur aus dem indischen Jura kennen, 

Als im weiteren Verlaufe des Neocom-Zeitalters Mittel- 
europa theilweise wieder Meer ward, wanderten die medi- 
terranen Typen dort ein, soweit die nördlichere Lage ihr 
Fortkommen erlaubte; sie mischten sich hier mit einem ganz 


fremden Element, mit von Norden her einwandernden borealen 
Formen, den Amaltheen und Olcostephanus aus der Gruppe 


878 


des Ole. bidichotomus*), welche den älteren mediterranen Neocom- 
ablagerungen noch fremd sind, aber von dieser Zeit an auch 


weiter nach Suden wanderten. 


Vermuthlich kam auch Schloen- 


bachia aus der borealen Provinz, da sie in ihrem Vorkommen 


sich ganz an die letzteren Formen anschliesst, wenn wir auch 


deren Vorläufer noch nicht mit Bestimmtheit kennen. 
Nach der eben besprochenen Eintheilung der Ammoneen 
in vier Familien würden sich die Gattungen derselben nach 
dem heutigen Stande folgendermaassen gruppiren: 


I. Arcestidae. 


a 


Arcestes SUESS. 
Didymites Moss. 
Lobites Moss. 
Ptychites Moss. 
Pinacoceras MoJs. 
Sageceras Mo3s. 
Amaltheus Monte. 
Schloenbachia NEUM. 


1. Tropitidae. 


9 
10. 
11. 
12. 
13. 


Tropites Moss. 

Trachyceras LAUBE. 
Choristoceras Moss. 
Rhabdoceras SUESS. 
Cochloceras HAUER. 


Ill. Lytoceratidae. 


14. 
15. 
16. 
17: 
18. 


Lytoceras SUESS. 
Hamites Park. 
Turrilites Lam. 
Baculites Lam. 
Phylloceras SuEss. 


IV. Aegoceratidae. 


19. 
20. 
21. 
22. 
23. 


Aegoceras WaAc. 
Arietites Waac. 
Harpoceras Waac. 
Oppelia Waac. 
Haploceras ZıTT. 


*) Ebendaher stammt auch die Gruppe des Belemnites subquadratus. 


24. Stephanoceras Waac. 

25. Cosmoceras W AA. 

26. Ancyloceras ORB. (emend.). 
27. Baculina OrB. (emend.). 
28. Simoceras ZITT. 
29. Perisphinctes Waac. 

30. Olcostephanus NEum. 

31. Scaphites PARk. 

32.. Hoplites Neun. 

83. Acanthoceras NEUM. 

34. « Stoliczkaia Neun. 

35. Crioceras Lv. 

86. Heteroceras ORB. 

37. Peltoceras Waac. 

88. Aspidoceras ZITT. 


“+ 


I. Arcestidae.*) 


Schale glatt oder mit Querfalten, Rippen oder Längs- 
streifen versehen; Runzelschicht bei den geologisch älteren 
Formen vorhanden, meistens aus linienförmigen, abgerissenen 
Strichen bestehend, selten (nur bei Sageceras) körnig; Ein- 
drucke der Mantelhaftfläche bei den Formen der Trias mit 
nicht oder nur wenig contrahirter Mündung stets auf dem 
Steinkerne der Wohnkammer, sehr selten auf dem gekammerten 
Steinkerne sichtbar. Horniger Anaptychus, bei Arcestcs wahr- 
scheinlich, bei Amaltheus sicher vorhanden, für die anderen 
Formen zweifelhaft. 


Arcestes SuEss (ex parte). 


Schale in der Regel glatt, sculpturfrei, selten mit Längs- 
streifen (Tornati) versehen; Wohnkammer lang, 1—1'/, Um- 
gang. Windungen langsam anwachsend, stark involut. Mün- 
dung meistens durch Umstülpung der Schale oder durch innere 
Schalenleisien eontrahirt. Loben stark zerschnitten, so dass 
die Sättel nur aus einem schmalen Stamme mit zahlreichen, 
annähernd horizontalen Aesten, welche wieder Zweigchen 
tragen, bestehen. 


*) Die Einleitung zur Familie der Arcestiden und die Discussion 
der Gattungen Arcestes, Didymites, Lobites, Piychites, Pinacoceras und 
Sageceras rührt von Herrn Dr. v. Mossisovics her. 


880 


Viele Formen besitzen innere Kerne mit seien und 


eine Schlusswindung mit callös geschlossenem Nabel. Die 


Gestalt der Schlusswindung weicht vielfach von derjenigen der 
inneren Kerne ab und ist in den meisten Fällen die speeci- 


fische Bestimmung ohne Kenntniss der vollständigen Schluss- 


windungen nicht möglich. 


Bei solchen Formen weicht auch in der Regel die Gestalt 


der Mündung an erwachsenen Exemplaren und inneren Kernen 
sehr ab; alte Mundränder (Schalenfurchen und Wülste, Stein- 
kernfurchen, Labia, Varices) sind auf den inneren Kernen 
häufig in wechselnder, bei einzelnen Formen in ziemlich con- 
stanter Zahl vorhanden. 


Die typischen Arcesten gehören der Trias an, wo im 


Muschelkalk plötzlich sehr hoch entwickelte Formen mit sehr 
stark und reich zerschlitzten Loben und auffallend hohem 
Siphonalhöcker auftreten. 


Arcestes wurzelt ohne Zweifel in den alten Goniatiten, 


unter denen einige Vorfahren mit Sicherheit zu erkennen sind, 
so z. B. @Gon. plebejus Barr., amblylobus SanDe., lateseptatus 
BEYR., subnautilinus SCHLOTA. 

Eine vereinzelte vermittelnde Form bildet Arcestes Oldhami 
Waag. aus dem indischen Perm; aber wohl die Mehrzahl der 
Zwischenformen, eine grosse langgegliederte Reihe von da- 
zwischenliegenden Generationsstadien, ist uns noch unbekannt. 


Beispiele aus der Trias: 


Arc. bicarinatus MÜNST. Arc. gigantogaleatus Moss. 
„ bicornis Hau. „„  intuslabiatus MoJS. 

„ Bramantei Moss. » Meyeri Kuırst. 

„ coangustatus Hav. „  multilobatus BRONN. 

„  colonus Moss. ‚„ sublabiafüs Moss. 

„„  ceymbiformis WULF. „ subumbilicatus BRONN. 
„ Escheri Moss. „ tornatus BROoNN. 

„ eztralabiatus Moss. | „.  Tridentinus MoJS. 


Die Zahl der gegenwärtig aus der Trias bekannten For- 
men beträgt etwa 130. 
Didymites v. Moss. 


Aeussere Gestalt und Länge der Wohnkammer mit Arcestes 
übereinstimmend; Schale mit scharfen Zuwachsstreifen und fal- 


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881 


tigen Runzeln ‚versehen; durch die ganze Länge der Wohn- 
_ kammer bis zur Mündung läuft auf der Innenseite der Schale 
auf dem Convextheile eine mediane Furche (Normallinie); die 


Schlusswindung schnürt sich nahe der Mündung aus. 
Die Lobenlinie wird von wenig gezackten Sattelpaaren, 
welche manchmal mit Einzelnsätteln alterniren, gebildet. Diese 


'Sattelpaare entsprechen, wie aus der Projectionsspirale der 


Windungen hervorgeht, je zwei Sätteln der übrigen Ammoniten- 
gattungen. 

Didymites ist bis jetzt nur in wenigen Formen aus der 
oberen Abtheilung der norischen Stufe bekannt. 


Beispiele: 
Did. angustilobatus Hau. Did. Quenstedti Moss. 
„  globus QUENST. „ tectus Moss. 
Lobites Moss. 


Nach der äusseren Form und der Länge der Wohnkammer 


mit Arcestes und Didymites übereinstimmend. Schale meistens 


mit Querfalten, welche häufig von feinen Längsstreifen ge- 
kreuzt werden. Die Schlusswindung nimmt häufig eine von 


der Form der inneren Kerne abweichende Gestalt an und ver- 


schliesst nicht selten den Nabel mit einem Callus. Gegen 
die Mündung zu tritt jedoch stets auch bei den Formen mit 


callös geschlossenem Nabel eine Ausschnürung ein, welche bis 
zu einem kleinen, spitzig vorragenden Seitenlappen reicht. 


Die Lobenlinie besteht aus ganzrandigen, hohen, an der Basis 
etwas contrahirten Sätteln, welche häufig der Höhe nach in 
der Weise abweichen, dass der zweite und vierte merklich 
niedriger ist, als ihrer Stellung nach erwartet werden sollte. 
Ein hoher Siphonalhöcker vorhanden. 

Bei vielen Formen tritt regelmässig am Ende des vor- 
letzten und letzten Umganges die Bildung eines rückwärts 
kragenförmig abgeschnürten Theiles, der „Kaputze* ein; bei 
anderen Formen ist die Mündung einfach, nur auf dem Convex- 
theile lappenförmig nach vorn ausgezogen und wenig oder gar 
nicht deprimirt. 

Bei Lobites ist die Ableitung von goniatitischen Vor- 
fahren viel augenfälliger, als bei irgend einer anderen meso- 
zoischen Gattung, da die Gestalt der Loben noch vollständig 


882 


 goniatitisch ist. Das Ammonitenstadium wird im Bau der 
Loben nur durch den hohen, den Externlobus theilenden 
Siphonalhöcker angezeigt. ae 

Als palaeozoische Repräsentanten sind zu nennen: dGon. 
clavilobus SANDB., bilanceolatus SANDB., bifer SANDB., bifer, var. 
delphinus Sannpe. Da die Loben dieser Formen der Gestalt 
nach übereinstimmen mit denjenigen von dGon. mixolobus 
Paıtt. und lunulicosta SANDB., so vereinigte SANDBERGER die 
beiden Gruppen unter der Bezeichnung der Lanceolati. Eine 
gleichartige oder selbst übereinstimmende Ausbildung der 
Loben bei getrennten, selbstständigen Stämmen ist übrigens 
nicht selten; ein hervorragendes Beispiel solcher paralleler 
selbstständiger Entwickelung bieten Arcestes und Pinacoceras 
dar. Gon. mixolobus und lunulicosta, welche im Bau des Ge- 
häauses von Lobites abweichen und manche Aehnlichkeit mit 
Pinacoceras zeigen, sind sonach wohl als eine selbstständige 
generische Gruppe von Lobites zu trennen, 


Beispiele aus der Trias: 


Lob. ellipticus Hau. Lob. nasutus Moss. 

„„ . ellipticoides L.AUBE. „ . Oldhamianus STOL. 
„„»  delphinocephalus Hav. _ ,„, pisum Moss. 

„» monilis LAUBE. „»  Sandbergeri Moss. 


»». .Naso Moss. 


Ptychites Moss. 


Diese ebenfalls durch eine lange Wohnkammer ausge- 
zeichnete Gattung unterscheidet sich von Arcestes, mit welcher 
sie die meiste Aehnlichkeit besitzt, hauptsächlich im Loben- 
bau. Der Externlobus ist sehr seicht, der Externsattel auf- 
fallend kurz, der erste Lateralsattel dagegen sehr hoch. Die 
Sättel sind gezackt und zeigen schon Anlage zur Zweigbildung. 
Die glatte Schale ist mit geraden oder geschwungenen Radial- 
falten bedeckt. Pfychites fällt mit der Beyrıcm'schen Gruppe 
der Plicosen und der Oprzv’schen Gruppe der Rugiferen zu- 
sammen und ist die Stammform von Amaltheus, wie der von 
Herrn v. Surts#er in Nüunchen entdeckte Amaltheus Sutineri 
lehrt. Weiteren Untersuchungen muss die Entscheidung darüber 
vorbehalten bleiben, ob nicht die Gruppen des Pinacoceras 
platyphyllum Mossıs. und foridum WULFEN, als eine von 


883 


 Ptychites abzweigende Sippe zu betrachten und generisch von 
 Pinacoceras unterschieden seien. 


Beispiele aus der Trias: 


Ptych. cochleatus Ope. Ptych. impletus Op. 
„» . Gerardi BLASF. » . rugifer OPpe. 
»»  Dontianus Hau. ». . Studeri Hav. 


Pinacoceras Moss. 


Gehäuse schmal, hochmundig, Schale glatt, selten mit 
knotenformigen Anschwellungen. Wohnkammer Y, bis ?, 
Windungen lang; Mündung mit kurzem lappenformigem Fort- 
satz des Convextheiles. Haftring am vorderen Ende der Wohn- 
kammer, kurz vor der Mundung am Üonvextheil beginnend 
und uber die Seitentheile bis an das hintere Ende der Wohn- 
kammer zurucksinkend. Eindrücke der Mantelhaftläche punkt- 
oder striemenförmig. Runzelschicht aus abgerissenen Strichen 
bestehend. Die Lobenlinie ist ausgezeichnet durch das Vor- 
handensein von äusseren Adventivloben. Man unterscheidet 
demnach drei Lobengruppen: 1. die Adventivloben, 2. die 
drei Hauptloben, 3. die Auxiliarloben. Die Adventiv- und 
Auxiliarloben zeigen stets einen übereinstimmenden Bauplan, 
während die Hauptloben häufig eine eigenthüumliche Gestalt 
besitzen. 

Pinacoceras besitzt unter den Goniatiten einen ausgezeich- 
neten Vorläufer in @on. multilobatus BEYR. 


Beispiele aus der Trias: 


Pin. Daonicum Moss. Pin. parma Moss. 

„„ Jarbas Münsr. „„ Zhilopater LAUBE. 
„  imperator Hau. „„ platyphyllum Moss. 
„ Layeri Hau. „ res Moss. 

„ Metternich Hav. „„ ’sandalinum Mo3ss. 
„  oazyphyllum Moss. „  trochoides Moss. 


Sageceras Moss. 


Schliesst sich nach der Gestalt des Gehäuses und der 
Länge der Wohnkammer innig an Pinacoceras an und unter- 
scheidet sich von diesem durch die Beschaffenheit der Runzel- 
schicht, die Gestalt der Loben und die Richtung der Zuwachs- 


884 


- 


streifen am Concavtheile.- Die Runzelschicht ist grobkörnig 
wie bei Nautilus und besteht nicht aus langen Strichen und 


Fäden wie bei den übrigen Arcestiden. Die Sättel sind schmal, 


zungenformig, ganzrandig, die Loben symmetrisch durch ein- 


fache kegelförmige Zacken einfach oder doppelt getheilt. Drei 
 Lobengrupper, wie bei Pinacoceras. Characteristisch ıst der 
stete Zuwachs an Adventivloben, ein alterthumliches und em- 
bryonales Merkmal. Die Zuwachsstreifen richten sich auf dem 
Concavtheile nicht wie bei Pinacoceras nach rückwärts, son- 
dern nach vorn. 


Sageceras ist bereits in den Permbildungen ausgezeichnet 


vertreten, doch: fehlt diesen älteren Formen noch der das 
Ammonitenstadium charakterisirende Siphonalhöcker. 


Beispiele aus Permbildungen: 


Sag. Hauerinum Kon. 
»» Orbignyanum VRERNn. 
»  primas Waac. 


Beispiele aus der Trias: 


Sag. Gabbi Moss. 

„»  Haidingeri Har. 
„»  Walteri_Moss. 
„»  Zigmondyi Moss. 


Amaltheus Mont. 


Siphonalseite des Gehäuses zugeschärft oder gekielt, Rip- 
pen, wenn vorhanden, über dieselbe wegsetzend, oder an dieser 
Stelle in Körner oder Falten aufgelöst; die geologisch älteren 
Formen mit Spiralstreifen in der äusseren Schalenchicht, 
welche der Runzelschicht der Arcesten entsprechen. Wohn- 
kammer kurz, '/, bis °/;, Umgang einnehmend; Mundsaum ein- 
fach ausgeschnpitten, mit langem, bisweilen einwärts oder aus- 
wärts gebogenem, löffelförmig endendem Externfortsatz. Ein- 
theiliger, horniger Anaptychus..- Loben meist stark zerschnitten, 
Siphonallobus kurzer als der erste Lateral, a meist 
breit keilförmig. 

Die Entwickelung der Amaltheen in den älteren Ablage- 
rungen ist schon von WAAGEN besprochen worden, und wir 
fügen bier nur noch einige Bemerkungen über die eigenthum- 


\ 


= .. liche Ausbildung hinzu, welche die Gattung in der Kreidezeit 


erfährt; einerseits finden wir Formen, bei welchen die Loben 
normal in der Weise gestellt sind, dass Siphonallobus, zwei 
Laterale, endlich einige Auxiliare aufeinander folgen; ein 
Theil dieser Arten ist mit sehr complicirten Loben ausge- 
stattet, während bei anderen eine atavistische Reduction eintritt 
(Am. Requienianus), welche bis zur Bildung von Ceratiten- 
loben gehen kann (Am. Robini TuıoLL. u. s. w.). Andererseits 


treten in der Kreide Formen auf, welche von dem normalen 


Lobenstellungsgesetz vollständig abweichen, indem bis zu fünf 
Loben zwischen dem Siphonallobus und derjenigen Linie 
stehen können, welche entsteht, wenn wir auf die Flanken 
eines Umganges die Externseite des vorhergehenden in der 
Windungsebene projiciren. Um diese Bildung zu verstehen, 
muss man sich erinnern, dass schon bei manchen jurassischen 
Amaltheen die Lobenkörper sehr kurz und breit werden, so 
dass die drei langen, schlanken Endäste des ersten Laterals 
einen gewissen Grad von Selbstständigkeit erreichen; ausser- 
dem wird der Externsattel sehr breit, so dass der in seinem 
Grunde stehende Secundärlobus stark hervortritt. Vor Allem 
instructiv, um den Uebergang von dieser Bildung zur vollen 
Selbstständigkeit und Gleichwerthigkeit aller dieser Elemente 
und dem vollständigen Verschwinden des Körpers des ersten 
Laterallobus zu erkennen, ist die Ausbildung der Suturen bei 


der Form des norddeutschen Neocom, welche als 4m. Gevril- 


lianus eitirt wird und bei Am. Balduri Keys. 

Unter diesen eretacischen Amaltheen mit abnormer Loben- 
stellung treten namentlich zwei Gruppen hervor: die eine zeigt 
vielgezackte Loben und hierher sind Am, syrtalis Morr., pla- 
centa Dex. und ihre Verwandten zu rechnen, die andere zeigt 


 atavistische Reduction der Loben, welche auch hier bis zum 


Ceratitenstadium fortschreitet (Am. pedernalis Rorm., Vibra- 
yeanus ORB.). 

Es ist nicht möglich, hier die allmälige Entwickelung des 
Lobenbaues durch die einzelnen Formen hindurch bis zu den 
äussersten Extremen zu verfolgen; die im Einzelnen sehr 


 verwickelten Verhälnisse machen hier eine eingehende und 


durch viele Zeichfungen erläuterte Discussion nöthig, welche 
ich nächstens an einem anderen Orte werde folgen lasse und 
auf welche ich bezüglich der näheren Begründung verweise. 


8S6 


Ich hebe hier nur noch hervor, dass alle Kreideammoniten 


mit abnormer Lobenzahl zu Amaltheus gehören, ebenso wie 


die Mehrzahl der „Kreideceratiten“, von denen allerdings ein 
kleinerer Theil nicht hier, sondern bei Schloenbachia sich i 


anschliesst. 


Formen der Trias: 


Am. megalodiscus BEYR. 
„  ‚foridus WULF. 


Formen des Jura: 


Am. Aballoensis OR». 
„ acutangulus GÜMB. 
„  alternans Buch. 

„„ Bauhini Op. 

„»  Buvigneri ORB. 

„  catenulatus FıscH. 

„„. Chamusseti ORB. 

„ cordatus Sow. 

„»  Coynarti ORB. 

„„  Devillianus Lor. 

„  discus Sow. 

„  dorsocavatus QUENST. 
„  excavatus SOW. 

„ fissilobatus Waac. 

„  Galdrinus ORe. 

„. Goliathus ORB. 

„  gracilis ZIET. 

„  Greenoughi Sow. (Hav.) 
„  Guibalianus ORB. 

„, Hochstetteri OPr. 

„ iber QUENST. 


„,„  Kammerkahrensis GüuB. 


Formen der Kreide: 


Am. Balduri Keys. 

„,„  bidorsatus RoEM. 

„. Zwaldi Buch. 

„  Gevrillianus ORB. 

„„  Guadeloupae RoEm. 
„„  Largilleretianus ORB. 


Am. 


) 


Sansovinü Moss. 
Suttneri MoJS. 


Kapfi Orr. 
Lalandeanus ORB. 
Lumberti Sow. 
Lynz OR. 
margaritatus BRUG. 
Mariae OR®. 
Okensis ORB. 
Oppeli SCHLÖNB. 
oxynotus QUENST. 
pustulatus ZIET. 
Saemanni Dun. 
Salisburgensis Hau. 
Schaumburgi WAAG. 
serrodens (JUENST. 
spinatus BRUG. 
Stauffensis OpPp. 
subcordatus ORB. 
Sutherlandiae Murch. 
Truellei ORB. 
Victoris Dun. 
Waterhousei LEck. 


Marcousanus Picr. 
obesus STOL. 
obtectus SHARPE. 
Orbingnyanus GEIN. 
pedernalis Buch. 
placenta Der. 


en Eee ur 
v Fr 


887 


Am. polyopsis Du». Am. Sugata SToL. 

»» Bequienianus ORB. „„ sSyriacus BUCH. 

„  Robini THıoLı. „„  syrtalis MoRt. 

„ subobtectus STOL. „„  Vibrayeanus One. 


Schloenbachia nov. gen. 


Diese Gattung, welche ich dem Andenken an meinen un- 
vergesslichen, der Wissenschaft zu früh durch den Tod ent- 
rissenen Freund U. ScHLÖNBACH widme, umfasst die sehr na- 
turliche Gruppe der Cristati; dieser füge ich noch Schl. Germari 
Revss an, welche bei sonst sehr grosser Uebereinstimmung 
mit den Cristaten durch einen gezähnelten Kiel ausgezeichnet ist. 

Wie schon erwähnt, ist Schloenbachia die einzige Gattung 
von Kreideammoneen, welche uns einigermaassen unvermittelt 
entgegentritt; wenn ich dieselbe an Amaltheus anreihe, so ge- 
schieht dies in Folge sehr starker Wahrscheinlichkeitsgründe, 
nicht aber mit dem Grade von Gewissheit, welchen wir aus 
dem Vorhandensein allmäliger Uebergangsglieder schöpfen. 
Schloenbachia stimmt mit den jurassischen Amaltheen in einer 
Reihe von der Varietätsrichtung wenig abhängiger Merkmale 
"überein, namentlich in der Länge der Wohnkammer, und in 
dem in einen langen Schnabel ausgezogenen Externtheil der 
Mündung; auch der Typus der Lobenzeichnung ist bei Am. 
Devillianus Lor. schon gegeben; vielleicht lässt sich auch in 
dem gekerbten Kiele von Schl. Germari ein Rückschlag auf 
den alten Typus erkennen. Dagegen tritt uns die Form des 
Kieles der übrigen Schloenbachien und der Verlauf der Rippen 
etwas fremd entgegen. 

Die Charaktere von Schloenbachia lassen sich folgender- 
maassen zusammenstellen: Kräftig gekieltes Gehäuse mit meist 
starken nach vorwärts gebogenen Rippen auf den Flanken; 
Wohnkammer °/, Umgang lang, an der sichelförmigen Mun- 
dung in einen langen Externschnabel ausgezogen, der entweder 
in der Spirale normal fortläuft oder nach aussen gekrummt 
ist. Sipho sehr stark, meist im Kiel gelegen, der bei man- 
chen Formen vom Lumen der Schale durch eine Kalkscheide- 
wand getrennt ist. Loben wenig verästelt, mit Körpern, die 
schmäler sind als die der Sättel: nur ein deutlicher Auxiliar- 
lobus, der bei einzelnen Formen auch fehlt. Siphonallobus 


888 
meist so lang oder länger als der erste Lateral. Bei einzel- ; 
nen Arten tritt eine so starke Reduction der Lobenverzweigung 


ein, dass sie sich dem Geratitenhabitus nähern m Senequeri 
und haplophylla). 


Schloenb. Aberlei REDTB. Schloenb. Hugardiana ORB. 
= Aonis ORB. \“ inflata Sow. 
55 bajuvarica REDTB. u Jaccardiana PIcT. 
= Balmatiana Pier. = Margae SCHLÜT. 
® Bouchardiana OR. » . Mirapeliana ORB. 
„ Blanfordiana SToL. Ps Ootatooriensis STOL. 
= Bravaisiana ORB. »  Päon Repre. 
4 Candolliana Pıcr. ». propingua STOL. 
> cornuta Pıcr. }, Propoetidum ReEDTB. 
= corrupta STOL. a quinquenodosa REDTB. 
5 Coupei BRONGN. is Renevieri SHARPR. 
25 Czörnigi REDTB. = Rouziana Pıcr. 
= cristata Deuuc. »  Royssiana ORB. 
> cultrata OR». „».  Senequieri ORB. 
> Delaruei ORB. „»  serrato-carinata STOL. 
> JalcatocarinataREDTB. ,, serrato-marginata REDTB. 
5 Fleuriausiana ORB. SE subtricarinata ORB. 
Ss Germari REuss. 3 Sueuri Pıcr. 
= Goodhalli Sow. a5 symmetrica FıTTon. 
En Gosauica HAUER. in Texana Ron. 
= Haberfellneri HAUER. :: tridorsata SCHLÜT. 
E haplophylla ReEore, » varians Sow. 
2 Helius OR». = varicosa SoWw. 


JJ. Tropitidae.‘) 


Schale mehr oder. weniger reich ornamentirt, mit Radial- 
rippen versehen, welche fast stets am Bande des Convex- 
theiles, häufig aber auch auf den Seiten Knoten und stachel- 
förmige Dornen tragen. Runzelschicht und Eindrücke der 
Mantelfläche fehlen vollständig. 

Wenn auch über den Anschluss an gewisse Goniatiten 
kaum ein Zweifel bestehen durfte, so ist es doch bei den 


*) Die Besprechung der Familie der Tropitiden und der zuihr ge- 
hörigen Gattungen ist von Dr. v. Mossısovics, 


ae a = 2 = Zu u 2 


889 


Tropitiden aus Mangel an hinreichenden Beobachtungen noch 
ungleich schwieriger als bei den Arcestiden den genealogischen 
Zusammenhang anzugeben. 

Die hier gegebene Uebersicht ist nur eine provisorische, 
da das Studium dieser Familie noch nicht abgeschlossen ist. 


Tropites Moss. 


Wohnkammer lang 1°/, bis 1'/, Windungen. Die kräftige 
Seulptur ist auf dem Convextheil unterbrochen; häufig erhebt 
sich ein medianer Kiel auf demselben. An der Mündung setzt 
der Convextheil in einen breiten kurzen Lappen fort. Die 


 Schlusswindung weicht nicht selten in Form und Seulptur von 


den inneren Windungen ab. Die Loben zeichnen sich durch 
breite Sattelstämme mit schräg einschneidenden Fingern, 
schräge Stellung der Lobenspitzen, mächtige Entwickelung 
der Hauptloben und auffallende Reduction der Hilfsloben aus, 


Beispiele aus der Trias: 


Trop. catenatus Buch. Trop. Pamphagus Dirrn. 
„ dacus Moss. „  Zamsaueri HaAver. 
„  Ehrlichi Hauer. „  Saturnus DirTtm. 

„».  Jokelyi Hauer. „ subbullatus HAUER. 
„„  Medleyanus STOL. „ superbus Moss. 


„  nauticus Moss. 


Trachyceras LaAuBeE. 


Wohnkammer kurz, '/, bis ”/, Windungen lang. Die 
Sculptur ist auf dem Oonvextheil unterbrochen; bei den geo- 
logisch jüngeren Formen senkt sich eine mehr oder weniger 
tiefe mediane Furche ein, an welcher die Rippen mit Knoten 
endigen. Mündung mit kurzem lappigem Fortsatz auf dem 
Convextheile. Loben übereinstimmend mit Tropites; bei den 
geologisch älteren Formen viel einfacher. 


Beispiele aus der Trias: 


Trach. antecedens BEYR. Trach. Attila Moss. 
„» Aon Münst. „» austriacum Mo9»Ss. 
„» Ädonoides Moss. „»  . bierenatum Hav. 
„ Archelaus LAUBE. „»  binodosum Hau. 


» Argonauta Moys. „„ Brotheus Münst. 
Zeits. d.D. geol. Ges. X<XVIL. 4. 58 


‚890 
Trach. Cassianum QUENST. Trach. semipartitum Buch. 
» nodosum Haan. „ striatofalcatum Hav. 
„»  ‚robustum Hav. »  Thuilleri Opp. 


Choristoceras HaveEr. 


Von Trachyceras zweigt sich eine durch bedeutende Evo- 
lution und einfache, wenig oder gar nicht gezackte Loben 
ausgezeichnete Gruppe mit kurzer Wohnkammer ab, bei wel- 
cher auf den inneren Windungen fast stets noch die mediane 
Unterbrechung der Sculptur auf dem Covextheile sichtbar ist, 
während auf den äusseren Windungen die Rippen continuirlich 
über den Convextheil wegsetzen. Es ist also einerseits in 
den Loben die Persistenz auf einer älteren Entwickelungsstufe, 
andererseits in der Sculptur eine bestimmte Abänderung des 
Trachyceras-Typus zu bemerken. 


Beispiele aus der Trias: 


Chor. doleriticum Moss. Chor. Klipsteinianum LAUBE. 
„  noricum Moss. „ Henseli Opr. 
„  decoratum Hav. „  nasturtium DiITTM. 
„ geniculatum Hav. »  Marshi Hau. 
„» Zryxe Münsrt. 


Rhabdoceras HaAvEr. 


Stabformig gestreckte Röhren mit schräg ringförmiger 
Sculptur und einfach gebogenen Loben; noch sehr unvoll- 
ständig bekannt, schliessen sie sich aller Wahrscheinlichkeit 
nach zunächst an Choristoceras an. 


Beispiel: Rhabd. Suessi Hau. 


Cochloceras HAUER. 


Die Umgänge sind schraubenförmig linksgewunden, mit 
continuirlichen Rippen und einfach gebogenen Loben. Auch 
diese Form dürfte sich zunächst an Choristoceras anschliessen. 

In den norischen Zlambachschichten des Salzkammer- 
gutes komnıit Cochloceras in grosser Individuenzahl vor. 

Beispiele: 
Cochl. Fischeri Hauv. { 
„»  breve Hau. 
„  canaliculatum Hau. 


Be 891 


IIL Lytoceratidae. 


Zu dieser Familie rechnen wir die an die gemeinsame 
Wurzel der monophyllischen Lytoceraten anknüpfenden Gat- 
tungen Lytoceras und Phylloceras*) und die an erstere sich 
anschliessenden evoluten oder aus einer Ebene heraustretenden 
Formen Baculites, Hamites und Turrilites; sie sind charakte- 


risirt durch kurze Wohnkammer (?/, Umgang) und einfachen 


Mundrand; in allen übrigen Merkmalen tritt eine so starke 
Differenzirung ein, dass es kaum möglich ist, eines derselben 
als gemeinsam hervorzuheben, so vollständig auch der Zusam- 
menhang in genetischer Beziehung ist. Selbst die Einfachheit 
des Mundrandes zeigt sich bei den Baculiten nicht constant. 

Es ist in der Literatur kein Fall des Auftretens von 
Aptychus bei einer hierher gehörigen Form constatirt; liegt 
auch kein striecter Beweis für das Fehlen desselben in dieser 
negativen Beobachtung, so ist dies doch in hohem Grade 
wahrscheinlich, wenigstens für die geologisch älteren Formen. 
In neuester Zeit ist mir durch eine mündliche Mittheilung, 
die zu publieiren ich mich nicht berechtigt finde, bekannt ge- 
worden, dass bei einer der geologisch jüngeren Formen, die 
wir hierher rechnen, ein Aptychus gefunden worden ist, doch 
liegt hierin kein Grund, eine Zutheilung der betreffenden 
Gruppe zu den Lytoceratiden bedenklich zu finden; nach dem 
was ich oben von dem von einander unabhängigen Auftreten 
analoger Aptychenbildungen bei verschiedenen Gattungen an- 
geführt habe, ist kein Grund abzusehen, warum nicht auch bei 
den Lytoceratiden ein Solidificirung der betreffenden Organe 
hätte stattfinden sollen. 


Lytoceras SUESS. 


Die typische Ausbildung dieser Gattung, nach welcher die 
Gattung charakterisirt wurde, tritt uns in Jura und Kreide 
entgegen; hier ist sie durch die folgenden Merkmale ausge- 
zeichnet: Gehäuse meist flach scheibenförmig mit wenig invo- 
luten oder sich nur berührenden Umgängen; Wohnkammer ?/, 
Umgang, Mundrand an der Columellarseite zu einem Lappen 


*) Vergl. v. Mossısovics, das Gebirge um Hallstatt. 


| 98* 


892 


ausgezogen, an der Siphonalseite und auf den Flanken ohne 
Vorsprung; Anwachsstreifen und Sculptur dem Mundrand 
parallel, an der Naht nach vorn gebogen; Sculptur schwach, 
meist nur aus Radiallinien oder Einschnurungen bestehend; 
Suturlinie mit wenigen Loben, Lateralloben und -Sättel in 
symmetrische Theile getheilt, Columellarlobus zweispitzig. Kein 
Aptychus. 

Die Formen der Trias weichen hiervon in der Weise ab, 
dass bei ihnen die Anwachslinien und Sculptur, wie bei Phyllo- 
ceras, auf der Siphonalseite nach vorn gerichtet sind, und dass 
‘der Sattelbau monophyllisch ist. | ! 

Lytoceras ist meistens ausserordentlich leicht zu erken- 
nen; die Möglichkeit einer Verwechselung liegt nur in einem 
Falle vor, indem einzelne sehr dicke Formen in der äusseren 
Gestalt und in den Einschnürungen gewissen Haploceras sehr 
ähnlich werden; die einander am nächsten tretenden Arten sind 
Lytoceras Timotheanum PıcrT. einerseits, Haploceras latidorsatum 
andererseits; immerhin bleibt, obwohl Mundrand, Länge der 
Wohnkammer u. s. w. unbekannt sind, eine Verwechslung bei 
dem vollständig verschiedenen Lobencharakter ausgeschlossen. 

Fast alle Formen der Kreide zeigen den Typus der Gat- 
tung so rein, dass ihre Zutheilung keiner Rechtfertigung be- 
darf; nur bei einzelnen wenigen, etwas aberranten Vorkomm- 
nissen ist dies nöthig; zunächst bei Lyt. ventrocinctum QUENST. 
und Agassizianum Pıct., welche durch ihre aufgeschwollenen 
Falten auf der letzten Windung einen fremdartigen Eindruck 
machen; sie besitzen aber die höchst charakteristischen, sym- 
metrisch abgetheilten Lateralloben und -Sättel und zweispitzi- 
gen Columellarlobus; ferner stellt die Ausbreitung der Intern- 
loben auf der jeweils vorhergehenden Kammerscheidewand ein 
nur bei Lytoceras auftretendes Merkmal dar, und endlich ha- 
ben auch die inneren Windungen vollständig den Charakter 
normaler Lytoceraten. 

Eine andere ganz eigenthümliche Form ist Lyioceras Jau- 
bertianum ORB. mit abnorm breitem Windundsquerschnitt und 
scharfer Nabelkante, und die Einreihung an dieser Stelle 
könnte umsomehr befremden, als PıctkT nicht symmetrische 
Laterale angiebt; ich habe mich jedoch an einem Exem- 
plare der PıcrerT’schen Sammlung von der Unrichtigkeit dieser 
Angabe überzeugt und ganz normal symmetrisch abgetheilte 


893 


Laterale gefunden, und ausserdem zeigen die inneren Windun- 
gen vollständige Uebereinstimmung mit den typischen Vertre- 
tern der Gattung. | 


Formen der Trias: 


Lyt. eugyrum Mo»s. 


„»  Morloti Hau. 


„»  patens Moss. 


Formen des Jura: 


Lyt. Adelae Or. 


” 
„ 
„ 
„ 
) 
„ 
” 
„ 


9 


_Adeloides Kun. 
amplum Op. 
articulatum OR». 
cornucopiae YOUNG. 
Ozizeki HAv. 
dilucidum OPpp. 
Eudesianum ORB. 
exoticum OPP. 

“ fimbriatum Sow. 
Francisci OP. 
Germaini ORB. 
Grohmanni Hau. 
hircinum ScHL. 
jurense ZIET. 


Formen der Kreide: 


Lyt. Aeolus OR». 


Agassizianum Pıct. 


anaspastum REDTB. 
Bourritianum Pıct. 
Duvalianum OR. 


Honoratianum ORB. 
Jallabertianum ORB. 


Jaubertianum ÖORB. 


Lyt. Simonyi Hau. 
„„ sphaerophyllum Hav. 
»»  Wengense Kuırst. 


Lyt. Liebigi Opp. 

„  montanum ÖOPP. 
„  municipale OPr. 
„  penicillatum QUENST. 
„» Phillipsi ORe. 

»»  FPictaviense ORB. 
„  polycyclum Neun. 
» Pygmaeum ORB. 
„». rex Waac. 

„.„. sublineatum OR». 
„  sutile OPe. 

„  torulosum SCHÜBL. 
„ tripartitum Rasp. 
Trautscholdi Orr. 


Lyt. Lüneburgense Scan. 
„»  Mahadeva STOL. 

„»  Michelianum Or. 
„ mite Hau. 

„  ophiurus ORB. 

„ postremum ReEDTB. 
„». quadrisulcatum ORB. 
„  recticostatum ORB. 


inaequalicostatum ORB. „  striatosulcatum ORß. 


Juilleti ORB. 
Jukesi SHARPE. 
Jurinianum PicT. 
Kayei SToL. 
lepidum OR. 


„ strangulatum ORB. 
„ subfimbriatum ORB. 
»»  Timotheanum Picr. 
„»  ventrocineinm (JUENST. 


894 


Hamites Park. 


Bei der Classification der evoluten Kreide-Ammoneen hat 
bis jetzt als einziges entscheidendes Merkmal die Form der 
Spirale gegolten und, wie oben erwähnt, zur Aufstellung einer 
übergrossen Menge von Gattungen geführt; nach sorgfältiger 
Prüfung glaube ich, dass die folgenden unter ihnen gestrichen 
werden können: 


Anisoceras. Helieoceras. 
Ancyloceras.*) Ftychoceras. 
Baculina.*) To.xcoceras. 
Hamulina. 


Der Hauptgrund, durch welchen ich mich zur Einziehung 
dieser Gattungen. genöthigt sehe, ist der, dass zu ihrer Oharac- 
terisirung nur in der herrschenden Variationsrichtung aller 
hierher gehörigen Reihen gelegene Merkmale verwendet sind, 
ein Vorgang, durch welchen natürlich eine vollständig natur- 
widrige Zersplitterung eintreten musste. In dem Verlassen 
der geschlossenen Spirale tritt eine neue Variationsrichtung 
auf, und es ist daher ganz gerechtfertigt, hier eine Abtrennung 
von den alten Stämmen vorzunehmen, für weitere Eintheilung 
dagegen müssen wir die von der Variationsrichtung nicht oder 
nur wenig berührten Charaktere aufsuchen. Die Sculptur ist 
bier fast gar nicht verwendbar, da zwar nicht im ersten An- 
fange der evoluten Formenreihen, wohl aber in deren wei- 
terem Verlaufe eine ganz abnorme Ausbildung und Verstärkung 
der Ornamente einzutreten pflegt. Die besten Dienste leisten 
uns in dieser Richtung die Loben, indem wir unter den evo- 
luten Formen eine grosse Anzahl finden, die genau den sym- 
metrischen Bau der Zytoceras-Loben zeigen, wahrend die an- 
deren ebenso deutlich unpaarig getheilte Loben und Sättel 
besitzen. 

Unter den Formen, welche paarig getheilten Lobenbau 
zeigen, sind einige,- die geologisch ältesten, welche auch in 


*) Die cretacischen Formen von Ancyloceras und Baculina müssen 
anderen Gattungen einverleibt werden, doch kann man wohl deren Na- 
men auf Formen des mittleren Jura übertragen, für welche sonst neue 
Bezeichnungen gebildet werden müssten. (Ancyloceras Calloviense und 
annulalum, Baculina acuaria) Vergl. unten. 


\ 


895 


der Sceulptur so auflallende Uebereinstimmung mit Lytoceras 
zeigen, dass kein Zweifel sein kann, dass dieselben aus Re- 
präsentanten dieser Gattung hervorgegangen sind. Abgesehen 
von den Windungsverhältnissen stimmen alle übrigen Merkmale 
von Scaphites Yvanü, ferner von Crioceras Astierianum und 
depressum aufs Vollständigste mit cretacischen Lytoceraten 
überein, ersteres mit Lyt. rectecostatum*), letzteres mit der 
Gruppe des Lyt. Timotheanum.**) Durch einfache Fortent- 
wickelung der Variationsriehtung in der Spirale, und zwar in 
der ganz normalen Weise von aussen nach innen vorschrei- 
tend, erhalten wir aus Scaphites Yvanü die Gattungen Hamites 
und Hamulina, von denen sich Piychoceras nur durch ein Merk- 
mal der untergeordnetsten Art unterscheidet. Hier kann auch 


am besten die noch wenig bekannte Gattung Anisoceras unter- 


gebracht werden, welche sich in ihren Charakteren, von der 
Art der Krümmung abgesehen, ganz an Hamites anschliesst 
und deren leichte Schalenverzerrung nicht zu einer Abtrennung 
berechtigt; dass eine selbstständige Gattung für diese Formen 
nicht aufgestellt werden kann, ist sicher, und ein Zweifel kann 
nur bestehen, ob dieselbe besser zu Hamites oder zu Turrilites 
zu stellen seien, eine Frage, die mit Sicherheit erst wird ent- 
schieden werden können, wenn die Schalen etwas näher und 
vollständiger bekannt sein werden. 

Mit der Aenderung der Spirale geht oft auch eine solche 
in der Sculptur vor sich, indem sich dieselbe bedeutend ver- 
stärkt; es ist dies jedoch nicht gleich beim Anfang der Formen- 
reihen der Fall, sondern erst etwas später, einige Zeit nach 
der Abtrennung von der involuten Stammform; es ist von 
einiger Bedeutung dies hervorzuheben, da man in dem Ver- 
lassen der Spirale eine Anpassung der Art hat erkennen 


wollen, dass das Thier, durch die starken Dornen der vor- 


letzten Windung im Wachsthum gestört, sich dieser lästigen 
Stachelung zu entledigen wünschte und die geschlossene Spi- 
rale verliess; nachdem ganz glatte Formen genau ebenso evol- 
viren, wie gedornte, so ist diese Anschauung unhaltbar. 

Ein Merkmal, welches ausserordentlich constant bei den 
geschlossenen Lytoceraten auftritt, geht bei deren evoluten 


*) Vergl. Quenstept, Cephalopoden. 
##) Vergl. Pıcter und Cawricae, St. Croix Bd. II 


896 


Nachkommen allmälig verloren, nämlich die zweispitzige Endi- 
gung des Antisiphonallobus, Bei einigen derselben erhält sich 
dieselbe, wie theils aus den vorhandenen Abbildungen hervor- 
geht, theils mich die Untersuchung der PicterT’schen Samm- 
lung belehrte, so bei Crioceras depressum*), Ancyloceras alter- 
natum, Saussureanum, pseudoelegans, Hamites Bouchardianus, 
alterno-tuberculatus, elegans, bei vielen anderen aber tritt ein- 
spitziger Bau ein, und ich konnte mich bei Anisoceras armatum 
überzeugen, dass dies durch Ueberwucherung der einen Spitze 
durch die andere geschieht; es ist sehr begreiflich bei Formen, 
welche aus einer Ebene heraustreten, dass durch die Krüm- 
mung eine Verzerrung eintritt, allein es tritt einspitziger Anti- 
siphonal auch bei Formen auf, die in einer Ebene gerollt sind, 
wenn ich auch bei der Minutiosität dieses Merkmals es durch- 
aus nicht unbedingt von allen Arten annehmen möchte, die in 
dieser Weise abgebildet sind. 

Für die hier genannten Formen genügt eine Gattung voll- 
ständig und wir wählen selbstverständlich den ältesten Namen, 
Hamites. Bezüglich der übrigen nicht involuten Kreide-Ammo- 
neen vergleiche unten bei Turrilites, Baculites, Scaphites und 
Crioceras. 

Aus den tiefsten Schichten der Kreide (Berrias) sind, 
noch keine Hamiten und überhaupt keine evoluten Ammo- 
neen bekannt; der älteste Vertreter dürfte Hamites Yvanü sein, 
von dessen Auftreten an dann die Gattung durch die ganze 
Kreide hindurchreicht; das Maximum ihrer Entwickelung scheint 
sie im Gault zu erreichen. 

Hamites ist sicher keine monophyletische Gattung: wäh- 
rend die Mehrzahl der Formen in nächstem Zusammenhange 
mit dem Hamites Yvanii des unteren Neocom steht, ist eine 
andere Gruppe, diejenige des Hamites (Crioceras) Astierianus 
und depressus viel jüngeren Ursprungs und schliesst sich aufs 
Innigste an Lytoceras Timotheanum aus dem Gault an. 

Die Charakteristik der Gattung lässt sich etwa: folgender- 
maassen geben: Lytoceratiden, bei welchen die Umgänge 
alle oder zum Theil sich nicht berühren; Spirale in einer 


*) Ich konnte mich hier bestimmt vom Vorhandensein zweier feiner 
Endspitzen überzeugen, und ich möchte das fast auch von Crioc. Astie- 
rianum glauben, obwohl dasselbe mit nur einer Spitze gezeichnet wird, 


897 


Ebene aufgerollt, oder nur in einem kleinen Theil ihres Ver- 
laufes aus dieser heraustretend; oberer Laterallobus immer, 
unterer meist in paarige Aeste zerfallend. 

In der nachfolgenden Zusammenstellung, die sich vor 
Allem auf die sehr ' vollständigen Verzeichnisse bei Pictkr, 
(St. Croix) stützt, habe ich bei jeder Art beigefügt, in welcher 
Gattung sie nach der bis jetzt üblichen Eintheilungsmethode 
ihren Platz gefunden hat. 


Hamites aculeatus Fırrtos. ncyloceras. 
„» adpressus Org. Piychoceras. 
„  alternatus MANTELL. Anisoceras. 
„» alternans Gzin. Hamites. 
„„.  alterno-tuberculatus Leym. Hamites. 
„»  alpinus OrB. Hamulina. 
»  angulatus STOL. Anisoceras. 
„»  anyustus Dixon. Hamites. 
» Aquisgraniensis SCHLÜT. Toxoceras. 
„»  arcuatus ForB. Hamites. 
„» arculus MorTon. Hoamites. 
» armatus Sow. Anisoceras. 
» arrogans GIEB. Hamites. 
„» Astierianus ORB. Crioceras. 
„  . Astierianus OrB. Hamulina. 
„ attenuatus Sow. Hamites. 
„»  Beani Rorm. Hamites. 
»  biplicatus Rom. Hamites. 
»  bipunctus SCHLÜT. Ancyloceras. 
»  Blancheti Pıcr. Ancyloceras. 
»» Bouchardianus Org. Hamites, 
„».  Charpentieri Pıcr. Hamites. 
„  einctus OrB. Hamulina. 
»».  eylindricus Ore. Hamites. 
„»  . decurrens OrB. Hamulina. 
»» Degenhardti Buch. Hamites. 
» depressus PıcT. Crioceras. 
»» Desorianus Pıct. Hamites. 
„» . dissimilis Or. Hamulina. 
» duplicatus Pıcrt. Hamites. 
»  ellipticus MAant. Hamites. 


898 


Hamites Emericianus Ore. Piychoceras. 


9 


9 


99 


Jascicularis Pıcr. et Lor. Hamulina. 
Favrinus Pıcrt. Hamites. 
fissicostatus Rom. Hamites. 
flexuosus OrB. Hamites. 
Forbesianus StoL. Ptychoceras.*) BET, 
Fötterlei Stur. FPtychoceras. 
Fremonti Marcov. Hamites. 
gaultinus Pıct. Piychoceras. 
Geinitzi Orp. Hamites. 

gigas STUR. Ptychoceras. 

gracilis OrB. Hamites. 

Halleri Pıcr. Hamites. 

hamus Quesst. Hoamulina. 
indicus FORB. Anisoceras. 
interruptus SCHLÜT. Hamites. 
laevis MATHERON. Piychoceras. 
Leai TRroosT. Hamites. 
largesulcatus FoRrB. Anisoceras. 
mazimus Sow. Hamites. 

Meyrati Oosr. Piychoceras. 
Moreanus Buv. Hamites. 

Morloti Oost. Piychoceras. 
multinodosus ScHLüT. Hamites. 
Nanaensis Hau. Hamites. 

Nereis FoRB. Anisoceras. 
Nicoleti Pıor. Ancyloceras. 
nodoneus Buv. Hamites. 
obliquecostatus Rom. Hamites. 
Oldhami SToL. ./nisoceras. 
Orbignyanus ForB. Hamites. 
Parkinsoni Morr. Hamites. 
perarmatus PıcT. Ancyloceras. 
pseudoarmatus. SCHLUT. Ancyloceras. 
pseudoelegans PıcT. Anisoceras. 
pseudopunctatus PıcT. Anisoceras. 
punctatus Or. Hamites. 
Puzosianus OrB. Ptychoceras. 


*) Müsste nach dem früheren Verfahren eine neue Gattung bilden, 


899 


Hamites raricostatus Puızn. Hamites. 

„„ Raulinianus Or. Hamites. 
„ Reussianus Orp. Ancyloceras. 
„„ Roemeri Grin. Hamites. 
„» rugatus FoRB. Anisoceras. 
„ Sablieri Ore. Hamiites. 
„  . Saussureanus PıcT. Anisoceras. 
„. semicinctus OrB. Hamulina. 
„.  seminodosus RoEm. Hamites. 
„» sipho For. Ptychoceras. 
„» simplex Org. Hamites. 
» spinatus HE£B. Ancyloceras. 
„» spiniger Sow. Ancyloceras. 
„ spinulosus Sow. Ancyloceras. 
„„..  striatus Frıic. Hamites. 
„ Studerianus Pıcr. Hamites. 
„» subcompressus FORB. Anisoceras. 
„» subcylindricus OrB. Hamulina. 
„ ’subnodosus RoEM. Hamites. 
„„.. subraricostatus ORB. Hamites. 
„ ’subundulatus OrB. Hamulina. 
„  torquatus MorT. Hamites. 
„ trinodosus GEın. Hamites. 
„„.. trinodosus ORB. Hamulina. 
„ trabeatus Mort. Hamites. 
»»  Turonensis SCHLUT. Toxoceras. 
„» undulatus FoRB. Anisoceras. 
»»  Varusensis Org. Hamulina. 
a Vaucherianus PıcT. Ancyloceras. 
i Venetzianus Pıct. Hamites. 
»» Verneuili Troost. Hamites. 
„  verus Frıe et SchL. Hamites. 
„  virgulatus Brong. Hamites. 
„». Yvanü Puz. Scaphites. 


Turrilites LAMARCK. 


Die grosse Mehrzahl der nicht in einer Ebene aufgewun- 
denen Kreide--Ammoneen, welche in die Gattungen Turriktes, 
Helicoceras und Heteroceras eingetheilt werden, bekunden durch 
die symmetrische Theilung der Lateralloben entschiedene Ver- 


900 


wandtschaft mit Lytoceras und Hamites; ausserdem zeigen die 
am wenigsten aus einer Ebene abweichenden Formen, welche 
man zu Helicoceras stellt, auch in allen übrigen Merkmalen so 
auffallende Uebereinstimmung mit den Hamiten, dass ihre 
Einreihung an dieser Stelle keinem Zweifel begegnen kann. 
Andererseits weichen von diesem Typus die extremen Formen 
so weit ab, und es zeigt sich eine ganz neue Variationsrich- 
tung, so dass volle Berechtigung zu generischer Selbststän- 
digkeit vorhanden ist. 

Die neue Varietätsrichtung, welche sich bei den Turri- 
liten geltend macht, besteht in der Abweichung aus einer 
Ebene und der allmäligen Bildung eines geschlossenen thurm- 
föormig spiralen Gehäuse; da Helicoceras in den verschiedenen 
Graden seiner Abweichung von Hamites nur die verschiedenen 
Etappen auf diesem Wege darstellt, so.muss diese Gattung 
eingezogen werden, wie dies auch Pıicter schon angedeutet 
hat, . Endlich stellen Zeteroceras polyplocum und Reussianum 
nur etwas abnorme Ausbildungsarten desselben Typus dar. 

Wir können jedoch nicht alle aus einer Ebene abweichen- 
den Ammoneen der Kreideformation hierher stellen; im oberen 
Neocom tritt eine sehr sonderbare und von Allem, was sonst 
bekannt ist, weit abweichende Gruppe von Formen auf, welche 
ebenfalls nicht in einer Ebene aufgerollt, aber durch unsym- 
metrische Bildung der Lateralloben ausgezeichnet sind, nam- 
lich Heteroceras Emericianum Ore., Astierianum ORrB. und bifur- 
catum OrB., welche wir als Heteroceras unten an die Gattung 
Crioceras anreihen. Dorthin wird auch Turrilites Senequierianus 
Org. zu stellen sein, welcher sich in seinem Habitus von allen 
anderen Turriliten entfernt und sich sehr demjenigen der 
Anfangswindungen von Heteroceras nähert, mit denen er auch 
nach PıcteT den unsymmetrischen Bau der Lateralloben ge- 
mein hat. Vielleicht ist 7. Senequierianus nur das Jugend- 
individuum eines im ausgewachsenen Zustande mit einem un- 
regelmässigen Schafte versehenen ZHeteroceras, wie auch schon 
PıcTET die nahe Verwandtschaft beider betont hat. 


Turrilites acutecostatus OrB. Turrilites. 
annulatus OrB. Helicoceras. 
armatus OrB. Helicoceras. 
Argonensis Buv. Aelicoceras. 


”» 


79 


79 


Turrilites 


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901 


Archiacianus Or. Turrilites. 
Astierianus Ors. Helicoceras. 
Astierianus ORB. Turrilites. 
Bechei SHARPE. Twurrilites. 
Bergeri Brong. Turrilites. 
bifrons OrB. Turrilites. 
binodosus Hav. Turrilites. 
bituberculatus OrB. Turrilites. 
Brazoensis Rom. Twurrilites. 
Carcitanensis MATH. Turrilites. 
catenatus OrB. Turrilites. 
conoideus GieB. Turrilites. 
costatus Lam. Turrilites. 
elegans ORre. Turrilites. 
Escherianus Pıct. Twurrilites. 
Essenensis GEIN. Twurrilites. 
flexuosus ScHLüT. Helicoceras. 
Gravesanus OrpB. Turrilites. 
Gressiyi Pıct. Turrilites. 
Augardianus Or. Turrilites. 
indicus SToL. Helicoceras. 
intermedius PıcrT. Twurrilites. 
Mauntelli SHARPE. Twurrilites. 
Massinissa Coguann. Turrilites. 
Mayorianus Ore. Turrilites. 
Morrisi SHARPE. Turrilites. 
Moutonianus Orp. Turrilites. 
ornatus ORB. Twurrilites. 
plicatus OrB. Turrilites. 
polyplocus Rorm. Heteroceras. 
Puzosianus Or. Turrilites. 
reflewus Quenst. Turrilites. 
Reussianus Org. Heteroceraos. 
Robertianus One. Helicoceras. 
rotundus Org. Helicoceras. 
Scheuchzerianus Or. Turrilites. 
Schloenbachi Favre. Helicoceras. 
spiniger ScHLüt. Helicoceras. 
Stachei Hau. Turrilites. 
Thurmanni Pıcr. Helicoceras. 


902 


Turrilites taeniatus Pıcr. Turrilites. 


& tridens SCHLUT. Twurrilites. 
5 iriplicatus Dixon. Turrilites. 
ir tuberculatus Bosc. Turrilites. 
„»  varians Schnur. Turrilites. 
3 Vibraeyanus Ors. Turrilites. 
5 Wiesti Suarpe. Turrilites. 


Boaculites LAMARcK. 


Die vollständig gestreckten Ammoneen der Kreide sind zu 
der Gattung Baculites zusammengefasst worden und bilden 
eine sehr gute natürliche Gruppe, welche sich durch den Bau 
des ersten Laterallobus an Lytoceras und F/amites anschliesst; 
in der That ist zwischen einem Hamites mit zwei ganz geraden 
Schenkeln und einem Baculites kein sehr bedeutender Unter- 
schied. Eine Aufzählung der Baculitenarten und eine Wieder- 
gabe der Gattungsdiagnose ist überflüssig, da eine Aenderung 
hier nicht stattfindet. 


Phylloceras Sunss. 


Gehäuse scheibenförmig, involut, mit schwacher Sculptur, 
bisweilen ÜUontractionen oder Varices tragend, Anwachsstreifen 
nach vorn gerichtet; Wohnkammer kurz, Mundrand einfach 
mit etwas vorgezogenem Lappen auf der Externseite; kein 
Aptychus; Loben zahlreich, regelmässig an Grösse abnehmend, 
Laterale ohne Abtheilung in paarige Hauptäste; Sattelblätter 
sehr gerundet; Antisiphonallobus zweispitzig. 

Die Phylloceraten zweigen sich nach v. Mossısovics vom 
Stamme der monophyllischen Lytoceraten der Trias ab; die 
geologisch ältesten Formen sind noch durch wenige Loben 
und etwas weiteren Nabel ausgezeichnet. Innerhalb der ein- 
zelnen Formenreihen macht sich eine sehr constante Varia- 
tionsrichtung in der Weise geltend, dass eine stetig fortschrei- 
tende Oomplication und Vermehrung der Sattelblätter eintritt. *) 

Die Gattung behält den Typus, den sie in der jurassischen 
Zeit angenommen hat, in der Kreide vollständig bei, so dass 


*) Vergl. Neumays, Phylloceraten des Dogger und Malm. Jahrb. 
der geolog. Reichsanst. 1871. Bd. XXI 


903 


\ ein Zweifel über die Zugehörigkeit nie entstehen kann; na- 
|  mentlich kömmt nie eine Reduction und Vereinfachung der 


Lobenlinie vor, welche eine Zugehörigkeit der „Kreideceratiten* 
an dieser Stelle wahrscheinlich machen würde, wie sie von 
einigen Autoren und auch von mir selbst angenommen wurde; 
es kann davon umsoweniger die Rede sein, als dieselben sich 
deutlich an die Amaltheen anschliessen. Bezüglich der Kreide- 
phylloceraten ist zu bemerken, dass ein grosser Theil der von 
D’ORBIGNY beschriebenen Formen auf kleine Jugendexemplare 
gegründet ist, welche den Artcharakter noch nicht ausgebildet 
erkennen lassen und daher eingezogen werden müssen. Bei 
einigen der von SToLIczKA aus Indien als Feterophylli an- 
geführten Formen bin ich über die Zugehörigkeit zu Phylloceras 
wegen der mangelhaften Lobenzeichnungen nicht sicher; im 
heissen Klima Indiens wird die Fettschicht, mit der die litho- 
graphischen Steine überzogen sind, stets etwas erweicht, so 
dass die feineren Einzelheiten oft verloren gehen, 


Formen der Trias; 


Phylü. debile Hav. Phyll. Neojurense QUENST. 
„» despectum Moss. „  occultum Moss. 
AN invalidum Moss. „ pumilum Moss. 


Formen des Jura: | 
Phyll. usonium Men. Phyü. Freddeniı Wauc. 


»... Benacense Ost. „„ haloricum Hav. 

„»  Beneckei Zim. „ Hebertinum Rexn. 
»»  . Bieicolae Men. »»  heterophylloides OPr. 
» Capitanei Car. » heterophylium Sow. 
»».  Calais Men. „„  Homairei OR. 

„» . Circe ZI. „  . Jaraense Waa. 

„»  connectens ZITT. „ insulare Waac. 

»»  . eYlindricum Sow. „ isotypum Ben. 

»» Demidoff Rouss, „» .Kochi Opr. 

„  dolosum Men. „„  Kudernatschi Hav. 
„» disputabile Zimt. „» Kunthi Neun. 

»» Doderleinianum Car. „  Lodaiense Waac. 
» Empedoclis Gen. „»  Lavizzariüi Hau. 

„ euphyllum Neun. „»  Lipoldi Hav. 


»» flabellatum Neun. „ Loscombi Sow. 


904 


Phyll. Manfredi Oper. Phyll. Spadae Men. 


„.. mediterraneum NEum. „»... stella Sow. 

»» . Nülssoni H&e. » . Stoppanü Men. 

»»  Partschi STUR. „»...Sturi REyn. . 

» . plicatum Neun. „» tatricum Pusca.: 
„» polyolcum Ben. » . . tortisulcatum ORB. 
».  ptychoicum QUENST. ». . trifoliatum Neun. 
» ptychostoma Ben. „». ultramontanum ZITT. 
„» saxzonicum NEUM. „» verticosum um. 
„.  selinoides Car. „».  viator ORB. 

„ seroplicatum Hau. „» vicarium W Aa. 
„».  serum OP. „».. Zetes OR». 

„.. silesiacum OPP. » Zignoanum ORB. 


„ subobtusum Hav. 


Formen der Kreide: 


Phyll. Calypso OR». Phyll. Rouyanum OR». 
» diphyllum OR». „  semistriatum ORB. 
„».  Guettardi ORB. „ semisulcatum ORB. 
»» .  Morelianum ORe. „„  subalpinum OR». 
»»... Moussoni OosT. „»  Velledae Or». 
„„.  picturatum ORB. »» . Velledaeforme SchLuT. 


IV. Aegoceratidae. 


Die Formen, welche von _4egoceras abgeleitet werden 
können, zeigen eine solche Mannigfaltigkeit, dass es nicht 
möglich ist, auch nur ein positives Merkmal anzuführen, mit 
Ausnahme der festen Nidamentaldrusendecke, die zwar nur bei 
einer beschränkten Anzahl von Arten, aber bei Formen aus 
den meisten Gruppen beobachtet ist. Auch haben alle For- 
men, die wir kennen, rings gezackte Loben, wodurch aller- 
dings das Vorhandensein einer Stammform mit einfachen Suturen 
nicht ausgeschlossen ist. 

Die geologisch ältesten Formen sind diejenigen des Muschel- 
kalks, deren Verwandtschaft mit denjenigen des Lias BEYRICH 
zuerst erkannt hat; fast in der ganzen oberen Trias fehlen sie 
in den bisher. bekannten Gegenden und treten erst in den 
obersten Lagen derselben mit _4egoceras planorboides wieder 


905 


‘auf; mit Beginn des Jura erreichen sie dann eine ungeheure 
' Entwickelung, deren Details hier besprochen werden sollen. 

Bei dem grossen Umfange der Familie ist es vielleicht 
zweckmässig, sie in der folgenden Weise in Unterabtheilungen 
zu bringen: 

l. Aegoceratinen. Jegoceras, Arietites. 

2. Harpoceratinen. Harpoceras, Oppelia, Haploceras. 

ö. Stephanoceratinen. Stephanoceras, Cosmoceras, Ancylo- 
ceras, Baculina, Simoceras, Perisphinctes, Olcostephanus, Scaphites, 
Hoplites, Acanthoceras, Stoliczkaia, .Crioceras, Heterocerus, Pel- 
toceras, Aspidoceras. 


4degoceras WAAGEN. 


Schale meist comprimirt, aus zahlreichen, wenig umfassen- 
den Windungen bestehend; glatt oder mit radialen, bisweilen 
geknoteten oder nach aussen gespaltenen Rippen versehen; nie 
mit eigentlichen Sichelrippen; ungekielt, Wohnkammer meist 
einen Umgang lang, bei den geologisch jüngeren Formen etwas 
kurzer. Mündung einfach ohne Seitenanhänge, mit sehr 
schwachen Externlappen und einer Einschnürung; eintheiliger 
horniger Anaptychus. Lobenlinie stark zerschnitten, oberer 
Lateral langer als der Siphonal, unterer Lateral nicht immer 
vorhanden; meist mit herabhängendem Siphonallobus. Loben- 
körper schmal, nicht keilförmig; Antisiphonallobus zweispitzig. 

Es lassen sich mehrere Formenreihen, über deren Beziehun- 
gen noch nähere Untersuchungen zu machen sind, abgrenzen; 
eine erste ist diejenige des eg. incultum Bryr., an welche sich 
Aeg. Palmai Moss., Buonarottii Moss., planorbis Sow., Johnstoni 
Sow., planorboidess Sow. u. s. w. anschliessen; einer zwei- 
ten Reihe gehören an Aeg. subangulare Opp., angulatum SCHL., 
Charmassei ORB., marmoreum Orr. und Verwandte; eine dritte 
Reihe bilden die typischen Oapricorner und Armaten, aus 
welchen sich Siephanoceras mit Aegoceras oder Stephanoceras 
pettos und Davoei entwickelt; eine vierte, auf die vorige zurück- 
gehende Reihe stellen die Faleoiden dar, welche auf der Grenze 
gegen Harpoceras stehen. _Aeg. Taylori, Henleyi, alierum Orr. 
sind etwas aberrante Formen, die durch ihre inneren Win- 
dungen zu Aegoceras verwiesen werden. 

Die eigentlichen Aegoceras sterben im mittleren Lias aus. 
Zeits. d.D. geol.&es. XX VII. 4. 59 


E 


906 
Formen der Kreide: 
Aeg. Buonarottüi Moss. Aeg. Palmai Moss. 
„»  incultum Moss. „» planorboides GümB.. 


Formen des Lias: 


. Aeduense Dum. Aeg. latecosta Sow. 


„. alterum OPP. 

„ angulatum SCHL. 

„ arietiforme OPp. 

„  armentale Dum. 

„ biferum QUENST. 

„„  binotatum OPP. 

ES Birchi Sow. 

„„ Boucoltianum OR». 
„,  brevispina SOw. 

„ capricornum SCHL. 
„„  Carusense ORB. 

„  catenatum BEcH. 

„» Charmassei OR». 

„ Davoei Sow. 

„„  densinodum QUENST. 
„  Driani Dum. 

„».  Dudressieri ORB. 

„„ Frischmanni Opp. 

»„  Grumbrechti SCHLOENB. 
» Hagenowi Dunk. 

„ Heberti Op. 

„»  Zenleyi Sow. 

„, hircicornum SCHLOENB. 
„ hybridum OR». 

„»  Jamesoni Sow. 

„ Johnstoni Sow. 

„ laqueus QuENST. 


99 


Ei) 


99 


79 


29 


99 


2 


99 


laqueolus SCHLOENRB. 
Locardi Dun. 
longipontinum Op. 
luciferum Dun. 


: marmoreum OP. 


Marogense Dun. 
Maugenesti Sow. 
Moreanum ORB. 
muticum ORB. 
planicosta SOoW. 
planorbis Sow. 
pettos QUENST. 
plumarium Drum. 
quadrarmatum Dun. 
Reynardi OR». 
subarmatum YOUunG. 
submuticum OPP. 
subplanicosta OPP. 
tamariscinum SCHLOENB. 
Taylori Sow. 
trimodus Dun. 
tortile ORB. 
Venarense OPP. 
venustum Dun. 
Ziphus ZiET. 
Zitteli Opp. 


Arietites WAAGEN. 


Gehäuse flach scheibenförmig, mit weitem Nabel; auf den 
Flanken einfache gerade, an der Externkante oft eckig oder 
im Bogen nach vorwärts gerichtete, manchmal gedornte Rippen. 
Externseite gekielt, oft mit zwei Furchen zu den Seiten des 
Kiels. Mundränder an den Flanken einfach, gerade, an der 


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907 


Exteruseite in einen ziemlich langen, spitzen Lappen ausge- 
zogen, der nie nach einwärts gebogen ist; Wohnkammer 1 bis 
1'/, Umgang betragend. 

Siphonallobus fast ebenso tief als breit; der Anheftungs- 
punkt am Sipho ist genau in der Mitte seiner Tiefe; der obere 
Lateral erreicht nicht die Hälfte seiner Tiefe und ist min- 
destens ebenso breit als tief; der Lateralsattel erhebt sich weit 
über alle anderen und steht über dem Grunde des oberen 
Laterals gewöhnlich doppelt höher als der Aussensattel; der 
untere Laterallobus ist viel breiter als tief und der Anti- 
siphonalsattel so klein, dass er nicht die Hälfte der Höhe und 
Breite des Lateralsattels erreicht. Antisiphonallobus zwei- 
spitzig. Horniger, eintheiliger Anaptychus. 

WAAGEN giebt an, dass die Trennung von Arietites und 
Aegoceras schwierig wird, und HyArr macht darauf aufmerk- 
sam, dass ein genetischer Zusammenhang zwischen beiden 
existirt. Die ersten Vertreter treten im untersten Lias auf 
und nach der gegenwärtigen Fassung der Gattung würde sie 
auch im unteren Lias aussterben , doch scheinen manche For- 
men, die gegenwärtig zu Harpoceras gerechnet werden, in der 
That zu _/rietites zu gehören, z. B. Harp. Algovianum. 


Ar. Arnouldi Dun. Ar. latesulcatus Hau. 
„. aureus Dun. „ Zilk Hau. 

„  bisulcatus BRNG. „  Landrioti Dun. 

„» Bodleyi Bucknm. «+ „„  Nodotianus ORB. 
„  Bonardi ORe. „  obtusus Sow. 

„»  Bucklandi Sow. „ Oosteri Dun. 

„  candidatus MAYER. „  ophioides ORB. 

„»  caprotinus ORB, „ resurgens Dun. 

„ ceras GIEB. „  raricostatus ZIET. 
„  eoronaries (UENST. „ rotiformis Sow. 

„  Deffneri Op. „  Sinemuriensis ORB. 
„ Edmundi Dum. „ Sauzeanus ORB. 

„  Falsani Dun. „  Scipionianus ORB, 
„»  geometricus OPP. „  spinaries (QUENST. 
„  Gmündensis OPP. „  sSpiratissimus (QUENST. 
„ hungaricus Hau. „  stellaris Sow. 

» Jejunus Dun. „„ tardecrescens Hav. 
„» Kridion Heaı. »  Tirolensis Hav. 

» Liasicus ORB. „ viticola Dum. 


99* 


908 


Harpoceras WAAGEN. 
® 


Aussere Form des Gehäuses veränderlich, Externseite 
stets gekielt oder gekantet; Sculptur aus mehr oder weniger 
deutlichen Sichelrippen bestehend. Mundrand sichelförmig oder 
mit Obren, mit spitzem Externlappen; Wohnkammer /, bis 
?/), Windungen betragend, bis an den Mundraum gekielt. 
Aptychus zweitheilig, dünn, kalkig, mit einer dicken Conchy- 
lioinschicht, mehr oder weniger gefaltet. 

Loben meist nicht stark zerschnitten, stets zwei Lateral- 
loben und fast immer Auxiliaren. Siphonallobus mit zwei 
divergirenden Aesten endigend, meist kürzer als der erste 
Lateral; Laterale nicht in symmetrische Hälften zerfallend. 

Eine scharfe Grenze gegen die Gattung Aegoceras ist 


nicht vorhanden, indem die Formen aus der Gruppe des Aeg. 
arietiforme Opp. eben so gut in das eine wie in das andere 


Genus passen; das letzte Harpoceras, das wir kennen ist Harp. 
Zio aus dem oberen Kimmeridgien. Die gegenwärtige Fas- 
sung von Harpoceras bedarf noch einer Revision, indem wohl 
noch einige der geologisch jüngeren Arietites mit Unrecht 
hierher gezogen werden. Ein anderer Punkt, welcher noch 
weiterer Untersuchungen bedarf, ist das Verhältniss mancher 
Formen zu der Gruppe des .degoceras angulatum SCHLOTE. 


Harp. AJalense ZiET. Harp. comptum Rein. 


>) 


Actaeon ORB. 
adicrum Wauc. 
Aegion ORe. 
affine SEEB. 
Allobrogense Dun. 
Arolicum Opr. 
Bayani Dun. 
Beyrichi SCHLOENB. 
bifrons Brüc. 
boreale SEEB. 
Boscense REYN. 
‚Brighti PRATT. 
Caecilia Dun. 


canaliculatum Buca. 


canaliferum OpP. 
Comense Buch. 


concavum SOW. 
costula Rein. 
crassefalcatum W aAc. 
cycloides ORB. 
Delmontanum Opr. 
deltafalcatum QUENST. 
discites WAAc. 
discoides ZIET. 
Dynastes Waac. 
elegans Sow. 
Edouardianum ORB. 
Erbaense Hav. 

Eseri Op. 

Eucharis ORB. 
exaratum YOUNG. 
Jelciferum Sow. 


x 


Harp. fluitans Dun. 
Jurticarinatum QUENST. “ 


” 


.Gingense Waac. 
Gümbeli Oper. 
hecticum Rein. 
hispidum OpP. 
Henrici ORre. 
ignobile WAAG. 
insigne Buch. 
jugiferum W aAac. 
jugosum SoWw. 
Kobelli Ope. 
Krakoviense NEUM. 
Kurrianum Oper. 
Laurense WAAG. 
Laubei Nzum. 
Lewisoni SIMPS. 
Lorteti Dun. 
lunula ZIET. 
Iythense Dun. 
lympharum Dun. 
mactra Dun. 
malagma Dun. 
metallorum Dun. 
Masseanum ORB. 
Marantianum ORB. 
Mercati Hav. 
meniscus WAAG. 
mesacanthum W AAG. 
Murchisonae Sow. 
navis Dun. 


909 


Harp. Normannianum OR. 


279 


Ogeriemi Dun. 
opalinum Reın. 
opalinoides MAYER. 
ovatum YOUNG. 
parallelum Rein. 
patella Waac. 
polyacanthum WAAG. 
punctatum STAHL. 
radians Rein. 
radiosum SEEB. 


 Rauracum MAYER. 


rheumaticans DUvM. 
Romani OPpP. 
Saemanni OPP. 
serpentinum Rein. 
semifolcatum OPP. 
Sieboldi OPe. 
Sowerbyi MILL. 
striatulum Sow. 
stenorhynchum Oper. 
subcelausum OPP. 
subinsigne OPP. 
Tessonianum ORB. 
Thouarsense ORB. 
trilineatum W AAG. 
trimarginatum OPP. 
undulatum STAHL. 
variabile ORB. 
Wechsleri Opp. 

Zio Op. 


Oppelia WauGen. 


Gehäuse meist ziemlich eng genabelt, Externseite ent- 
weder nur auf der Wohnkammer oder auf allen Windungen 
gerundet. Sculptur sichelförmig, Wohnkammer manchmal ge- 
knickt, nie gekielt oder gekantet, !/, bis ?/, Umgang betra- 
gend; Mundrand sichelformig oder mit Ohren, stets mit ge- 
rundetem Externlappen. Sipho dick mit kalkiger Scheide; 
Aptychns zweitheilig, kalkig, dick, gefaltet (Apt. lamellosus); 


910 


Haftmuskeln nahe am Rande der Schale, in der unteren Hälfte 
der Windung. Loben ziemlich verzweigt, Siphonal meist kürzer 
als der erste Lateral; Lobenkörper schmal mit fast parallelen 
Rändern; Lateralloben nicht in zwei symmetrische Hauptäste 
abgetheilt. | 

Oppelia zweigt sich im Unteroolith mit Opp. subradiata 
von Harpoceras ab; die letzten Vertreter treten, soweit unsere 
Kenntnisse reichen, im oberen Jura von Stramberg auf, wo 
noch eine beträchtliche Anzahl Formen sich 
findet. Die wichtigsten Formenreihen sind folgende: 


1. Formenreihe der Opp. subradiata Sow., Opp. aspidoides 
Opp., fusca QuEnst., subcostaria OpPp., Waageni Zimt. u. S. W. 

2. Formenreihe der Opp. genicularis WaAg. (Oecotraustes 
Waac.), Opp. conjungens, sufusca u. Ss. W. | 

3. Formenreihe der Opp. subtililobata Waag., Opp. tenui- 
lobata Opp., Frotho Opp., Weinlandi Opp., zonaria OPP. u. S. w. 

4. Formenreihe der Opp. flectriv Waac.; die Flexuosen. 

5. Formenreihe der Opp. dentata Reıin., Renggeri Opp., 
audax Oper. 

6. Formenreihe der Opp. semiformis Opp., Darwini NNum., 
Fallauxi Oper. 


verschiedener 


Opp. Anar Op. Opp. fornix Sow. 


29 


aspidoides Ore. 
audax OPP. 
Baidaensis GEM. 
bifleruosa ORB. 
callicera Op. 
collegialis OPpP. 
compsa OPP. 


crenocarina NEUM. 


Darwini Neun. 
dentata Rein. 
denticulata ZIET. 
euglypta Oper. 
Erycina Gem. 
Fallauxi OpP. 
flecirix W aac. 
flexuosa Buch. 
Folgariaca Opr. 


Frotho Opp. 
Jusca QUENST. 
Gessneri OPP. 
glabella Le£k. 
Hueberleini Op. 
Hauffiana Opr. 
hirsuta OPP. 
Holbeini Opr. 
Kapffi Ope. 
Karreri Oper. 
latelobata W aa. 
lingulata SCHL. 
lithographica OPpp. 
lithocera OPp. 
Lochensis OPP. 
macrotela OpP. 
Mamertensis W aaa. 


„ mundula Opr. 


Neumayri Gem. 
nimbata Opp. 
nobilis NEUM. 


Nurchuaensis W aac. 


oculata PıLı. 
orientulis ORB. 
pherolopha Gem. 
Pichleri Opp. 
plana Waae. 
platyconcha Gen. 
plicodiscus W aac. 
praecox Ben. 
psilosoma OPP. 
pugilis Neun. 
Renggeri Opr. 


. semiformis OpPp. 


Spizi OPP. 
steraspis OPP. 
subcostaria OPr. 
subdiscus ORB. 
subradiata Sow. . 
snbtililobata W aac. 
subcallicera GEM. 
succedens OPr. 
suevica OPP. 
tenuilobata OPe. 
tenuiserrata OP. 
Thoro Opr. 
trieristata OPP. 
trachynota Orr. 
Waageni ZITT. 


„ Schwaygeri Nun. »  Weinlandi Op. 


„ serrigera WaAac. 


Haploceras ZITTEL. 


Die Gattung Haploceras wurde von ZITTEL für eine Gruppe 
mit Oppelia verwandter Formen aus dem mittleren und oberen 
Jura aufgestellt, welche meist durch ganz fehlende oder sehr 
schwache Sculptur charakterisirt sind; auch einige Kreidefor- 
men, wie Hapl. Grusanum wurden hierher gestellt; an diese 
schliessen sich dann Formen mit mehr meisselformigem Quer- 
schnitt an, wie Hapl. Belus, endlich Arten mit ganz schnei- 
dender Externseite, wie Hapl. Nisus ORB. 

Bei anderen jurassischen Haploceras-Arten entwickelt sich 
allmälig eine zunächst auf die Externseite der Wohnkammer 
beschränkte Quersculptur (Hapl. jungens Neunm., carachtheis 
ZEUSCHNER), aus welchen sich dann durch das in der Regel 
bei den Ammoniten vorkommende Zurückgreifen der Wohn- 
kammermerkmale geologisch älterer, Formen auf die inneren 
Windungen ihrer Nachkommen ceretacische Arten wie Hapl. 
cassida QuEnsT. entstehen, an die sich dann Hapl ligatum OR». 
mit seinen zahlreichen Verwandten anschliesst, bei denen ganz 
gerade Rippen ungespalten über die Windungen verlaufen, in 
der Regel in der Weise, dass zwischen je zwei stärkeren 
Rippen eine grössere Anzahl von feineren zu stehen kommt. 


912 


Bei einzelnen oberjurassischen Formen, die sich an Hapl. 
carachtheis anschliessen, geht allmälig die Sculptur von der 
Externseite in schwachen geschwungenen Rippen auf die Flan- 
ken über, wie dies bei Hapl. eristiferum Zıtt. angedeutet, bei 
Hapl. Wöhleri Opp. besser entwickelt ist, und diese Bildung 
wiederholt sich dann an Hapl. difficile OrB., Cleon Ore., bicur- 
vatum Lexm. aus der Kreide in verstärktem Laassstabe. 

Endlich treten verbreitet in der Kreide Haploceras-Arten 
mit nach vorn geschwungenen Einschnürungen auf (Hapl. Beu- 
danti, Parrandieri), eine Eigenthumlichkeit, die mir bei keiner 
jurassischen Form bekannt ist; hier leiten jedoch, abgesehen 
von der Uebereinstimmung in der Lobenzeichnung die inneren 
Windungen mit voller Sicherheit, indem dieselben ein typisches 
Haploceras mit ganz glatten Umgängen darstellt. Mit diesen 
Furchen combinirt sich dann allmälig eine sichelförmig ge- 
schwungene Radialsculptur und es resultirt eine Formengruppe, 
deren Hauptypus Hapl. planulatum Sow. ist. 

Trotz dieser grossen Mannigfaltigkeit ist es sehr leicht, 
jeden Repräsentanten von Haploceras aus Schichten, die tiefer 
sind als Turon sofort am ganzen Habitus und an den Loben 
zu erkennen, nichts ist schwerer als den Charakter in Wor- 
ten auszudrücken; Länge der Wohnkammer und Aptychus*) 
sind mir von keinem cretacischen Zaploceras bekannt, der 
Mundrand nur von Hapl. Grasanum, das ohnehin den jurassi- 
schen Typen näher steht als den meisten cretacischen; Sculptur 
und Querschnitt sind überaus verschieden; das einzige was 
ziemlich $leich bleibt, ist der Verlauf der Lobenlinie, Da diese 
hier von ausserordentlicher Wichtigkeit ist, so muss sie etwas 
ausführlicher besprochen werden. Vor allem ist wichtig, dass 
die Variation auf stete Complieirung gerichtet ist; abgesehen 
von Phylloceras und Lytoceras, deren Loben auf den ersten 
Blick zu unterscheiden sind, ist Zaploceras dadurch von den 
meisten anderen involuten Ammoneen der Kreide verschieden, 
indem dieselben fasst alle (Hoplites, Acanthoceras, Amaliheus, 
Schloenbachia) vom Gault an ihre Loben, zwar nicht an Zahl, 
aber an Reichthum der Gliederung reduciren, ein Verhältniss, 
das für die Beurtheilung der jüngeren Kreideammoneen von 


*) Wahrscheinlich gehören die Aptychen vom Typus des Apt. Di- 
dayi hierher. 


913 


höchster Wichtigkeit ist. Die Zahl der Loben bei Zaploceras 
wechselt, indem ausser dem Siphonallobus und den beiden 
Lateralen 2— 4 Auxiliaren vorhanden sind; die Lateralloben 
sind nie symmetrisch getheilt (Unterschied von Lytoceras) und 
zeigen nie die charakteristische Rundung der Sattelblätter von 
Phylloceras; bei den Formen des Neocom sind die Loben noch 
nicht sehr complieirt, später aber sehr verästelt mit schmalen 
Stämmen; die Stämme der Loben meist breiter als diejenigen 
der Sättel; der erste Lateral nicht auffallend grösser als der 
zweite. 

Vergleichen wir die Loben anderer Formen, so können 
Schloenbachia, Amaltheus, Phylloceras, Lytoceras und Acantho- 


ceras gar nicht in Betracht kommen; eine Schwierigkeit kann 


nur bei F/oplites entstehen, unter denen einige Formen im 
Lobenbau ähnlich werden. Allein auch hier wird die Breite 
der Loben- und Sattelkörper, von welchen die letzteren in der 
Regel breiter sind als die ersteren, die starke Entwickelung 
des Externsattels, die auffallende Verschiedenheit in der Grösse 
zwischen den beiden Lateralloben, endlich die breitere, besser 
gerundete Form der Sattelblätter bei Hoplites selten einen 
Zweifel übrig lassen. 

Den allgemeinen Habitus, welcher die meisten Haploceraten 
so leicht erkennen lässt, in Worte zu fassen, ist kaum mög- 
lich, doch will ich versuchen, auch in dieser Beziehung einige 
Anhaltspunkte zu geben. Ein grosser Theil der Formen ist 
durch Sichelfurchen charakterisirt, welche ausserdem nur bei 
den durch ihre Lobenzeichnung grundverschiedenen Gattungen 
Lytoceras und Phylloceras vorkommen; dünne Rippen, welche 
ganz ungespalten und gerade verlaufen, sind ebenfalls auf diese 
Gattungen beschränkt. Regelmässige und deutliche Spaltung 
der Rippen findet sich bei Aaploceras nie. Schmale, unge- 


. spaltene, weit von einander entfernte, die Zahl 10 auf einem 


Umgange nicht viel übersteigende Rippen kommen nur bei 
Haploceras und dem nach den Loben leicht zu unterscheidenden 
Lytoceras vor, ebenso der Wechsel starker Rippen mit zahl- 
reichen feineren, welche sich dazwischen stellen; ein aufge- 
setzter Kiel oder eine breite Furche auf der Externseite sind 
nicht vorhanden. 

Eine derartige Art und Weise, eine Gattung zu definiren, 
mag sehr unpräcis und unwissenschaftlich scheinen; allein in 


914 


keinem Theile der Conchyliologie wird dies anders möglich 
sein, wenn an den vorliegenden Exemplaren die meisten wich- 
tigsten Theile fehlen; trotz dieser Mängel der Diagnose sind 
aber gerade die /J/aploceras-Arten von den mit ihnen lebenden 
Formen sehr leicht zu unterscheiden. 

Die bisher genannten Charaktere beschränken sich auf 
die geologisch älteren Formen; eine ganz eigenthümliche Ent- 
wickelung nimmt Zaploceras in den oberen Etagen der Kreide, 
im Turon und Senon an, wo sie sich zu den gewaltigen 
Riesenformen aus der Gruppe des AHapl. peramplum ausbildet; 
so wenig diese auf den ersten Blick hierher zu gehören schei- 
nen, so lässt doch die Uebereinstimmung der Loben und die 
Form der inneren Windungen (vergl. z. B. Friö und ScHLön- 
BACH, Cephalopoden der böhmischen Kreideformation t. 8. f. 4.) 
keinen Zweifel in dieser Beziehung übrig; von allen ober- 
cretacischen Formen sind dieselben leicht durch die Loben zu 
unterscheiden. Leider habe ich gerade von diesen obercreta- 
cischen Formen verhältnissmässig nur sehr wenige untersuchen 
können, und ein eingehendes Studium in Beziahung auf die 
Art und Weise ihrer Abzweigung von den älteren Haploceras 
wäre sehr wünschenswerth. 


Formen des Jura: 


Hapl. asemum Opr. Hupl. leiosoma Opr. 
„ auritulum OPP. „» modestiforme OPP. 
„» Balanense NEum. „  oolithicum ORB. 
„ carachtheis ZEUSCH. » psilodiscus SCHLÖNB. 
„ eristiferum ZI. » propinguum Waac. 
„» deplanatum W aAc. „ rasile OPP. 
» elimatum Op. „»  Stazyczü ZEUSCH. 
„» Erato OR». „  tenuifalcatum Neun. 
„» . Jerrifex ZITT. „  .  tithonium OP. 
„ faleula QuENST. „ verruciferum Men. 
» Jungens NEUM. „» .  Wöhleri Opp. 


Formen der Kreide: 


Hapl. alienum SToL. Hapl. Beudanti BRONGN. 
„  aurito-costatum SCHLÜT. „» Bladenense ScHLUT, 
„» Austeni SHARPE. „  .cassida Rasp. 


„» Belus OR». „ .catinus MAanT. 


915 

Hapl. Celestini Pıcr. Hapl. Melchioris TieTze. 
„ eesticulatum Leym. » Neubergieum Hav. 
„ Charrierianum ORß®. „» octosulcatum SHARPE. 
„ elypeale SCHLÜT. ».  Oldhami SHARPE. 
„ costulosum SCLHT. 3»... Otacoodense STOL. 
„ diffieile ORB. »» . Parrandieri ORB. 
»» Dupinianum OR®. „»  patagiosum SHARPE. 
»». Durga STOL. » peramplum Man. 
„  Emrici Rısr. » planulatum Sow. 
„» Galizianum FAvRe. » Porte ferreae Tıerze. 
„» Gardeni BaıLy. »» Portlocki SHARPE. 
„» Gollevillense ORß. » Prosperianum ORrß. 
»  . Grasanum ORB. » . F'seudogardeni ScHLür. 
» Griffithi SHARPE. »  raresulcatum LExYm. 
„» Hernense SCHLÜT. „ . Stobaei NıLs. 
»» Icenicum SHARPE. „ . subplanulatum SCHLUT. 
» impressum OR». „» .Sugata. FORBES. 
„.  inornatum ORB. »» : Tannenbergieum Fit. 
» latidorsatum MichH. »»  Trajani TiETZE. 
„» leptonema SHARPE. »»  Toachthaliae TiETze. 
» leptophyllum SHARPE. » Tweenianum STOL. 
„» Lewesense Man. ER Wiesti SHARPE. 
„»  ligatum ORe. An Wittekindi SCHLÜT. 


Stephanoceras WAAGEN. 


Allgemeine Form des Gehäuses sehr variabel, Externseite 
gerundet ohne Kiel, Kante oder Furche. Sculptur nie sichel- 
förmig, aus geraden, sich theilenden,, haufig mit Knoten ver- 
sehenen Rippen verziert. Mundrand einfach oder mit Ohren, 
meist von einer breiten glatten Zone gebildet; Mündung häufig 
verengt (Protophites EprAy.). Wohnkammer lang, 1 bis 1'/, 
Umgang, betragend. Aptychus zweitheilig, kalkig, sehr dünn, 
auf der Aussenseite mit Körnern besetzt. Loben meist stark 
zerschnitten, Siphonal- und oberer Laterallobus meist gleich 
lang; stark herabhängender Nathlobus; Lobenkörper schmal. 
| Stephanoceras zweigt sich im mittleren Lias mit Steph. 
pettos von Aegoceras ab ; nach der Gruppeneintheilung umfasst 
es die Lias- Planulaten, Coronaten und Bullaten nach Aus- 
schluss einiger heterogener Elemente; die letzten Vertreter 
stammen aus dem Oxfordien (Steph. Collini Opr., glomus OPP.). 


916 


Für die Formen mit contrahirter Mündung nnd ausge- 
schurter, bisweilen geknickter Wohnkammer existirt der Name 
Protophites EgRAY, doch scheint mir eine Abtrennung derselben 
noch nicht genügend begründet. 


Nur jurassische Formen: 


Steph. anguinum Rein. Steph. fibulatum Sow. 
„.. annulatum Sow. ».  @ervillei Sow. 
»» Bayleanum Opr. „» glomus OPP. 
» Blagdeni Sow. » globuliforme Gem. 
„„ Bombur Opr. „» Hlollandrei OR». 
„ Braickenridgü Sow. »» Hlumphriesianum Sow. 
„» Brocchü Sow. » linguiferum OR». 
„„ Brongniarti Sow. »  meniscus W AAG. 
„» Braunianum OR. „»  microstoma ORB. 
„ bullatum ORe. „» modiolare Luvip. 
»  Chapuisi Opp. » mucronatum ORB. 
„» Collini Opp. » polymerum Waac. 
„ coronatum BRONGN. »».  polyschides WaAac. 
„  commune. Sow. „». . rectelobatum Hau. 
„ erassum PHILL. „» refractum Reın. 
„» Cristoli BEAuD. „» Sauzei ORB. 
„» Deslongchampsi ORB. „».  subcoronatum OPpp. 
„ Desplacei OR». „» ‚subcontractum MoRR. 
„ diadematum W aac. »»  Vindobonense GRIESB. 
„»  . dicosmum GEM. ah Ymir !Opr; 


„ evolvescens W aaa. 


Cosmoceras WAAGEN. 


Siphonalseite meist mit einer glatten Furche, Seulptur 
aus meist gespaltenen, an der Siphonalseite nach vorn ge- 
wendeten, häufig mit Knoten gezierten Rippen versehen; Mund- 
rand in der Jugend oft mit Ohren, die sich im Alter ver- 
lieren, Wobnkammer !/, Umgang betragend.. Loben ziemlich 
zerschnitten, Siphonallobus bedeutend kurzer als der erste La- 
teral; zweiter Lateral die Form des ersten wiederholend; ein 
oder mehrere Auxiliaren. Aptychus wahrscheinlich wie bei 
Stephanoceras. 

Bei dieser Gattung weiche ich bedeutend von der Fassung 
ab, welche Waagen ihr ursprünglich gegeben hat, indem ich 


917 


einerseits alle Formen der Kreide mit Ausnahme von Cosm. 
verrucosum ausschliesse, andererseits die Parkinsonier hierher 
stelle; für die erstere Aenderung findet sich die eingehende 
Motivirung oben bei Hoplites; die letztere scheint mir dadurch 
geboten, dass die ganze Gattung in der jetzigen Fassung eine 
geschlossene Formenreihe bildet, welche in dem Auftreten der 
Siphonalfurche und in der Ausbildung der Sculptur eine von 


- Stephanoceras abweichende Variationsrichtung einschlägt, die 


bei den Parkinsoniern schon vollständig gegeben erscheint. 
Für den genetischen Zusammenhang mit den Parkinsoniern 
sind vor Allem die inneren Windungen der Runcinaten ent- 
scheidend, die bekanntlich ganz den Parkinsonier - Charakter 
an sich tragen. 


Formen des Jura: 


Cosm. adversum OPe. Cosm. Keppleri Orr. 

u. bifurcatum ZiET. » Koenigi Sow. 
„»  Catulloi Oper. » Nepalense GRAY. 
»»  Calloviense ORB. »» Neuffense Opr. 
», contrarium ORB. »»  Niortense OR». 
„».  dimerum Waac. „  nitidulum NEum. 
»» Duncani Sow. » opis Sow. 
„» eucyclum W aac. „» ormatum SCHLOTH. 
» Jerrugineum Op. „„. Parkinsoni Sow. 
„» Jissum Sow. »...Pollux Rein. 
» Fuchsi Neum. » praecursor MAYER. 
„ Gallilaei Oper. „» subfurcatum ZIET. 
„» Garantianum ORB. „» subtrapezinum W AAG. 
„.. Gowerianum Sow. »»  Torricelliü Oper. 
„» Jason Reın. »»  Württembergicum OPr. 


„» Julü OR. 
Formen der Kreide: 
Cosm. verrucosum ORB. 


Ich füge provisorisch hier die kleine Gruppe der Macro- 
cephalen an, deren Verwandtschaftsverhältnisse noch einge- 
henderer Untersuchungen bedürfen; einerseits spricht für die 
Zugehörigkeit zu Cosmoceras die ausserordentliche Aehnlichkeit 
mit den letzten Windungen von Cosm. Gallilaei, während 
andererseits die inneren Windungen der Macrocephalen keine 
Spur von Siphonalfurche zeigen und auch in Form und Be- 


918 


rippung viel Analogie mit aufgeblasenen, engnabeligen Stepha- 


noceras-Arten existirt. Die Macrocephalen sind Fremdlinge in 
der europäischen Jurafauna, welche nur für kurze Zeit in un- 
serem Erdtheile erscheinen; wenn wir sie in ihrem Stamm- 
bezirke näher kennen gelernt haben werden, wird erst eine 
sichere Entscheidung möglich und wahrscheinlich die Auf- 
stellung einer eigenen Gattung nothwendig sein. Vorläufig 
führe ich sie als Cosmoceras an. 


Cosm. arenosum W AAG. Cosm. lamellosum Sow. 
„.  elephantinum Sow. »» macrocephalum SCHL. 
„  . Chareeense W Aac. „.  .Morrisi Opp. 
„ Grantanum Opr. » Polyphemus WAac. 
„  Herveyi Sow. „» tumidum Rein. 


Ancyloceras ÜRBIGNY. 


Im mittleren Jura tritt eine Anzahl von evoluten Formen 
auf, welche sich so vollständig in Sculptur und Lobenbau an 
die gleichzeitig vorkommenden Cosmoceras anschliessen, dass 
wir sie nach dem Vorgange von QuEnsTEDT als evolut ge- 
wordene Formen dieser Gattung betrachten müssen. Strenge 
genommen konnte man einen neuen Namen für dieselben 
geben, um dies jedoch zu vermeiden, scheint es zweckmässig, 


den bei den Kreideammonitiden vacant gewordenen Namen 


Ancyloceras hierher zu übertragen, da diese Formen schon bis- 
her zu dieser Gattung gestellt wurden. Sehr auffallend sind 
die ganz glatten Anfangswindnngen, ein Merkmal, das auch 
bei Cosm. verrucosum auftritt. 


Ancyl. annulatum OR». 
„ baculatum QUENST. 
„„. . Calloviense MoRR. 


Baculina ÖRBIGNY. 


In den schwäbischen Ornatenthonen tritt eine ganz glatte 
und gerade gestreckte Ammonitenform auf, welche auf den 


ersten Anblick ganz räthselhaft und unerklärlich erscheint. 


Vergleicht man aber die glatten Anfangswindungen der mittel- 
jurassischen Ancyloceras, so findet man, dass dieselben, abge- 
sehen von der Krümmung, ganz mit der Baculina acuaria 


919 


übereinstimmen, so dass wir diese ganz sculpturlosen Stäbe, 


so befremdend es’ klingen mag, als gestreckte Ornaten be- 


trachten mussen; auf diese Uebereinstimmung mit den Anfangs- 


 windungen von Ancyloceras hat schon QUENSTEDT aufmerksam 


gemacht. Von Baculites unterscheidet sich Baculina durch 
einspitzige Lateralloben. Um einen neuen Namen zu ver- 
meiden, kann man Baculina hier verwerthen. 


Einzige Art: Baculina acuaria QuEnST. 


Perisphinctes WauAGEn. 


Gehäuse meist weitnablig, mit gerundeter Externseite, 
Sculptur meist aus geraden, gespaltenen, nicht geknoteten 
Rippen bestehend; Mundrand einfach oder mit Ohren, mit 
einer Einschnurung; auch auf den inneren Windungen verein- 
zelte Einschnurungen. Länge der Wohnkammer °/, bis 1 Um- 
gang, meist knapp einen Umgang einnehmend. Lobenlinie 
ähnlich wie bei Stephanoceras, meist etwas stärker zerschnitten, 
mit herabbängendem Nathlobus. Aptychus zweitheilig, kalkig, 
sehr dünn, aussen gekörnt. | 

Die Gattung Perisphinctes umfasst die alte Gruppe der 
Planulaten, mit Ausschluss der liasischen Formen , welche zu 
Stephanoceras gehören; die geologisch älteste Art von typischen 
Perisphinctes ist Per. Martinsi aus dem oberen Unteroolith; die 
Gattung zweigt höchstwahrscheinlich von sStephanoceras ab, 


_ doch ist die Verbindung zwischen beiden noch nicht ganz 


hergestell. Das Maximum der Entwickelung fällt in den 
oberen Jura, in der Kreide sind nur noch sehr wenige Ver- 
treter, welche den Charakter reinerhalten haben, dafür zwei- 
gen sich zahlreiche divergirende Reihen ab, welche als geson- 
derte Gattungen abgetrennt werden müssen und die Mehrzahl 
der Kreideammoneen ausmachen. Ueber die Gliederung der 
Gattung in Formenreihen, vergl. die kürzlich erschienene 
Schrift von Dr. L. v. Ammon, die Jura-Ablagerungen zwischen 
Regensburg und Passau. 


Formen des Jura: 


Per. aberrans Waac. Per. Albertinus Car. 
„ acer NEun. „  albineus Opr. 
„ adelus GEm. „ angygaster WaAAG. 


„„ Achilles Ore. „ arbustigerus ORB. 


Per. arcicosta Waac. 

„  aurigerus OPP. 

„  Balderus Op. 

„  Boalinensis Neun. 
„. bathyplocus Waac. 
„  Banaticus ZITT. 

„ biplex Sow. 


920 


„„.  Bürmensdorfensis MÖScH. 


„„  Bleicheri Lor. 

„  Bocconü GEM. 

„»  Boisdini Lor. 

„»  Bononiensis LoR. 
„  bdracteatus NEum. 
„ Caroli Gen. 

.„„ cimbricus NEUM. 

„ chloroolithicus GÜNB. 
„ carpathicus ZITT. 
„ colubrinus Reın. 

„  contiguus CAT. 

„»„  Contejeani THURM. 
„  Cotteauanus He». 
„  curvicosta OPP. 


„  eyclodorsatus MÖSCH. 


»  Cymodoce ORB. 

„  decipiens ORB. 

„„  Defrancei ORsß. 

„„  Dhosaensis WaaAG. 
„. desmonotus OPpP. 
„„  denseplicatus WAAc. 
„  duplicatus EICHW. 
Eggeri AMMoRN. 

„  elatus TRAUTSCH. 
„. Erinus ORB. 

„„  eudichotomus ZITT. 
„„ Eumelus ORrB. 

.„ Zupalus ORB. 

„ euplocus WAAc. 

„  euryptychus NEUM. 
„  evolutus NEunm. 

„  exornatus ÜAr. 


Per. fasciferus Neun. 


9 


\ 


Fischerianus ORB. 
Frickensis MÖScH. 


' fraudator Zimt. 


Jreguens OP... 
Junatus Op. 
Jurcula Neun. 
Galar Opr. 

geron ZI. 
giganteus Sow. 
Gravesanus ORB. 
Güntheri Opp. 
Gudjinensis Waac. 
haliarchus NEUM. 
Hector ORß. 
hereticus MAYER. 
hospes Neun. 
Indogermanus Waac. 
involutus QUENST. 
Irius ORB. 
Katrolensis W AuAG. 
lapicidarum TuuRm. 
Lehmanni THurm. 
lepidulus Opr. 
Lestocquei THURM. 
longifurcatus 'TRAUTSCH. 
Lorioli Zur. 
Martelli Opr. 
Martinsi Oper. 
metamorphus NEUM. 
moravicus OPP. 
Mosquensis Fisch. 
Moorei OPpp. 
mutans WAAG. 
mutatus TRAUTSCH. 
Nebrodensis GEM. 
obtusicosta WAAG. 
Orion OPpPp. 

Pagri Waac. 
Pallasianus ORB. 


x 


921 


Per. Panderianus ORB. 


9 


22 


paramorphus W Aa. 
patina NEUM. 
platynotus Rein. 
plebejus Neun. 
plicatilis Sow. 
polygyratus SCHLOTH. 
polyplocus SCHLOTH. 
Pottingeri Sow. 
progeron AMMON. 
ptychodes Neun. 
Quehensis Lor. 
Recuperoi GEM. 
rectefurcatus ZITT. 
Rhodanicus Dum. 
Richteri Op. 
Rolandi Opp. 
rotundus Sow. 
Sabineanus OPr. 
Segestanus GEM. 
scruposus OPP. 
Schilli Opr. 

senex OPP. 

seorsus OPP. 
siliceus (QUENST. 
spirorbis Neun. 


‚stephanoides OPP. 


Streichensis OPP. 


Formen der Kreide: 


Per. Calisto ORB. 


” 


9 


macilentus ORB. 
Privasensis Pıct. 


Per. striolarıs Reın. 


2) 
99 
9 
9) 
29 
9 
2) 


92 


Per. 


29 


Strauchianus OPP. 
suberinus AMMON. 
subinvolutus MöschH. 
subfascicularis ORB. 
subpunctatus NEUM. 
subtilis NEUM. 
suprajurensis ORB. 


tenuiplicatus BRAUNS. 


Thurmanni CoNTEJ. 
torquatus Sow. 
truncatus TRAUTSCH. 
transitorius OPP. 
trimerus Opr. 
thermarum OPpp. 
Tiziani Op. 
tyrannus Neun. 
Ulmensis Opr. 
Uralensis ORB. 
versicolor TRAUTSCH. 
vicarius MÖSCH. 
virgatus BuchH. 
virgulatus QUENST. 
virguloides Waac. 
Wagneri Opr. 
Wetzeli Tuurn. 
Witteunus Oper. 
Yubar STRACH. 


Seranonis ORB. 
Thurmanni Pıor.? 


Provisorisch schliessen wir hier noch eine Gruppe 
Formen an, welche vielleicht zu einer besonderen Gattung 
erhoben zu werden verdient; au Perisphinctes fraudator ZT. 
von Stramberg, der noch ganz den Typus der Gattung trägt, 
schliessen sich in Stramberg Formen mit vertiefter, glatter 
Externfurche und verstärkter Sculptur auf der Wohnkammer 


Zeits.d. D.geol. Ges. XXVII. 4. 


60 


von 


an, wie Per. microcanthus Opr., Köllikeri Opp., symbolus OPpP. 


922 


An diese reihen sich im unteren Neocom einige Arten an, 
welche, untereinander wenig verschieden, sich in der Sculptur 
mehr und mehr von der Grundform entfernen und sich der 
Gruppe des er. radiatus nähern; diese Mittelglieder, deren 
innere Windungen noch den echten Perisphinetencharakter 
zeigen, sind Per. Chaperi Pıcr., Euthymi Pıcr., Malbosi Pıcr. 
Die extremste Form der ganzen Reihe bildet Per. Zeopoldinus, 
der in der Jugend sehr viel Uebereinstimmung mit Per. radiatus 
zeigt, im Alter aber ganz glatt wird; Hand in Hand mit der 
Veränderung der Sculptur tritt auch eine Modification der 
Lobenzeichnung ein. | 

Ich konnte mich bis jetzt zu einer generischen Abtren- 
nung von Perisphinctes noch nicht entschliessen, da das Formen- 
gebiet ein so sehr kleines ist, und nur in zwei Formen die 


Abweichung eine etwas grössere wird, namlich in Per. radiatus 


Brug. und Leopoldinus OR. 

Auffallend ist, dass Per. Leopoldinus in der Lobenbildung 
viel Aehnlichkeit mit Haploceras Beudanti Brone. zeigt; nach 
der Form der inneren Windungen gehört aber Hapl. Beudanti 
entschieden nicht zu den von Perisphinctes derivirten Formen. 


Formen des Jura: 


Per. microcanthus Op. 
„„ Köllikeri Op. 
\ „  symbolus OPr. 


Formen der Kreide: 


Per. Campichei Pıor.*)? Per. Leopoldinus OR®. 
»  Chaperi Pıcrt. „ . Malbosi Pıcr. 
„  curvinodus PHILL. „  radiatus BRUG. 


„» Zuthymi Pıcr. 


Olcostephanus nov. gen. 


Die bekannteste typische Art dieser Gattung, Olc. 4stie-, 
rianus ist von WAAGEN zu Perisphinctes gestellt worden, und 
in der That gehört sie mit ihren zahlreichen Verwandten zu 


*) Ich stelle Per. Campichei mit Zweifel hierher; nach den Abbil- 
dungen würde die Art einen ganz anderen Platz einnehmen; dagegen 
zeigt ein Exemplar der Pıicrzr’schen Sammlung grosse Verwandtschaft 
mit Per. radiatus. 


TE FE 


923 


diesem Stamme; ich glaube sie jedoch von der Gattung Peri- 
sphinctes trennen zu sollen, da sie eine sehr wohl geschiedene 
Seitenreihe bilden und in mehreren wichtigen Merkmalen von 
den typischen Vertretern der Stammgattung abweichen. 

Der Ursprung der Formengruppe, welche wir als Olco- 
stephanus zusammenfassen, ist nicht in Europa zu suchen, 
sondern die Abzweigung von Perisphinctes scheint weit im 
Osten vor sich gegangen zu sein und erst nach vollendeter 
Trennung wandert der Typus in die europäischen Gegenden 
ein. Das Mittelglied zwischen Perisphinctes und Olcostephanus 
bildet Ole. Cautleyi Opp. aus dem indischen Jura, der die Thei- 
lungsstelle der Rippen schon ganz an die Nabelkante verrückt 
zeigt, sonst aber noch den Perisphincten - Charakter trägt; 
an diese Form schliessen sich dann Öle. Stanleyi OpP. und 
Groteanus Opp. aus Iudien an, von welchen der letztere auch 
in Stramberg auftritt als ältester Vertreter seiner Gattung in 
Europa; diese Form steht dann dem Ole. Astierianus schon so 
nahe, dass sie von PicrTer anfangs direct mit ihr identificirt 
wurde, und hier schliessen sich dann die verschiedenen mit 
Ole. Astierianus nahe verwandten Arten des europäischen 
Neocom an. 

Mit Olc. Astierianus ist die Gruppe des Olc. bidichotomus 
Leym. sehr nahe verwandt, welche jedoch nicht aus Indien, 
sondern aus der borealen Provinz zu uns gelangt zu sein 
scheint, wo Ole. diptychus Keys. und polyptychus Keys. von 
der Petschora den Ausgangspunkt bilden; die nahen Beziehun- 
gen zwischen der indischen und der russischen Cephalopoden- 
fauna sind bekannt, und es bildet wahrscheinlich die Gruppe 
des Olc. bidichotomus die boreale Parallelreihe zur indisch- 
mediterranen Reihe des Olc. Astierianus; die Einwanderung 
der ersteren Gruppe in Europa findet bedeutend später statt 
als die der letzteren, und zwar gleichzeitig mit derjenigen der 
‚Amaltheen und der Belemniten aus der Gruppe des Bel. sub- 
quadratus. Die Dauer von Olcostephanus in Europa ist eine 
sehr kurze, sie scheinen sich nicht über das Neocom hinaus- 
zuerstrecken, während sie sich in Indien in flachen weit- 
nabeligen Formen noch lange erhalten. 

Der Charakter von Olcostephanus im Gegensatz zu Peri- 
sphinctes besteht in kürzerer, nur etwa ?/, Umgang betragender 
Wohnkammer, mit einfacher, von einem glatten Rande einge- 


60 * 


924 


saumter Mündung; nur bei dem auf der Grenze zwischen bei- 
den stehenden Olc. Cautleyi sind Ohren beobachtet. Die Rippen 


entstehen bündelweise an der Nabelkante, ausserdem spalten - 
sich bei manchen die Rippen weiter nach oben noch einmal 


(Gruppe des Olc. bidichotomus). Einschnürungen bei der Gruppe 
des Olc. Astierianus nach vorn gerichtet, sehr kräftig, bei der- 
jenigen des Olc. bidichotomus in der Regel fehlend. Lobenlinie 
in der Regel aus einem Siphonallobus, 2 Lateralloben und 
3 Auxiliaren gebildet, welch letztere bisweilen etwas herab- 
hängen. Externseite ohne Kiel und Furche, nur bei sehr 


wenigen sind die Rippen auf der Externseite leicht unter- 


brochen. 
Ole. Aemilianus SToL. Ole. Kalika SToL. 
„  „Sstierianus ORB. „»  Kaudi StoL. 
»„ Bachmanni WINKL. »» Moadrasinus STOL. 
„  Bawani STOL. „„  Mitreanus ORB. 
„  bidichotomus LExM. »„ Moraviatoorensis STOL. 
„. Caillaudianus ORB. »». Narbonensis PıcT. 
„,  Carteroni ORB. „»  Nieri Pıcr. 
„  Cautleyi Oper. „  pacificus STOL. 
„,  Cliveanus STOL. „  papillatusSToL. 
„  concinnus PHILL. _ ‚„  Paravati STOoL. 
„  Decheni Rorn. „  Perezianus STOL. 
„ diptychus Keys. „  polyptychus Keys. 
„,  Gastaldinus ORB. „  pronus Oper. 
„  Groteanus OPP. „„.  Schenki OPpPp. 
„» Hughi Oost. „  Stanleyi OPpP. 
„„ Jeannoti ORB. »  Vandecki Or». 


„  incertus ORB. 


Scaphites PARKINSon. 


Die Scaphiten, mit Ausschluss von Scaph. Yvanü bilden 
eine sehr gute natürliche Gruppe, sehr entschieden charak- 
terisirt durch die geschlossene Spirale des gekammerten Theiles 
der Röhre, an welche sich nur ein sehr kurzer evoluter Haken 
anfügt, durch ihren Aptychus, welcher sich durch seine Form, 
das Fehlen einer kräftigen Längssculptur und die mit Kör- 
nern bedeckte Oberfläche an die Aptychen von FPerisphinctes 
anschliesst, und durch das Auftreten von Auxiliarloben, welche 


925 


allen anderen evoluten Formen fehlen. Die Form des Aptychus 
spricht entschieden für Anreihung an den Perisphinetenstamm 
und die Gestalt der inneren Windungen der„geologisch alten 
Arten, welche ganz mit der Form von Olcosiephanus Guastal- 
dinus übereinstimmen, sprechen sehr für den Anschluss an 
Olcostephanus, was auch durch die Form der Mundöffnung 
bestätigt wird. 


Scaph. aequalis Sow. Scaph. multinodosus HAvuER. 
„  auritus SCHLÜT. »  Nicoleti Buch. 
„».  auritus FRıC et SCHLÖNB. » nodifer Gin. 
„  Aquisgraniensis SCHLÜT. „  obligquus Sow. 


„» Astierianus ORB. „ ornatus MÜnST. 

„»  binodosus RoEM. „»  . petechialis MoRT. 

»  Ccompressus ORB. » . Philipsi Bean. 

„»  constrictus ORB. „» plicatellus Rorn. 

»»  Conradi MoRrrT. s» . Pulcherrimus RoEM. 
»» . Geinitzi ORB. »  quadrispinosus GEIN. 
» gibbus SCHLÜT. „» . reniformis Morr. 

»  gulosus MoRr. „» spiniger SCHLÜT. 

„» ‚hippocrepis MoRrr. „»  tenuistriatus KNeEr. 

» Hugardianus ORB. „ tridens KnEr. 

„»„  inflatus RoEm. „» trinodosus KNEr. 

»» . Meriani Pıcr. » . Texanus Ron. 

»» Monasteriensis SCHLÜT. „» . tuberculatus GIEB. 


Hoplites nov. gen. 


Die wichtigste Formengruppe, die sich von Perisphinctes 
abzweigt, ist diejenige, welche wir als die Gattung Hoplites 


zusammenfassen, und von welcher selbst einige weitere Gat- 
tungen ihren Ursprung nehmen; wir können ihren Beginn bis 
in den oberen Jura hinab verfolgen, wo sie sich von der 
Gruppe des Perisphinctes polyplocus und involutus abzweigt. 
Wir müssen zunächst die Art des Variirens und die Richtung 
desselben bei den jurassischen Perisphincten in zwei Bezie- 
hungen etwas betrachten, ehe wir die Entwickelung der cre- 
tacischen Hopliten selbst besprechen können. 

Die Lobenlinie der Perisphincten ist in der Regel durch 
einen sehr entwickelten Nathlobus charakterisirt, der wohl 
bei Per. Achilles von La Rochelle das Maximum der Ausbil- 


926 


dung zeigt; derselbe ist in der Regel so stark, dass auch der 
untere Laterallobus noch in seine Bildung mit hineingezogen 
wird, oder dieser ist wenigstens vom oberen Lateral einerseits, 
vom Nathlobus andererseits so sehr überwachsen und uber- 
wuchert, dass er als ein ganz untergeordneter Secundärlobus 
zwischen diesen beiden steht. Bei einer Formenreihe der 
jurassischen Perisphineten, zu welcher Per. polyplocus Reın., 
virgatus Buch, involutus Quesst., Rolandi Opp., Strauchianus 
Ope. und viele andere gehören, tritt nun eine Aenderung in 
der Weise ein, dass der Nathlobus sich weniger senkt und 
dadurch der zweite Laterallobus aus seiner gedruckten Stel- 
lung heraustritt; die Senkung des Nathlobus nimmt mehr und 
mehr ab, und bei den Kreide-Hopliten, welche diese Varia- 
tionsrichtung fortsetzen, nähert er sich mehr und mehr der 
Horizontalen und löst sich in eine grössere oder kleinere An- 
zahl von einander unabhängiger Auxiliaren auf; sehr bemer- 
kenswerth ist, dass die unbedeutende Grösse des unteren La- _ 
terals, auch nachdem er vom Nathlobus nieht mehr uber- 
wuchert ist, bleibt, so dass bei fast allen Hopliten, mit Aus- 
nahme einiger geologisch jüngerer Formen, ein auffallender 
Unterschied zwischen den Dimensionen des unteren und oberen 
Laterals besteht. 

Eine zweite Art der Abänderung betrifft .die Sculptur; es 
ist eine sehr auffallende Thatsache, dass ein und dieselbe 
Variation der Verzierung, nämlich das Auftreten eines glatten 
Bandes oder einer Furche auf der Externseite bei einer grossen 
Anzahl von Perisphincten unabllängig voneinander auftritt*); 
es herrscht dabei das eigenthümliche und von dem gewöhn- 
lichen Vorgange der Formveränderung abweichende Verhältniss, 
dass das neue Merkmal sich nicht auf der Wohnkammer, son- 
dern, soweit die Beobachtung reicht, auf dem gekammerten 
Theile der Schale zuerst zeigt. Es ist das wohl dadurch zu 
erklären, dass dieses Merkmal ein mit der Lage des Sipho 
im Zusammenbang stehendes ist, und davon, dass die Furche 
oft lange nicht auf die Wohnkammer vorrüuckt, ist es wohl 
auch herzuleiten, dass dieser Charakter ausserordentlich hau- 
figen Rückschlägen unterworfen ist. 


*) Vergl. Neumayr, Fauna der Schichten mit Aspidoceras acanthicum, 
pag. 174. 


\ 927 


Vor Allem wichtig für uns ist das Auftreten der Extern- 
furche bei der Formengruppe des Per. involutus QUENST.; hier 
sehen wir zunächst, dass bei Per. subinvolutus Mösch die Rip- 
pen auf der Externseite sich verwischen, ohne dass eine wirk- 
liche Furche vorhanden wäre; dann modifieirt sich dieser 
Charakter in der Weise, dass bei nahe verwandten jurassischen 
Arten, wie Hopl. Eudozus, pseudomutabilis, abscissus und pro- 
genitor die Rippen zu beiden Seiten ganz nahe an der Median- 
linie der Externseite abbrechen, und ein glattes Band auftritt, 
welches tiefer liegt als die abbrechenden Enden der Rippen, 
aber im gleichen Niveau mit den Zwischenräumen zwischen 
diesen, und erst später bei cretacischen Formen greift die 
Furche noch tiefer. 

Gleichzeitig mit dem Auftreten der Externfurche findet 
auch eine Veränderung der Sculptur auf den Flanken statt, 
indem die geraden Planulatenrippen sichelartig geschwungen 
werden, die Theilungsstelle derselben an die Nabelkante rückt 
und an dieser ganz kurze, etwas verdickte Primärrippen oder 
kleine Knoten stehen; auf der Mitte der Seiten ist in der 
Regel das Minimum der Stärke der Rippen, während sie gegen 
die Medianfurche zu wieder kräftiger werden und bisweilen 
schwache Knoten zeigen. Die charakteristischen Einschnu- 
rungen der Perisphinucten verschwinden und der Nathlobus 
löst sich in eine Reihe von Auxiliaren auf, welche horizontal 
sind oder etwas herabhängen, der zweite Lateral ist auffallend 
klein. Damit sind die Hauptpunkte der neuen Variations- 
richtung der Hopliten gegeben, und wir beginnen dieselben 
daher mit den eben genannten Formen des oberen Jura. 

In der Kreidezeit schliesst sich hier und zwar zunachst 
an Hopl. progenitor in der naturlichsten Weise die Gruppe der 
Dentaten an; zunächst ist mit der letztgenannten Art Hopl. 
Neocomiensis und Verwandte in innigster Beziehung; von bier 
findet dann eine bedeutende Verstärkung der Sculptur statt, 
wobei Hopl. interruptus, welcher in der Jugend sehr fein, im 
Alter sehr kräftig berippt ist, den Uebergang zu den reich 
verzierten Formen vermittelt. Bei einzelnen Arten rückt die 
Theilungsstelle der Rippen mit ihrem Knoten gegen die Mitte 
der Seiten hinauf, eine Bildung, die bei Hopl. tuberculatus ihr 
Maximum erreicht, und welche durch Vorkommnisse wie Hopl. 
interruptus OrB., Cephal. Cret. t. 32. f. 1. mit den normalen 


928 


Hopliten verbunden wird. Endlich ist noch zu erwähnen, dass 
bei einigen Formen ein Rückschlag in der Sculptur in der 
Weise stattfindet, dass die Rippen über der Externseite wieder 
zusammenschliessen, doch bleiben sie hier immer schwächer 
als auf den Flanken (vergl. z. B. Hopl. Puzosianus). 

Die Gattung Äoplites lässt sich folgendermaassen charak- 
terisiren: 

Abkommen der Formengruppe des Perisphinctes involutus, 
mit ziemlich engem Nabel und hohen Windungen; Dicke sehr 
veränderlich. Mundrand und Länge der Wohnkammer unbe- 
kannt. Sculptur aus gespaltenen und geschwungenen Rippen 
bestehend, die nahe dem Nabel oder in der Mitte der Flanken | 
aus einer kleinen verdickten Anfangsrippe oder einem Knoten 
beginnen; Rippen auf der Externseite unterbrochen, oft durch 
eine tiefe Furche getrennt oder wenigstens hier abgeschwächt; 
Rippen am Anfang und Ende anschwellend, in der Mitte der 
Flanken schwächer. Lobenlinie complicirt, mit verzweigten 
Aesten und mehreren Auxiliaren; Lobenkörper nicht sehr 
plump; Sättel so breit oder (meist) breiter äls die Loben. 
Erster Lateral stets länger als der Siphonallobus; zweiter 
Lateral auffallend kurz; Auxiliaren horizontal oder sehr wenig 
herabhängend. 

Ausser den typischen Vertretern der Gattung fügen wir 
hier noch eine kleine Seitenreihe an, welche durch sehr engen 
Nabel und sehr breite, flache, durch schmale Furchen ge- 
trennte Rippen eigenthümlich charakterisirt ist; es ist dies 
die Gruppe des Hopl. Dumasianus OrB., Provincialis ORB., com- 
pressissimus ORB., galeatus Buch, Favrei Oost., Didayanus ORB. 
Trotz ihres fremdartigen Aussehens können wir dieselben an 
Hoplites anschliessen, da die inneren Windungen, namentlich 
von Hopl. provincialis, auf eine sehr nahe Verwandtschaft mit 
Hopl. Boissieri hinweisen. 

Als eine ziemlich aberrante Form ist endlich noch Hopl. 
regularis zu nennen, der durch die geringe Zahl seiner Loben 
von allen anderen Hopliten abweicht, während er sich in an- 
deren Beziehungen enge an die echten Dentaten anschliesst; 
über seine Beziehungen werden noch weitere Untersuchungen 
nothwendig werden. 


929 


/ 


Hopl. Archiacinus OR». 


79 


” 


9 


79 


3a 


29 


79 


9 


9 


29 


99 


29 


) 


Ei) 


” 


”» 


u) 


Ei] 


9 


2 


9 


cr) 


Arnoldi Pıcr. 
asperrimus ORB. 
auritus SoW. 
Benettianus ORB. 
Castellanensis ORB. 
compressissimus ORB. 
Coesfeldiensis SCHLUT. 
cryptoceras ORB. 
curvatus MAnT. 
Deluci BRONGN. 
denarius SoW. 
Deshayesi ORB. 
Didayanus ORB. 
Dufrenoyi ORB. 
Dumasianus ORB. 
Dutempleanus OR®. 
falcatus Mant. 
Ferraudianus ORB. 
Fittoni ARCH. 
fissicostatus PHILL, 
galeatus BUCH. 
gargasensis ORB. 


! 


Hopl. Gwuersanti ORe. 


heliacus ORB. 
interruptus Bruc. 
lautus PARK. 
Michelinianus ORe. 
Neocomiensis ORB. 
noricus SCHLOTH. 
Pailleteanus ORB. 
provincialis ORB. 
Puzosianus ORB. 
pulchellus OR». 
quercifolius ORB. 
Raulinianus ORB. 
Renauxianus ORB. 
regularis ORB. 
sinuosus ORB. 
splendens Sow. 
Studeri Pıcr. 
tardefurcatus LEYM. 
tuberculatus SoWw. 
versicostatus ORB. 
Vraconensis Pıcr. 


Acanthoceras nov. gen. 


Von den Hopliten zweigt sich nahe @n ihrem Ursprunge 
eine grosse Reihe ab, welche ungefähr die Gruppen der Angu- 
licostati, Crassecostati, Nodosocostati, Mamillares und Roto- 
magenses umfasst, und welche ich nach langen Bedenken als 
selbstständige Gattung abtrenne; es finden sich nämlich ver- 
einzelte Formen, welche die Charaktere von Acanthoceras und 
Hoplites miteinander verbinden, ohne an der Abzweigungsstelle 
beider zu stehen; es ist namentlich Acanthoceras Milletianum, 
welches in dieser Beziehung grosse Schwierigkeiten bereitet. 
Wenn ich trotzdem trenne, so geschieht es, weil einerseits in 
der grossen Mehrzahl der Fälle die Unterscheidung ziemlich 
leicht ist und andererseits bei einer Vereinigung beider Gat- 
tungen zu einer einzigen der Umfang dieser in ein Missver- 


'hältniss zu demjenigen der anderen Genera getreten wäre und 


dieselbe zu heterogene Formen umschliessen würde. 


930 
Acanthoceras ist im Gegensatz zu Hoplites hauptsächlich 3 
charakterisirt durch starke Reduction der Loben, und durch 
ganz gerade von der Naht gegen die Externseite stetig an 
an Stärke zunehmende Rippen; den Ausgangspunkt bilden die 
auf der Grenze zwischen Jura und Kreide vorkommenden 
Hopliten Hopl. abseissus OPP., occitannicus Pıcrt. und Boissieri 
Pıct. Bei dieser letzteren Art ist die Externfurche nur auf 
dem gekammerten Theile der Schale vorhanden, während auf 
der Wohnkammer die Rippen ununterbrochen über .die Extern- 
seite weglaufen und zu beiden Seiten derselben eine leichte 
Kante bilden; zunächst schliesst sich hier #canthoceras anguli- 
costatum an, bei welchem der Rückschlag in der Bildung der 
Externseite auch auf die gekammerten Windungen zurückgreift, 
und der Rippencharakter, wenn auch noch schwach ausgeprägt 
und sehr an die Hopliten erinnernd, schon gegeben ist. Die 
Fortsetzung der Reihe bildet dann Ac. crassecostatum, das durch 
die Ausbildung seiner Jugendformen hierher gewiesen wird, 
und nur ein in seinen Sculpturmerkmalen gesteigertes AR. 
angulicostatum ist. Die Formen, welche sich hier weiter an- 
schliessen, sind noch nicht beschrieben; zunächst sind es 
Vorkommen, die von -/c. crassecostatum durch grössere Dicke 
abweichen, und diese führen uns zu einer Art hinüber, welche 
in den Sammlungen in der Regel zu 4c. Cornuelianum gestellt 
wird, aber durch geringere Dicke und verschiedene Sculptur 
von dem Typus bei p’OrgIeny abweicht. Diese Abweichungen 
in der Verzierung bestehen darin, dass der ganze Charakter 
derselben sich demjenigen des _4c. crassecostatum nähert und 
die Knoten auf den Rippen schwächer entwickelt sind; von 
hier ergiebt sich dann der Uebergang zu der Gruppe des Ac. 
Cornuelianum, Martinü, nodosocostatum von selbst, und auch 
die weitere Fortsetzung bietet keine Schwierigkeit, da über die 
nahe Verwandtschaft der Nodosocostaten mit den Mamillaten 
und dieser mit den Rotomagensen kaum ein Zweifel besteht. 
Die Diagnose der Gattung Acanthoceras lässt sich in der 
folgenden Weise fassen: | 
Nachkommen der Gruppe des Hoplites abscissus, mit 
mässig weitem Nabel und nicht sehr hohen Windungen. Mund- 
rand und Länge der Wohnkammer unbekannt. Die Sculptur 
besteht aus ganz geraden, von der Naht gegen die Externseite 
an Stärke stetig zunehmenden Rippen, welche häufig mit 


931 


| 
einer grösseren oder kleineren Anzahl von Knoten verziert und 
höchstens in der Jugend geschwungen sind. Bildung der 
Externseite sehr verschieden, in der Medianlinie bald mit un- 
unterbrochenen Rippen, bald mit einer Furche, bald mit einer 
'Knotenreihe, deren Elemente sich sogar zu einem Kiele ver- 
einigen gönnen. Lobenlinie stark reducirt, ausser den beiden 
Lateralen steht auf den Flanken höchsteus noch ein normaler 
Auxiliar, oder auch eine Reihe von 2—5 ausserordentlich klei- 
nen, tiefstehenden Auxiliaren ; Körper der Loben und Sättel 
plump und breit, die letzteren breiter als die ersteren, keine Ver- 
zweigung, sondern nur einfache Zackung der Loben. Siphonal- 
und erster Laterallobus an Grösse meist nicht sehr verschieden, 
der erstere oft grösser als der letztere; zweiter Lateral viel 
kleiner als der erste, beide einspitzig. 


Ac. angulicostatum ORB. Ac. Manielli Sow. 

„  Brottianum OR. „  Medlicottianum STOL. 
»». Cenomanense ARCH. „  meridionale STOL. 

„  conciliatum STOL. „»  Milletianum ORre. 

„»  Collerodense SToL. »» Morpheus SToL. 

„  Cornuelianum ORB. „  naviculare MANT. 

„  cerassecostatum ÜRB. „»  nodosocostatum ORB. 
„  crassitesta ORB. „ nodosoides Roxm. 

„  Cunlifei STOL. „ ornatissimum STOL. 
»» Cunningtoni SHARPE. „„ papale OR». 

„»  Deverianum OR». „„ rolalinum ORB. 

„ footeanum STOL. „ Zotomagense BROoNGN. 
„»  Gentoni BRnocn. „ rusticum ÜORB. 

„  harpaz SToL. „  Susseriense SHARPE. 
„ laticlavium SHARPE. „ tropicum STOL. 

„ Zyelli Leym. »  Turonense ORB. 

„ mamillare ScHL. „  Ushas STOL. 

„» Martinü ORß, »»  Woolgarei Mant. 


Stoliczkaia nov, gen. 


Im Anschluss an Hoplites sehe ich mich noch genöthigt, 
eine Gattung für eine merkwürdige kleine Gruppe von Ammo- 
neen aufzustellen, nämlich für die eigenthümlichen Formen 
der indischen Kreide, welche SToLıczKA in seinem grossen 
Werke beschrieben und mit den Hallstätter Arcesten verglichen 


932 


hat. Ich nenne diese Gattung zum Andenken an den um die 
geologische und palaeontologische Erforschung Indiens hoch 
verdienten Mann, der vor Kurzem mitten in seinem Arbeits- 
gebiete, dem gewaltigsten Gebirge der Erde, seinem wissen- 
schaftlichen Eifer zum Opfer gefallen ist, Stoliczkaia. 

Die Uebereinstimmung der hierher gehörigen Formen und 
namentlich von Stoliczkaia Telinga mit gewissen Arcesten der 
Trias ist allerdings in der äusseren Form ziemlich gross, und 
bedeutender als mit irgend welchen anderen Ammoniten, etwa 
mit Ausnahme von Stephanoceras bullatum Org. des mittleren 
Jura. Ausser dieser Aehnlichkeit in den Proportionen ist aber 
keine Verwandtschaft mit Arcestes vorhanden und daher eine 
Anreihung an diese Gattung unmöglicb. Die Wohnkammer, 
deren Länge für Arcestes in erster Linie leitend ist, bleibt bei 
den Kreideformen kürzer, die Lobenzeichnung hat nicht die 
mindeste Aehnlichkeit mit den sehr charakteristischen Sutur- 
linien der Arcesten, und endlich sind die inneren Windungen 
bei den Formen, bei welchen wir dieselben kennen (Stol. Xetra 
STOL. und argonautiformis SToL.) kräftig radial gerippt, was 
auf ganz verschiedene genetische Beziehungen schliessen lässt. 

Um die Stellung unserer Gattung zu besprechen, sehe ich 
mich, was ich sonst hier vermieden habe, genöthigt, zwei neue 
Arten aufzustellen, um Namen zu haben, deren ich mich bei 
der folgenden Discussion bedienen kann. 

Stoliczkaia tetirayona nov. Sp. (Ammonites dispar 
STOLICZKA, the fossil Cephalopoda of the cretaceous rocks 
of southern India, t. 45. f. 2. non Amm. dispar ORB.). 

Abgesehen von der unbedeutend stärkeren Ausschnürung der 
Wohnkammer unterscheidet sich diese Form von sStol. dispar 
Orp. durch viel bedeutendere Dicke, sowie durch die Berip- 
pung; bei Stol. tetragona sind die Rippen auch bei grösseren 
Exemplaren von gleichmässiger, nicht sehr bedeutender Dicke 
während ihres Verlaufes von der Nath über Flanken und Extern- 
seite, während dieselben bei Stol. dispar ausser in der Jugend auf 
der Externseite angeschwollen und überhaupt in der ganzen 
Anlage breiter und dicker sind. Die Lobenzeichnung stimmt 
bei beiden Formen ziemlich überein. | 

Aus der Ootatoor- Gruppe von Moraviatoor im südlichen 
Indien. 


‚933 


Stoliczkaia clavigera nov.sp. (Amm. dispar STOL., 


the fossil Cephalopodo of the cretaceous rocks of southern 


India, t. 45. f. 1. non Amm. dispar Ors.). 
In Berippung und Querschnitt steht sStol. clavigera der 


 Stol. dispar viel näher als die vorige Art; dagegen unter- 


scheidet sie sich durch einige sehr wichtige Charaktere; vor 
Allem durch die Bildung der Wohnkammer, welche sehr stark 
und deutlich aus der regelmässigen Spirale sich entfernt, und 
auf der die Rippen auffallend anschwellen und auseinander- 
treten; ferner durch die Lobenlinie, in welcher die Auxiliaren 
zu einem herabhängenden Nathlobus zusammentreten. 

Aus der Ootatoorgruppe von Moraviatoor im südlichen 
Indien. 

Stoliczkaia dispar, tetragona und clavigera bilden eine 
Formenreihe, bei welcher als wichtigster Zug der Variations- 
richtung die Ausschnürung der Wohnkammer auftritt; an Stol. 
clavigera schliessen sich zwei Formen mit derselben Variations- 
richtung an; einerseits Stioliczkaia crotaloides, eine Form mit 
stark erweitertem Nabel, welche, soweit unsere Kenntnisse 


“reichen, sich nicht fortsetzt, andererseits Sioliczkaia argonauti- 


Jormis, ein wichtiger Uebergangstypus. Hier ist der Nabel 
verengt, die Ausschnurung der Wohnkammer etwas stärker, 
die Sculptur im Alter reducirt und auf die Externseite be- 
schränkt, aber der Contrast zwischen der Wohnkammer und 
den vorhergehenden Theilen der Windung ebenso wie bei Stol. 


‚clavigera; der Nathlobus ist vorhanden, 


An diese Art schliesst sich Stol. Xeira an, welche von 


 Stol. argonautiformis ebenso abweicht, wie diese von Stol. cla- 


vigera; bei den sehr grossen ausgewachsenen Exemplaren ist 
die Sculptur von der Wohnkammer ganz verschwunden, diese 
schnürt sich, so viel zu erkennen ist, noch etwas stärker aus, 
der Nabel ist noch mehr verengt, der Nathlobus stärker aus- 
gebildet, kurz alle Merkmale zeigen die striete Fortsetzung der 


begonnenen Variationsrichtung; endlich stimmen die inneren 


Windungen von Stol. argonautiformis und Xetra in der auf- 
fallendsten Weise überein; Stol. Xetra bietet dann die Ver- 
bindung mit den beiden noch übrigen Formen Stol. Rudra und 
Telinya keine Schwierigkeit mehr. 

Die Gattung Stoliczkaia bildet demnach eine mit OrsBıcny’s 


Ammonites dispar beginnende Formenreihe, über deren Ursprung 


934 


uns die inneren Windungen und der Habitus dieser Art keinen 


Zweifel lassen; dieselbe schliesst sich aufs Allerinnigste an 
Hoplites Dutempleanus und von da an Hopl. Deshayesi an. Ich 
war anfangs der Ansicht, dass es besser sei, Stoliczkaia dispar 
bei Hoplites zu lassen, so dass dann sStoliczkaia eine specifisch 
indische Gattung gewesen wäre; da aber die neue Variations- 
richtung in der Berippung und in der Ausschnürung der Wohn- 
kammer bei der in Rede stehenden Form schon vollständig 
gegeben ist, so halte ich es für nothwendig, sie von den Hop- 
liten abzutrennen. 

Es spricht jetzt noch ein weiterer Grund hierfür; so 
lange ich die jetzt als _4canthoceras ausgeschiedenen Formen 
noch zu Hoplites stellte*), bildete auch Stol. dispar kein allzu 
extremes Glied in dieser weiten Gattung, während sie jetzt 
nach Ausscheidung von Acanthoceras die hierdurch erzielte 
Homogenität wesentlich stören würde. 

Die Charakteristik der Gattung sStoliczkaia lasst sich 
in der folgenden Weise fassen: An die Gruppe des 
Hoplites Dutempleanus anschliessende Formen, mit ausge- 
schnürter , 3/, (?) Windungen betragender Wohnkammer. **) 
Mundränder geschwungen, in der Mitte der Flanken vorge- 
zogen, an der Externseite schwach ausgeschnitten. Innere 
Windungen mit radialen, auf der Externseite nicht unter- 
brochenen und hier meist das Maximum der Stärke erreichen- 
den Rippen; Wohnkammer glatt oder mit verdickten Rippen; 
Externseite ohne Kiel und Furche. Lobenlinie verzweigt, aus 
einem Siphonallobus, zwei Lateralen und einem mehr oder 
weniger herabhängenden Nathlobus bestehend. 


Stol. argonautiformis StoL.  Stol. Rudra STOL. 
»„ clavigera Neun. „  Telinga StoL. 
„  crotaloides STOL. „ tetragona NEUM. 
„  dispar ORB. „  Äetra STOL. 


*) Sitzungsber. der Wiener Akad, nat.-wiss. Cl. 1875 Bd. 71. 
Abth. 1. 

**) Bei der Weltausstellung 1573 waren Srorıczka’s Originale in 
Wien; ich glaube mich an die Länge von °/;, Windungen Wohnkammer 
zu erinnern, da ich aber damals dies zu notiren versäumt habe, so kann 
ich keine sichere Angabe machen. 


935 


Crioceras LEVEILLE. 


Ein Theil der evoluten Kreideammoneen schliesst sich an 
Lytoceras, ein anderer an Ölcostephanus an; für eine dritte 
Gruppe, die wir als Ürioceras zusammenfassen, ist durch die 
Untersuchungen von PicTET und QUENSTEDT der directe Zu- 
sammenhang mit Acanthoceras und zwar speciell mit Ac. angu- 
licostatum nachgewiesen; es sind dies evolute, in einer Ebene 
‚aufgerollte Formen, bei welchen ausser dem Siphonal- und 
dem einspitzigen Antisiphonallobus jederseits zwei nicht sym- 
metrisch getheilte Lateralloben und keine Auxiliarloben auf- 
treten. Auch hier sind nach der verschiedenen Art der Krüm- 
mung mehrere Gattungen aufgestellt worden, auf deren ge- 
ringen Werth namentlich QUENSTEDT aufmerksam gemacht hat, 
und es herrscht in der That die grösste Willküurlichkeit in der 
Zutheilung zu der einen oder anderen; schon PIcTET hat die 
sämmtlichen hierher gehörigen, bis dahin zu Crioceras gezählten 
Vorkommnisse mit „Ancyloceras vereinigt und auch Toroceras 
lässt sich nicht davon getrennt halten; für die ganze Formen- 
gruppe muss Crioceras als der älteste Namen bleiben. Die 
sämmtlichen Arten sind älter als Gault; die Hauptentwicke- 
lung findet im Neocom der mediterranen Provinz statt, und 
so ausserordentlich gross hier ihr Formenreichthum ist, so 
kurz ist die Dauer; es ist bemerkenswerth, dass mit dem 
Verschwinden von Crioceras die stärkste Entwickelung von 
Hamites erfolgt, so dass mit dem Erlöschen von Crioceras 
kaum eine Verminderung der evoluten Ammoneen eintritt; es 
deutet dies darauf hin, dass Crioceras von Hamites verdrängt 
wurde, und letztere Gattung dann die von ersterer vorher be- 
setzten Stellen einnahm; ein solches Verhältniss ist aber nur 
dann möglich, wenn beide auf dieselben Lebensbedingungen 
specieller angewiesen, d. h. an dieselben angepasst waren, als 
andere, involute Ammoneen,. so dass ein besonders heftiger 
Kampf um die Existenz zwischen ihnen bestand, da es sonst 
unverständlich wäre, warum nur zwischen evoluten Formen und 
nicht auch zwischen Crioceras und involuten Ammoneen eine 
solche Wechselbeziehung existirt; wir können nur noch eine 
Gattung nennen, die ungefähr gleichzeitig mit dem Unter- 
gange von Crioceras zum Vorschein kommt und sich entfaltet, 
namlich Scaphites, ebenfalls ein evoluter Typus. Ein solches 


936 


Zusammentreffen von Erscheinungsgruppen setzt einen ur- 
sächlichen Zusammenhang voraus, und ein solcher ist wohl 
nur in der Weise denkbar, dass bei allen drei Gattungen eine 
gemeinsame, anderen Ammoneen fehlende Anpassung an äussere 
Verhältnisse vorhanden, die Concurrenz zwischen ihnen am 
stärksten war, und sie sich im Haushalte der Natur gegen- 
seitig ersetzten; wir mussen also, so unwahrscheinlich es auch 
auf den ersten Blick erscheinen mag, in dem Verlassen der 
geschlossenen Spirale eine Anpassung an die äusseren Lebens- 
bedingungen sehen; auf diese Weise wird auch das sonst ganz 
unerklärbare Verhältniss verständlich, dass ein und dieselbe 
sonderbare Eigenthumlichkeit, die Evolubilität, gleichzeitig im 
Neocom bei zwei so durchaus verschiedenen Ammoneentypen 
wie ZLytoceras (Hamites) und Acanthoceras (Crioceras) auftritt. 

Die Gattung Crioceras lässt sich folgendermaassen charak- 
terisiren: Von Acanthoceras abzweigende, in einer Ebene 
aufgerollte Ammoneen, deren Windungen' ganz oder theilweise 
sich nicht berühren. Ausser dem Siphonal- und dem’ ein- 
spitzigen Antisiphonallobus jederseits nur zwei nicht symme- 
trisch in paarige Hälften abgetheilte Lateralloben. 


Crioceras Andouli ASTIER. Ancyloceras. 


> annulare OrB. Toxoceras. 

> Beani Youne et Bırn. Ancyloceras. 
a bicorne Orp. To.xoceras. 

> Binelli Ast. Ancyloceras. 

%% bituberculatum OrB. Toxoceras. 

ss Bowerbanki Sow. Ancyloceras.. 

an breve ORB. Ancyloceras. 

„ Brunneri Oost. Ancyloceras. 
u Cornuelianum ORB. Crioceras. 

AR Cornuelianum ORB. Ancyloceras. 
S Couloni OosT. Ancyloceras. 

SS cristatum Ast. Ancyloceras. 

> dilatatum ORrB. Ancyloceras. 

R Duvalü L&£v. Crioceras. 

ar Duvalianum OrB. Ancyloceras. 

% Duvalianum OrB. Toxoceras. 

r Emerici LEv. Ancyloceras. 


IR Emericianum OrB. Toxoceras. 


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29 


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937 


... Crioceras elegans ORB. Toxoceras. 


Escheri OostT. Ancyloceras. 
Fourneti Ast. Ancyloceras. 
Jurcatum OrB. Ancyloceras. 
gigas Sow. Ancyloceras. 
grande Sow. Ancyloceras. 
Heeri OosT. Ancyloceras. 
Hilsi Sow. Ancyloceras. 
Honnorati OosT. Ancyloceras. 
Jauberti Ast. Ancyloceras. 
Jourdani Ast. Ancyloceras. 
Tcaunense CoTt. Toxoceras. 
insigne Pıcr. AÄncyloceras. 
Köchlini Ast. Aneyloceras. 
Lardyi Oost. Ancyloceras. 
longicorne Pıcr et Lor. Toxoceras, 
Matheroni Ore. Ancyloceras. 
Meriani OosT. Ancyloceras. 
Morloti Oost. _Ancyloceras. 
Moussoni OosT. Ancyloceras. 
Moutoni Ast. Ancyloceras. 
nodosum Cat. Ancyloceras. 
nodosum Or. To.roceras. 


 obligquatum OrB. Toxoceras. 


Orbignyanum MartH. Ancyloceras. 
ornatum ORB. .Sncyloceras. 
Panescorsi Ast. Ancyloceras. 
Picteti OosT. Ancyloceras. 
Pugnairi Ast. Ancyloceras. 
Puzosianum ORB. Crioceras. 
Puzosianum OrB. Ancyloceras. 
pulcherrimum OrpB. -Ancyloceras. 
Quenstedti Dost. Ancyloceras. 
Sablieri Ast. Ancyloceras. 
Sartousi Ast. Ancyloceras. 
Sabaudianum Pıcr. et Lor. Ancyloceras. 
Seringei AST. Ancyloceras. 
simplexz ORB. Ancyloceras. 
Studeri Oost. Ancyloceras. 
Thiollierei Ast. Ancyloceras. 


E Zeik.d,D. geol. Ges. XXVI1. 4. 61 


RT 


938 


Crioceras Terveri Ast. Ancyloceras. 
Van den Hecki Ast. Aneyloceras. 
Villersianum Ast. Ancyloceras. 


9) 


95 


Heteroceras ÜORBIGNY. 


Heteroceras umfasst eine Anzahl äusserst sonderbar gestal- 
teter Formen, welche zu Crioceras in demselben Verhältniss 
‚stehen, wie Turrilites zu Hamites. Von Crioceras unterscheidet 
sich unsere Gattung durch das Heraustreten aus einer Ebene, 
von Turrilites durch die unsymmetrisch getheilten Lateralloben, 
ausserdem aber noch durch den ganzen Habitus und die ganz 
abnorme, aus den Zeichnungen von D’ORBIGNY*) bekannte Art 
der Krummung. Ausser den drei typischen Arten ist noch 
Turrilites Senequieri OrB. hierher zu rechnen. **) | 


Heter. Astierianum ORB. 
„ bifurcatum OR». 
„»  Zmerici ORB. 
„» Senequieri ORB. 


Aspidoceras ZITTEL. 


Aeussere Gestalt sehr veränderlich, bald Nach und weit- 
nabelig, bald aufgeblasen „und engnabelig; Externseite ge- 
rundet oder mit einer breiten Externfurche, nie mit einem Kiel 
oder einer Kante. Sculptur aus einer oder zwei Knotenreihen 
bestehend oder fehlend, Rippen in der Regel nur in der Ju- 
gend vorhanden. Mundrand einfach (4sp. aporum mit Ohren?), 
Wohnkammer kurz, ?/;, Windungen betragend. Cellulose Ap- 
tychen. Lobenlinie ziemlich einfach; Siphonallobus, 2 Laterale, 
oft noch (bei geologisch jüngeren Arten) ein Auxiliar. Loben 
wenig zerschlitzt (mit Ausnahme von Asp. Altenense und circum- 
spinosum); Körper der Loben und Sättel breit. 

Die Entwickelung von Aspidoceras ist ziemlich gut be- 
kannt***); die Abzweigung von Perisphinctes scheint im oberen 
Callovien vor sich zu gehen. Bricht man von einem der ein- 


*) Journal de Conchyliologie Vol. II. 
**, Vergl. oben bei Turrilites. 
»**) Vergl. WÜRTTEMBERGER im „Ausland“ 1873 und Neumaryr, Fauna 
der Schichten mit Aspidoe. acanthicum pag. SW. 


939 

 facheren, geologisch alten Typen, z. B. Asp. perarmatum die 
äusseren Windungen weg, so findet man innen eine Sculptur, 
_ welche über die Abstammung von der Gruppe des Perisphinctes 
aurigerus und curvicosta keinen Zweifel lässt; geschwungene 
Rippen und Parabelknoten sind bei beiden identisch und die 
letzteren entwickeln sich zu der äusseren Kootenreihe der 
Aspidoceras, unter denen die Formen mit nur einer äusseren 
Knotenreihe den ursprünglicheren Typus darstellen, aus denen 
sich erst die zweiknotigen Perarmaten entwickeln, die in der 
Jugend nach dem Stadium der Rippen und Parabelknoten ein 
zweites mit nur Ausserer Knotenreihe, dann erst das dritte 
- definitive mit zwei Knotenreihen durchmachen. 

An die grosse Reihe der Perarmaten mit doppelter Knoten- 
reihe, welche keinen Auxiliarlobus besitzen, schliessen sich 
mehrere andere Reihen an; zunächst eine solche, welche die 
äussere Knotenreihe ganz oder theilweise verliert, wie Asp. 
Tietzei und acanthomphalum und von der ersteren Form nehmen 
die Arten mit breiter Externfurche ihren Ursprung, wie Asp. 
pressulum, Knopi, Beckeri, hybonotum u. s. w. Endlich sind 
_ auf die Perarmaten die aufgeblasenen Formen der Oycloten 
zurückzuführen, welche wohl in Folge ihrer grossen Dicke 
einen Auxiliarlobus aufnehmen, und auch analog den schmalen 
Formen allmälig die äussere, später die innere Knotenreihe 
verlieren und ganz glatt werden. 

: Aspidoceras hat den Höhepunkt seiner Entwickelung in 
der Kimmeridgestufe und stirbt im Neocom aus. 


Formen des Jura: 


Asp. acanthicum Opp. ® Asp. circumspinosum QUENST. 
„. acanthomphalum ZITT, „  elambum OPr. 
»»  Sltenense ORB. „ eyclotum Opr. 
„»  Appenninicum Zimt. „  distractum QUENST. 
„ atavum OP. „„ Edwardsianum OR». 
„ avellanum OPpP. „  eucyphum OPP. 
„„  Babeanum OR». „  eurystomum Ben. 
„» Beckeri Nzum. »  gigas ZIET. 
„  biarmatum ZIET. „ harpephorum Neun. 
»  bDinodum QUENST. „ Haynaldi HerBıch. 
„„  bispinosum ZIET. »»  hybonotum Opr. 


;»  Caletanum- Oper. „» hypselum Opr. 
6L° 


90 


Asp. Knopi Neun. .fsp. Raphaeli Orr. = 


‚„ Lallierianum OrRB. - „, Rogoznicense ZEUSCH. 
„„ liparum OR». „»  Badisense OR». 

„  longispinum Sow. „ Rotari Orr. 

„  meridionale GEM. „„  Rupellense OR». 

„  microplum Opr. „. Schwabi Opr. 

„„  Neoburgense Orr. „  Tietzei Neun. 

„ perarmatum Sow. „  Uhlandi Opr. 

„, FPiceininü Zimt. „» Wolfii Neum. 

„ pressulum NEUM. „»  Zeuschneri ZI. 


Formen der Kreide: 


4sp. nodulosum Uar. ‚Asp. simplum OR. 
„„.  Zoyerianum OR®. „.  Voironense LoRr. 


Peltoceras WAAGEN. 


Diese Gattung ist von WAAGEN in einer vorläufigen Mit- 


theilung über die Cephalopoden des Jura von Cutch in Indien 
aufgestellt; sie begreift nach der Fassung, welche ich ihr geben 


zu mussen glaube, Formen, die gleich 4spidoceras von Peri- _ 
sphinctes abzweigen und geknotete Rippen entwickeln; während 
aber Aspidoceras von den Perisphincten mit geschwungenen 


Rippen herzuleiten ist, zeigt hier die Stammform, Peltoceras 


aunulare, ganz gerade Rippen; ein Unterschied zwischen beiden 
Gattungen liegt in dem Auftreten persistenter Ohren bei Pel- 
toceras; von Wichtigkeit wird es sein, den Aptychus des letz- 
teren kennen zu lernen. Die ältesten Vertreter erscheinen 
im oberen Callovien, und schon im oberen Oxfordien > 
die Gattung mit Pelt. bimammatwm wieder aus. 


Peli. aegoceroides W Aa. _ Pelt. Eugeni Ras. 
„  annulare Rein. „„  reversum LEckK. 
„„  AÄrduennense OR». „  semirugosum WAAG. 
„ athleta PHILL. „  spissum OPP. 
„ bidens WAaac. „  torosum OPpP. 
„„  bimammatum QUENST. „,  transversarium QUENST. 


„„ Constanti ORB. 


Simoceras ZITTEL. 


Gehäuse sehr flach scheibenförmig, weitnabelig, mit zahl- 


reichen, langsam anwachsenden Windungen (ausser bei einigen 


or Elbeicch altesten Formen); Externseite gerundet oder ge- 


= jurchs, Seulptur selten fehlend, meist aus geraden, einfachen oder 


gegabelten Rippen bestehend, welche meist während der gan- 


_ zen Lebensdauer, jedenfalls aber in der Jugend auf der Extern- 
_ seite unterbrochen, und häufig mit Knoten verziert oder auf 


der letzten Windung stark angeschwollen sind; vereinzelte, 
nach vorn gerichtete Einschnurungen auf allen Umgängen. 
Wohnkammer lang, mindestens °/, Umgang, meistens mehr 


_ betragend.. Mundrand bei den geologisch jüngsten Arten mit 


einem aufwärts gebogenen Externlappen, bei den geologisch 
jüngeren Formen noch nicht bekannt. Aptychus ? Lobenlinie 
nicht sehr complicirt, in reductiver Umänderung begriffen; 
Siphonallobus am grössten, Externsattel sehr entwickelt und 
breit, Laterale einspitzig, bei den geologisch jüngeren Formen 


- sehr klein. 


Die Gattung Simoceras beginnt im oberen Theile des mitt- 
leren Jura mit der Gruppe des Sim. sulcatum, anceps, Greppini, 
Fraasi, Rehmanni, welche typischen Perisphincten sehr nahe 
stehen und sich von solchen nur durch etwas entwickeltere 
Einschnurungen, das Auftreten von Knoten auf den Rippen 


und das Vorhandensein einer Externfurche unterscheiden, so 
dass es in hohem Grade wahrscheinlich ist, dass beide Gat- 


tungen aus gemeinsamer Wurzel entspringen, zumal da die 
Perisphincten in hohem Grade zur Bildung einer Externfurche 
geneigt sind; diesen stehen Formen aus dem unteren und 
mittleren Theile des oberen Jura, wie Sim. contortum NEUM, 
und Agrigentinum Gem. sehr nahe; allmälig tritt eine Verän- 
derung derart ein, dass die ursprünglich allein vorhandenen 
gespaltenen Rippen mehr und mehr einfachen Platz machen 
und endlich ganz durch diese verdrängt werden, während 
gleichzeitig die Rippen auf der Wohnkammer weiter aus- 
einander treten und stark anschwellen. Daraus entwickeln 
sich dann die extrem ausgebildeten, sonderbaren Arten des 
Tithon, für welche die Gattung ursprünglich gegründet 
wurde, mit theils sehr stark vortretender, theils verschwin- 
dender Sculptur , bedeutend reducirter Lobenzeichnung und 
aufwärts gebogenem Externlappen an der Mündung. 

Den Höhepunkt erreicht Simoceras im unteren Tithon, 
wo es eine grosse Formenmannigfaltigkeit entwickelt, aber 


‚schon im oberen Tithon stirbt die Gattung aus; die geologisch 


942 


ältesten Formen sind sowohl im mediterranen als im mittel- 
europäischen Jura verbreitet, vorwiegend sogar in letzterem; 
die jüngeren, stark von Perisphinctes differeneirten Typen sind 
dagegen, wie Phylloceras und Lytoceras, fast ganz auf die 
mediterrane Provinz beschränkt und treten nördlich nur ganz 
vereinzelt in wenigen äusserst seltenen Arten (Sim. Randenense 


und Doublieri) auf. 


Sim. Ayrigentinum Gen. 
„  anceps Rein. 
„ arthriticum Sow. 
„  admirandum ZITT. 
„  Benianum Car. 
„,  biruncinatum (QUENST. 
„ Caffisü Gem. 
„  Cavouri GEM. 
„  Catrianum ZITT. 
„,„. contortum NEUM. 
„»  Doublieri OR». 
„  explanatum NEuM. 
„  Favaraense Gen. 


Sim. Fraasi Ope. 


29 


39 


I = 


9) 


9) 


Greppini OPpr. 
Herbichi Hau. 
Jooriense W aaG. 
Iytogyrum ZI. 
rachystrophum GEM. 
Randenense MÖScCH. 
Rehmanni Op. 
strietum Car. 
sulcatum Heu. 
teres NEUM. 
Venetianum Zimt. 
Volanense Opp. 


u a 


B. Briefliche Mittheilungen. 


l. Herr G. Sesuenza an Herrn G. vom Rarn. 


Messina, 29. October 1875. 


\ 


Es war mir bereits fruher bekannt, dass an verschiedenen 
Punkten der Nordküste Siziliens Anhäufungen von Bimstein- 
tuffen sich finden, doch hatte ich noch keine Kenntniss von 
ihrer Lagerung. Im verflossenen Jahre indess fand ich bei 
Salice eine versteinerungsreiche, dem Pliocan angehörige 
Schicht, welche neben den gewöhnlichen Elementen von Quarz- 
und Kalkkörnern (den vorherrschenden Elementen der betref- 


enden Schicht) die deutlichsten vulcanischen Lapilli fuhrt und 


mit ihnen lose Augite von der charakteristischen Form der 
von den Vulcanen ausgeschleuderten Krystalle. An derselben 
Oertlichkeit fand ich dann auch den Bimsteintuff und verschie- 
dene andere Straten von vulcanischen Materialien. 

Das beifolgende Profil wird die beobachtete Schichten- 
folge deutlich zeigen. 


Oberes Tertiär bei Salice (Nordküste von Sicilien). 


Fe A er 


944 


1. Thon des oberen Miocäan. Be 

2. Knollenkalk (Calcare nn ohne Versteine- 
rungen. : 

3. Weisse Mergel mit Orbulinen und Globigerinen. 

4. Korallenkalk. 


5. Mergel mit Terebratula Guiscardiana, T. Meneghiniana, 


Terebrotella septata ete. (Erloschene Specien). 


6. Mergel mit denselben Versteinerungen, denen sich 


noch hinzugesellen: Nucula sulcata, Leda acuminata, 
L. gibba, L. pusio, Malletia dilatata etc. 


T. Quarzig - kalkige Sande mit Lapilli und vulkanischen 


Sanden von trachytischer (tefrinica) Beschaffenheit. 
8. Mehr oder weniger cementirte kalkreiche Sande mit 


Bimsteinbruchstücken und Trachytsanden, sehr reich 


an Cirrhipeden, Korallen, Mollusken, Foraminiferen ete. 
9. Dichter Kalk mit Lophohelia, Desmophyllum, Caryo- 
phyllia- und Mollusken. 
10. Alluviale Bildungen ohne Versteinerungen. 


a. Sehr feinkörniger Sandstein unbestimmter Bildung. 
b. Schwärzlich brauner Mergel. 
c. Versteinerungsführender Bimsteintuff. 


Die Abtheilungen 2 und 3 gehören zur unteren Etage des 
älteren Pliocan (dem Zankleanischen). Die Abtheilüngen 4 
bis 8 bilden die obere Etage des älteren Pliocan (Astianisch, 
Pareto). 

Es ergiebt sich demnach, dass die mit 1 bezeichnete 
Miocänabtheilung keine vulkanischen Producte enthält. Ebenso 
verhält es sich mit den Schichten 2 und 3. Die ganze übrige 
Masse des Profils bildet, abgesehen von den Alluvionen, die 
obere Abtheilung des älteren Pliocän’s, das eigentliche Astia- 
nische Pareto’s. Die sehr zahlreichen organischen Reste lassen 
in dieser Hinsicht keinen Zweifel bestehen. In dieser letz- 
teren Schichtenreihe nun findet sich ein Stratum eines fein- 
erdigen, zerreiblichen Sandsteins (a), welches mir von vielen 
anderen Punkten bekannt ist. Die mikroskopische Unter- 
suchung lässt, freilich ganz selten, einige Foraminiferen (Glo- 
bigerina, Rosulina, Rotalina u. a.) erkennen, während die Haupt- 


sa 
S, 


_ masse aus unregelmässig gestalteten, durchsichtigen, meist 
verlängerten Gebilden besteht. Es wäre nicht unmöglich, dass 


_ äusserst fein zerriebenes, vulcanisches Material bereits an der 
Bildung dieser Schicht einen Antheil hat. — Dasselbe gilt von 


a 


dem schwärzlichbraunen Stratum b, welches seine Färbung 


von reichlich beigemengtem Mangan zu erhalten scheint. 

In den mit 6 bezeichneten Schichten finden sich keine 
Anzeichen einer vulcanischen Bildung. Wohl aber sind in der 
Schicht 7 Lapilli und vulcanische Aschen überaus deutlich. 
Das Stratum e, 1'/, M. mächtig, besteht aus Bimsteintuff und 


- führt die organischen Reste der unmittelbar unter- und über- 


SSR TR 


RE” 


lagernden Schichten. 

In den Schichten 8 bemerkt man Fragmente von Bim- 
stein, sowie Lapilli und trachytische Aschen. Wohlgebildete 
Augitkrystalle fehlen nicht. 

Aus dem Gesagten geht klar hervor, dass das Material 


dieser Schichten identisch ist mit den Producten der äolischen 


Inselvulkane, und es ergiebt sich ferner, dass die Eruptionen 
dieser Vulecangruppe bereits in der Epoche des älteren Plio- 
cäns begannen. Das Studium des Profils von Salice und 
ähnlicher Punkte macht es demnach möglich, die Aufeinander- 
folge der Eruptionen, ihre Unterbrechungen etc, genau zu 
verfolgen. — 


2. Herr ©. Feıstmanter an Herrn von RıcHTHoreEn. 


Calcutta, 10. December 1875. 


Vor etwa 14 Tagen bekam ich das 1. Heft dieses Bandes 
der Zeitschrift in die Hand, wo Ihr Vortrag über Dr. Sto- 
LIiczka’s Ergebnisse und Forschungen im Nordwest - Himalaya 
und in Sud-Turkistan abgedruckt ist. Mit Bezug darauf er- 
erlaube ich mir Ihnen heute folgendes daran Anschliessende 
mitzutheilen. 

Dr. Storıczka’s naturhistorische Specimina, die er auf 
der Expedition nach Yarkand gesammelt hatte, kamen natür- 
lich alle (bis auf einige auf merkwürdige Weise verschwundene) 


946 


hier nach Oalcutta und sollen seiner Zeit in einem grösseren 
Werke publieirt werden. 

Die Bearbeitung des zoologischen Materials hatte Herr 
W. T. BLanrorp übernommen, und in einer der letzten Num- 
mern des Journal of the Asiatie Society of Bengal einen Vor- 
bericht über die Säugethiere veröffentlicht, und haben wir für’s 
Nächste weitere Berichte zu erwarten. Die zoologische Aus- 
beute scheint die grösste gewesen zu sein, 

Das nicht sehr grosse geologische und palaeontologische 
Material, befindet sich in unserem Museum; es sind aber dennoch 
einige recht interessante Dinge darunter. Ich habe mich an- 
geboten, die Zusammenstellung der Petrefacten zu verfertigen,. 

Gebunden aber durch die beabsichtigte rasche Veröffent- 
lichung meiner anderen officiellen Arbeit (die fossile Flora), 
über die ich Ihnen am Schlusse etwas mittheilen will, habe ich 
noch nicht viel Zeit gehabt, eingehend an den Srtouıczka’schen 
Sachen zu arbeiten; doch will ich Ihnen ganz kurz schon jetzt 
das Wichtigste daruber mittheilen, und werde später vielleicht 
Gelegenheit haben, ausführlicher darüber zu sprechen, 

Alle Fossilien stammen aus dem Bereiche der Kora- 
koram-Kette, bis über Kashghar hinaus, zum Fusse des westl. 
Tian - Shan. 

1. Die interessantesten Petrefacten sind eine ziemlich zahl- 
reiche Suite ganz kugelrunder oder nur etwas plattgedrückter 
Körper, die auf der Oberfläche entweder mehr oder weniger 
glatt sind und nur mit kleinen Löchern versehen, oder aber 
warzenartige, verschieden grosse Hervorragungen besitzen. Als 
ich sie zuerst erblickte, erinnerten mich dieselben gleich 
an Professor RoEmER’s Astylospongia namentlich an Sade- 
witz, t. 3. f. 3a. 3b. — wofür ich sie auch in der That 
ansehe, zumal auch die Innenstructur auf dem geschliffenen 
Durchschnitt ganz übereinstimmt. Doch konnte es mir bis 
jetzt nicht gelingen, in den von mir angestellten Präparaten 
die „Spiculae* zu finden; ich glaube aber, dieselben waren 
nicht hinreichend präparirt und werde ich mich vielleicht ge- 
nöthigt sehen, in Deutschland Dünnschliffe anfertigen zu lassen. 
Ich sehe sie indessen doch als _4stylospongia an und scheinen 
wenigstens 2 Arten vorhanden zu sein. 

Dieselben Körper wurden, so viel ich weiss, nur einmal 
aus demselben Gebirge angeführt und zwar von Dr. VERCHERE 


947° 


4 in dem Journal der Asiatie Society; es finden sich daselbst 
auch 3 Exemplare abgebildet, aber sehr schlecht. Derselbe 

führte sie an als Sphaeronites Hırsısc. und unterschied auch 
2 oder 3 Species. 

Die Localität Dr. VERcCHERE’s war:  Korakoram-chain in 
the rocky plains at the foot of the Masha-Brum (auch auf 
einigen Karten Mascherbrum) — [Masha-Brum 25000’ hoch, 
zwischen 35 — 36° nördl. Br. und 76—77° östl. L., südlich 
vom Muskat Pass (18400’) und vom Baltoro-Gletscher (nord- 
westl. von Leh or Ladak)]. 

Srtonıczka’s Angabe ist: Korakoram, head of the Shyok 
valley (also südöstlicher vom vorigen). Diese Petrefacten sind 
in der That silurisch.. Es ist aber weit nördlicher als die 
Localitäten Cpt. STRACHEY’s und als StoLiczkA’s frühere Reisen 
im nordwestl. Himalaya. 

2. Das nächst interessante Petrefact ist ein grosser Brachio- 
pode, der in der That ein Pentamerus und wohl nur Pent. 
Knighti Sow. ist; es ist das Exemplar zwar nicht vollständig 
erhalten, aber die Form ist dennoch deutlich zu erkennen und 
die Lamelle in der Schnabelschale ist deutlich zu sehen. 

Localität: N. of Tangitar — Koktan Range, nördlich von 
Kashgar. Se 

Ausser diesen Petrefacten sind dann noch andere vor- 
handen, die dem Silur angehören. — Von Devonfossilien ist 
nichts vorhanden, und scheint Devon hier in der That nicht 
entwickelt zu sein. 

3. Dann ist eine Suite von Koblenkalk-Petrefacten vorhan- 
den, ebenfalls aus der Koktan Range, enthaltend neben einem 
grossen Productus von Alun-Artush, nördl. Kashgar, noch den 
gewöhnlichen Productus semireticulatus Marr. in einigen Exem- 
plaren, nördl. von Tangitar, nördl. Kashgar , ausserdem einige 
Terebrateln und Spiriferen, 

4. Dann ist eine Suite exquisiter Trias-Petrefactee von 
nordöstl, von Aktash, 4 Miles westl. vom Noza-tash, 75° östl. 
L. und oberhalb 37° nordl. Br., und von Wohab-Jilga, südl. 
von Aktagh, nördl. vom Korakoram Pass; besonders sind 
darunter zwei Gesteinsstucke voll von Monotis salinaria: von 
Aktash, ebenso einige Exemplare eines Oeratiten von Aktagh. 

9. Endlich sind noch einige Jurapetrefacten vorhanden. 

Neben den Petrefacten, die bei näherer Untersuchung. 


98 


noch mehr Resultate ergeben werden, liegt noch eine Suite 


von Gesteinen vor. | 

Es ist also durch .diese Expedition die Kenntniss der 
Formationen, die bis jetzt zumeist nur von Spiti und theilweise 
von Rupshu (südöstl. von Ladak) gekannt waren, ziemlich 
hoch nach Norden vorgeschoben worden. Es wird auch eben 
die geologische Karte dieser Tour zusammengestellt. 

Meine gegenwärtige Beschäftigung ist hauptsächlich die 
Bearbeitung der Pflanzenreste, die sehr zahlreich sind, und 
zwar habe ich zuerst das Jura-Triassische Terrain vorgenom- 


men (Tertiär und Kreide später). Zu diesem Terrain gehören, 
wenigstens so viel ich mich bis jetzt überzeugen konnte, und 


durch Application der Verhältnisse in Europd, die meisten der 
hiesigen koblenführenden Schichten; — echte Carbonkohlen 
scheinen in der That ganz zu fehlen. 

Ich bearbeitete eben die Cutch - Flora mit 12 Tafelerklä- 
rungen und beende die Rajmahalflora, zu der noch 10 Tafeln 
kommen. Die Flora der Juraschichten von Cutch ist dem 
grössten Theile nach oolitisch, und zwar unteroolitisch, analog 


dem englischen Oolit von Yorkshire; zwei Fundorte wiesen 


Pflanzen auf, die noch einen tieferen Horizont andeuten. Die 
Flora ist nicht sehr reich. Die „Rajmahal Series“ in den 
„Rajmahal Hills“ (150 — 180 engl. Miles nördl. von Caleutta) 
führt sehr zahlreiche Pflanzenreste (keine Thierreste). Diese 
hatte schon Herr Tn. OLpnam mit Prof. Morris im Jahre 1862 
zu publiciren angefangen, aber nur zum Theil bearbeitet; 


Fortseszung und Schluss habe ich nun zu machen, mit theil- 


weiser Umänderung des schon publicirten. Nach den Pflanzen- 
resten, die sehr reich sind, besonders an grossen Formen von 
Taeniopteris Bar., Pterophyllum Ber. (sehr zahlreich und gross), 
Cycadites Bat. (echte und grosse Formen) etc., erkläre ich 
diese Schichten für Lias, was auch schon früher theilweise, 
wenn auch indirect von anderen Autoren, angedeutet wurde. 
Hier bezeichnete man diese Schichten als: „Not newer than 
the lower Oolite“, also auch ziemlich nahe. Neben den oben 
bezeichneten Petrefacten, die für die Altersbestimmung wichtig 
waren, fuhrt die „Rajmahal- Series* auch noch Petrefacten, die 
für sie als solche charakteristisch sind. Es sind einige 
Alethopteris- Arten, einige Coniferen -Zweigchen und dann der 
indische Typus: Prilophyllum Morr. (von einigen Autoren als 


a in & 


ET NER 


949 


 Palaeozamia Enptr. citirt), der auch in der Outch Series noch 
vorkommt und für diese beiden Schichtenreihen gleichsam 


das verbindende Glied bildet, das sie zu derselben grösseren 


Epoche, nämlich Jura, stellt. 


: Auf Grund der für die „Rajmabal Series* charakteri- 
stischen Pflanzenreste habe ich diese Schichten noch an einer 
anderen Stelle, namlich an der Sudostküste Indiens, im Be- 


_ reiche des unteren Godavari Rivers, westlich von Elloor, bei 


Collapilly mit Sicherheit nachgewiesen, und auch noch an 
anderen Stellen werden sie sich erweisen lassen. Die Outch 
Series habe ich anderwärts noch nicht wiedergefunden. 

Die nun unter der Rajmahal Series folgenden Schichten, 
die Panchet Rocks, obere Damudah Series (Kampti Series) 
etc., halte ich für Trias mit Schizoneura Scumr. u. Moue., 
Glossopteris B6T. etc. Ueber diese Schichten werde ich erst 
näher arbeiten; sie sind ziemlich vorbereitet. Panchet-Burdwan- 
Raniganj, Nagpoor, Chandah (Wurda-River), Godavery (Goda- 
vari) etc. führen sie. 

Nächsten Monat (Januar) gehe ich mit Herrn Tu. OLpHam 


nach den „Rajmahal Hills“ zu geologischen und palaeontolo- 


gischen Studien. 


3. Herr M. Bauer an Herrn G. vom Rarn. 


Königsberg, 26. December 1879. 


In einer brieflichen Mittheilung (s. diese Zeitschr. Bd.XX VI. 
pag. 460) macht Herr Dss Croızeaux Sie auf die Worte auf- 
merksam, die ich in einer Sitzung der Gesellschaft gesprochen 
habe und die a. a. O. pag. 239 abgedruckt sind. Ich bemerke 
im Voraus, dass diese Worte durch einen Vorwurf des Herrn 
Kosmasnn, welchen er mir gelegentlich eines Referats der 


Des CroızEeaux’schen Abhandlung machte, hervorgerufen wur- 


den. Daraus erklärt sich auch die Kürze meiner Anfüh- 
rungen; denn hätte ich die Absicht gehabt, mich uber die 
damals neue Arbeit des verdienstvollen französischen Minera- 
logen auszusprechen, so hätte ich mich gewiss, der Bedeutung 
derselben gemäss, eingehender geäussert; nur um diese viel- 
leicht auffallende Kurze zu erklären, habe ich mich uber die 


Genesis meiner Worte ausgesprochen, 


950 


Wenn ich mir nun, durch Herrn Des CLo1zEAux selbst 
veranlasst, eine eingehendere Besprechung seiner Arbeit ge- 
statte, so wende ich mich zuerst zu den Thatsachen, die dieser 
verehrte Forscher als ausser allem Zweifel stehend besonders 
betont. Es sollen nach ihm gewisse optische Kennzeichen 
„eine Beständigkeit besitzen, welche entweder durch ihre 
nothwendige Beziehung zum Krystallsystem bedingt wird oder 
doch als ein Resultat zahlreicher Versuche sich ergiebt.* 
(Zeitschr. pag. 460.) 

Zu den ersteren Kennzeichen gehört das Zusammenfallen 
der Ebene der optischen Axen mit einer der drei krystallo- 
graphischen Axenebenen im rhombischen System etc.; diese 
Thatsache, welche nicht in näherer Beziehung zur Streitfrage 
steht, zu bestreiten, fallt mir natürlich nicht ein. Zu der 
zweiten Art von Kennzeichen gehören die verschiedenen Arten 
von Axendispersionen, deren Constanz „in allen Krystallen 
derselben Species, .... so lange nämlich die Ebene der 
optischen Axen in jenen Krystallen dieselbe Lage bewahrt,“ 
Herr Des CLo1zEaux so nachdrücklich kervorhebt, und auf die 
er sich in seiner Feldspatharbeit hauptsächlich stützt. Hierzu 
bemerke ich, dass es mir schwer geworden ist, einen der 
Sache entsprechenden Sinn in dieser Stelle zu finden. Ich 
kann nur, vielleicht etwas willkürlich, annehmen, Herr Des 
CrLoızzaux habe sagen wollen: die optische Axenebene kann 
zwar bei verschiedenen Krystallen einer und derselben Species 
verschieden orientirt sein, aber für jede bestimmte Lage dieser 
Ebene ist auch immer eine ganz bestimmte Art der Dispersion 
vorhanden. Nun ist man aber in der theoretischen Optik über 
das Wesen und die Ursachen der Axendispersion noch sehr 
im Dunklen und ein innerer Grund für die erwähnte Constanz 
derselben liegt für jetzt wenigstens durchaus nicht vor. Ver- 
suche haben allerdings gelehrt, dass in den meisten Fällen 
diese Behauptung ganz richtig ist, eine einzige gegentheilige 
Erfahrung macht dieselbe aber als allgemeines Gesetz hin- 
fällig, und sogar, wenn es nur Einen Fall gäbe, wo Zweifel 
herrscht, wäre es nicht erlaubt, ein solches Gesetz aufzu- 
stellen und weitere Schlüsse darauf zu bauen, denn diese wür- 
den natürlich auch zweifelhaft sein. Jedenfalls darf man aber 
Niemandem zumuthen, dieses Gesetz ebenfalls anzuerkennen, 
wenn man sich auch selbst über diese Bedenken wegsetzt. 


951 


In der That giebt es einen solchen Fall (vielleicht meh- 


rere) und zwar einen solchen, den Herr Des CLo1zEAux selbst 


beobachtet hat. In seinen vortrefflichen und unentbehrlichen: 
„Nouvelles recherches* pag. 588 bespricht er die optischen 
Verhältnisse der Magnesiaglimmer mit kleinem Axenwinkel, 
die hier und meines Wissens auch sonst immer zu einer 


Species (wobl Phlogopit genannt) zusammengefasst werden. 


Er sagt: .... Cependant, dans un certain nombre d’echan- 
tillons elle est appreciable .... (nämlich die Axendispersion). 
On trouve ainsi, tantöt p>v, tantöt p<v,sans qu’on 
puisse etablir de relation entre le sens de la disper- 
sion et l’orientation du plan des axes optiques.“ 
Es werden dafür folgende Thatsachen angeführt; 


7 Glimmer, wo ou: _ 
2 wo die optische Axenebene parallel h!, 
l wo die Axenebene parallel g'. 
II. Glimmer, wo p<o: 
5 wo die Axenebene parallel h!, 
2 (einer zweifelhaft) wo sie parallel g! ist. 
Dies ist also ein Fall, wo bei verschiedenen Krystallen der- 
selben Species die optische Axenebene verschieden orientirt 
ist, und wo verschiedene Arten von Axendispersion ganz un- 
abhängig von der Orientirung der Axenebene vorkommen, und 
damit ein solcher, welcher der von Herrn Des ÜCLo1zEAux be- 
haupteten Constanz der Dispersion direct widerspricht, Ich 
muss diese Beobachtungen für um so zuverlässiger halten, als 
Herr Des Croizeaux wenige Jahre vorher die gegentheilige 
Ansicht äusserte, die er nun a. a. OÖ. ausdrücklich zurück- 
nimmt. Er meinte nämlich, dass bei den kleinaxigen Magnesia- 
glimmern die Örientirung der Axenebene und die Art der 
Axendispersion in constanter Beziehung zu einander ständen 


und dass immer p = v sei, je nachdem die Axenebene parallel 


rossen 
ke 


de Diagonale der Basis liege. Diese ausdrücklich 
kleinen 


widerrufene Erscheinung würde dem Gesetz von der ÜOonstanz 
der Axendispersion genau entsprechen, die Erfahrungen, wie 
sie jetzt vorliegen, widersprechen dem Gesetz. (Ich bemerke 


blos im Vorübergehen, dass auch beim Prehnit Einer Lage 
der optischen Axenebene beide Arten von Dispersion p <v 


92 


und p>v zu entsprechen scheinen, aber hier ist die Erschei- 
nung noch zweifelhaft.) Es ist mir nun nicht bekannt, dass 


Herr Ders Croızeaux die Erscheinungen beim Glimmer mit 


seiner Behauptung in Uebereinstimmung zu bringen gesucht 
hätte*), wenigstens finde ich in der mir hier vorliegenden 
Literatur nichts darüber. Aber ehe alle diese Widersprüche 


und Zweifel gelöst, kann man einem doch‘ nicht zumuthen, 


den mehrfach erwähnten Satz anzunehmen, auch wenn er in 
mehreren Arbeiten aufgestellt wurde. Herr Des OLoIzEAaux 
wird mich also wohl entschuldigen, wenn ich vorläufig in dieser 
Sache noch auf dem Standpunkt der Schule, wie sie vor 
40 Jahren war, stehen bleibe, wobei ich nicht unterlassen kann 
zu bemerken, dass man vor 40 Jahren keineswegs den Axen- 
winkel für ein constantes Kennzeichen gehalten hat, wenigstens 
in Deutschland hat man sich damals dieses Irrthums nicht 
mehr schuldig gemacht. Er hat wohl die hier angeführten 
Thatsachen nicht hinlänglich erwogen, als er die Constanz der 
Axendispersion, ihre nothwendige Beziehung zur Orientirung 
der Axenebene als ein unzweifelhaftes, unumstössliches Natur- 
gesetz hinstellte. 

Ich wende mich nun nochmals mit einigen Worten zu der 
Arbeit des Herrn Des CLoizEaux über die Feldspäthe, nach- 
dem ich gezeigt habe, dass nicht immer die Axendispersion 
und die Orientirung der Axenebene in Beziehung zueinander 
stehen. Um zunächst etwas Allgemeines zu bemerken, so 
scheint es mir, als ob man aus den wenigen von Herrn Des 
ÜLo1zEAux angeführten Beobachtungen noch keine so weit 
gehenden Schlüsse ziehen dürfe. Vermuthlich hat er viel mehr 
Beobachtungen gemacht, als er in seiner Arbeit anführt, aber 
der Leser kann doch blos nach dem ihm vorgelegten Material 
urtheilen, und das scheint mir, wie gesagt, quantitativ unge- 
nügend zu sein, um in dieser Frage pro oder contra TScHERMAK- 
entscheiden zu können. Ausserdem macht gerade bei den 
triklinen Feldspäthen die complieirte Zwillingsbildung die 
optische Untersuchung so schwierig, dass auch bei einem so 
ausgezeichneten Beobachter übereinstimmende Resultate aus 
erheblich vermehrten Beobachtungen gewünscht werden müssen. 


*) Eine Untersuchung der angeführten Glimmer mit der Körner- 
probe würde hier wohl entscheiden. 


953 


_ Zum Speeiellen übergehend, halte ich mich in Kürze, um den 
_ Rahmen einer brieflichen Mittheilung nicht zu sehr zu über- 
schreiten, an die Stelle der Arbeit des Herrn Des CLo1zEAvx, 
in der er das Hauptresultat aus seinen Beobachtungen zieht 


(a. a. 0. pag. 8 des Sep.-Abdr., den ich seiner Güte verdanke). 


Er sagt: „La conelusion la moins discutable & laquelle con- 


duisent-Jes nouveaux faits rapportees dans mon Me&moire, c'est 
que le labradorite ou le plan des axes optiques, et la bisec- 
trice aigue positive presentent toujours la meme orientation 


avec la disversion p>v ne peut pas @tre regard& comme un 


x 


melange d’albite & bisectrice aigue positive et d’anorthite & 
bisectrice aigue negative possedant tous deux la dispersion 
o<v.“ Albit, Anorthit und Labrador zeigen also in der That 
keine grösseren optischen Unterschiede, als zuweilen die ver- 
schiedenen Krystalle Einer Species und es ist daher absolut 


nicht einzusehen, warum, wenn bei verschiedenen Krystallen 


einer und derselben Species (Phlogopit) die Dispersionen und. 
die Orientirung der Axenebenen verschieden und von einander 
ganz unabhängig sind, nicht dasselbe bei verschiedenen Glie- 
dern einer isomorphen Reihe sollte vorkommen können, na- 
mentlich wenn die betreffenden Krystalle dem triklinen System 


angehören, wo zwischen den krystallographischen und optischen 


Eigenschaften gar keine gesetzmässigen Beziehungen mehr 
vorhanden sind. Ueberhaupt weiss man noch sehr wenig von 
dem optischen Verhalten einer Reihe von isomorphen Mischun- 
gen und fast blos die Reihe der Seignettesalze ist genauer 
untersucht, am genauesten von NÖRRENBERG (Württemb. naturw. 
Jahresh. Bd. 21. 1865. pag. 158 und Bd. 22. 1866. pag. 226), 
der SENARMONT’s ältere Angaben nicht unwesentlich corrigirte. 
Eine Annahme, dass sich alle isomorphen Mischungen optisch 
wesentlich gleich wie Seignettesalz verhalten müssen (natürlich 
mutatis mutandis), wäre gewiss verfrüht. Jedenfalls ist der 
Charakter der Doppelbrechung sehr wenig von Einfluss, da 
es ja Krystalle giebt, wo auf einer und derselben Platte beide 
Arten 4 und — vorkommen. Uebrigens kann man sich nach 
dem was das Seignettesalz zeigt, nicht wundern, dass „alle 
Labradore, alle Oligoklase etc.* sich untereinander optisch 
gleich verhalten, entspricht ja auch dort, wie es scheint, jedem 
Mischungsverhältniss ein ganz bestimmtes optisches Verhalten. 
Zeits. d.D. geol. Ges. XXVII. ;. 62 


954 


Bei der geringen Zahl der bekannten Fälle muss übrigens das 
„alle“ cum grano salis aufgefasst werden. | 

Nach all dem glaube ich nun, dass durchaus kein Grund 
vorliegt, aus Herrn Des ÜLoizeaux’s Beobachtungen auf die 
Unmöglichkeit einer Entstehung von Labrador durch Mischung 
von Albit- und Anorthitsubstanz zu schliessen, also auf eine Un- 
möglichkeit der TscHermar’schen Theorie, die demnach trotzdem 
nach wie vor ihre Geltung behält. Das und nur das wollte 
ich behaupten und durch eingehendere Erläuterung meiner 
Ansicht glaube ich Herrn Des CLoizsaux gegenüber meine 
Pflicht erfüllt zu haben. Da aber Herr Des Cro1zzeAux einen 
Beweis für den Isomorphismus von Albit und Anorthit von 
_ mir verlangt, so sage ich auch hierüber einige Worte. Wenn 
ich einen solchen annehme, so weiss ich mich in Ueber- 
einstimmung mit der Mehrzahl der deutschen Mineralogen. 
Die Gründe die mich leiten, sind die folgenden: Einmal ist 
die Form dieser 2 Substanzen nicht mehr verschieden, als die 
anderer isomorpher Krystalle auch, dann zeigt beider Formel, 
wenn man die des Anorthit verdoppelt, eine vollkommene Ana- 
logie, usd endlich und hauptsächlich mischen sich beide in 
allen denkbaren Verhältnissen ganz unbeschränkt. In der That 
lässt jede gute Analyse eines Kalknatronfeldspathes ohne Aus- 
nahme eine Berechnung zu, wonach in dem betreffenden Feld- 
spath m Mol. Albit mit n Mol. Anorthit gemischt sind und 
diese bei vielen Dutzenden von Feldspäthen gemachte Erfah- 
rung zeigt, dass bier kein Zufall vorliegt, sondern dass man 
es mit wirklichen Mischungen zu thun hat. Dem gegenuber 
ist die Abweichung in den Sauerstoffproportionen von gar 
keinem Belang. Wenn Herr Des CLoIzEAaux die TSCHERMAR’sche 
Theorie umstossen will, so muss er dies vom chemischen 
Standpunkt aus thun, er muss eine Ansicht aufstellen, die den 
chemischen Thatsachen besser entspricht, als die TSCHERMAR’sche. 
Gelingt ihm dies nicht, so werden eben alle Anhänger TsScHER- 
MAKs annehmen, dass die von Herrn Des CLoIzEAux an den 
triklinen Feldspäthen beobachteten optischen Erscheinungen 
eben möglicherweise bei den verschiedenen Mischungsverhält- 
nissen zweier isomorpher Krystalle vorkommen können. 

Ich werde also nach wie vor ein Anhänger der von 
TScHERMAR so geistreich entwickelten Feldspaththeorie bleiben, 
die zuerst Licht in die vorher so verwickelten chemischen 


Verhältnisse des Feldspaths brachte. Wenn nun auch Herrn 
Des Croızeaux’s optische Untersuchungen dieser Theorie nichts 
 anzuhaben vermögen, so bleibt ihnen doch ein hoher Werth, 
denn sie geben einen Beitrag zu der noch so sehr lücken- 
haften Kenntniss der optischen Verhältnisse isomorpher Mi- 


schungen in verschiedenen Verhältnissen der Mengen der End- 
glieder. Einverstanden bin ich jedenfalls mit Herrn Des 
CLoızEaux darin, dass die optischen Eigenschaften zur Be- 
stimmung der Mineralien von der grössten Wichtigkeit sind, 
aber allerdings nur bei richtiger Deutung (a. a. O. pag. 462). 
Da nun auf die Deutung so viel ankommt, so muss man sich 
wohl hüten, eine von der eigenen abweichende Deutung so- 
gleich für einen Irrthum zu erklären. 


A. Herr Des Croizeaux an Herrn G. vom Rarn. 


Paris, 31. December 1875. 


— — Im Begriffe, meine Arbeit über den Mikroklin zum 
Drucke zu geben, nachdem es mir gelungen, eine erste Reihe 
von photographischen, die merkwürdige Structur dieses Feld- 


 spaths darstellenden Bildern zu erhalten, kam ich auf den 


Gedanken, durch einen geschickten Arbeiter noch viel dünnere 
Platten, als meine bisherigen, darstellen zu lassen, um jene 


_ photographischen Bilder um so vollkommener zu erhalten. An 


diesen dunnen Platten nun gelang mir die Beobachtung, dass 
ein grosser Theil jener eingeschalteten Partieen, welche ich 
früher für Feldspath gehalten hatte, in der That Albit sind. 
Zuweilen erscheint der Albit als feine, auf der basischen 
Spaltungsfläche des Mikroklins quer verlaufende Adern (z. B. bei 


‘der rothen Varietät aus den Umgebungen von Arendal). So 
begreift man, wie dies Gemenge der beiden Mineralsubstanzen 


eine grössere Gesetzmässigkeit erreichen kann, als man bei 
der Verschiedenheit ihrer Winkel P:M (90° 15’ beim Mikro- 
klin; 93° beim Albit) voraussetzen sollte. In der That fallen 
auf der M-Fläche die Spaltungsebenen des Mikroklins und 
der eingeschalteten Albitlamellen fast zusammen, während die 


62* 


956 


0 2% Auslöschungsrichtung des Mikroklin, 


- 


Auslöschungsrichtung des Albit. 


Deo 


schmalen Bänder auf der Spaltungsfläche P einen eigenthümlich 
unregelmässigen Verlauf besitzen. Diese Bänder zeigen deutlich 
äusserst feine Streifen, parallel zur Kante P:M. Es sind die 
gewöhnlichen aus- und einspringenden Zwillingskanten der 
Plagioklase. 


Hier haben wir also jene mechanischen Gemenge resp. 
Einschaltungen, wie sie sich fast bei allen Amazonensteinen 
und bei einer grossen Zahl von Mikroklinen finden. Diese 
Albitbänder scheinen indess nur eine sehr geringe Menge von 
Natron den betreffenden Feldspathen zuzuführen. So beträgt 
das Natron in den jüngst analysirten Amazonensteinen 1,5 
bis 2 pCt. Im rothen Mikroklin von Arendal, welcher unter 


dem Mikroskop ganz erfüllt von Einschlüssen aussieht, fand 


Pısant nur 5 pCt. Natron. Der schillernde Feldspath von 
Fredriksvärn hingegen (der ursprüngliche Mikroklin BREIT- 
HAUPT’s) zeigt, wie man ihn auch wenden und bis zu welcher 
Dünne man ihn auch schleifen möge, keine Einschaltungen; er 
ist ein normaler Orthoklas.. Wir kommen demnach zu dem 
Resultate, dass der Adular und eine gewisse Anzahl anderer 
monokliner Feldspathe wahre Kali-Orthoklase sind, während 


a 
1A er | 

aRr ’ 
% 


EI 


. 


957 


Ei ar Mikroklin eine dimorphe (trikline) Species ist; dass es 


ferner eine Orthoklas - Varietät giebt, welche in annähernd 
gleichen Aequivalenten Kali und Natron enthält. Die reinsten 
und gleichartigsten Vertreter dieser letzteren Varietät sind die 
_ Sanidine und der Feldspath aus dem Zirkonsyenit des südlichen 


Norwegen. — Bald hoffe ich meine Ärbeit abzuschliessen, 


welche sich auf fast zahllose Beobachtungen am Mikroklin 


gründet (ich besitze jetzt 45 Proben von verschiedenen Fund- 
orten und mehr als 200 Platten). Möge das beginnende Jahr 


_ uns den Frieden erhalten, damit wir so manche begonnenen 
‚Arbeiten weiter führen und vollenden und uns der Wahrheit, 


welche wir Alle suchen mussen, ein wenig nähern können. 


1 


C. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der November - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin, den 3. November 1875. 


Vorsitzender: Herr BEYRIcH. 

Das Protokoll der August - Sitzung wurde vorgelesen und 
genehmigt. ß | 

Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 

Herr H. MasckE, Rentier zu Göttingen, 
vorgeschlagen durch die Herren v. SEEBACH, O. Lang 
und E. ManGoLD; 

Herr v. GoLDBECK, Regierungsrath zu Göttingen, 

vorgeschlagen durch die Herren STRUCKMARN, 
C. ScHLÜTER und A. SCHLÖNBACH; 

Herr v. Knorr, Bergdirector zu München, 
vorgeschlagen durch die Herren v. DEcHEN, BEYRICH 
und GüNBEL. 

Herr Berrica legte die in der Märzsitzung besprochene, 
von Herrn v. Fritsch aufgefundene Cyrena consobrina aus dem 
unteren Diluvium von Teutschenthal bei Halle vor. 

Herr WesskyY legte einige vom hiesigen mineralogischen 
Museum erworbene Tellurerze aus dem Staate Colorado, sowie 
ein Exemplar des ebendort vorkommenden Amazonensteins vor. 

Herr Kayser legte eine aus den 6. Messtischblättern 
Zellerfeld, Harzburg, Riefensbeek, Braunlage, Herzberg und 
Zorge zusammengesetzte geologische Karte vor und verbreitete 
sich eingehend über den Bau dieses zum grossen Theil von 
ihm selbst kartirten Theils des Harzes. Abgesehen von den 
im westlichen Theil dieses Gebietes auftretenden, noch weiter 
zu studirenden Devon- und Culmbildungen wird das fragliche 


LFI PIE DICHT E 


959 


Gebirgsstück von Ablagerungen der hercynischen Schichten- 
folge eingenommen, und zwar von solchen, die den Stufen der 
| Tanner Grauwacke und der Wieder Schiefer angehören. Aus- 
gehend von der schon publieirten Section Zorge führte der 


Vortragende aus, dass sich die im Westen und Nordwesten 


- jenes Blattes vom Harzrande bei Lauterberg und Herzberg bis 


an den Acker ausdehnende Grauwacke der Tanner Grauwacke 


zuzurechnen sei. Die Quarzit- und Diabas-führende Schiefer- 


zone von Andreasberg gehört den Wieder Schiefern an. Schon 
bei Andreasberg ist diese Zone sehr schmal, weiter westlich 
theilt sie sich in zwei Aeste, von denen der eine sich bald 
darauf ganz auskeilt, der andere nördlichere aber als ein 
überaus schmales Band bis an den Zechsteinrand zu verfolgen 


ist. Die Wieder. Schiefer setzen sich in dieser Gegend von 


unten nach oben folgendermaassen zusammen: 

l. Schiefer mit eingelagerten Kalken und Kieselschiefern ; 
bei Lauterberg kommen in diesen Schiefern Graptolithen vor. 
2. Schiefer mit körnigen Diabasen; 3. Schiefer mit quarzi- 


tischen Einlagerungen; dieselben enthalten bei Andreasberg 
 Versteinerungen , welche wohlbekannten Arten des rheini- 


schen Spiriferensandsteins nahe stehen. Mit der Tbatsache, 


dass sich die Andreasberger Schieferzone nach Westen allmälig 


ausspitzt, hängt es zusammen, dass die Quarzite schon in der 


"Gegend von Andreasberg verschwinden, westlich von diesem 


Orte auch die Diabase aufhören, und noch weiter nach Westen 
zu, in den erwähnten beiden langen zipfelformigen Enden jener 


Zone, nur noch Kiesel- und Wetzschiefer-artige Gesteine und 


Schiefer mit kalkigen Einlagerungen auftreten. Was den lan- 
gen Rücken des Acker und Bruchberges betrifft, so wies der 
Vortragende nach, dass derselbe einer grossen Schichtmulde 
entspricht, deren innerster Theil, der Kamm des Rückens, 
von Quarziten gebildet wird, während darunter zu beiden 
Seiten zunächst Schiefer mit körnigen Diabasen, dann Kiesel- 
und Wetzschiefer - artige Gesteine, die local noch ein paar 
kleine Kalklager einschliessen, und endlich, als Liegendstes, 
Grauwacke auftritt, welche letztere im Südosten des Acker 
mit der als Tanner Grauwacke erkannten Grauwackenverbrei- 
tung im Norden der Andreasberger Schieferzone in unmittel- 
barem Zusammenhange steht. Daraus ergiebt sich einmal, dass 
die Schichtenfolge des Acker und Bruchberges aus Gliedern 


960 


der Wieder Stufe besteht, die hier dieselbe Reihenfolge zeigen, | 
wie in der Andreasberger Schieferzone oder Mulde, und zwei- 
tens, dass die sich im Nordwesten des Acker ausdehnende 1 
Grauwacke ebenso wie die im Südosten desselben der Stufe 
der Tanner Grauwacke zuzurechnen ist. Dass diese Auffassung 
richtig sei, wird auch bewiesen durch die Thatsache, dass in 
der nordwestlich vom Acker und Bruchberg liegenden Grau- | 
wacke auf den Blättern Riefensbeek und Harzburg zahlreiche | 
lange schmale Zonen von Kiesel- und Wetzschiefer - artigem 
Gestein auftreten, die nach dem Vortragenden als der Grau- 
wacke aufgelagerte, von dem untersten Gliede der Wieder 
Stufe eingenommene Mulden anzusehen sind. Wie die Ge- | 
steine dieses untersten Gliedes im Suden des Bruchberges | 
überall wo sie in die Contactzone des Granits eintreten 
eigenthümlich gebänderte Hornfelse bilden, deren helle Bän- 
‘der aus Kalksilicat bestehen (so in der Gegend des Sonnen- 
berger Wegehauses, an der Schluft auf Section Riefensbeek, 
so weiter auf Section Braunlage im Osten von "Andreasberg, | 
am Hahnenklee, Jermerstein etc.), so ist dasselbe auch im 
Norden des Bruchberges auf dem Blatt Harzburg der Fall (so 
am Spitzen Bruch, im Radauthale, an den Uhlenköpfen). 
Redner ging dann zum Schluss auf die Besprechung des 
zwischen Harzburg und Ilsenburg liegenden Theils des Gebirgs- 
randes über. Der schmale, hier dem Granitmassive des 
Brockens vorliegende Streifen von hereynischen Schichtgestei- 
nen wird von der Kattenäse, östlich Harzburg, bis nach Ilsen- 
burg von einer mächtigen Quarzitmasse eingenommen. In 
deren Liegendem trifft man gegen Harzburg zu zunächst eine 
Schieferzone mit körnigen Diabasen und Kieselschiefer-artigen 
Gesteinen,, welche letztere im Contact mit dem Granit wieder 
die eigenthumlichen gebänderten Hornfelse liefern, und dann 
die massige Grauwacke, die den Burgberg bei Harzburg zu- 
sammensetzt. Die erwähnten Quarzite sind als die Fortsetzung 
des im Südosten des Brockengranits am Torfhause endigenden 
Quarzitzuges des Bruchberges anzusehen. Ein paar isolirte, 
inmitten des Granites zwischen dem Torfhause und dem Ecker- 
thale auf der Verbindungslinie der beiden grossen Quarzit- 
massen auftretende Quarzitschollen weisen deutlich auf den 
ehemaligen Zusammenhang hin. Die Grauwacke der Gegend 
von Harzburg ist, wenn die vom Vortragenden ausgeführte 


961 


| Der "Auffassung richtig ist, der Tanner Grauwacke, die zwischen 
ihr und dem Quarzit der Kattenäse auftretende Schieferzone 
mit ihren Einlagerungen der Stufe der Wieder Schiefer zuzu- 
2 rechnen. 


Herr TorELL berichtete über einen gemeinschaftlich mit 


den Herren BEREXDT und Ortn nach den Rüdersdorfer Kalk- 


bergen unternommenen Ausflug, dessen Zweck Aufsuchung der 
schon im Jahre 1836 durch SEFSTRÖM von dort erwähnten 
Schlifflächen und Schrammen auf der Oberfläche des an- 
stehenden Muschelkalkes war, und legte eine Reihe schöner, 
von Rüdersdorf mitgebrachter Handstücke vor, voll deutlicher 
paralleler Schrammen, die er für unzweifelhafte Gletscher- 
wirkung ansprach. Anknüpfend an diese Beobachtungen, ent- 
wickelte er die Ansicht, dass sich eine Vergletscherung 
Skandinaviens und Finlands bis uber das norddeutsche und 
nordrussische Flachland erstreckt habe. Ausgehend von den 
heutigen Gletscherbildungen der Alpen und Skandinaviens 
und Bezug nehmend auf seine in Grönland, wie auf Spitz- 


bergen gesammelten Erfahrungen besprach Redner insbe- 


sondere die Spuren und Producte einer früheren Ver- 


'gletscherung ganz Skandinaviens, die er sämmtlich so voll- 


ständig in den Diluvialbildungen des norddeutschen Flach- 


landes wieder zu erkennen erklärte, dass nur eine gleiche 


Entstehung denkbar sei. 
Dem Vortrage folgte eine lebhafte Discussion. 
Herr v. Dücker sprach sich gegen die Ansichten des 


 Vorredners aus, indem er namentlich physikalische Bedenken 


erheben zu müssen glaubte. 

Herr ToreLL suchte seinerseits die letzteren zu wider- 
legen und bezeichnete den Transport der Geschiebe durch 
schwimmende Eisberge als unbewiesene Hypothese. 

Hiergegen wies Herr v. DecHEn auf den thatsächlich noch 
heute von Grönland aus stattfindenden Eistransport bin, dessen 
Ergebniss die aus grönlandischem Material gebildete und stetig 
sich vergrössernde Bank von Newfoundland sei, und machte 
auch seinerseits Bedenken gegen eine so grossartige Ausdeh- 


‚nung des Gletschereises geltend. 


Nach einer Erwiderung des Herrn Toreru glaubte Herr 
BERENDT, indem er zunächst dem Gaste seinen persönlichen 


‚Dank für die durch ihn erhaltene Anregung aussprach, sich 


962 


. ausdrücklich dagegen verwahren zu müssen, als ein Anhänger 


der unbedingten Gletschertheorie zu gelten. Er glaubte jedoch 
andererseits sich nicht verhehlen zu dürfen, dass ebensowenig 
die Drifttheorie alle Räthsel löse, während anzuerkennen sei, 
dass gerade wichtige, von der letzteren ungelöst gelassene 
Fragen bei der reinen Gletschertheorie ihre Beantwortung 


finden. Bei den anerkannt gleichen Ausgangspunkten beider 


Theorien hoffe er, dass durch eine Vermittelung zwischen 
denselben eine baldige befriedigende Lösung erfolgen werde. 
Endlich betheiligten sich noch Herr Beyrıch und Herr 


Lasarn an der Debatte: ersterer, indem er das zahlreiche 


Vorkommen von Paludina gerade im Geschiebemergel als ein 
Hauptbedenken gegen die Gletschertheorie geltend machte; 
letzterer, indem er auf die Funde pliocäner Fossilien in süd- 
alpinen Moränen hinwies. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
v. w. 0. 
BeyRich. RAMMELSBERG. Weiss. 


2. Protokoll der December - Sıtzung. 


Verhandelt Berlin. den 1. December 1873. 


Vorsitzender: Herr Beyricn. 
Das Protokoll der November - Sitzung wurde vorgelesen 
und genehmigt. 


Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: 
Herr Dr. A. Rexarp Soc. Jes., Professor der Geologie 
am Jesuitencolleg in Loewen, 
vorgeschlagen durch die Herren vom RaTH, 
ZIRKEL und LosseEx; 
Herr Dr. CH. DE LA VALLEE Poussin, rad! Professor 
der Geologie an der Universität Loewen, Präsident 
der geologischen Gesellschaft in Belgien, 


vorgeschlagen durch die Herren ZIRKEL, VON 


LASAULX und LossEn; 


963 


Be al Herr Dr. phil. A. Bat Ttzer in Zurich, 

Re H - vorgeschlagen durch die Herren Rorn, Tossen 
und Daumss; 

Herr Major a. D. WesseLHört in Hannover, 
vorgeschlagen durch die Herren A. SCHLÖNBACH, 
RortHu und Daues. 


Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesell- 
schaft eingegangenen Bucher und Karten vor. 

Herr Kosmann legte Versteinerungen und einige andere 
Fossilien aus den Diluvialschichten von Dragebruch bei Kreuz 
mit folgenden Bemerkungen vor: 

Ungefähr !/, Meile oberhalb desjenigen Punktes, wo die 
von Norden herabkommende Drage sich in die Netze ergiesst, 
ist auf dem rechten Drageufer, an der östlichen Grenze der 
Neumark, bei dem Dorfe Dragebruch ein Braunkohlenunter- 
nehmen entstanden, welches zu mehreren Bohrungen und 
Schachtabteufen Anlass gegeben hat. Theils diese Arbeiten, 
welche bis zu 200° Teufe eingedrungen sind, theils einige 
andere oberflächliche Ausgrabungen behufs Kies- und Lehm- 
gewinnung haben Aufschluss über die Zusammensetzung der 

dortigen Diluvial- und Tertiärschichten gegeben und sind in 

- den durchörterten Diluvialschichten Geschiebe sedimentärer 
und granitischer Gesteine in grosser Anzahl und ausgezeich- 
neter Beschaffenheit gefunden worden, von denen diejenigen 
der ersteren Gruppe vorgezeigt wurden. 

Die Reihenfolge der durchteuften Schichten von oben 
nach unten ist: 


Sand mit Kieseinlagerungen | 
Oberer Diluviallehm f 
Oberer Diluvialmergel., 
Weisser Sand. r 
Unterer Diluvialmergel von bläulich grauer Farbe, 
mit vielen kleinen Kieseln untermengt. 

.6. Formsand. 

7. Koblenletten, 

8. Braunkohlen. 
“ Ueber das Verhalten des Tertiärgebirges und die Abla- 
X gerung der Braunkohlen soll demnächst, sobald der Aufschluss 
in grösserer Ausdehnung erfolgt ist, berichtet werden. Von 


mit Geschieben. 


u 


> . 


964 


den Diluvialschichten ist der untere Diluvialmergel in beson- 
derer Mächtigkeit entwickelt, nämlich über 15 Lachter, indem 
er bei 7 Lachter unter Tage beginnt. 

Die Gesteinsbeschaffenheit desselben ist eine durchweg 


gleichförmige und "sind grössere Geschiebe in ihm äusserst 


selten; um so merkwürdiger erschien es daher, als heim Ab- 
teufen des grossen Wasserhaltungsschachtes (17’ auf 14’ lichte 
Weite) in 125° Teufe ein 1'/,” mächtiges, geschlossenes Lager 
grösserer knollenförmiger Geschiebe angetroffen wurde, welches 
als der mittlere Theil eines nesterartigen Vorkommens anzu- 


sehen war. Die Knollen, deren einzelne ca. 20 — 24 Cm. 


Durchmesser besassen, wurden auf den ersten Anschein als 
Sphärosiderite angesprochen; nach Entfernung der äusseren 
Verwitterungsrinde zeigten sie indessen eine ungemeine Aehn- 
lichkeit mit dem Habitus der Nassauischen Phosphorite, welche 


namentlich durch die grünlich weissen, nieren- und trauben- 


formigen Ueberzuge von fasrig - strahligem Gefüge auf den 
Wänden der Hohlräume der Kugeln unterstützt wurde. Wie- 
wohl manche der stärkeren dieser Ueberzugsrinden vorwiegend 
aus kohlensaurem Eisenoxydul (Spatheisen) bestehend sich 
erwiesen, so ergab doch in einigen anderen, mit Staffelit 
höchst ähnlichen Ueberzügen die qualitative Untersuchung 
einen bedeutenden Gehalt an Phosphorsäure, der sich ebenso 
in der hellbraunen, dem gekneteten Aussehen der Phosphorite 
nahekommenden Gesteinsmasse nachweisen liess. Man darf 
sich daher wohl versucht fühlen, das Vorkommen dieser Ge- 
steine als dasjenige von Phosphoriten zu bezeichnen, wie un- 


gewöhnlich und zusammenhangslos dasselbe hier auch erschei- 
nen mag. Dass im Uebrigen der Gehalt dieser Knollen an 


kohlensaurem (und wahrscheinlich auch wasserhaltigem kiesel- 
saurem) Eisenoxydul nicht unbedeutend ist, zeigte der Um- 
stand, dass dieselben an der Luft binnen wenigen Wochen zer- 
fielen und in Gelb- (Braun-) Eisen übergingen. 

Die aus den oberen Diluvialschichten stammenden Ge- 
schiebe bestehen wesentlich in Kalkgesteinen, welche zumeist, 
nach den eingeschlossenen fossilen Resten zu urtheilen, dem 
Obersilur angehören; es treten daneben andere thonigsandige 
Gesteine auf, welche dem braunen Jura zugerechnet werden 


dürften. 
Unter den ersteren ist vor Allem 1. ein bläulich bis 


965 


'grünlich grauer Kalkstein zu nennen, der im frischen Zustande 
fest ist und beim Zerschlagen und seiner Schichtung nach 
_ sandig-thonige Bestandtheile verräth., Während im frischen 
Zustande höchst wenige Fossilien enthalten zu sein scheinen 


(ein grösserer Orthoceras konnte in 20 Cm. Länge herausgelöst 
werden) und sich namentlich nur längliche, wulstartige Ver- 
zweigungen bemerklich machen, werden durch die Verwitte- 
rung des Gesteins eine grosse Anzahl von Resten in ausge- 
zeichneter Erhaltung herauspräparirt, deren Gestein nunmehr 
als eine weisse, poröse und sandige, zerreibliche Masse er- 
schein. Vor Allem zahlreich erscheint Strophomena mit 
weisser fasriger Schale, die wulstartigen Gebilde erscheinen 
mit körnig gerippter Oberfläche und erweisen sich als Cala- 
mopora polymorpha; sodann Orthis, Pleurotomaria, ferner wohl- 
erhaltene Kopf- und Schwanzschilder von Lichas angustus, 
Chasmops. 

2. Bläulicher fester Kalkstein, körnig krystallinisch, mehr- 
fach von kleinen Kalkspathdrusen durchsetzt; fast ganz aus 
Schalenresten zusammengesetzt, die sich indessen bei der 
festen Beschaffenheit des Gesteins nur undeutlich herausheben. 
Zu definiren sind Reste von Orthis, eine kleine Gastropode 
(Pleurotomaria) , deutlich vorbanden ein Schwanzschild von 
Calymene, und ein Örthoceras, dessen Kammerwände aus Kalk- 
spath bestehen, während die Hohlräume mit Schwerspath er- 


füllt sind; letzterer verdankt seine Entstehung der Anwesenheit 


von Kupferkies und wie zu vermuthen, geringem Barytgehalte 
des Kalks. 

3. Schmutzig grauer, thoniger, fester Kalkstein, ganz aus 
Schalen von Orthis calligramma (depressa?) zusammengesetzt, 
daneben mehrfach und in guter Erhaltung Piilodictyum, dessen 
kleine Zellen ganz fein mit Schüppchen von Schwefelkies 
bedeckt sind; ausserdem einige Schwanzschilder von Tri- 
lobiten. 

4. Als vermuthlich dem braunen Jura, wie er unter den 
nordischen Geschieben mehrfach vertreten, wurde ein brauner 


 thoniger Kalk vorgelegt, welcher in eigenthümlicher Weise 


von breccienartigen Partieen feinkörnigen Sandes durchsetzt 


ist. Neben wenigen Muschelresten von Ahynchonella (varians?) 


zeigt derselbe undeutliche, in sich zerrissene Pflanzenreste. 


N 


966 


Die sammtlichen Beleseruske sind dem königl. mineralog. 
Museum überwiesen worden. 

Herr Kayser legte ein geglättetes und mit vielen sich 
unregelmässig hin und her biegenden und ineinander verfliessen- 
den Furchen versehenes Trachytstuck vor, welches er im 
Frühjahr auf der liparischen Insel Vulecano gesammelt hatte. 
Alle frei aufragenden Felsen und Gesteinsblöcke am steilen 
Südabhange der genannten Insel zeigen die gleiche Politur 
und Streifung. Dieselbe erinnert in auffälligster Weise an die 
ähnliche Erscheinung, die Naumann von den Porphyrfelsen bei 
Hohburg in Sachsen beschrieben hat. Um ein Urtheil darüber 
zu gewinnen, ob die Hohburger Schliffe von NAUMANN mit 
Recht als ein durch Gletscherwirkung hervorgebrachtes Pha- 
nomen gedeutet seien, begab sich die geologische Gesellschaft 
vor der allgemeinen Versammlung in Leipzig im Herbst 1874 
nach Hohburg. Obgleich man nun bei dieser Gelegenheit 
wohl ziemlich allgemein zu der Ueberzeugung kam, dass von 
Glacialschliffen durchaus abzusehen sei, so gelang es doch 
nicht, sich auf eine bestimmte Ansicht über die Entstehung 
der Schliffe zu einigen. Ein paar Stimmen erhoben sich indess 
schon damals für die Ansicht, dass die Hohburger Streifen 
durch Sandwehen erzeugt und den sogen. sandeuttings der 
Sahara und anderer Sandwüsten zu vergleichen seien. Dass 
nun die beschriebenen Schliffe von Vulcano in der That durch 
Triebsandwirkung gebildet werden, kann nach den Beobach- 


tungen des Vortragenden an Ort und Stelle keinem Zweifel 


unterliegen. 

Herr v. Dücker übergab eine kleine Collection fossiler 
Conchylien vom Isthmus von Korinth zum Geschenk fur die 
Bergakademie und erläuterte das Vorkommen an dem von 
ihm 1872 berührten Fundpunkte. Die betreffende Landenge 
besteht in ihrer Breite von ca. 7 Kilom. bei 40— 50 M. Höhe an 
der Poststrasse von Kalamaki nach Neu - Korinth fast ganz 
aus Muschel- und Austerbänken. Die Conchylien dieser Bänke 
stehen in ihren Formen denjenigen der noch jetzt in den 
griechischen Meeren lebenden Fauna so nahe, dass der Vor- 
tragende dieselben von den Schalen der letzteren nicht zu 
trennen wusste und deshalb Herrn Prof. SPEYER ersucht hatte, 
die vorgelegten Reste etwas näher mit tertiären und mit 
lebenden Arten zu vergleichen. | 


- Redner knüpfte hieran die Bemerkung, dass aus diesem 
so aa Muschelbänke in gewisser Alohe 


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rt Fr 
er 


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= dass er auch Spuren von Bodenschsankungen aus 
historischer Zeit in Griechenland beobachtet habe. So z. B. 
seien in: unmittelbarer östlicher Nähe des Pyräus, unfern des 
‚Grabes des Themistokles, deutliche Felsaushiebe der alten 
Steinbrucharbeiten 2—3 M. tief unter dem Meeresspiegel zu 
sehen, und ferner habe er bei der Stadt Eleusis alte Baureste, 
namentlich einen Mosaikfussboden in geringer Tiefe unter dem 
Meeresspiegel gesehen. Endlich habe er auf der Insel Naxos 
am Ufer einer Bucht in geringer südlicher Entfernung von der 
Stadt gleichen Namens die Spuren der Hebung des Bodens 
in neuester Zeit an mehreren übereinander liegenden Abspü- 
lungs-Terrassen erkannt. 


77 


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2 EFERZEFES EEE 
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Schliesslich erwähnte er noch die merkwürdige Thatsache, 
dass an der Küste der jonischen Insel Kephalonia und zwar, 
wie er selbst gesehen habe, am Nordrande des Hafens der 

Stadt Kephalonia zwei Stellen am Meeresufer vorhanden seien, 
wo das Meerwasser continuirlich in den felsigen Boden der 
Kuste fliesst, so dass zwei Wassermühlen von den Einströ- 
mungen getrieben werden. Er drückte seine Verwunderung 
darüber aus, dass eine so höchst auffallende Erscheinung seines 
' Wissens in geologischen Werken nicht erwähnt werde, und 
dass erst in neuester Zeit, z. B. 1872 auf der Naturforscher- 
Versammlung zu Wiesbaden davon gesprochen worden sei. 


Herr Lasarn erinnerte daraufhin an „Wieser: Die Insel 
Kephalonia und die Meermühlen von Argostoli u. s. w. Ham- 
burg 1873“ und die darin aufgeführte ältere Literatur. 


Herr Speyer knüpfte hieran die Bemerkung, dass alle 
Arten lebend seien, dass also echtes Pleistocaen vorliegt. 


EN Herr K. A. Lossex machte hierauf folgende Mitthei- 
lung ;..,Die Porphyroide des Harz sind abnormale 
Schichtglieder des herceynischen Schiefergebir- 
ges. Als solche treten sie nicht gleichmässig im ganzen 
Gebirg vertheilt, sondern nur nördlich der Sattelaxe der Tan- 
ner Grauwacke und auch .hier nur in den Granitcontact- 
ringen oder im Zwischengebiet zwischen Ramberg und 


968 


Brocken auf. Spricht schon letztere Beschränkung gegen eine 


ursprüngliche locale Faciesbildung und für eine Abhängigkeit 
vom Granit, so befestigt sich diese Auffassung durch die that- 
sächliche Beobachtung, dass auch auf diesem beschränkten 
Verbreitungsbezirk keine gleichmässige Vertheilung der Por- 
phyroide, vielmehr eine sehr auffällige polare Anhäufung der- 
selben an den einander zugekehrten Granit-Seiten, bei Trese- 
burg - Friedrichsbrunn einerseits und bei Braunlage - Elend 
(nach O. SchHizLing’s und E. Kayser’s Untersuchungen) an- 
dererseits, statthat, wogegen das mittlere Granit -Zwischen- 


gebiet nur spärliche vereinzelte Vorkommen aufweist. An 


jenen beiden Polen sind die Porphyroid - Schwärme theilweise 
innerhalb der Granit-Contactringe um Ramberg und Brocken, 
theilweise, soweit überhaupt auf dieser Seite der Granite eine 


schärfere Abgrenzung der Contaetringe durchführbar erscheint, 


ausserhalb derselben verbreitet. Auf der Nordwestseite des 
Ramberg-Granit ist bemerkenswerth, wie fast alle Porphyroide 


mit fast kaum nennenswerther Ausnahme südlich des gegen. 


S. einfallenden Bode - Ganges, jener brockenwärts ziehenden 
Apophyse des Ramberg-Granit, zu Tage treten. 


Ihr Auftreten ist nicht an ein festes Niveau innerhalb der 


Schichtenreihe gebunden. Einige liegen in unmittelbarem 
Contact des körnigen Diabas, andere treten in den kalksilicat- 
haltigen Bandhornfelszonen auf, die den Kalk-führenden Wieder 
Schiefern ausserhalb des Granitbereichs entsprechen, noch an- 
dere stehen in Beziehung zu dem Haupt-Quarzit. Danach 
kann eine Uebereinstimmung der Harz-Porphyroide nach ihrer 
stoflichen und mineralischen Zusammensetzung gar nicht er- 
wartet werden. Thatsächlich führen Porphyroide der Band- 
hornfelszonen bis nahezu 8 pCt. Kalk, während die ausserhalb 
dieser Zonen anstehenden im Maximum nicht 1] pCt., durch- 
schnittlich etwa 0,5 pCt. Kalk aufweisen, im Uebrigen aber 
ausser den allen Porphyroiden gemeinsamen stofflichen Ele- 
menten der Thonschiefer- oder Sericit-Flaser bald Orthoklas- 
Quarz, bald Albit-Quarz, bald Albit allein ausgeschieden ent- 
halten, sodass chemisch - mineralische Beziehungen. vielleicht 
nicht nur zumn Granit, sondern auch zum Diabas, beziehungs- 
weise zu den Albit-haltigen Diabas - Contactgesteinen hervor- 
treten. Da, wie bereits anderweitig bemerkt, die zahlreichen 


a 


ebazs des a im Granitbering von de Contactmetamor- 
jhose nicht versehont worden sind, vielmehr Granat, Epidot, 


-Albit, Axinit, Strahlstein und vielleicht auch Glimmer und 


ndere Mineralien als Neubildungen erkennen lassen, so kann 


_ wenigstens der Natrongehalt der Porphyroide ebensowohl auf 
in Lösung uübergeführtes Diabasmaterial als Granitmaterial 
zurückgeführt werden, zumal die Beobachtung einzelner Por- 
 phyroide im Diabascontact zu solcher Auffassung einladet. 
Den Albit-Porphyroiden entsprechen Porphyroide des Taunus, 


den Orthoklas-Porphyroiden solche des Thüringerwaldes. 

Bedeutungsvoll für die Genesis der Harz-Porphyroide sind 
ihre Beziehungen zu den Primärtrumern aus Quarz, Feld- 
spath, Glimmer, Kalkspath u. s. w., welche das von den 


_Porphyroid- Lagern durchschwärmte Schiefergebiet gangförmig 


durchsetzen. Als „Primärtrumer“ oder „Durchwach- 
sungstrumer“*) bezeichnet der Vortragende solche Trümer, 
deren Ausfüllung nachweislich wesentlich zu derselben Zeit, 


wie die Verfestigung des Gesteins erfolgt ist, die mithin nur 


örtlich auf Spalten erfolgte reinere Ausscheidungen von dem 


'Schichtenkörper selbst angehörigen Substanzen darstellen im 


Gegensatz zu den’„Secundär*- oder „Gangtrüumern‘, 
welche Ausheilungen von Rissen oder Spalten durch das feste 
Gestein bedeuten. Auf den örtlichen und stofflichen Zusam- 


 menhang der Treseburger und Ruübeländer Porphyroide mit 
solchen Trümern wurde bereits mehrfach aufmerksam gemacht 
_ (diese Zeitschr. Bd. XXI. pag. 312—319, Bd. XXVI. pag. 900, 
Bd. XXVII. pag. 255—259) und hierauf verwiesen. Beson- 


ders hervorgehoben wurde nur die bei der nunmehr erfolgten 


_ Kartirung des ganzen Gebietes auf Schritt und Tritt gemachte 
Beobachtung, dass einerseits zwischen den grösseren Sericit- 


Porphyroid-Ausscheidungen, die den Anschein selbstständiger 


‚Schichtenglieder gewinnen, und den kleinsten Lenticular- 


ausscheidungen von Quarz und Feldspath (sowie den kleinsten 
Sericit-Flecken) im blauschwarzen Thonschiefer von Friedrichs- 


 brunn bis Treseburg und gegen Altenbrak hinzu ein wesent- 
‚licher Unterschied nicht besteht und dass andererseits diese 


kleinen Lenticularmassen in unregelmässige Nester, capillar 


*) Vergl. Naumann Lehrb. d. Bes II. Aufl. 3. Bd. $. 526. Aus- 


" scheidungs-Gänge. 


Zeits. d.D, geol, Ges. XX VII, 4. 63 


N 
FA 
a‘ 


970 


endigende Netzadern und in schärfer begrenzte, die Streich- 


richtung und Fältelung oder Transversalstructur der Schiefer = 


in wiederholten Abständen nahezu rechtwinklig schneidende 


_ Quertrumer übergehen. Diese letzteren Ausscheidungen auf 


Spalten, die ihrer festen ÖOrientirung nach erst unter der 


 Schichtenaufrichtung entstanden sein können, beweisen auch 


für die ausserhalb der Granit-Contactringe anstehenden alther- 
eynischen Porphyroide' die Abhängigkeit der in diesem Falle 
keineswegs durch die ursprüngliche Sedimentirung bereits be- 
dingten Gesteinsausbildung von den erst viel später, nach 
Ablagerung des Flötzleeren und vor Schluss der productiven 
Steinkohlenformation, erfolgten Dislocationsbewegungen, welche 
zugleich die Auf- und Ineinanderschiebung der hereynischen 


‘Schichten und das Eindringen der Granite in dieselben hervor- 


gerufen haben. 

Silicatlösungen, vielleicht auch z. Th. Silicatsublimationen 
sind im Gefolge der gebirgsbildenden dynamischen Bewe- 
gungen theils in den Schichtenkörper selbst, zumal auf dem 
Wege der Schichtfugen, theils in die durch die Bewegungen 
hervorgerufenen Klüfte und Spältchen eingedrungen und haben 
modificirend auf den Gesteinsbildungs-, richtiger Verfestigungs- 
process der Sedimente eingewirkt. Gerade in dieser Ab- 
hängigkeit der schliesslichen Gesteinsausbildung von einer _ 
später als die ursprüngliche Sedimentation wirkenden und 
davon ganz unabhängigen geologischen Ursache tritt das 
Wesen des Metamorphismus klar hervor und unter diesem 
Gesichtspunkt könnte man ganz allgemein von einem Dislo- 
cationsmetamorphismus sprechen (womit natürlich eben-_ 
sowenig behauptet wird, dass jede Dislocation eine metamor- 
phische Nachwirkung habe, als für jede Eruption eine Contact- 
metamorphose nachgewiesen werden kann). 

Das Vorhandensein von Porphyroiden im Harz sowohl 
innerhalb als ausserhalb der Granit- Contactzonen, das ganz 
gleiche Auftreten von Primärtrümern auch innerhalb der Horn- 
felsmassen dieser Zonen, so z.B. von strahlsteinhaltigen Kluft- 
ausfüllungen senkrecht zur Fältelung der Schichten in Zusammen- 
hang mit Strahlstein-führenden Lenticularmassen im Schichtkor- 
per des Kalkschiefer-Hornfels, die Eingangs erwähnte polare An- 
haufung der Porphyroidlager auf der Südost-Seite des Brocken- 
und Nordwest-Seite des Ramberg-Granit, am Ramberg speciell 


im an. um die Granite wirksam zu 
g getretenen Umwandlungsprocesse bedeuten. 
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 
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Beyrich. Lossen. Dans. 


63* 


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972 


Für die Bibliothek sind im Jahre 1875 ım Kastanadl Be se 
als Geschenke eingegangen: 2: 


A. Zeitschriften: 


Berlin. 1873/74. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Sa- 
linenwesen in dem preussischen Staate. Bd. 22 pro 1874. 
Lfg. 5. u. 6. und vom Bd. 23 pro 1875. Lfg. 1-5. 

Berlin, 1875. Verhandlungen des botanischen Vereins der 
Provinz Brandenburg und der angrenzenden Länder. 
16. Jahrg. 1874. | 

Berlin. 1875. Monatsberichte der Königlich preuss. Akade- 
mie der Wissenschaften zu Berlin. August— December 
1874 und Januar— Mai 1875. | 

Register für 1859—1873. 2 

Berlin. 1875. Abhandlungen zur geolog. Specialkarte von 
Preussen und den Thüringischen Staaten. Bd. I. Heft. 3. 

Bern. 1874. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft 
in Bern. No. 828—873 pro 1874. e 

Bonn. 1874. Verhandlungen des naturhistorischen Vereins 
der preussischen Rheirlande und Westfalens. Bd. s0. 3 
2. Hälfte und Bd. 31. 1. Hälfte. 

Boston. 1872/73. Proceedings of Boston Society of ae 
history. Vol. XVI. part. 3 u. 4, und Vol. XVII. part. 1. 
und //. Memoirs Vol. II. part. 3. No. 3, 4 u. 5, part. 4 
No:4l: 

Boston. 1872/73. Annaul report of the trustees of the museum‘ 
of comparative zoology. 1872. 1873. 

Bremen. 1874. Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Ver- 
eins in Bremen. Bd. IV, Heft 2 u. 3 nebst Beilage No. 4. 

Brünn. 1875. Bericht des naturforschenden Vereins in Brünn. 
Bd. 12. (1873) Heft 1 u. 2. 

Brüssel. 1873/74. Bulletins de l’academie royale des sciences. 
Bd. 35—37. (1873—74). — Annuaires Bd. 40. 1874. 
Buffalo. 1875. Bulletin of the Buffalo Society of Natural 

sciences. Vol. I. No. 1—4 und Vol. II. No. 1—4. 

Buenos Ayres. 1875. _Annales del museo publico entrega duo- 

cecima. 


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973 


 Caleutta. 1873. Palaeontologica indica. Ser. X., Vol. I. Foote 

 Rhinoceros Deanensis. -— Records of the geol. survey of 

India. Vol. VII. part. 1—4.; Memoirs: Vol. X. part. 2. 

EE Vol. X1. parte 1. = 

-  Christiania. 1874. Aarsberetning Kongelige Norske Frederiks 

BE: Universitet. 1873. 

Christiania. 1873. Forhandlinger i Videnskabs - Selskabed i 

n 3 Christiania. Jahrg. 1873 Heft 2. 

Chur. 1874. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft 

Graubündens. 18. Jahrg. 1873/74. und Naturwiss. Bei- 
trag zur Kenntniss der Umgegend von Chur. 8°. 1874. 

Colmar. 1873/74. Bulletin de la Societe d’histoire naturelle de 

Er Colmar. XIV. u. XV. (1873 u. 1874). 

Darmstadt. 1874. Notizblatt des Vereins für Erdkunde etc. 
in Darmstadt. III. Folge, 12. u. 13. Heft. 

Dorpat. 1874. Sitzungsberichte der Dorpater Naturforscher- 
Gesellschaft. Bd. III. Heft 4 u. 5. — Archiv für die 
Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands. I. Ser. Bd. V. 
Lief. 4. und Bd. VII. Lief. 2—4. 

Dresden. 1874. Sitzungsberichte der naturwissenschaftlichen 

#- Gesellschaft ‚Isis‘ in Dresden. 1874. April — December. 

- Dublin. 1874. Proceedings of the Royal Society. Vol. TI. 

® Serie II. No. 1, 7,8 u. 10. 

_ — Dublin. 1874. Transaction of the Royal Irish Academy. Vol. XXV. 

Part. IV. —'IX. 

Emden. 1873/74. Kleine Schriften der naturforschenden Ge- 
sellschaft in Emden. XV. 

Fulda. 1870/75. Berichte des Vereins für Naturkunde. 
I. bis II. 

Genf. 1875. Memoires de la societe de physique et d’histoire 

£ naturelle de Geneve. Bd. XXIV. 1. partie. 

_ Gera. 1873/74. Jahresbericht der Gesellschaft von Freunden 
der Naturwissenschaften in Gera. 16. bis 17 Jahresber. 
1873— 1874. 

Glasgow. 1874. Transactions of the geological society. Vol. V. 

Er part. T. 

Görlitz. 1874. Abhandlungen der naturforschenden Gesell- 

schaft in Görlitz. Bd. XV. 

‘ Görlitz. 1874. Neues Lausitzer Magazin der Oberlausitzischen 

"Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz. Heft 51. 


8 BEACUR, 


ER 


Gotha. 1874/75. Mittheilungen aus Justus Prrruns’ ge 
eraphischer Anstalt von Prreruans. 1874. Heft 12, 18 
Heft 1—10 und Ergänzungshefte No. 39 bis 3. 

Halle. 1875. Zeitschrift des naturwissenschaftlichen Ver x 
für Sachsen und Thüringen. Jahrg. 1875, Neue Ro 
B4-RT. Be 

Hanau. 1875. Jahresber. der Wetterauer Gesellschaft für a 3 
gesammte Naturkunde pro 1866—73. En 

Hannover. 1872/73 und 1873/74. Jahresbericht der natur- 
historischen Gesellschaft in Hannover. Berichte 23u.24. 

Hannover. 1874. Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur- 
Vereins in Hannover. Bd. XX. Heft 4, Bd. XXI. 
Heft 1—3. | 

Kiel. 1875. Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für 
Schleswig-Holstein. Bd. I. Heft. 3. 

Lausanne. 1874/75. Bulletin de la societe vaudoise des Bi - 
naturelle. Vol. XIIl. No. 73 u. 74. 

Leipzig. 1872. Mittheilungen des Vereins für Erdkunde in 
Leipzig. 1873 und Bericht 13. , 

Liege. 1874. Memoires de la societe royale des sciences. 
Serie II. Tome 4 u. 5. Sa E 

London. 1874/75. The quarterly journal of the geological so- 
ciety. Vol. XXX. part. 3—5, und Vol. XAXT. part. 1. — 
List of the geological society pro 1874. 

Luxemburg. 1874/75. Institut Royal-Grand-Ducal de Inxem- 4 
bourg; Section des sciences naturelles et mathematiques. 
Vol. 14 u. 15. 

Lyon. 1871/73.  Soeciete imperiale d’agriculture. IV. Serie, 
tome IV—-VI. 1871—1873. 

Lyon. 1875. _Scademie des sciences, belles lettres et arts. 
Lettres Vol. 15., sciences Vol. XX. j 

Madison. 1873/74. Transactions of the Wisconsin A = 
of Sciences, Arts and Letters. Vol. II. 1873—1874. | 

Mailand. 1873. Atti della societa italiana di scienze natural. 
Bd. 16. Heft 3 u. 4; Bd. 17. Heft 1-3. — Memorie 
Bd. 3. No, 1. a, 

Magdeburg. 1874. Abhandlungen des naturwissenschaftlichen 
Vereins. Heft 6. — Jahresbericht No. 5 (1874). ri 

Manchester. 1875. Transactions of the Geological Society. 
Vol. VIII. Part. 6—10. 


“er 
3 


Mi: 


GR 


Er 


975 £ 

oscan. 1874/75. Bulletin de la societe imperiale des natura- 

listes de Moscou. 1874. No.2, 3. u. 4.; 1875. No. 1. 

_ München, 1874/75. Sitzungsberichte der Kon. Bayerischen 
‚ Akademie der Wissenschaften. 1874 Heft III., 1875 
Heft I. u. 1. 


Neubrandenburg. 1874. Archiv des Vereins der Freunde der 
Naturgeschichte in Mecklenburg. 28. Jahrg. 


 _Neuchatel. 1874. Bulletin de la societe des sciences naturelles. 


Tom. X. 1 u. 3. — Memoire. Tom. IX. part. 2. 
New-Haven. 1874. The American Journal of science and arts. 
Third series. Vol. VIIT. No. 42—48., IX, 49—54. 
Paris. 1873/75. Bulletin de la socidte geologique de France. 
Serie III. Tome I. No. 6., Tome II. No. 6., Tome III. 

1, 2, 4—17. 

Paris. 1874/75. Bulletin de z societe de l’industrie minerale. 
Serie II., Tome IIl. Livr. 3. u. 4., Tome IV. Livr. 1. et 
Tome V. Livr. 1. 

Paris. 1874/75. Annales des mines. Te serie, Tome VII. 
Livr. 1—3. 

Pesth. 1875. Jahrbuch der ungar. geolog. Anstalt. Bd. II. 
Heft 2 und Bd. IV. Heft 1. 


‚Philadelphia. 1874. Proceedings of the academy of natural 


sciences. 1874 No. 1—2. 

Philadelphia. 1874. Proceedings of the American philosophical 
society. Vol. XIV. No. 92. 

Philadelphia. 1873/74. Transactions of the American institute 
of mining engineers. Vol. II. 

Prag. 1874,75. Sitzungsberichte der königl. böhmischen Ge- 
sellschaft der Wissenschaften. 1874, No. 6 — 8, 1875, 
No. 1 u. 2. Abhandlungen 6. Folge Bd. 7. 

Le Puy. 1869/74. Annales de la societe d’agriculture, des 
sciences, arts et commerce. Bd. 30 (1869), 31 (1870—1]). 
Le Puy 1870—1874. 

Regensburg. 1874. Abhandlungen des zoologisch -mineralo- 
gischen Vereins. Jahrg. 28. 

Rom. 1874/75. Bolletino del Comitato geologico d’Italia. 1874 
No. 7—10, und 1875 No. 1—8. 

St. Gallen. 1875. Jahresbericht über die Thätigkeit der na- 
turwissenschaftl. Gesellschaft. 1873/75. 


St. Louis. 1875. Transactions of the academy of ‚sciences 


Vol. III. No. 2. 


Stockholm. 1874. Sveriges geologiska undersökning. Heft 50. 


bis 53. 
Stockholm. 1874. Geeologiska Foreningens i Stockholm For- 


handlingar. Forsta Bandel. (No. 1—14), Bd. II. No. 1 : ne 


bis 7 (No. 15—2]). 
St. Petersburg. 1874. Bulletin de lacademie imperiale des 


sciences de St.- Petersbourg. Bd. 19 Heft 4 u. 5, Bd. 20 
Heft 1 u. 2. — Memoires Bd..21- No 6 — Pr Bd 27 


No. 1—23. 


Venedig. 1874/75. Memorie dell’i R. Instituto Veneto di scienze, 


lettere ed arti, Vol. XVIII. parte 2. 


“Washington. 1874. Contributions to knowledge of the Smith- 


sonian institution. Vol. XIX. 
Washington. 1874. Miscellaneous colleetions. Vol. XI. u. XII. 
Washington. 1874. Report of the commissioner of agrieulture 
for the year 1872, 1873 u. 1874. — Monthly reports for 
1873. 


Washington. 1875. Bulletin of the United States geological 


and geographical survey of the territories. Second Series 
No. 3. 

Wien. 1875. Verhandlungen der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt. 1874 No. 15 u. 16, 1875 No. 2,4, 5 bis 1A. 
— Jahrbuch Bd. XXIV. No. 4 Bd. XXV. No. 1 u. 2. 
— Abhandlungen Bd. 8. Heft 1. 

Wien. 1875. Sitzungsberichte der k.k. Akademie der Wissen- 
schaften. I. Abth. Bd. 68. Heft3—-5.; Bd. 69. Heft 1-5; 
Bd. 70. Heft 1 u. 2, — II. Abth. Bd. 68. Heft 3-5; 
Bd. 69. Heft 1—5; Bd. 70. Heft 1 u. 2. 

Wien. 1874. Mittheilungen der k. k. geographischen Gesell- 
schaft. Neue Folge. Bd. VII. 1873. 

Wiesbaden. 1873/74. Jahrbuch des Vereins für Naturkunde 
im Herzogthum Nassau. Jahrg. 27—28, 1873— 1874. 
Yokohama. 1874. Mittheilungen der deutschen Gesellschaft 

für Natur- u. Völkerkunde Ostasiens. Heft 5 u.6 (Juli— 
December 1874). | 
Zürich. 1875. Vierteljahresschrift der naturforschenden Ge- 
sellschaft. Jahrg. 18. Lief. 1—4. 


Zürich. 1874. Neue Denkschrift der allgemeinen Schwei- 
_ zerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissen- 
schaften, Bd. 26. 


B. Abhandlungen. 


 Asıca, H., Geologische Beobachtungen auf Reisen im Kau- 

-  kasus 1873. Moskau 1875. 8°. 

Aumon, L. v., Die Jura-Ablagerungen zwischen Regensburg 

und Passau. München 1875. 8°. Doubl. 

- Barnroıs, Cn., La zone ü belemnites plenus. Lille 1875. 8°. 

— .— — Ondulation de la Craie dans le Sud de l’Angleterre. Lille 

5 1819... 8°. 

-  — — D’Aachenien et la limite entre le jurassique ei le cretace 
| dans l’Aisne et les Ardennes. Paris 1875. 8°. 

— — Sur le Gault et sur les couches entre lesquelles il est 

0. compris dans le bassin de Paris. 1874. 8°. Separatabdr. 

— Sur la craie de Vile de Wight. 1874. 8°. Sep.- 

E. Abdruck. 

BEBBER, J. v., Regentafeln für Deutschland, Kaiserslautern 

en 1876. 8%. | 

_ Börtger, ©., Ueber die Gliederung der Cyrenenmergelgruppe 
 .  jm Mainzer Becken. Frankfurt 1875. 8°, 

— — und VERBECK, Die Eocänformation von Borneo und 

a ‚ihre Versteinerungen. I. Theil. Cassel 1875. 4°. Sep.- 


Abdruck. 
 _ Bous, A., Ueber den Begriff und den Bestandtheil einer Ge- 
En birgskette etc. (Wiener Sitzungsber.). Wien 1875. 8°. 


CORDELLAS, A., Le Laurium. Marseille 1871. 8°. 
CORDELLAS, A., Description des produits des mines du Laurium 
et röngs evposes a la 3° periode en. Athenes 
1819.-8% | 
- Conun, E., Erläuternde Enge zu der Routenkarte einer 
Ki Reise von Lydenburg nach den Goldfeldern ete. Ham- 
i: burg 1875. 8°. 
Dana, J. D., Manual of Geology. Second edition. New York 
1874. 8°. 
— — Notice of the Chemical and geological essays of F. STERRY 
Hunt. 1875. 8°. Separatabdr. 


978 


Dana, J., On serpentine pseudomorphs and other kinds from the = 
Tilly Foster Iron mine (American Journal) 1874. 89%, 

DELEssE, Carte geologique de la France. Paris 1874. 8%. 

— et de LaPPARENT, Revue de geologie, Tome XI. u. XIT. 
Paris 1874—1875. 8°. 

DEwWALQUE, G., Disposition du massif devillien de Grand-Halleur.. 
8°. Separatabdr. Be = 

— — Rapport sur un memoire en reponse a la question si- 
vente: Faire connaitres les roches plutonniennes de la Bl- 
gique. 1875. 8°. Separatabdr. | 

DoeLter, ©., Vorläufige Mittheilungen über den geologischen | 
Bau der pontinischen Inseln. Wien 1875. 8°. J 

— — Ueber einige Trachyte des Tokay - Gebirges. Wien. | 
1874. 8°. 

— — und Hörses, Chemisch-genetische Betrachtungen über 
Dolomit. Wien 1875. 8°. 3 

Dunrkaven, R. P., Earl of. On an ancient. Chalice and Brooches & 
lately found at Ardagh. Dublin 1874. 4°. B.. 

Favre, E., Recherches geologiques dans la partie centrale dla 
chaine du Caucase. Gen&ve— Bäle— Lyon 1875. 4°. % 

— — Revue geologique Suisse pour annee 1873 (IV... — De 
meme pour 1874 (V.). Geneve — Bäle— Lyon 1814. 8°. 

FucaHs, Tu. und KARRER, F., Geologische Studien in den Tertiär- 
bildungen des Wiener Beckens. Wien 1875. 8°. Sep.- 
Abdruck. 

GoSSELET, Observations sur les sables d’Anvers. 1875. 8°. 

— Etudes sur le gisement de la houille dans le nord de la 
France. Lille 1874. 8°. 

— Les couches a nummulites laevigata dans le nord de la 
France. 1873. 8°. 

— Li/etage eocene inferieure dans le nord de la France ei en 
Belgique. 1874. 8°, 

— Les progres de la geologie dans le nord depuis die ans. - 
1874. 8°. ; > B 

Gone, ©. W., Beiträge zur Kenntniss der Organisation und 
systematischen Stellung von ZReceptaculites. Munchen 
1875. 4°. 

GuMAELIUS, O., Om mellersta Sveriges Glaciala Bildningar, T., 
Om krosstensgrus, glacialsand och glaciallera. _ Stockholm 


1874. 8°. 


if die Kenntniss da Bodenbeschaffenheit der Oesterr.- 
Ungar. Monarchie. Wien 1875. 8°. 


Hrssengerg, Fr., Mineralogische Notizen. Neue Folge. 9, Heft. 


Frankfurt 1875. 4°. 
HörneEs, R., Tertiärstudien No. VI. Separatabdr. 
HummeL, D., Om Rullstensbildningar. Stockholm 1874. 8°. 
KALKOWSKY, E., Ueber den Salit als Gesteinsgemengtheil. 
Wien 1875. 8°. 


— — Mineralogische Untersuchungen des Glimmertrapps von 


Metzdorf. 1875. 8°. Separatabdr. 
Koch, G. A., Ueber Murbrüche in Tirol. Wien 1875. 8°. 


'Könter, J. A. E., Die Eruptivgesteine des sächsischen Voigt- 


landes. Reichenbach 1873. 8°. 


 _ Krönıs, Das Dasein Gottes und das Glück der Menschen. 


EU 
Sr 


Berlin 1875. 8°. 

Koerurr, Ta., Om Skurengsmaerker, Glacialformationen, Ter- 
rasser og Strandlinier in Norge. II. Christiania 1873. 4°. 
(Universitetsprogram). 

LESQuErREUX, LEO, Contributions to the Fossil flora of the Western 
Territories part. I. The Cretaceous Flora. Washington 
1874. 4°. Separatabdr. 


'Lunperen, B., Om den vid Ramsasa och Öfvedskloster i Skäne 


‚ forekommande sandstenens alder. Lund. 8°. 


Mac-PnErson, Memoria sobre la esiructura de la serrania de 


ronda. Cadiz. 1874. 8°. 


— — Memoria sobre la estructura de la serrania de ronda. 


Cadiz 1874. 8°. 
Marsu, O.C., New Order of Eocene Mammals and notice of 
new tertiary mammals. 1874. 8°. Separatabdr. 


— — On the odontornithes, or birds with teeth. 1875. 8°. 


Separatabdr. 

Martin, R., Die Geschiebe von Jever. 1875. 8°. 

Mönr, H., Die südwestlichen Ausläufer des Vogelgebirges. 8°. 
Separatabdr. 

— — Die Basalte der rauhen Alp. 1874. 8°. Sep.-Abdr. 

— — Die geognostischen Bodenverhältnisse des Kreises Cassel, 
Cassel 1874. 8°. 


980 


Mönt, H., Die Basalte der preussischen Oberlausitz. Görlitz Be 
1874. 8°. Separatabdr. en 

Munroz, H., The Goldfields of Jesso. Tokio 1875. 8°. Sep- 
Abdruck. a 

Nornan, J. M., Allelositismus. 8°. 

Ousony, G., Di alcuni oggetti preistorici delle caverne di Velo 
nel Krone Padova 1875. 8°. 
OrTH, ALp., Die geognostisch-agronomische Kar Text 
8°, nebst Atlas in Fol. Berlin 1875. | 
PETTERSEn, K., Om Kvartaertidens Dannelser (Geologiske Under- 
soegelser i Tromsoe Amt III.). 8°. | 

— — d@eologiske Undersoegelser in den Tromsoe Amt og tilgraend- 
sende Dele of Nordlands Amt IV. 8°. 

PoserxyY, Ueber Dislocationen im Preibramer Erzrevier. Wien 
1874. 8°. 

vom Rıtu, G., Dr. Friedrich HEssengerg. Stuttgart 1874. 8°. 

REUTER, F., Observations meieorologiques faites a Luxembourg. 

Vol. 2. Luxembourg 1874. 8°. 

Scumivt, JuL., Vulcanstudien auf Santorin 1866— 74. Leipzig 
1874. 8°. 

Sexe, S. A., Jaettegryder og Gamle strandlinier i fast klippe. 
Christania 1871. 8°.  (TUniversitetsprogram.) 

SPEYER, O., Die paläontologischen Einschlüusse der Trias in 
der Umgebung Fulda’s. 1875. 8°. Sep.-Abdr. doppelt. 

SPEZIA, G., Intorno ad un Calcifiro della zona delle pietri verdi. 
Torino 1875. 8°. 

STACHE, G., Die projectirte Verbindung des else - tune- 
sischen Gebietes mit dem Mittelmeer. Wien 1875. 8%. 

StRoBEL, P., Notizie preliminari su le balenoptere fossili subap- 
pennine del museo Parmense. Roma 1875. 8°. 

STRUEVER, G., Sulla Gastaldite.e Roma 1875. 4°. 

Suess, En., Die Entstehung der Alpen. Wien 1875. 8°. 

— — Der Vulcan Venda bei Padua. (Wiener Sitzungsberichte.) 
Wien 1875. 8°. 

— — Die Erdbeben des südlichen Italiens. Wien 1874. 4°, 

TouLa, Fr., Eine Kohlenkalk - Fauna von den Barentsinseln. 
Wien 1875. 8°. Separatabdr. 

Umited States Geological Survey. Miscell. public. No. 3. Birds 
of the Northwest, by Elliot-Caues. Washington 1874. 8°. 


VarreEn, G. K., An essay concerning important physical fea- 
tures exlibited in the valley of the Minnesota river. 
en 1874. 8 


2 — lan of a course of lectures of log , 
: 1975-8. 

 — — Jmauguration of ÄL. Warner as chancellor of the 5 Y- 
racuse University. Syracuse 1875. 8°. 

 — — Religious Ideas amony barbarous tribes. 1. 

— — dKeport on the progress of the state Geological Survey. 
e Lansing 1871. 8°. 

— — The diagonal system in the physical Jeatures of Michigan. 
1875. 8°. Separatabdr. 

— — Notices and descriptions of Jossils, from the Marshall 
Group of ihe Western States. Vol. XIII. 1870. 8. 
 — — Michigan. Being condensed popular sketches of the topo- 
0 graphy climate and geology of the state. 1873. 8°. 

_ — — The unity of the physical world. I. Facts of co-exi- 
Er stence. II. Facts of succession. 1873. 8°. Sep.-Abdr. 
— — The Marshall Group: A memoir on its Geological posi- 
tion. Philadelphia 1870. 8°. 

2 — — Is @od cognizable by reason. New York 1862. 8°. 


C. Karten. 


Carte hydrologique du departement de Seine et Marne, executee 

Be par DELEssE. 

Geologische Karte der Schweiz, Blatt 9. 

Geologische Specialkarte von Preussen und den Thüringischen 
Staaten. Lief. 7. 

. Map of the upper Geyser basin on the upper Madison river, 
Montana Terr. by Gust. RECHLER. 

Map of the lower Geyser basin cet. 

Map of the sources of Snake river with its tribut. 

Montana and Wyoming territories. 

 Preliminary map of central Colorado. 1873— 14. 


Sveriges geologiska undersökning. No. a (Arsles, Nynas, 
Trosa, Björksund.) 


Bm ne One 


982 


Druckfehlerverzeichniss. 
Für Band XXVI. 


. lies: „Domit‘ statt Dolomit. 

-  „Gauderndorf“ statt Ganderndorf. 

- ,„Mactra“ statt Matra. 

-  „Inzersdorfer‘ statt Jurersdorfer. 

- „Baltavär‘ statt Baltatär. 

- „als“ statt welches,. 

-  „Iriebenreuth _(Fichtelgebirge)“ statt Trüben- 
reuth. 


1. Namenregister. 


- A. hinter den Titeln bedeutet Aufsatz, B. briefliche Mittheilung, 
P. Protokoll der mündlichen Verhandlungen. 


Seite 

‚Ant. p’Acuıanpı, Ueber Cordierit im Granit von Elba, über Korallen 
von Friaul und über Serpentine in Toscana. B.. . . . . 462 

v. Ammon, Bericht über die Excursion der Gesellschaft in die baye- 
rischen Alpen. Pr... een. ET 


A. Baıtzer, Geognostisch-chemische Mittheilungen über die neuesten 
Eruptionen auf Vulcano und: die Producte derselben. A. . 36 


— Ueber vuleanische Aschen von Vuleano. P.. . .....78 
 — Gesteinsstock im Firnkessel des Roththales. P . . ...... 794 
Br Baner; Ueber Rjerulun. 2.2. .2. 22.0 a, 
— Ueber Tschermakit. P.. . .. a enge 1002098200 
 — Ueber die Krystallform des Speiskobalts PN ERTL 
EZ Deber :Azendispersion. B............. Er) 
Er: EB. Beyrich, Ueber Haver’s Geologie von Gekterreich‘ Da 
E  — DUeber die Parallelisirung der Muschelkalk - Ablagerungen von 
=J Ampezzo und -Recoaro. P. 1... 1.4.2 en u, BAD 
_  — Ueber das tertiäre Alter der Bernstein - führenden Schicht zu 
Neustade Bhersyaldes Pe na. 2 HASTE NET NO 
 — Ueber Ammoniten in der vicentinischen Trias. P. . . ... 727 
- — Ueber vordevonische Schichten im rheinischen Schiefergebirge. P. 732 
 — Ueber Cyrena aus dem Mergel bei Teutschenthal. PE . . . 958 
 BoRnemann, Ueber Nöggerathien aus dem Rothliegenden. P. . . 738 


— Ueber Ophiuren und Asterien aus dem Lias. P. . . 2. .74 
BröscgEer u Reusch, Vorkommen des Apatit in Norwegen. A.. . 676 


 H. Crepser, Die granitischen Gänge des sächsischen Granulit- 


ES RR RE ME EEG 
— Ueber die südliche Küste des Dilsyialureste: in Sachsen. P. . 729 
DI Diames, »Webor.dophyton.. Pi 23 202. TEN 244 
— Ueber Cervus megaceros von Rixdorf. PP... 2 2... 481 


 —— Ueber zwei neue Echinidengattungen Ooclipeus u. Ilarionia. P. 720 
 v. Decaen, Ueber den Quarzit von Greifenstein. P |. . 2. ...730 


— Ueber Quarzit bei Greifenstein im Kreise Wetzlar. A. . . . 762 


N 


984 


Des CroızEAux, Ueber Anorthit und Enstatit von Bamle, über Mi- 


kroklin, über Axendispersion und über australischen Her- 


schelit: RB. ..- 3. % MER en a 


Des Cuoızeaux, Ueber Mikeokin. ee 


DöLTEr- Veber: die. Ponza-Inseln: RP, sm ae ee 
— Ueber das Monzoni-Gebirge. P: ..2.... . m... 
v. Dicker, Conchylien vom Isthmus von Korinth. P.. ... 
O. FeistmanteL, Ueber das Vorkommen von Nöggerathia foliosa 
Ste. in dem Steinkohlengebirge von Oberschlesien und über 
die Wichtigkeit desselben für eine Parallelisirung dieser Schich- 
ten mit denen von Böhmen. A. . .... a 
— Ueber die von StoLıczka in der Karakorum-Kette Sammel 
ren Des sn en Fr Se 
L. v. Feıtengere, Analyse zweier, Porphyre aus dem Marz 
tunnel: im Tessin. As. ur rs See. res een 
F, Fovgv£, Leueit in amerikanischen Gesteinen. B. . . .. 
— Anorthit und a, in den älteren Laven von 
Santorin. «Bits en et Fee 
v. Fritsch, Ueber das Vorkommen von er zu Teutschenthal. ?, 
— Zersetzung von Gesteinen in einem Krater auf Teneriffa. P. 
— Gliederung des Diluviums bei Halle. P. . . .... 
— Quarzzwilling von Kimposan in Japan. P.. . . 2... 
- H. R. Göppent, Schreiben an die Gesellschaft. P.. . . 2... 
GoTscHe, Ueber ein Tertiärgeschiebe von Eimsbüttel bei Hamburg, 2, 
Groru, Ueber die Elastieität regulärer Krystalle. P. . 
GünseL, Ueber Gyroporella von Recoaroe. P. . 2... 2... 
— Ueber Porphyroide. PP... .. SS > 
Harrar, Ueber die Devonschichten im Sonde siiehes Ohsrhärz BR: 
— Ueber metamorphische Devon- und Culmschichten im nordwest- 
lichen Oberharz. Pf. . EEE RER > 
— Ueber Kieselschiefer von Bihler Hall. Be ecke 
Haucuecorne, Vom Rara’s Erinnerungsschrift an HessenBerc. P.. 
v. Hauer, Fossiler Steinbock in Croatien. P.. . x. 2... 
F. Hırgenponr, Ueber Planorbis von Steinheim. B. -. . ... 
R. Hoernes, Ein Beitrag zur a des-österreichischen Neogen- 
ablagerungen. A». 7...:5° TE er 
F. Horre-SeyLer, Ueber die Eiduns von "Dein A. s 
E. Karkowsky, Rother Gneiss und Kalkstein im Wilischthal g: 
Brzgebirge:. „Ansinda asnr se ; 
E. Kayser, Ueber primordiale ae natereilmfrche Versteinerungen 
aus Süd-Amerika. P. EI ee 
— Ueber Goniatites. P.. . . . De 
— Ueber die BırLısss’sche Gattung Be vn nee Verbrätune 
in paläozoischen Ablagerungen. A. . 2 2. 2 2020. 
— Ueber seine Kartenaufnahmen im Haız. P. pr 
— Ueber ein geglättetes Trachytstück von Vulcano. P.. . 


an Ueber Anatas und Brookit von Wolfshau bei Schmiedeberg 

- in Schlesien. 4... : 

Koch, Schiefer - Borphyroide, im 1 Siege Eande una Feel, st. 
ER De a 2 

R=  Geglätteter Quarz von Nenrad; P. ER Ge 

ex Koran Muschelkalk und Keuper bei Fulda. Bi: 

=. Ueber Tacniodon Ewaldi von Lauterbach. P.. 

: Kosmann, Die Untersuchungen von Des Croızeaux über die tischen 

; Eigenschaften der triklinen Feldspäthe. P.. 

 — DUeber nordische Diluvialgeschiebe von Neuhaus bei Greiffen- 


@ hagen in Pommern. P. 

=  — Asche von Vulcano. P... ... en RER 
a a Diluvialgeschiebe von Dragebusch Ber, Kiez. | En 
= O.Lang, Ueber die Absonderung des Kalksteins von Elliehausen Be 
= Göktingen. Ara arte 
= Lasanp, Ueber Bernstein von Burchaiatd, PR: ee 
_ — Ueber pliocäne Fossilien in einer Moräne bei Bernaie. P. 

_ y. Lasauıx, Schieferporphyre in den Ardennen. P.. 

e» Laspey RES, Ueber die Krystallform des Antimons. A.. 

B: Ueber einen Zapfen vom Steinbock aus dem See. P. 

— Arragonit im Melaphyr von Idar. P. 


— Ueber eine Verbindung von Nickel und Schwefel. P ; 
 Lause, Ueber fossile Säugethierreste im diluvialen Löss von Aussig. P. 
— Ueber Gletscher in Grönland. P. 
 Leumans, Cordieritgneiss von Lunzenau. P. 


= Au 
BETEN 


TERN 


9 


_ — ‚Ueber vulcanische Quarze. P. . .. . EFT 
&; Liege, Ueber die Tentaeulitenschichten in Thüringen. Dis; 

 — H. Loserz, Petrefacten der alpinen Trias aus den Südalpen. P. . 
KA. Losses, Ueber Trümer in den Porphyroiden des Harzes. P. 
— — DUeber die Auffindung von Graptolithen und EI, 
im Nordrand des Harzes. B. . . ; 

Er 2 Veber Lothablenkungen im Harz. Pi: u 2 nr oa. 
 — Deber die Gliederung des Diluviums bei Berlin. P.. 

_ — Ueber Porphyroide des Harzes. P. 

© N. St. MaskeLyne, Ueber einen ungewöhnlich een Kelkspath- 
we krystall ans: Island; Bias. ta in 

# Mevyn, Ueber die Bildung von Imatrasteinen auf ee Meeresboden 
7 der Hamburger. Hallie 8 PH 4:03: =. si. Ahr ; 
“Er M. Neoumayr, Ueber Süsswasserablagerungen Wiessioranicns, B: 
 — — Die Ammoniten der Kreide und die Systematik der Ammoni- 
a tiden. A... har erh ia 
E- Prarr, Ueber Firn und Gletscher. ı A EN AN 

Prarz, Ueber die Kartenaufnahmen in Baden. Prada wre 

—  Posernv, Ueber die Tektonik der Tauern. P. 

— —— Deber Erzlagerstätten. P. . 2.2... 

Rammeusgerg, Ueber die Identität von Batrachit and "Montieellit. P. 


 Zeits.d. D.geol. Ges, XXVII. 4. 64 
| D 


Seite 


,; 
5, an 


986 


G. vom Raru, Beiträge zur Petrographie. A.. . 


Reınsch, Ueber Gesteinsstücke aus dem Reichsforst sreikehih: Nürn- | 


berg und Erlangen. P. . ... Sa 
W. Reıss, Bericht über eine Reise nach dem en oma den Cerro 
hermoso in den ecuadorischen Cordilleren. A. : 
Remerüi, Ueber fossile Säugethierknochen im Löss des Annaberges 
in -Oberschlesien.  P)=32 305. 1 7% 


— Ueber Diluvialvorkommnisse bei Heegermühle. P. . . 481. 


— Ueber eine diluviale Bernstein - führende Schicht und über 
Säugethierreste bei Neustadt-Eberswalde. P. . . 2... 
Reusc#, siehe BröGcer. 
Rıcurer, Aus dem Thüringischen Schiefergebirge. A... . . .. 
— Ueber Silur und Devon in Thüringen. P. Kar 
v. RıchTHoren, Ueber Storıczka’s Forschungen in Ost- Türkestan. P. 
F. Rormer, Ueber die Eisenerzlagerstätten von El Pedroso in der 
Provinz Sevilla. 4. Ba N en EN c 
— Ueber C. E. v. Baen’s Bos Pallasi aus dem Diluvium zu 


Danzig. A... 8. EAN ; 
— Ueber ein cenomanes Dilubinkgeschiebe: von Da B. 
— Ueber den Quarzit von Greifenstein. P.. . .. er 
J. Roru, Ueber die neue Theorie des Vulcanismus ae Hört 
R.=MaALLET. » A225, 200 A A - 


A. SApeBEck, Ueber die Krystallötellonik der vegulären Systerie. P. 

— Ueber Zwillingsstreifen beim Eisenglanz und Titaneisen. P, 

F. SınpBerger, Ueber Planorbis von Steinheim. B. . 

E. Sckmiot, Ueber das Diluvium im östlichen Thüringen. P. 

— Eis aus der Saale bei Jena. PP... 

F. Scuniot, Süsswasserfossilien von Omsk. B. . . . . 

— Ueber die Sedimantärformation in Ost-Sibirien. P. . = 

J. Schwipt, Ueber die Eruptionen auf Santorin 1806 bis 1872. P. 

— Ueber seine Mondkarte. P. u ; ES 

M. Sckoız, Ueber Jura bei Grimmen. B.. 

v. SerBacu, Fossiler Steinbock von Gervais. P.. Sa > IRRE 

G. Secuenza, Ueber Bimsteintuffe an der Nordküste Siciliens. 2. 

Speyer, Conchylien vom Isthmus von Korinth. P. . 

Sterzser, Braunkohle von Wendisch-Basslitz bei Kamenz in Sach- 
sen. P. 

Stunr, Ueber go Geolneie der argenkinndehen Hepublik. P. 

Srtöur, Ueber die sicilische Schwefelformation. P. 

STRENG, Schieferporphyre aus dem östlichen Taunus. P. . . 

— Desmin von Auerbach, Magnetkies von Adreasberg, Kupfer vom 
Oberen See, P. task, 

©. Struckmann, Ueber die Sehichtenfolge dc (oberen den bei Abm 
unweit Hannover und über das Vorkommen der Ezxogyra 
virgula im oberen Korallen - Oolith des weissen Jura da- 
selbst. A. 


30 


3= enden ec und en am Thuner See. 
 — Ueber die Geologie des Berner Oberlandes. 
En. Weıss, Ueber das gegenseitige Niveauverhalten in den sog. 

Dauphineer Zwillingen des Quarzes. P.. 


Bass 


. [7 


Ar 


— Ueber Estherien im Buntsandstein von Dürrenberg in Sach- 


ee Be Te ee 


. 


. . 


2 4 


A Wıcumann, Ueber mikroskopische Untersuchungen am ru 


4 E. und Kolophonit. "Perf: .) „ei, 


ER ZiRket, Leueit in amerikanischen Gesteinen. 


f v 


P. . 


64 * 


259 


u. Sachregister. 


Absonderung des Kalksteins 842 Arcestidag,.. ya. a Sr a 
Acanthoceras. . . 24 2...-929 Arietitesı u zu Ar a 
Aetinofungia . . ...22.. 2.2898 Arragonit;.: #0 i 


Mesoceratidae. ..... 22... 904 Asbest-Speckstein 681 h 

Ahlem bei Hannover. . . 30 Asche von uleand 50. tl. 723 

Akelande=, ... 22; 670 Aspasiolith; „=... 27 web 

Albit in akicchen. Gän. Asphalt 2.22 done 1 
gen 120. 127. 149. 158. 164. 179 Aspidoceras. u. er il 

Amaltheus..2:...222 =: 22220884 Asterien. 0. 5 1,00 2a | 

Amazonenstein . . . 2.98 Astrocoenia 2... 2 Be 

Amblyponit .,... °%,2170.187 Ang y a Zar ee | 

Ammoniten in vicentin. Trias 727 — im Diabas vom Mon 2 

— im südalpinen Muschel- 361. 366 

Kalk... 2200.20 708 Augitschiefer. : . ... .. 19 

— in der Kreide. . „. .. 854 Augitsyenit, 

— Systematik . . . . . 84 — . vom Monzoni . ..-.... 081 

Ammonites Balatonieum . . 794 — aus den Pyrenäen . . 007 


== binodosus. 7. u dr 2 700 Avieula-....... 25%. .2.507 808 
N OLONIS} nern rede Axendispersiin . . . . . %0 
= +Rragsensig „4.1.2.8... 2790 Azinit- 0 ma De 
NTUEHEr 0. ln 2 

— -Taramelli .. 2... 794 Baculina 2... 2°... 2 Sa 
MON. ISDN re, 708 Bagerovneie . . . ... .. 669 
Amorphofungia . . . . . 839 Basalt San Lore Nee 
Sn en er ee A Batrachitas... sea ra 


Ancylocerass, ©... Nine DAS Bernstein.S:. 7%... 2 a eo 
ENGER DS a Wi Bimsteintuff in Sieilien . . 947 
Andesgesteine . . 295 Björdammeh ... .. .._ . .% 72 008 


Andesin 304. 306. 312. 313. 317. Borsäure von Vulcano . . 44 
326 Bos 'Pallasii.... v2 FR 
Andesit 304. 307. 315. 322. 325. 326 Braunkohlenholz. * . .„ . 727. 
BMIRADENE 23... 3,2050 Braunspath4 .;. Dr. SIE 
Anorthit . .377. 379. 392. 455 Brookit nun... Rn Romane 
ETON ns 3... era OEM Bunter Sandstein, 
Abtisandı. ... 296 — in den Vogesen . . . 83 
Apatit . 174. 187. 205. sie. 673 — im Schwarzwald . . ». 9 Fe: 


in Sachsen . 
in den Südalpen . 


Cassianella ; 
Ceratiten von Olenek . 


Ceratites in alpinem Muschel 
Be ar. ., 
_  Cerro hermoso 
-  Cervus megaceros . ; 
BE Serlanın. :, 02, 
 Chabasit m 
Chemnitzia. . 809. 813. 894. 
Be ehrt ;, , . 534. 
_  Chlorophyllit . 
 Choristoceras . 1, 
| — Cidaris . 809. 
 Cladophylia . 
© Cochloceras 
Br Eolospongia. . .,...., 
we Conejos.“:-.. .. : 


.—  _ Contactmineralien 

= Carbla..... . 
Cordierit von Elba. 
 Cordieritgneiss von Lunzenau 


” ; 3 : 
E  Contactmetamorphose . . . 
| 

| 

h 


 Cosmocerass . » .. 
GHiscerss 2.20.35 
Cypridinenschiefer . 
Cyrena . 


Dacıt: #7. ; ; 

- Daonella badiotica . 

— Lommleli . 
Richthofeni . 
Taramelli . . . 
0 tyrolensis 

-  Dentalium . 

-  Desmin . 

Devon, 

— im Haız . : 

— in Ost-Sibirien . 
Diabas vom Monzoni ,„ . 
u Dallas. ;.. 0.0.00. 
_ _  Dicranograptus . 

° Didymites . 


104. 


252. 444. 


Blei ber Bern 


490 
— Gliederung dsselben . 493 
Diluvium bei Neustadt-Ebers- 
walde 481. 710 
— bei Kreuz 963 
— bei Halle. . . 729 
—  Südgrenze desselben: in 
Sachsen und Böhmen . 729 
— in Thüringen 790 
— in Sibirien . . 719 
Diseina‘. =... 2208 
Dil ronsetamarpkismus, 970 
Dolomit in den Vogesen . 86 
— -Bildung . 42400 
Drusbergsschichten in der 
Morgenberghornkette 22 
Durchwachsungstrümer 969 
Eisenerzlagerstätten von El 
Pedroso . 63 
Eisenglanz, | 
— von El Pedroso 67 
— von Beresowsk. 243 
Eisensteinbildung in der Mor- 
genberghornkette . . . 23 
Eklogit . 202. 539. 540 
Elasticität d. regul. Krystalle 740 
Elbingeroder Grauwacke . 450 
Elephas primigenius 481 
El Pedroso 0 
Encrinus = .02.809.5824 
Endenz ou... 2.072 
Enstatit . ‚450. 683 
Entrochus . . . : . 805 
Entstehung, 
— der Granitgänge 151 
— der Turmalingranitgänge 195 
— der Pegmatitgänge 178 
‘—  dergranitischen Ausschei- 
dungen im Augitschiefer 200 
Eophyton 244 
Bpenden Et, eu 0) 2.0832 
Epidot . . 205. 207. 368. 377 
Epitheles . . . . 832 
. Eruptionen, 
— auf Vulcano 36 
— auf Santorin . 252 


Erzlager 

Esmarkit . . .. 

Evinospongia . 

Excursion in die bayern hen 
Alpen... ae 

Exogyra virgula. 

Exosmilia . 


Fassait . » 
pseud. nach Mentieelir. 
'Feldspath . 
Firn. 2 
Flora, fossile, von Indien 
Flüssigkeitseinschlüsse im 
Quarz 3, 2.8 

Fluidalstruetur 

Flysch am Thuner See 


Gabbro 
Gänge, 


granitische, 

in Sachsen . 

im Cordieritgneiss 

im Granulit 

im Augitschiefer . 

Gangauslenkungen . . 

Gangdrusen 

Gangtrümer 

Gault in der ersehen n- 
kette 

Gervillia 

Geschiebe . 

cenomane a 

metseher ..... 78 

Gneiss von El Pedroso 

rother im Wilischthal 

Goldwäschen . 

Goniatites . 

Granat 129. 


202. 208. 368. 


939. 54U. 942. 


Granitader in Serpentin 543 
Granitapophyse im Harz. 
Granitgänge in Sachsen . 
Granitit j a 
Granulitgebirge in Sachen ; 
Graptolithen im Haız . 
Graptolithenschiefer in Thü- 
ringen. 


542. 5493. 
733. 


369. 648. 657. 


788. 


.. 734. 


Seite 
739 
676 
539 


751 
30 
526 


372 
390 
947 
734 
915 


170 
327 
6 


660 


104 
104 
122 
194 
126 
140 
969 


15 
798 
481 
707 
961 

66 
623 
704 
254 

994. 
749 
944 
494 
104 
130 
104 


990 


Guagua Pichincha . 


Gyps von Vulcano . 
Gypsregion aus Thunersee g 
GyroporeHa,.. 20x „aa 
Haematit von El ‘Pedroso 65 
Halbgranit. 130 
Hamites 894 
Haploceras 911 
Harpoceras 908 
Be ptkienelschleler im Have 450 
Haupt-Quarzit daselbst 450 
Hauyn . 331 
Havredal Van 
Heersumer Schichten am 
Mönkeberg . F ol 

Hemicardium dolomiticum 834 
Heteroceras 938 
Hiäsen . ee 
Holopella . . . » 2.788. 813 
Hoplites r 1 A 
Hornblende. 203. 204 
— im Diabas von Monzoni 

361. 367 
— im Serpentin . . 2 ...088 
— in Eklogit . . 240 
— auf Apatitgängen. 6850 
Hornblendeschiefer . . . .„ 207 
Hougen 669 
Imatrasteine . . .. 47 
Isastraea 829 
Jura, bei Ahlam #10] 
— bei Schönwalde 449 
— am ÖOlenek . 716 
Kaliglimmer. 108. 121. 129. 150. 

171. 181 
— aus Orthoklas entstanden 

115. 108 
Kalk, 
— am Mononi . . .» 372 
— bei Predazzo 397 
— im Wilischthal.. 623 
— von Elliehausen . . . 842 
Kalkspath . 129. 208 
Karakorum-Kette 944 


\ 


Keuper . | 
Kieselkalk in der Morgen- 


Kartenaufnahmen in Baden. 


berghornkette . 
Kimmeridge - Schichten 
Ahlem 
Kjerulfin 
Kolophonit 
Kragerö . 


-Kramenzelkalk 


Krater auf Vulcano 


2 ann 


Kupfer . : 
Kupfergruben von Barcalı ; 


Labrador, 

in Andesiten 
ın Lava von Palma . 
im Diabas von Monzoni 
im Gabbro von Monzoni 
im Basalt von Tann- 
beresthal . an 
im Gabbro von Oede- 
garden. 0... 
Langlangcehi 


Lava von Palma 


Lavakruste von Vulcano . 
Leda complanata 

Leiofnngia A. ar 
Lepidolith . . 


Beucite 8.2, 259. 
Lima 2% 798. 
Liparit von Vulcano 
Lobites . 
14083%.., AN 3% 
Lofthus . , 
Lothablenkungen im Hatz 
Luganersee 
Lytoceratidae . 
Ä Magnesiaglimmer 105. 129. 
Magneteisenstein von El Pe- 
droso . ne 
Maenetkies.., x... 
Mammuthreste 


Manganit 


706. 


bei 


230. 


. 320. 321. 


Marroggiatunnel.. 
Mediterranstufe 
Megalodon 
Melaphyr 
Miaseit . 
Mikroklin . 
Modiola 
Mojando:r 1... 22.200, 
Monodonta 


636. 


815. 835. 837 


Monograptus . 


Monbotis . 
Monticellit . 
Montlivaultia. . . 
Monzoni 

Monzonit . . E 
a renberghörnkette 3 
Muschelkalk in den a 
Myaeites au 
Myoconcha 
Myophoria . 


Natica 

Nautilus A derzanns . 

Neocom in der Morgenberg- 
hornkette 

Neogen, 

in Ost-Turkestan . 

in Oesterreich . 

Neritopsis „,...0.. ze 

Nestesvag . . . 

Nöggerathia le 

Nöggerathienhölzer . 

Nueula . . ? 

N en am \ Thu- 
nersee. %. 20% 


Obsidran 0. 
Oedefjeld 
Oedegarden 
Oedegardskjern 
Oesterholt . 
Oestre Kjörrestad 
Olcostephanus 
Oligoklas, 
in granitischen Gängen. 
181. 


in Andesiten 


456. 


349. 


. 788. 818. 


812. 


198. 
301. 


328 


Seite ge, 
z Oligoklas, - Pinit-Pseudomorph.nachTur- 
5 am Trachyt ., Wish malin . EL 
BE — in Serpentin . . ... 5 Planorbis7*. 3. ax 779243 = 
5 ae 2 23. red Platinwäschen . „ 2..704 
Omsk_.:: TE EL Pleurotomaria 1 | 
Oolith bei Ahlen ER TE 2.2 05.) ==. eanalifera _: „were 2 
Opal von El Pedroso . ...1..67 |: = nodosa . . . . „u Ba 
Arlkaren 2, „4. ee Pomasqui . .. „2 
Prpelar 2°. re, Fuel” Pontische Stufe... .. .. "spare 
Brihi® . > . . 2 ©0lusun0D Ponza-Inseln. - ._ „meer 
Orthoklas, Porphyr. 2,7 ,78 47.422 773 
— in granitischen Gängen 113 Porphyrfacies des Can » 24845 = E 
126. 146. 158. 181.199 | Porphyrit . . » o.. 2 2 
= m 'Granulit . ... 222 Porphyroide . . . . 78.97 
— Umwandlung 117. 118. 159 Posidonomya Clarai . . . 758 
165 — Wengensis - . . -spaslEsZ2 
Dstrean42.2 nn 22 EI Primärtrümer . . En 
GSESihirien. . 2. 20 27 Projectile von ul 2 er 
Ost-Turkestan . . . 240 Pteroceras - Schichten von 
Oxfordschichten am Mönke- Ahlem=i: 44: SE Fre E 
bere WE ra Piychites=... 17 "rer eb 
fexsiekollen -. 5. 2 Auya Pululagua 3 Samen | 
Wyacachi '., 342m 258 2a E 
Quarz, 5 
Balua..22. 20,.2.. 2 BER — in granitischen Gängen 109 = 
Balıdina 7... aD 110. 111.128. 140.149. 168. 181 
Pasceolus . . . r 726 —  -Neubildungen. . 112. 170 ; 
Pechstein, sphärolithischer 341 Quarzgänge . . . . 113. 748 ) 
Pecten discites.... .. „280% 7.798 Quarz treppenförmig aufgebaut 
—  inaequistriatus. . . . 798 ; 115. 149 | 
EHESD:. 2 NS ESÜESISERES Quarz, vuleanischer .. . . 785 | 
Pegmatit von El Pedroso . 66 Quarzzwilinge . . . . . 470 | 
— -Gänge im Granulit 141. 157 Quarz im Trachyt . . . . 380 
Peltoceras.. = enwirsil Quarz-Andesit . . 302 
BEintameins. : 22. Rural Quarzit v. Greifenstein 730. 731. 76%, = 
FARBHERANUS.. ,% 2.007 Quilotoa 4... a0» Ve 
Ferispbinetes . .-...2.. 22.919 E 
Derlenhafdt, +... 0... 089 Ravneberg . »...% .. . .. »s0e sban 
BrowEktt . 22 ...00, RD Regärdsheien ... . „sv 08 = 
Phasianela . . . . 834. 835 Reiziar.ı > a 
BloBaoBib. 1. Rissoa Gailardoti er a 
Biaylloceras . 2.0... 02.4902 Rhabdocerass . . .- 0... BU 
elarbas ..... „Mr 806 Rheinthal . . . . » TAU 
Phylloevenia . . . . ....880 |. Rhynchonella costato- RS . 800 
Pinacoceras - '. 1.1"s.5,720 :-888 — quadripletta. . . . . 838 
3 A RE Eee ti. —  semicostata. . 2... 83 | 


 Rhynchonella subacuta . 
== Toblachensis = 


% EBölandäsen . ....... 
E _ Rothliegendes in den Neger 


F- Salz in Sicilien . 
Santorin 
 Sarmatische Stufe 


B Bun. 


- Säugethierknochen ART 


S  Bageceras a: . 


 Salmiak von Yalcano : 


Scaphites 
Schiefer orphiyroide“ 


_ — Schlerndolomit 


= - Schloenbachia 
 — Schrattenkalk in der More nn 


berghornkette . 
Schwefel, 
— von Vulcano 


in Sieilien 
_ Schwerspath bei El zhioen 
-_ Secundärtrümer A 


- Sedimentärtuffe . . . 


x 2 Seewerk alk 


in der Morgen- 
berghornkette 


- — Seismometer 


_ Serpentin, 
 — von EI Pedroso 


— in Toscana . 

— in Sachser . 

—  pseudom. nach Monticellit 
Silur, 

— in Ost-Sibirien 

— in Thüringen . . . . 


ESıimoceras „2.2. 


Siphonocoelia - 


Skorstöl 

Solfatarenasche von Sul 
Sotzkaschichten . 
Speckstein -.. ,;’, 
Speisskobalt 


- Sphärolithlava 
 Spiriferina fragilis 
- —  paläotypus 

- Spirigera Wissmanni 


252. 


Steinkohlenformation, 

— in der Sierra Morena 
— bei Radnitz . 

— in Oberschlesien . . 
— inOst-Sibirien . 
Steinsalz 

Stellispongia . 
Stephanoceras 

Stoliezkaia 

Structur, 


— granitischer Gänge 


— der Pegmatitgänge 

Süsswasserablagerungen, ter- 
tiäre - 

Svinland 

Syenit 

Syenitgranit 


Paeniodon 2.74 0,2. 2% 
Tagil; =: Ar 
Mannberesthal 

Tanner Grauwacke . 

Tauern . 

Tellurerze . 

Tentaculiten . 

Terebratula vulgaris 

— angusia . 
Tertiärformation, 

— 1a Sibirien. .. u. 72% 
— im Apennin . ... 
— bei Miesbach „ . . . 
Tertiärgeschiebe . . . » 
Thamnastraea 

Thbecidium preise 
Thecosmilia 

Thüringisches Schiefergehirge 


Titaneisen von Snarum 
Titanit . ee en 20, 
Iolues: rin 
Topas 3... 


Trachyceras Be 
Trachyt at Hurt 
Trappgranulit. . . . 
Trias, 

— Pin: Tien-shan. . .. 
— in den Südalpen . 


Seite 
64 
72 
75 

715 
741 
832 
915 
931 


131 
176 


724 
666 
340 
202 


742 
704 
402 
449 
739 
958 
748 
799 
799 


718 
746 
747 
227° 
829 
820 
827 
261 
243 
206 
325 
174 
889 
329 
194 


241 
784 


994 


Seite 4 
Tray 1. ER FT Valäsen.. . 0% 
Tridymitasche von Vulcano. 57 Valeberg 
All. 725 Valle - 
Trigonodus superior . . . 83 Verrucospongia . 
Trikline Feldspäthe . . . 259 Verwerfungen 
Tropitidae : . 2 ..2..@a&B8B Vestre Kjörrestad 


Trümer . ae ERRN B Vogesen-Conglomerat . 
Tschermakit . . . . 236. 260 Voltzien-Schichten . 

Aunguragua . 2 2... Earl Wailcano... - WRIHES 

Turbo Epaphoides . . „. . 814 Vulcane in Thiön-shan 

—  gregarius =... 222 787 Vulcanismus_... . .. ©. @ruus 
21% solitarins ir 13193, OR 5 
A unuerkn, Wagnenit . . .. 2, ea 


— in granitischen Gängen. 109 Wieder Schiefer 150 


129. . 171. = 186. = Wissenbacher Schiefer . . 732 
u anen ver Memzau Wolfshau: ©... „. ., 0 


 Turmalingranit . . . 190. 180 
Mursilites +... 0200 899 

Zersetzung von Gesteinen . 727 
Ueberstürzungen. . . . . 2 Zirkon : 2.208 SS a 
mio 2.5.1202 2 eh Zorger Schiefer . . . .» .. 450 
ralıt .... 2, RIESEN 


Druck von J. F,Starcke in Berlin. 


ie A 


Inhalt des IV. Heftes. 


A. Aufsätze. 


1. Ueber den Quarzit bei Greifenstein im Kreise Wetzlar. 
Herrn H von Decnen inBon . ...... 
2. Ueber die BırLıns’sche Gattung Pasceolus und ihre Ve 


>: | Kayser in Berlin. (Hierzu Tafel xX.) ee. E 
# 3. Einige Petrefacten der alpinen Trias aus den Südalpe 
Herrn H. Lorerz in München. (Hierzu Taf. XXI-XX] 
4. Ueber die Absonderung des Kalksteins von Elliehauseı 
Göttingen. Von Herrn Heınr. Orro Lane in Gött 
es ze rn N ee 


3 

fi 
* # 
2: 


B. Briefliche Mittheilungen 


der Herren G. Sesuenza, O FeıstmanteL, M. Bauer und ] 
DLoizkaie. 2, a I a ee f 


C. Verhandlungen der Gesellschaft. 


1. Protokoll der November-Sitzung, vom 3. November 1875 
2. Protokoll der December-Sitzung, vom 1. December 1875 


Die Autoren sind allein veraniwortlich für den Inhalt ihrer A 


Einsendungen für die Bibliothek der Gesellschaft, Be 
die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die Verse 
Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte, so 
etwaiger Veränderungen des Wohnortes sind an Dr. Dame 
garten No. 6.) zu richten. Die Beiträge sind pränumeran 
Bessersche Buchhandlung (N.W. Marienstrasse 10.) eir 
Die Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht 
händlerischem Wege, sondern durch direete Uebersendi 
die ERnenWehe Buckbannieng zu hewirkeugs SE 


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(1200m.) 


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E Elysoh. VIE Nemmuulitenbildung. — 6 Gault_ M Neocoms 6, Gyps— 
N Senrerkalk._U Schrattenkalls_ IH Oberer Jura E. Unterer Iurı 


Schwalmern 
(artımı) 


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Ton) Fig.3. Traltigen Kleiner Burgen 133m.) 5.0. 
— Tn (690m) 
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R Tl Semirean (60m) I Sernirtan. (500m) NN 
; Bellenhöchst 
VE) Tichmattenflah llenhöchs 
Saretenthal e a, ee. 
S.-0. NW 7 Er 
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-W. s-0 Sumpfflah , - 


Sarreetenhach 


Fig.8. 


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Tanzbödeli: 


rrean (1000m;) 


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© Sineetenthal 


Morgenbergharn (22:51m:) 


Droföer Rugen (101m) 


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ran (ratere » Bossa di Virloano 
Piano della Kossa. . 

Monte Suraceno 

Tesla. Ovassa 

Punta del „Monaco . 

Capo Cross 

Porto di Ponenle . 

Sormanır del Cardo (Monte Arıa 
Piano det Curdo 
Puntakunga » 

Punta Lucca. . 

llonle Lucca 

Punta. di Samossa . 

Pırto di Lerante 

„Nonde Vulainello 


” Runta.dı S. Francisco 


Linarı 

Castello 

ST Annuncala 
„Monte Cuardia 
Kiste von Siclien 


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Lipari. 


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Anssicht vom Monte Anäelo (595 U )- 
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dem höchsten Gipfel der Insel Liparı- gegen Vulcano 


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Strutfionton 
an der „Nandseite des Kruters 


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Taf: IV. 


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Zeitschr. d. Deutsch geol Ges. 1875 


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- Verlauf’ der Gebirgkämme ın. den Vogesen. 
+ Verlauf’ der Verwerfüngen am Ostabhang der Vogesen.. 


nn Abhang der Gebirge. 
Profile, 


Teilschr.d Deutsch. geol Ges. 1875 © 


Fig.1. N West iy-®. Auen 'S.0st 


NWest Ft. 8. 


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Winzfelden! +20 Sulzmattı 274 


Odilienberg a \ 
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Ottpatt Oberchaham, 


Fig.S. Bastberg, 
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Vie Haslach SW 


a, ni : : Oonglomerat Untere Bunter- er Oberer Bunter- 
GE 6rani.  PEParphyr, 7 olhliegendes EA nzone TodiVayıen „Sana, EJor Volt. "Sana, El Meschelkalk, kA Kup. Verlauf:der-Gelirgkömme in den Vögeren — Abhang der ebinge. 
en Stein 2 ü nr 


+ +- Verlauf 'derVerwerfüngen am Ostabhang der Vogesen Profile 


LZias, 


Brauner Jura. t Tertiär. 


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chr.d Deutsch.geol.Ges. 1875 


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ufsch. geol. Ges 1875. 


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Zeilsehw. d.Deulsch.geol.Ges . 1875. 


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Jeitschn. d.Deutsch.geol.Ges.1875. Tal XV. 


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Kigal, 


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Gex. von H-Lasyınyres: 


Taf.XV. 


Biy2., 
Kartenskizze der Apatitvorkommnisse Oedegardens . 


Zeitschr. d.Deutsch.geol.Ges.1875. 


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Zeitschr. d.Deutsch.geol’Gos 1875 Kig.2. Taf. xy 
Kartenskizze der Apatitvorkommnisse Oedegärdens . 


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Diabusgünge, EB Granit, a Dunkler Gublro, ED Gsfleckter Gabbre. —— Grössere patityange 
x Einige Kleinere Apatit= u Hjeruffingänge (bei Harredal) == Dergarten des Grundgebinges, 


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N x E Ip . S, X Q = N. 

‚Apalitvorkommnisse zwischen den Städten Langesund und Risör. $ Y N N & & x Re 2 
h Rn WESEN leer says Sy 

% Oedegarden 3. Valle, in der Kühe Bagerovnaie ERS NS SEI 5 IS ES Ars 

X. Kogno 10. Kraste. NEON gas STIS S SISTS E8 

3. Mäsen 4 Björdemmen; in der Nähe Hougen Sal ne SS 5 

r Reyärdsheien und Harneberg, RR Dedefjeld S S S Q $ 

5 Aragero,in der.Nühe läleberg wÖlterbok, 13. Orsterholt Björnäsen Weg nach .Meinkjar. 

6 rindand. #4. Skonstol. 5 

7 Rolandsäsen 15. Akeland. Er: 3n% Be 

8 Oostoesund Vartre Ajorrestad; zwischen 10. Nastasreiy, Profil von Björnäsen nach Meinkjar. 


denselben und Irinlanıt liege Valasen 


a 20 


RS 


* 


Taf. XVI s 


R igq.*. Die dyche Bade des Ganges x I, 
Der Ph a i5t schwarz, der Apatit weiss, der ee babbros chraffirt bezeichnet. 


Fig. 6b. En u. et, n.statüt 
Fig. ii. Profil von bangen 
Profil von Apatitgangen : ) 
(N05 ‚Fig.2) Dedegarden. ns Oe deg ardskjern. 


Profil von der obersten Partie eines j 2 Gabbro. 
Apatit-u. Kjerulfin führenden 

Seren N, nn ) SerjJandsteinähnlicher 
: Gabbro. 


Phlogopit 3 
Im A jerudf UI. 


E$€ dpa At. 


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Jeitschr.d.Deutseh geol. Ges. 1575 


in 
irtie des Ganges NOI 


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Pig.5. Apatitgang (siehe N*2, Fig.2 ) Dedegärden 
Der. hpatit ist weiss, der Phlogopst schwarz bezeichnet. In der Mitte der heichnung, so wie an. beiden. Seiten Tagesöffiuugen 


Mattu.Butil, Enstatit 


der Grube. A Profil von Apatilgüngen Ei) AL r au Sa \ u 
IUTEN x (85, Piy.2) Oedeqanden bei Oedegardskjem 
SUSSS STE N 
SEITE SE 


ers eudstenuihnlicher 
a Gublro 
ö SErrT El] /mayonie 
E 2 Fig.) ; 
: ı N Aremufin 


Profil nach dem Fü 
von Gang (N, 1 
Vedegarden 


Kreuzende Scheuerstreifen auf der polirten Oberfläche 


von Phlogopil aus Apatitgung (N?3, Fig 2) Ocdegänden Fig.$.9 "mächt: Apatit führende Phlogopiluder 
i anil Knvstallen von Enstatit.Oedeqarden 


| 


L] part 


pin nenne ee 


H) 


: Bar XV 


n U Afi Fig. 13. 
BERN ie 24 dor - 5 e 
"MM Profil von den Gängen Regardsheiens. 
Die Gänge, dıe nn. dunhtem Gabbro aufsetzen, sind alle von einer 
Zone gefleckten Gabbos umgeben. 


NN 


urn an nang ame Ann 


| Fig. 11. Profil von Ravneb erg. 


Das Nebengestein ist in der kortsetzung der Apophysen schiefrig . 


Zeitschr. Deutsch 


jeol.Ges 1875 


2 Hornbiaude 


TacNVIL 


( 
MS 
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Ipatit | i MS 
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?rolil von den 6: 


on Regiralsheiens 
Die Gänge che in. dunkle babbro uufsetzan sind ulle von. eme 
Zone grfleckten babbos umgeben 


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Hornblende-Manelliesader 
mit Krystallen von Apatit 
Iiasen 


Gefleckter Gubbro 


Der dpalit ist weiss, 


Her Muqnetkies hell schraff! 


-Hornblende 
(die Hornhlende dunkel schraj 


Apatit, 


.. Hornblende 


Grflechter Galdıro 
NIIT I | Gewöhndicher 
0, Fig. 13.Hornblendeadern in dunklem Gabbro Il) Al N) dt nie 
yo ‘von einer Zone gefleckten Gabbros umgeben | 
(0) Hiäsen. 


Fig. 16. Apatitführender Gang. Regardsheien, 
Profit, um die Zone von yeflecktem Öabtro zu xagen 


Fig. 17. Profil von iavneberg 
Das Vibengasteun ist in der: Bortsckung deripophusen schuf 


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Tar. XVII. 


nstatitirystall von Apatit verkittet. Oedegarden. 


»wundene und zerbrochene Krystalle aus Apatitgängen. 
Fig. 38 b. 


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Asbest-Specksteinkrvstall 
von oben gesehen. Kragero. 


Peitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1875. 


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Taf. XVII. 


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_Kartenskizze von Gängen W. von 


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Apatitführender Gang. 


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Einstatitkrystall von Apatit verkittet. Oedegarden .. 
| 
Grewundene und zerbrochene Krvstalle aus Apatitgängen. 


| Fig. 38 b. 


Kartenskizze von Apatit-führendem (uarzgang 
Oestre-Kjörrestad.. | 


Nebengestan. 


R ntilkr ystall. Bönholt. 


a BE 
Apatitführender Gang 
Profil. Skorstöl. 


Apatit 


. Fankornige Hornblende. 


URRyT 
NW 


He ornblendehrystall e. 


Slbik. 


Fig. 30. 


ee) 


Drusenrdume. 


—— 


Kjerulfinvorkommniss 


Profil.Oxöiekollen, Suarum. 


bei Havredal. 


Asbest-Specksteinkrystall 
von oben gesehen. Kragero. 


a nn Ne ee ee en een serien 


D 
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Zeitschr. d.Deutsch.geol. Ges. 1815. 


Fig. Alles Seitenprojektion 
eines Esmarkitkrystalls 


Tax. XIX 


F 19.26. Dolch Dr 
eines Kjerulfinkrystalls 


Fig. 27b. Jdeale Combination der 
bestimmten Formen des Esmarkit. 


Hornblendekrystalle . Oxöiekollen ( 


Snarum.) 


& 


Gera, 
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Hig.s1l 306. Krystalle von grünem wasserhaltigem 
Enstatit. Dedegarden. 


fig. 6 aus unbekannter Lokalität gehört dem Herrn Prof. W aage. 


hıth. 


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G: F. Sc 


Zeitschr. d. Deutsch. $eol. Ges. 1875. 


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/ Zeitschr. d.Deutsch.\geol. Ges. 1875. 


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Jıeitschr. d. Deutsch. 


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